Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 8 KR 3130/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 5 KR 2107/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. März 2006 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Kosten in Höhe von 720 EUR für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe für die Zeit vom 29.12.2004 bis 18.01.2005 hat.
Die 1966 geborene Klägerin lebt mit ihrem Ehemann in häuslicher Gemeinschaft zusammen; sie hat drei Kinder, von denen zwei in ihrem Haushalt leben, und zwar der am 11.3.1986 geborene Sohn Dario, der damals eine Lehre zum Drucker absolvierte, und der am 03.05.1995 geborene Sohn Alessio. Ein weiterer 22-jähriger Sohn wohnte Ende 2004/Anfang 2005 schon nicht mehr im elterlichen Haushalt. Die Klägerin ist als Sekretärin in einem Autohaus an fünf Tagen in der Woche von 16.30 Uhr bis 19:30 Uhr beschäftigt. Ihr Ehemann arbeitet täglich von 07:00 bis 16:00 Uhr als Drucker.
Wegen eines Bandscheibenvorfalls (L 4/5 links) war die Klägerin ab 23.11.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Am 09.12.2004 wurde sie in der Orthopädischen Klinik M. operiert und von dort am 15.12.2004 nach Hause entlassen worden (Neurostatus bei Entlassung: Fußheberschwäche links Kraftgrad 1, Zehenheberschwäche links Kraftgrad 2 bis 3, Gefühlsstörungen entsprechend L 5 links.) Wegen persistierender Ischialgien mussten Schmerzmittel verordnet werden. Auf Grund der erfolgten Krankschreibungen sowie eines Attests der Orthopädischen Klinik M. (ohne Datum, bei der Beklagten am 20.12.2004 eingegangen), in dem ein Krankenhausaufenthalt vom 6. bis 15.12.2004 sowie die Erforderlichkeit einer Haushaltshilfe für 6 Stunden täglich für die Dauer von 4 Wochen bescheinigt wurde, übernahm die Beklagte mit Zahlung vom 3.1.2005 die Kosten für die von der Arzthelferin Diana T. geleisteten Arbeitsstunden im Haushalt der Klägerin für die Zeit vom 23.11. bis 27.12 2004 in Höhe von insgesamt 475 EUR. Insoweit ist es zwischen den Beteiligten nicht zum Streit gekommen.
Am 28.12.2004 trat die Klägerin in der Fachklinik H. eine Anschlussheilbehandlung an. Sie war zum Zeitpunkt der Aufnahme mit zwei Unterarmgehstützen mobilisiert, berichtete aber über eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik sowie ein Fortbestehen der Fußheberparese links. Die Ärzte fanden eine Sensibilitätsstörung im Bereich der linken Fußaußenseite mit Fußheberschwäche links Kraftgrad 4/5. Die Klägerin berichtete zugleich von einem neunjährigen hyperaktiven Kind, welches die längere Trennung von der Mutter zur Zeit nicht verkrafte und drängte darauf, die stationäre Reha-Maßnahme sobald wie möglich abbrechen zu dürfen. Bei der ärztlichen Visite am 28.12.2004 gab sie eine plötzlich eingetretene Beschwerdefreiheit an, bei der Untersuchung war daraufhin tatsächlich keine weitere Fußheberparese links festzustellen. Auf eigenen Wunsch und mit ärztlichem Einverständnis brach die Klägerin die Reha-Maßnahme noch am gleichen Tag ab und fuhr mit dem Taxi nach Hause. Vom 19.01. bis 09.02.2005 wurde sie stationär (Kostenträger: Deutsche Rentenversicherung Bund) in der Fachklinik S., Waldachtal, behandelt. Bei der Aufnahme wurde dort eine diskrete Fußheber- und Großzehenheberschwäche links bei ca. 4/5 Kraftgraden gefunden. Die Klägerin klagte über starke Schmerzen der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in den linken Oberschenkel.
Am 24.01.2005 beantragte die Klägerin die Erstattung der Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe. Sie gab an, Frau Diana T. habe bei ihr an jedem Tag zwischen dem 29.12.2004 und dem 18.01.2005 ca. fünf Stunden im Haushalt gearbeitet gegen ein Entgelt von 10 EUR pro Stunde inklusive Fahrtkosten. Insgesamt habe sie eine Vergütung von 720 EUR dafür verauslagt.
Mit Bescheid vom 02.02.2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe ab, weil die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen dafür nicht vorlägen. Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, sie leide unter einer akuten schweren Erkrankung. Sie habe eine Parese im linken Bein und könne sich, wenn überhaupt, nur mit zwei Gehstöcken mit Mühe und Not bis zur Toilette fortbewegen. Es sei ihr unmöglich sich um den Haushalt, geschweige denn um ein neunjähriges Kind zu kümmern. Ihr Ehemann gehe arbeiten und habe sich nicht freinehmen können. Ergänzend legte sie ein Attest der Orthopädischen Klinik M. (ohne Datum) vor, in dem eine Haushaltshilfe für sechs Stunden täglich für die Dauer von vier Wochen für erforderlich gehalten wird. Auch der Orthopäde Dr. Eppler hielt im Attest vom 04.01.2005 zur Versorgung des Haushalts eine Haushaltshilfe für täglich zwei Stunden für drei Wochen für notwendig. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 38 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 11 Nr. 1 ihrer Satzung bestehe ein Anspruch auf Haushaltshilfe nur dann, wenn eine akute schwere Krankheit vorliege. Dies sei bei ihr nicht der Fall gewesen. Nach dem Entlassungsbericht aus der Kurklinik sei von einem Dauerzustand auszugehen, da weiterhin Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Es habe zwar eine schwere, zwischenzeitlich jedoch nicht mehr eine akute Erkrankung vorgelegen.
Gegen den ihr am 26.04.2005 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 25.05.2005 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) mit der sie nochmals geltend macht, sie könne nicht verstehen, dass eine vorher nicht vorhandene Lähmung nicht als akute Erkrankung anerkannt werde.
Das SG hat von der Orthopädischen Klinik M. und den behandelnden Ärzten Dr. K. und Dr. Sch. Auskünfte eingeholt. Dr. Sch. (Auskunft vom 23.6.2005) gab an, der Klägerin sei es in der genannten Zeit nicht möglich gewesen, Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Sie habe sich kaum bewegen und kaum laufen können. Dr. K. (Schreiben vom 11.8.2005) vermochte keine weiteren Angaben zu machen, weil er die Klägerin nur wegen einer Laboruntersuchung in der damaligen Zeit gesehen habe. Ärztlicher Direktor Dr. Schä. vertrat in seiner schriftlichen Aussage vom 4.7.2005 die Auffassung, bei dem bei der Klägerin im Zeitraum vom 29.12.2004 bis 18.01.2005 vorliegenden Zustand nach Nukleotomie L 4/5 links habe es sich weder um eine akute, noch eine schwere Erkrankung gehandelt. In den ersten sechs Wochen nach der Operation sei es der Klägerin nur bedingt möglich gewesen, Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Die Klinik habe vorerst auch nur Übungsbehandlungen mit stabilisierender Wirkung empfohlen. Aus diesem Grund hätten Haushaltstätigkeiten mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten sowie mit Bücken und in die Hocke gehen nicht verrichtet werden können. Im Laufe der Zeit sei von einer leicht vermehrten Belastbarkeit allerdings auszugehen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Aussage von Dr. Eppler stehe im krassen Widerspruch zu den eigenen Angaben der Versicherten am 28.12.2004 anlässlich ihrer Entlassung und widerspreche auch dem Attest vom 01.04.2005 mit einer höchstens zweistündigen Notwendigkeit einer Haushaltshilfe. Die gelegentlich im Haushalt anfallenden mittelschweren und schweren Haushaltstätigkeiten hätten ohne Weiteres im Familienverbund durch den Ehegatten am Abend oder den älteren Sohn erledigt werden können.
Mit Urteil vom 13.03.2006 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin erfülle weder die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 SGB V noch die des § 38 Abs. 2 SGB V i.V.m. mit Nr. 11 der Satzung der Beklagten. Letztere fordere eine akute schwere Erkrankung als Voraussetzung für die zur Verfügungstellung einer Haushaltshilfe. Eine solche Erkrankung habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Bei Abbruch der Reha-Maßnahme in Bad Urach habe bei der Klägerin völlige Beschwerdefreiheit vorgelegen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 30.03.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.04.2006 Berufung eingelegt. Sie hat zunächst dargelegt, dass ihr Sohn Alessio gewaltige psychische Probleme nach dem Tod zweier Tanten gehabt habe, und er am 28.12.2004 völlig verzweifelt in Bad Urach angerufen und nach der Mutter verlangt habe. Sie habe sich daraufhin entschlossen, den Aufenthalt im Interesse ihres minderjährigen Sohnes abzubrechen. Ihr sei es in Wirklichkeit aber nicht besser gegangen; sie habe starke Schmerzen gehabt, sich nicht bücken und nur mit Hilfe von zwei Gehhilfen fortbewegen können. Eine Führung des Haushaltes sei daher ausgeschlossen gewesen. Da sie erst am 09.12.2004 operiert worden sei, könnten die Folgen dieser Operation nicht schon nach drei Wochen als chronisch eingestuft werden.
Im Erörterungstermin vom 10.07.2006 erklärte die Klägerin, ihr 18-jähriger Sohn habe zu diesem Zeitpunkt die Berufsschule für Drucker besucht und sei in einer Lehre gewesen. Er habe außerdem nebenher einen 400 EUR-Job gehabt, den er wegen der Ferien in Vollzeit ausgeübt habe, weswegen er sich nicht habe um den jüngeren Bruder kümmern können. Das gleiche gelte für den Ehemann, dieser kommen nachmittags spät von der Arbeit und habe zusätzlich noch einen 400 EUR-Job, weswegen er für die Haushaltsführung ebenfalls nicht zur Verfügung gestanden habe. Eine vor Ort lebende 70-jährige Großmutter habe zum streitbefangenen Zeitraum ihren mittlerweile verstorbenen Ehemann pflegen müssen. Die Klägerin weist abschließend darauf hin, dass sie auch nach Meinung des MDK höchstens leichte Tätigkeiten ohne Bücken hätte verrichten können. Im Jahre 2006 und 2007 habe sie sich erneut an der Wirbelsäule Operationen unterziehen müssen, wobei die Beklagte jedes Mal problemlos für eine Haushaltshilfe aufgekommen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die selbständig beschaffte Haushaltshilfe in Höhe von 720 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Einzuräumen sei zwar, dass es sich im streitigen Zeitraum um eine akute Erkrankung gehandelt habe, die Weiterführung des Haushalts durch die Klägerin sei aber dennoch möglich gewesen. Ausgeschlossen sei nur das Heben und Tragen von mehr als 5 kg gewesen. Den im Haushalt lebenden Personen sei es aber durchaus zuzumuten gewesen, diese Arbeiten zu übernehmen. Selbst bei beruflicher Tätigkeit bestehe am Wochenende und an den Abenden hinreichend Gelegenheit, die schwereren Haushaltsarbeiten zu erledigen. Ergänzend hierzu legte sie das Gutachten von Dr. Schneider vom MDK Baden-Württemberg vom 15.9.2008 vor.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Mit ihrer Berufung verlangt sie die Übernahme von verauslagten Kosten für eine Haushaltshilfe in Höhe von 720 EUR. Dieser Betrag übersteigt den bis 31.03.2008 geltenden Beschwerdewert des § 144 Abs.1 Nr. 1 SGG von 500 EUR.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Gemäß § 38 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder § 41 die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Der Anspruch auf Haushaltshilfe besteht nach § 38 Abs. 3 SGB V nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift hier nicht vorliegen. Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V setzt eine Abwesenheit des Versicherten wegen einer Krankenhausbehandlung oder einer vergleichbaren externen Behandlung in einer Reha-Einrichtung oder einer sonstigen stationären Einrichtung voraus. Eine Ausnahme hiervon macht allein § 37 SGB V, ein Fall häuslicher Krankenpflege liegt hier aber nicht vor.
Nach § 38 Abs. 2 SGB V kann die Satzung aber auch bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Eine entsprechende Satzungsregelung hat die Beklagte in § 11 ihrer Hauptsatzung (vgl. S. 78 SG-Akte) getroffen. Dort ist Folgendes geregelt:
§ 11
Mehrleistungen zur Haushaltshilfe
Außer in den in § 38 Abs. 1 SGB V genannten Fällen stellt die AOK Haushaltshilfe auch dann zur Verfügung, wenn
1. nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen oder
2. nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit oder wegen einer aus medizinischen Gründen erforderlichen Abwesenheit als Begleitperson eines versicherten Angehörigen nicht möglich ist und im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, längstens jedoch für die Dauer von 52 Wochen,
soweit eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann.
Darüber hinaus kann die AOK in begründeten Ausnahmefällen unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse Haushaltshilfe zur Verfügung stellen, wenn nach ärztlicher Feststellung diese aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.
Auch nach Auffassung des Senats lässt sich aus dieser Satzungsvorschrift ein Anspruch der Klägerin nicht ableiten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG dürfte der Anspruch der Klägerin aber nicht an der Anspruchsvoraussetzung einer schweren akuten Erkrankung scheitern. Der Begriff der akuten Krankheit ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, von einer chronischen Erkrankung zu trennen. Versicherte, die unter lang dauernden Erkrankungen leiden, müssen sich in ihrer Haushaltsführung darauf einstellen und können deswegen die Gewährung einer Haushaltshilfe nicht beanspruchen. Ob hier tatsächlich bereits ein chronisches Stadium erreicht war, erscheint dem Senat allerdings zweifelhaft. Im Zustand der Klägerin ist am 23.11.2004 mit dem frisch eingetretenen Bandscheibenvorfall eine deutliche Verschlechterung eingetreten, die gut zwei Wochen später, am 09.12.2004 eine Nukleotomie erforderlich gemacht hat. Die Folgen des Bandscheibenvorfalls, insbesondere die Lähmungserscheinungen und die Schmerzzustände haben aber über den 09.12.2004 hinaus angedauert und sind erst mit dem Ende der weiteren stationären Behandlung am 09.02.2005 zu einem gewissen Abschluss gekommen. Es spricht viel dafür, das Krankheitsgeschehen insgesamt als ein akutes Krankheitsgeschehen anzusehen, das erst mit dem Abschluss der stationären Nachbehandlung in einen Dauerzustand übergegangen ist.
Für die Annahme einer Akuterkrankung spricht weiter, dass die Beklagte selbst für die Zeit vom 15. bis 27.12.2004 der Klägerin Haushaltshilfe gewährt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 38 Abs. 1 SGB V (Krankenhausbehandlung) nicht mehr vorgelegen haben. Auch der MDK (Gutachten Dr. Schneider vom 15.09.2008) scheint zuletzt der Auffassung zuzuneigen, dass auch noch in der Zeit vom 29.12.2004 bis 18.1.2005 die akute Symptomatik im Vordergrund gestanden hat.
Im Ergebnis braucht der Senat allerdings nicht abschließend zu entscheiden, ob die Klägerin unter einer akuten schweren Krankheit gelitten hat. Denn für die Zeit vom 29.12.2004 bis 18.01.2005 liegen die Voraussetzungen für eine satzungsgemäße Haushaltshilfe nicht vor, weil eine im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen konnte. Die Vorschrift verlangt eine gewisse Mitwirkung der im Haushalt lebenden Personen an der Heilbehandlung (Pade´ in Juris PK-SGB V § 38 Rn. 34), die im Falle der Klägerin und ihrer Familie möglich war, offensichtlich aber unterblieben ist.
Bei der Würdigung der Erforderlichkeit einer Haushaltshilfe ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin sich im streitigen Zeitraum in ihrer Wohnung aufgehalten hat, sodass sie durch ihre Anwesenheit auf ihr Kind Alessio beruhigend einwirkend konnte. Obwohl sich ihre Erkrankung im Wesentlichen auf ihre körperliche Beweglichkeit und Belastbarkeit auswirkte, war sie in der Lage sich innerhalb der Wohnung zu bewegen (sie hätte sich in der Reha in weit stärkerem Maße bewegen müssen) und mit ihrem Sohn Alessio jederzeit zu kommunizieren. Die seelische Hilfebedürftigkeit des Kindes machte eine Haushaltshilfe somit nicht erforderlich.
Für die übrigen im Haushalt anfallenden Arbeiten benötigte sie ebenfalls keine Haushaltshilfe. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass allein das psychisch positive Einwirken auf das Kind der Grund war, warum die Klägerin ihre Anschlussheilbehandlung in Bad Urach auf eigenen Wunsch abrupt unterbrochen hat, und nicht eine unzureichende Haushaltsführung durch den Ehemann und die Söhne. Des Weiteren war die Klägerin auch nicht auf Bettruhe angewiesen; sie hätte in der Rehabilitationsklinik auch nur zwischen den Behandlungsabschnitten Bettruhe haben können. Bei gegebener Rehabilitationsfähigkeit mit scheinbar völliger Gesundung am 28.12.2004 war es ihr nach der unter Auswertung aller zeitnah erstellten Behandlungsberichte abgegebenen EinSchä.ung von Dr. Schneider vom MDK in dessen Gutachten vom 15.9.2008 möglich, Tätigkeiten im Haushalt mit Heben und Tragen von bis zu 5 kg zu verrichten. Damit vermochte sie alle leichten Tätigkeiten, wie Frühstück machen oder das Zubereiten einfacher anderer Mahlzeiten, selbst zu erledigen.
Für die übrigen (schwereren) Tätigkeiten (wie Einkaufen bzw. das Transportieren von Einkäufen oder nasser Wäsche) benötigte sie keine Haushaltshilfe, weil diese Arbeiten von dem 19-jährigen Sohn und dem 48-jährigen Ehemann ohne Weiteres hätten übernommen werden können. Beiden Personen war es möglich und zumutbar, diese Arbeiten an den Abenden oder den Wochenenden zu erledigen. Soweit die Klägerin eine vollständige berufliche Beanspruchung des Ehemannes als gewerblicher Arbeitnehmer (Drucker) mit täglichen Arbeitszeiten nicht nur von 7:00 bis 16:00 Uhr, sondern darüber hinaus noch von 17:00 bis 22:00 Uhr (vgl. die Angaben im Antragsvordruck vom 24.1.2005) geltend gemacht hat, bleibt dies eine nicht näher substantiierte Behauptung, für die trotz Aufforderung durch den Senat Beweis nicht angetreten worden ist.
Der Senat kann aber auch den Umstand nicht berücksichtigen, dass der damals 19-jährige Sohn seine Weihnachtsferien dazu benützt hat, im Rahmen eines 400 EUR-Jobs zusätzlich Geld zu verdienen. Es kann nicht Sinn der Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V sein, dem Sohn eine zusätzliche Erwerbstätigkeit zu ermöglichen und die Kosten der Haushaltsführung dann auf den Beitragszahler abzuwälzen. Die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.11.2000 - B 1 KR 15/99 R -) verlangt zwar von den Familienangehörigen nicht, außertariflichen Urlaub zu nehmen oder sich in seiner beruflichen Ausübung einzuschränken; es ist den Angehörigen im Rahmen der ihnen von § 38 Abs. 3 SGB V zugemuteten Mitwirkung an der Heilbehandlung aber abzuverlangen, von einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit abzusehen und in den Ferien den Haushalt der Mutter zu führen.
Nach alledem haben die Beklagte und das SG den Anspruch der Klägerin im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Berufung der Klägerin konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Klägerin Anspruch auf Übernahme der Kosten in Höhe von 720 EUR für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe für die Zeit vom 29.12.2004 bis 18.01.2005 hat.
Die 1966 geborene Klägerin lebt mit ihrem Ehemann in häuslicher Gemeinschaft zusammen; sie hat drei Kinder, von denen zwei in ihrem Haushalt leben, und zwar der am 11.3.1986 geborene Sohn Dario, der damals eine Lehre zum Drucker absolvierte, und der am 03.05.1995 geborene Sohn Alessio. Ein weiterer 22-jähriger Sohn wohnte Ende 2004/Anfang 2005 schon nicht mehr im elterlichen Haushalt. Die Klägerin ist als Sekretärin in einem Autohaus an fünf Tagen in der Woche von 16.30 Uhr bis 19:30 Uhr beschäftigt. Ihr Ehemann arbeitet täglich von 07:00 bis 16:00 Uhr als Drucker.
Wegen eines Bandscheibenvorfalls (L 4/5 links) war die Klägerin ab 23.11.2004 arbeitsunfähig erkrankt. Am 09.12.2004 wurde sie in der Orthopädischen Klinik M. operiert und von dort am 15.12.2004 nach Hause entlassen worden (Neurostatus bei Entlassung: Fußheberschwäche links Kraftgrad 1, Zehenheberschwäche links Kraftgrad 2 bis 3, Gefühlsstörungen entsprechend L 5 links.) Wegen persistierender Ischialgien mussten Schmerzmittel verordnet werden. Auf Grund der erfolgten Krankschreibungen sowie eines Attests der Orthopädischen Klinik M. (ohne Datum, bei der Beklagten am 20.12.2004 eingegangen), in dem ein Krankenhausaufenthalt vom 6. bis 15.12.2004 sowie die Erforderlichkeit einer Haushaltshilfe für 6 Stunden täglich für die Dauer von 4 Wochen bescheinigt wurde, übernahm die Beklagte mit Zahlung vom 3.1.2005 die Kosten für die von der Arzthelferin Diana T. geleisteten Arbeitsstunden im Haushalt der Klägerin für die Zeit vom 23.11. bis 27.12 2004 in Höhe von insgesamt 475 EUR. Insoweit ist es zwischen den Beteiligten nicht zum Streit gekommen.
Am 28.12.2004 trat die Klägerin in der Fachklinik H. eine Anschlussheilbehandlung an. Sie war zum Zeitpunkt der Aufnahme mit zwei Unterarmgehstützen mobilisiert, berichtete aber über eine Verbesserung der Schmerzsymptomatik sowie ein Fortbestehen der Fußheberparese links. Die Ärzte fanden eine Sensibilitätsstörung im Bereich der linken Fußaußenseite mit Fußheberschwäche links Kraftgrad 4/5. Die Klägerin berichtete zugleich von einem neunjährigen hyperaktiven Kind, welches die längere Trennung von der Mutter zur Zeit nicht verkrafte und drängte darauf, die stationäre Reha-Maßnahme sobald wie möglich abbrechen zu dürfen. Bei der ärztlichen Visite am 28.12.2004 gab sie eine plötzlich eingetretene Beschwerdefreiheit an, bei der Untersuchung war daraufhin tatsächlich keine weitere Fußheberparese links festzustellen. Auf eigenen Wunsch und mit ärztlichem Einverständnis brach die Klägerin die Reha-Maßnahme noch am gleichen Tag ab und fuhr mit dem Taxi nach Hause. Vom 19.01. bis 09.02.2005 wurde sie stationär (Kostenträger: Deutsche Rentenversicherung Bund) in der Fachklinik S., Waldachtal, behandelt. Bei der Aufnahme wurde dort eine diskrete Fußheber- und Großzehenheberschwäche links bei ca. 4/5 Kraftgraden gefunden. Die Klägerin klagte über starke Schmerzen der Lendenwirbelsäule mit Ausstrahlung in den linken Oberschenkel.
Am 24.01.2005 beantragte die Klägerin die Erstattung der Kosten für eine selbst beschaffte Haushaltshilfe. Sie gab an, Frau Diana T. habe bei ihr an jedem Tag zwischen dem 29.12.2004 und dem 18.01.2005 ca. fünf Stunden im Haushalt gearbeitet gegen ein Entgelt von 10 EUR pro Stunde inklusive Fahrtkosten. Insgesamt habe sie eine Vergütung von 720 EUR dafür verauslagt.
Mit Bescheid vom 02.02.2005 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine Haushaltshilfe ab, weil die gesetzlichen und satzungsmäßigen Voraussetzungen dafür nicht vorlägen. Die Klägerin erhob Widerspruch und machte geltend, sie leide unter einer akuten schweren Erkrankung. Sie habe eine Parese im linken Bein und könne sich, wenn überhaupt, nur mit zwei Gehstöcken mit Mühe und Not bis zur Toilette fortbewegen. Es sei ihr unmöglich sich um den Haushalt, geschweige denn um ein neunjähriges Kind zu kümmern. Ihr Ehemann gehe arbeiten und habe sich nicht freinehmen können. Ergänzend legte sie ein Attest der Orthopädischen Klinik M. (ohne Datum) vor, in dem eine Haushaltshilfe für sechs Stunden täglich für die Dauer von vier Wochen für erforderlich gehalten wird. Auch der Orthopäde Dr. Eppler hielt im Attest vom 04.01.2005 zur Versorgung des Haushalts eine Haushaltshilfe für täglich zwei Stunden für drei Wochen für notwendig. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.04.2005 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Nach § 38 Abs. 1 SGB V i.V.m. § 11 Nr. 1 ihrer Satzung bestehe ein Anspruch auf Haushaltshilfe nur dann, wenn eine akute schwere Krankheit vorliege. Dies sei bei ihr nicht der Fall gewesen. Nach dem Entlassungsbericht aus der Kurklinik sei von einem Dauerzustand auszugehen, da weiterhin Arbeitsunfähigkeit vorgelegen habe. Es habe zwar eine schwere, zwischenzeitlich jedoch nicht mehr eine akute Erkrankung vorgelegen.
Gegen den ihr am 26.04.2005 zugestellten Widerspruchsbescheid erhob die Klägerin am 25.05.2005 Klage bei dem Sozialgericht Stuttgart (SG) mit der sie nochmals geltend macht, sie könne nicht verstehen, dass eine vorher nicht vorhandene Lähmung nicht als akute Erkrankung anerkannt werde.
Das SG hat von der Orthopädischen Klinik M. und den behandelnden Ärzten Dr. K. und Dr. Sch. Auskünfte eingeholt. Dr. Sch. (Auskunft vom 23.6.2005) gab an, der Klägerin sei es in der genannten Zeit nicht möglich gewesen, Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Sie habe sich kaum bewegen und kaum laufen können. Dr. K. (Schreiben vom 11.8.2005) vermochte keine weiteren Angaben zu machen, weil er die Klägerin nur wegen einer Laboruntersuchung in der damaligen Zeit gesehen habe. Ärztlicher Direktor Dr. Schä. vertrat in seiner schriftlichen Aussage vom 4.7.2005 die Auffassung, bei dem bei der Klägerin im Zeitraum vom 29.12.2004 bis 18.01.2005 vorliegenden Zustand nach Nukleotomie L 4/5 links habe es sich weder um eine akute, noch eine schwere Erkrankung gehandelt. In den ersten sechs Wochen nach der Operation sei es der Klägerin nur bedingt möglich gewesen, Haushaltstätigkeiten zu verrichten. Die Klinik habe vorerst auch nur Übungsbehandlungen mit stabilisierender Wirkung empfohlen. Aus diesem Grund hätten Haushaltstätigkeiten mit Heben und Tragen mittelschwerer und schwerer Lasten sowie mit Bücken und in die Hocke gehen nicht verrichtet werden können. Im Laufe der Zeit sei von einer leicht vermehrten Belastbarkeit allerdings auszugehen. Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, die Aussage von Dr. Eppler stehe im krassen Widerspruch zu den eigenen Angaben der Versicherten am 28.12.2004 anlässlich ihrer Entlassung und widerspreche auch dem Attest vom 01.04.2005 mit einer höchstens zweistündigen Notwendigkeit einer Haushaltshilfe. Die gelegentlich im Haushalt anfallenden mittelschweren und schweren Haushaltstätigkeiten hätten ohne Weiteres im Familienverbund durch den Ehegatten am Abend oder den älteren Sohn erledigt werden können.
Mit Urteil vom 13.03.2006 wies das SG die Klage ab. Die Klägerin erfülle weder die Voraussetzungen des § 38 Abs. 1 SGB V noch die des § 38 Abs. 2 SGB V i.V.m. mit Nr. 11 der Satzung der Beklagten. Letztere fordere eine akute schwere Erkrankung als Voraussetzung für die zur Verfügungstellung einer Haushaltshilfe. Eine solche Erkrankung habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Bei Abbruch der Reha-Maßnahme in Bad Urach habe bei der Klägerin völlige Beschwerdefreiheit vorgelegen.
Gegen das ihrem Bevollmächtigten am 30.03.2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.04.2006 Berufung eingelegt. Sie hat zunächst dargelegt, dass ihr Sohn Alessio gewaltige psychische Probleme nach dem Tod zweier Tanten gehabt habe, und er am 28.12.2004 völlig verzweifelt in Bad Urach angerufen und nach der Mutter verlangt habe. Sie habe sich daraufhin entschlossen, den Aufenthalt im Interesse ihres minderjährigen Sohnes abzubrechen. Ihr sei es in Wirklichkeit aber nicht besser gegangen; sie habe starke Schmerzen gehabt, sich nicht bücken und nur mit Hilfe von zwei Gehhilfen fortbewegen können. Eine Führung des Haushaltes sei daher ausgeschlossen gewesen. Da sie erst am 09.12.2004 operiert worden sei, könnten die Folgen dieser Operation nicht schon nach drei Wochen als chronisch eingestuft werden.
Im Erörterungstermin vom 10.07.2006 erklärte die Klägerin, ihr 18-jähriger Sohn habe zu diesem Zeitpunkt die Berufsschule für Drucker besucht und sei in einer Lehre gewesen. Er habe außerdem nebenher einen 400 EUR-Job gehabt, den er wegen der Ferien in Vollzeit ausgeübt habe, weswegen er sich nicht habe um den jüngeren Bruder kümmern können. Das gleiche gelte für den Ehemann, dieser kommen nachmittags spät von der Arbeit und habe zusätzlich noch einen 400 EUR-Job, weswegen er für die Haushaltsführung ebenfalls nicht zur Verfügung gestanden habe. Eine vor Ort lebende 70-jährige Großmutter habe zum streitbefangenen Zeitraum ihren mittlerweile verstorbenen Ehemann pflegen müssen. Die Klägerin weist abschließend darauf hin, dass sie auch nach Meinung des MDK höchstens leichte Tätigkeiten ohne Bücken hätte verrichten können. Im Jahre 2006 und 2007 habe sie sich erneut an der Wirbelsäule Operationen unterziehen müssen, wobei die Beklagte jedes Mal problemlos für eine Haushaltshilfe aufgekommen sei.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 13. März 2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Februar 2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. April 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihr die Kosten für die selbständig beschaffte Haushaltshilfe in Höhe von 720 EUR zu erstatten.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend. Einzuräumen sei zwar, dass es sich im streitigen Zeitraum um eine akute Erkrankung gehandelt habe, die Weiterführung des Haushalts durch die Klägerin sei aber dennoch möglich gewesen. Ausgeschlossen sei nur das Heben und Tragen von mehr als 5 kg gewesen. Den im Haushalt lebenden Personen sei es aber durchaus zuzumuten gewesen, diese Arbeiten zu übernehmen. Selbst bei beruflicher Tätigkeit bestehe am Wochenende und an den Abenden hinreichend Gelegenheit, die schwereren Haushaltsarbeiten zu erledigen. Ergänzend hierzu legte sie das Gutachten von Dr. Schneider vom MDK Baden-Württemberg vom 15.9.2008 vor.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die die Klägerin betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere statthaft. Mit ihrer Berufung verlangt sie die Übernahme von verauslagten Kosten für eine Haushaltshilfe in Höhe von 720 EUR. Dieser Betrag übersteigt den bis 31.03.2008 geltenden Beschwerdewert des § 144 Abs.1 Nr. 1 SGG von 500 EUR.
Die Berufung der Klägerin ist jedoch nicht begründet. Gemäß § 38 Abs. 1 SGB V erhalten Versicherte Haushaltshilfe, wenn ihnen wegen Krankenhausbehandlung oder wegen einer Leistung nach § 23 Abs. 2 oder 4, §§ 24, 37, 40 oder § 41 die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Voraussetzung ist ferner, dass im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 12. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist. Der Anspruch auf Haushaltshilfe besteht nach § 38 Abs. 3 SGB V nur, soweit eine im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Voraussetzungen dieser Vorschrift hier nicht vorliegen. Haushaltshilfe nach § 38 Abs. 1 SGB V setzt eine Abwesenheit des Versicherten wegen einer Krankenhausbehandlung oder einer vergleichbaren externen Behandlung in einer Reha-Einrichtung oder einer sonstigen stationären Einrichtung voraus. Eine Ausnahme hiervon macht allein § 37 SGB V, ein Fall häuslicher Krankenpflege liegt hier aber nicht vor.
Nach § 38 Abs. 2 SGB V kann die Satzung aber auch bestimmen, dass die Krankenkasse in anderen als den in Abs. 1 genannten Fällen Haushaltshilfe erbringt, wenn Versicherten wegen Krankheit die Weiterführung des Haushalts nicht möglich ist. Eine entsprechende Satzungsregelung hat die Beklagte in § 11 ihrer Hauptsatzung (vgl. S. 78 SG-Akte) getroffen. Dort ist Folgendes geregelt:
§ 11
Mehrleistungen zur Haushaltshilfe
Außer in den in § 38 Abs. 1 SGB V genannten Fällen stellt die AOK Haushaltshilfe auch dann zur Verfügung, wenn
1. nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit nicht möglich ist, längstens jedoch für die Dauer von vier Wochen oder
2. nach ärztlicher Bescheinigung die Weiterführung des Haushalts wegen akuter schwerer Krankheit oder wegen akuter Verschlimmerung einer Krankheit oder wegen einer aus medizinischen Gründen erforderlichen Abwesenheit als Begleitperson eines versicherten Angehörigen nicht möglich ist und im Haushalt ein Kind lebt, das bei Beginn der Haushaltshilfe das 14. Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder das behindert und auf Hilfe angewiesen ist, längstens jedoch für die Dauer von 52 Wochen,
soweit eine andere im Haushalt lebende Person den Haushalt nicht weiterführen kann.
Darüber hinaus kann die AOK in begründeten Ausnahmefällen unter Berücksichtigung der familiären Verhältnisse Haushaltshilfe zur Verfügung stellen, wenn nach ärztlicher Feststellung diese aus den in Satz 1 genannten Gründen erforderlich ist.
Auch nach Auffassung des Senats lässt sich aus dieser Satzungsvorschrift ein Anspruch der Klägerin nicht ableiten.
Entgegen der Auffassung der Beklagten und des SG dürfte der Anspruch der Klägerin aber nicht an der Anspruchsvoraussetzung einer schweren akuten Erkrankung scheitern. Der Begriff der akuten Krankheit ist, wie das SG zutreffend ausgeführt hat, von einer chronischen Erkrankung zu trennen. Versicherte, die unter lang dauernden Erkrankungen leiden, müssen sich in ihrer Haushaltsführung darauf einstellen und können deswegen die Gewährung einer Haushaltshilfe nicht beanspruchen. Ob hier tatsächlich bereits ein chronisches Stadium erreicht war, erscheint dem Senat allerdings zweifelhaft. Im Zustand der Klägerin ist am 23.11.2004 mit dem frisch eingetretenen Bandscheibenvorfall eine deutliche Verschlechterung eingetreten, die gut zwei Wochen später, am 09.12.2004 eine Nukleotomie erforderlich gemacht hat. Die Folgen des Bandscheibenvorfalls, insbesondere die Lähmungserscheinungen und die Schmerzzustände haben aber über den 09.12.2004 hinaus angedauert und sind erst mit dem Ende der weiteren stationären Behandlung am 09.02.2005 zu einem gewissen Abschluss gekommen. Es spricht viel dafür, das Krankheitsgeschehen insgesamt als ein akutes Krankheitsgeschehen anzusehen, das erst mit dem Abschluss der stationären Nachbehandlung in einen Dauerzustand übergegangen ist.
Für die Annahme einer Akuterkrankung spricht weiter, dass die Beklagte selbst für die Zeit vom 15. bis 27.12.2004 der Klägerin Haushaltshilfe gewährt hat, obwohl die Voraussetzungen nach § 38 Abs. 1 SGB V (Krankenhausbehandlung) nicht mehr vorgelegen haben. Auch der MDK (Gutachten Dr. Schneider vom 15.09.2008) scheint zuletzt der Auffassung zuzuneigen, dass auch noch in der Zeit vom 29.12.2004 bis 18.1.2005 die akute Symptomatik im Vordergrund gestanden hat.
Im Ergebnis braucht der Senat allerdings nicht abschließend zu entscheiden, ob die Klägerin unter einer akuten schweren Krankheit gelitten hat. Denn für die Zeit vom 29.12.2004 bis 18.01.2005 liegen die Voraussetzungen für eine satzungsgemäße Haushaltshilfe nicht vor, weil eine im Haushalt lebende Person den Haushalt weiterführen konnte. Die Vorschrift verlangt eine gewisse Mitwirkung der im Haushalt lebenden Personen an der Heilbehandlung (Pade´ in Juris PK-SGB V § 38 Rn. 34), die im Falle der Klägerin und ihrer Familie möglich war, offensichtlich aber unterblieben ist.
Bei der Würdigung der Erforderlichkeit einer Haushaltshilfe ist zunächst festzustellen, dass die Klägerin sich im streitigen Zeitraum in ihrer Wohnung aufgehalten hat, sodass sie durch ihre Anwesenheit auf ihr Kind Alessio beruhigend einwirkend konnte. Obwohl sich ihre Erkrankung im Wesentlichen auf ihre körperliche Beweglichkeit und Belastbarkeit auswirkte, war sie in der Lage sich innerhalb der Wohnung zu bewegen (sie hätte sich in der Reha in weit stärkerem Maße bewegen müssen) und mit ihrem Sohn Alessio jederzeit zu kommunizieren. Die seelische Hilfebedürftigkeit des Kindes machte eine Haushaltshilfe somit nicht erforderlich.
Für die übrigen im Haushalt anfallenden Arbeiten benötigte sie ebenfalls keine Haushaltshilfe. In diesem Zusammenhang ist zunächst festzuhalten, dass allein das psychisch positive Einwirken auf das Kind der Grund war, warum die Klägerin ihre Anschlussheilbehandlung in Bad Urach auf eigenen Wunsch abrupt unterbrochen hat, und nicht eine unzureichende Haushaltsführung durch den Ehemann und die Söhne. Des Weiteren war die Klägerin auch nicht auf Bettruhe angewiesen; sie hätte in der Rehabilitationsklinik auch nur zwischen den Behandlungsabschnitten Bettruhe haben können. Bei gegebener Rehabilitationsfähigkeit mit scheinbar völliger Gesundung am 28.12.2004 war es ihr nach der unter Auswertung aller zeitnah erstellten Behandlungsberichte abgegebenen EinSchä.ung von Dr. Schneider vom MDK in dessen Gutachten vom 15.9.2008 möglich, Tätigkeiten im Haushalt mit Heben und Tragen von bis zu 5 kg zu verrichten. Damit vermochte sie alle leichten Tätigkeiten, wie Frühstück machen oder das Zubereiten einfacher anderer Mahlzeiten, selbst zu erledigen.
Für die übrigen (schwereren) Tätigkeiten (wie Einkaufen bzw. das Transportieren von Einkäufen oder nasser Wäsche) benötigte sie keine Haushaltshilfe, weil diese Arbeiten von dem 19-jährigen Sohn und dem 48-jährigen Ehemann ohne Weiteres hätten übernommen werden können. Beiden Personen war es möglich und zumutbar, diese Arbeiten an den Abenden oder den Wochenenden zu erledigen. Soweit die Klägerin eine vollständige berufliche Beanspruchung des Ehemannes als gewerblicher Arbeitnehmer (Drucker) mit täglichen Arbeitszeiten nicht nur von 7:00 bis 16:00 Uhr, sondern darüber hinaus noch von 17:00 bis 22:00 Uhr (vgl. die Angaben im Antragsvordruck vom 24.1.2005) geltend gemacht hat, bleibt dies eine nicht näher substantiierte Behauptung, für die trotz Aufforderung durch den Senat Beweis nicht angetreten worden ist.
Der Senat kann aber auch den Umstand nicht berücksichtigen, dass der damals 19-jährige Sohn seine Weihnachtsferien dazu benützt hat, im Rahmen eines 400 EUR-Jobs zusätzlich Geld zu verdienen. Es kann nicht Sinn der Gewährung von Haushaltshilfe nach § 38 SGB V sein, dem Sohn eine zusätzliche Erwerbstätigkeit zu ermöglichen und die Kosten der Haushaltsführung dann auf den Beitragszahler abzuwälzen. Die Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 07.11.2000 - B 1 KR 15/99 R -) verlangt zwar von den Familienangehörigen nicht, außertariflichen Urlaub zu nehmen oder sich in seiner beruflichen Ausübung einzuschränken; es ist den Angehörigen im Rahmen der ihnen von § 38 Abs. 3 SGB V zugemuteten Mitwirkung an der Heilbehandlung aber abzuverlangen, von einer zusätzlichen Erwerbstätigkeit abzusehen und in den Ferien den Haushalt der Mutter zu führen.
Nach alledem haben die Beklagte und das SG den Anspruch der Klägerin im Ergebnis zu Recht abgelehnt. Die Berufung der Klägerin konnte deshalb keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
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