L 8 SB 6151/06

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
8
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 16 SB 5615/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 8 SB 6151/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2006 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Grades der Behinderung (GdB) der Klägerin nach dem Sozialgesetzbuch - Neuntes Buch - (SGB IX) streitig.

Bei der.1944 geborenen Klägerin stellte das Versorgungsamt Stuttgart (VA) mit Bescheid vom 21.11.2001 unter Berücksichtigung von psychovegetativen Störungen, einer Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und einer Polyarthrose einen GdB von 20 seit 11.06.2001 fest. Den Neufeststellungsantrag der Klägerin vom 22.10.2002 lehnte das VA mit Bescheid vom 05.12.2002 ab, da eine wesentliche Verschlimmerung des Gesundheitszustandes der Klägerin und der damit einhergehenden Funktionsbeeinträchtigungen nicht eingetreten sei.

Am 19.01.2004 beantragte die Klägerin erneut die Erhöhung des GdB (ursprünglich rückwirkend ab 15.11.2000) und gab hierzu an, sie leide an Bein-, Knie- und Fußbeschwerden und müsse an Krücken gehen. Außerdem liege bei ihr ein Bandscheibenschaden vor. Das VA holte von dem Orthopäden Dr. O. den Befundbericht vom 06.04.2004 ein, dem mehrere eigene Untersuchungsberichte beilagen. Nach Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme hierzu lehnte das VA den Neufeststellungsantrag der Klägerin mit Bescheid vom 21.06.2004 ab, da sich die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin nicht wesentlich geändert hätten.

Dagegen legte die Klägerin am 30.06.2004 Widerspruch ein und machte einen GdB von 50 geltend. Sie brachte vor, schon die von Dr. O. gestellten orthopädischen Diagnosen rechtfertigten einen GdB von 30. Die Beschwerden seitens der Wirbelsäule seien mit einem GdB von mindestens 20 zu bewerten. Zu berücksichtigen sei auch, dass sie zur "Entlastung ihrer Füße" mit Krücken laufe und von ihrem früheren Hausarzt Dr. S. bereits am 12.09.2001 eine ganz erhebliche psychogene Komponente angegeben worden sei. Das VA holte den nervenfachärztlichen Befundbericht von Dr. N. vom 09.08.2004 und den Bericht des HNO-Arztes B. vom 23.09.2004 ein. Letzterer diagnostizierte einen Tinnitus aurium links, eine Schallempfindungsschwerhörigkeit beiderseits, einen Zustand nach Hörsturz links 7/03 und eine Hypertonie. Nach Einholung der versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 27.10.2004, nach der bei der Klägerin eine seelische Störung und funktionelle Organbeschwerden (GdB 20), eine Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks, eine Arthrose und eine Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform (GdB 20), eine Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und ein Schulter-Arm- Syndrom (GdB 10) sowie eine Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen (GdB 10) bei einem Gesamt-GdB von 30 vorlägen und kein GdB von mindestens 10 für weitere Funktionsbeeinträchtigungen (operierte Harnblasenerkrankung, Bluthochdruck, Polyneuropathie, Verdacht auf restless-legs-Syndrom und Schwindel) bestehe, erließ das VA unter dem 03.11.2004 einen entsprechenden Teilabhilfebescheid (GdB 30 seit 30.10.2003). Die Klägerin erklärte sich hiermit nicht einverstanden und brachte vor, sie habe am 16.10.2004 einen Schlaganfall erlitten, wegen dem sie u.a. im Kreiskrankenhaus S. behandelt worden sei. Zwischenzeitlich sei sie auch wegen einer Herzproblematik und Osteoporose im Krankenhaus gewesen. Daraufhin ließ sich das VA die beim Hausarzt der Klägerin Dr. B. vorliegenden ärztlichen Unterlagen übersenden. Hierzu gehörten neben dem Kurentlassungsbericht vom 18.12.2002 die Berichte des Kreiskrankenhauses S. vom 13.07.2004 (Frauenklinik) und 03.11.2004 (Medizinische Klinik) und die Untersuchungsberichte von Dr. N. vom 11.10.2004, Dr. O. vom 26.01.2005 und dem HNO-Arzt B. vom 25.04.2005. Im Klinikbericht vom 03.11.2004 wurden ein PRIND mit Facialisparese links und Dysarthrie (vollständige Remission), eine arterielle Hypertonie, eine Adipositas und ein Zustand nach Hysterektomie diagnostiziert. Nach Einholung einer weiteren versorgungsärztlichen Stellungnahme wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 24.08.2005 zurück.

Am 01.09.2005 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG), mit der sie im Wesentlichen unter Hinweis auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren einen GdB von 50 geltend machte. Die bei ihr vorliegende seelische Störung mit funktionellen Organbeschwerden sei mit einem GdB von mindestens 30 zu bewerten. Ferner sei die Verständigung mit ihr aufgrund der Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen erschwert. Zudem verweist sie auf die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, das Schulter-Arm-Syndrom, sowie auf die Beeinträchtigungen im Bereich des rechten Knies und die beidseitige Fußfehlform. Ihr früherer Hausarzt Dr. S. habe bereits 2001 einen GdB von 50 angenommen. Die Klägerin legte weitere ärztliche Unterlagen vor.

Das SG hörte Dr. N., Dr. B., Dr. O. und den HNO-Arzt B. schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. N. teilte unter dem 07.11.2005 als Diagnosen eine Fallneigung unbekannter Ursache, ein sogenanntes Burning Feet und eine Somatisierungsstörung mit. In psychischer Hinsicht sei die Klägerin bewusstseinsklar und voll orientiert sowie ausgesprochen stark somatisierend, klagsam und einfach strukturiert. Den Schweregrad der Gesundheitsstörungen auf ihrem Gebiet bezeichnete sie als leicht. Ferner gab Dr. N. an, sie teile die versorgungsärztliche Auffassung zu den bei der Klägerin auf ihrem Gebiet vorliegenden Gesundheitsstörungen. Dr. B. gab unter dem 11.11.2005 unter Beifügung weiterer Arztberichte die Diagnosen schwere Depression, schweres Wirbelsäulensyndrom, mittelschwere Polyarthrosen, Zustand nach schwerem apoplektischem Geschehen (PRIND) bei mittelschwerer arterieller Hypertonie an. Das apoplektische Geschehen habe neurologisch keine Folgen hinterlassen und die arterielle Hypertonie könne als zufriedenstellend eingestellt betrachtet werden. Hinsichtlich der seelischen Störung und der orthopädischen Erkrankungen sehe er eine doch deutlichere Einschränkung der Klägerin, sodass seines Erachtens eine Erhöhung des GdB um jeweils 10 zu rechtfertigen wäre. Am 30.11.2005 teilte Dr. O. unter Vorlage weiterer ärztlicher Unterlagen mit, die Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks einschließlich Arthrose und Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform sei mit einem GdB von 20 korrekt bewertet. Auch die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Schulter-Arm- Syndrom sei mit einem GdB von 10 ebenfalls korrekt eingestuft. Die Wirbelsäulenfunktion sei nur gering eingeschränkt. Betroffen seien allerdings zwei Wirbelsäulenabschnitte, nämlich die Brust- und die Lendenwirbelsäule. Auf orthopädischem Gebiet könne von einem GdB von 20 ausgegangen werden. Der HNO-Arzt B. schilderte am 02.12.2005 den Krankheits- und Behandlungsverlauf und diagnostizierte eine geringfügige Schallempfindungsschwerhörigkeit und einen ebenfalls geringfügigen Tinnitus aurium links. Es liege eine geringgradige Schwerhörigkeit beiderseits mit 10% Hörverlust vor. Der versorgungsärztlichen Auffassung stimme er zu.

Mit Gerichtsbescheid vom 29.11.2006 wies das SG die Klage ab. Der Beklagte habe die bei der Klägerin vorliegenden Funktionsbeeinträchtigungen zu Recht mit einem GdB von 30 bewertet. Die von ihm angenommenen Teil-GdB-Werte stünden im Einklang mit den Bewertungskriterien der "Anhaltspunkte" und seien zudem von den behandelnden Fachärzten der Klägerin bestätigt worden. Soweit Dr. B. für die seelische Störung der Klägerin und ihre orthopädischen Erkrankungen einen höheren GdB befürwortet habe, entspreche dies nicht den aktenkundigen Befunden. Auch die Bildung eines Gesamt-GdB von 30 sei nicht zu beanstanden.

Dagegen hat die Klägerin am 11.12.2006 Berufung eingelegt, mit der sie weiterhin einen GdB von 50 geltend macht. Sie bringt unter Hinweis auf die Angaben von Dr. N. vom 07.11.2005 und Dr. B. vom 11.11.2005 vor, das SG habe es zu Unrecht abgelehnt, die bei ihr vorliegende seelische Störung mit funktionellen Organbeschwerden höher zu bewerten und insgesamt einen GdB von 50 anzunehmen. Sie leide an einer starken Somatisierungsstörung, für die nach den "Anhaltspunkten" ein Bewertungsrahmen von 30 bis 40 vorgesehen sei. Ferner bedinge ihr Wirbelsäulenleiden, wovon sowohl die Brust- als auch die Lendenwirbelsäule betroffen sei, einen GdB von 20. Zusätzlich sei noch die Handgelenksarthrose zu berücksichtigen und die Beschwerden aufgrund ihrer erheblichen Adipositas stärker zu gewichten. Die Klägerin hat eine Ausfertigung der Niederschrift vom 26.04.2006 über die mündliche Verhandlung vor dem Landessozialgericht Baden-Württemberg im Berufungsrechtsstreit L 2 R 2562/05 vorgelegt. Daraus geht hervor, dass die Beteiligten dieses Rechtsstreits einen Vergleich geschlossen haben, wonach die Klägerin beantragt, ihr ein psychosomatisches Heilverfahren zu gewähren und die Berufung zurücknimmt. Auf Nachfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, dass sie keine Rehabilitationsmaßnahme durchgeführt habe. Eine entsprechende Maßnahme sei bereits zweimal abgelehnt worden (Schriftsatz des Klägervertreters vom 15.05.2005).

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Stuttgart vom 29. November 2006 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 3. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. August 2006 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Grad der Behinderung mit 50 seit 30. Oktober 2003 festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz und die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß den §§ 143, 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte Berufung der Klägerin, über die der Senat mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist zulässig (§ 151 SGG), aber nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der angegriffene Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig. Damit ist der GdB ab 30.10.2003 zutreffend (lediglich) auf 30 erhöht worden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung eines GdB von 40 oder gar 50.

Streitgegenstand ist der - den ursprünglichen Bescheid vom 21.06.2004 in vollem Umfang ersetzenden - Teilabhilfebescheid vom 03.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.08.2006, mit dem der Beklagte den GdB wegen einer wesentlichen Änderung der gesundheitlichen Verhältnisse der Klägerin von 20 auf 30 erhöht hat. Die Klägerin macht demgegenüber geltend, dass ihre Funktionsbeeinträchtigungen einen GdB von 50 rechtfertigten. Eine rückwirkende Feststellung unter Aufhebung des bestandskräftigen Bescheides vom 21.11.2001 nach § 44 SGB X hat die Klägerin im gerichtlichen Verfahren nicht mehr verfolgt.

Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den rechtlichen und tatsächlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Eine wesentliche Änderung im Hinblick auf den GdB gegenüber einer vorausgegangenen Feststellung liegt nur dann vor, wenn im Vergleich zu den den GdB bestimmenden Funktionsausfällen, wie sie der letzten Feststellung des GdB tatsächlich zugrunde gelegen haben, insgesamt eine Änderung eingetreten ist, die einen um wenigstens 10 geänderten Gesamt GdB bedingt. Dabei ist die Bewertung nicht völlig neu, wie bei der Erstentscheidung, vorzunehmen. Vielmehr ist zur Feststellung der Änderung ein Vergleich mit den für die letzte bindend gewordene Feststellung der Behinderung oder eines Nachteilsausgleichs maßgebenden Befunden und behinderungsbedingten Funktionseinbußen anzustellen. Eine ursprünglich falsche Entscheidung kann dabei grundsätzlich nicht korrigiert werden, da die Bestandskraft zu beachten ist. Sie ist lediglich in dem Maße durchbrochen, wie eine nachträgliche Veränderung eingetreten ist. Dabei kann sich ergeben, dass das Zusammenwirken der Funktionsausfälle im Ergebnis trotz einer gewissen Verschlimmerung unverändert geblieben ist. Rechtsverbindlich anerkannt bleibt nur die festgestellte Behinderung mit ihren tatsächlichen Auswirkungen, wie sie im letzten Bescheid in den Gesamt-GdB eingeflossen, aber nicht als einzelne (Teil-)GdB gesondert festgesetzt worden sind. Auch der Gesamt-GdB ist nur insofern verbindlich, als er im Sinne des § 48 Abs. 3 SGB X bestandsgeschützt ist, nicht aber in der Weise, dass beim Hinzutreten neuer Behinderungen der darauf entfallende Teil-GdB dem bisherigen Gesamt-GdB nach den Maßstäben der "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" 2008 (AHP) hinzuzurechnen ist (vgl. BSG SozR 1300 § 48 Nr. 29). Die Verwaltung ist nach § 48 SGB X berechtigt, eine Änderung zugunsten und eine Änderung zuungunsten des Behinderten in einem Bescheid festzustellen und im Ergebnis eine Änderung zu versagen, wenn sich beide Änderungen gegenseitig aufheben (BSG SozR 3-3870 § 3 Nr 5).

Nach § 69 Abs. 3 SGB IX ist zu beachten, dass bei Vorliegen mehrerer Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft der GdB nach den Auswirkungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung der wechselseitigen Beziehungen festzustellen ist. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Einzel-GdB zu bilden, bei der Ermittlung des Gesamt-GdB durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden sind für die Bildung des Gesamt ungeeignet (vgl. Nr. 19 Abs. 1 der AHP). In der Regel ist von der Behinderung mit dem höchsten Einzel-GdB auszugehen und zu prüfen, ob und inwieweit das Ausmaß der Behinderung durch die anderen Behinderungen größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden (Nr. 19 Abs. 3 der AHP). Ein Einzel-GdB von 10 führt in der Regel nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung, auch bei leichten Behinderungen mit einem GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (vgl. Nr. 19 Abs. 4 der AHP). Der Gesamt-GdB ist unter Beachtung der AHP in freier richterlicher Beweiswürdigung sowie aufgrund richterlicher Erfahrung unter Hinzuziehung von Sachverständigengutachten zu bilden (BSGE 62, 209, 213; BSG SozR 3870 § 3 Nr. 26 und SozR 3 3879 § 4 Nr. 5).

Von diesen Regeln und Maßstäben ausgehend ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass sich die Funktionsbeeinträchtigungen der Klägerin seit dem Bescheid vom 21.11.2001 (GdB 20) nicht in einem höheren Maße als von der Beklagten mit dem angegriffenen Bescheid vom 03.11.2004 anerkannt (GdB 30) verschlimmert haben.

Die bei der Klägerin vorliegende mit funktionellen Organbeschwerden verbundene seelische Störung bedingt nach wie vor keinen höheren GdB als 20. Leichtere psychovegetative oder psychische Störungen sind nach Nr. 26.3, S. 48 der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht, 2008 (AHP) mit einem GdB von 0 bis 20 zu bewerten. Ein GdB von 30 bis 40 - wie von der Klägerin insoweit geltend gemacht - kann erst bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) angenommen werden. Solche stärker behindernde Störungen liegen bei der Klägerin jedoch nicht vor. Die sie nach deren Angaben gegenüber dem SG von 1997 bis Oktober 2004 behandelnde Nervenärztin Dr. N. hat die Gesundheitsstörungen der Klägerin auf ihrem Gebiet als leicht bezeichnet. Dass sie gleichzeitig angegeben hat, die Klägerin somatisiere ausgesprochen stark, sei klagsam und einfach strukturiert, bedeutet entgegen der Auffassung der Klägerin nicht, dass auch eine stärker behindernde Störung im Sinne von Nr. 26.3, S. 48 der AHP vorliegt. Der fachfremden Einschätzung des Allgemeinmediziners Dr. B. in seinem für das SG erstellten Bericht vom 11.11.2005, dass die seelische Störung die Klägerin doch deutlicher einschränke und seines Erachtens ein um 10 Punkte erhöhter GdB, mithin 30, zu rechtfertigen sei, folgt der Senat nicht, insbesondere ist entgegen Dr. B. von Nervenärztin Dr. N. keine Depression diagnostiziert worden. Mit einem GdB von 20 sind daher die psychischen Störungen, denen auch die von Dr. N. beschriebene Schwindelneigung zuzuordnen ist, angemessen bewertet. Eine Einschränkung in der sozialen Partizipationsfähigkeit hat Dr. N. in ihrer sachverständigen Zeugenaussage vor dem SG ausdrücklich verneint (Antwort auf Frage Nr. 6 c). Der durch die AHP für leichtere psychovegetative oder psychische Störungen vorgegebene Bewertungsrahmen von 0 bis 20 ist damit voll ausgeschöpft.

Die bei der Klägerin auf orthopädischem Gebiet bestehenden Funktionsstörungen (Funktionsbehinderung des rechten Kniegelenks, Arthrose, Funktionsstörung durch beidseitige Fußfehlform sowie Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Schulter-Arm-Syndrom) sind mit einem GdB von 20 und einem GdB von 10 ebenfalls angemessen bewertet. Dabei hat der Beklagte der seit dem Bescheid vom 21.11.2001 eingetretenen Verschlimmerung im Bereich des rechten Kniegelenks (unter Einbeziehung der Arthrose und der Funktionsstörung durch die beidseitige Fußfehlform) insoweit Rechnung getragen, als er hierfür nun einen GdB von 20 (anstatt 10) angesetzt hat. Dies gibt zu keinen Beanstandungen Anlass, nachdem der Orthopäde Dr. O. am 30.11.2005 gegenüber dem SG angegeben hat, diese Funktionsstörungen seien mit einem GdB von 20 korrekt eingestuft. Dasselbe gilt für die Funktionsbehinderung der Wirbelsäule und das Schulter-Arm-Syndrom. Auch diese Leiden hat Dr. O. mit einem GdB von 10 als korrekt eingestuft beurteilt. Danach handelt es sich bei der Funktionsbehinderung der Wirbelsäule um eine geringe Einschränkung. Betroffen sind zwar sowohl die Brust- als auch die Lendenwirbelsäule, mithin zwei Wirbelsäulenabschnitte; bei nur geringen funktionellen Auswirkungen der Wirbelsäulenschäden ist aber nach Nr. 26.18, S. 116 der AHP auch in diesem Fall nur ein GdB von 10 anzunehmen.

Die Schwerhörigkeit mit Ohrgeräuschen, an der die Klägerin ebenfalls leidet, bedingt keinen höheren GdB als 10. Dies folgt für den Senat aus den Angaben des HNO-Arztes B. vom 02.12.2005, wonach sowohl die Schallempfindungsschwerhörigkeit als auch der Tinnitus aurium links lediglich ein geringfügiges Ausmaß haben. Ein höherer GdB als 10 ist daher nach Nr. 26.5, S. 59 der AHP nicht gerechtfertigt.

Insgesamt ergibt sich kein höherer GdB als 30. Bei Teil-GdB-Werten von 20, 20, 10 und 10 lässt sich ein GdB von 40 oder mehr nicht begründen. Eine sich gegenseitig bedingende Verstärkung der organisch verursachten Leiden und der psychischen Störung ist mit dem am oberen Bewertungsrahmen orientierten Teil-GdB von 20 für die Somatisierungsstörung hinreichend berücksichtigt. Ein höherer Gesamt-GdB ist entgegen der Auffassung der Klägerin nicht gerechtfertigt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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