L 6 U 44/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S4/8 U 142/01
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 6 U 44/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 15. Februar 2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob eine Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli sowie Schwindelbeschwerden bei Nystagmus zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. September 1999 sind.

Der am 1957 geborenen und als Lehrerin tätigen Klägerin prallte am 8. September 1999, während sie die Pausenaufsicht wahrnahm, ein von einem Schüler mit dem Fuß getretener Basketball an den Kopf. Ein Rettungswagen brachte sie in die Ambulanz des K. A. -Z ... Der Durchgangs- und Chefarzt der Chirurgie Medizinalrat (MR) Dr. G. stellte im Bereich der Arme keinerlei neurologische Ausfälle fest. In seinem Durchgangsarztbericht vom 9. September 1999 führte er aus, es bestehe kein Anhalt für ein Schädelhirntrauma. Die Beweglichkeit des Kopfes sei uneingeschränkt möglich. Es bestehe ein Druckschmerz an der linken Seite der Halswirbelsäule (HWS), Sensibilitätsstörungen seien keine vorhanden. Er diagnostizierte eine Distorsion (Zerrung) der HWS ersten Grades. Gegenüber der Hausärztin Dipl.-Med. U. gab die Klägerin am 9. September 1999, 15. September 1999 und 8. November 1999 Beschwerden im Kopf- und HWS-Bereich, am 3. Januar 2000 auch Schwindelerscheinungen an. Sie war vom 8. September 1999 bis 19. September 1999 und wiederum ab 20. Januar 2000 arbeitsunfähig.

Die Nachschau bei der Klägerin nahm Dr. G. vor, der der Beklagten berichtete, am 16. September 1999 habe sich klinisch eine Verhärtung der Schulter- und Nackenmuskulatur beidseits und ein occipitaler Kalottenklopfschmerz (Klopfschmerz am Hinterhaupt des Schädeldaches) gezeigt. Am 22. September 1999 habe die Klägerin noch über leichte, ziehende Schmerzen im Bereich der Nackenregion geklagt; Kopfschmerzen habe sie nicht mehr angegeben.

Am 20. Januar 2000 und 30. Januar 2000 suchte die Klägerin den Durchgangs- und Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des K. A. –Z. Dr. H. auf, der der Beklagten mitteilte, diese habe immer noch Schmerzen im Nacken mit teilweiser Ausstrahlung in die linke Wange. Sie klage über Missempfindungen und Zucken in der linken Wange. Ein Magnetresonanztomogramm (MRT) der HWS habe keinerlei unfallbedingte Schäden ergeben. Er fügte ärztliche Befunde bei. Nach Angaben der Fachärztin für Neurologie/Psychiatrie Dr. K. , die am 4. Januar 2000 eine Elek-troenzephalographie (EEG) mit Alphawellen durchgeführt hatte, sei der Berger-Effekt (Unterdrückung der okzipitalen Alphawellen beim Augenöffnen) positiv gewesen, ein Herd und eine Anfallsbereitschaft habe nicht bestanden und eine Provokation sei ohne Befund geblieben. Der Facharzt für Radiologie Dr. E. berichtete unter dem 12. Januar 2000, die kraniale Computertomographie (Computertomographie (CT) des Schädels) sei unauffällig ohne posttraumatische intracerebrale (innerhalb des Gehirns) Veränderungen.

Die Klägerin begab sich am 15. Februar 2000 in Behandlung des Chefarztes der Neurochirurgischen Kl. des St. Kl. D. Dr. Sch. und seiner Assistenzärztin R ... Diese teilten der Beklagten mit, die Klägerin habe berichtet, am 2. Januar 2000 seien nach einer Skilanglauftour heftige Schmerzattacken im Schulternackenbereich sowie Missempfindungen in der linken Gesichtshälfte aufgetreten. Bei der klinischen Untersuchung hätten erhebliche Verspannungen der Schulternackenmuskulatur mit Druckschmerz im Bereich des Trapeziusrandes links bestanden. Pyramidenbahnzeichen, Paresen und periphere Sensibilitätsstörungen lägen nicht vor. Es bestehe ein Schwellungsgefühl im Bereich des 2. und 3. Trigeminusastes des Schädels (im Mittelhirn entspringender motorischer und sensibler Nervenstrang) links bei Hyper- und Dysästhesie (Hyperästhesie = Überempfindlichkeit für Schmerz-, Temperatur- und Berührungsreize; Dysästhesie = Sensibilitätsstörung mit abnormen, unangenehmen Sinneswahrnehmungen). Der Stirnast des Nervus trigeminus (Trigeminusnerv) sei nicht betroffen. Weitere Hirnnervenausfälle lägen nicht vor. Aus neurochirurgischer Sicht bestünde kein Zusammenhang zwischen dem im September stattgehabten leichten Schädeltrauma und den geschilderten Cephalocervicobrachialgien (Schädel-Nacken-Armschmerzen). Diese seien am ehesten durch die degenerativen Veränderungen der HWS zu erklären. Ebenso wenig ergäbe sich ein Zusammenhang zwischen dem stattgehabten Trauma und den geklagten Missempfindungen im Ausbreitungsgebiet des Nervus trigeminus links. Es könne sich dabei um eine atypische Trigeminusneuralgie (anfallartig auftretende Schmerzen im Versorgungsgebiet des Trigeminusnerves) handeln.

Die Beklagte erhielt ein HNO-ärztliches Zusatzgutachten des Facharztes für HNO/Audiologie Dr. W. vom 29. März 2000, der einen Nystagmus (Augenzittern) bei Rückenlage mit Kopfdrehung nach links und beim Halstest sowie nach Kopfschütteln diagnostizierte. Die Prüfung nach Romberg (Vergleich der Standsicherheit mit parallel dicht nebeneinander stehenden Füßen bei offenen und geschlossenen Augen) sei unauffällig und beim Stehen auf der Luzerner Platte sowohl bei offenen Augen als auch bei geschlossenen Augen hätten sich keine pathologischen Abweichungen gezeigt. Bei dem Unterberger-Test (der Patient tritt mit geschlossenen Augen ca 1 Minute lang auf der Stelle) habe sich die Klägerin 90 Grad nach links gedreht. Die geklagten Beschwerden sprächen für das Vorliegen eines vertebrogenen Schwindels nach dem erlittenen Kopf- und Halswirbeltrauma.

Mit Datum vom 12. Mai 2000 erhielt die Beklagte den Befundbericht des Chefarztes der Neurologischen Kl. des St. Kl. D. Dr. T. , der die Klägerin im Zeitraum von 28. Februar 2000 bis 12. Mai 2000 behandelt hat. Dieser diagnostizierte ein Zervikalsyndrom (Hals-Schulter-Armschmerzen) und hielt einen Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis für wahrscheinlich. Neurologisch habe er nur einen erloschenen Archillessehnenreflex und eine Drehung im Unterberger-Test von zunächst 180 Grad nach rechts, zum Ende der Behandlung von 135 Grad nach rechts festgestellt. Er hielt diesen Befund aber angesichts der Linksdrehung im Unterberger-Test bei Dr. W. für "weich".

Die Beklagte zog diverse Arztberichte bei: Unter dem 24. Januar 2000 berichtete die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. K. , das Hirnstrombild habe keinen krankhaften Befund ergeben, ein Herd sowie eine Anfallsbereitschaft seien nicht vorhanden. Das CT vom 24. Januar 2000 zeige keine posttraumatischen intracerebralen Veränderungen. Der Patientenakte der Fachärztin für Allgemeinmedizin MR W. ist zu entnehmen, dass die Klägerin schon im Juli 1991 mit einer Nackensteife rechts bei dolentem (schmerzhaftem) NAP (Nervenaustrittspunkt) und im Dezember 1991 mit einer Einschränkung der Beweglichkeit der HWS endgradig in allen Dimensionen bei dolenten Nackenmyogelosen (Verhärtungen der Nackenmuskulatur) und dolenter Schulter rechts in Behandlung gewesen war. Am 27. Januar 1992 war sie mit Halbseitenkopfschmerz, NAP dolent, dolenten Myogelosen (Verhärtungen der Muskulatur) im Bereich des linken Nackens, am 24. Februar 1992 mit Schulter-Nackenschmerz bei endgradiger Einschränkung der Beweglichkeit der HWS, am 14. Mai 1992 wegen Hyperventilationstetanie, im Juli 1992 mit einem Schulter-Arm-Syndrom beidseits und Nackenmyogelosen, am 17. August 1992 mit Nackenschmerzen und am 10. Dezember 1992 mit anhaltenden starken Kopfschmerzen in Behandlung gewesen. Die Beklagte holte eine beratende Stellungnahme des Arztes für Chirurgie/Unfallchirurgie, Sportmedizin, Sozialmedizin, Chirotherapie Dr. L. vom 20. Oktober 2000 nach Aktenlage ein, der meinte, die ab dem 20. Januar 2000 geklagten Beschwerden der Klägerin stünden eindeutig nicht mit dem Unfallereignis vom 8. September 1999 in ursächlichem Zusammenhang. Diese sei bereits zuvor mit den Beschwerden in ärztlicher Behandlung gewesen. Unfallmechanisch sei die HWS bei dem Unfallereignis nicht gefährdet gewesen. Es bestehe bereits kein zeitlicher Zusammenhang zwischen den ab dem 2. Januar 2000 geklagten Beschwerden und dem Unfallereignis vom 8. September 1999. An der HWS sei zu keinem Zeitpunkt ein unfallbedingter Gesundheitsschaden gesichert. Vielmehr sei ein solcher sicher ausgeschlossen, weil eine vorrangige unfallbedingte Gefährdung der HWS nicht bestanden habe. Als unfallfremde Ursache seien degenerative Veränderungen im Bereich der HWS anzunehmen. Offensichtlich sei im zeitlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit am 8. September 1999 ein unfallfremder Vorschaden wieder manifest geworden.

Mit Bescheid vom 2. Januar 2001 erkannte die Beklagte den Unfall vom 8. September 1999 als Arbeitsunfall mit einer folgenlos ausgeheilten Schädelprellung und einer unfallbedingten Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit bis einschließlich 19. September 1999 an. Sie lehnte es jedoch ab, die Überbeweglichkeit der HWS und umformende Veränderungen der Halswirbelkörper IV bis VII mit dadurch bedingten Beschwerden als Arbeitsunfallfolge anzuerkennen und eine Verletztenrente zu gewähren. Am 10. Januar 2001 erhob die Klägerin hiergegen Widerspruch. Bereits im November 1999 seien massive Beschwerden im Nacken, im Kopf- und Gesichtsbereich aufgetreten. Im Januar 2000 seien diese derart groß gewesen, dass sie einen Durchgangsarzt aufgesucht habe.

Die Beklagte holte den Befundbericht der Praktischen Ärztin Dipl.-Med. U. vom 21. September 2001 ein. Darin ist vermerkt, dass die Klägerin diese unter anderem am 8. November 1999 mit Beschwerden am Kopf und an der HWS sowie am 3. Januar 2000 und 13. Januar 2000 mit Kopfschmerz und Schwindel aufgesucht hatte. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. November 2001 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Zur Begründung führte sie aus, die über den 19. September 1999 hinaus geklagten Beschwerden im Bereich der HWS und des Kopfes stünden nicht mit der versicherten Tätigkeit am 8. September 1999 in einem ursächlichen Zusammenhang. Strukturelle Verletzungszeichen seien zu keinem Zeitpunkt gesichert, weder am Schädel noch an der HWS. Äußere Verletzungszeichen am Ort der direkten Gewalteinwirkung hätten nicht vorgelegen. Nach dem Durchgangsarztbericht vom 9. September 1999 sei die Beweglichkeit des Kopfes uneingeschränkt möglich gewesen. Gegen einen ursächlichen Zusammenhang spreche auch die Tatsache, dass die Klägerin bereits zuvor mit derartigen Beschwerden in ärztlicher Behandlung und arbeitsunfähig gewesen sei. Alle klinischen und bildgebenden Befunde ließen erkennen, dass unfall-unabhängige umformende Veränderungen der HWS vorlägen.

Hiergegen hat die Klägerin am 13. Dezember 2001 vor dem Sozialgericht (SG) Dessau Klage erhoben und die Gewährung einer Verletztenrente nach einer MdE um 20 vH begehrt. Zur Begründung hat sie sich auf die Ausführungen von Dr. W. und die Diagnose eines Zervikalsyndroms von Dr. T. berufen.

Das SG hat den Befundbericht des Facharztes für Neurologie Dr. M. über die Untersuchung der Klägerin am 3. Januar 2002 eingeholt. Er hat eine Lähmung des Platysma (Hautmuskel des Halses) links bei sonst unauffälligem neurologischem Befund sowie eine zervikale intermittierende (zeitweilig aussetzende) Wurzelreizung festgestellt.

Auf Veranlassung des SG hat der Arzt für Neurologie des Instituts für Neuropsychologie der O. –v. G. –U. M. Prof. Dr. M. nach ambulanter Untersuchung der Klägerin das Gutachten vom 24. April 2003 erstattet. Er hat ausgeführt, der Schädel sei normal konfiguriert, nicht klopfschmerzhaft, die Klägerin gebe keine Doppelbilder an. Die Sensibilität im Gesicht habe sie als normal angegeben, insbesondere auch an der linken Gesichtshälfte. Das Platysma links sei komplett paretisch (gelähmt, geschwächt). Bei dem Unfall habe die Klägerin eine Schädelprellung erlitten. Für die Annahme einer darüber hinausgehenden Schädelhirnverletzung (Gehirnerschütterung und Gehirnquetschung) fehlten jegliche Anhaltspunkte. Die Klägerin sei weder bewusstlos gewesen noch habe sie neurologische Ausfallerscheinungen gehabt. Gegen eine Hirnbeteiligung spreche auch das CT. Der Unfall könne zunächst zu einer Zerrung und Schwellung von Weichteilstrukturen der HWS unter Schmerzen und einer Bewegungseinschränkung geführt haben. Unter Berücksichtigung der Erfahrungen bei Pkw-Auffahrunfällen sei eine rasche Besserung der Beschwerden zu erwarten. Nach den Angaben und Befunden seien weitergehende Verletzungen nicht anzunehmen. Ein derartiger Unfall sei geeignet, für maximal einige Wochen Kopf- und Nackenschmerzen zu verursachen. Länger anhaltende Kopf- und Nackenschmerzen und Sensibilitätsstörungen im Gesicht könnten nicht durch den Unfall erklärt werden. Eine Schädigung der Äste zwei und drei des Nervus trigeminus könnte beispielsweise durch eine Schädelbasisfraktur hervorgerufen werden, die im vorliegenden Falle nicht bestanden habe. Selbst wenn die Klägerin eine Schädelbasisfraktur bei dem Unfall erlitten hätte, hätten die Beschwerden unmittelbar nach dem Unfall auftreten müssen. Die Gleichgewichtsprüfungen seien ohne Befund. Ein Nystagmus sei auch nach Provokation nicht aufgetreten. Es bestehe demgegenüber eindeutig eine Lähmung des Platysma links, die auch fotografisch dokumentiert werde. Wissenschaftlich sei jedoch eine traumatische Schädigung des Platysma nicht bekannt. Aufgrund des Verlaufes des Nervus facialis (außenliegender Hirnnerv oberhalb des Ohres bis zum Platysma) sei eine Schädigung durch den seitlich an den Schädel geprallten Ball nicht denkbar. Im Übrigen führe die Schädigung des Platysma weder funktionell noch kosmetisch zu einer nennenswerten Beeinträchtigung. Die Beschwerden der Klägerin seien schließlich auf konkurrierende Ursachen zurückzuführen. Die Klägerin habe bereits in den Jahren 1991 und 1992 mehrfach an Nacken- und Schulterschmerzen sowie an Verspannungen gelitten. Die Kopf- und Nackenschmerzen seien durch die degenerativen, schicksalhaften Veränderungen, die bildgebend festgestellt worden seien, erklärbar.

Die Klägerin hat gegen dieses Gutachten eingewandt, das Taubheitsgefühl in der Gesichtshälfte sei auch bei der Untersuchung am 24. April 2003 noch vorhanden gewesen und ein Nystagmus sei zuvor bereits nachgewiesen worden.

Auf Antrag der Klägerin hat das SG gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) das Gutachten des Oberarztes und Facharztes für Orthopädie und Traumatologie der Berufsgenossenschaftlichen Kliniken B. Dr. K. vom 18. Juni 2004 mit ergänzender Stellungnahme vom 28. September 2004 nach Untersuchung der Klägerin am 13. April 2004 eingeholt. Dieser hat eine Schädelprellung links, eine Distorsion (Zerrung) der HWS mit persistierender (fortbestehender) Fehlhaltung und rezidivierenden (periodisch wiederkehrenden) funktionellen Störungen, einen persistierenden Schwankschwindel mit fehlender neuromuskulärer Kontrolle über die Schulter-, Nacken- und tiefe Halsmuskulatur und eine periphere traumatische Schädigung des Ramus colli (Nervenast) des Nervus facialis sowie des Nervus transversus (außen liegender Spinalnerv) festgestellt. Es könne dahinstehen, ob die Klägerin ein Schädelhirntrauma erlitten habe oder nur eine Schädelprellung, weil eine weitere Beeinträchtigung des Leistungsvermögens nicht bestehe. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bestehe ein ursächlicher Zusammenhang zwischen dem Unfall und der Schädigung der peripheren Endäste des Ramus colli des Nervus facialis und der Endäste des Nervus transversus colli. Der Aufprall eines Basketballes am Kopf sei geeignet, diese Nerven zu schädigen. Der Nervus facialis liege hinter der Ohrgrube außen und ziehe über die Ohrspeicheldrüse zum Unterkieferwinkel und unterhalb des Unterkiefers nach vorn zum Platysma. Das Platysma sei für die Straffung der Halshaut, der Halsfascie und das Herabziehen der Mundwinkel verantwortlich. Der Nervus fascialis innerviere das Platysma und versorge gleichzeitig andere Muskeln des Halses. Im Bereich des Platysma zeigten sich Anastomosen (Verbindungen) mit dem sensiblen Nervus transversus colli. Ein kräftig getretener Basketball, der auf den Kopf treffe, verforme sich, könne handtellergroß vom Hinterkopf bis zum Unterkiefer reichen, einen Impuls beim Auftreffen, aber auch beim Wiederabprallen, entwickeln und sowohl durch Zug als auch durch Quetschung die Nerven schädigen. Die Rückbildungstendenz der Platysmaparese (Lähmung des Platysma) spreche für eine traumatische Schädigung. Demgegenüber gebe es keinen Hinweis auf Vorschädigungen dieser Nerven. Die unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) betrage 10 vom Hundert (vH).

Ferner hat das SG das Gutachten der Fachärztin für HNO-Heilkunde und Phonia-trie/Pädaudiologie und Oberärztin der M. -L. -U. H. -W. Dr. R. vom 15. September 2005 nach Untersuchung der Klägerin am 11. Mai 2005 eingeholt. Diese hat ausgeführt, hinsichtlich des Gleichgewichtsystems liege thermisch eine seitengleiche Erregbarkeit der Gleichgewichtsorgane vor; das bedeute, nach thermischer Reizung durch Warm- und Kaltspülung reagierten die Gleichgewichtsorgane annähernd symmetrisch. Bei den Steh- und Tretversuchen seien lediglich Unsicherheiten festzustellen. Ein Spontannystagmus habe nicht vorgelegen, ein Nystagmus sei auch durch Provokation nicht auslösbar gewesen. Durch den Aufprall des Balls auf den Schädel könnten die Otolithen (Gehörsteinchen) beschädigt worden sein. Nach den Beschwerden, wie Liftgefühl, Gehen wie auf Watte und Nachschwanken nach Kopf- und Körperbewegungen käme die Möglichkeit einer Otolithenläsion in Betracht. Ein regelwidriger Befund, der mit Wahrscheinlichkeit auf den anerkannten Arbeitsunfall vom 8. September 1999 zurückgeführt werden könne, bestehe jedoch nicht.

Mit Urteil vom 15. Februar 2006 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, der Unfall vom 8. September 1999 habe außer einer folgenlos ausgeheilten Schädelprellung keine nachweisbaren Verletzungen der Klägerin verursacht. Der Durchgangsarztbericht vom 9. September 1999 und der Nachschaubericht vom 28. Januar 2000 enthielten keine objektiven Unfallfolgen, insbesondere keinerlei Hinweise auf Verletzungen, welche hätten geeignet sein können, die erst mehrere Monate nach dem Unfall geklagten Beschwerden zu verursachen. Die Kammer folge daher dem Gutachten von Prof. Dr. M ... Die Ausführungen von Dr. K. basierten auf der Annahme von Erstschäden, nicht aber auf deren Nachweis. Sie könnten daher keine Grundlage für eine Feststellung von Unfallfolgen darstellen. Das HNO-ärztliche Gutachten von Dr. R. habe zu keinen weiteren Erkenntnissen geführt.

Gegen das am 27. Februar 2006 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24. März 2006 beim Landessozialgericht (LSG) Sachsen-Anhalt Berufung eingelegt. Zur Begründung hat sie sich im Wesentlichen auf die Ausführungen im sozialgerichtlichen Verfahren bezogen. Betrachte man die vorliegenden Gutachten, so gingen die Auffassungen bereits zur Unfallbezeichnung auseinander. Prof. M. gehe von einer Schädelprellung und einer Distorsion der HWS ohne MdE aus, während Dr. K. ein Schädelhirntrauma und eine Distorsion der HWS ausgeschlossen habe, jedoch von einer Schädigung der peripheren Nerven mit einer MdE um 10 vH ausgehe. Im Übrigen hätte ein Gutachten zur Schädigung der Otolithen eingeholt werden müssen.

Die Beklagte hat im Termin am 21. August 2008 zu Protokoll erklärt, sie erkenne die Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli sowie Schwindelbeschwerden bei Nystagmus nicht als Folgen des Arbeitsunfalles vom 8. September 1999 an.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 15. Februar 2006 aufzuheben sowie den Bescheid der Beklagten vom 2. Januar 2001 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. November 2001 in der Fassung der Protokollerklärung der Beklagten vom 21. August 2008 abzuändern, festzustellen, dass die Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli und die Schwindelbeschwerden bei Nystagmus zusätzliche Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. September 1999 sind.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dessau vom 15. Februar 2006 zurückzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich auf ihre bisherigen Ausführungen im Vor- und im sozialgerichtlichen Verfahren.

Die Gerichtsakten und die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung des Senats. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die nach § 143 SGG statthafte, nach § 151 Abs 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte und im Übrigen zulässige Berufung ist unbegründet. Die Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli sowie die Schwindelbeschwerden bei Nystagmus sind keine zusätzlichen Folgen des Arbeitsunfalls vom 8. September 1999.

1. Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage nach den §§ 54 Abs 1 S 1 und 55 Abs 1 Nr 3 SGG zulässig.

Die Sachentscheidungsvoraussetzung eines vorangegangenen Verwaltungsverfahrens ist auch erfüllt, soweit die Klägerin die Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli sowie die Schwindelbeschwerden bei Nystagmus als Folgen des Arbeitsunfalls festgestellt haben will. Denn die Beklagte hat es mit der Protokollerklärung im Termin am 21. August 2008 abgelehnt, diese als Arbeitsunfallfolgen anzuerkennen. Diese Protokollerklärung, die als Verwaltungsakt zu qualifizieren ist, ist nach § 153 Abs 1 SGG in Verbindung mit § 96 SGG Gegendstand des Verfahrens geworden.

2. Die Klage ist unbegründet.

Die von der Klägerin behaupteten Schwindelbeschwerden bei Nystagmus sind - im Gegensatz zur Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli - nicht vollbeweislich gesichert (unter a). Allerdings ist die Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli nicht kausal auf den Arbeitsunfall zurückzuführen (unter b).

Eine nachgewiesene Gesundheitsstörung ist Folge eines Arbeitsunfalls, wenn sie durch ihn verursacht worden ist (§ 8 Abs 1 S 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Unverfallversicherung (SGB VII)). Zwischen dem Unfallereignis und der als weitere Arbeitsunfallfolge geltend gemachten Gesundheitsstörung muss - entweder direkt oder vermittelt durch den Gesundheitserstschaden - ein Zusammenhang im Sinne einer haftungsausfüllenden Kausalität bestehen (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 12. April 2005 - B 2 U 11/04 R - BSGE 94, 262). Diese Voraussetzungen sind hier in Bezug auf keine der geltend gemachten Gesundheitsstörungen erfüllt.

a) Zunächst muss das Vorliegen eines Gesundheitsschadens vollbeweislich gesichert sein. Das erkennende Gericht muss zu der vollen Überzeugung gelangen, dass der Gesundheitsschaden vorliegt. Dies ist dann der Fall, wenn der Senat das Vorliegen eines Gesundheitsschadens mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, also in einem so hohen Grade für wahrscheinlich hält, dass keine vernünftigen Zweifel mehr bestehen (Meyer-Ladewig in ders./Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, § 118 RdNr 5).

aa) In diesem Sinne ist eine Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli vollbeweislich gesichert.

Der Senat ist nach den Ausführungen der Gutachter Prof. Dr. M. und Dr. K. davon überzeugt, dass eine Lähmung des Platysma links bei der Klägerin vorgelegen hat. Dies haben sowohl Prof. Dr. M. als auch Dr. K. nach Untersuchung der Klägerin festgestellt. Unter dem 31. Mai 2002 hatte auch Dr. M. über eine Lähmung des Platysma berichtet. Dass auch eine Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli vorliegt, hat Dr. K. überzeugend damit begründet, dass das Platysma durch den Nervus facialis versorgt wird und zwischen diesem und dem Nervus transversus colli Anastomosen (natürliche Verbindungen) bestehen. Die Lähmung des Platysma geht danach auf eine Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli zurück.

bb) Demgegenüber fehlt es an dem Vollbeweis von Schwindelbeschwerden bei Nystagmus.

MR Dr. G. hat die Klägerin unmittelbar nach dem Unfall untersucht. In seinen Befund- und Nachschauberichten hat er weder von einem Nystagmus noch von einer Gleichgewichtsstörung berichtet. Die Hausärztin Dipl.-Med. U. hat erstmals unter dem 3. Januar 2000 Schwindelbeschwerden – allerdings ohne Augenzittern – erwähnt. Auch Dr. H. , der die Klägerin in der Zeit vom 20. Januar 2000 bis 30. Januar 2000 behandelt hat, hat keine Schwindelbeschwerden bei Nystagmus in seinen Nachschauberichten ausgewiesen. Erstmals hat Dr. W. nach Untersuchung der Klägerin am 29. März 2000 einen Nystagmus bei Rückenlage mit Kopfdrehung nach links, beim Halsdrehtest und nach Kopfschütteln festgestellt und auf Schwindelbeschwerden geschlossen. Bei dem von ihm durchgeführten Unterberger-Test hat sich die Klägerin um 90 Grad nach links gedreht. Demgegenüber war der Romberg-Test unauffällig. Auch beim Stehen auf der Luzerner Platte mit offenen und geschlossenen Augen lagen keine pathologischen Abweichungen vor. Dr. T. hat im Zeitraum vom 28. Februar 2000 bis 12. Mai 2000 lediglich im Unterberger-Test eine Drehung der Klägerin um 180 Grad, später um 135 Grad nach rechts festgestellt und hielt diesen Befund angesichts der Linksdrehung bei Dr. W. für "weich". Am 24. April 2003 haben bei der Untersuchung durch Prof. Dr. M. keine Gleichgewichtsstörungen der Klägerin vorgelegen. Dieser hat durch Provokation keinen Nystagmus auslösen können. Auch am 11. Mai 2005 hat Dr. R. keine Gleichgewichtsstörungen festgestellt. Zwar hat die Klägerin bei der Untersuchung leichte Unsicherheiten bei den Steh- und Tretversuchen gezeigt. Demgegenüber hat Dr. R. die Gleichgewichtsorgane durch thermische Reizung mit Warm- und Kaltspülung seitengleich erregen können. Einen Nystagmus hat auch sie nicht provozieren können. Demgegenüber hat Dr. K. nach Untersuchung der Klägerin am 13. April 2004 einen persistierenden Schwankschwindel diagnostiziert.

Der Senat ist nach Auswertung dieser Befunde nicht zweifelsfrei davon überzeugt, dass Schwindelbeschwerden bei Nystagmus bei der Klägerin vorgelegen haben und noch vorliegen. Zwar hat Dr. W. einen Nystagmus festgestellt und auf Schwindel geschlossen. Allerdings waren der Romberg-Test und das Stehen auf der Luzerner Platte unauffällig. Letztere Versuche dienen dazu, Gleichgewichtsstörungen zu objektivieren (vgl. Feldmann, Das Gutachten des Hals-Nasen-Ohren-Arztes, 4. Auflage, S 85 ff). Im gleichen Zeitraum hat Dr. T. bei der Untersuchung der Klägerin lediglich eine Drehung im Unterberger-Test festgestellt. Dieser dient ebenfalls zur Prüfung von Gleichgewichtsstörungen, hat aber im Falle der Klägerin zu keinem brauchbaren Ergebnis geführt. Während sich die Klägerin bei Dr. W. nach links gedreht hat, hat sie sich bei Dr. T. nach rechts gedreht. Rückschlüsse auf eine Gleichgewichtstörung können aufgrund der unterschiedlichen Drehrichtung hieraus nicht hergeleitet werden. Hierauf hat auch Dr. T. hingewiesen, der diesen Befund für "weich" gehalten hat. Die Diagnose von Dr. K. vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. In seinem fachorthopädischen und fachtraumatologischen Gutachten finden sich keine Angaben darüber, dass er eine Gleichgewichtsprüfung durchgeführt hat. Auch ist nicht ersichtlich, wie er zu der Diagnose eines Schwankschwindels gekommen ist.

b) Die vollbeweislich gesicherte Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli ist nicht kausal auf den Arbeitsunfall vom 8. September 1999 zurückzuführen.

Infolge eines Versicherungsfalls muss zwischen dem Unfallereignis und den geltend gemachten Unfallfolgen entweder mittels des Gesundheitserstschadens oder direkt ein Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung bestehen (BSG, Urteil vom 9. Mai 2006 - B 2 U 1/05 R -). Nach dieser Theorie ist nur die Bedingung rechtlich erheblich, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Eintritt des geltend gemachten Gesundheitsschadens wesentlich beigetragen hat (vgl. KassKomm-Ricke, § 8 SGB VII RdNr 4, 15 mwN). Das bedeutet, dass nicht jede Gesundheitsstörung, die im naturwissenschaftlichen Sinne durch das angeschuldigte versicherte Ereignis beeinflusst worden ist, rechtlich dessen Folge ist, sondern nur der Gesundheitsschaden, der wesentlich durch das Ereignis verursacht worden ist. Welche Ursache wesentlich ist und welche nicht, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besonderen Beziehungen der Ursache zum Eintritt des Gesundheitsschadens abgeleitet werden. Gesichtspunkte für diese wertende Entscheidung sind Art und Ausmaß der versicherten Einwirkung sowie der konkurrierenden Ursachen, der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Versicherten nach dem Unfall, die Krankheitsgeschichte und ergänzend auch der Schutzzweck der Norm. Die bloße Möglichkeit einer Schädigung durch das Unfallereignis reicht demgegenüber nicht aus (BSG, Urteil vom 1. Februar 1996 - 2 RU 10/95 - HVBG-INFO 1996, 1407).

Der Senat ist nicht davon überzeugt, dass die Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli in diesem Sinne rechtlich wesentlich auf das Unfallereignis vom 8. September 1999 zurückzuführen ist.

aa) Es bestehen bereits Zweifel, ob das Unfallgeschehen geeignet war, den Ramus colli des Nervus facialis sowie den Nervus transversus colli zu schädigen. Dr. K. hat es für möglich gehalten, dass ein kräftig getretener Basketball, der auf den Kopf trifft, sich verformt und handtellergroß vom Hinterkopf bis zum Unterkiefer reichen kann. Der Impuls beim Aufprallen und Wiederabprallen kann nach seiner Auffassung sowohl durch Zug als auch durch Quetschung den Nervus facialis, der hinter der Ohrgrube außen liegt und über die Ohrspeicheldrüse zum Unterkieferwinkel verläuft, schädigen. Ein konkreter Vergleichsfall war ihm jedoch nicht bekannt. Prof. Dr. M. hat demgegenüber eine traumatische Schädigung dieser Nerven durch den Aufprall eines Basketballes für ausgeschlossen gehalten. Dies hat den Senat überzeugt. Ein Basketball ist von seiner Struktur her eher hart und lässt sich nur sehr schwer verformen. Um den Ramus colli des Nervus facialis zu treffen, hätte er sich aber sehr stark verformen müssen. Eine Schädigung des Nervus transversus colli durch einen Aufprall des Basketballes am Kopf ist noch zweifelhafter, verläuft doch dieser Nerv am Hals. Auch lässt sich nicht mehr exakt aufklären, mit welcher Wucht der Basketball geschossen wurde und wo genau er am Kopf aufgetroffen ist, ob parietal (seitlich), occipital (am Hinterkopf) oder temporal (an der Schläfe).

bb) Zudem spricht der Krankheitsverlauf gegen die rechtlich wesentliche Verursachung der Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli durch den Arbeitsunfall. MR Dr. G. hat weder in seinem Befundbericht vom 9. September 1999 - unmittelbar nach dem Unfall - noch in seinen Nachschauberichten vom 17. September 1999 und 23. September 1999 von einer Schädigung dieser Nerven bzw. von einer Lähmung des Platysma berichtet. Auch Dr. Krüger hat keinen krankhaften Befund erhoben. Unter dem 24. Januar 2000 hat sie berichtet, ein Herd oder eine Anfallsbereitschaft lägen nicht vor, das CT des Kopfes vom 11. Januar 2000 zeige keine posttraumatischen Veränderungen. Eine Lähmung des Platysma bzw. eine Schädigung des Ramus colli des Nervus facialis und des Nervus transversus colli hat sie demgegenüber nicht beschrieben. Ebenso hat Dr. E. nach Auswertung des CCT keine posttraumatischen Veränderungen erkannt. Auch Dr. H. hat in seinen Nachschauberichten vom 28. Januar 2000, 2. Februar 2000 und 21. Februar 2000 keine entsprechenden Schädigungen vermerkt. Der Chefarzt der Neurochirurgischen Klinik des St. Kl. D. Dr. Sch. und die Assistenzärztin Reichardt sind nach der klinischen Untersuchung der Klägerin am 15. Februar 2000 zu dem Ergebnis gelangt, dass keine peripheren Sensibilitätsstörungen und Paresen bestanden haben. Mit Ausnahme eines Schwellungsgefühls im Bereich des 2. und 3. Trigeminus¬astes bei Hyper- und Dysästhesie haben sie keine weiteren Hirnnervenschäden festgestellt. Auch eine Lähmung des Platysma haben sie nicht beschrieben, obgleich sie die Schulter-Nackenmuskulatur untersucht haben. Eine Lähmung des Platysma hätte aber bei dieser Untersuchung auffallen müssen. Diese wird erstmals in dem Befundbericht von Dr. M. nach einer Untersuchung der Klägerin am 3. Januar 2002 beschrieben. Zu diesem Zeitpunkt lag das Unfallereignis aber bereits mehr als zwei Jahre zurück.

Schließlich ist - worauf Prof. Dr. M. hingewiesen hat - eine traumatische Schädigung des Nervus facialis nicht bekannt. Als häufigste Ursachen für eine Schädigung dieses Nerves kommen Tumore, Frakturen des Felsenbeins, Operationen und chronische Ohrenentzündungen, Herpes zoster (Gürtelrose) und Borreliose in Betracht (Kunze, Lehrbuch der Neurologie, 1992, S. 144).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

III. Die Voraussetzungen des § 160 SGG, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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