L 6 U 1140/08

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 U 2908/05
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 6 U 1140/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.11.2007 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten noch darum, ob der Klägerin nach Ablauf des Gesamtvergütungszeitraums vom 23.09.2003 bis 30.09.2004 Rente auf unbestimmte Zeit aus der gesetzlichen Unfallversicherung zusteht.

Die 1943 geborene Klägerin wurde am 29.11.2002 auf dem Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte beim Überqueren einer Straße von einem Auto erfasst. Wegen eines Schädelhirntraumas mit Kopfplatzwunde, eines stumpfen Bauch- und Thoraxtraumas sowie einer Prellung des linken Unterschenkels wurde sie vom 29.11. bis 04.12.2002 in der Chirurgischen Universitätsklinik U. stationär behandelt. Ab 06.12.2002 übernahm der Chirurg Dr. F. die ambulante Weiterbehandlung. Nachdem die Klägerin die am 20.01.2003 begonnene Belastungserprobung am 22.01.2003 abgebrochen hatte, veranlasste Dr. F. zur Abklärung der Lendenwirbelsäule (LWS) die röntgenologische Untersuchung vom 31.01.2003 und das Skelettszintigramm vom 05.02.2003. In seinem Nachschaubericht vom 06.02.2003 stellte Dr. F. daraufhin die Diagnose einer Kompressionsfraktur des zwölften Brustwirbelkörpers (BWK). Der Radiologe Dr. W. äußerte im Arztbrief vom 05.02.2003 aufgrund der Skelettszintigraphie außerdem den Verdacht auf Frakturen der sechsten und siebten Rippe rechts sowie der rechten Fibula im proximalen Anteil. Aufgrund des Magnetresonanztomogramms (MRT) der Brustwirbelsäule (BWS) vom 27.03.2003 beschrieb der Radiologe Dr. Dr. M. im Arztbrief vom 28.03.2003 einen Zustand nach Distorsion der BWS mit Grundplattenimpression des zehnten BWK, eine rechts-paramediane Protrusion TH 11/12 mit intraforaminal leicht kompressivem Effekt und eine mediane Protrusion TH 6/7 ohne Kompressionseffekt. Im Bericht vom 20.05.2003 beschrieb Prof. Dr. W. von der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. neben Frakturlinien des zwölften BWK aufgrund von Röntgenaufnahmen der LWS auch eine Fraktur des zweiten Lendenwirbelkörpers (LWK). PD Dr. H. von der Neurologischen Universitätsklinik T. führte im Befundbericht vom 25.06.2003 u. a. chronisch persistierende Lumbalgien ohne radikuläre Ausstrahlung nach Fraktur des ersten LWK auf. Aufgrund der stationären Behandlung in der Berufsgenossenschaftlichen Unfallklinik T. vom 17.06. bis 08.07.2003 beschrieb Prof. Dr. W. im Befund- und Entlassbericht vom 11.07.2003 eine chronisch persistierende Lumbalgie ohne radikuläre Ausstrahlung nach einer BWK-12-Fraktur, eine unfallunabhängige Gonarthrose sowie unfallunabhängige degenerative Veränderungen in der gesamten Wirbelsäule und in seinem Zwischenbericht vom 14.08.2003 aufgrund von Röntgenaufnahmen des BWS-/LWS-Übergangs eine zunehmende knöcherne Durchbauung der Fraktur des zwölften BWK ohne weitere wesentliche Sinterung. In seinem ersten Rentengutachten vom 28.11.2003 bezeichnete der Chirurg Dr. F. als wesentliche Unfallfolgen, die er ab 09.09.2003 mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 vom Hundert (v. H.) bewertete, chronisch persistierende Lumbalgien mit Bewegungseinschränkung der LWS ohne radikuläre Ausstrahlung bei Zustand nach LWK-1-Kompressionsfraktur mit Keilwirbelbildung sowie ein subkutanes, intermittierend schmerzhaftes Narbenfeld in der medialen distalen Oberschenkelregion nach geschlossener Decollementverletzung. Als vom Unfall unabhängig führte er degenerative Veränderungen BWK 9 bis LWK 1 mit Osteochondrosen auf. Die Beklagte zog das Vorerkrankungsverzeichnis der A. vom 16.03.2004 bei, aus dem sich Zeiten der Arbeitsunfähigkeit wegen einer Krankheit der Wirbelsäule und des Rückens bzw. einer Lumboischialgie vom 03.04.2000 bis 05.03.2001, am 19.11.2001, vom 22. bis 30.11.2001 und 14.02. bis 19.08.2002 ergeben. In seiner beratungsärztlichen Stellungnahme vom 27.04.2004 bestätigte der Chirurg/Unfallchirurg Dr. M., dass der erste LWK betroffen sei. Da jedoch keine radikuläre, d. h. keine Bandscheibenprotrusionssymptomatik vorliege und da Gewöhnung und Anpassung berücksichtigt werden könne, sei die unfallbedingte MdE nur für ein Jahr mit 20 v. H. und danach mit nur noch 10 v. H. zu bewerten. Mit Bescheid vom 25.05.2004 gewährte die Beklagte der Klägerin daraufhin für den Zeitraum vom 23.09.2003 bis 30.09.2004 eine Rente als vorläufige Entschädigung nach einer MdE um 20 v. H. in Form einer Gesamtvergütung. Danach bestehe voraussichtlich kein Anspruch auf Rente. Als Unfallfolgen wurden anerkannt eine Bewegungseinschränkung im Bereich der HWS und LWS sowie röntgenologisch nachweisbare Veränderungen nach verheiltem Kompressionsbruch des ersten LWK mit Keilwirbelbildung im Vorderkantenbereich.

Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch mit der Begründung, ein bei dem Unfall erlittener Venenriss sei nicht folgenlos ausgeheilt. Sie habe in dem entsprechenden Bereich immer noch Schmerzen, wenn sie das Bein bewege. Die Beklagte holte daraufhin von dem Internisten und Angiologen Dr. Pf. den Befundbericht vom 26.08.2004, von dem Chefarzt der Klinik für Viszeral-, Thorax- und Gefäßchirurgie des Klinikums H., Dr. T., das angiologische Gutachten vom 08.05.2005, von dem Chefarzt der Klinik für Neurologie des Klinikums H., Dr. K., das Gutachten vom 10.05.2005 und von dem Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums H., Dr. M.-F. unter Mitwirkung des Dr. T., das Gutachten vom 18.06.2005 ein. Dr. T. kam zu dem Ergebnis, aus der Sicht seines Fachgebiets seien keine wesentlichen Unfallfolgen feststellbar, insbesondere zeige sich keine Umlaufstörung am linken Bein und kein Anhalt für eine stattgehabte tiefe Beckenvenenthrombose. Im Bereich der Vena saphena magna bestehe eine beidseitige Krampfaderbildung. Die von der Klägerin beklagten Missempfindungen an beiden Beinen seien eher durch die bekannte Zuckererkrankung mit Schädigung der Nerven bedingt. Dr. K. führte aus, klinisch zeigten sich keinerlei Paresen oder Koordinationsstörungen der Beine, es bestehe kein Nachweis einer radikulären Symptomatik. Die von der Klägerin angegebene nächtliche Unruhe beider Füße sei am ehesten auf ein burning-feet-Syndrom im Rahmen des Diabetes mellitus zurückzuführen. Neben einer depressiven Stimmungslage habe sich auch eine Aggravation der Beschwerden gezeigt. Bei der Untersuchung durch Dr. T. am 22.03.2005 gab die Klägerin bleibende, in der Intensität eher zunehmende Schmerzen im Bereich des Rückens auf der Höhe der unteren BWS und im Bereich der LWS an. Seit ca. vier Monaten seien zusätzlich ausstrahlende Schmerzen in das rechte Bein hinzugekommen. Dr. M.-F. beschrieb als Unfallfolgen einen in Höhenminderung verheilten Kompressionsbruch des ersten LWK und ein bleibendes Schmerzsyndrom der Wirbelsäule im Sinne von Lumbalgien. Die von der Klägerin vorgebrachten Beschwerden müssten zum großen Teil als unfallunabhängig angesehen werden. In Übereinstimmung mit dem neurologischen Gutachten sei eine Aggravation festzustellen. Mit dem Widerspruchsbescheid vom 17.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin gegen den Bescheid vom 25.05.2004 zurück. Die MdE sei im Zeitraum der Gesamtvergütung korrekt mit 20 v. H. eingeschätzt worden. Darüber hinaus bestehe kein Anspruch auf Weitergewährung der Rente, da eine rentenberechtigende MdE um mindestens 20 v.H. nicht mehr vorliege.

Die Klägerin erhob am 19.09.2005 Klage bei dem Sozialgericht Ulm (SG). Sie wandte sich gegen die Unterstellung von Verdeutlichungsbemühungen und die Einschätzung der Gutachter, der Schwerpunkt ihrer Beschwerden sei unfallunabhängig. Tatsächlich leide sie hauptsächlich unter massiven Schmerzen im Bereich der Wirbelsäule, die zunehmend in das rechte Bein ausstrahlten und längeres Gehen und Stehen unmöglich machten. Hinzu kämen das nächtliche Brennen und die Unruhe beider Füße, die erst nach dem Unfallereignis aufgetreten und schon deshalb nicht auf Vorerkrankungen zurückzuführen seien. Entgegen der gutachterlichen Annahme sei auch der Venenriss nicht folgenlos ausgeheilt.

Die Beklagte trat der Klage entgegen.

Das SG höhrte unter dem 10.01.2006 Dr. F., unter dem 17.01.2006 Dr. Pf. und unter dem 11.05.2006 den Orthopäden Dr. W. jeweils schriftlich als sachverständige Zeugen. Dr. Pf. bekundete, von Seiten des angiologischen Fachgebiets lägen keine Unfallfolgen vor. Krampfadern, Venenschwäche und Lipödem seien nicht traumatisch bedingt. Dr. Weinzierl gab an, die Klägerin nicht wegen der Folgen ihres Arbeitsunfalls behandelt zu haben.

Auf den Antrag der Klägerin gem. § 109 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) holte das SG von dem Orthopäden Dr. H. das Gutachten vom 05.01.2007 ein. Dieser führte darin aus, die von der Klägerin angegebenen Beschwerden hätten unterschiedliche Ursachen. Durch den Verkehrsunfall sei es zu einem Stauchungsbruch des zwölften BWK gekommen, der letztlich knöchern stabil mit erkennbarer Deformität und leicht vermehrter Beweglichkeit im Segment TH11/TH12 ausgeheilt sei. Die diesbezügliche Schmerzsymptomatik scheine sich zurückgebildet zu haben bzw. werde zwischenzeitlich überlagert durch eine stärkere Schmerzsymptomatik im Bereich der unteren LWS und im rechten Kreuzdarmbeingelenk. Diese stärkere Schmerzsymptomatik sei wahrscheinlich nicht auf die Verletzung des zwölften BWK, sondern auf die unfallunabhängige Instabilität des Segments L4/L5 bei Übergangswirbel und auf die begleitende funktionelle Störung in Form einer Kreuzdarmgelenksblockierung und eines ausgeprägten schmerzhaften Muskelhartspanns im rechten Gesäß zurückzuführen. In Anlehnung an die Einteilung in Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 7. Auflage, S. 536 stufe er die unfallbedingte Wirbelsäulenschädigung der Klägerin als instabilen Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung nach Fallgruppe 2 mit einer hierdurch bedingten MdE um 20 v. H. ab 29.09.2003 ein. Obwohl er mit Oberarzt Dr. T. darin übereinstimme, dass das aktuelle Beschwerdebild zu einem großen Teil als unfallunabhängig angesehen werden müsse, halte er dessen MdE-Einschätzung mit 10 v. H. nicht für angemessen. Die bei der Klägerin vorliegenden objektivierbaren strukturellen und funktionellen Störungen könnten das Beschwerdebild ohne Annahme einer Aggravationstendenz plausibel erklären.

Die Beklagte legte hierzu die beratungsärztlichen Stellungnahmen der Radiologin Dr. L. vom 27.02.2007 und des Chirurgen und Unfallchirurgen Dr. M. vom 17.04. und 03.07.2007 vor. Dr. L. beanstandete, es liege kein Stauchungsbruch des zwölften BWK, sondern eine LWK-1-Sinterungsfraktur vor, die mit deutlicher Keilwirbelbildung knöchern ausgeheilt sei. Dr. M. legte dar, zu Unrecht habe Dr. H. aus Funktionsaufnahmen des thorakolumbalen Übergangs vom 03.07.2003 den Schluss gezogen, es liege eine bleibende Instabilität vor. Die Röntgenaufnahmen von Dr. W. vom 13.07.2005 ließen nämlich erkennen, dass sich seit 2003 eine starke knöcherne Abstützreaktion von der Vorderkante der Deckplatte LWK 1 zur Grundplatte BWK 12 ausgebildet habe, welche mit großer Wahrscheinlichkeit die Stabilität dieses Segmentes bewirke. Dass dies zu einer teilweisen oder völligen Einsteifung dieses Bewegungssegmentes (Ankylose, also "Selbstversteifung") geführt habe, könne er allerdings nicht behaupten. Damit sei eine analog der Gutachtenliteratur durchzuführende gutachtliche Bewertung der MdE nach der Segmenttheorie nur sehr eingeschränkt möglich. Jedoch müsse unterschieden werden zwischen der Instabilität eines Wirbelkörpers und der Instabilität eines Bewegungssegmentes oberhalb oder unterhalb des ursprünglich fraktuierten Wirbelkörpers. In letzterem Falle wäre auch die Beteiligung der Bandscheibe wahrscheinlich. Für eine abschließende Beurteilung sei ein MRT oder zumindest ein Computertomogramm (CT) erforderlich. Im Übrigen lasse sich aus den Röntgenbildern vom 13.07.2005 ein Kyphosewinkel von 15 bis 20 Grad nicht erkennen. Die Funktionsaufnahmen vom 03.07.2003 seien zur Feststellung des gegenwärtigen Status nicht mehr geeignet.

Dr. H. erwiderte unter dem 18.05. und 17.08.2007 hierauf, da der frakturierte Wirbel Stummelrippen habe, müsse es sich hierbei um den zwölften BWK handeln. Dies spiele jedoch für die juristische Würdigung keine Rolle. Zwar sei der Wirbelkörperbruch selbst seines Erachtens stabil ausgeheilt. Im Zusammenhang mit den Unfallverletzungen sei es jedoch zu einer Lockerung des Bewegungssegments über dem gebrochenen Wirbel gekommen. Dieses Bewegungssegment sei instabil. Diese Annahme beruhe auf dem Röntgenbefund vom 03.07.2003. Ob aktuell noch eine Instabilität in diesem Segment vorliege, ließe sich nur durch aktuelle seitliche Funktionsaufnahmen klären. Aus Strahlenschutzgründen empfehle er eine solche erneute Untersuchung nicht. Denn nach seiner Auffassung würde selbst der Nachweis einer "Selbstversteifung" dieses Bewegungssegments an der MdE nichts ändern. Dann läge nämlich eine stabil verheilte LWK-1 - bzw. BWK-12-Fraktur in kyphotischer Fehlstellung vor, die nach den Ausführungen in Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 537 ebenfalls mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten wäre. Im Sinne von Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 535 liege allein aufgrund der knöchernen Deformität des betroffenen Wirbelkörpers eine "erhebliche Achsenabweichung" mit einem Knickwinkel von 15 bis 20 Grad vor.

Mit Urteil vom 30.11.2007 - der Beklagten zugestellt am 15.02.2008 - verurteilte das SG die Beklagte unter Abänderung der angefochtenen Bescheide, der Klägerin Verletztenrente als Dauerrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren. In den Entscheidungsgründen ließ das SG offen, ob in dem Segment oberhalb des frakturierten Wirbels weiterhin eine vermehrte Beweglichkeit bestehe oder ob inzwischen eine Stabilisierung des betroffenen Zwischenwirbelkörpersegments durch die Ausbildung knöcherner Abstützungen eingetreten sei. Denn Dr. H. habe eine Achsabweichung im Bereich der frakturierten Wirbelkörper mit einem Einknickwinkel von 15 bis 20 Grad festgestellt. Die bei der Klägerin vorliegende knöcherne Deformität rechtfertige deshalb eine MdE um 20 v. H.

Hiergegen hat die Beklagte am 06.03.2008 Berufung bei dem Landessozialgericht eingelegt. Sie trägt vor, aus den Röntgenbildern vom 13.07.2005 lasse sich ausweislich der beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. M. vom 03.07.2007 gerade kein Kyphosewinkel von 15 bis 20 Grad erkennen. Seit 01.10.2004 liege deshalb keine MdE in rentenberechtigendem Grade mehr vor.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 30.11.2007 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie trägt vor, zu Recht sei das SG der Beurteilung von Dr. H. gefolgt. Insbesondere sei durchaus nachvollziehbar, dass sie wegen der hinzugekommenen Unfallschädigung besonders unter den bereits zuvor gegebenen degenerativen Veränderungen leide.

Der Senat hat von dem Orthopäden und Unfallchirurgen Prof. Dr. H. das aufgrund der klinischen und röntgenologischen Untersuchung vom 19.06.2008 erstattete Gutachten vom 13.08.2008 eingeholt. Im Rahmen der Beschreibung der von ihm angefertigten Röntgenaufnahmen der BWS führt der Sachverständige aus, die Aufsichtsaufnahme im Stehen zeige eine globale mäßige Linksskoliose von etwa elf Winkelgraden. Der Hauptscheitelpunkt liege im Bereich des thorakolumbalen Überganges. Der letzte - ehemals frakturierte - unterste Brustwirbel zeige eine einseitige rechtsseitige Höhenminderung von 7 mm. Er sei der Ausgangspunkt für die Skoliose. Im seitlichen Bild zeige sich ein globaler Kyphosewinkel von etwa 48 Grad. Übersteigert wirke die Kyphose lediglich im oberen Bereich. Der letzte Brustwirbel erscheine wannenartig eingedellt mit einer vorderen knöchernen Abstützreaktion. In seiner Beurteilung führte der Sachverständige aus, die Funktionsaufnahmen hätten eine Instabilität an dieser Stelle nicht belegt. Auffällig sei darüber hinaus ein ausgeprägter degenerativer Bandscheibenschaden im Segment L2/L3 mit erheblicher Osteochondrose und ventraler Spondylose sowie eine Instabilität in Höhe L4/L5 mit Höhenminderung des Zwischenraumes und ventralem Abgleiten von etwa 10 mm sowie eine fortgeschrittene Facettenarthrose in diesem Bereich. Zusätzlich bestehe eine Übergangsstörung bei rudimentärer Bandscheibe L5/S1. Das klinische Beschwerdebild sei somit vor allem durch die lumbosakrale Instabilität mit typischer Klopfdolenz dieses Wirbelsäulenabschnitts geprägt. Diese Symptomatik habe mit dem stattgehabten Bruch im Bereich des thorakolumbalen Überganges nichts zu tun. Als Unfallfolgen bestünden die leichte skoliotische Fehlstatik im Bereich des thorakolumbalen Überganges, ein Teil der muskulären Fehlfunktionen im lumbalen und thorakolumbalen Übergangsbereich, ein Teil der insgesamt mäßigen konzentrischen Funktionsbeeinträchtigungen der Rumpfwirbelsäule und die beschriebenen radiologischen Veränderungen im Bereich des thorakolumbalen Überganges. Global gesehen bedinge die Situation der Rumpfwirbelsäule zwar eine MdE um etwa 30 v. H. Das aktuelle Beschwerdebild werde jedoch ganz überwiegend durch die unfallunabhängigen degenerativen Veränderungen bedingt. Die unfallbedingte MdE könne deshalb nur mit 10 v. H. eingestuft werden. Lediglich bis zum Eintritt der knöchernen Abstützreaktion habe wegen der vorübergehenden Instabilität in Höhe des ehemals frakturierten zwölften BWK eine MdE in Höhe von 20 v. H. vorgelegen.

Auf den Antrag der Klägerin hat der Senat hierzu die Replik von Dr. H. vom 06.11.2008 eingeholt. Dieser legt dar, der von Prof. Dr. H. beschriebene Befund einer Seitabweichung der BWS nach links um etwa 11 Winkelgrade ähnele verblüffend dem bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 537 beschriebenen Fall einer in kyphotischer Fehlstellung stabil verheilten und ankylosierten LWK-1-Fraktur, nur dass es sich hier nicht um den ersten Lendenwirbel, sondern um den letzten Brustwirbel gehandelt habe und dass eine Seitverbiegung anstelle einer kyphotischen Fehlstellung zurückgeblieben sei. Insbesondere die Tatsache, dass selbst in entspannter Bauchlage im verletzten Wirbelsäulenabschnitt die Verspannungen der Rumpfmuskulatur nicht nachgelassen hätten, habe ihn dazu bewogen, zusätzlich zu den unfallunabhängigen Beschwerden auch von einem klinisch relevanten Schmerzbild im Bereich der Wirbelsäulenverletzung auszugehen. Ein solcher isolierter, auf eine kurze Wirbelsäulenstrecke begrenzter autonomer Muskelhartspann lasse sich nicht vortäuschen. Er sei ein zuverlässiger Hinweis auf eine funktionell bedeutsame lokale Störung, die mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten sei. Soweit Prof. Dr. H. ausgeführt habe, die Hauptbeschwerden gingen zu Lasten der unfallunabhängigen degenerativen Aufbrauchserscheinungen, sei ihm entgegen zu halten, dass durch diese unfallunabhängigen Aufbrauchserscheinungen einschließlich der Instabilität im Segment L4/L5 die Kompensationsmöglichkeiten der darüber liegenden Bewegungssegmente überdurchschnittlich gefordert seien. Wenn dann in einem höheren Bewegungssegment in unmittelbarer Nachbarschaft zu diesen unfallunabhängigen Schäden ein struktureller Unfallschaden auftrete, der nachfolgend zu einer Verformung und Einsteifung eines Bewegungssegmentes führe, sei davon auszugehen, dass hier eine ungewöhnliche Betroffenheit der Klägerin durch den Unfallschaden vorliege. Aufgrund der unfallunabhängigen Störungen in der unteren LWS sei sie auf möglichst belastbare, aber mobile Bewegungssegmente in den Nachbaretagen angewiesen, um degenerative Bewegungsstörungen zu kompensieren. Das Segment TH 11/12 stehe nach seiner posttraumatischen Einsteifung jetzt aber nicht mehr zur Verfügung.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Akten des Senats, des SG und auf die Verwaltungsakten der Beklagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die gemäß §§ 143, 144 SGG statthafte und nach § 151 SGG zulässige Berufung der Beklagten ist begründet. Das SG hätte die angefochtenen Bescheide nicht aufheben und die Beklagte nicht zur Rentenzahlung über den 30.09.2004 hinaus verurteilen dürfen.

Im Ausgangspunkt ist dem SG darin zu folgen, dass es stillschweigend eine zulässige kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne des § 54 Abs. 1 und 4 SGG bejaht hat. Zwar bestimmt § 75 Satz 2 des Siebten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB VII): Nach Ablauf des Zeitraumes, für den die Gesamtvergütung bestimmt war, wird auf Antrag Rente als vorläufige Entschädigung oder Rente auf unbestimmte Zeit gezahlt, wenn die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Rechtsbehelfe mit dem ausschließlichen Ziel der Weitergewährung von Rente über den zu Grunde gelegten Zeitraum hinaus oder einer längeren Gesamtvergütung sind deshalb nicht zulässig. Wegen des Rechts aus Satz 2 besteht dafür kein Rechtsschutzbedürfnis (Kasskomm-Ricke Randziffer 5 zu § 75 SGB VII). Die Klägerin hat jedoch gegen den Bescheid vom 25.05.2004 zunächst ausschließlich mit dem Ziel Widerspruch eingelegt, der Gesamtvergütung eine höhere MdE zu Grunde zu legen. Erstmals mit ihrem Schriftsatz vom 04.02.2005 hat sie als weiteres Ziel ihres Rechtsbehelfs die Weiterzahlung von Rente über den 30.09.2004 hinaus genannt. Folgerichtig hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 17.08.2005 sowohl über die Höhe der der Gesamtvergütung zu Grunde zu legenden MdE als auch über die Fortzahlung von Rente über den 30.09.2004 hinaus entschieden. Hiergegen hat die Klägerin zwar ausschließlich mit dem Ziel Klage erhoben, über den 30.09.2004 hinaus Rente auf unbestimmte Zeit nach einer MdE um 20 v. H. zu erhalten. Insoweit kann jedoch das Rechtsschutzbedürfnis nicht verneint werden. Es würde nämlich keine Verkürzung, sondern im Gegenteil eine Verlängerung des Verfahrens bedeuten, wenn man der Klägerin nach Erteilung des Widerspruchbescheids vom 17.08.2005 zumuten wollte, nochmals einen Antrag auf (Weiter-) Gewährung von Rente zu stellen. Das für jedwede Gewährung von Rechtsschutz zu fordernde Rechtsschutzbedürfnis ist deshalb für das Klageverfahren zu bejahen.

Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit in Folge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit in Folge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente. Die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um mindestens 10 v.H. mindern. Ein solcher Stütztatbestand, für den auch Unfälle oder Entschädigungsfälle nach den Beamtengesetzen, dem Bundesversorgungsgesetz und anderen Gesetzen des sozialen Entschädigungsrechts zu berücksichtigen sind, liegt hier jedoch nicht vor. Die Klägerin ist in ihrer Erwerbsfähigkeit ferner seit 01.10.2004 nur noch um 10 v.H. in ihrer Erwerbsfähigkeit gemindert.

Für die Beurteilung der MdE kommt es wegen des in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Prinzips der abstrakten Schadensberechnung nicht auf die nach dem Unfall verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten im erlernten Beruf oder in der vor dem Arbeitsunfall ausgeübten Tätigkeit an, sondern sie bemisst sich nach den auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten. Der Grad der MdE ist dabei zu schätzen. Für die Schätzung kommt es nicht entscheidend darauf an, welche Diagnosen im Einzelnen vorliegen, sondern darauf, wie sich die Unfallfolgen funktionell auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten auswirken. Für die Bewertung einer unfallbedingten MdE kommt es auf die gesamten Umstände des Einzelfalles an. Die Beurteilung, in welchem Umfang die körperlichen oder geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind, liegt in erster Linie auf ärztlich-wissenschaftlichem Gebiet (BSG, Urteil vom 26. Juni 1985 - 2 RU 60/84 - SozR 2200 § 581 Nr. 23; BSG, Urteil vom 19. Dezember 2000 - B 2 U 49/99 R - HVBG-Info 2001, 499). Die Sachkunde des ärztlichen Sachverständigen bezieht sich in erster Linie darauf, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen beeinträchtigt sind. Schlüssige ärztliche Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, sind zwar bedeutsame Anhaltspunkte, besitzen aber keine bindende Wirkung, auch wenn sie eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE darstellen (BSG, Beschluss vom 22. August 1989, - 2 BU 101/89 - HVBG-Info 1989 S. 2268). Bei der Bewertung der MdE sind schließlich auch die in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung und dem versicherungsrechtlichen oder versicherungsmedizinischen Schrifttum ausgearbeiteten Erfahrungssätze zu beachten, um eine gerechte und gleiche Bewertung der zahlreichen Parallelfälle der täglichen Praxis zu gewährleisten.

Dem SG ist zunächst darin zu folgen, dass die bei der Klägerin vorliegenden Krampfadern, die Venenschwäche und das Lipödem keine Folgen des streitgegenständlichen Arbeitsunfalls sind. Zur Vermeidung von Wiederholungen verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 SGG auf die entsprechenden Ausführungen des SG im angefochtenen Urteil Seite 9, zweiter Absatz. Hiergegen hat die Klägerin im Berufungsverfahren auch keine Einwendungen erhoben.

Die Entscheidung im Berufungsverfahren hängt mithin ausschließlich von der Frage ab, ob die Unfallfolgen von Seiten der Wirbelsäule ab 01.10.2004 noch eine MdE um 20 v.H. bedingen. Eine wesentliche Änderung gegenüber dem zuvor bestehenden Zustand der Unfallfolgen ist nicht erforderlich (vgl. § 62 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 2 SGB VII).

Nach Auffassung des Senats hat es sich bei dem Kompressionsbruch eines Wirbelkörpers, den die Klägerin bei ihrem Arbeitsunfall am 29.11.2002 erlitten hat, um den zwölften Brustwirbel und nicht um den ersten Lendenwirbel gehandelt. Insoweit stimmen der behandelnde Chirurg Dr. F., Dr. H. und Prof. Dr. H. überein. Hierfür spricht nämlich, dass der frakturierte Wirbel Stummelrippen hat, worauf Dr. H. zutreffend hingewiesen hat. Nach seinem Verständnis sind Rippen prinzipiell ein Kriterium ausschließlich für Brustwirbelkörper. Die Auffassung von Dr. L., der sich Dr. M. angeschlossen hat, der erste LWK des Klägers weise Stummelrippen auf, überzeugt den Senat deshalb nicht. Mit Dr. H. ist der Senat auch der Auffassung, dass diese Frage für die Einschätzung der MdE keine wesentliche Rolle spielt. Auch Dr. L. hat eingeräumt, dass es viele Normvarianten wie throrakolombale und lumbosakale Übergangswirbel etc. gibt. Nach Auffassung des Senat steht dieser Umstand jedenfalls im vorliegenden Fall einer "bedingungslosen" Anwendung des sogenannten Segmentprinzips entgegen, nach dem jedem einzelnen Bewegungssegment der gesamten Wirbelsäule entsprechend seiner funktionellen Bedeutung ein Segmentwert beizumessen ist. Dieser beträgt für das Segment TH 11/12 1,8%, für das Segment TH 12/L 1 dagegen 3,6%. Obwohl Dr. M. in seiner Stellungnahme vom 03.07.2007 auf eine exakte Bestimmung des frakturierten Wirbelkörpers Wert legt, räumt er andererseits ein, dass im vorliegenden Fall eine Bewertung der MdE nach der Segmenttheorie nur sehr eingeschränkt möglich ist. Auch Prof. Dr. H. hat bei seiner Beurteilung nicht auf diese Theorie zurückgegriffen. In seiner Stellungnahme vom 06.11.2008 hat Dr. H. ferner ausgeführt, dass ihm die mathematische Berechnung einer MdE nach der Segmenttheorie im Grunde äußerst unsympathisch sei, da sie eine wissenschaftliche Genauigkeit nur vorgaukle. Auch der Senat hält es jedenfalls im vorliegenden Fall nicht für sinnvoll, das Problem auf die Frage zu reduzieren, ob der zwölfte Brustwirbel oder aber der erste Lendenwirbel verletzt worden ist. Soweit Prof. Dr. W. im Bericht vom 20.05.2003 neben Frakturlinien des zwölften BWK noch eine Fraktur des zweiten LWK diagnostiziert hat, hat er diese Diagnose in seinem Befund- und Entlassbericht vom 11.07.2003 nicht mehr aufrecht erhalten. Der Senat sieht sie durch die zahlreichen nachfolgenden Begutachtungen als widerlegt an.

Die Beurteilung der unfallbedingten MdE wird erschwert durch den Umstand, dass im Bereich der unteren BWS und der gesamten LWS nicht nur Unfallfolgen vorhanden sind, sondern auch degenerative Vorschäden, die lange vor dem streitgegenständlichen Unfall vorhanden waren. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 15.12.2008 behauptet hat, die Gesamtproblematik sei erst durch den Unfall ausgelöst worden, weil sie vor dem Ereignis im Jahr 2002 im Wesentlichen beschwerdefrei gewesen sei, ist dies schlicht unwahr. Die vorbestandenen Schäden der Wirbelsäule der Klägerin waren vielmehr so erheblich, dass sie ausweislich des Vorerkrankungsverzeichnisses der A. in den Jahren 2000 und 2001 insgesamt 348 Tage wegen Beschwerden des Rückens und der Wirbelsäule und zuletzt im Jahr 2002 noch vom 14.02. bis 19.08.2002, also über eine Dauer von 187 Tagen wegen einer Lumboischialgie krankgeschrieben war. Über die Abgrenzung der Unfallfolgen von den vorbestandenen degenerativen Schäden besteht zwischen Dr. H. und Prof. Dr. H. im Wesentlichen Übereinstimmung. Der Letztgenannte hat sich bei der Beurteilung der vorliegenden Bildgebung jedoch nicht nur auf die Auswertung von fremden Röntgenaufnahmen beschränkt, sondern bei seiner Untersuchung am 19.06.2008 eigene Röntgenaufnahmen vor allem der BWS und der LWS hergestellt. Dabei ergaben sich folgende Befunde, die auch von Dr. H. nicht in Zweifel gezogen worden sind. Der Bruch des letzten Rippen tragenden Wirbelkörpers ist jetzt unter einseitiger (rechtsseitiger) Höhenminderung mit nachfolgender knöcherner Abstützreaktion konsolidiert. Hierauf baut jetzt eine mäßige linksskoliotische Fehlhaltung auf. Im seitlichen Bild zeigte sich ferner eine mäßige wannenartige Eindellung mit ventraler Abstützreaktion. Damit ist bewiesen, dass die Fraktur stabil verheilt ist. Im Bereich der LWS zeigte sich im Segment L2/L3 ein ausgeprägter degenerativer Bandscheibenschaden mit erheblicher Osteochondrose und ventraler Spondylose, zusätzlich in Höhe L4/5 eine Instabilität im Sinne einer Pseudoanterolisthese im Stadium Meyerding I mit einer Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes und ventralem Abgleiten von etwa 10 mm. Außerdem besteht in diesem Bereich eine fortgeschrittene Facettenarthrose. Die Instabilität in diesem Segment konnte durch Funktionsaufnahmen belegt werden. Zusätzlich besteht eine Übergangsstörung bei rudimentärer Bandscheibe L5/S1 (sogenannte Sakralisation von L5). Das klinische Beschwerdebild ist somit, wie Prof. Dr. H. für den Senat überzeugend ausgeführt hat, vor allem geprägt durch die lumbosakrale Instabilität mit typischer Klopfdolenz dieses Wirbelsäulenabschnitts, einem Triggerpunkt im Bereich der Beckenkammspina rechts sowie einer intermittierenden schmerzhaften S1-Irritation rechts. Diese Symptomatik hat mit dem stattgehabten Bruch im Bereich des thorakolumbalen Überganges nichts zu tun, ebenso wenig die zusätzlich bestehende degenerative Bandscheibendegeneration zwei Etagen darüber. Als Unfallfolgen hat Prof. Dr. H. zutreffend die leichte skoliotische Fehlstatik im Bereich des thorakolumbalen Überganges, einen Teil der muskulären Fehlfunktionen im lumbalen und thorakolumbalen Übergangsbereich, einen Teil der insgesamt mäßigen konzentrischen Funktionsbeeinträchtigungen der Rumpfwirbelsäule und die beschriebenen radiologischen Veränderungen im Bereich des thorakolumbalen Überganges bezeichnet. Hiervon weicht Dr. H. im Gutachten vom 05.01.2007 vor allem insoweit ab, als er nach knöcherner Ausheilung einer primären stabilen Fraktur des 12. BWK mit nachfolgender Verformung dieses Wirbelkörpers eine "etwas vermehrte Beweglichkeit im Segment TH 11/TH 12" bejaht hat. Für eine derartige Feststellung bedurfte es aber, worauf Dr. M. zu Recht hingewiesen hat, einer erneuten radiologischen Untersuchung. Diese ist dann von Prof. Dr. H. vorgenommen worden, der klar nachgewiesen hat, dass im Bereich des ehemals frakturierten 12. BWK nur eine vorübergehende Instabilität bis zum Eintritt der knöchernern Abstützreaktion vorgelegen hat. Zu Unrecht hat Dr. H. im genannten Gutachten insoweit einen Dauerzustand bejaht. Auf dieser Grundlage hat er in Anlehnung an Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO S. 536 einen instabilen Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung bejaht, der mit einer MdE um 20 v.H. zu bewerten sei. Er ist damit ausgehend von einer unzutreffenden befundmäßigen Prämisse zu einer unzutreffenden Beurteilung der MdE gelangt. Prof. Dr. H. hat dagegen zutreffend erkannt, dass auf Dauer keine unfallbedingte Instabilität vorlag und dass der Statikverlust gering ist. Seine Einschätzung der unfallbedingten MdE mit 10 v.H. steht im Einklang mit den Richtlinien, die bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO S. 536 wiedergegeben sind. Danach ist ein Wirbelkörperbruch mit Bandscheibenbeteiligung bei stabiler Ausheilung mit einer MdE unter 10 v.H. zu bewerten, bei stabiler Ausheilung, jedoch statisch wirksamem Achsenknick mit einer MdE um 10 bis 20 v.H. Soweit Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 18.05.2007 eine erhebliche Achsenabweichung mit einem Knickwinkel von 15 bis 20 Grad bejaht hat, hat er sich hierbei nicht auf die Auswertung von Röntgenaufnahmen gestützt, sondern allein aus dem Umstand, dass eine knöcherne Deformität des betroffenen Wirbelkörpers vorliegt, geschlossen, diese bedinge eine Achsenabweichung, die auch als erheblich im Sinne der Literaturstelle bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S. 535 zu werten sei. Hiergegen hat jedoch Dr. M. in seiner Stellungnahme vom 03.07.2007 für den Senat überzeugend eingewandt, er könne aus den Röntgenbildern vom 13.07.2005 keinen Kyphosewinkel von 15 bis 20 Grad erkennen. Hierin wurde er bestätigt durch Prof. Dr. H. der auf Grund exakter Auswertung sämtlicher bildgebender Befunde den Nachweis geführt hat, dass es zu einer übersteigerten Kyphose lediglich im oberen Bereich der BWS gekommen ist, während die Kyphose im mittleren und unteren Bereich regelrecht ist. Es besteht also kein kyphotischer Knick und schon gar keine Gibbusbildung (Buckel). Auf Grund der einseitigen Höhenminderung des Zwischenwirbelraumes TH 11/12 ist es zwar zu einer leichten postraumatischen Skoliose (Seitverbiegung) gekommen, die nach den Röntgenaufnahmen von Prof. Dr. H. elf Grad beträgt. Dies hat Dr. H. in seiner Stellungnahme vom 06.11.2008 nicht in Zweifel gezogen, sondern hierfür den Begriff einer "postraumatischen Wirbelsäulendeformität mit Verkrümmung in der Frontalebene" gewählt. Soweit er einen Vergleich mit dem bei Schönberger/Mehrtens/Valentin, aaO, S. 537 geschilderten Beispielsfall einer in kyphotischer Fehlstellung stabil verheilten und ankylosierten LWK-1-Fraktur zieht, vermochte er den Senat damit nicht zu überzeugen. Er hat sich damit in Widerspruch zu seinem eigenen Ausgangspunkt gesetzt, wonach die "mathematische Berechnung" einer MdE unter Heranziehung der sogenannten Segmenttheorie jedenfalls im vorliegenden Fall untunlich sei. Ernster zu nehmen ist sein Argument, durch die erheblichen unfallunabhängigen degenerativen Aufbrauchserscheinungen einschließlich der Instabilität im Segment L4/L5 seien die Kompensationsmöglichkeiten der darüberliegenden Bewegungssegmente überdurchschnittlich gefordert, weshalb der Unfallschaden im Segment TH 11/12, das nach der posttraumatischen Einsteifung jetzt nicht mehr für den Bewegungsablauf zur Verfügung stehe, höher zu bewerten sei, als dies bei einer ansonsten gesunden, nicht vorgeschädigten Wirbelsäule der Fall wäre. Richtig ist, dass ein Vorschaden bei der Bemessung der MdE rechtlich bedeutsam ist, wenn zwischen ihm und dem durch einen Versicherungsfall verursachten Gesundheitsschaden eine funktionelle Wechselbeziehung besteht. Beispielsweise wird der Verlust des einzigen verbliebenen Auges eines vor einem Arbeitsunfall einäugigen Versicherten mit einer MdE um 100 v. H. bewertet, während der Verlust eines Auges bei Erhaltung des zweiten Auges mit normaler Sehfähigkeit lediglich eine MdE um 25 v.H. bedingt. Dr. H. hat ferner überzeugend dargelegt, dass zwischen den Vorschäden der Klägerin und dem Unfallschaden eine funktionelle Wechselbeziehung in diesem Sinne besteht. Andererseits ist jedoch auch zu berücksichtigen, dass die degenerativen Vorschäden an der Wirbelsäule der Klägerin im Unfallzeitpunkt schon so erheblich waren, dass die Funktionsfähigkeit des Achsenorgans durch den Unfallschaden trotz weiter eingeschränkter Kompensationsmöglichkeiten nicht in einem Maße eingeschränkt wurde, das einer MdE um 20 v. H. entspricht. Dies wird insbesondere deutlich durch die Beschreibung des klinischen Befundes der Rumpfwirbelsäule im Gutachten von Prof. Dr. H ... Danach bestand eine Klopfschmerzempfindlichkeit sowohl im oberen BWS-Bereich als auch im unteren LWS-Bereich. Im thorakolombalen Übergangsbereich, der durch den Unfall betroffen wurde, bestand zwar ebenfalls Druckschmerzempfindlichkeit, jedoch deutlich weniger ausgeprägt als lumbosakral. Auch unter Berücksichtigung der Vorschadensproblematik überzeugt deshalb die Beurteilung von Prof. Dr. H. wonach die Situation der Rumpfwirbelsäule insgesamt ("global gesehen") eine MdE um etwa 30 v.H. bedingt, während die Unfallfolgen ab 01.10.2004 nicht höher als mit 10 v.H. bewertet werden können.

Soweit Dr. H. schließlich in seiner Stellungnahme vom 06.11.2008 ausgeführt hat, die Tatsache, dass selbst in entspannter Bauchlage im verletzten Wirbelsäulenabschnitt die Verspannungen der Rumpfmuskulatur nicht nachgelassen hätten, hätten ihn dazu bewogen, zusätzlich zu den unfallunabhängigen Beschwerden auch von einem klinisch relevanten Schmerzbild im Bereich der Wirbelsäulenverletzung auszugehen; dieser körperliche Untersuchungsbefund habe schließlich den Ausschlag gegeben, den Unfallschaden weiterhin mit einer MdE von 20 v. H. zu bewerten, überzeugt dies den Senat schon deshalb nicht, weil er damit einen Umstand in den Vordergrund gerückt hat, der weder für die Beurteilung im Gutachten vom 05.01.2007 noch in seinen Stellungnahmen vom 18.05. und vom 17.08.2007 von wesentlicher Bedeutung war. Damals hatte sich Dr. H. noch auf eine vermeintlich fortbestehende Instabilität im Segment TH 11/TH 12 und auf die zu Unrecht angenommene erhebliche Achsenabweichung mit einem Knickwinkel von 15 bis 20 Grad gestützt. Der auf Seite 19 des Gutachtens vom 05.01.2007 als Unfallfolge beschriebene mäßige, willkürlich offenbar nicht kontrollierbare paraverterale Muskelhartspannung der BWS zur LWS in Verbindung mit einer lokalen mäßigen Druck- und Schmerzhaftigkeit findet außerdem jedenfalls keine exakte Entsprechung im Befund, wie er auf Seite 8 und 9 beschrieben wird. Dort heißt es nämlich, es bestehe ein mäßiger Druck- und Klopfschmerz über den Dornfortsätzen der unteren HWS und ein ausgeprägter Druckschmerz über den Dornfortsätzen der unteren LWS. Im thorakolumbalen Übergang bestehe kein gravierender Druckschmerz. Die paravertebrale Muskulatur sei von oben bis unten zunehmend verspannt und lumbal auch druckschmerzhaft. In der Bauchlage lösten sich die paravertebralen Verspannungen großteils. In entspannter Bauchlage finde sich ein Druckschmerzmaximum über dem Dornfortsatz L5 und dem rechten Kreuzdarmbeingelenk. Diese Beschreibung findet ihre Entsprechung auf Seite 17 des Gutachtens von Prof. Dr. H., der ausführt, am ausgeprägtesten sei der Druckschmerz bei L4, während der thorakolombale Übergangsbereich nicht druckschmerzempfindlicher sei als die obere BWS. Auf Seite 38 seines Gutachtens beschreibt Prof. Dr. H. muskuläre Verspannungen vor allem im lumbalen Bereich rechtsseitig bis über den thorakolumbalen Übergang hinaus und eine Klopfdolenz vor allem des lumbosakralen Übergangs. Ein isolierter, auf eine kurze Wirbelsäulenstrecke begrenzter, autonomer Muskelhartspann wird von Prof. Dr. H. ebenso wenig beschrieben, wie von Dr. H. im Rahmen des klinischen Befundes auf den Seiten 8 und 9 seines Gutachtens.

Nach alledem musste die Berufung der Beklagten zum Erfolg führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Zur Zulassung der Revision bestand kein Anlass.
Rechtskraft
Aus
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