Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Stuttgart (BWB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
10
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KA 7601/08
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Hat der Treuhänder eines insolventen Vertragsarztes den Praxisbetrieb "freigegeben", ist hierin keine "echte" Freigabe zu sehen, wenn die durch den Praxisbetrieb künftig erworbenen Vermögenswerte der Insolvenzmasse zu Gute kommen sollen.
2. Die Abtretung von Ansprüchen auf Abschlagszahlungen für Leistungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nach § 91 Abs. 1 InsO unwirksam.
3. Bei einer Leistung an den Zessionar handelt es sich nicht um eine Leistung "an den Schuldner" im Sinne des § 82 InsO.
4. Sofern die Kassenärztliche Vereinigung an den Zessionar leistet, obwohl die Abtretung unwirksam ist, erfährt sie Schutz über § 409 BGB. Die Anwendung des § 409 BGB setzt allerdings den Bestand einer Forderung voraus. Ohne Forderung geht eine Abtretung ins Leere. Leistet die Kassenärztliche Vereinigung in einem solchen Fall trotzdem an den vermeintlichen Zessionar, kann sie sich nicht auf § 409 BGB berufen.
2. Die Abtretung von Ansprüchen auf Abschlagszahlungen für Leistungen nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist nach § 91 Abs. 1 InsO unwirksam.
3. Bei einer Leistung an den Zessionar handelt es sich nicht um eine Leistung "an den Schuldner" im Sinne des § 82 InsO.
4. Sofern die Kassenärztliche Vereinigung an den Zessionar leistet, obwohl die Abtretung unwirksam ist, erfährt sie Schutz über § 409 BGB. Die Anwendung des § 409 BGB setzt allerdings den Bestand einer Forderung voraus. Ohne Forderung geht eine Abtretung ins Leere. Leistet die Kassenärztliche Vereinigung in einem solchen Fall trotzdem an den vermeintlichen Zessionar, kann sie sich nicht auf § 409 BGB berufen.
1. Die Antragsgegnerin wird im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig eine Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008 in Höhe von 15.937,04 EUR zu bezahlen.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Ausbezahlung eines Honorarvorschusses für den Monat Oktober 2008.
Der Antragsteller ist zur Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeiten in S. zugelassen.
Mit schriftlicher Vereinbarung vom 30.06.2003 trat der Antragsteller alle gegenwärtige und zukünftige Ansprüche aus ärztlichen Liquidationen, Gutachten und sonstigen Leistungen gegenüber Patienten, Auftraggebern und Rechnungsempfängern an die N. GmbH ab. Die Abtretung zeigte der Antragsteller mit Schreiben vom 23.10.2003 der Antragsgegnerin an.
Unter dem 03.05.2005 erging ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugunsten des Gläubigers des Antragstellers S. in Höhe von 42.132,46 EUR. Einen weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkte am 18.12.2006 P. über einen Betrag von 15.906,80 EUR.
Über das Vermögen des Antragstellers wurde wegen Zahlungsunfähigkeit mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 21.03.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Treuhänder des Antragsteller hat den Betrieb der Praxis des Antragstellers "freigegeben" und sich mit der prozessualen Geltendmachung der Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb durch den Antragsteller einverstanden erklärt. Der Antragsteller hat dem Treuhänder regelmäßig Einnahmen-/Ausgabenrechnungen vorzulegen und den pfändbaren Einkommensanteil auf ein Anderkonto abzuführen.
Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 08.05.2008 wurde dem Antragsteller die Zulassung wegen seines Anstellungsverhältnisses mit der N. GmbH entzogen. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung der Regelung angeordnet. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte beim Sozialgericht Stuttgart die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Mit Beschluss vom 24.07.2008 hob das Sozialgericht die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf (S 11 KA 4585/08 ER). Beschwerde wurde keine eingelegt. Das Widerspruchsverfahren ist bislang noch nicht abgeschlossen.
Für Mai und Juni 2008 leistete die Antragsgegnerin Abschlagszahlungen an die N. GmbH in Höhe von insgesamt 34.200 EUR (17.100 EUR pro Monat).
Der Antragsteller beendete die Geschäftsverbindung mit der N. GmbH zum 30.06.2008. Mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 10.07.2008 bat der Antragsteller um künftige Überweisung der Zahlungen auf sein Konto.
Die N. GmbH meldete der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.07.2008 die Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit dem Antragsteller, wies jedoch zugleich daraufhin, dass die Abtretungsvereinbarung weiterhin Gültigkeit habe. Mit Schreiben vom 08.09.2008 wiederholte sie ihren Hinweis gegenüber der Antragsgegnerin.
Für die Monate August und September 2008 zahlte die Antragsgegnerin daraufhin Abschlagszahlungen an den Antragsteller aus. Für Oktober 2008 ist bislang keine Zahlung erfolgt.
Mit Honorarbescheid vom 15.10.2008 rechnete die Antragsgegnerin das zweite Quartal des Jahre 2008 ab. Auf der Gutschriftenseite ergibt sich danach ein Betrag von 39.811,60 EUR. Auf der Seite der Belastungen brachte die Antragsgegnerin die Abschlagszahlungen für April, Mai und Juni 2008 in Höhe von insgesamt 51.300 EUR sowie weitere Posten in Höhe von insgesamt 2.124,39 EUR zum Abzug, so dass sich insgesamt eine Überzahlung in Höhe von 13.612,79 EUR ergab. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 31.10.2008 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 10.11.2008, eingegangen bei Gericht am 13.11.2008, beantragte der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, für Oktober 2008 eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.937,04 EUR auszubezahlen. Zur Begründung wird vorgetragen, dem Antragsteller stünde jeweils am Schluss des ersten, zweiten und dritten Monats eines Kalendervierteljahres eine Abschlagszahlung zu, die sich aus 25 % der Gesamtsumme der Vergütung des vergleichbaren Quartals des Vorjahres errechne. Der Antragsteller habe im dritten Quartal des Jahres 2007 eine Vergütung von 63.748,15 EUR erwirtschaftet. Dem Anspruch auf eine Abschlagszahlung stünde die Abtretungsvereinbarung mit der N. GmbH nicht entgegen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei diese Vereinbarung unwirksam geworden. Gleiches gelte für die beiden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse. Zum Anordnungsgrund lässt der Antragsteller vortragen, dass er ohne die geltend gemachte Abschlagszahlung in eine finanzielle, existenzgefährdende Notlage geraten werde. Er müsse die monatlichen Kosten für den Betrieb seiner Arztpraxis in Höhe von ca. 16.880,85 EUR aufbringen. Aufgrund seiner Privatinsolvenz könne er diese aus anderen Mitteln nicht decken. Könne er die Kosten nicht decken, drohe die Einstellung des Geschäftsbetriebes sowie die Versagung der Restschuldbefreiung. Zur Glaubhaftmachung legt der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vor.
Der Antragsteller beantragt,
dem Antragsteller für den Monat Oktober 2008 eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.937,04 EUR auszubezahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine Abschlagszahlung für Oktober 2008. Der Antragsteller habe nicht mitgeteilt, dass ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden war. Die Antragsgegnerin habe erstmals im August 2008 davon erfahren. Die Antragsgegnerin sei daher berechtigt, die Abschlagszahlung entsprechend anzupassen. Darüber hinaus sei sie berechtigt die Überzahlung für das zweite Quartal 2008 in Höhe von 13.612,79 EUR zu verrechnen. Der Antragsteller könne sich dabei nicht darauf berufen, dass die Zahlungen im Mai und Juni 2008 an die N. GmbH wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam gewesen seien. Die Abtretungsvereinbarung habe nach wie vor Gültigkeit. Außerdem habe die Antragsgegnerin keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt. Schließlich sei ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der für den Antragsteller bei der Antragsgegnerin geführten Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
1. Nach § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht -soweit wie hier keine Anfechtungssache vorliegt- auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs und ein Anordnungsgrund, d. h. eine besondere Eilbedürftigkeit, vorliegen und beides zumindest glaubhaft gemacht wird. Für eine Glaubhaftmachung genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der behaupteten Tatsachen. Zeitpunkt der maßgebenden Sach- und Rechtslage ist der Entscheidungszeitpunkt.
2. Der Antrag ist nicht bereits wegen fehlender Prozessführungsbefugnis des Antragstellers unzulässig. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom 21.03.2007 über das Vermögen des Antragstellers ist zwar das Recht des Antragstellers als Insolvenzschuldner, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, nach § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) auf den Insolvenzverwalter übergegangen. Der Schuldner verliert dadurch seine Prozessführungsbefugnis (OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.03.2004, 3 W 65/03; Kroth in Braun, InsO, § 80 Rd. 12). Dies gilt nur dann nicht, wenn es sich um eine höchstpersönliche Angelegenheit des Schuldners, wie z. B. Erbschafts-, Scheidungs- oder Strafverfahren, oder um sonstige Rechtsstreitigkeiten über insolvenzfreies Vermögen handelt. Eine höchstpersönliche Angelegenheit liegt hier nicht vor. Einkünfte aus einer Tätigkeit als Vertragsarzt gehören zudem in vollem Umfang zur Insolvenzmasse und sind an den Insolvenzverwalter auszukehren (SG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2005, S 14 KA 61/04; vgl. i. A. Lwowski/Peters, MüKom InsO, § 35 Rd. 47). Allerdings hat vorliegend der Treuhänder des Antragstellers den Geschäftsbetrieb als selbstständig tätigen Arzt "freigegeben" und sich mit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb durch den Antragsteller einverstanden erklärt, so dass der Antragsteller zur prozessualen Geltendmachung der streitgegenständlichen Abschlagszahlung befugt ist.
3. Auch liegen sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vor.
3.1. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass es dem Antragsteller nicht zumutbar ist ein Hauptsacheverfahren abzuwarten. Der Antragsteller hat die laufenden monatlichen Kosten für den Geschäftsbetrieb seiner Arztpraxis aufzubringen. Kann er die Kosten nicht decken, droht die Einstellung des Geschäftsbetriebes sowie die Versagung der Restschuldbefreiung. Die laufenden Ausgaben für die Praxisräume und OP-Räume inkl. Nebenkosten, das Personal und die Verbrauchsmaterialien betragen monatlich rund 16.880 EUR, die der Antragsteller nicht mit seinen zur Verfügung stehenden Mitteln decken kann. Über sein Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Diese Sachlage hat der Antragsteller durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht. Weitere Dokumente waren nicht vorzulegen, denn im Eilverfahren ist es grundsätzlich untunlich, die Vorlage von Beweisunterlagen, wie z. B. Steuerbescheiden und Einnahmen-/Ausgabenaufstellungen, zu fordern.
3.2. Auch ein Anordnungsanspruch wurde glaubhaft gemacht.
Nach § 2 Abs. 4 des Honorarverteilungsmaßstabes der Antragsgegnerin (Stand: 01.01.2008) i. V. m. § 6 der Abrechnungsrichtlinien der Antragsgegnerin (Stand: April 2008) haben die mit der Antragsgegnerin im Abrechnungsverkehr stehenden Leistungserbringer jeweils am Schluss des ersten, zweiten und dritten Monats eines Kalendervierteljahres Anspruch auf eine Abschlagszahlung für dieses Leistungsvierteljahr. Nach Abs. 2 der Regelung werden die Abschlagszahlungen mit 25 % aus der Gesamtsumme der Vergütungen (abzgl. Praxisgebühren und Verwaltungskosten) des vergleichbaren Quartals des Vorjahres berechnet.
3.2.1. Der Antragsteller stand im streitgegenständlichen Zeitraum im Abrechnungsverkehr mit der Antragsgegnerin und hat damit dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung der genannten Abschlagszahlungen. Dabei steht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Geltendmachung des Anspruchs durch den Antragsteller nicht entgegen, da er trotzdem Inhaber der Forderung bleibt und vorliegend mit Einverständnis des Treuhänders die Forderung im eigenen Namen geltend machen und Leistung an sich verlangen kann.
Auch die Abtretungsvereinbarung mit der N. GmbH ändert nichts an dem Anspruch des Antragstellers auf Zahlung einer Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008. Die Abtretung ist hinsichtlich derjenigen Forderungen des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin unwirksam, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Dies ergibt sich aus § 91 Abs. 1 InsO. Nach dieser Regelung können Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist die Verfügung selbst bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrages beendet. Der Rechtsübergang erfolgt jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung (BGH, Urt. v. 30.01.1997, IX ZR 89/96, ZIP 1997, 513, 514). Entsteht die im Voraus abgetretene Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Gläubiger gemäß § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungsrecht zu Lasten der Masse mehr erwerben (BGH, Urt. v. 20.03.2003, IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809). Nur wenn der Zessionar bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung insolvenzfest. Werden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen abgetreten, kommt es deshalb darauf an, ob sie bereits mit Abschluss des zugrunde liegenden Vertrages "betagt", also nur in ihrer Durchsetzbarkeit vom Beginn oder vom Ablauf einer bestimmten Frist abhängig sind, oder ob sie gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erst mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entstehen. Im letztgenannten Fall hat der Abtretungsempfänger keine gesicherte Rechtsposition (BGH, Urt. v. 30.01.1997, a. a. O.). Dabei gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Anspruch auf Vergütung für geleistete Dienste nicht vor der Dienstleistung entsteht (z. B. BGH, Urt. v. 30.01.1997, a. a. O.) auch für den Vergütungsanspruch des Kassenarztes gegen die kassenärztliche Vereinigung (BGH, Urt. v. 11.05.2006, IX ZR 247/03, ZIP 2006, 1254). Die für die streitgegenständliche Abschlagszahlung maßgeblichen Dienstleistungen wurden vorliegend nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, so dass der Anspruch gegen die Antragsgegnerin auch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Mithin ist die Abtretung hinsichtlich dieser Forderung gem. § 91 Abs. 1 InsO unwirksam. § 114 InsO findet auf Vergütungsansprüche eines Kassenarztes gegen die zuständige kassenärztliche Vereinigung keine Anwendung (BGH, Urt. v. 11.05.2006, IX ZR 247/03, ZIP 2006, 1254).
Der Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO steht auch nicht die "Freigabe" des Geschäftsbetriebes durch den Treuhänder entgegen. Eine "echte" Freigabe hätte zur Folge, dass der Insolvenzbeschlag erlischt und der freigegebene Gegenstand bzw. die freigegebene Forderung aus der Insolvenzmasse gelöst wird. Die Vertragsverhältnisse, die sich auf die freigegebenen Gegenstände beziehen, wären insolvenzfrei. § 91 InsO wäre mithin nicht anwendbar. Um eine solche "echte" Freigabe handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Zunächst ist die im Schreiben des Treuhänders vom 18.08.2008 genannte "Überlassung" der Sachen, die für die Erwerbstätigkeit eingesetzt werden, lediglich eine Freigabe deklaratorischer Natur, da dies bereits § 811 Abs. 1 Nr. 5 Zivilprozessordnung (ZPO) bestimmt. Soweit der Treuhänder auch die "Freigabe" der aus dem Geschäftsbetrieb resultierenden Forderungen im Schreiben vom 09.12.2008 bestätigt, liegt hierin ebenfalls keine "echte" Freigabe. Die "echte" Freigabe muss einen endgültigen Verzicht des Insolvenzverwalters auf den betreffenden Gegenstand zum Inhalt haben und dies unmissverständlich ausdrücken (vgl. BGH, Urt. v. 29.05.1961, VII ZR 46/60, BGHZ 35, 180-185; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.05.2000, 13 U 3867/99, NZI 2001, 91). Eine Freigabe an den Insolvenzschuldner zu dessen freier Verfügung liegt danach nicht vor, wenn der Insolvenzmasse der wirtschaftliche Wert des Gegenstandes erhalten bleibt (vgl. hierzu auch Braun, InsO Kom., § 35 Rd. 81; BFH, Urteile vom 24.09.1987, V R 196/83, BStBl II 1987, 873; FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 06.12.2006, 1 K 1950/05, ZInsO 2007, 552). Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Verwertungserlös der Insolvenzmasse zu Gute kommen soll. Die sog. "modifizierte" Freigabe führt dazu, dass der Gegenstand in der Insolvenzmasse verbleibt (vgl. zum Ganzen BFH, Urteile v. 24.09.1987, a. a. O.; Urt. v. 12.05.1993, XI R 49/90, BFH/NV 1994, 274, m. w. N.).
Unter Anwendung dieser Grundsätze gehören die Vergütungsforderungen des Antragstellers nach wie vor zur Insolvenzmasse. Die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters ist nicht so zu verstehen, dass das vom Antragsteller durch die Führung seines Gewerbebetriebs neu erworbene Vermögen dauerhaft aus der Insolvenzmasse gelöst ist. Im Schreiben vom 18.08.2008 hat der Treuhänder lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er den Betrieb des Antragstellers aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Dass demgegenüber alle Vermögensgegenstände einschließlich künftiger Forderungen, die der Antragsteller im Zuge der Ausübung des Gewerbebetriebes erlangt, nicht mehr vom Insolvenzbeschlag erfasst sein sollen, geht dagegen aus dem Schreiben des Treuhänders nicht hervor. Ebenso wenig ist der Erklärung des Treuhänders zu entnehmen, dass der wirtschaftliche Wert der vom Antragsteller in Zukunft erworbenen Vermögensgegenstände der Insolvenzmasse nicht mehr zu Gute kommen soll. Die vom Treuhänder geforderte Abführung der pfändbaren Teile der Einkünfte des Antragstellers wäre überflüssig und sinnlos, wenn der Treuhänder eine vollständige Freigabe des Neuerwerbs erklärt hätte. Auch aus dem erst im Gerichtsverfahren vorgelegten Schreiben des Treuhänders vom 09.12.2008 folgt keine vollständige Freigabe des Neuerwerbs, da sie nur die Aktivlegitimation des Antragstellers umfasst. Schließlich ist auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb der Treuhänder eine "echte" Freigabe hätte erklären sollen, da der Neuerwerb aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Befriedigung der Insolvenzgläubiger dienen kann.
Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, sie habe die Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008 mit einer Überzahlung für das zweite Quartal 2008 verrechnet. Zwar hat sie grundsätzlich nach § 6 Abs. 6 der Abrechnungsrichtlinien die Möglichkeit bei wesentlichen Überzahlungen den überzahlten Betrag sofort mit fälligen Ansprüchen des Leistungserbringers zu verrechnen. Dies setzt jedoch das Bestehen einer Überzahlung voraus, was vorliegend nicht der Fall ist. Denn die Antragsgegnerin ist jedenfalls nicht befugt die Abschlagszahlung an die N. GmbH für den Monat Juni 2008 im Rahmen der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2008 in Abzug zu bringen.
Die Antragsgegnerin hat (jedenfalls) für den Monat Juni 2008 zu Unrecht Leistungen an die N. GmbH erbracht. Wie oben gezeigt ist die Abtretung der Forderungen an die N. GmbH hinsichtlich der Dienstleistungen, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, gem. § 91 Abs. 1 InsO unwirksam. Die Antragsgegnerin konnte dabei nicht über § 82 InsO mit befreiender Wirkung an die N. GmbH leisten, da es sich insoweit schon nicht um eine Leistung "an den Schuldner" im Sinne dieser Vorschrift handelt (Ott/Vuia in MüKom, InsO, § 82 Rd. 3d). Auf die Frage, ob die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Leistung von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wusste, kommt es demnach in diesem Zusammenhang nicht an.
Die Antragsgegnerin erfährt als Schuldnerin dagegen grundsätzlich Schutz über § 409 BGB, sofern sie an den neuen Gläubiger (Zessionar) leistet, obwohl die Abtretung nicht wirksam ist. Danach muss der alte Gläubiger (Zedent) dem Schuldner gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt ist oder nicht wirksam ist, sofern der Zedent dem Schuldner anzeigt, dass er die Forderung abgetreten hat. Nach § 409 Abs. 1 S. 2 BGB steht es der Anzeige gleich, wenn der Zedent eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten Zessionar ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt. Vorliegend ist die Abtretung hinsichtlich der Forderungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, unwirksam (vgl. oben). Auch hat der Antragsteller der Antragsgegnerin die Abtretung mit Schreiben vom 23.10.2003 angezeigt. Diese Anzeige wurde auch bislang nicht wirksam zurückgenommen, da hierfür die Zustimmung des Zessionars erforderlich ist (§ 409 Abs. 2 BGB). In den Schreiben der N. GmbH vom 16.07.2008 und 08.09.2008 ist eine solche Zustimmung gerade nicht zu erblicken. Auch dürfte eine mögliche positive Kenntnis der Antragsgegnerin von der Unwirksamkeit der Abtretung der schuldbefreienden Wirkung der Leistung an die N. GmbH nicht entgegenstehen. Denn der Schutz des § 409 BGB entfällt noch nicht, wenn der Schuldner die Unwirksamkeit der Abtretung bei Vorlage der Urkunde über die Abtretung oder später kennt (vgl. RG, Urt. v. 12.11.1929, VII 188/29, RGZ 126, 183, 185; BGH Urt. v. 06.04.1956, I ZR 159/54, BB 1956, 639). Nur in besonders qualifizierten Fällen ist der Schuldnerschutz des § 409 BGB bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Abtretung zu versagen, etwa wenn der Schuldner in Kenntnis der Unwirksamkeit der Abtretung arglistig (RG, Urt. v. 12.11.1929, a. a. O.) oder in Kollusion mit dem Zessionar handelt (Roth, MüKom, BGB, § 409 Rd. 12). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Offen bleiben kann die Frage, ob darüber hinaus dann der Schutz des Schuldners zu versagen ist, wenn die Nichtberechtigung des Zessionars "offen zu Tage liegt" (Palandt, BGB Kom., § 409 Rd. 5 und Busche in Staudinger, BGB Kom., § 409 Rd. 30 m. w. N.). Denn jedenfalls setzt die Anwendung des § 409 BGB den Bestand einer Forderung voraus (vgl. Roth in MüKom, BGB, § 409 Rd. 10), an der es vorliegend zumindest für den Monat Juni 2008 fehlt. Der Antragsteller stand in der Zeit ab der Bekanntgabe des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 08.05.2008 (Entziehung der Zulassung) bis zur Bekanntgabe des Beschlusses des Sozialgerichts vom 24.07.2008 (Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung) nicht im Abrechnungsverkehr mit der Antragsgegnerin. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers hat der Antragsteller erst wieder nach Aufhebung des Sofortvollzugs die vertragsärztliche Tätigkeit aufgenommen. Damit hatte der Antragsteller zumindest für den gesamten Monat Juni 2008 keinen Anspruch auf eine Abschlagzahlung nach den oben genannten Rechtsgrundlagen. Mithin bestand auch keine Forderung, die hätte abgetreten werden können. Die Abtretung ging insoweit ins Leere. Leistet der vermeintliche Schuldner in einem solchen Fall trotzdem an den Zessionar, so geht dies allein zu Lasten des vermeintlichen Schuldners. Er kann sich dabei nicht auf den Schutz des § 409 BGB berufen.
Die Antragsgegnerin kann daher zumindest die Zahlung an die N. GmbH für Juni 2008 im Rahmen der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2008 nicht zum Abzug bringen, so dass sich für das zweite Quartal 2008 auch keine Überzahlung ergibt, mit der die Antragsgegnerin hätte verrechnen können.
Die Antragsgegnerin kann auch keine Anpassung der Abschlagszahlung nach § 6 Abs. 5 der Abrechnungsrichtlinie mit dem Argument geltend machen, sie sei vom Antragsteller nicht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert worden. Ungeachtet der tatsächlichen Frage, ob dies zutrifft, kann die Antragsgegnerin jedenfalls keine Anpassung der Abschlagszahlung vornehmen, da sich aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst keine Minderung und auch kein Ausschluss des Anspruchs auf Zahlung einer Abschlagszahlung ergibt. Für eine Anpassung der Abschlagszahlung ist demnach hier kein Raum.
Dem Anspruch des Antragstellers auf Zahlung eines Abschlags stehen schließlich auch nicht die Einzelvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger S. und P. entgegen. Nach § 88 InsO wird eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger diese im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangt hat. Wie oben dargelegt gehören die Vergütungsforderungen nach wie vor zur Insolvenzmasse. Die hier streitgegenständliche Abschlagszahlung für Oktober 2008 ist zudem erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden (vgl. oben), so dass die Pfandrechte vorliegend keine Wirkung entfalten können (vgl. Kroth in Braun, InsO Kom, § 88 Rd. 5).
Der Antragsteller hat damit Anspruch auf Zahlung einer Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008.
3.2.2. Die Höhe der Abschlagszahlung berechnet sich aus 25 % der Gesamtsumme der Vergütungen (abzgl. Praxisgebühren und Verwaltungskosten) des vergleichbaren Quartals des Vorjahres. Aus den glaubhaft gemachten - und insoweit unbestrittenen - Angaben des Antragstellers ergibt sich demnach eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.937,04 EUR (1/4 von 63.748,15 EUR).
Dem Antrag war somit stattzugeben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
2. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
I.
Der Antragsteller begehrt im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die Ausbezahlung eines Honorarvorschusses für den Monat Oktober 2008.
Der Antragsteller ist zur Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeiten in S. zugelassen.
Mit schriftlicher Vereinbarung vom 30.06.2003 trat der Antragsteller alle gegenwärtige und zukünftige Ansprüche aus ärztlichen Liquidationen, Gutachten und sonstigen Leistungen gegenüber Patienten, Auftraggebern und Rechnungsempfängern an die N. GmbH ab. Die Abtretung zeigte der Antragsteller mit Schreiben vom 23.10.2003 der Antragsgegnerin an.
Unter dem 03.05.2005 erging ein Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zugunsten des Gläubigers des Antragstellers S. in Höhe von 42.132,46 EUR. Einen weiteren Pfändungs- und Überweisungsbeschluss erwirkte am 18.12.2006 P. über einen Betrag von 15.906,80 EUR.
Über das Vermögen des Antragstellers wurde wegen Zahlungsunfähigkeit mit Beschluss des Amtsgerichts B. vom 21.03.2007 das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Treuhänder des Antragsteller hat den Betrieb der Praxis des Antragstellers "freigegeben" und sich mit der prozessualen Geltendmachung der Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb durch den Antragsteller einverstanden erklärt. Der Antragsteller hat dem Treuhänder regelmäßig Einnahmen-/Ausgabenrechnungen vorzulegen und den pfändbaren Einkommensanteil auf ein Anderkonto abzuführen.
Mit Beschluss des Zulassungsausschusses vom 08.05.2008 wurde dem Antragsteller die Zulassung wegen seines Anstellungsverhältnisses mit der N. GmbH entzogen. Zugleich wurde die sofortige Vollziehung der Regelung angeordnet. Hiergegen legte der Antragsteller Widerspruch ein und beantragte beim Sozialgericht Stuttgart die Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung. Mit Beschluss vom 24.07.2008 hob das Sozialgericht die Anordnung der sofortigen Vollziehung auf (S 11 KA 4585/08 ER). Beschwerde wurde keine eingelegt. Das Widerspruchsverfahren ist bislang noch nicht abgeschlossen.
Für Mai und Juni 2008 leistete die Antragsgegnerin Abschlagszahlungen an die N. GmbH in Höhe von insgesamt 34.200 EUR (17.100 EUR pro Monat).
Der Antragsteller beendete die Geschäftsverbindung mit der N. GmbH zum 30.06.2008. Mit Schreiben an die Antragsgegnerin vom 10.07.2008 bat der Antragsteller um künftige Überweisung der Zahlungen auf sein Konto.
Die N. GmbH meldete der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 16.07.2008 die Beendigung der Geschäftsbeziehungen mit dem Antragsteller, wies jedoch zugleich daraufhin, dass die Abtretungsvereinbarung weiterhin Gültigkeit habe. Mit Schreiben vom 08.09.2008 wiederholte sie ihren Hinweis gegenüber der Antragsgegnerin.
Für die Monate August und September 2008 zahlte die Antragsgegnerin daraufhin Abschlagszahlungen an den Antragsteller aus. Für Oktober 2008 ist bislang keine Zahlung erfolgt.
Mit Honorarbescheid vom 15.10.2008 rechnete die Antragsgegnerin das zweite Quartal des Jahre 2008 ab. Auf der Gutschriftenseite ergibt sich danach ein Betrag von 39.811,60 EUR. Auf der Seite der Belastungen brachte die Antragsgegnerin die Abschlagszahlungen für April, Mai und Juni 2008 in Höhe von insgesamt 51.300 EUR sowie weitere Posten in Höhe von insgesamt 2.124,39 EUR zum Abzug, so dass sich insgesamt eine Überzahlung in Höhe von 13.612,79 EUR ergab. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 31.10.2008 Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 10.11.2008, eingegangen bei Gericht am 13.11.2008, beantragte der Antragsteller die Antragsgegnerin im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes zu verpflichten, für Oktober 2008 eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.937,04 EUR auszubezahlen. Zur Begründung wird vorgetragen, dem Antragsteller stünde jeweils am Schluss des ersten, zweiten und dritten Monats eines Kalendervierteljahres eine Abschlagszahlung zu, die sich aus 25 % der Gesamtsumme der Vergütung des vergleichbaren Quartals des Vorjahres errechne. Der Antragsteller habe im dritten Quartal des Jahres 2007 eine Vergütung von 63.748,15 EUR erwirtschaftet. Dem Anspruch auf eine Abschlagszahlung stünde die Abtretungsvereinbarung mit der N. GmbH nicht entgegen. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens sei diese Vereinbarung unwirksam geworden. Gleiches gelte für die beiden Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse. Zum Anordnungsgrund lässt der Antragsteller vortragen, dass er ohne die geltend gemachte Abschlagszahlung in eine finanzielle, existenzgefährdende Notlage geraten werde. Er müsse die monatlichen Kosten für den Betrieb seiner Arztpraxis in Höhe von ca. 16.880,85 EUR aufbringen. Aufgrund seiner Privatinsolvenz könne er diese aus anderen Mitteln nicht decken. Könne er die Kosten nicht decken, drohe die Einstellung des Geschäftsbetriebes sowie die Versagung der Restschuldbefreiung. Zur Glaubhaftmachung legt der Antragsteller eine eidesstattliche Versicherung vor.
Der Antragsteller beantragt,
dem Antragsteller für den Monat Oktober 2008 eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.937,04 EUR auszubezahlen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Zur Begründung trägt die Antragsgegnerin im Wesentlichen vor, der Antragsteller habe keinen Anspruch auf eine Abschlagszahlung für Oktober 2008. Der Antragsteller habe nicht mitgeteilt, dass ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden war. Die Antragsgegnerin habe erstmals im August 2008 davon erfahren. Die Antragsgegnerin sei daher berechtigt, die Abschlagszahlung entsprechend anzupassen. Darüber hinaus sei sie berechtigt die Überzahlung für das zweite Quartal 2008 in Höhe von 13.612,79 EUR zu verrechnen. Der Antragsteller könne sich dabei nicht darauf berufen, dass die Zahlungen im Mai und Juni 2008 an die N. GmbH wegen der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam gewesen seien. Die Abtretungsvereinbarung habe nach wie vor Gültigkeit. Außerdem habe die Antragsgegnerin keine Kenntnis von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens gehabt. Schließlich sei ein Anordnungsgrund nicht hinreichend glaubhaft gemacht.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, insbesondere des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der für den Antragsteller bei der Antragsgegnerin geführten Verwaltungsakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
1. Nach § 86 b Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht -soweit wie hier keine Anfechtungssache vorliegt- auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 SGG sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist begründet, wenn ein Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruchs und ein Anordnungsgrund, d. h. eine besondere Eilbedürftigkeit, vorliegen und beides zumindest glaubhaft gemacht wird. Für eine Glaubhaftmachung genügt eine überwiegende Wahrscheinlichkeit der behaupteten Tatsachen. Zeitpunkt der maßgebenden Sach- und Rechtslage ist der Entscheidungszeitpunkt.
2. Der Antrag ist nicht bereits wegen fehlender Prozessführungsbefugnis des Antragstellers unzulässig. Mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens durch Beschluss vom 21.03.2007 über das Vermögen des Antragstellers ist zwar das Recht des Antragstellers als Insolvenzschuldner, das zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen zu verwalten und über es zu verfügen, nach § 80 Abs. 1 Insolvenzordnung (InsO) auf den Insolvenzverwalter übergegangen. Der Schuldner verliert dadurch seine Prozessführungsbefugnis (OLG Stuttgart, Beschl. v. 25.03.2004, 3 W 65/03; Kroth in Braun, InsO, § 80 Rd. 12). Dies gilt nur dann nicht, wenn es sich um eine höchstpersönliche Angelegenheit des Schuldners, wie z. B. Erbschafts-, Scheidungs- oder Strafverfahren, oder um sonstige Rechtsstreitigkeiten über insolvenzfreies Vermögen handelt. Eine höchstpersönliche Angelegenheit liegt hier nicht vor. Einkünfte aus einer Tätigkeit als Vertragsarzt gehören zudem in vollem Umfang zur Insolvenzmasse und sind an den Insolvenzverwalter auszukehren (SG Düsseldorf, Urt. v. 25.05.2005, S 14 KA 61/04; vgl. i. A. Lwowski/Peters, MüKom InsO, § 35 Rd. 47). Allerdings hat vorliegend der Treuhänder des Antragstellers den Geschäftsbetrieb als selbstständig tätigen Arzt "freigegeben" und sich mit der gerichtlichen Geltendmachung der Forderungen aus dem Geschäftsbetrieb durch den Antragsteller einverstanden erklärt, so dass der Antragsteller zur prozessualen Geltendmachung der streitgegenständlichen Abschlagszahlung befugt ist.
3. Auch liegen sowohl ein Anordnungsgrund als auch ein Anordnungsanspruch vor.
3.1. Die Eilbedürftigkeit ergibt sich aus dem Umstand, dass es dem Antragsteller nicht zumutbar ist ein Hauptsacheverfahren abzuwarten. Der Antragsteller hat die laufenden monatlichen Kosten für den Geschäftsbetrieb seiner Arztpraxis aufzubringen. Kann er die Kosten nicht decken, droht die Einstellung des Geschäftsbetriebes sowie die Versagung der Restschuldbefreiung. Die laufenden Ausgaben für die Praxisräume und OP-Räume inkl. Nebenkosten, das Personal und die Verbrauchsmaterialien betragen monatlich rund 16.880 EUR, die der Antragsteller nicht mit seinen zur Verfügung stehenden Mitteln decken kann. Über sein Vermögen wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Diese Sachlage hat der Antragsteller durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung hinreichend glaubhaft gemacht. Weitere Dokumente waren nicht vorzulegen, denn im Eilverfahren ist es grundsätzlich untunlich, die Vorlage von Beweisunterlagen, wie z. B. Steuerbescheiden und Einnahmen-/Ausgabenaufstellungen, zu fordern.
3.2. Auch ein Anordnungsanspruch wurde glaubhaft gemacht.
Nach § 2 Abs. 4 des Honorarverteilungsmaßstabes der Antragsgegnerin (Stand: 01.01.2008) i. V. m. § 6 der Abrechnungsrichtlinien der Antragsgegnerin (Stand: April 2008) haben die mit der Antragsgegnerin im Abrechnungsverkehr stehenden Leistungserbringer jeweils am Schluss des ersten, zweiten und dritten Monats eines Kalendervierteljahres Anspruch auf eine Abschlagszahlung für dieses Leistungsvierteljahr. Nach Abs. 2 der Regelung werden die Abschlagszahlungen mit 25 % aus der Gesamtsumme der Vergütungen (abzgl. Praxisgebühren und Verwaltungskosten) des vergleichbaren Quartals des Vorjahres berechnet.
3.2.1. Der Antragsteller stand im streitgegenständlichen Zeitraum im Abrechnungsverkehr mit der Antragsgegnerin und hat damit dem Grunde nach Anspruch auf Zahlung der genannten Abschlagszahlungen. Dabei steht die Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Geltendmachung des Anspruchs durch den Antragsteller nicht entgegen, da er trotzdem Inhaber der Forderung bleibt und vorliegend mit Einverständnis des Treuhänders die Forderung im eigenen Namen geltend machen und Leistung an sich verlangen kann.
Auch die Abtretungsvereinbarung mit der N. GmbH ändert nichts an dem Anspruch des Antragstellers auf Zahlung einer Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008. Die Abtretung ist hinsichtlich derjenigen Forderungen des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin unwirksam, die nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Dies ergibt sich aus § 91 Abs. 1 InsO. Nach dieser Regelung können Rechte an den Gegenständen der Insolvenzmasse nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht wirksam erworben werden, auch wenn keine Verfügung des Schuldners und keine Zwangsvollstreckung für einen Insolvenzgläubiger zugrunde liegt. Im Falle der Abtretung einer künftigen Forderung ist die Verfügung selbst bereits mit Abschluss des Abtretungsvertrages beendet. Der Rechtsübergang erfolgt jedoch erst mit dem Entstehen der Forderung (BGH, Urt. v. 30.01.1997, IX ZR 89/96, ZIP 1997, 513, 514). Entsteht die im Voraus abgetretene Forderung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, kann der Gläubiger gemäß § 91 Abs. 1 InsO kein Forderungsrecht zu Lasten der Masse mehr erwerben (BGH, Urt. v. 20.03.2003, IX ZR 166/02, ZIP 2003, 808, 809). Nur wenn der Zessionar bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine gesicherte Rechtsposition hinsichtlich der abgetretenen Forderung erlangt hat, ist die Abtretung insolvenzfest. Werden Ansprüche aus Dauerschuldverhältnissen abgetreten, kommt es deshalb darauf an, ob sie bereits mit Abschluss des zugrunde liegenden Vertrages "betagt", also nur in ihrer Durchsetzbarkeit vom Beginn oder vom Ablauf einer bestimmten Frist abhängig sind, oder ob sie gemäß §§ 163, 158 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) erst mit der Inanspruchnahme der jeweiligen Gegenleistung entstehen. Im letztgenannten Fall hat der Abtretungsempfänger keine gesicherte Rechtsposition (BGH, Urt. v. 30.01.1997, a. a. O.). Dabei gilt der allgemeine Grundsatz, dass der Anspruch auf Vergütung für geleistete Dienste nicht vor der Dienstleistung entsteht (z. B. BGH, Urt. v. 30.01.1997, a. a. O.) auch für den Vergütungsanspruch des Kassenarztes gegen die kassenärztliche Vereinigung (BGH, Urt. v. 11.05.2006, IX ZR 247/03, ZIP 2006, 1254). Die für die streitgegenständliche Abschlagszahlung maßgeblichen Dienstleistungen wurden vorliegend nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht, so dass der Anspruch gegen die Antragsgegnerin auch erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden ist. Mithin ist die Abtretung hinsichtlich dieser Forderung gem. § 91 Abs. 1 InsO unwirksam. § 114 InsO findet auf Vergütungsansprüche eines Kassenarztes gegen die zuständige kassenärztliche Vereinigung keine Anwendung (BGH, Urt. v. 11.05.2006, IX ZR 247/03, ZIP 2006, 1254).
Der Anwendung des § 91 Abs. 1 InsO steht auch nicht die "Freigabe" des Geschäftsbetriebes durch den Treuhänder entgegen. Eine "echte" Freigabe hätte zur Folge, dass der Insolvenzbeschlag erlischt und der freigegebene Gegenstand bzw. die freigegebene Forderung aus der Insolvenzmasse gelöst wird. Die Vertragsverhältnisse, die sich auf die freigegebenen Gegenstände beziehen, wären insolvenzfrei. § 91 InsO wäre mithin nicht anwendbar. Um eine solche "echte" Freigabe handelt es sich vorliegend jedoch nicht. Zunächst ist die im Schreiben des Treuhänders vom 18.08.2008 genannte "Überlassung" der Sachen, die für die Erwerbstätigkeit eingesetzt werden, lediglich eine Freigabe deklaratorischer Natur, da dies bereits § 811 Abs. 1 Nr. 5 Zivilprozessordnung (ZPO) bestimmt. Soweit der Treuhänder auch die "Freigabe" der aus dem Geschäftsbetrieb resultierenden Forderungen im Schreiben vom 09.12.2008 bestätigt, liegt hierin ebenfalls keine "echte" Freigabe. Die "echte" Freigabe muss einen endgültigen Verzicht des Insolvenzverwalters auf den betreffenden Gegenstand zum Inhalt haben und dies unmissverständlich ausdrücken (vgl. BGH, Urt. v. 29.05.1961, VII ZR 46/60, BGHZ 35, 180-185; OLG Nürnberg, Urt. v. 25.05.2000, 13 U 3867/99, NZI 2001, 91). Eine Freigabe an den Insolvenzschuldner zu dessen freier Verfügung liegt danach nicht vor, wenn der Insolvenzmasse der wirtschaftliche Wert des Gegenstandes erhalten bleibt (vgl. hierzu auch Braun, InsO Kom., § 35 Rd. 81; BFH, Urteile vom 24.09.1987, V R 196/83, BStBl II 1987, 873; FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 06.12.2006, 1 K 1950/05, ZInsO 2007, 552). Hiervon ist regelmäßig auszugehen, wenn der Verwertungserlös der Insolvenzmasse zu Gute kommen soll. Die sog. "modifizierte" Freigabe führt dazu, dass der Gegenstand in der Insolvenzmasse verbleibt (vgl. zum Ganzen BFH, Urteile v. 24.09.1987, a. a. O.; Urt. v. 12.05.1993, XI R 49/90, BFH/NV 1994, 274, m. w. N.).
Unter Anwendung dieser Grundsätze gehören die Vergütungsforderungen des Antragstellers nach wie vor zur Insolvenzmasse. Die Freigabeerklärung des Insolvenzverwalters ist nicht so zu verstehen, dass das vom Antragsteller durch die Führung seines Gewerbebetriebs neu erworbene Vermögen dauerhaft aus der Insolvenzmasse gelöst ist. Im Schreiben vom 18.08.2008 hat der Treuhänder lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er den Betrieb des Antragstellers aus der Insolvenzmasse freigegeben hat. Dass demgegenüber alle Vermögensgegenstände einschließlich künftiger Forderungen, die der Antragsteller im Zuge der Ausübung des Gewerbebetriebes erlangt, nicht mehr vom Insolvenzbeschlag erfasst sein sollen, geht dagegen aus dem Schreiben des Treuhänders nicht hervor. Ebenso wenig ist der Erklärung des Treuhänders zu entnehmen, dass der wirtschaftliche Wert der vom Antragsteller in Zukunft erworbenen Vermögensgegenstände der Insolvenzmasse nicht mehr zu Gute kommen soll. Die vom Treuhänder geforderte Abführung der pfändbaren Teile der Einkünfte des Antragstellers wäre überflüssig und sinnlos, wenn der Treuhänder eine vollständige Freigabe des Neuerwerbs erklärt hätte. Auch aus dem erst im Gerichtsverfahren vorgelegten Schreiben des Treuhänders vom 09.12.2008 folgt keine vollständige Freigabe des Neuerwerbs, da sie nur die Aktivlegitimation des Antragstellers umfasst. Schließlich ist auch kein vernünftiger Grund ersichtlich, weshalb der Treuhänder eine "echte" Freigabe hätte erklären sollen, da der Neuerwerb aufgrund seiner Zugehörigkeit zur Insolvenzmasse der Befriedigung der Insolvenzgläubiger dienen kann.
Die Antragsgegnerin kann auch nicht mit Erfolg einwenden, sie habe die Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008 mit einer Überzahlung für das zweite Quartal 2008 verrechnet. Zwar hat sie grundsätzlich nach § 6 Abs. 6 der Abrechnungsrichtlinien die Möglichkeit bei wesentlichen Überzahlungen den überzahlten Betrag sofort mit fälligen Ansprüchen des Leistungserbringers zu verrechnen. Dies setzt jedoch das Bestehen einer Überzahlung voraus, was vorliegend nicht der Fall ist. Denn die Antragsgegnerin ist jedenfalls nicht befugt die Abschlagszahlung an die N. GmbH für den Monat Juni 2008 im Rahmen der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2008 in Abzug zu bringen.
Die Antragsgegnerin hat (jedenfalls) für den Monat Juni 2008 zu Unrecht Leistungen an die N. GmbH erbracht. Wie oben gezeigt ist die Abtretung der Forderungen an die N. GmbH hinsichtlich der Dienstleistungen, die erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, gem. § 91 Abs. 1 InsO unwirksam. Die Antragsgegnerin konnte dabei nicht über § 82 InsO mit befreiender Wirkung an die N. GmbH leisten, da es sich insoweit schon nicht um eine Leistung "an den Schuldner" im Sinne dieser Vorschrift handelt (Ott/Vuia in MüKom, InsO, § 82 Rd. 3d). Auf die Frage, ob die Antragsgegnerin im Zeitpunkt der Leistung von der Eröffnung des Insolvenzverfahrens wusste, kommt es demnach in diesem Zusammenhang nicht an.
Die Antragsgegnerin erfährt als Schuldnerin dagegen grundsätzlich Schutz über § 409 BGB, sofern sie an den neuen Gläubiger (Zessionar) leistet, obwohl die Abtretung nicht wirksam ist. Danach muss der alte Gläubiger (Zedent) dem Schuldner gegenüber die angezeigte Abtretung gegen sich gelten lassen, auch wenn sie nicht erfolgt ist oder nicht wirksam ist, sofern der Zedent dem Schuldner anzeigt, dass er die Forderung abgetreten hat. Nach § 409 Abs. 1 S. 2 BGB steht es der Anzeige gleich, wenn der Zedent eine Urkunde über die Abtretung dem in der Urkunde bezeichneten Zessionar ausgestellt hat und dieser sie dem Schuldner vorlegt. Vorliegend ist die Abtretung hinsichtlich der Forderungen, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind, unwirksam (vgl. oben). Auch hat der Antragsteller der Antragsgegnerin die Abtretung mit Schreiben vom 23.10.2003 angezeigt. Diese Anzeige wurde auch bislang nicht wirksam zurückgenommen, da hierfür die Zustimmung des Zessionars erforderlich ist (§ 409 Abs. 2 BGB). In den Schreiben der N. GmbH vom 16.07.2008 und 08.09.2008 ist eine solche Zustimmung gerade nicht zu erblicken. Auch dürfte eine mögliche positive Kenntnis der Antragsgegnerin von der Unwirksamkeit der Abtretung der schuldbefreienden Wirkung der Leistung an die N. GmbH nicht entgegenstehen. Denn der Schutz des § 409 BGB entfällt noch nicht, wenn der Schuldner die Unwirksamkeit der Abtretung bei Vorlage der Urkunde über die Abtretung oder später kennt (vgl. RG, Urt. v. 12.11.1929, VII 188/29, RGZ 126, 183, 185; BGH Urt. v. 06.04.1956, I ZR 159/54, BB 1956, 639). Nur in besonders qualifizierten Fällen ist der Schuldnerschutz des § 409 BGB bei Kenntnis der Unwirksamkeit der Abtretung zu versagen, etwa wenn der Schuldner in Kenntnis der Unwirksamkeit der Abtretung arglistig (RG, Urt. v. 12.11.1929, a. a. O.) oder in Kollusion mit dem Zessionar handelt (Roth, MüKom, BGB, § 409 Rd. 12). Ein solcher Fall liegt hier nicht vor. Offen bleiben kann die Frage, ob darüber hinaus dann der Schutz des Schuldners zu versagen ist, wenn die Nichtberechtigung des Zessionars "offen zu Tage liegt" (Palandt, BGB Kom., § 409 Rd. 5 und Busche in Staudinger, BGB Kom., § 409 Rd. 30 m. w. N.). Denn jedenfalls setzt die Anwendung des § 409 BGB den Bestand einer Forderung voraus (vgl. Roth in MüKom, BGB, § 409 Rd. 10), an der es vorliegend zumindest für den Monat Juni 2008 fehlt. Der Antragsteller stand in der Zeit ab der Bekanntgabe des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 08.05.2008 (Entziehung der Zulassung) bis zur Bekanntgabe des Beschlusses des Sozialgerichts vom 24.07.2008 (Aufhebung der Anordnung der sofortigen Vollziehung) nicht im Abrechnungsverkehr mit der Antragsgegnerin. Nach den Angaben des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers hat der Antragsteller erst wieder nach Aufhebung des Sofortvollzugs die vertragsärztliche Tätigkeit aufgenommen. Damit hatte der Antragsteller zumindest für den gesamten Monat Juni 2008 keinen Anspruch auf eine Abschlagzahlung nach den oben genannten Rechtsgrundlagen. Mithin bestand auch keine Forderung, die hätte abgetreten werden können. Die Abtretung ging insoweit ins Leere. Leistet der vermeintliche Schuldner in einem solchen Fall trotzdem an den Zessionar, so geht dies allein zu Lasten des vermeintlichen Schuldners. Er kann sich dabei nicht auf den Schutz des § 409 BGB berufen.
Die Antragsgegnerin kann daher zumindest die Zahlung an die N. GmbH für Juni 2008 im Rahmen der Honorarabrechnung für das zweite Quartal 2008 nicht zum Abzug bringen, so dass sich für das zweite Quartal 2008 auch keine Überzahlung ergibt, mit der die Antragsgegnerin hätte verrechnen können.
Die Antragsgegnerin kann auch keine Anpassung der Abschlagszahlung nach § 6 Abs. 5 der Abrechnungsrichtlinie mit dem Argument geltend machen, sie sei vom Antragsteller nicht über die Eröffnung des Insolvenzverfahrens informiert worden. Ungeachtet der tatsächlichen Frage, ob dies zutrifft, kann die Antragsgegnerin jedenfalls keine Anpassung der Abschlagszahlung vornehmen, da sich aus der Eröffnung des Insolvenzverfahrens selbst keine Minderung und auch kein Ausschluss des Anspruchs auf Zahlung einer Abschlagszahlung ergibt. Für eine Anpassung der Abschlagszahlung ist demnach hier kein Raum.
Dem Anspruch des Antragstellers auf Zahlung eines Abschlags stehen schließlich auch nicht die Einzelvollstreckungsmaßnahmen der Gläubiger S. und P. entgegen. Nach § 88 InsO wird eine Sicherung an dem zur Insolvenzmasse gehörenden Vermögen des Schuldners mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unwirksam, wenn ein Insolvenzgläubiger diese im letzten Monat vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens oder nach diesem Antrag durch Zwangsvollstreckung erlangt hat. Wie oben dargelegt gehören die Vergütungsforderungen nach wie vor zur Insolvenzmasse. Die hier streitgegenständliche Abschlagszahlung für Oktober 2008 ist zudem erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden (vgl. oben), so dass die Pfandrechte vorliegend keine Wirkung entfalten können (vgl. Kroth in Braun, InsO Kom, § 88 Rd. 5).
Der Antragsteller hat damit Anspruch auf Zahlung einer Abschlagszahlung für den Monat Oktober 2008.
3.2.2. Die Höhe der Abschlagszahlung berechnet sich aus 25 % der Gesamtsumme der Vergütungen (abzgl. Praxisgebühren und Verwaltungskosten) des vergleichbaren Quartals des Vorjahres. Aus den glaubhaft gemachten - und insoweit unbestrittenen - Angaben des Antragstellers ergibt sich demnach eine Abschlagszahlung in Höhe von 15.937,04 EUR (1/4 von 63.748,15 EUR).
Dem Antrag war somit stattzugeben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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