L 9 SO 8/08

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
9
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 10 SO 453/05
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 9 SO 8/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung als einer Maßnahme nach § 40 Abs. 1 Nr. 4
Bundessozialhilfegesetz (BSHG) - bis einschließlich dem 31.12.2004 - und seither als eine Leistung der
Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch, Zwölftes Buch (SGB XII) umfasst auch
heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und
Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den
Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglich oder zu erleichtern.
Da der Begriff der Schulbildung bei geistig behinderten Kindern und Jugendlichen weit zu verstehen ist, kann
dazu auch der Besuch eines sozialpädagogischen Horts zählen, sofern dort Maßnahmen erfolgen, die den
Schulbesuch erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen.
Auch unter Berücksichtigung dessen, dass bei einer Vielzahl behinderter Schulkinder die Lerninhalte, die
unter "allgemeiner Schulbildung" zu verstehen sind, nicht verwirklicht werden können, muss bei den die
Schule begleitenden Maßnahmen noch ein Mindestmaß an Lernfähigkeit bezogen auf schulische Lerninhalte
gegeben sein. Ist das nach den intellektuellen Fähigkeiten des Betroffenen nicht möglich, sind Hilfeleistungen
nicht ohne Berücksichtigung vorhandenen Vermögens zu erbringen.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. März 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte die Kosten der von der Klägerin in Anspruch genommenen Hortbetreuung als Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfe zur angemessenen Schulbildung ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu übernehmen hat.

Die am 1992 geborene Klägerin ist Epileptikerin und geistig behindert; sie besucht vormittags die F -Schule, eine Schule für geistig Behinderte in F. Nach dem Schulbesuch wird sie am Nachmittag im sonderpädagogischen Hort der Lebenshilfe in F betreut, die zur Förderung des Personenkreises geistig behinderter Kinder und Jugendlicher mit der F -Schule eng zusammen arbeitet. Wegen der in Anspruch genommenen Hortbetreuung hatte der Vater der Klägerin bereits am 22. November 2000 bei dem Beklagten einen Antrag gestellt, die Kosten der Betreuung einschließlich der Beförderungskosten aus Mitteln der Sozialhilfe nach den Bestimmungen des Bundessozialhilfegesetzes (– BSHG –) zu übernehmen. Das Gesundheitsamt des Beklagten erhob bei der Klägerin am 11. Dezember 2000 den Befund einer geistigen Behinderung, die mit Selbstgefährdungstendenzen und Aggressivität einhergehe; die Klägerin könne auch für kurze Zeit nicht sich selbst überlassen bleiben.

Nach Rücknahme des Hilfeantrags im Hinblick auf einzusetzendes Vermögen wurde ein entsprechender Antrag am 3. Oktober 2001 erneut gestellt und durch den Bescheid des Beklagten vom 14. November 2001 positiv beschieden: Die Leistungsgewährung bis zum 31. Oktober 2002 stützte der Beklagte auf §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 1 BSHG. Mit dem weiteren Bescheid vom 13. Januar 2003 gewährte der Beklagte die aus Anlass der Unterbringung und Betreuung der Klägerin im Hort der Lebenshilfe F entstehenden Kosten für den Folgezeitraum bis zum 31. Oktober 2004 im Rahmen der Eingliederungshilfe gemäß §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 3 BSHG.

Am 4. September 2004 stellte die Klägerin bei dem Beklagten einen Weitergewährungsantrag auf Eingliederungshilfe nach dem BSHG. Der Beklagte wies die Eltern der Klägerin mit Schreiben vom 4. April 2005 darauf hin, dass die beantragte Eingliederungshilfe bis zum 31. Dezember 2004 nach den Bestimmungen des BSHG und ab dem 1. Januar 2005 nach den Bestimmungen des Sozialgesetzbuches, Zwölftes Buch (– SGB XII ), gewährt werden könne, allerdings einkommens- und vermögensabhängig sei. Nach Auswertung der von den Eltern gemachten Angaben sei beabsichtigt, die Gewährung der Eingliederungshilfe bis zum Verbrauch des Vermögensüberhangs abzulehnen. Unter Hinweis auf einzusetzendes Vermögen der Eltern lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 26. Mai 2005 den Weitergewährungsantrag der Klägerin ab.

Diesem Bescheid widersprach die Klägerin am 8. Juni 2005. Zur Begründung ihres Widerspruchs führte sie im Wesentlichen aus, dass sie Hilfe zu einer angemessenen Schulausbildung gemäß § 92 Abs. 2 Nr. 2 SGB XII erhalte. Nach dieser Vorschrift seien die Leistungen ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu erbringen. Am 23. August 2005 reichte die Klägerin eine Bescheinigung der F -Schule ein, nach der die Betreuung durch die Lebenshilfe eine wichtige Ergänzung zur schulischen Förderung darstelle. Durch den Besuch beider Einrichtungen habe sie in allen Förderbereichen deutliche Entwicklungsfortschritte erzielen können. Würde sie aus dem sonderpädagogischen Hort herausgenommen, seien Rückschritte in ihrer Entwicklung zu befürchten.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. September 2005 wies der Beklagte den Widerspruch der Klägerin im Wesentlichen aus den Gründen des angefochtenen Bescheids zurück: Unter Berücksichtigung der Vermögenswerte der Familie (Bausparvertrag, Lebensversicherung) werde sowohl der sich nach dem BSHG ergebende Schonbetrag in Höhe von 3.427, EUR als auch der Vermögensschonbetrag nach dem SGB XII in Höhe von 3.726, EUR überschritten. Es könne auch keine Leistungsgewährung ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen gemäß § 43 Abs. 2 BSHG bis zum 31. Dezember 2004 und ab dem 1. Januar 2005 gemäß § 92 Abs. 2 Satz 2 SGB XII erfolgen, da keine der in § 43 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 2–8 BSHG bzw. § 92 Abs. 2 Satz 1 Nrn. 1–8 SGB XII genannten Maßnahmen durchgeführt werde. Insbesondere stelle die nachmittägliche Betreuung der Klägerin im sonderpädagogischen Hort keine Hilfe zur angemessenen Schulbildung (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BSHG, § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XII) dar. Es handele sich um eine Maßnahme zur Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft (§ 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BSHG, § 54 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 55 SGB IX). Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung betreffe den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht einschließlich weiterführender Schulen. Zwar umfasse § 12 der Eingliederungshilfeverordnung ( EGHVO –) auch heilpädagogische sowie sonstige Leistungen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher; jedoch müsse die betreffende Maßnahme erforderlich und geeignet sein, den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Dies sei hier nicht der Fall. Nach den für die Hilfegewährung maßgebenden Entwicklungsberichten der betreuenden Einrichtung vom 26. September 2002 und 4. November 2004 liege die Zielsetzung der pädagogischen Betreuung im lebenspraktischen Bereich (beispielsweise Zähneputzen, Beherrschung der Kulturtechnik, Nahrungsaufnahme, Toilettentraining und Mobilität). Auch in den amtsärztlichen Gutachten vom 28. Oktober 2002 und vom 17. November 2004 werde bestätigt, dass die weitere Betreuung im sonderpädagogischen Hort zur Teilnahme am Leben in der Gesellschaft notwendig sei und durch die Förderung langsame Fortschritte im lebenspraktischen Bereich gemacht worden seien. Eine spürbare Verbesserung oder Erleichterung des Schulbesuchs durch die Hortbetreuung sei nicht erkennbar, obwohl nicht verkannt werde, dass sich eine Förderung behinderter Kinder auf alle Lebensbereiche auswirke. Maßgeblich sei der individuelle Hilfebedarf, nicht die in der Leistungsvereinbarung niedergelegten Ziele der Einrichtung. Außerdem ergebe sich aus dieser Vereinbarung nicht, dass die Betreuung zwingend als Maßnahme zur angemessenen Schulbildung anzusehen sei.

Gegen diesen Widerspruchsbescheid hat die Klägerin am 22. September 2005 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Bei dem Besuch des sonderpädagogischen Hortes handele es sich um eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung, für die kein Vermögen einzusetzen sei. Dort erfolge die Nachbereitung und Intensivierung von Elementen schulischer Förderung, insbesondere werde die Wortschatzerweiterung besonders gefördert. Der Sonderschulrektor könne bestätigen, dass sie - die Klägerin - durch den Besuch beider Einrichtungen deutliche Entwicklungsfortschritte gemacht habe. Durch den Besuch des sonderpädagogischen Hortes werde sie in die Lage versetzt, die Schule erfolgreicher zu besuchen. Dies belege, dass es sich bei dem Besuch des sonderpädagogischen Hortes um eine Hilfe zur angemessenen Schulbildung handele und Vermögen danach nicht einzusetzen sei.

Die Klägerin hat beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfe zur angemessenen Schulbildung im Sinne von § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB XI zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des Senats im Beschluss vom 2. August 2007 (Az.: L 9 B 349/07 PKH) in einem vergleichbar gelagerten Fall genüge es für die Annahme des Vorliegens einer Hilfe zur angemessenen Schulbildung nicht, wenn die betreffende Maßnahme lediglich der Förderung der lebenspraktischen Fähigkeiten der Klägerin diene und ihr hierdurch auch der Besuch der Schule erleichtert werde. Vorliegend diene der Hortbesuch der Klägerin in erster Linie der Entlastung der Eltern.

Um den zu Grunde zu legenden Sachverhalt näher aufzuklären, hat das Sozialgericht die für die Klägerin aufgestellten Förder- und Hilfepläne ab November 2004 sowie die sie betreffenden Entwicklungsberichte eingeholt und ausgewertet; wegen der Einzelheiten wird auf den Inhalt der Hilfe- und Förderpläne sowie der Entwicklungsberichte verwiesen.

Das Sozialgericht hat zu den schulischen Auswirkungen des Hortbesuchs durch die Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. März 2008 Beweis erhoben durch Vernehmung des Sonderschulrektors G als Zeugen; wegen des Inhalts seiner Aussage wird auf die zur Gerichtsakte genommene Sitzungsniederschrift vom 11. März 2008 verwiesen.

Mit Urteil vom selben Tag hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Klägerin keinen Anspruch auf die Übernahme der Kosten der von ihr in Anspruch genommenen Hortbetreuung als Hilfe zur angemessenen Schulbildung habe. Um eine solche Maßnahme handele es sich bei der Betreuung der Klägerin im sonderpädagogischen Hort der Lebenshilfe nicht. Bei dem gegenüber dem Beklagten als Sozialhilfeträger geltend gemachten Hilfeanspruch sei der sozialhilferechtliche Nachranggrundsatz (§ 2 SGB XII) zu beachten. Nach schleswig-holsteinischem Schulrecht sei es Aufgabe des Schulträgers, sonderpädagogischen Förderbedarf abzudecken. Sei dieser seiner Verpflichtung nicht hinreichend nachgekommen, wäre die fehlende Hilfe primär gegenüber dem Schulträger, nicht aber gegenüber dem Sozialhilfeträger einzufordern gewesen. Dies habe die Klägerin unterlassen. Im Übrigen sei die Hortbetreuung auch nicht erforderlich, um der Klägerin den Schulbesuch zu erleichtern. Nach der Aussage des Zeugen G seien, bezogen auf die Klägerin, kognitive Fähigkeiten nicht in einem solchen Ausmaß vorhanden, dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt sei und die sozialpädagogische Förderung zu einer noch zu erreichenden gewissen Schulbildung der Klägerin führen könne. Diese Einschätzung werde durch den im Termin übergebenen Entwicklungsbericht bestätigt.

Gegen dieses ihr am 1. April 2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 22. April 2008 Berufung bei dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt, zu deren Begründung sie ausführt: Die Leistungsgewährung sei bis zum 31. Oktober 2004 auf der Grundlage des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BSHG erfolgt. Hierbei handele es sich um Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung einschließlich der Vorbereitung hierzu. Es sei nicht ersichtlich, warum der Beklagte den Besuch des sonderpädagogischen Hortes gegenüber der früheren Leistungsgewährung anders bewerte. Im Vergleich zu den tatsächlichen Verhältnissen vor dem 31. Oktober 2004 sei keine Änderung eingetreten. Sie - die Klägerin - unterliege vom 1. August 1998 bis zum 31. Juli 2007 der in Schleswig-Holstein geltenden neunjährigen Schulpflicht. Für die Erfüllung dieser Schulpflicht komme es weder auf Lernfortschritte noch auf das Erreichen bestimmter Abschlüsse an. Es könne ihr nicht angelastet werden, dass die Verpflichtung zur sozialpädagogischen Förderung nach den Ausführungen des Zeugen G nur unzureichend nachgekommen worden sei. Sie habe diese bis zum 31. Oktober 2004 durch den Beklagten erhalten und keine Veranlassung gehabt, den Schulträger anzugehen. Der Beklagte habe beim Schulträger keine Erstattungsansprüche angemeldet. § 12 Ziff. 1 EGHVO beziehe sich auch darauf, dass dem behinderten Menschen der Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht ermöglicht werden solle. Das Sozialgericht lege diese Vorschrift zu eng aus, wenn es lediglich darauf abstelle, dass es sich nicht davon habe überzeugen können, dass die Hortbetreuung erforderlich sei, um ihr - der Klägerin - den Schulbesuch zu erleichtern. Der Begriff der Schulbildung sei bei geistig und seelisch zurückgebliebenen Kindern weit zu fassen. Der Zeuge G habe ausgeführt, dass er bei ihr Lernfortschritte wahrgenommen habe. Sie könne Anweisungen mit mehreren Aufgaben ausführen, auch seien Fortschritte im motorischen Bereich zu verzeichnen. Solche Fähigkeiten seien für die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit in einer Werkstatt für Behinderte von wesentlicher Bedeutung. Wenn sie - die Klägerin - im sonderpädagogischen Hort der Lebenshilfe entsprechend gefördert werde, dann gehe dies über die Förderung lebenspraktischer Fähigkeiten hinaus. Der Hort der Lebenshilfe arbeite mit der F -Schule eng zusammen und ergänze das schulische Angebot.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 11. März 2008 sowie den Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2005 in Ge¬stalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2005 aufzuheben, und den Beklagten zu verurteilen, ihr – der Klägerin – Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfe zur angemessenen Schulbildung ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen zu gewähren.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für nicht zu beanstanden. Das Sozialgericht habe die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsvorgänge des Beklagten. Diese haben dem Senat vorgelegen und sind Gegen¬stand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig; sie ist jedoch nicht begründet.

Die Klägerin hat gegen den Beklagten keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen der Eingliederungshilfe als Hilfe zur angemessenen Schulbildung ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen. Das Sozialgericht hat in dem angefochtenen Urteil insbesondere auch nach den durch die Vernehmung des Zeugen G gewonnenen Erkenntnissen und den daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen zutreffend entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 26. Mai 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8. September 2005 nicht zu beanstanden ist. Den diesbezüglichen Ausführungen schließt sich der Senat nach eigener Überprüfung an und verweist insofern zunächst gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (- SGG -) auf die dortigen Entscheidungsgründe.

Auch im Hinblick auf das Berufungsvorbringen hat die Klägerin keinen Anspruch darauf, dass der Beklagte die Kosten der von ihr in Anspruch genommenen Hortbetreuung als Hilfe zur angemessenen Schulbildung im Sinne von § 12 Ziff. 1 EGHVO gemäß § 43 Abs.2 BSHG bis zum 31. Dezember 2004 und ab dem 1. Januar 2005 gemäß § 92 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. Satz 2 SGB XII ohne Berücksichtigung vorhandenen Vermögens übernimmt. Der Beklagte hat den von der Klägerin am 4. September 2004 gestellten Weitergewährungsantrag materiell-rechtlich zutreffend beschieden, insbesondere im Widerspruchsbescheid vom 8. September 2005 die bei der Entscheidung über den Antrag zu beachtenden Rechtsgrundlagen im einzelnen zutreffend angegeben und auch angewandt; der Senat nimmt Bezug auf die dortigen Ausführungen.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens (§ 128 Abs. 1 SGG) ist der Senat davon überzeugt, dass der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch unter Berücksichtigung des zu beachtenden sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes (vgl. § 2 BSHG, § 2 Abs. 1 SGB XII) nicht besteht. Dass der Beklagte die Kosten der sozialpädagogischen Hortbetreuung der Klägerin in der Vergangenheit vom 1. November 2001 bis einschließlich dem 31. Oktober 2004 übernommen hat, ist kein Gesichtspunkt, aus dem heraus er verpflichtet werden könnte, der Klägerin über den 31. Oktober 2004 hinaus bis zur Erfüllung der in Schleswig-Holstein geltenden neunjährigen Schulpflicht die begehrte Eingliederungshilfe weiter zu gewähren. Nach Ablauf des Bewilligungszeitraums am 31. Oktober 2004 oblag dem Beklagten aufgrund der Antragstellung vom 4. September 2004 erneut zu prüfen, ob die Voraussetzungen einer Leistungsbewilligung bei der Klägerin weiterhin – und ohne Berücksichtigung von vorhandenem Vermögen – vorlagen. Nach der geltenden Rechtslage ist die Verpflichtung, sozialpädagogischen Förderbedarf abzudecken, eine Verwaltungsaufgabe, die das Schleswig-Holsteinische Schulrecht dem Schulträger zugewiesen hat (§§ 45, 48 Abs. 2, insb. Nr. 9 SchulG; § 2 der Landesverordnung über sozialpädagogische Förderung vom 19. Juni 2002). Daraus folgt, dass im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 39 Abs. 1 BSHG (bis zum 31. Dezember 2004) und nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII (ab dem 1. Januar 2005) regelmäßig solche Leistungen vom Sozialhilfeträger nicht verlangt werden können, die gesetzlich vom Schulträger zu erfüllen sind (OVG Bremen, Beschluss vom 10. Dezember 1998 zum Az.: 2 BB 421/98, NordÖR 1999, 197 im Anschluss an den VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 3. Juli 1997 zum Az.: 6 S 9/97, FEVS 48, 228, 231). Auf Befragen des Prozessbevollmächtigten der Klägerin im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 6. Oktober 2008 hat dieser gegenüber dem Senat bestätigt, keinen entsprechenden Leistungsantrag gegenüber dem Schulträger gestellt zu haben. Dass ein dort vorgebrachter Anspruch nicht realisierbar gewesen und der Sozialhilfeträger deshalb trotz des Nachranggrundsatzes zuständig geblieben ist, kann nach dem klägerseits ausgebliebenen Vorbringen, hinsichtlich des Leistungsbegehrens gegenüber dem Schulträger erfolglos geblieben zu sein, nicht angenommen werden. Ferner lassen auch frühere – ohne Vermögensanrechnung erfolgte -Leistungsgewährungen den Sozialhilfeträger nicht an die Stelle des eigentlich zuständigen Schulträgers treten. Der Schulträger ist wegen der ihm nach den schulrechtlichen Vorschriften obliegenden Pflicht, sozialpädagogischen Förderbedarf, der bei der Klägerin wegen ihrer geistigen Behinderung unverkennbar gegeben ist, aus seinen Mitteln abzudecken, von der Erfüllung dieser Pflicht im Hinblick auf die frühere Leistungsgewährung auch nicht entbunden. Geistig – in einem Ausmaß wie die Klägerin - behinderte Schulkinder sind nach den für den Senat ohne Weiteres nachvollziehbaren Ausführungen des vom Sozialgericht vernommenen Zeugen G nicht in der Lage, ihren Tag selbst zu strukturieren und sich zu organisieren; sie müssen dazu angeleitet werden. So ist die Klägerin nicht in der Lage, solche Inhalte von zuhause aufzunehmen und mühelos zu erlernen. Der Zeuge G hat hierzu ausgeführt, dass es für die Klägerin schon ein schwieriger Prozess ist, banale Alltagsdinge zu behalten, beispielsweise die eigenen Schuhe wieder zu erkennen. Grundsätzlich gehört sie hiernach dem Kreis der in § 12 Ziff. 1 EGHVO genannten Leistungsberechtigten an, die Eingliederungshilfe zu einer angemessenen Schulbildung beanspruchen können. Sie hat – bei entsprechendem Bedarf – einen Anspruch auf Hilfen, soweit sie erforderlich und geeignet sind, ihr den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Unter Berücksichtigung des hier zu beachtenden sozialhilferechtlichen Nachranggrundsatzes hat das Sozialgericht in seinem Urteil zutreffend hervorgehoben, dass bei Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung in erster Linie der Schulträger eintrittspflichtig ist (unter Hinweis auf die Kommentierung bei Wahrendorf, in: Grube/Wahrendorf, Sozialhilfe, Kommentar, 2. Aufl., Rdnr. 22 zu § 54 SGB XII). Der Senat folgt dem Sozialgericht in seiner Entscheidung: Sozialhilfe (hier: Eingliederungshilfe) kann nicht beansprucht werden, wenn ein anderer Leistungsträger (hier: der Schulträger) vorrangig eintrittspflichtig ist.

Unter Zugrundelegung der Aussage des Zeugen G ist zwar denkbar, dass der Schulträger den ihm obliegenden schulischen Aufgaben nicht hinreichend nachgekommen ist; selbst wenn die begehrte Hilfe vom zuständigen Schulträger danach tatsächlich nicht geleistet wurde, sind die Rechtsausführungen des Sozialgerichts nicht zu beanstanden. Die Klägerin war gehalten, ihren Förderungs- und Betreuungsanspruch gegenüber der Schulverwaltung zu verfolgen. Die Klägerin war nicht gehindert, einen entsprechenden Leistungsanspruch gegenüber dem Schulträger geltend zu machen. Dass sie dies unterlassen hat, beruht auf Entschlüssen in ihrer Verantwortungssphäre, die sie nicht dem Beklagten anlasten kann.

Der Senat pflichtet dem Sozialgericht im Übrigen darin bei, dass die nachmittägliche Betreuung der Klägerin im sozialpädagogischen Hort der Lebenshilfe nicht erforderlich und geeignet ist, der Klägerin den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu erleichtern – oder diesen sogar erst zu ermöglichen. Das Sozialgericht hat hierzu die in dem Beschluss des Senats vom 2. August 2007 (Az.: L 9 B 349/07 SO PKH) für die Abgrenzung von Hilfen zu einer angemessenen Schulbildung und – den hier vorliegenden - Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft aufgezeigten Kriterien zutreffend geprüft und angewandt. Der Senat hat wegen des hier zu entscheidenden Rechtsstreits keine Veranlassung gesehen, von den von ihm als maßgeblich erkannten Abgrenzungskriterien abzurücken oder diese zu modifizieren.

Vorliegend sprechen die dem Gericht in Kopie überlassenen Förderpläne der F -Schule, in der die Klägerin eingeschult ist, nicht dafür, dass die Betreuung im Hort der Lebenshilfe, die der Klägerin im Rahmen der Eingliederungshilfe seitens des Beklagten gewährt wird, in der Zeit vom 1. November bis einschließlich dem 31. Dezember 2004 eine Maßnahme nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BSHG – Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung – gewesen und seither eine Leistung der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XII ist. Im Sinne der vorgenannten Vorschriften umfasst Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung nach § 12 Ziff. 1 EGHVO auch heilpädagogische sowie sonstige Maßnahmen zugunsten körperlich und geistig behinderter Kinder und Jugendlicher, wenn die Maßnahmen erforderlich und geeignet sind, dem behinderten Menschen den Schulbesuch im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht zu ermöglichen oder zu erleichtern. Der Senat hat in dem Beschluss vom 2. August 2007 (a. a. O.) darauf hingewiesen, dass bei geistig und seelisch zurückgebliebenen Kindern und Jugendlichen der Begriff der Schulbildung sehr weit gefasst wird, wobei die Art der Behinderung nicht außer Acht gelassen werden kann und § 4 Abs. 3 Sozialgesetzbuch, 9. Buch (-SGB IX-), zu berücksichtigen ist. Allerdings ist weder im BSHG noch im SGB XII eine Definition enthalten, was unter einer angemessenen Schulbildung zu verstehen ist. Wahrendorf (a. a. O., Rdnr. 21 zu § 54 SGB XII), dem sich der Senat in dieser Hinsicht anschließt, umschreibt den Begriff als eine im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht üblicherweise erreichbare Bildung (vgl. § 12 Ziff. 2 EGHVO). Die Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung muss dieses Ziel verfolgen. Der Erreichung dieses Ziels muss durch unterstützende Hilfe seitens der Sozialhilfe Rechnung getragen werden, indem beispielsweise Nachhilfeunterricht gewährt oder ein Integrationshelfer zur Verfügung gestellt wird. Da der Begriff der Schulbildung bei geistig behinderten Kindern und Jugendlichen weit zu verstehen ist, kann dazu auch der Besuch eines sozialpädagogischen Horts zählen, sofern dort Maßnahmen erfolgen, die den Schulbesuch erleichtern oder überhaupt erst ermöglichen, wie beispielsweise die Hausaufgabenbetreuung im Wege einer Anleitung, Hilfestellung und Kontrolle der Hausaufgabenerledigung (vgl. Beschluss des Senats vom 2. August 2007, a. a. O., S. 4). Dass die Betreuung speziell auf die schulischen Maßnahmen abgestimmt ist und zu einer noch zu erreichenden gewissen Schulbildung führt, ist dabei aber immer der Ausgangspunkt.

Das ist vorliegend nicht der Fall. Bereits die Auswertung der im zeitlichen Längsschnitt über die Klägerin vorliegenden Entwicklungsberichte von Dezember 2003 bis November 2007 (vgl. Entwicklungsberichte vom 13. Oktober 2004, 24. November 2005 und 19. November 2007) zeigt auf, dass der Schwerpunkt der Hortbetreuung der Klägerin zu jeder Zeit darin gelegen hat, ihre lebenspraktischen Fähigkeiten zu verbessern. So zeigt der Entwicklungsbericht vom 13. Oktober 2004 auf, dass bei der Klägerin ein deutlicher Entwicklungsrückstand in allen Bereichen vorliegt, und zwar im motorischen, dem sozial-emotionalen sowie dem lebenspraktischen Bereich. Die Klägerin zeigte sich insbesondere in ihrer Sprachentwicklung erheblich verzögert. Weiter wurde ausgeführt, dass die Klägerin erhebliche Mühe hatte, sich auf die Einnahme des Mittagessens zu konzentrieren. Darauf und auf die Förderung ihrer Konzentrationsfähigkeit sowie auf die Einübung von Bewegungsabläufen musste das Hauptaugenmerk in ihrer Betreuung gerichtet werden. Sowohl der Entwicklungsbericht vom 24. November 2005 als auch der Entwicklungsbericht vom 19. November 2007 bekräftigen die bei der Klägerin vorliegenden Entwicklungsrückstände in allen Bereichen, wenngleich dort beschrieben wird, dass die Klägerin während der jeweiligen Berichtszeiträume selbstbewusster in der Interaktion und der Kommunikation geworden ist. Die Berichte zeigen insgesamt, dass zwar ein regelmäßiger Kontakt zwischen dem sonderpädagogischen Hort und der Schule stattgefunden hat, die schulischen Inhalte und deren mögliche Unterstützung durch den Hort aber nicht im Vordergrund der Betreuung gestanden haben. Wenn nach den Ausführungen des Zeugen G in der Schule etwa zweimal in der Woche kleinere Hausaufgaben gestellt werden, lässt diese Aussage erkennen, dass die Beschäftigung mit schulischen Inhalten allein schon in zeitlicher Hinsicht keine die Betreuung im Hort prägende Bedeutung haben kann. Den Entwicklungsberichten, die über die Klägerin vorliegen, ist überdies zu entnehmen, dass alle bisherigen Betreuungsmaßnahmen dort wesentlich das Ziel hätten bzw. haben, die gering ausgeprägten lebenspraktischen Fähigkeiten der Klägerin zu fördern.

Auch die Betreuung in der Schule ist im Wesentlichen hierauf ausgerichtet. So weist der Förderplan für das Schuljahr 2004/05 aus, dass zunächst drei wiederkehrende Tätigkeiten erlernt werden sollen: Jacke aus- und anziehen, Tischsets auflegen und Becher zuordnen sowie ein täglicher (selbständig durchzuführender) Toilettengang. Kognitive Fähigkeiten sind kaum entwickelt: Der Klägerin gelang es lediglich – abhängig von Aufforderungen hierzu – Dinge in Büchern und Farben zu zeigen sowie einfache Darstellungen einander zuzuordnen. Die Zuordnung gleicher Elemente, die Ordnung einzelner Elemente nach Farben und Größen sowie die Benennung einzelner Handlungen sollte sie erst noch erlernen. Der aktive Wortschatz der Klägerin ist gering: Sie gebraucht einen Talker, ein Gerät zur klarstellenden Ermöglichung der Kommunikation, um sich gegenüber anderen Menschen sprachlich verständlich äußern zu können. Wie der Zeuge G bei seiner Vernehmung durch das Sozialgericht ausgeführt hat, wird die Klägerin schon die Zahlenräume zwischen 10 und 100 nicht erlernen können. Darüber hinaus weist der Zeuge G darauf hin, dass die Klägerin möglicherweise Jahre benötigen wird, um Lerninhalte sicher bewältigen zu können, die mit denjenigen der ersten Schulklasse vergleichbar sind. Dies macht deutlich, dass die Klägerin nicht in der Lage ist, in der Schule die Lerninhalte zu erwerben, die unter "allgemeiner Schulbildung" zu verstehen sind.

Auch unter Berücksichtigung dessen, dass bei einer Vielzahl behinderter Schulkinder diese Lerninhalte nicht verwirklicht werden können, muss bei den die Schule begleitenden Maßnahmen noch ein Mindestmaß an Lernfähigkeit bezogen auf schulische Lerninhalte gegeben sein. Das ist bei der Klägerin nicht der Fall. Die F -Schule trägt der Behinderung der Klägerin dadurch Rechnung, dass sie ihre Ziele fast ausschließlich auf die Vermittlung lebenspraktischer Fähigkeiten ausrichtet. Aus den über die Klägerin vorliegenden Förderplänen und Entwicklungsberichten ist nicht zu ersehen, dass bei ihr ein Entwicklungspotenzial bezogen auf die "allgemeine Schulbildung" besteht, das insoweit ausbaufähig wäre, Entwicklungsrückstände zu beseitigen oder zu kompensieren, um noch eine Schulbildung zu erwerben, die mit dem Erwerb von Kenntnissen und Fähigkeiten auf der Regelschule vergleichbar ist. Hierzu sind die kognitiven Fähigkeiten der Klägerin einfach zu begrenzt.

Wenn aber schon die Schule die der Klägerin zu vermittelnden Lerninhalte im Wesentlichen darauf ausrichtet, lebenspraktische Fähigkeiten auf lediglich grundlegendem Niveau zu verbessern, und die Eingliederungshilfemaßnahmen auf Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft anpasst, dann kann eine weiter gehende Eingliederungshilfemaßnahme am Nachmittag des jeweiligen Schultags, der Besuch des sonderpädagogischen Horts der Lebenshilfe in F , in der ebenfalls im Wesentlichen die Verbesserung der lebenspraktischen Fähigkeiten der Klägerin erreicht werden soll, nicht als Hilfe zu einer angemessenen Schulbildung angesehen werden. Die Eingliederungshilfeleistungen an die Klägerin sind danach nicht ohne Berücksichtigung vorhandenen Vermögens zu erbringen. Die hierzu in den angefochtenen Bescheiden des Beklagten vorgenommenen Berechnungen und die Ermittlungen zum bestehenden Vermögensüberhang sind nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Abs. 1 und 4 SGG.

Die Voraussetzungen, die Revision durch den Senat nach § 160 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG zuzulassen, sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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