B 2 U 20/01 R

Land
Bundesrepublik Deutschland
Sozialgericht
Bundessozialgericht
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 11 U 124/97
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 17 U 105/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 2 U 20/01 R
Datum
Kategorie
Urteil
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Mai 2001 aufgehoben. Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Gründe:

I

Die Beteiligten streiten wegen der Anerkennung und Entschädigung einer bei dem Kläger bestehenden Lungenfibrose wie eine Berufskrankheit (BK) gemäß § 551 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO).

Der im Jahre 1940 geborene Kläger war von 1958 bis Anfang Februar 1992 in verschiedenen Betrieben als Schweißer an Punktschweißmaschinen und nach dem Lichtbogen- bzw Schutzgasschweißverfahren unter räumlich beengten und schlecht belüfteten Verhältnissen tätig. Er hatte korrosionsgeschützten, chrom-nickelbeschichteten bzw galvanisch verzinkten Stahl mit unlegiertem Zusatzmaterial zu verarbeiten und war dabei bis zur Installation von Schweißrauchabsauganlagen im Jahre 1985 chrom-nickelhaltigem und zinkhaltigem Schweißrauch sowie Verbrennungsrückständen aus Konservierungsmitteln ausgesetzt. Aufgrund von gesundheitlichen Beschwerden stellte er seine Tätigkeit am 4. Februar 1992 ein. Im April 1992 wurde bei ihm eine interstitielle Lungenerkrankung vom Typ einer mäßiggradigen interstitiellen Alveolitis bei einem Verdacht auf "Schweißerlunge" festgestellt und am 19. Juni 1992 BK-Anzeige erstattet. Nachdem der Kläger der ablehnenden Stellungnahme des Gewerbearztes widersprochen hatte, holte die Beklagte ein Gutachten von PD Dr. S. ein, der zu dem Ergebnis kam, bei dem Kläger liege eine entschädigungspflichtige exogen-allergische Alveolitis gemäß Nr 4201 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung vom 20. Juni 1968 idF der Verordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl I S 2343 (BKVO)) vor, die mit größter Wahrscheinlichkeit auf inhalativen Noxen durch die Schweißertätigkeit beruhe und eine Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 50 vH bedinge. Abweichend hiervon gelangten Dr. K. und Dr. V. zu dem Schluss, die Erkrankung des Klägers sei nicht auf seine Berufstätigkeit zurückzuführen.

Durch Bescheid vom 13. Februar 1995 lehnte die Beklagte eine Gewährung von Leistungen wegen einer BK nach Nr 4201 der Anlage 1 zur BKVO ab, weil die bei dem Kläger bestehende Lungenfibrose unabhängig von beruflichen Einwirkungen entstanden sei. Auf den Widerspruch des Klägers hin bat die Beklagte Prof. Dr. L. um Erstattung eines Gutachtens und teilte dazu mit, ihre Hauptverwaltung empfehle derzeit ua aufgrund einer Studie von Dr. Rösler (Institut für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Gießen; s Schiele/Beyer/Petrovitch (Herausgeber), Dokumentationsband über die Verhandlungen der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin, 35. Jahrestagung in Wiesbaden vom 15. bis 18. Mai 1995, S 285 ff), Lungenfibrosen unter bestimmten Umständen wie eine BK anzuerkennen. Prof. Dr. L. lehnte den Gutachtensauftrag ab und wies darauf hin, dass eine gefestigte Lehrmeinung zur Anerkennung des Krankheitsbildes des Klägers wie eine BK nicht bestehe. Der sodann beauftragte Sachverständige Prof. Dr. W. (Leiter des Instituts und Poliklinik für Arbeits- und Sozialmedizin der Universität Gießen, Vorsitzender des Beirats der Sektion Berufskrankheiten bei dem Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung (BMA)) führte in seinem Gutachten vom 3. Juli 1996 ua aus, die medizinischen Voraussetzungen für die Anerkennung der bei dem Kläger bestehenden interstitiellen Lungenfibrose nach langjähriger Einwirkung von Schweißrauch unter ungünstigen Expositionsbedingungen wie eine BK seien erfüllt. Seit Mitte der 1980er Jahre sei eine Anzahl von Veröffentlichungen mit Fallserien von Lungenfibrosen nach Einwirkung von Schweißrauch bekannt geworden. Die in den letzten Jahren aufgrund neuerer pathologisch-anatomischer Methoden nachträglich gewonnenen Erkenntnisse zur Entstehung von Lungenfibrosen nach langjähriger Schweißrauchexposition hätten sich zur BK-Reife verdichtet und die Erkenntnisse würden von der überwiegenden Mehrheit der Sachverständigen auf arbeitsmedizinischem und pathologisch-anatomischem Fachgebiet geteilt. Diese Fragestellung werde gemäß den Prioritäten auch im Sachverständigenbeirat, Sektion Berufskrankheiten, bei dem BMA beraten werden.

Die Beklagte wies den Widerspruch des Klägers zurück, da derzeit keine gesicherten neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse über eine besondere Gefährdung der Berufsgruppe der Schweißer, an Lungenfibrose zu erkranken, vorlägen (Widerspruchsbescheid vom 19. März 1997). Hiergegen hat der Kläger bei dem Sozialgericht Würzburg (SG) Klage erhoben. Der vom SG bestellte Sachverständige Dr. S. sprach sich in seinem Gutachten vom 10. Juli 1998 wie bereits Prof. Dr. W. für eine Anerkennung und Entschädigung der bei dem Kläger gegebenen Lungenfibrose wie eine BK nach § 551 Abs 2 RVO aus; entsprechende Erkenntnisse in der Medizin seien als "neu" anzusehen. Das BMA hat auf entsprechende Anfrage des SG mit Schreiben vom 31. August 1998 mitgeteilt, der Verordnungsgeber habe aus Anlass der Änderung der BKVO im Oktober 1997 die Frage eines möglichen Zusammenhanges zwischen der Erkrankung an einer Lungenfibrose und der Tätigkeit als Elektroschweißer nicht geprüft. Derzeit lägen auch keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu dieser Problematik vor. Der Ärztliche Sachverständigenbeirat, Sektion Berufskrankheiten, habe jedoch die Prüfung der Fragestellung aufgenommen; es sei nicht abzusehen, wann mit einem Ergebnis zu rechnen sei.

Das SG hat die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13. Februar 1995 idF des Widerspruchsbescheides vom 19. März 1997 verpflichtet, bei dem Kläger eine "Lungenfibrose nach langjähriger Einwirkung von Schweißrauch" wie eine BK anzuerkennen und ab 5. Februar 1992 mit einer Rente nach einer MdE um 50 vH zu entschädigen (Urteil vom 17. November 1998). Zur Begründung hat es sich im Wesentlichen den Ausführungen von Prof. Dr. W. , Dr. S. und des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) im Urteil vom 13. November 1996 (L 3 U 40/93 = HVBG-Info 1997, 1999) angeschlossen. Aus der Auskunft des BMA ergebe sich, dass bei den letzten Änderungen der BKVO die hier relevante Fragestellung nicht geprüft worden sei. Es sei bedenklich, dass die verzögerte Bearbeitung von BKen durch den Verordnungsgeber zu Lasten der Versicherten ausgelegt werde; auch sei das Untätigbleiben des Verordnungsgebers nicht mit einer Ablehnung gleichzusetzen.

Im Berufungsverfahren hat das BMA in der vom LSG eingeholten Auskunft vom 8. Dezember 2000 seine Ausführungen vom 31. Oktober 1998 bestätigt und ergänzend mitgeteilt, die Beratungen zur Fragestellung "Lungensiderose" ruhten seit längerer Zeit. Es sei nicht absehbar, ob die Thematik erneut aufgegriffen werde und wann mit einem Ergebnis gerechnet werden könne.

Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 22. Mai 2001). Der ursächliche Zusammenhang der interstitiellen Lungenfibrose des Klägers, die zutreffend mit einer MdE um 50 vH bewertet sei, mit der von ihm verrichteten gefährdenden Tätigkeit sei hinreichend wahrscheinlich. Er habe als ein unter arbeitshygienisch sehr unzureichenden Expositionsbedingungen arbeitender Vollzeitschweißer zu einer Personengruppe gehört, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei. Diese Einwirkungen seien nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft generell geeignet, eine Lungenfibrose zu verursachen. Prof. Dr. W. habe darauf hingewiesen, dass erste Hinweise auf eine Assoziation zwischen Schweißrauch und Lungenfibrose bereits seit den 1950er Jahren bekannt seien. Seitdem würden Fallserien und Fallberichte veröffentlicht, die sich mit Lungenfibrosen nach Einwirkung von Schweißrauch befassten. Mit der Zunahme bronchoskopischer Untersuchungen und Probeexzisionen von Lungengewebe habe nach 1990 nachgewiesen werden können, dass in der Umgebung der Schweißrauchpartikeldepots in der Lunge fibrotische Reaktionen bis zur massiven Lungenfibrose aufgetretenen seien. Neuere pathologisch-anatomische Methoden ermöglichten jetzt die Darstellung der Histomorphologie der geweblichen Reaktionen in unmittelbarer topographischer Beziehung zur Ablagerung von Schweißrauchbestandteilen. Diese vor dem Jahre 1986 kaum angewendeten Untersuchungen hätten ein zunehmendes Verständnis der pathogenetischen Mechanismen, die nach Schweißrauch-Inhalation zu einer Lungenfibrose geführt hätten, bewirkt. Aufgrund jahrzehntelanger Beobachtung einer Fülle gleich gelagerter Erkrankungen in Verbindung mit dem Fortschritt der pathologisch-anatomischen Methodenentwicklung nach dem Jahre 1990 bestünden inzwischen keine Zweifel, dass Schweißrauch und seine Bestandteile unter bestimmten Expositionsbedingungen generell geeignet seien, fibrosierende Lungenerkrankungen zu verursachen. Diese in den Gutachten von Prof. Dr. W. und Dr. S. und in der Studie von Dr. Rösler zum Ausdruck gekommenen medizinischen Erkenntnisse seien neu iS von § 551 Abs 2 RVO. Sie hätten sich nach In-Kraft-Treten der geänderten BKVO im Jahre 1992 zur BK-Reife verdichtet. Obwohl sie somit bereits vor Erlass der Berufskrankheiten-Verordnung vom 31. Oktober 1997 (BGBl I 2623 (BKV)) bekannt gewesen und somit an sich objektiv alt seien, gälten sie auch weiterhin als neu. Da der Verordnungsgeber sie nach den Auskünften des BMA nicht geprüft habe, habe er die Aufnahme der Erkrankung in die BK-Liste auch nicht abgelehnt und folglich die medizinischen Erkenntnisse nicht als unzureichend eingestuft. Da laut Auskunft des BMA vom 8. Dezember 2000 nicht abzusehen sei, ob die Thematik durch den Sachverständigenbeirat jemals erneut wieder zur Beratung aufgegriffen werde, der Verordnungsgeber derzeit mithin erkennbar nicht ermittele, sei die Anwendung des § 551 Abs 2 RVO auch nicht "gesperrt".

Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt die Beklagte die Verletzung von § 551 Abs 2 RVO sowie einen Verstoß des LSG gegen den Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung gemäß § 128 Abs 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG). Die Voraussetzungen für eine Entschädigung des Klägers nach § 551 Abs 2 RVO seien nicht erfüllt. Das LSG habe den Vorrang des Verordnungsgebers im Ergebnis nicht beachtet. Aus der Auskunft des BMA vom 8. Dezember 2000 ziehe es unzulässigerweise den Schluss, der Verordnungsgeber ermittele derzeit nicht und somit sei die Anwendung des § 551 Abs 2 RVO nicht "gesperrt". Nicht nachvollziehbar sei die Auffassung, die angenommenen Erkenntnisse hätten sich erst nach In-Kraft-Treten der Verordnung vom 18. Dezember 1992 zur BK-Reife verdichtet, wenn das LSG hinsichtlich der Prüfung durch den Verordnungsgeber auf die letzte Änderung der BKVO im Jahre 1997 abstelle. Aus der Auskunft des BMA ergebe sich eindeutig, dass derzeit keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse zu der hier relevanten Problematik vorlägen. Es stelle sich die Frage, ob in dieser Aussage nicht eine (Zwischen-)Entscheidung des Verordnungsgebers zu sehen sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) sei nur das Untätigbleiben nach Vorliegen neuer Erkenntnisse einer Ablehnung des Verordnungsgebers nicht gleichzusetzen; aus den Auskünften des BMA ergebe sich aber, dass der Verordnungsgeber nicht untätig geblieben sei, sondern die vorliegenden Erkenntnisse überprüft habe. Der Unfallversicherungsträger dürfe nur dann eine Entscheidung nach § 551 Abs 2 RVO treffen, wenn der Verordnungsgeber die betreffenden Erkenntnisse nicht bereits als unzureichend eingestuft habe. Dies müsse auch dann gelten, wenn der Verordnungsgeber noch vor der nächsten Neufassung der BKVO eindeutig zu erkennen gebe, dass er keine oder noch keine ausreichenden neuen Erkenntnisse sehe. Eine förmliche Entscheidung des Verordnungsgebers sei nicht zu fordern; eine ablehnende Entscheidung des Verordnungsgebers ergehe lediglich nach internen Entscheidungsprozessen im zuständigen Ministerium in nicht-förmlicher Weise. Dies werde durch Auskünfte oä nach außen getragen. Selbst wenn in der Mitteilung des BMA vom 8. Dezember 2000 eine Entscheidung des Verordnungsgebers nicht zu sehen sein sollte, hätte das LSG die "Sperrwirkung" beachten müssen. Die Verneinung einer solchen Sperrwirkung wäre nur zutreffend, wenn der Verordnungsgeber nach aufgenommenen Ermittlungen ohne erkennbare sachliche Rechtfertigung untätig abwarte, obwohl es zwischenzeitlich in der Wissenschaft unstreitige Erkenntnisse gebe. Das BMA habe entgegen der Darstellung des LSG nicht mitgeteilt, es sei nicht abzusehen, ob die Beratungen "jemals" wieder aufgenommen würden. Da es als Grund für das Ruhen der Beratungen das Nichtvorliegen neuer medizinisch-wissenschaftlicher Erkenntnisse genannt habe, sei der Verordnungsgeber nicht ohne sachlichen Grund untätig geblieben. Ferner berufe sich das LSG Baden-Württemberg in seinem Urteil vom 23. November 2000 - L 10 U 4773/98 -, das auch dem LSG vorgelegen habe, auf eine Information des BMA vom 29. Juli 1999, worin dieses offensichtlich mitgeteilt habe, dass jedenfalls Ende 1999 innerhalb des Sachverständigenbeirates noch Aktivitäten hinsichtlich der betreffenden Frage stattgefunden hätten. Dies decke sich auch mit ihren eigenen Informationen. Somit sei jedenfalls die Formulierung "ruht seit längerer Zeit" im Schreiben des BMA vom 8. Dezember 2000 nicht im Sinne eines sozial unverträglich langen Untätigseins des Verordnungsgebers auszulegen. Hier hätte das LSG zumindest noch differenzierte Auskünfte einholen müssen.

Hinsichtlich der gruppentypischen Risikoerhöhung habe sich das LSG insbesondere auf das Gutachten von Prof. Dr. W. vom 3. Juli 1996 bezogen. Dessen Aussagen seien jedoch sehr allgemein gehalten. So sei von einer "Anzahl von Fallberichten" und von "vermehrt publizierten Fallserien" die Rede, ohne dass dies näher spezifiziert werde. Hieraus und aus der Beschreibung neuerer pathologischer Methoden ziehe der Gutachter und offensichtlich auch das LSG den Schluss, dass eine "Fülle gleichartiger Erkrankungen, die über einen jahrzehntelangen Zeitraum beobachtet" worden seien, vorlägen und der Nachweis eines kausalen Zusammenhangs zwischen Lungenfibrosen und langjährigen Einwirkungen von Schweißrauchen unter ungünstigen Bedingungen im Sinne einer generellen Geeignetheit geführt sei. Andererseits räume der Gutachter ein, dass keine eindeutigen Erkenntnisse aus Studien oder Fallkontrollstudien vorlägen und dass die Entstehung von Lungenfibrosen eine Vielzahl von Ursachen haben könne. Der Sachverständige Dr. S. beziehe sich in seinem Gutachten lediglich auf 47 Fälle, die in einer Zusammenstellung der "Weltliteratur" beschrieben seien. Zugleich zitiere er eine Arbeit von Zober, der zufolge bei einer Untersuchung an 5000 Lichtbogenschweißern sowie an 500 Schweißern röntgenologisch keine sicheren Hinweise auf Lungenfibrosen erbracht worden seien. Die ebenfalls von Dr. S. herangezogene Studie von Dr. Rösler ua aus dem Jahre 1995 habe sich gerade einmal auf sechs Schweißer mit histologisch nachgewiesener Lungenfibrose und langjähriger Exposition bezogen. Ohne nähere Begründung schließe der Sachverständige hieraus, dass die generelle Geeignetheit aufgrund langjähriger zeitlicher Überwachung entsprechender Krankheitsbilder nachgewiesen sei. Es stelle deshalb eine Überschreitung des Rechtes auf freie Beweiswürdigung dar, wenn sich das LSG ohne weiteres dem Gutachten von Prof. Dr. W. anschließe. Zumindest hätte sich das LSG dazu gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen durchzuführen.

Ferner sei die von der Rechtsprechung des BSG geforderte Voraussetzung, dass ein Kausalzusammenhang zwischen beruflicher Exposition und Krankheitsverursachung in der medizinischen Wissenschaft allgemein anerkannt sein müsse, nicht erfüllt. Prof. Dr. W. , auf den sich das LSG hierfür besonders beziehe, behaupte lediglich, die Erkenntnisse würden von der überwiegenden Mehrheit der medizinischen Sachverständigen auf arbeitsmedizinischem und pathologisch-anatomischem Fachgebiet anerkannt bzw es bestehe sowohl unter den Vertretern der arbeitsmedizinischen als auch der pathologisch-anatomischen Wissenschaft Übereinstimmung. Bei einer so großen Übereinstimmung unter den Wissenschaftlern sei nicht erklärbar, weshalb der Sachverständigenbeirat bei dem BMA unter seinem Vorsitz nicht längst zu einer positiven Empfehlung gekommen sei. Im konkreten Fall hätten andere Sachverständige (Dr. V. , Prof. Dr. L. und Dr. Z. ) nahezu zeitgleich zu den Äußerungen von Prof. Dr. W. einen entsprechenden Kausalzusammenhang nicht ohne weiteres angenommen. Eine "herrschende" Auffassung habe daher nicht bestanden. Auch nach der eindeutigen Aussage des BMA, neue Erkenntnisse lägen nicht vor, hätte nicht angenommen werden dürfen, dass die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen insoweit zu einer übereinstimmenden, wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt sei. Mit seiner gegenteiligen Unterstellung überschreite das LSG die Grenzen der freien richterlichen Beweiswürdigung.

Schließlich verstoße das LSG dadurch, dass es den Rentenbeginn auf den 5. Februar 1992 festlege, gegen § 551 Abs 2 iVm § 580 Abs 3 Nr 2 RVO. Zu den Voraussetzungen dieser Regelungen habe es keinerlei Feststellungen getroffen.

Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Mai 2001 - L 17 U 105/99 - und das Urteil des Sozialgerichts Würzburg vom 17. November 1998 - S 11 U 124/97 - aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Er hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).

II

Die Revision der Beklagten ist insoweit begründet, als das angefochtene Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen ist. Die vom LSG festgestellten Tatsachen reichen für eine abschließende Entscheidung über den vom Kläger geltend gemachten Anspruch nicht aus.

Der vom Kläger verfolgte Anspruch auf Anerkennung der bei ihm bestehenden Lungenfibrose wie eine BK (Quasi-BK) und auf Entschädigung richtet sich noch nach den bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Vorschriften der RVO, da der als entschädigungspflichtig geltend gemachte Versicherungsfall jedenfalls vor dem In-Kraft-Treten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) am 1. Januar 1997 eingetreten ist (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG), § 212 SGB VII).

Nach § 551 Abs 2 RVO sollen die Träger der Unfallversicherung im Einzelfall eine Krankheit, auch wenn sie nicht in der BKVO bezeichnet ist oder die dort bestimmten Voraussetzungen nicht vorliegen, wie eine BK entschädigen, sofern nach neuen Erkenntnissen die übrigen Voraussetzungen des § 551 Abs 1 RVO erfüllt sind. Zu diesen Voraussetzungen gehören sowohl der ursächliche Zusammenhang der Krankheit mit der nach den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO versicherten Tätigkeit als auch die Zugehörigkeit des Versicherten zu einer bestimmten Personengruppe, die durch ihre Arbeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt ist, die nach neuen Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft Krankheiten der betreffenden Art verursachen. Mit dieser Regelung soll nicht in der Art einer "Generalklausel" erreicht werden, dass jede Krankheit, deren ursächlicher Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit im Einzelfall zumindest hinreichend wahrscheinlich ist, wie eine BK zu entschädigen ist. Vielmehr sollen dadurch Krankheiten zur Entschädigung gelangen, die nur deshalb nicht in die BK-Liste aufgenommen wurden, weil die Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft über die besondere Gefährdung bestimmter Personengruppen in ihrer Arbeit bei der letzten Fassung der Anlage 1 (nach In-Kraft-Treten der BKV nur noch "Anlage") zur BKVO noch nicht vorhanden waren oder trotz Nachprüfung noch nicht ausreichten (BSGE 79, 250, 251 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 mwN).

Nach den nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffenen und daher für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) erfüllt die vom Kläger geltend gemachte Krankheit nicht bereits die Merkmale einer in der Liste der Anlage 1 der BKVO bzw Anlage der BKV genannten BKen.

Das Tatbestandsmerkmal der gruppentypischen Risikoerhöhung wäre hier dann als erfüllt anzusehen, wenn hinreichende Feststellungen in Form medizinischer Erkenntnisse dafür getroffen wären, dass die Personengruppe "Vollzeitelektroschweißer", zu der der Kläger nach den berufungsgerichtlichen Feststellungen zu zählen ist, durch die Arbeit Einwirkungen ausgesetzt wäre, mit denen die übrige Bevölkerung nicht in diesem Maße in Kontakt käme (Einwirkungshäufigkeit) und die geeignet wäre, Lungenfibrosen hervorzurufen (generelle Geeignetheit). Das Erfordernis einer höheren Gefährdung bestimmter Personengruppen bezieht sich auf das allgemeine Auftreten einer Krankheit innerhalb dieser Gruppe. Auf eine Verursachung der Krankheit durch die gefährdende Tätigkeit im Einzelfall kommt es dabei nicht an. Ob eine Krankheit innerhalb einer bestimmten Personengruppe im Rahmen der versicherten Tätigkeit häufiger auftritt als bei der übrigen Bevölkerung, erfordert in der Regel den Nachweis einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und eine langfristige zeitliche Überwachung derartiger Krankheitsbilder, um dann daraus schließen zu können, dass die Ursache für die Krankheit in einem schädigenden Arbeitsleben liegt (BSGE 79, 250, 253 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 mwN; Brackmann/Krasney, SGB VII, § 9 RdNr 46 mwN). Ist im Ausnahmefall die gruppenspezifische Risikoerhöhung nicht mit der im Allgemeinen notwendigen langfristigen zeitlichen Überwachung derartiger Krankheitsbilder zum Nachweis einer größeren Anzahl gleichartiger Gesundheitsstörungen zu belegen, da etwa aufgrund der Seltenheit der Erkrankung medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse durch statistisch abgesicherte Zahlen nicht erbracht werden können, kann zur Feststellung der generellen Geeignetheit der Einwirkung spezieller Noxen zur Verursachung der betreffenden Krankheit auch auf Einzelfallstudien, auf Erkenntnisse aus anderen Staaten, sowie auf frühere Anerkennungen entsprechender Krankheiten wie BKen nach § 551 Abs 2 RVO und damit zusammenhängende medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse zurückgegriffen werden (vgl BSGE 79, 250, 252 = SozR 3 aaO; BSG, Beschluss vom 27. Mai 1997 - 2 BU 43/97 = HVBG-Info 1997, 2113 für den hier relevanten Fall einer Lungenfibrose bei einem Schweißer; Brackmann/Krasney, aaO). Die gruppenspezifische Risikoerhöhung muss sich in jedem Fall letztlich aus "Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft" (vgl § 551 Abs 2 iVm Abs 1 Satz 3 RVO) ergeben. Mit wissenschaftlichen Methoden und Überlegungen muss zu begründen sein, dass bestimmte Einwirkungen die generelle Eignung besitzen, eine bestimmte Krankheit zu verursachen. Solche Erkenntnisse liegen in der Regel dann vor, wenn die Mehrheit der medizinischen Sachverständigen, die auf den jeweils in Betracht kommenden Gebieten über besondere Erfahrungen und Kenntnisse verfügen, zu derselben wissenschaftlich fundierten Meinung gelangt ist. Es muss sich um gesicherte Erkenntnisse handeln; nicht erforderlich ist, dass diese Erkenntnisse die einhellige Meinung aller Mediziner sind. Andererseits reichen vereinzelte Meinungen einiger Sachverständiger grundsätzlich nicht aus (BSG, Urteil vom 21. Januar 1997 - 2 RU 7/96 = HVBG-Info 1997, 1105; Brackmann/Krasney, aaO, RdNr 47 mwN).

Ob diese Voraussetzungen hier vorliegen, vermag der Senat anhand der berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht zu beurteilen. Zwar ist das LSG zu der Überzeugung gelangt, dieser Tatbestand sei gegeben. Diese Feststellung kann der Senat seiner Entscheidung jedoch nicht zugrunde legen, weil sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist. Insoweit greift die auf § 103 SGG gestützte Verfahrensrüge der Beklagten durch.

Das LSG hat seinen Feststellungen zur gruppentypischen Risikoerhöhung im Wesentlichen das im Verwaltungsverfahren von Prof. Dr. W. erstattete Gutachten vom 3. Juli 1996 und ergänzend das vom SG eingeholte Gutachten des Dr. S. vom 10. Juli 1998 zugrunde gelegt. Wie die Beklagte zutreffend geltend macht, reichen diese Beweismittel für die Annahme einer gruppenspezifischen Risikoerhöhung im obigen Sinne jedoch nicht aus. Nach den Umständen des vorliegenden Falles hätte sich das LSG hinsichtlich dieser Frage zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen.

Eine Entscheidung kann nur dann auf Aussagen in einem Sachverständigengutachten gestützt werden, wenn dieses auf einer vollständigen Erfassung der tatsächlichen Grundlagen beruht sowie in sich widerspruchsfrei und schlüssig ist; es muss vollständig sein und alle Gesichtspunkte, auf die es im speziellen Zusammenhang ankommt, hinreichend abdecken. Erweisen sich die Ausführungen in einem Sachverständigengutachten als unklar, unverständlich oder unvollständig, ist das Tatsachengericht von Amts wegen verpflichtet (§ 103 SGG), eine weitere Sachaufklärung, etwa durch Herbeiführung einer Ergänzung bzw Erläuterung des Gutachtens durch den Sachverständigen oder durch Einholung eines weiteren Gutachtens, zu betreiben (BSG SozR 2200 § 581 Nr 26; BVerwGE 71, 38, 45). Gelangt das Gericht in einem solchen Falle jedoch nicht zu einer entsprechenden weiteren Sachaufklärung, obwohl es sich hierzu angesichts der gesamten Umstände hätte gedrängt fühlen müssen, verletzt es seine Amtsermittlungspflicht nach § 103 SGG. Eine auf solchen Verfahrensfehlern beruhende Feststellung von Tatsachen entfaltet bei entsprechender Rüge keine Bindungswirkung nach § 163 SGG (BSG SozR 1500 § 160 Nr 5; BSG SozR 2200 § 581 Nr 26; BVerwG aaO).

Das LSG hätte hier nicht einfach ohne weitere Ermittlungen die entsprechenden Ausführungen in den Gutachten von Prof. Dr. W. und Dr. S. übernehmen und so zur Annahme einer gruppenspezifischen Risikoerhöhung bezüglich der Schweißertätigkeit zur Verursachung von interstitiellen Lungenfibrosen gelangen dürfen. Die Beklagte hat unter Verweis auf eine Entscheidung des SG Detmold (Urteil vom 17. September 1999 - S 14 U 50/97 = HVBG RdSchr VB 46/00) auf die seit Jahren kontrovers geführte, noch nicht abgeschlossene Diskussion zur gruppenspezifischen Risikoerhöhung und den deshalb bestehenden Mangel einer gefestigten herrschenden Ansicht in der medizinischen Wissenschaft und auf das zum selben Ergebnis kommende, auf ein Sachverständigengutachten aus dem Jahre 1999 gestützte Urteil des SG Heilbronn vom 24. Februar 2000 - S 6 U 1624/98 - hingewiesen. Das Berufungsgericht hätte sich - auch ohne einen entsprechenden Beweisantrag - auch vor diesem Hintergrund und angesichts der Mängel der vorliegenden Sachverständigengutachten gedrängt fühlen müssen, weitere Ermittlungen zu den für die Ausfüllung des gesetzlichen Tatbestandsmerkmals erforderlichen Tatsachen anzustellen. Es hätte erkennen müssen, dass die maßgeblich in Bezug genommenen Ausführungen von Prof. Dr. W. bzw von Dr. S. unklar bzw unvollständig waren.

Anhand dieser Sachverständigengutachten ist nicht eindeutig nachvollziehbar, weshalb die Sachverständigen zur Annahme einer entsprechenden gruppenspezifischen Risikoerhöhung gelangen, da hierfür keine hinreichenden Grundlagen mitgeteilt werden. Zwar führt Prof. Dr. W. in diesem Zusammenhang aus, erste Hinweise auf eine Assoziation zwischen Schweißrauch und Lungenfibrose seien bereits seit den 1950er Jahren bekannt und seitdem seien entsprechende Fallserien und Fallberichte veröffentlicht worden. Quellen hierfür, die eine kritische Überprüfung dieser Äußerung ermöglichen könnten, nennt Prof. Dr. W. jedoch nicht. Aus seinem Gutachten, das - mit einer Ausnahme - weder über Literaturangaben in Fußnoten noch über ein Literaturverzeichnis verfügt, ergibt sich nicht, von welchen Wissenschaftlern oder Organisationen und zu welcher Zeit entsprechende Untersuchungen und Erhebungen angestellt worden sind (zur Notwendigkeit exakter Belegstellenangaben in medizinischen Gutachten bei umstrittenen Fragestellungen Marx/Klepzig, Basiswissen medizinische Begutachtung, 1998, S 64; vgl auch Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 6. Aufl, S 145). Ebenso wenig gibt das Gutachten Auskünfte numerischer Art, etwa zur Gruppengröße oder zur Krankheitshäufigkeit innerhalb der Gruppe bzw in der Gesamtbevölkerung. Zwar kann es zur Feststellung einer gruppentypischen Risikoerhöhung nicht allein auf Methoden der Epidemiologie oder auf statistische Belege ankommen (Lauterbach/Koch, SGB VII, § 9 RdNr 263 mwN), jedoch geben zahlenmäßige Übersichten - soweit vorhanden - im Sinne einer epidemiologischen Evidenz wertvolle Hinweise darauf, ob nun zB von einer Fülle gleichartiger Gesundheitsbeeinträchtigungen und einer langfristigen zeitlichen Überwachung derartiger Krankheitsbilder ausgegangen werden kann oder ob - wofür hier vieles spricht (vgl Hessisches LSG, Urteil vom 13. November 1996 - L 3 U 40/93 = HVBG-Info 1997, 1999) - nur ein vereinzelt vorkommendes Krankheitsbild vorliegt (vgl BSGE 59, 295, 299 = SozR 2200 § 551 Nr 27). Aus solchen Angaben ergibt sich dann nämlich auch - für das Gericht nachvollziehbar - die Vorgehensweise bei der Ermittlung einer gruppentypischen Risikoerhöhung. Liegt umfangreiches Zahlenmaterial aus verschiedensten Veröffentlichungen vor, lässt sich unter Umständen bereits hieraus die gruppenspezifische Risikoerhöhung erkennen. Handelt es sich hingegen nur um vereinzelte Phänomene, ist eine Gruppentypik in anderer Form festzustellen.

Problematisch ist daher der Rückschluss, inwieweit sich zwischenzeitlich eine "herrschende" Meinung in der medizinischen Wissenschaft zu dieser Fragestellung gebildet hat. Zwar nimmt Prof. Dr. W. in seinem Gutachten - insbesondere auch aufgrund der Studie von Dr. Rösler ua vom Mai 1995 - für sich in Anspruch, die von ihm vertretene Auffassung sei die zu dieser Fragestellung herrschende. Da aber weder auf existierende Gegenmeinungen hingewiesen wird (vgl etwa Zober, ASP 1986, 89, 91; ders in Konietzko/Dupuis, Handbuch der Arbeitsmedizin, 1989, IV-9.20.1 S 5) noch diese erörtert werden, ist das Gutachten an dieser Stelle erkennbar unvollständig. Zu Recht weist in diesem Zusammenhang die Beklagte darauf hin, dass gerade im vorliegenden Fall wegen des Hinweises von Prof. Dr. L. in seinem Schreiben vom 8. November 1995, eine gefestigte Lehrmeinung liege insoweit nicht vor, bereits für den Sachverständigen - und für das LSG - hätte erkennbar sein müssen, dass in der hier relevanten Frage der gruppentypischen Risikoerhöhung durchaus verschiedene Auffassungen vertreten werden. Auch der Hinweis auf verbesserte Diagnosemethoden "in den letzten Jahren" vermag hier nicht die generelle Eignung einer Tätigkeit als Elektroschweißer zur Verursachung von Lungenfibrosen zu belegen, denn einerseits gibt der Sachverständige auch dafür keine überprüfbaren Nachweise an und andererseits weist er selbst darauf hin, dass die Entstehung einer Lungenfibrose eine Vielzahl von Ursachen haben kann. Dem LSG hätten sich daher auch zu diesem Aspekt weitere Ermittlungen zur Klarstellung bzw Ergänzung dieses Gutachtens durch Prof. Dr. W. oder die Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens aufdrängen müssen. Die Ausführungen von Dr. S. , auf die das LSG seine Entscheidung ebenfalls stützt, können diese Mängel nicht ausgleichen. Zwar verweist Dr. S. insoweit auf eine in der Literatur erschienene "Zusammenstellung der Weltliteratur" und auf Untersuchungen an 5.000 Lichtbogenschweißern und 500 Schweißern, die allerdings röntgenologisch keine sicheren Hinweise auf Lungenfibrosen erbracht hätten. Dennoch liege eine 1995 publizierte Untersuchung von Prof. Dr. W. ua (= die oben zitierte Studie von Rösler ua) sechs Schweißer betreffend vor, bei denen zum einen eine langjährige Exposition gegenüber Schweißrauch unter ungünstigen Bedingungen bestanden habe und zum andern aber auch eine Lungenfibrose histologisch nachgewiesen sei. Eine eindeutige Begründung der von Dr. S. daraus gezogenen Schlussfolgerung, Vollzeitelektroschweißer unterlägen einer gruppenspezifischen Risikoerhöhung, ist dieser Darstellung, zumal der Sachverständige selbst Gegenstimmen anführt, nicht zu entnehmen. Der Hinweis auf die Anerkennung jeweils einer entsprechenden Quasi-BK in den Jahren 1995 und 1996 durch einen Unfallversicherungsträger allein kann - obwohl die Heranziehung von vorangegangenen Anerkennungen durchaus ein geeignetes Mittel zur Feststellung der gruppenspezifischen Risikoerhöhung in selten vorkommenden Fällen ist - jedoch vor dem Hintergrund der von ihm selbst in Ansätzen dargelegten Kontroverse nicht mehr ausschlaggebendes Indiz für die Annahme des Tatbestandsmerkmals sein. Durch die Kontroverse (vgl dazu LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2000 - L 10 U 4773/98 = HVBG RdSchr VB 024/2001, Bl 11 des Urteilsumdrucks) wird nämlich deutlich, dass es eine breitere wissenschaftliche Auseinandersetzung gibt; erst eine sich daraus ergebende vorherrschende Meinung ist aber geeignet, das hier in Rede stehende Tatbestandsmerkmal auszufüllen. Schließlich ist bei einem solch kontroversen Meinungsstand auch der Hinweis auf eine Kommentarstelle ohne Untersuchung der dieser zugrundeliegenden Tatsachen zum Beleg einer generellen Geeignetheit nicht geeignet. Aus alledem folgt, dass die Ausführungen sowohl im Gutachten von Prof. Dr. W. als auch von Dr. S. bezüglich der Frage einer sich aus medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnissen ableitbaren gruppentypischen Risikoerhöhung bei Vollzeitelektroschweißern hinsichtlich interstitieller Lungenfibrosen unvollständig und so nicht nachvollziehbar sind. Das Berufungsgericht hat daher entsprechende Ermittlungen - wie oben dargestellt - nachzuholen. Bereits aus diesem Grunde war die Sache an das LSG zurückzuverweisen.

Aber selbst wenn man das Tatbestandsmerkmal der gruppentypischen Risikoerhöhung aus § 551 Abs 1 Satz 3 RVO als erfüllt ansieht, kann hier die Anerkennung und Entschädigung einer Krankheit wie eine BK nur dann in Betracht kommen, wenn sich die diesbezüglich gewonnenen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse als "neu" iS von § 551 Abs 2 RVO erweisen. Ob dies der Fall ist, kann der Senat anhand der berufungsgerichtlichen Feststellungen nicht beurteilen. Diese sind unter Verstoß gegen §§ 103, 128 Abs 1 SGG zustandegekommen, was von der Revision ebenfalls ausdrücklich gerügt worden ist.

Grundsätzlich sind medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse dann "neu" iS von § 551 Abs 2 RVO, wenn im Zeitpunkt der Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch - dies ist im Zweifel der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung - feststeht (BSGE 79, 250, 253 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9; BSG, Urteil vom 21. Januar 1997 - 2 RU 7/96 -, HVBG-Info 1997, 1105; vgl nunmehr ausdrücklich § 9 Abs 2 SGB VII), dass sie bei der letzten Änderung der BKV - für den vorliegenden Fall ist auf den Erlass der BKV am 1. Dezember 1997 abzustellen - noch nicht berücksichtigt wurden. Dies ist stets der Fall, wenn die Erkenntnisse erst nach Erlass der letzten BKVO bzw etwaiger Änderungsverordnungen bekannt geworden sind (BSGE 21, 296, 298 = SozR Nr 1 zu § 551 RVO). Nicht berücksichtigt vom Verordnungsgeber und somit "neu" sind aber auch diejenigen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse, die trotz Vorhandenseins bei Erlass der letzten BKV oder einer Änderungsverordnung vom Verordnungsgeber entweder nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erkennbar geprüft worden sind. Als neu in diesem Sinne gelten daher solche medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse nicht mehr, die nach erkennbarer Prüfung vom Verordnungsgeber als noch unzureichend bewertet wurden und deswegen eine Aufnahme der betreffenden Krankheit in die BK-Liste scheitert (BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 14; BSGE 44, 90, 93, 94 = SozR 2200 § 551 Nr 9). Allerdings erweisen sich dann solche bereits überprüften Erkenntnisse wiederum als neu, wenn sie sich nach diesem Zeitpunkt zusammen mit weiteren, später hinzukommenden Erkenntnissen zur BK-Reife verdichtet haben (BSGE 59, 295, 301 = SozR 2200 § 551 Nr 27; BSGE 72, 303, 305 = SozR 3-2200 § 551 Nr 3; BSG, Urteil vom 27. Mai 1997 - 2 RU 33/96 = HVBG-Info 1997, 2107). Eine derartige Verdichtung ist anzunehmen, wenn dem Verordnungsgeber ausreichende, regelmäßig von einer herrschenden Meinung getragene medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse vorliegen, die geeignet wären, die Einführung einer neuen BK iS von § 551 Abs 1 Satz 2 RVO bzw jetzt § 9 Abs 1 Satz 2 SGB VII zu tragen (BSGE 84, 30, 35 = SozR 3-2200 § 551 Nr 12; BSG, Urteil vom 21. Januar 1997 - 2 RU 7/96 = HVBG-Info aaO). Ob und gegebenenfalls inwieweit sich der Verordnungsgeber mit der betreffenden Krankheit und der zu ihr bestehenden wissenschaftlichen Erforschung befasst hat, welche Erkenntnisse er überhaupt berücksichtigen konnte und welche Entscheidungen eventuell diesbezüglich bereits getroffen wurden (entweder eine Ablehnung der Aufnahme in die BK-Liste wegen unzureichender Erkenntnisse oder die beabsichtigte Aufnahme in die BK-Liste oder praktisch keine Entscheidung trotz Befassung des Sachverständigenbeirates bei dem BMA mit den vorliegenden Erkenntnissen), kann - sofern vorhanden - an der Veröffentlichung von Empfehlungen des Beirates im Bundesarbeitsblatt abgelesen werden (vgl hierzu Lauterbach/Koch, SGB VII, § 9 RdNr 281). Ist jedoch zu dem betreffenden Krankheitsbild noch keine Empfehlung des Sachverständigenbeirats veröffentlicht worden, kann Art und Umfang der Befassung des Verordnungsgebers in erster Linie durch Einholung einer aussagekräftigen und detaillierten sachverständigen Auskunft festgestellt werden. In gleicher Weise bieten sich zu diesem Zweck die Beiziehung der Protokolle von Ausschusssitzungen (vgl BSG, Urteil vom 21. Januar 1997 aaO) und - falls dies noch nicht zu genügender Klarheit führt - schließlich auch die Vernehmung von Mitgliedern des Sachverständigenbeirates als Zeugen an.

Ergibt sich bei diesen Feststellungen, dass sich der Verordnungsgeber erkennbar mit den betreffenden Erkenntnissen befasst und diese als unzureichend für die Einführung einer BK abgelehnt hat, ist die Anerkennung und Entschädigung einer Krankheit wie eine BK durch Verwaltung und Gerichte ausgeschlossen (BSGE 79, 250, 254 = SozR 3-2200 § 551 Nr 9 mwN). Liegen dem Verordnungsgeber hingegen medizinisch-wissenschaftliche Erkenntnisse vor und finden auch aktive Beratungen zu der Frage statt, ob aufgrund dieser Erkenntnisse eine Empfehlung zur Aufnahme in die BK-Liste ergehen soll, ist davon auszugehen, dass diese Erkenntnisse für die Dauer des Entscheidungsprozesses einer Beurteilung der für die Anerkennung und Entschädigung einer Quasi-BK zuständigen Stelle entzogen sind; dh es tritt insoweit eine "Sperrwirkung" ein (BSG, Urteil vom 31. Januar 1984 - 2 RU 67/82 = HVBG RdSchr VB 53/84; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 23. November 2000 - L 10 U 4773/98 = HVBG RdSchr VB 024/2001 mwN zur Literatur). Zwar ergibt sich der Eintritt einer solchen Sperrwirkung nicht unmittelbar aus dem Regelungswortlaut (vgl etwa Mehrtens/Perlebach, BKVO, § 9 RdNr 7; LSG Niedersachsen, Urteil vom 17. März 1994 - L 3 U 131/92 = HVBG-Info 1994, 1966). Jedoch rechtfertigt sich eine iS der Sperrwirkung einschränkende Auslegung des § 551 Abs 2 RVO einerseits aus gesetzessystematischen und andererseits auch aus praktischen Gründen. Die Regelungen des § 551 Abs 1 und 2 RVO werden vom Prinzip des Entscheidungsvorbehalts des Verordnungsgebers getragen. Das bedeutet, dass im Grundsatz nur vom Verordnungsgeber in die Liste aufgenommene Berufskrankheiten entschädigt werden können und nur ausnahmsweise eine Anerkennung und Entschädigung wie eine BK in Betracht kommt (BSG SozR 3-2200 § 551 Nr 14 mwN). Damit ist es dann vereinbar - und das gilt auch für die Einführung einer möglichen Rückwirkungsvorschrift (BSGE 72, 303, 305 = SozR 3-2200 § 551 Nr 3) -, dass der Versicherte, der ohnehin jederzeit damit rechnen muss, dass der Verordnungsgeber eine ihm günstige oder ungünstige Entscheidung trifft, für die zeitlich begrenzte Dauer der Beratungsphase keine ihm positive Entscheidung über die Anerkennung der jeweiligen Quasi-BK erwarten kann. Denn für den Fall, dass der Sachverständigenbeirat nach Abschluss der Beratungen dem Verordnungsgeber empfiehlt, die betreffende Krankheit in die BK-Liste aufzunehmen, kommt die Anerkennung als Quasi-BK wieder in Betracht. Wird der Verordnungsgeber im Anschluss an die Beratungen selbst tätig und nimmt die Krankheit in die Liste auf, ist ebenfalls eine Anerkennung, nunmehr im Rahmen des § 551 Abs 1 RVO (bzw nunmehr § 9 Abs 1 SGB VII), möglich. Ergeben die Beratungen, dass die BK-Reife noch nicht gegeben ist, scheidet eine Anerkennung ohnehin aus, so dass der Versicherte auch für den Fall, dass ihm gegenüber bereits während der Beratungen mit Hinweis darauf eine negative Entscheidung ergeht, kein Nachteil entsteht. Als zweckmäßig erweist sich eine solche Vorgehensweise deshalb, weil etwa im Zeitraum der Beratungen dem Versicherten gegenüber ausgesprochene positive Verwaltungsentscheidungen bei einer anders lautenden Empfehlung oder einer Nichtaufnahme in die BK-Liste nur mit erheblichem Aufwand wieder geändert werden könnten (vgl dazu Jung, SGb 2002, 1 ff mwN).

Dies kann allerdings nur so lange gelten, wie die Beratungen aktiv betrieben werden und ein Abschluss der Beratungen innerhalb einer sozial verträglichen Zeitspanne zu erwarten ist. Werden aber aufgenommene Beratungen vom Sachverständigenbeirat nicht fortgeführt, ruhen also und sind ohne erkennbares Ergebnis abgebrochen worden, wird deutlich, dass der Verordnungsgeber von dem ihm zustehenden Vorrang keinen Gebrauch machen will. In einem solchen Fall lebt die Pflicht des Versicherungsträgers, über geltend gemachte Ansprüche auf Anerkennung von Quasi-BKen und damit letztlich auch über die Frage des Vorliegens neuer Erkenntnisse zu entscheiden, wieder auf. Wollte der Verordnungsgeber die Beurteilung weiter in seinem Zuständigkeitsbereich belassen, wäre der Sachverständigenbeirat nicht gehindert, die vorliegenden Erkenntnisse als noch nicht ausreichend zu qualifizieren und dadurch die Beratungen einstweilen zumindest zum Abschluss zu bringen (Brackmann/Krasney, SGB VII, § 9 RdNr 48; Lauterbach/Koch, SGB VII, § 9 RdNr 290). Welche Zeitspannen nun für die jeweiligen Beratungen des Sachverständigenausschusses als noch sozial verträglich anzusehen sind und welche Aktivitäten im Sachverständigenbeirat bzw bei dem Verordnungsgeber stattfinden müssen, um noch von aktiv betriebenen Beratungen sprechen zu können, ist vom jeweiligen Einzelfall abhängig (vgl BSGE 85, 24, 30 = SozR 3-2200 § 551 Nr 13).

Die hier zur Frage der "Neuheit" der Erkenntnisse vom LSG herangezogenen Beweismittel - die Gutachten von Prof. Dr. W. und Dr. S. sowie die Auskünfte des BMA vom 31. Oktober 1998 und vom 8. Dezember 2000 - sind in ihrer Aussagekraft unvollständig, zumindest aber nicht eindeutig. Deshalb reichen sie zum Beweis ohne weitere Ermittlungen nicht aus. Dem LSG hätte es sich nach den bereits oben zur Behandlung von Sachverständigengutachten dargelegten Grundsätzen, die sinngemäß auch für die Erforschung des Aussagegehaltes behördlicher Auskünfte gelten, aufdrängen müssen, weitere und insbesondere detailliertere Ermittlungen anzustellen. Auch insoweit liegt ein Verstoß gegen den Amtsermittlungsgrundsatz (§ 103 SGG) vor.

Da bereits die genannten Gutachten - wie oben dargelegt - keine hinreichende Auskunft zu der Fragestellung geben, ob sich zwischenzeitlich hinsichtlich der Gruppentypik eine überwiegende Meinung unter den betreffenden medizinischen Fachwissenschaftlern gebildet hat, kann diesen Gutachten nicht einmal im Ansatz entnommen werden, ob bestimmte Erkenntnisse "neu" iS von § 551 Abs 2 RVO sind. Dies wird zwar so von beiden Sachverständigen behauptet; eine nachvollziehbare Begründung unter Anführung von Belegstellen wird hingegen nicht mitgeteilt. Es mangelt insbesondere an einer - hier unerlässlichen - konkreten Datierung. Soweit das LSG zur Frage der "Neuheit" ebenfalls noch auf die Studie von Rösler ua aus dem Jahre 1995 abstellt, hätte auch hier wegen des Vorliegens anderweitiger Anhaltspunkte eine weitere Nachforschung auf der Hand gelegen.

Zudem hätten sich auch gerade - und dies wird von der Beklagten zu Recht gerügt - im Hinblick auf die Auskünfte des BMA weitere Ermittlungen aufdrängen müssen, da diese Erklärungen teilweise in ihrem Sinngehalt zumindest mehrdeutig sind. Eindeutig kommt zwar in beiden Auskünften zum Ausdruck, dass seitens des Verordnungsgebers die Frage des Zusammenhangs zwischen der Tätigkeit als Schweißer und dem Auftreten einer Lungenfibrose aus Anlass der Änderung der BKV im Jahre 1997 nicht geprüft worden sei. Eine gewisse Mehrdeutigkeit beider Auskünfte besteht jedoch darin, dass einerseits mitgeteilt wird, es lägen keine neuen medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse vor, andererseits aber davon die Rede ist, der Verordnungsgeber habe Beratungen aufgenommen, die aber wieder ruhten. Es hätte an dieser Stelle zumindest klargestellt werden müssen, weshalb das BMA das Vorliegen neuer Erkenntnisse ausschließt und was es unter dem Begriff des Ruhens versteht. Es wäre nämlich möglich, dass das BMA das Vorliegen neuer Erkenntnisse deshalb verneint hat, weil es trotz angeblichen Ruhens der Beratungen weiterhin von seinem Entscheidungsvorrang ausgeht. Es läge aber auch nahe, dass das BMA den Ausdruck des Ruhens dafür verwendet, dass die Beratungen zunächst mit negativem Ergebnis abgebrochen wurden, jedoch jederzeit wieder aufgenommen werden können, ohne dass bereits ein konkreter Zeitpunkt hierfür feststünde. Daher wäre aber auch eine ungeprüfte Übernahme der Aussage, es lägen keine neuen Erkenntnisse vor, im Sinne der Beklagten, die in den Auskünften des BMA bereits eine ablehnende Zwischenentscheidung sieht, ausgeschlossen. Jedenfalls hätte hier eine weitere Aufklärung erhebliche Auswirkungen für die Frage nach dem Grad der Befassung des Verordnungsgebers mit etwaigen medizinischen Erkenntnissen. Auch der Verweis des LSG auf die Ausführungen des Hessischen LSG im Urteil vom 13. November 1996 (L 3 U 40/93 = HVBG-Info 1997, 1999) zu einer seit 1992 eingetretenen BK-Reife vermag die damit offenbar gewordene Beweislücke nicht zu schließen. Aus den Ausführungen des Hessischen LSG ergibt sich nichts zum Stand der unzweifelhaft seit 1996 geführten Beratungen bei dem Verordnungsgeber. Ob tatsächlich von einem Ruhen der Beratungen "seit längerer Zeit" ohne erkennbares Ergebnis auszugehen ist, erscheint - wie von der Beklagten eingewandt - vor dem Hintergrund der dem LSG ebenfalls bekannten Ausführungen des LSG Baden-Württemberg im Urteil vom 23. November 2000 - L 10 U 4773/98 = HVBG RdSchr VB 024/2001) zumindest zweifelhaft. Das LSG Baden-Württemberg erwähnt nämlich, dass ihm das BMA mitgeteilt habe, die Zusammenhangsfrage werde seit September 1996 geprüft. Zwar hat das BMA dem LSG Baden-Württemberg gegenüber offenbar ebenfalls angegeben, die Beratungen ruhten "seit längerer Zeit"; dennoch lässt sich aus alledem nicht ohne weiteres der eindeutige Schluss auf einen ergebnislosen Abbruch der Beratungen ableiten. Erst in einem solchen Fall aber wäre das LSG nicht daran gehindert, entsprechende Erkenntnisse als "neu" iS des § 551 Abs 2 RVO zu bewerten.

Das LSG wird nunmehr die genannten fehlenden Feststellungen zur Gruppentypik und ggf zur Neuheit der Erkenntnisse nachzuholen und unter Beachtung der hier festgelegten Grundsätze neu zu entscheiden haben. Auf die Revision der Beklagten war daher das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§ 170 Abs 2 Satz 1 SGG).

Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Rechtskraft
Aus
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