L 8 SO 1/06

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
8
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 31 SO 56/05
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 8 SO 1/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Dezember 2005 abgeändert und wie folgt neu gefasst: Der Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2001 und sein Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005 werden aufgehoben, soweit die Rückzahlung eines über 325,80 EUR (entspricht 637,21 DM) hinausgehenden Betrags von dem Kläger gefordert wird. Die darlehensweise gewährten Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG in Höhe von 2.311,40 EUR (entspricht 4.520,70 DM) werden in einen verlorenen Zuschuss umgewandelt. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung des Beklagten wird zurückgewiesen.

Der Beklagte hat dem Kläger 9/10 seiner außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung von als Darlehen bewilligter Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) durch den Beklagten und begehrt die Umwandlung des Darlehens in einen verlorenen Zuschuss.

Der am 2x. Juni 19xx in Magdeburg geborene Kläger meldete sich am 21. September 2000 bei dem Beklagten und begehrte die Gewährung von Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG. Er gab dabei an: Sein Gewerbe habe er abgemeldet. Er teile mit seiner Freundin, die als Sängerin selbständig sei, eine Mietwohnung. Beide bezögen Wohngeld und seien privat krankenversichert. Dem Kläger wurden ein Antragsformular sowie eine Auflistung vorzulegender Unterlagen ausgehändigt. Das nicht vollständig ausgefüllte Antragsformular reichte er am 26. September 2000 an den Beklagten zurück. Der Kläger hatte lediglich seine persönlichen Daten angegeben und die Fragen nach Vermögen verneint. Angaben zu den Einkommensverhältnissen der im Haushalt lebenden Personen und zu den Wohnverhältnissen fehlten. Zu den Vermögenswerten hatte der Kläger erklärt, er besitze kein Spar- oder Bankguthaben, habe keinen Haus- oder Grundbesitz, keine vertraglich gesicherten Ansprüche gegen Dritte und keine sonstigen Vermögenswerte. Dem Antrag waren ein Bescheid des Arbeitsamts B. , mit dem ein Antrag des Klägers auf Arbeitslosengeld vom 21. September 2000 abgelehnt wurde und der Mietvertrag für die zum 1. Februar 2000 vom Kläger und Frau T. angemietete 71 m² große Wohnung in Bi. beigefügt. Ausweislich der Wohngeldbescheide bezog der Kläger im Jahr 2000 ein monatliches Wohngeld von 260 DM; Frau T. erhielt 115 DM Wohngeld monatlich. Des Weiteren waren die Einkommensteuerbescheide für das Jahr 1998 des Klägers und der Frau T. beigefügt.

Am 13. Oktober 2000 unterschrieb der Kläger einen vom Beklagten vorformulierten "Antrag auf Bewilligung von Überbrückungsleistungen als Darlehen im Sinne des § 15 b BSGH". Daraufhin bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom selben Tag Hilfe zum Lebensunterhalt als Darlehen nach § 15 b BSHG. Für September 2000 (ab 26. September) bewilligte er 72,93 DM und ab Oktober 2000 monatlich 437,64 DM, die jeweils mittels Scheck an den Kläger einschließlich des Betrages für November 2000 ausgezahlt wurden. Mit Bescheid vom 26. Oktober 2000 bewilligte der Beklagte zusätzlich Leistungen in Höhe der vom Kläger monatlich zu zahlenden Beiträge zur freiwilligen Krankenversicherung und Pflegeversicherung in Höhe von 332,10 DM (als Zuschuss). Mit Bescheid vom 1. November 2000 berechnete er die Darlehensleistungen neu und gelangte für September zu einer Nachzahlung von 33,09 DM sowie für Oktober und November zu einer Nachzahlung von je 198,51 DM. Im Dezember 2000 wurden dann der geänderte Leistungsbetrag von 636,15 DM sowie eine Weihnachtsbeihilfe von 195,00 DM ohne weiteren Bescheid an den Kläger ausgezahlt. Ein Betrag von jeweils 636,15 DM gelangte auch in den Monaten Januar bis einschließlich März 2001 zur Auszahlung. Nachdem der Kläger am 1. März 2001 den Einkommenssteuerbescheid seiner Lebenspartnerin für das Jahr 1999 vorgelegt hatte, änderte der Beklagte die laufenden Leistungen für April 2001 ohne Bescheid auf monatlich 519,99 DM. Derselbe Betrag wurde auch für Mai 2001 ausgezahlt.

Der Beklagte stellte die gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt mit Wirkung ab dem 1. Juni 2001 ein (Einstellungsbescheid vom 28. Juni 2001). Er führte aus: Gemäß § 15 b BSHG seien laufende Leistungen zum Lebensunterhalt voraussichtlich nur für kurze Dauer zu gewähren. Da der Kläger bereits seit September 2000 Darlehensleistungen erhalte, werde die Hilfe ab dem 1. Juni 2001 eingestellt. Mit einem weiteren Bescheid vom 28. Juni 2001 forderte der Beklagte den Kläger auf, die ihm darlehensweise gewährten Leistungen von insgesamt 5.157,90 DM innerhalb eines Monats zurückzuzahlen. Mit Bescheid vom 29. Juni 2001 stellte der Beklagte die monatlichen Zahlungen der Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge nach § 13 BSHG ein, da der Kläger Leistungen durch Beschäftigung erhalte.

Mit Schreiben vom 3. Juli 2001, das am selben Tag bei dem Beklagten einging, legte der Kläger "Widerspruch gegen den Bescheid vom 28. Juni 2001" ein. Mit Schreiben vom 15. Juli 2001 stellte er klar, dass sich sein Widerspruch gegen beide Bescheide vom 28. Juni 2001 richte: Er nehme erst seit dem 15. Juni 2001 an einer Umschulung teil, die mit ESF-Mitteln gefördert werde. Durch die Einstellung der Leistungen sei eine Finanzierungslücke entstanden, die für ihn eine Härte darstelle. Die Gewährung von Sozialhilfe als Darlehen sei rechtswidrig. Er stehe weiterhin im Sozialleistungsbezug. Daher könne nicht von ihm verlangt werden, dass er die ESF-Mittel verwende, um die Sozialhilfe zurückzuzahlen. Dazu legte er den Bewilligungsbescheid der Bundesanstalt für Arbeit, Arbeitsamt B. , vom 19. Juni 2001 vor, mit dem diese ihm für die Zeit vom 5. Juni 2001 bis zum 4. Juni 2002 ESF-Unterhaltsgeld (Zahlung monatlich nachträglich) in Höhe von monatlich 1.110 DM bewilligte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005 wies der Beklagte die Widersprüche gegen den Einstellungsbescheid und den Rückforderungsbescheid jeweils vom 28. Juni 2001 als unbegründet zurück. Zur Rückforderung führte er aus: Die Bescheide vom 13. Oktober 2000 und 1. November 2000 über die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe gemäß § 15 b BSHG seien bestandskräftig geworden. Im Übrigen habe es sich um eine vorübergehende Notlage gehandelt. Die Prognose des Sozialhilfeträgers zum Beginn der Hilfegewährung sei zutreffend gewesen, was der Wegfall des Hilfeanspruchs belege. Durch das Angebot der Ratenzahlung im Bescheid habe er in ermessenfehlerfreier Weise die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Klägers berücksichtigt. Das ab Juni 2001 erzielte monatliche Einkommen des Klägers und das seiner Lebenspartnerin hätten den sozialhilferechtlichen Bedarf um 440 DM überstiegen. Von der Rückforderung der darlehensweise gewährten Leistungen könne nur abgesehen werden, wenn sich die getroffene Prognoseentscheidung als unrichtig herausstelle oder die Rückzahlungsverpflichtung die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Leistungsempfängers erheblich übersteige. Dies sei hier nicht der Fall. Dementsprechend sei der Kläger zur Rückzahlung von Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von 2.537,41 EUR sowie gewährter Beihilfen von 99,70 EUR, mithin insgesamt 2.637,21 EUR, verpflichtet.

Dagegen hat der Kläger am 9. März 2005 Klage beim Verwaltungsgericht Magdeburg erhoben, welches den Rechtsstreit mit Beschluss vom 18. März 2005 an das zuständige Sozialgericht Magdeburg (SG) verwiesen hat.

Zur Begründung der Klage, mit der der Kläger nur noch begehrt hat, das Darlehen in einen verlorenen Zuschuss umzuwandeln, hat er vorgetragen: Die darlehensweise Gewährung sei rechtswidrig gewesen, denn er habe damals keine Aussicht auf eine Arbeitsstelle gehabt. An den Leistungsbezug habe sich nur eine SGB III-Maßnahme angeschlossen. Er habe bis heute keine Arbeit gefunden und könne das Darlehen nicht zurückzahlen. Im Übrigen sei der geforderte Betrag zu hoch.

Der Beklagte hat ausgeführt: Im Rahmen seiner Prognose bei der Leistungsbewilligung habe er die steigende Tendenz der Einnahmen der Lebenspartnerin berücksichtigt. Im Jahr 1998 habe deren zu versteuerndes Einkommen 14.000 DM betragen, im Jahr 1999 seien es annähernd 16.000 DM gewesen.

Mit Urteil vom 7. Dezember 2005 hat das SG den Bescheid vom 28. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 aufgehoben und den Beklagten verurteilt, die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe im Zeitraum von September 2000 bis zum Mai 2001 in rückzahlungsfreie Sozialhilfe umzuwandeln. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Sozialhilfeträger habe im Rahmen des § 15 b BSHG eine Prognoseentscheidung zu treffen, ob die Hilfebedürftigkeit voraussichtlich nur von kurzer Dauer sei. Weder aus dem Bewilligungsbescheid noch aus dem Verwaltungsvorgang ergebe sich, worauf der Beklagte seine Prognose stütze. Es sei nicht ersichtlich, weshalb er angenommen habe, der Kläger werde binnen kurzer Zeit in der Lage sein, seinen Lebensunterhalt selbst sicher zu stellen und das Darlehen zurückzahlen können. Die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfeleistungen sei daher rechtswidrig. Der Kläger habe einen Anspruch auf Rücknahme der darlehensweisen Bewilligung und des Rückforderungsbescheides. Zudem habe er einen Anspruch auf Umwandlung des Darlehens in einen verlorenen Zuschuss.

Gegen das ihm am 21. Dezember 2005 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 23. Januar 2006 Berufung eingelegt und zur Begründung ausgeführt: Der Bewilligungsbescheid vom 13. Oktober 2000 sei bestandskräftig geworden. Es komme daher nicht mehr darauf an, ob der Bescheid zu Recht auf § 15 b BSHG gestützt werden konnte. Bei bestandskräftigen Bescheiden über eine darlehensweise Gewährung von Sozialhilfeleistungen könne die Behörde die Rückzahlungspflicht durch Leistungsbescheid durchsetzen.

Auf den Hinweis des Senats vom 4. Mai 2007, dass auch bei bestandskräftigen Bewilligungsbescheiden nach § 15 b BSHG der Leistungsempfänger jederzeit die Umwandlung des Darlehens in einen verlorenen Zuschuss beantragen könne und im Zweifel der Widerspruch des Klägers gegen den "Rückforderungsbescheid" entsprechend auszulegen sei, hat der Beklagte erwidert: Zwar werde im Allgemeinen unter kurzer Dauer im Sinne von § 15 b BSHG ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten verstanden. Dies sei jedoch keine starre Grenze, zumal der Gesetzgeber keine definitive Regelung vorgegeben habe. Es sei auf die Lage des Einzelfalls abzustellen, ein maßvolles Überschreiten von sechs Monaten sei durchaus zulässig. Im Rahmen der Prognose sei auch das Einkommen der Lebensgefährtin des Klägers mit zu berücksichtigen gewesen. Aufgrund des Einkommens in den Jahren 1998 und 1999 sei von einer weiteren Steigerung der Einnahmen in den Folgejahren auszugehen gewesen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die zu treffende Prognose sei allein der Beginn der Leistungsgewährung. Letztlich habe sich die Prognose des Beklagten als richtig erwiesen, denn der Kläger sei aufgrund seines den sozialhilferechtlichen Bedarf übersteigenden Einkommens aus ESF-Mitteln in der Lage gewesen, binnen zwölf Monaten das gewährte Darlehen zurückzuzahlen.

Nachdem sich im Prozesskostenhilfeverfahren ergeben hatte, dass der Kläger über eine kapitalbildende Lebensversicherung verfügt, hat er eingeräumt, dass diese bereits im Leistungszeitraum bestanden hat. Nach Auskunft der H. –M. vom 1. Oktober 2007 betrug der Rückkaufswert der Lebensversicherung zum 1. Oktober 2000 2.217,58 EUR und zum 1. Juni 2001 2.552,49 EUR. Hierzu hat der Kläger erklärt, er habe bei Stellung des Sozialhilfeantrages auch "seine bestehende Lebensversicherung vorgelegt". Der Sachbearbeiter, der den Antrag des Klägers aufgenommen habe, habe die Versicherung geprüft und sie wegen der zu geringen Beträge nicht weiter berücksichtigt und die Versicherungsunterlagen an den Kläger zurückgegeben. Das könne seine damalige Lebensgefährtin bestätigen. Wegen des geringen Wertes sei er schon nicht verpflichtet gewesen, gegenüber dem Beklagten überhaupt Angaben zur Lebensversicherung zu machen. Er sei im September 2000 zweifellos hilfebedürftig gewesen. Es habe keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass seine Bedürftigkeit nicht länger anhalten werde.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 7. Dezember 2005 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Zur Lebensversicherung führt er aus: Unter Berücksichtigung der Vermögensfreibeträge nach § 1 Abs. 1 Nr. 1a der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG in Höhe von 1.278 EUR für den Kläger und 614 EUR für seine Lebensgefährtin habe der Kläger den übersteigenden Betrag von 325,58 EUR zunächst für seinen Lebensunterhalt einsetzen müssen. Im Juni 2001 hätte der Kläger wegen des Anstiegs des Rückkaufswertes auf 2.252,48 EUR einen weiteren Betrag von 334,90 EUR einsetzen müssen. In Kenntnis des Lebensversicherungsvermögens hätte er gemäß § 89 BSHG ebenfalls nur darlehensweise Leistungen gewähren können. Der Kläger könne sich nicht mehr darauf berufen, zum Zeitpunkt der Hilfegewährung durch den Beklagten völlig mittellos gewesen zu sein. Er halte die Rückforderung von 2.637,19 EUR vollständig aufrecht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie seiner Widerspruchsvorgänge und das Protokoll der mündlichen Verhandlung des Senats ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung ist nach § 144 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, da der Streitwert die Berufungsgrenze übersteigt. Sie ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt worden (§ 151 SGG).

Die Berufung des Beklagten ist begründet, soweit er vom Kläger die Zahlung eines Betrags von 325,80 EUR (637,21 DM) fordert. Wegen des darüber hinausgehenden Rückzahlungsbetrags von 2.311,40 EUR (mit Leistungsbescheid vom 28. Juni 2001 wurde ein Rückzahlungsbegehren von insgesamt 2.637,19 EUR geltend gemacht) ist die Berufung unbegründet. Insoweit hat das SG im Ergebnis zu Recht den Bescheid des Beklagten vom 28. Juni 2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005 aufgehoben.

Gegenstand des Verfahrens ist nur der Bescheid vom 28. Juni 2001, mit dem der Beklagte die Rückzahlung der zuvor darlehensweise bewilligten Sozialhilfeleistungen gefordert hat, in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. März 2005. Den weiteren Bescheid vom 28. Juni 2001, mit dem die Leistungsgewährung mit Wirkung ab dem 1. Juni 2001 eingestellt wurde, hat der Kläger nicht mehr mit der Klage angegriffen. Streitig ist somit in der Sache nur noch, ob der Kläger die ursprünglich als Darlehen erhaltenen Sozialhilfeleistungen an den Beklagten zurückzahlen muss oder ob er einen Anspruch darauf hat, dass die Leistungen in einen nicht zurückzuzahlenden Zuschuss umgewandelt werden.

Richtige Klageart für dieses Begehren ist eine Anfechtungsklagen nach § 54 Abs. 1 SGG, soweit sich der Kläger gegen die Rückforderung der erbrachten Leistungen richtet. Soweit der Kläger eine Umwandlung der als Darlehen erbrachten Leistungen begehrt, ist eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG die richtige Klageart.

Die Beklagte hat sich für die Geltendmachung ihres Rückforderungsanspruches zulässigerweise der Rechtsform des Verwaltungsaktes bedient. Die Rückzahlung eines Darlehens nach § 15 b BSHG kann mittels Leistungsbescheid geltend gemacht werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn vor der Ausreichung des Darlehens kein gesonderter (privat- oder öffentlich-rechtlicher) Vertrag geschlossen wurde (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 17. Mai 1988, Az: 8 A 189/87, FEVS 41,193; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 24.07.1996, Az.: 6 S 252/95, FEVS 47,216; Birk in LPK- BSHG, 5. Aufl. 1998, § 15 b RN 25).

Die Rechtsmäßigkeit des Bescheides, mit dem die Rückzahlung der erbrachten Leistungen begehrt wird, setzt dabei einen Rückforderungsanspruch gegen den Leistungsempfänger voraus. Als Rechtsgrundlage für einen solchen Rückforderungsanspruch kommt hier der Bescheid des Beklagten vom 13. Oktober 2000, mit dem er Sozialhilfeleistungen als Darlehen nach § 15 b BSHG bewilligte, in Betracht. Mit der nur darlehensweisen Bewilligung der Leistung wird zugleich dem Grunde nach ein Rückforderungsanspruch gegen den Leistungsempfänger begründet. Der Kläger hat den Bescheid vom 13. Oktober 2000 nicht mit dem Widerspruch angefochten. Er ist somit bestandskräftig geworden. Gründe für dessen Nichtigkeit i.S.v. § 40 Abs. 1 SGB X sind nicht ersichtlich. Aufgrund seiner Bestandskraft ist der Bescheid für die Beteiligten verbindlich, ohne dass es insoweit auf seine Rechtmäßigkeit ankommt. Es kommt daher auch nicht darauf an, ob im Zeitpunkt der Darlehensgewährung die Voraussetzungen des § 15 b BSHG vorlagen. Infolge der Bestandskraft des Bescheides besteht zugleich grundsätzlich die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers bei Fälligkeit des Darlehens, die sich aus den entsprechend anwendbaren Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ergibt und mittels Verwaltungsakt durch einseitige hoheitliche Regelung konkretisiert wird (vgl. VGH Baden-Württemberg, a.a.O.). Auch dem bestandkräftigen Leistungsentscheid wird aber die Grundlage entzogen, soweit der Kläger einen noch durchsetzbaren, vom Beklagten zu berücksichtigenden Anspruch auf Umwandlung des ihm gewährten Darlehens in einen nicht rückzahlbaren Zuschuss hat. Dies ist hier zum überwiegenden Teil der Fall; der Beklagte hat insoweit eine Umwandlung des gewährten Darlehens in einen Zuschuss zu Unrecht abgelehnt.

Mit der Geltendmachung der Rückzahlungsforderung hat der Beklagte konkludent die Entscheidung getroffen, die Darlehensbewilligung nicht in eine Zuschussleistung umzuwandeln. Auch dagegen hat sich der Kläger mit seinem Widerspruch gewandt, indem er ausdrücklich begehrt hat, das gewährte Darlehen in eine Zuschussleistung umzuwandeln. Dieses hat der Beklagte in den Gründen des Widerspruchsbescheids abgelehnt in dem er ausgeführt hat: Von der Rückzahlung sei nicht abzusehen, denn es lägen keine Gründe für eine Umwandlung des Darlehens in einen Zuschuss vor. Damit ist das Vorverfahren sowohl im Hinblick auf den mit Leistungsbescheid geltend gemachten Rückzahlungsanspruch des Beklagten als auch im Hinblick auf das Umwandlungsbegehren des Klägers durchgeführt, so dass beide Entscheidungen einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich sind.

Hier hat der Beklagte es zu Unrecht abgelehnt, dass dem Kläger gewährte Darlehen (überwiegend) zwischenzeitlich in eine Zuschussleistung umzuwandeln. Denn aufgrund des Verlaufs des Hilfefalls ab der erstmaligen Gewährung von Sozialhilfeleistungen als Darlehen steht – allein bereits aufgrund des mehr als acht Monate andauernden Leistungsbezugs – fest, dass sich der Kläger nicht in einer nur vorübergehenden Notlage befand. Dieser Umstand war unabhängig von der Bestandskraft der Darlehensbewilligung und Richtigkeit der damaligen Prognoseentscheidung bei der Entscheidung über die Geltendmachung des Rückzahlungsbegehrens mittels Leistungsbescheids von Amts wegen durch den Sozialhilfeträger zu berücksichtigen.

Grundsätzlich ist ein Sozialhilfeträger verpflichtet, den Hilfefall ständig unter behördlicher Kontrolle zu behalten, um möglichen Veränderungen in der Sach- und Rechtslage umgehend Rechnung tragen zu können (stdge. Rspr. d. BVerwG, vgl. Urteil vom 3. Juli 1968, Az.: V C 33.68, FEVS 16,255).

Hier lagen jedenfalls nach dem Ablauf eines Zeitraums der Leistungsgewährung von mehr als sechs Monaten die Voraussetzungen des § 15 b BSHG für eine darlehensweise Leistung nicht mehr vor. Denn die Vorschrift gibt dem Träger der Sozialhilfe die Möglichkeit (als Ermessensentscheidung), bei nur vorübergehender Gewährung von laufenden Leistungen zum Lebensunterhalt die Hilfe als Darlehen zu gewähren. Zentrale Voraussetzung dieser Form der Hilfegewährung ist, dass die Leistungen voraussichtlich nur für kurze Dauer zu gewähren sind. Hierbei handelt es sich um einen unbestimmten Gesetzesbegriff, dessen Anwendung der vollen gerichtlichen Nachprüfung unterliegt. Die kurze Dauer bestimmt sich dabei nach dem voraussichtlichen Zeitraum der Gewährung von Sozialhilfeleistungen. Dabei entspricht es Sinn und Zweck der Regelung, vor allem aus dem Zusammenhang mit § 21 Abs. 2 Satz 2 BSHG, dass eine Abgrenzung auf der Linie zwischen "vorübergehendem Bedarf" und dem "länger andauernden Bedarf" zu verlaufen hat. Auf dieser Grundlage wurde in der Folgezeit in Verwaltungspraxis und Rechtsprechung in der Regel ein Zeitraum von bis zu sechs Monaten als angemessen für die "kurze Dauer" angesehen (vgl. Schellhorn, Komm. zum BSHG, 14. Aufl., § 15 b RN 7).

Nach Ablauf dieses Zeitraums bzw. spätestens im Zeitpunkt der Einstellung der Leistungen (mit Bescheid vom 28. Juni 2001 für die Zeit ab 1. Juni 2001) stand fest, dass Sozialhilfeleistungen für einen Zeitraum von mehr als sechs Monaten, hier mehr als acht Monate, geleistet worden waren und damit die Voraussetzungen des § 15 b BSHG (zumindest) nicht (mehr) vorlagen. Die laufenden Leistungen wären spätestens ab April 2001 als Zuschuss zu erbringen gewesen.

Hinsichtlich der bis zu diesem Zeitpunkt erbrachten Darlehensleistungen war die bisherige Form der Leistungserbringung zu überprüfen. Zwar müssen nicht in jedem Fall, in dem eine – im Zeitpunkt der Hilfeentscheidung nicht fehlerhafte – Prognose durch den späteren Ablauf widerlegt wird, rückwirkende Konsequenzen gezogen werden. Der Träger der Sozialhilfe muss jedoch im Rahmen der Ausübung des pflichtgemäßen Ermessens entscheiden, ob er das Darlehen auch rückwirkend in einen verlorenen Zuschuss umwandelt. Auf der Grundlage der dargelegten Verpflichtung des Leistungsträgers im Sozialhilferecht, den Hilfefall zu überwachen und die Hilfeerbringung entsprechend der erkannten Entwicklung auszurichten, verdichtet sich dabei – unter Berücksichtigung des Gleichbehandlungsgrundsatzes (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz) und des Grundsatzes der wirksamen Hilfe zur Selbsthilfe (§ 1 Abs. 2 Satz 1 BSHG) – das Ermessen in der Regel dahin, dass der Sozialhilfeträger verpflichtet ist, das Darlehen bei einer länger als sechs Monate andauernden Hilfebedürftigkeit in eine Beihilfe umzuwandeln. Denn grundsätzlich darf ein Hilfeempfänger, bei dem sich erst nachträglich herausstellt, dass seine Notlage langfristig ist, nicht schlechter gestellt werden als derjenige, bei dem von Anfang an von einer längerfristigen Bedürftigkeit ausgegangen wird (vgl. Birk, LPK-BSHG, 5. Aufl., § 15 b RN 12).

Dem Beklagten ist zwar zuzubilligen, dass die genannte Sechs-Monats-Grenze keine starre Frist ist, die als Obergrenze zu berücksichtigen ist. Es mag Fälle geben, in denen ein kurzzeitiges Überschreiten der Frist (um wenige Tage) möglich ist, wenn eine relevante Änderung der Sachlage unmittelbar bevorsteht (z.B. bei einem unmittelbar bevorstehenden Rentenbeginn). Eine solche maßvolle Fristverlängerung kann jedoch den hier liegenden Fall einer noch zwei Monate länger andauernden Hilfebedürftigkeit nicht erfassen.

Selbst wenn Ende Juni 2001 die Notlage des Klägers behoben war, weil er aufgrund seiner Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme und den Bezug von ESF-Mitteln über hinreichendes eigenes Einkommen verfügte, und in der Lage war, aus eigenen Kräften seinen notwendigen Lebensunterhalt zu bestreiten, bedeutet dies nicht, dass eine Umwandlung unterbleiben und das Rückzahlungsbegehren geltend gemacht werden konnte. Denn gerade das Beispiel desjenigen, dessen Einkommen gerade so den sozialhilferechtlichen Bedarf deckt, zeigt, dass mit dem Entfallen eines Anspruchs auf aktuelle laufende Hilfe zum Lebensunterhalt noch nichts über eine mögliche Rückforderung und die Konsequenzen für den Adressaten dieser Rückforderung gesagt ist. Die gebotene Ermessenentscheidung wird auch nicht dadurch überflüssig, dass im Rahmen der Vollstreckung schwerwiegende Konsequenzen für den ehemaligen Sozialhilfeempfänger vermieden werden könnten. Eine solche Sichtweise greift zu kurz, weil sie gerade die Umstände des Einzelfalls nicht berücksichtigt. Sich nach Eingang des Widerspruchs allein auf die Möglichkeit der Stundung oder Ratenzahlung zurückzuziehen, ohne die Umwandlung des Darlehens in eine Beihilfe in Betracht zu ziehen, wird der Zielsetzung des BSHG nicht gerecht, denn Sozialhilfeleistungen sollen den Leistungsempfänger dazu bringen, künftig ohne sie zu leben (§ 1 Abs. 2 Satz 2 BSHG). In die Ermessensentscheidung über die Rückforderung ist daher auch einzustellen, dass es Sinn und Zweck des BSHG auch ist, das Neuentstehen von Notlagen zu verhindern. Wird mit dem Rückzahlungsbegehren – wie hier – die Leistung eines Mehrfachen eines Monatseinkommens gefordert, so hat der Sozialhilfeträger zu prüfen, ob diese Belastung unter Berücksichtigung der gesamten Einkommens- und Vermögenssituation des Darlehensempfängers angemessen und zweckmäßig erscheint. Diese Überlegungen sowie Aspekte der Gleichbehandlung hat der Beklagte weder bei Erlass des angegriffenen Verwaltungsakts vom 28. Juni 2001 noch im Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005 einbezogen.

Nach alledem erweist sich die Ermessensentscheidung des Beklagten, das gewährte Darlehen nicht in einen Zuschuss umzuwandeln und den geleisteten Betrag vollständig zurückzufordern, als überwiegend rechtswidrig. Insoweit die Beklagte verpflichtete ist, die gewährte Leistungen durch Bescheid in einen Zuschuss umzuwandeln, kann sie auch auf der Grundlage des bestandskräftigen Bescheides vom 13. Oktober 2000 materiell-rechtlich keine Rückzahlung begehren, so dass der Rückforderungsbescheid insoweit rechtswidrig ist. Die grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten zum rechtmäßigen Handeln schließt es aus, eine Rückforderung durchzusetzen, wenn (1.) deren formeller Bestand nur auf der Unterlassung der Umwandlung in einen Zuschuss beruht und (2.) der Anspruch auf die Umwandlung zulässigerweise zusammen mit der Anfechtung des Rückforderungsbescheides geltend gemacht worden ist.

Ein Anspruch auf eine Umwandlung der darlehensgewährten Leistung in einen Zuschuss scheidet nach Auffassung des Senats hier aber insoweit aus, wie für den Zeitraum der Leistungsbewilligung aus anderen Gründen kein Anspruch auf als Zuschuss zu gewährende Sozialhilfe bestand. Ein solcher Grund bestand hier, weil der Kläger über Vermögen verfügte, welches er zur Sicherung seines Lebensunterhalts vor dem Bezug von Sozialhilfeleistungen einzusetzen hatte. Insoweit kann dem Kläger auch kein Anspruch darauf zustehen, die ihm gewährte Leistung endgültig behalten zu können. Das Vermögen, welches der Kläger auch noch im Zeitpunkt des Erlasses des Rückforderungsbescheids sowie im Zeitpunkt der Entscheidung über den Widerspruch am 3. März 2005 zur Verfügung stand, steht – soweit es vorrangig zur Sicherung des Lebensunterhalts einzusetzen ist – einem Anspruch auf Umwandlung des Darlehens nach § 15 b BSHG in einen Zuschuss entgegen.

Im Hinblick auf diesen Teilbetrag von 637,21 DM (entspricht 325,80 EUR) hatte der Kläger keinen Anspruch auf Hilfe zum Lebensunterhalt als Zuschuss. Bei Stellung des Sozialhilfeantrags am 21. September 2000 verfügte der Kläger über ein zu berücksichtigendes Vermögen, welches grundsätzlich die Hilfebedürftigkeit ausschloss. Denn der Kläger war - wie sich erst im Berufungsverfahren ergeben hat – bereits im Jahre 2000 selbst berechtigter Inhaber einer kapitalbildenden Lebensversicherung, die ausweislich der Bescheinigung der H. –M. Versicherung vom 1. Oktober 2007 zum 1. Oktober 2000 einen Rückkaufswert von 2.217,58 EUR hatte. Diese Lebensversicherung war bei der Beurteilung der Hilfebedürftigkeit als vorhandener Vermögenswert zu berücksichtigen.

Auf Sozialhilfe besteht gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 BSHG ein Anspruch, soweit das BSHG bestimmt, dass die Hilfe zu gewähren ist. Hilfe zum Lebensunterhalt ist gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 BSHG demjenigen zu gewähren, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen beschaffen kann. Gemäß § 2 Abs. 1 BSHG erhält Sozialhilfe nicht, wer sich selbst helfen kann oder die erforderliche Hilfe von anderen erhält. Dieser Nachrang der Sozialhilfe schließt insbesondere auch die Verpflichtung ein, zunächst das eigene Einkommen und Vermögen (des Hilfesuchenden) zur Deckung des Bedarfs zu verwenden, bevor Sozialhilfeleistungen in Anspruch genommen werden können. Zum Vermögen gehört gemäß § 88 Abs. 1 BSHG das gesamte verwertbare Vermögen des Hilfesuchenden. Dazu gehören – im gegebenen Fall – grundsätzlich auch verwertbare Forderungen, wie hier der Anspruch auf den Rückkaufswert der Kapitallebensversicherung. Dies gilt selbst dann, wenn die Veräußerung einer solchen Versicherung wirtschaftlich nicht günstig ist, wie oftmals bei Kapitallebensversicherungen. Der Rückkaufswert ist ein Vermögen im Sinne von § 88 Abs. 1 BSHG. Dieses ist im Sinne der genannten Regelung auch verwertbar. Nicht verwertbar sind Vermögensgegenstände, die zum Fortbestand der eigenen Existenz unentbehrlich sind (Hausrat und notwendige Arbeitsgeräte) sowie Vermögensgegenstände, deren Verwertung im Augenblick aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen nicht möglich ist (Wertpapiere oder gesperrte Guthaben). Zu derartigen unverwertbaren Vermögensgegenständen gehört die kapitalbildende Lebensversicherung nicht.

Nach § 88 Abs. 2 BSHG darf Sozialhilfe nicht vom Einsatz oder von der Verwertung von kleineren Barbeträgen oder sonstiger Geldwerte abhängig gemacht werden; dabei ist eine besondere Notlage des Hilfesuchenden zu berücksichtigen (§ 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG). § 1 Abs. 1 Nr. 1a der nach § 88 Abs. 4 BSHG ergangenen Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG konkretisiert die kleineren Barbeträge oder sonstigen Geldwerte in diesem Zusammenhang dahingehend, dass dies bei der Hilfe zum Lebensunterhalt – wie im gegebenen Fall nach § 11 BSHG – ein Grundbetrag von 2.500,00 DM des Hilfesuchenden sowie ein weiterer Betrag von 1.200,00 DM für den nicht getrennt lebenden Ehegatten sind. Insoweit ist die Lebensgefährtin des Klägers entsprechend zu behandeln. Mithin bleibt im vorliegenden Fall ein Gesamtbetrag von 3.700,00 DM als sog. Schonvermögen anrechnungsfrei. Die Freibeträge wurden nach Euro-Einführung auf 1.279,00 EUR bzw. 614,00 EUR aufgerundet. Da es hier jedoch um die Verhältnisse im Jahr 2000 geht, ist auf der Basis der DM-Beträge zu rechnen und erst der Gesamtbetrag auf Euro umzurechnen. Der vom Versicherer bestätigte Rückkaufswert von 2.217,58 EUR zum 1. Oktober 2000 entspricht einem DM-Betrag von 4.737,21. Hiervon ist der Freibetrag von 3.700,00 DM abzuziehen, so dass ein überschießender anzurechnender Vermögensbetrag von 637,21 DM verbleibt. Dieser das Schonvermögen übersteigende Betrag von 637,21 DM war grundsätzlich zur Bestreitung des Lebensunterhalts einzusetzen und schloss eine Hilfegewährung nach § 11 BSHG aus.

Eine besondere Notlage im Sinne von § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG i.V.m. § 2 Abs. 1 der Verordnung zur Durchführung des § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG ist weder vom Kläger substantiiert dargelegt worden, noch ist dies anderweitig für den erkennenden Senat ersichtlich. Die weiteren Tatbestände von § 88 Abs. 2 BSHG sind nicht einschlägig, insbesondere ist für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 Nr. 1a BSHG nichts ersichtlich. Auch die Voraussetzungen von § 88 Abs. 3 BSHG liegen nicht vor. Danach darf die Sozialhilfe ferner nicht von dem Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist gemäß § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG bei der – allerdings hier nicht begehrten – Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Dafür, dass die angemessene Lebensführung des Klägers beim Einsatz seines den Schonbetrag übersteigenden Vermögens wesentlich erschwert würde, ist – auch unter Berücksichtigung der Regelung von § 88 Abs. 3 Satz 2 BSHG nicht ersichtlich. Diesbezüglich hat der Kläger selbst keine Angaben gemacht. Zudem ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die kapitalbildende Lebensversicherung der Aufrechterhaltung oder Schaffung einer angemessenen Alterssicherung dient. Im Übrigen wäre dies nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur zu berücksichtigen, wenn die Versicherung nachweislich zur Alterssicherung diente (vgl. BverwG, Urteil vom 19. Dezember 1997, Az.: 5 C 7/96, FEVS 48, 145).

Der Kläger könnte in diesem Zusammenhang auch nicht mit Erfolg einwenden, dass der Rückkaufswert der Lebensversicherung nicht der Summe der zuvor eingezahlten Beiträge entspreche, wodurch bei Verwertung durch Verkauf ein Verlust entstehe. Die Verwertung der Lebensversicherung zur Realisierung des Rückkaufwerts stellt für den Kläger auch insofern keine besondere Härte i.S.v. § 88 Abs. 3 BSHG dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts liegt einer besondere Härte auch dann nicht vor, wenn der Rückkaufswert einer Lebensversicherung um mehr als die Hälfte hinter den auf sie erbrachten Eigenleistungen des Versicherungsnehmers zurückbleibt (BVerwG, Urteil vom 19.12.1997, Az. 5 C 7/96, NJW 1998, S. 1879). Es kann offen bleiben, ob diese Rechtsprechung weiter maßgeblich ist. Die Feststellung der besonderen Härte erfordert in jedem Fall eine Einzelfallbetrachtung, die über die Feststellung einer Unwirtschaftlichkeit der Verwertung hinausgeht. Ähnlich wie bei dem nunmehr in § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) verwendeten Begriff der besonderen Härte ist zu fordern, dass dem Betroffenen ein außergewöhnliches Opfer abverlangt wird, das deutlich über das Maß hinausgeht, was sich stets bei mit einer Vermögensverwertung verbundenen Einschnitten ergibt. Eine solche besondere Härte kann sich ergeben, wenn ein Hilfebedürftiger kurz vor dem Rentenalter seine für die Altersvorsorge vorgesehenen Ersparnisse einsetzen muss, obwohl seine gesetzliche Rentenversicherung Lücken wegen selbständiger Tätigkeit aufweist (vgl. BT-Drs. 15/1749 S. 32). Eine solche Konstellation kommt im konkreten Fall schon deshalb nicht in Betracht, weil der 1955 geborene Kläger nicht kurz vor Erreichen des Rentenalters stand und weil auch die zu verwertete Lebensversicherung noch keine so hohen Anwartschaften aufwies, dass deren Ausfall schon eine besondere Härte im Hinblick auf die Lebensplanung für das Alter begründen konnte. Auch sonst sind keine Umstände ersichtlich, die die Annahme einer besonderen Härte begründen könnten.

Der Rückkaufswert der kapitalbildenden Lebensversicherung ist daher rechtlich verwertbar und einzusetzen, da die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 und 3 BSHG nicht vorliegen. Aufgrund dieses Vermögens hatte der Kläger bis zu seinem Verbrauch keinen Anspruch auf laufende Hilfe zum Lebensunterhalt gemäß § 11 BSHG als verlorenen Zuschuss. Denn nach § 89 Satz 1 BSHG soll die Sozialhilfe als Darlehen gewährt werden, soweit nach § 88 BSHG – wie hier – für den Bedarf des Hilfesuchenden Vermögen einzusetzen ist, jedoch der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung des Vermögens nicht möglich ist oder für den, der es einzusetzen hat, eine Härte bedeuten würde. Maßgeblich ist insoweit die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Geltendmachung der Rückzahlung mit Leistungsbescheid vom 28. Juni 2001 bzw. der letzten Behördenentscheidung mit Widerspruchsbescheid vom 3. März 2005. Da zu beiden Zeitpunkten der Behördenentscheidung der Kläger noch über den Vermögenswert Kapitallebensversicherung verfügte, war das vorhandene Vermögen bei der Beurteilung des Umwandlungsbegehrens zu berücksichtigen und schloss ein solches aus. Bezogen auf diesen Teilbetrag von 325,80 EUR (entspricht 637,21 DM) ist das Rückzahlungsbegehren des Beklagten daher berechtigt.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.

Die Revision war nicht nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, weil es sich um eine Entscheidung eines Einzelfalls auf gesicherter rechtlicher Grundlage handelt.
Rechtskraft
Aus
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