Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 8 R 3190/07
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 3 R 5198/08
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2008 aufgehoben und die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen teilweiser ErwR.sminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1960 geborene Kläger hat den Beruf des Kfz-Mechanikers erlernt und war im Anschluss daran als Kfz-Mechaniker versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 1982 arbeitete er als Reifenmonteur bei der Firma E ... Er montierte insbesondere LKW-Reifen und fuhr Reifen aus. Seit 19.12.2005 ist der Kläger arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Der bei ihm festgestellte Grad der Behinderung beträgt 50 seit 17.09.2001.
Am 27.02.2007 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen ErwR.sminderung.
Die Beklagte zog hierauf das sozialmedizinische Gutachten des Dr. R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 21.04.2006 (Diagnosen: Hüftkopfnekrose beidseits, Acromioclavikulararthrose rechts; Arbeitsunfähigkeit auf Dauer bezüglich der derzeitigen Tätigkeit, positives Leistungsbild für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus), den Entlassungsbericht der Sigelklinik in Bad B. über die vom Kläger zwischen dem 09.08. und 30.08.2006 durchgeführte Heilbehandlung (Diagnosen: Hüftkopfnekrose rechts, Zustand nach Implantation einer zementfreien Hüft-TEP rechts am 27.07.2006, Zustand nach Implantation einer Hüft-TEP links am 02.02.2006 wegen Hüftkopfnekrose, posttraumatische Gonarthrose links, Zustand nach Kreuzbandruptur, Nikotin- und Alkoholabusus; sozialmedizinische Leistungsbeurteilung: LKW-Reifenmonteur unter drei Stunden, leichte Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen sechs Stunden und mehr) und ärztliche Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte aus den Jahren 1981 bis 2006 bei. Im Anschluss daran ließ die Beklagte den Kläger durch den Orthopäden Dr. S. begutachten. Dieser kam in seinem Gutachten vom 17.04.2007 zu dem Ergebnis, der Kläger leide unter einem Zustand nach Hüft-TEP-Implantation beidseits zementfrei 2006 bei etyltoxischer Hüftkopfnekrose beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkung, einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom bei mäßiggradiger S-förmiger thorako-lumbaler Skoliose mit beginnenden degenerativen Aufbraucherscheinungen in den unteren Segmenten lumbal mit geringer Funktionseinschränkung, einem Nikotin- und Alkoholabusus, einer mäßiggradigen medialen Gonarthrose beidseits, beginnenden Retropatellararthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung bei Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur links und einer Impingementsituation beidseits mit AC-Gelenksarthrose rechts mit mäßiggradiger Funktionseinschränkung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers als LKW-Reifenmonteur sei nicht mehr leidensgerecht. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in überwiegend sitzender, zeitweise stehender und gehender Arbeitsposition ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 15 kg ohne mechanische Hilfsmittel, kniende und gehockte Tätigkeiten, Besteigen von Leitern und Gerüsten und längeres Arbeiten auf unebenem Grund seien dem Kläger jedoch weiterhin vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 20.04.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Bei diesem Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Seinen dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger mit sich nach kurzem Gehen und Sitzen ergebenden Schmerzen in den Hüften, Knien und in der Wirbelsäule. Er legte eine Bescheinigung der Firma E. vor, wonach die Firma nur Mitarbeiter in ein Festangestelltenverhältnis übernimmt, wenn diese einen Beruf im Kfz-Handwerk erlernt haben.
Die Beklagte zog den Entlassungsbericht über die ambulante Rehabilitationsmaßnahme des Klägers in der Psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstelle in I., die der Kläger zwischen dem 08.01. und 11.06.2007 absolvierte, bei. In diesem Entlassungsbericht sind als Diagnosen psychische und Verhaltungsstörungen durch Alkohol und durch Tabak, ein Asthma bronchiale, eine sekundäre multiple Arthrose und sonstige sekundäre Knochennekrose genannt. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung heißt es, der Kläger könne als Kfz-Mechaniker nur noch unter drei Stunden arbeiten. Auch leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne schweres Heben, ständiges Gehen oder Stehen, beidhändiges Arbeiten etc. seien ihm nur noch unter drei Stunden täglich möglich.
Die Beklagte hörte noch die Firma E. GmbH, die mitteilte, der Kläger habe LKW-Reifen montiert und Reifen ausgefahren. Es habe sich um eine Tätigkeit gehandelt, die im allgemeinen von Facharbeitern verrichtet werde. Der Kläger sei in die Lohngruppe W 32 L eingestuft gewesen und habe einen Monatslohn in Höhe von 1.989,02 EUR gehabt.
Außerdem hörte die Beklagte den Chirurgen Dr. Zopf, der die Auffassung vertrat, der Kläger könne als Kfz-Kundendienstberater mehr als sechs Stunden pro Tag, als Hausmeister nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tätigkeit des Klägers als Reifenmonteur sei dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Diese Tätigkeit könne der Kläger nach den medizinischen Feststellungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er könne jedoch eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Damit sei er nicht berufsunfähig.
Hiergegen hat der Kläger am 19.09.2007 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er zunächst ausgeführt, sein Leistungsvermögen sei aufgrund der massiven orthopädischen Beschwerden und der alkoholbedingten psychischen Verhaltensstörung auf zur Zeit weniger als drei Stunden täglich gesunken. Insbesondere sei er nicht mehr in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reifenmonteur drei Stunden oder mehr täglich auszuüben. Eine angemessene Verweisungstätigkeit sei nicht ersichtlich. Die Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle einer Behörde oder eines Betriebs könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten. Im Übrigen verfüge er nicht über die erforderlichen Grundkenntnisse im Umgang mit dem PC bzw. über Grundkenntnisse im kaufmännischen Bereich.
Das SG hat den Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. H., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N., den Orthopäden Dr. U. und die Ärzte der Orthopädischen Universitätsklinik I. als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. H. hat am 13.12.2007 mitgeteilt, der Kläger leide auf pneumologischen Fachgebiet unter einer chronisch obstruktiven Lungenventilationsstörung. Er sei jedoch aus seiner fachlichen Sicht noch in der Lage, ganztags (d.h. acht Stunden täglich) als Kfz-Mechaniker zu arbeiten.
Dr. N. hat am 20.12.2007 ausgeführt, er habe beim Kläger im Dezember 2005 die Diagnose einer Hüftkopfnekrose beidseits mit Operationsindikation gestellt. Durch die Operationen beidseits mit Totalendoprothesen sei eine gewisse Erleichterung in der Bewältigung des täglichen Lebens und eine Schmerzreduktion eingetreten. Als Kfz-Mechaniker könne der Kläger jedoch keine acht Stunden täglich mehr arbeiten. Leichte Tätigkeiten könne er aber noch vollschichtig verrichten.
Dr. Jung, Oberarzt Orthopädie I der Orthopädischen Universitätsklinik I., hat in seiner Auskunft vom 18.12.2007 berichtet, er habe beim Kläger im Februar 2007 einen Zustand nach zementfreier Hüftgelenksprothesenimplantation im Februar und Juli 2006 und im November 2007 einen Zustand nach Metacarpale III- und IV-Fraktur mit intramedullärer Schienung der Metacarpale IV-Fraktur diagnostiziert. Er meine, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, ganztags, d.h. acht Stunden täglich, als Kfz-Mechaniker zu arbeiten. Aus orthopädischer Sicht sei davon auszugehen, dass er maximal vier Stunden täglich als Kfz-Mechaniker tätig sein könne. Eine leichte Arbeit im Bewegungswechsel ohne Zwangshaltungen in der tiefen Hocke, im Liegen und im Knien könne er jedoch noch vollschichtig verrichten.
Dr. U. hat am 18.01.2008 mitgeteilt, beim Kläger bestehe ein Zustand nach Hüft-TEP rechts und links, eine primäre Gonarthrose beidseits und eine bekannte Thorakal- und Lumbalskoliose. Am 08.10.2007 sei eine Vorstellung wegen einer Fraktur der Mittelhandknochen III und IV und einer offenen Wunde der linken Hand erfolgt. Als Kfz-Mechaniker und als Reifenmonteur könne der Kläger nicht mehr arbeiten. Leichte Tätigkeiten, die nicht mit schwerem Heben und Verweilen in entsprechenden körperlichen Zwangshaltungen über einen längeren Zeitraum verbunden seien, seien ihm noch vollschichtig möglich.
Im Anschluss daran hat das SG PD Dr. D., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der St. R.-Klinik in Bad B., mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. O., Chefarzt der Klinik für Neurologie der St. R.-Klinik in Bad B., mit der Erstattung eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens beauftragt.
Dr. O. hat in seinem Gutachten vom 20.06.2008 die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades gestellt. Leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Akkord- oder Nachtarbeiten, überwiegende und dauernde Zwangshaltungen wie häufiges Bücken oder kniende Tätigkeiten, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss und unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, auf Leitern oder Gerüsten, beruflich notwendigem Kontakt mit Alkohol und besonderer geistiger Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung seien dem Kläger vollschichtig möglich. Auch Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen könnten verrichtet werden.
PD Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 17.07.2008 chronisch rezidivierende Lumbalgien mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei Skoliose und Verdacht auf Osteoporose der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche nachweisbare Funktionsstörungen, Zervikobrachialgien links mehr als rechts mit geringen nachweisbaren Funktionseinschränkungen, in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilte Frakturen der Mittelhandknochen III und IV links, erhebliche Arthrosen an der Handwurzel beidseits und leichte Arthrosen der Daumensattelgelenke ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, einen Zustand nach Hüftendoprothesen beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, Gonalgien beidseits und eine leichte anteromediale Instabilität am linken Kniegelenk mit geringen nachweisbaren Funktionseinschränkungen, Schmerzen in beiden Sprunggelenken und Füßen bei Senk- Spreizfuß beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, eine Aggravation, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades, eine Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent, und eine Nikotinabhängigkeit diagnostiziert. Leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, gleichförmige Körperhaltungen wie Rumpfvorhaltungen, anhaltendes Hocken oder Knien, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten verbunden mit Absturzgefahr, Arbeiten bei ungünstiger Witterung, Tätigkeiten mit beruflich notwendigem Kontakt mit Alkohol, besonderer geistiger Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung sowie Akkord- oder Nachtarbeiten und Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen und Nässe seien dem Kläger noch ganzschichtig, d.h. sechs bis acht Stunden täglich, möglich. Auch Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen könne der Kläger verrichten.
Anlässlich der Öffentlichen Sitzung des SG am 23.10.2008 hat der Kläger erklärt, einen PC zu besitzen. Er habe in der Vergangenheit einen PC-Grundkurs gemacht. Wie man einen PC richtig bediene oder richtig damit arbeite, wisse er aber nicht. Wenn er eine Taste drücke, habe er gleich vier Mal den selben Buchstaben. Mit der Reparatur von PKW`s habe er seit 1981 nichts mehr zu tun.
Mit Urteil vom 23.10.2008 hat das SG, nachdem der Kläger nur noch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt hat, den Bescheid der Beklagten vom 20.04.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 06.09.2007 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.10.2007 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger genieße Berufsschutz als Facharbeiter. Aus medizinischen Gründen sei er nicht mehr in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Facharbeitertätigkeit eines Kfz-Mechanikers zu verrichten. Auch ein zumutbarer Verweisungsberuf sei nicht zu benennen. Die Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle in einer Behörde oder in einem Betrieb wäre ihm zwar sozial zumutbar, auch eine solche Tätigkeit sei ihm jedoch aus medizinischer Sicht wegen der Gebrauchsminderung seiner linken Hand nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Hiergegen richtet sich die am 11.11.2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie führt im Wesentlichen aus, der Kläger genieße keinen Berufsschutz, zumindest nicht als Facharbeiter. Er habe nur in einem Teilbereich des dreijährigen Ausbildungsberufes "Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik" gearbeitet. Es sei nicht ersichtlich, dass er über die gleichen Kenntnisse und Fertigkeiten wie ein entsprechend Ausgebildeter verfüge. Selbst wenn man jedoch von einem Facharbeiterstatus des Klägers ausginge, so wäre er zumutbar auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters zu verweisen. Die Gutachter hätten keine wesentlichen Funktionseinschränkungen der linken Hand gesehen und Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen als möglich bezeichnet. Ergänzend hat die Beklagte einen Auszug aus einem Beschluss des erkennenden Senats vom 13.11.2000 - L 3 RJ 4510/99 - und Unterlagen aus dem Berufenet über den Beruf des Mechanikers/in für Reifen- und Vulkanisationstechnik der Fachrichtung Reifen - und Fahrwerktechnik vorgelegt.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. U. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter dem 12.02.2009 mitgeteilt, er habe den Kläger nach dem 08.10.2007 nicht mehr behandelt. Über mögliche funktionelle Einschränkungen im Bereich der Hände könne er keine Aussage treffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, von Amts wegen ein Gutachten auf hand-chirurgisch-neurologischem Fachgebiet einzuholen.
Die Beschwerden und Funktionsausfälle im Bereich der Hände würden, auch wenn er sich nach dem 08.10.2007 insoweit nicht mehr in ärztlicher Behandlung befunden habe, nach wie vor in erheblichem Umfang bestehen und seien eher schlechter als besser geworden. Wegen SchultR.eschwerden könne er den Arm zwischenzeitlich kaum mehr heben und es "krache" erheblich bei entsprechenden Versuchen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger einen Arztbrief des Neurologen Prof. Dr. K. vom 29.04.2009 (Diagnosen: diskretes SUS links; Ausschluss KTS links) vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.10.2007 verurteilt. Der Kläger ist nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Er ist noch in der Lage, die ihm zumutbare Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht ihm daher nicht zu. Das Urteil des SG ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausweislich des in erster Instanz nur noch gestellten klägerischen Antrags ausschließlich ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Rente wegen voller Erwerbsminderung hat der rechtskundig vertretene Kläger vor dem SG zuletzt nicht mehr beantragt. Insoweit ist der angefochtene Bescheid bestandskräftig geworden.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend die Rechtsgrundlagen für das streitige Begehren (§ 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) und die einschlägigen Grundsätze hierzu dargelegt. Hierauf nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen der Angelernten des oberen Bereichs durch Qualitätsmerkmale auszeichnen müssen, zum Beispiel das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 03.07.2002 - B 5 RJ 18/01 R - in juris.de).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass als maßgeblicher Beruf im Sinne des Mehrstufenschemas des BSG hier die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reifenmonteur zugrunde zu legen ist, wie sich auch aus der von der Beklagten beigezogenen Arbeitgeberauskunft ergibt. Auf die erlernte Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker ist nicht mehr abzustellen, da sich der Kläger von diesem Beruf bereits 1981 aus nicht gesundheitlichen Gründen gelöst hat. Seither hat er nach seinem eigenen Vortrag vor dem SG und nach der Arbeitgeberauskunft mit der Reparatur von PKW`s nichts mehr zu tun. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Firma E. nur Kfz-Mechaniker einstellt, denn entscheidend ist die verrichtete Tätigkeit.
Diese Tätigkeit kann der Kläger seit Antragstellung am 27.02.2007, wie sich aus den Gutachten von Dr. S., PD Dr. D. und Dr. O., den Entlassungsberichten über die durchgeführten Heilbehandlungen und auch aus den Auskünften der den Kläger behandelnden Orthopäden und des Hausarztes ergibt, nicht mehr ausüben. Er kann nur noch leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie vR.unden mit Absturzgefahr, Arbeiten bei ungünstiger Witterung, beruflich notwendigen Kontakt mit Alkohol, besondere geistige Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung, Akkord- oder Nachtarbeiten und Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen und Nässe sowie längeres Arbeiten auf unebenem Grund im Bewegungswechsel vollschichtig verrichten. Dies schließt die Tätigkeit eines Reifenmonteurs, bei der es sich um eine schwere Tätigkeit handelt und die mit Zwangshaltungen und Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden ist, aus. Auch die Beklagte zieht dies nicht in Zweifel.
Das Unvermögen des Klägers, aus medizinischen Gründen seinen maßgeblichen Beruf als Reifenmonteur nicht mehr ausüben zu können, bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger bereits aus diesem Grund berufsunfähig im Sinne der gesetzlichen Vorschriften ist. Berufsunfähig ist er vielmehr erst dann, wenn es auch keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich unter Bezugnahme auf die Ausführungen des SG zum Mehrstufenschema des BSG nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Grundsätzlich darf ein Versicherter wie vom SG ausgeführt im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nur auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden.
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2002 a.a.O.).
Danach kann der Kläger entgegen der Annahme des SG nicht als Facharbeiter angesehen werden. Zwar trifft es zu, dass die Firma E. nur gelernte Kfz-Mechaniker einstellt. Dies ist jedoch nicht maßgeblich. Entscheidend ist die verrichtete Tätigkeit. Diese bestand beim Kläger nach der Arbeitgeberauskunft im Wechseln von LKW-Reifen und dem Ausfahren von Reifen. Mit der Reparatur von PKW`s hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben seit 1981 nichts mehr zu tun. Das Wechseln von LKW-Reifen und Ausfahren von Reifen umfasst nun aber weder das vollständige Berufsbild eines Kfz-Mechaniker noch dasjenige eines Mechanikers für Reifen- und Vulkanisationstechnik Fachrichtung Reifen- und Fahrwerktechnik. Zur Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers gehört vorrangig auch die vom Kläger schon jahrelang nicht mehr verrichtete Tätigkeit des Reparierens und Instandsetzens von Fahrzeugen. Der Beruf eines Mechanikers für Reifen- und Vulkanisationstechnik, dessen Kenntnisse der Kläger sich durch praktische Berufsausübung angeeignet haben könnte, beinhaltet nach den Ausführungen der Arbeitsagentur im Berufenet u.a. auch den Verkauf von Reifen, das Auswuchten derselben und insbesondere auch die Überprüfung der Fahrwerktechnik und die Wartung sowie Instandsetzung der Abgas-, Klima- und Bremsanlagen. Diese Tätigkeiten hat der Kläger nicht verrichtet. Er hat nur einen Teilbereich, den ein Facharbeiter für Reifen- und Vulkanisationstechnik zu verrichten hat, ausgeübt. Dies hat zur Folge, dass der Kläger auch nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten ausweist, die ein ausgebildeter Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik besitzt. Im Verhältnis zu anderen gelernten Mechanikern für Reifen- und Vulkanisationstechnik ist er nicht wettbewerbsfähig. Der Kläger genießt deshalb allenfalls Berufsschutz als angelernter Arbeiter im oberen Bereich.
Als Angelernter im oberen Bereich ist der Kläger sozial zumutbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle eines Betriebs verweisbar.
Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und das Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Es handelt sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort nur von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Dass dem Kläger damit ggf. nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts, denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keine Zweifel.
Mitarbeiter in einer Poststelle des Öffentlichen Dienstes werden zumindest in die Vergütungsgruppe IXb BAT eingestuft. Diese Vergütungsgruppe erfasst Angestellte in Büro-, Registratur-, Buchhalterei-, Sparkassen-, Kanzlei-, sonstigem Innendienst und im Aussendienst mit einfacheren Arbeiten (z.B. nach Schema zu erledigende Arbeiten; Postabfertigung; Führung von Brieftagebüchern; Inhaltsverzeichnissen; Führung von einfachen Karteien z.B. Zettelkatalogen, nach Eigen- oder Ortsnamen geordneten Karteien; Führung von Kontrolllisten, Einheitswertbogen und statistischen Anschreibungen; Formularverwaltung, Schreibmaterialienverwaltung; Führung von häufig wiederkehrendem Schriftwechsel nach Vordruck, insbesondere formularmäßige Bescheinigung, Benachrichtigung sowie Erinnerungen und Straffestsetzungen; Lesen von Reinschriften; Heraussuchen von Vorgängen anhand der Tagebücher). Auf eine Tätigkeit, die in die Vergütungsgruppe IXb BAT eingestuft wird, ist ein Angelernter im oberen Bereich sozial zumutbar verweisbar.
Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist der Kläger zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit dem SG auch nach seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Zwar ist einzuräumen, dass die Tätigkeit eines Reifenmonteurs und auch die gelernte Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker im handwerklichen Bereich angesiedelt ist; das hindert eine Verweisung auf eine nicht artverwandte Tätigkeit im Bürobereich jedoch nicht. Auf Grund seiner durch Ausbildung, beruflichen Werdegang und sonstiger Betätigung erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen ist der Kläger zur vollwertigen Ausübung einer solchen Tätigkeit nach einer kurzen und damit zumutbaren betrieblichen Einweisungs- oder Einarbeitungszeit in der Lage. Beim Kläger ist auf Grund seines bisherigen beruflichen Werdegangs von den für einen Mitarbeiter in der Poststelle erforderlichen organisatorischen Grundkenntnissen auszugehen. Darüber hinaus verfügt der Kläger auch am PC zumindest über Grundkenntnisse.
Die Arbeit als Mitarbeiter in einer Poststelle entspricht entgegen der Überzeugung des SG schließlich auch dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers. Hierbei stützt sich der Senat auf die schlüssigen und überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. S., PD Dr. D. und Dr. O. sowie den Entlassungsbericht über die durchgeführte Heilbehandlung in der Sigelklinik und die sachverständigen Zeugenauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte. Danach leidet der Kläger im Wesentlichen unter einer anhaltendem somatoformen Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und auf orthopädischem Fachgebiet unter einem Zustand nach Hüftendoprothesen beidseits, Lumbalgien, Cervikobrachialgien, Gonalgien beidseits und Schmerzen in beiden Sprunggelenken und Füßen. Mit Ausnahme der Cervikobrachialgien und der Gonalgien sind die Krankheiten jedoch mit keinen Funktionseinschränkungen verbunden und auch aufgrund der Cervikobrachialgien und der Gonalgien bestehen nur geringe Funktionseinschränkungen dergestalt, dass die rechte Schulter in der Abspreizung und Vorführung endgradig gering eingeschränkt ist und im Bereich der Kniegelenke geringe Reibephänomene und links eine leichte Instabilität besteht. Diese Befunde führen zweifelsohne dazu, dass dem Kläger mittelschwere und schwere Tätigkeiten nicht mehr möglich sind und er auch Arbeiten in Zwangshaltungen sowie auf Leitern und Gerüsten, auf unebenem Boden und bei ungünstiger Witterung nicht mehr verrichten kann. Mit der Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle sind die Einschränkungen jedoch vereinbar. Auch die Folgen des vom Kläger am 08.10.2007 erlittenen Unfalls stehen dieser Verweisungstätigkeit nicht entgegen. Wegen des Unfalls bestehen beim Kläger knöchern fest verheilte Frakturen der Mittelhandknochen III und IV links, erhebliche Arthrosen an der Handwurzel beidseits und leichte Arthrosen der Daumensattelgelenke. Eine Reflexdystrophie oder ein Morbus Sudeck war bei der Begutachtung durch PD Dr. D., die nach diesem Unfall stattfand, jedoch nicht mehr feststellbar. Die Griffformen und die Handfunktion waren nicht wesentlich eingeschränkt. Beide Handinnenflächen waren mäßig verschwielt. Die vom Kläger angegebene Gefühlsstörung war nicht sicher zu verifizieren. Etwas anderes geht auch nicht aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Jung, der den Kläger nach dem Unfall vom 08.10.2007 behandelt hat, hervor. Bei der letzten Vorstellung am 23.11.2007 wurden äußerlich reizfreie Kirschnerdrahteintrittsstellen festgestellt und es fand sich sieben Wochen nach dem Unfall nur noch eine leichte Schwellung der Mittelhand ohne Druckschmerzen über den ehemaligen Frakturen. Auch die FingR.eweglichkeit war für die Grundgelenksstreckung nur noch leicht eingeschränkt, ansonsten fand sich eine freie Beugung und Streckung der Finger- und Mittelgelenke. Dem entsprechen auch die Angaben des Klägers zu seinem Tagesablauf anlässlich der nach dem Unfall durchgeführten Begutachtungen (S. 73 - 75; 108 der SG-Akte), die keine besonderen Einschränkungen von Seiten der Hände belegen. Mit diesen Befunden in Einklang steht auch, dass der Kläger seit November 2007 wegen Beschwerden von Seiten der Hand weder Dr. U. noch einen anderen Arzt konsultiert hat. Auch die von Prof. Dr. K. im April 2009 erhobenen Befunde belegen keine gravierenden Einschränkungen von Seiten der Schultern und der Hände. Diagnostiziert wurde lediglich ein diskretes SUS links. Sowohl PD Dr. D. als auch Dr. O. hielten den Kläger für im Stande, Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen zu verrichten. Widerlegt wird diese Einschätzung auch nicht durch den Entlassungsbericht über die vom Kläger in der Psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstelle in I. durchgeführte Heilbehandlung. Zwar wird von den dortigen Ärzten die Möglichkeit des Klägers zu beidhändigem Arbeiten ausgeschlossen. Auf Grund der erhobenen Befunde (S. 217 der Verwaltungsakte) ist diese Einschränkung indessen nicht nachvollziehbar. Auch wegen der Alkohol- und Nikotinabhängigkeit des Klägers ergeben sich keine Einschränkungen im Hinblick auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle. Die Alkoholabhängigkeit führt lediglich dazu, dass der Kläger einen beruflich notwendigen Kontakt mit Alkohol zu meiden hat und Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung ausscheidet. Beiden Einschränkungen wird die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle gerecht.
Der Sachverhalt ist auf handchirurgich/neurologischem Fachgebiet auch ausreichend ermittelt. Wegen Folgen des Unfalls vom 08.10.2007, der eine Verletzung der linken Hand zur Folge hatte, befindet sich der Kläger seit November 2007 nicht mehr in Behandlung. PD Dr. D. hat in seinem Gutachten die Unfallfolgen bewertet. Auch aufgrund des Arztbriefes von Prof. Dr. K. besteht kein Ermittlungsbedarf. Nach der Anamnese beklagt der Kläger Schmerzen im Arm seit 2005. Eine Abklärung diesbezüglich erfolgte im von Dr. O. erstatteten Gutachten. Diesen Gutachten schließt sich der Senat an.
Auf die Berufung war hiernach das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Rente wegen teilweiser ErwR.sminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der 1960 geborene Kläger hat den Beruf des Kfz-Mechanikers erlernt und war im Anschluss daran als Kfz-Mechaniker versicherungspflichtig beschäftigt. Ab 1982 arbeitete er als Reifenmonteur bei der Firma E ... Er montierte insbesondere LKW-Reifen und fuhr Reifen aus. Seit 19.12.2005 ist der Kläger arbeitsunfähig krank bzw. arbeitslos. Der bei ihm festgestellte Grad der Behinderung beträgt 50 seit 17.09.2001.
Am 27.02.2007 beantragte der Kläger die Gewährung von Rente wegen ErwR.sminderung.
Die Beklagte zog hierauf das sozialmedizinische Gutachten des Dr. R. vom Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Baden-Württemberg vom 21.04.2006 (Diagnosen: Hüftkopfnekrose beidseits, Acromioclavikulararthrose rechts; Arbeitsunfähigkeit auf Dauer bezüglich der derzeitigen Tätigkeit, positives Leistungsbild für leichte Tätigkeiten im Wechselrhythmus), den Entlassungsbericht der Sigelklinik in Bad B. über die vom Kläger zwischen dem 09.08. und 30.08.2006 durchgeführte Heilbehandlung (Diagnosen: Hüftkopfnekrose rechts, Zustand nach Implantation einer zementfreien Hüft-TEP rechts am 27.07.2006, Zustand nach Implantation einer Hüft-TEP links am 02.02.2006 wegen Hüftkopfnekrose, posttraumatische Gonarthrose links, Zustand nach Kreuzbandruptur, Nikotin- und Alkoholabusus; sozialmedizinische Leistungsbeurteilung: LKW-Reifenmonteur unter drei Stunden, leichte Tätigkeiten mit Funktionseinschränkungen sechs Stunden und mehr) und ärztliche Berichte der den Kläger behandelnden Ärzte aus den Jahren 1981 bis 2006 bei. Im Anschluss daran ließ die Beklagte den Kläger durch den Orthopäden Dr. S. begutachten. Dieser kam in seinem Gutachten vom 17.04.2007 zu dem Ergebnis, der Kläger leide unter einem Zustand nach Hüft-TEP-Implantation beidseits zementfrei 2006 bei etyltoxischer Hüftkopfnekrose beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkung, einem chronischen Lendenwirbelsäulensyndrom bei mäßiggradiger S-förmiger thorako-lumbaler Skoliose mit beginnenden degenerativen Aufbraucherscheinungen in den unteren Segmenten lumbal mit geringer Funktionseinschränkung, einem Nikotin- und Alkoholabusus, einer mäßiggradigen medialen Gonarthrose beidseits, beginnenden Retropatellararthrose beidseits mit geringer Funktionseinschränkung bei Zustand nach vorderer Kreuzbandruptur links und einer Impingementsituation beidseits mit AC-Gelenksarthrose rechts mit mäßiggradiger Funktionseinschränkung. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit des Klägers als LKW-Reifenmonteur sei nicht mehr leidensgerecht. Leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in überwiegend sitzender, zeitweise stehender und gehender Arbeitsposition ohne Heben und Tragen von Gegenständen über 15 kg ohne mechanische Hilfsmittel, kniende und gehockte Tätigkeiten, Besteigen von Leitern und Gerüsten und längeres Arbeiten auf unebenem Grund seien dem Kläger jedoch weiterhin vollschichtig möglich.
Mit Bescheid vom 20.04.2007 lehnte die Beklagte den Rentenantrag ab. Zur Begründung führte sie aus, mit dem vorhandenen Leistungsvermögen könnten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt Tätigkeiten im Umfang von mindestens sechs Stunden täglich ausgeübt werden. Bei diesem Leistungsvermögen liege weder eine volle noch eine teilweise Erwerbsminderung bzw. Berufsunfähigkeit vor.
Seinen dagegen erhobenen Widerspruch begründete der Kläger mit sich nach kurzem Gehen und Sitzen ergebenden Schmerzen in den Hüften, Knien und in der Wirbelsäule. Er legte eine Bescheinigung der Firma E. vor, wonach die Firma nur Mitarbeiter in ein Festangestelltenverhältnis übernimmt, wenn diese einen Beruf im Kfz-Handwerk erlernt haben.
Die Beklagte zog den Entlassungsbericht über die ambulante Rehabilitationsmaßnahme des Klägers in der Psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstelle in I., die der Kläger zwischen dem 08.01. und 11.06.2007 absolvierte, bei. In diesem Entlassungsbericht sind als Diagnosen psychische und Verhaltungsstörungen durch Alkohol und durch Tabak, ein Asthma bronchiale, eine sekundäre multiple Arthrose und sonstige sekundäre Knochennekrose genannt. In der sozialmedizinischen Leistungsbeurteilung heißt es, der Kläger könne als Kfz-Mechaniker nur noch unter drei Stunden arbeiten. Auch leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne schweres Heben, ständiges Gehen oder Stehen, beidhändiges Arbeiten etc. seien ihm nur noch unter drei Stunden täglich möglich.
Die Beklagte hörte noch die Firma E. GmbH, die mitteilte, der Kläger habe LKW-Reifen montiert und Reifen ausgefahren. Es habe sich um eine Tätigkeit gehandelt, die im allgemeinen von Facharbeitern verrichtet werde. Der Kläger sei in die Lohngruppe W 32 L eingestuft gewesen und habe einen Monatslohn in Höhe von 1.989,02 EUR gehabt.
Außerdem hörte die Beklagte den Chirurgen Dr. Zopf, der die Auffassung vertrat, der Kläger könne als Kfz-Kundendienstberater mehr als sechs Stunden pro Tag, als Hausmeister nur noch unter drei Stunden täglich arbeiten.
Mit Widerspruchsbescheid vom 06.09.2007 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Tätigkeit des Klägers als Reifenmonteur sei dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Diese Tätigkeit könne der Kläger nach den medizinischen Feststellungen nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Er könne jedoch eine zumutbare Verweisungstätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle einer Behörde oder eines Betriebes mindestens sechs Stunden täglich ausüben. Damit sei er nicht berufsunfähig.
Hiergegen hat der Kläger am 19.09.2007 Klage zum Sozialgericht Mannheim (SG) erhoben. Zur Begründung hat er zunächst ausgeführt, sein Leistungsvermögen sei aufgrund der massiven orthopädischen Beschwerden und der alkoholbedingten psychischen Verhaltensstörung auf zur Zeit weniger als drei Stunden täglich gesunken. Insbesondere sei er nicht mehr in der Lage, die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reifenmonteur drei Stunden oder mehr täglich auszuüben. Eine angemessene Verweisungstätigkeit sei nicht ersichtlich. Die Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle einer Behörde oder eines Betriebs könne er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr verrichten. Im Übrigen verfüge er nicht über die erforderlichen Grundkenntnisse im Umgang mit dem PC bzw. über Grundkenntnisse im kaufmännischen Bereich.
Das SG hat den Arzt für Lungen- und Bronchialheilkunde Dr. H., den Arzt für Allgemeinmedizin Dr. N., den Orthopäden Dr. U. und die Ärzte der Orthopädischen Universitätsklinik I. als sachverständige Zeugen gehört.
Dr. H. hat am 13.12.2007 mitgeteilt, der Kläger leide auf pneumologischen Fachgebiet unter einer chronisch obstruktiven Lungenventilationsstörung. Er sei jedoch aus seiner fachlichen Sicht noch in der Lage, ganztags (d.h. acht Stunden täglich) als Kfz-Mechaniker zu arbeiten.
Dr. N. hat am 20.12.2007 ausgeführt, er habe beim Kläger im Dezember 2005 die Diagnose einer Hüftkopfnekrose beidseits mit Operationsindikation gestellt. Durch die Operationen beidseits mit Totalendoprothesen sei eine gewisse Erleichterung in der Bewältigung des täglichen Lebens und eine Schmerzreduktion eingetreten. Als Kfz-Mechaniker könne der Kläger jedoch keine acht Stunden täglich mehr arbeiten. Leichte Tätigkeiten könne er aber noch vollschichtig verrichten.
Dr. Jung, Oberarzt Orthopädie I der Orthopädischen Universitätsklinik I., hat in seiner Auskunft vom 18.12.2007 berichtet, er habe beim Kläger im Februar 2007 einen Zustand nach zementfreier Hüftgelenksprothesenimplantation im Februar und Juli 2006 und im November 2007 einen Zustand nach Metacarpale III- und IV-Fraktur mit intramedullärer Schienung der Metacarpale IV-Fraktur diagnostiziert. Er meine, dass der Kläger nicht mehr in der Lage sei, ganztags, d.h. acht Stunden täglich, als Kfz-Mechaniker zu arbeiten. Aus orthopädischer Sicht sei davon auszugehen, dass er maximal vier Stunden täglich als Kfz-Mechaniker tätig sein könne. Eine leichte Arbeit im Bewegungswechsel ohne Zwangshaltungen in der tiefen Hocke, im Liegen und im Knien könne er jedoch noch vollschichtig verrichten.
Dr. U. hat am 18.01.2008 mitgeteilt, beim Kläger bestehe ein Zustand nach Hüft-TEP rechts und links, eine primäre Gonarthrose beidseits und eine bekannte Thorakal- und Lumbalskoliose. Am 08.10.2007 sei eine Vorstellung wegen einer Fraktur der Mittelhandknochen III und IV und einer offenen Wunde der linken Hand erfolgt. Als Kfz-Mechaniker und als Reifenmonteur könne der Kläger nicht mehr arbeiten. Leichte Tätigkeiten, die nicht mit schwerem Heben und Verweilen in entsprechenden körperlichen Zwangshaltungen über einen längeren Zeitraum verbunden seien, seien ihm noch vollschichtig möglich.
Im Anschluss daran hat das SG PD Dr. D., Chefarzt der Orthopädischen Abteilung der St. R.-Klinik in Bad B., mit der Erstattung eines orthopädischen Gutachtens und den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. O., Chefarzt der Klinik für Neurologie der St. R.-Klinik in Bad B., mit der Erstattung eines neurologisch-psychiatrischen Zusatzgutachtens beauftragt.
Dr. O. hat in seinem Gutachten vom 20.06.2008 die Diagnose einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades gestellt. Leichte Tätigkeiten im Bewegungswechsel ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Akkord- oder Nachtarbeiten, überwiegende und dauernde Zwangshaltungen wie häufiges Bücken oder kniende Tätigkeiten, Arbeiten in Kälte, unter Wärmeeinfluss und unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe, auf Leitern oder Gerüsten, beruflich notwendigem Kontakt mit Alkohol und besonderer geistiger Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung seien dem Kläger vollschichtig möglich. Auch Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen könnten verrichtet werden.
PD Dr. D. hat in seinem Gutachten vom 17.07.2008 chronisch rezidivierende Lumbalgien mit pseudoradikulärer Ausstrahlung bei Skoliose und Verdacht auf Osteoporose der Lendenwirbelsäule ohne wesentliche nachweisbare Funktionsstörungen, Zervikobrachialgien links mehr als rechts mit geringen nachweisbaren Funktionseinschränkungen, in achsengerechter Stellung knöchern fest verheilte Frakturen der Mittelhandknochen III und IV links, erhebliche Arthrosen an der Handwurzel beidseits und leichte Arthrosen der Daumensattelgelenke ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, einen Zustand nach Hüftendoprothesen beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, Gonalgien beidseits und eine leichte anteromediale Instabilität am linken Kniegelenk mit geringen nachweisbaren Funktionseinschränkungen, Schmerzen in beiden Sprunggelenken und Füßen bei Senk- Spreizfuß beidseits ohne wesentliche Funktionseinschränkungen, eine Aggravation, eine anhaltende somatoforme Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades, eine Alkoholabhängigkeit, derzeit abstinent, und eine Nikotinabhängigkeit diagnostiziert. Leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, gleichförmige Körperhaltungen wie Rumpfvorhaltungen, anhaltendes Hocken oder Knien, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie Tätigkeiten verbunden mit Absturzgefahr, Arbeiten bei ungünstiger Witterung, Tätigkeiten mit beruflich notwendigem Kontakt mit Alkohol, besonderer geistiger Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung sowie Akkord- oder Nachtarbeiten und Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen und Nässe seien dem Kläger noch ganzschichtig, d.h. sechs bis acht Stunden täglich, möglich. Auch Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen könne der Kläger verrichten.
Anlässlich der Öffentlichen Sitzung des SG am 23.10.2008 hat der Kläger erklärt, einen PC zu besitzen. Er habe in der Vergangenheit einen PC-Grundkurs gemacht. Wie man einen PC richtig bediene oder richtig damit arbeite, wisse er aber nicht. Wenn er eine Taste drücke, habe er gleich vier Mal den selben Buchstaben. Mit der Reparatur von PKW`s habe er seit 1981 nichts mehr zu tun.
Mit Urteil vom 23.10.2008 hat das SG, nachdem der Kläger nur noch eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit begehrt hat, den Bescheid der Beklagten vom 20.04.2007 und den Widerspruchsbescheid vom 06.09.2007 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger ab 01.10.2007 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu gewähren. In den Entscheidungsgründen hat es ausgeführt, der Kläger genieße Berufsschutz als Facharbeiter. Aus medizinischen Gründen sei er nicht mehr in der Lage, seine zuletzt ausgeübte Facharbeitertätigkeit eines Kfz-Mechanikers zu verrichten. Auch ein zumutbarer Verweisungsberuf sei nicht zu benennen. Die Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle in einer Behörde oder in einem Betrieb wäre ihm zwar sozial zumutbar, auch eine solche Tätigkeit sei ihm jedoch aus medizinischer Sicht wegen der Gebrauchsminderung seiner linken Hand nicht mehr mindestens sechs Stunden täglich möglich.
Hiergegen richtet sich die am 11.11.2008 eingelegte Berufung der Beklagten. Sie führt im Wesentlichen aus, der Kläger genieße keinen Berufsschutz, zumindest nicht als Facharbeiter. Er habe nur in einem Teilbereich des dreijährigen Ausbildungsberufes "Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik" gearbeitet. Es sei nicht ersichtlich, dass er über die gleichen Kenntnisse und Fertigkeiten wie ein entsprechend Ausgebildeter verfüge. Selbst wenn man jedoch von einem Facharbeiterstatus des Klägers ausginge, so wäre er zumutbar auf die Tätigkeit eines Poststellenmitarbeiters zu verweisen. Die Gutachter hätten keine wesentlichen Funktionseinschränkungen der linken Hand gesehen und Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen als möglich bezeichnet. Ergänzend hat die Beklagte einen Auszug aus einem Beschluss des erkennenden Senats vom 13.11.2000 - L 3 RJ 4510/99 - und Unterlagen aus dem Berufenet über den Beruf des Mechanikers/in für Reifen- und Vulkanisationstechnik der Fachrichtung Reifen - und Fahrwerktechnik vorgelegt.
Der Senat hat den Orthopäden Dr. U. als sachverständigen Zeugen gehört. Dieser hat unter dem 12.02.2009 mitgeteilt, er habe den Kläger nach dem 08.10.2007 nicht mehr behandelt. Über mögliche funktionelle Einschränkungen im Bereich der Hände könne er keine Aussage treffen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 23. Oktober 2008 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen, hilfsweise, von Amts wegen ein Gutachten auf hand-chirurgisch-neurologischem Fachgebiet einzuholen.
Die Beschwerden und Funktionsausfälle im Bereich der Hände würden, auch wenn er sich nach dem 08.10.2007 insoweit nicht mehr in ärztlicher Behandlung befunden habe, nach wie vor in erheblichem Umfang bestehen und seien eher schlechter als besser geworden. Wegen SchultR.eschwerden könne er den Arm zwischenzeitlich kaum mehr heben und es "krache" erheblich bei entsprechenden Versuchen.
In der mündlichen Verhandlung hat der Kläger einen Arztbrief des Neurologen Prof. Dr. K. vom 29.04.2009 (Diagnosen: diskretes SUS links; Ausschluss KTS links) vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten, die Akten des SG und die Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG die angefochtenen Bescheide abgeändert und die Beklagte zur Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 01.10.2007 verurteilt. Der Kläger ist nicht teilweise erwerbsgemindert bei Berufsunfähigkeit. Er ist noch in der Lage, die ihm zumutbare Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit steht ihm daher nicht zu. Das Urteil des SG ist deshalb aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Gegenstand des Rechtsstreits ist ausweislich des in erster Instanz nur noch gestellten klägerischen Antrags ausschließlich ein Anspruch auf Gewährung von Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Rente wegen voller Erwerbsminderung hat der rechtskundig vertretene Kläger vor dem SG zuletzt nicht mehr beantragt. Insoweit ist der angefochtene Bescheid bestandskräftig geworden.
Das SG hat in seinem Urteil zutreffend die Rechtsgrundlagen für das streitige Begehren (§ 240 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - SGB VI - in der ab 01.01.2001 geltenden Fassung) und die einschlägigen Grundsätze hierzu dargelegt. Hierauf nimmt der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug. Ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass sich Verweisungstätigkeiten für die Angehörigen der Angelernten des oberen Bereichs durch Qualitätsmerkmale auszeichnen müssen, zum Beispiel das Erfordernis einer Einweisung und Einarbeitung oder die Notwendigkeit beruflicher und betrieblicher Vorkenntnisse (vgl. Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 03.07.2002 - B 5 RJ 18/01 R - in juris.de).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe ist der Senat zur Überzeugung gelangt, dass als maßgeblicher Beruf im Sinne des Mehrstufenschemas des BSG hier die vom Kläger zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reifenmonteur zugrunde zu legen ist, wie sich auch aus der von der Beklagten beigezogenen Arbeitgeberauskunft ergibt. Auf die erlernte Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker ist nicht mehr abzustellen, da sich der Kläger von diesem Beruf bereits 1981 aus nicht gesundheitlichen Gründen gelöst hat. Seither hat er nach seinem eigenen Vortrag vor dem SG und nach der Arbeitgeberauskunft mit der Reparatur von PKW`s nichts mehr zu tun. Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil die Firma E. nur Kfz-Mechaniker einstellt, denn entscheidend ist die verrichtete Tätigkeit.
Diese Tätigkeit kann der Kläger seit Antragstellung am 27.02.2007, wie sich aus den Gutachten von Dr. S., PD Dr. D. und Dr. O., den Entlassungsberichten über die durchgeführten Heilbehandlungen und auch aus den Auskünften der den Kläger behandelnden Orthopäden und des Hausarztes ergibt, nicht mehr ausüben. Er kann nur noch leichte Tätigkeiten ohne Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, Zwangshaltungen, Arbeiten auf Leitern und Gerüsten sowie vR.unden mit Absturzgefahr, Arbeiten bei ungünstiger Witterung, beruflich notwendigen Kontakt mit Alkohol, besondere geistige Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung, Akkord- oder Nachtarbeiten und Arbeiten unter Einwirkung von Staub, Gasen, Dämpfen und Nässe sowie längeres Arbeiten auf unebenem Grund im Bewegungswechsel vollschichtig verrichten. Dies schließt die Tätigkeit eines Reifenmonteurs, bei der es sich um eine schwere Tätigkeit handelt und die mit Zwangshaltungen und Heben und Tragen schwerer Lasten verbunden ist, aus. Auch die Beklagte zieht dies nicht in Zweifel.
Das Unvermögen des Klägers, aus medizinischen Gründen seinen maßgeblichen Beruf als Reifenmonteur nicht mehr ausüben zu können, bedeutet jedoch nicht, dass der Kläger bereits aus diesem Grund berufsunfähig im Sinne der gesetzlichen Vorschriften ist. Berufsunfähig ist er vielmehr erst dann, wenn es auch keine andere Tätigkeit gibt, die ihm sozial zumutbar und für die er sowohl gesundheitlich als auch fachlich geeignet ist.
Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich unter Bezugnahme auf die Ausführungen des SG zum Mehrstufenschema des BSG nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Grundsätzlich darf ein Versicherter wie vom SG ausgeführt im Vergleich zu seinem bisherigen Beruf nur auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe des Mehrstufenschemas verwiesen werden.
Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend ist die Qualität der verrichteten Arbeit, d.h. der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 240 Abs. 2 SGB VI genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung, bisheriger Beruf, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl. BSG, Urteil vom 03.07.2002 a.a.O.).
Danach kann der Kläger entgegen der Annahme des SG nicht als Facharbeiter angesehen werden. Zwar trifft es zu, dass die Firma E. nur gelernte Kfz-Mechaniker einstellt. Dies ist jedoch nicht maßgeblich. Entscheidend ist die verrichtete Tätigkeit. Diese bestand beim Kläger nach der Arbeitgeberauskunft im Wechseln von LKW-Reifen und dem Ausfahren von Reifen. Mit der Reparatur von PKW`s hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben seit 1981 nichts mehr zu tun. Das Wechseln von LKW-Reifen und Ausfahren von Reifen umfasst nun aber weder das vollständige Berufsbild eines Kfz-Mechaniker noch dasjenige eines Mechanikers für Reifen- und Vulkanisationstechnik Fachrichtung Reifen- und Fahrwerktechnik. Zur Tätigkeit eines Kfz-Mechanikers gehört vorrangig auch die vom Kläger schon jahrelang nicht mehr verrichtete Tätigkeit des Reparierens und Instandsetzens von Fahrzeugen. Der Beruf eines Mechanikers für Reifen- und Vulkanisationstechnik, dessen Kenntnisse der Kläger sich durch praktische Berufsausübung angeeignet haben könnte, beinhaltet nach den Ausführungen der Arbeitsagentur im Berufenet u.a. auch den Verkauf von Reifen, das Auswuchten derselben und insbesondere auch die Überprüfung der Fahrwerktechnik und die Wartung sowie Instandsetzung der Abgas-, Klima- und Bremsanlagen. Diese Tätigkeiten hat der Kläger nicht verrichtet. Er hat nur einen Teilbereich, den ein Facharbeiter für Reifen- und Vulkanisationstechnik zu verrichten hat, ausgeübt. Dies hat zur Folge, dass der Kläger auch nicht die Kenntnisse und Fertigkeiten ausweist, die ein ausgebildeter Mechaniker für Reifen- und Vulkanisationstechnik besitzt. Im Verhältnis zu anderen gelernten Mechanikern für Reifen- und Vulkanisationstechnik ist er nicht wettbewerbsfähig. Der Kläger genießt deshalb allenfalls Berufsschutz als angelernter Arbeiter im oberen Bereich.
Als Angelernter im oberen Bereich ist der Kläger sozial zumutbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle eines Betriebs verweisbar.
Die Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle umfasst das Sortieren, Kuvertieren bzw. Verpacken der Post, das Frankieren und Bereitstellen der ausgehenden Post, das Bedienen der Kuvertier- und Frankiermaschine und das Beschriften der ausgehenden Aktenpost. Es handelt sich regelmäßig um eine körperlich leichte Arbeit in geschlossenen und temperierten Räumen im Wechsel von Sitzen, Gehen und Stehen. Zwar kann nicht ausgeschlossen werden, dass gelegentlich Lasten über 10 kg gehoben bzw. getragen werden müssen. Solche Transporttätigkeiten sind jedoch in größeren Behörden und Firmen nicht typisch für die Tätigkeit in der Poststelle, weil der Transportdienst von und zum Postamt sowie innerhalb der Poststelle dort nur von wenigen, speziell hierfür bestimmten Mitarbeitern wahrgenommen wird. Dass dem Kläger damit ggf. nicht jeder Arbeitsplatz auf einer Poststelle zuzumuten ist, ändert nichts, denn für die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich, dass der leistungsgeminderte Versicherte auf allen in Betracht kommenden Arbeitsplätzen einsetzbar wäre. Vielmehr genügt die prinzipielle Eignung für eine solche Tätigkeit und die Gewissheit, dass geeignete Arbeitsplätze in ausreichender Zahl vorhanden sind. Daran hat der Senat keine Zweifel.
Mitarbeiter in einer Poststelle des Öffentlichen Dienstes werden zumindest in die Vergütungsgruppe IXb BAT eingestuft. Diese Vergütungsgruppe erfasst Angestellte in Büro-, Registratur-, Buchhalterei-, Sparkassen-, Kanzlei-, sonstigem Innendienst und im Aussendienst mit einfacheren Arbeiten (z.B. nach Schema zu erledigende Arbeiten; Postabfertigung; Führung von Brieftagebüchern; Inhaltsverzeichnissen; Führung von einfachen Karteien z.B. Zettelkatalogen, nach Eigen- oder Ortsnamen geordneten Karteien; Führung von Kontrolllisten, Einheitswertbogen und statistischen Anschreibungen; Formularverwaltung, Schreibmaterialienverwaltung; Führung von häufig wiederkehrendem Schriftwechsel nach Vordruck, insbesondere formularmäßige Bescheinigung, Benachrichtigung sowie Erinnerungen und Straffestsetzungen; Lesen von Reinschriften; Heraussuchen von Vorgängen anhand der Tagebücher). Auf eine Tätigkeit, die in die Vergütungsgruppe IXb BAT eingestuft wird, ist ein Angelernter im oberen Bereich sozial zumutbar verweisbar.
Der Tätigkeit eines Mitarbeiters in der Poststelle ist der Kläger zur Überzeugung des Senats in Übereinstimmung mit dem SG auch nach seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen. Zwar ist einzuräumen, dass die Tätigkeit eines Reifenmonteurs und auch die gelernte Tätigkeit des Klägers als Kfz-Mechaniker im handwerklichen Bereich angesiedelt ist; das hindert eine Verweisung auf eine nicht artverwandte Tätigkeit im Bürobereich jedoch nicht. Auf Grund seiner durch Ausbildung, beruflichen Werdegang und sonstiger Betätigung erworbenen Kenntnisse und Qualifikationen ist der Kläger zur vollwertigen Ausübung einer solchen Tätigkeit nach einer kurzen und damit zumutbaren betrieblichen Einweisungs- oder Einarbeitungszeit in der Lage. Beim Kläger ist auf Grund seines bisherigen beruflichen Werdegangs von den für einen Mitarbeiter in der Poststelle erforderlichen organisatorischen Grundkenntnissen auszugehen. Darüber hinaus verfügt der Kläger auch am PC zumindest über Grundkenntnisse.
Die Arbeit als Mitarbeiter in einer Poststelle entspricht entgegen der Überzeugung des SG schließlich auch dem gesundheitlichen Restleistungsvermögen des Klägers. Hierbei stützt sich der Senat auf die schlüssigen und überzeugenden Darlegungen der Sachverständigen Dr. S., PD Dr. D. und Dr. O. sowie den Entlassungsbericht über die durchgeführte Heilbehandlung in der Sigelklinik und die sachverständigen Zeugenauskünfte der den Kläger behandelnden Ärzte. Danach leidet der Kläger im Wesentlichen unter einer anhaltendem somatoformen Schmerzstörung leichten Ausprägungsgrades und auf orthopädischem Fachgebiet unter einem Zustand nach Hüftendoprothesen beidseits, Lumbalgien, Cervikobrachialgien, Gonalgien beidseits und Schmerzen in beiden Sprunggelenken und Füßen. Mit Ausnahme der Cervikobrachialgien und der Gonalgien sind die Krankheiten jedoch mit keinen Funktionseinschränkungen verbunden und auch aufgrund der Cervikobrachialgien und der Gonalgien bestehen nur geringe Funktionseinschränkungen dergestalt, dass die rechte Schulter in der Abspreizung und Vorführung endgradig gering eingeschränkt ist und im Bereich der Kniegelenke geringe Reibephänomene und links eine leichte Instabilität besteht. Diese Befunde führen zweifelsohne dazu, dass dem Kläger mittelschwere und schwere Tätigkeiten nicht mehr möglich sind und er auch Arbeiten in Zwangshaltungen sowie auf Leitern und Gerüsten, auf unebenem Boden und bei ungünstiger Witterung nicht mehr verrichten kann. Mit der Tätigkeit als Mitarbeiter in einer Poststelle sind die Einschränkungen jedoch vereinbar. Auch die Folgen des vom Kläger am 08.10.2007 erlittenen Unfalls stehen dieser Verweisungstätigkeit nicht entgegen. Wegen des Unfalls bestehen beim Kläger knöchern fest verheilte Frakturen der Mittelhandknochen III und IV links, erhebliche Arthrosen an der Handwurzel beidseits und leichte Arthrosen der Daumensattelgelenke. Eine Reflexdystrophie oder ein Morbus Sudeck war bei der Begutachtung durch PD Dr. D., die nach diesem Unfall stattfand, jedoch nicht mehr feststellbar. Die Griffformen und die Handfunktion waren nicht wesentlich eingeschränkt. Beide Handinnenflächen waren mäßig verschwielt. Die vom Kläger angegebene Gefühlsstörung war nicht sicher zu verifizieren. Etwas anderes geht auch nicht aus der sachverständigen Zeugenauskunft des Dr. Jung, der den Kläger nach dem Unfall vom 08.10.2007 behandelt hat, hervor. Bei der letzten Vorstellung am 23.11.2007 wurden äußerlich reizfreie Kirschnerdrahteintrittsstellen festgestellt und es fand sich sieben Wochen nach dem Unfall nur noch eine leichte Schwellung der Mittelhand ohne Druckschmerzen über den ehemaligen Frakturen. Auch die FingR.eweglichkeit war für die Grundgelenksstreckung nur noch leicht eingeschränkt, ansonsten fand sich eine freie Beugung und Streckung der Finger- und Mittelgelenke. Dem entsprechen auch die Angaben des Klägers zu seinem Tagesablauf anlässlich der nach dem Unfall durchgeführten Begutachtungen (S. 73 - 75; 108 der SG-Akte), die keine besonderen Einschränkungen von Seiten der Hände belegen. Mit diesen Befunden in Einklang steht auch, dass der Kläger seit November 2007 wegen Beschwerden von Seiten der Hand weder Dr. U. noch einen anderen Arzt konsultiert hat. Auch die von Prof. Dr. K. im April 2009 erhobenen Befunde belegen keine gravierenden Einschränkungen von Seiten der Schultern und der Hände. Diagnostiziert wurde lediglich ein diskretes SUS links. Sowohl PD Dr. D. als auch Dr. O. hielten den Kläger für im Stande, Arbeiten an Schreib- oder Büromaschinen zu verrichten. Widerlegt wird diese Einschätzung auch nicht durch den Entlassungsbericht über die vom Kläger in der Psychosozialen Beratungs- und ambulanten Behandlungsstelle in I. durchgeführte Heilbehandlung. Zwar wird von den dortigen Ärzten die Möglichkeit des Klägers zu beidhändigem Arbeiten ausgeschlossen. Auf Grund der erhobenen Befunde (S. 217 der Verwaltungsakte) ist diese Einschränkung indessen nicht nachvollziehbar. Auch wegen der Alkohol- und Nikotinabhängigkeit des Klägers ergeben sich keine Einschränkungen im Hinblick auf eine Tätigkeit als Mitarbeiter in der Poststelle. Die Alkoholabhängigkeit führt lediglich dazu, dass der Kläger einen beruflich notwendigen Kontakt mit Alkohol zu meiden hat und Tätigkeiten mit besonderer geistiger Beanspruchung mit erhöhter oder hoher Verantwortung ausscheidet. Beiden Einschränkungen wird die Tätigkeit eines Mitarbeiters in einer Poststelle gerecht.
Der Sachverhalt ist auf handchirurgich/neurologischem Fachgebiet auch ausreichend ermittelt. Wegen Folgen des Unfalls vom 08.10.2007, der eine Verletzung der linken Hand zur Folge hatte, befindet sich der Kläger seit November 2007 nicht mehr in Behandlung. PD Dr. D. hat in seinem Gutachten die Unfallfolgen bewertet. Auch aufgrund des Arztbriefes von Prof. Dr. K. besteht kein Ermittlungsbedarf. Nach der Anamnese beklagt der Kläger Schmerzen im Arm seit 2005. Eine Abklärung diesbezüglich erfolgte im von Dr. O. erstatteten Gutachten. Diesen Gutachten schließt sich der Senat an.
Auf die Berufung war hiernach das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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BWB
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