L 4 R 188/06

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
4
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 7 R 6/06
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 4 R 188/06
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 13 R 121/07 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.10.2006 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist umstritten, ob die Beklagte der Klägerin einen Betrag in Höhe von 658,05 Euro zu zahlen hat, den die Klägerin für Bezugszeiten nach dem Tod des Herrn S L (Versicherter) auf dessen Konto bei der Beklagten überwiesen hatte.

Der am 00.00.2004 verstorbene Versicherte bezog von der Klägerin eine Rente mit einem monatlichen Zahlbetrag von zuletzt 1022,36 Euro, die auf ein Girokonto bei der Beklagten (Konto-Nr.: 000) überwiesen wurde. Nach Angaben der Beklagten war dem Versicherten ein Dispositionskredit in Höhe von 1500,00 Euro eingeräumt. Bei der Beklagten bestanden für den Versicherten noch 5 Sparkonten (Konto-Nrn.: 000, 000, 000, 000 und 000), die Gutachten zwischen 0,54 Euro und 12,82 Euro aufweisen (Schriftsatz vom 03.09.2007).

Nach dem Tod des Versicherten ging auf dessen Girokonto am 29.10.2004 - bei einem Kontostand von 1597,90 Euro Soll - die Rentenzahlung für November 2004 ein.

Danach wurden von dem Konto des Versicherten nach den vorliegenden Kontoauszügen - insoweit wird auf die mit den Schriftsätzen vom 14.11.2006 und 01.08.2007 vorgelegten Kontounterlagen Bezug genommen - verschiedene Lastschriften vorgenommen, die die Beklagte in einem Schreiben an die Klägerin (22.11.2004) für den Zeitraum von der Gutschrift der Rente bis zum Eingang der Rückforderung mit insgesamt 658,05 Euro bezifferte. Das Konto des Versicherten wurde am 22.03.2005 bei einem Sollsaldo aufgelöst.

Mit einem bei der Beklagten nach ihren Angaben am 08.11.2004 zugegangenem Schreiben forderte die Klägerin einen Betrag überzahlter Rentenleistungen in Höhe von 1022,26 Euro als zu Unrecht erbracht zurück. Unmittelbar vor Zugang dieses Rückforderungsverlangens war das Konto des Versicherten mit 1233,59 Euro im Soll.

Die Beklagte entsprach dem Rückforderungsbegehren der Klägerin in Höhe von 364,31 Euro und lehnte unter Hinweis auf die in ihrem Schreiben vom 22.11.2004 aufgeführten Kontoverfügungen eine darüber hinausgehende Zahlung an die Klägerin mit der Versicherung ab, keine eigenen Forderungen mit dem Rentenbetrag verrechnet zu haben.

Mit der am 09.01.2006 erhobenen Klage hat die Klägerin die Auffassung vertreten, die Beklagte sei nach § 118 Abs. 3 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) verpflichtet, an sie weitere 658,05 Euro zu zahlen. Nach ständiger Rechtssprechung des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) sei vorrangig ein Geldinstitut zur Rücküberweisung verpflichtet, wenn und soweit - wie hier - eine Rente auf ein im Soll stehendes Konto überwiesen worden sei. Dies gelte auch dann, wenn nach Eingang der Rente auf dem Konto Verfügungen vorgenommen worden seien. Auf eine Entreicherung gemäß § 118 Abs. 3 Satz 3 SGB VI könne sich die Beklagte nicht berufen. Wenn die Gutschrift der zu Unrecht überwiesenen Rentenleistung - wie hier - auf ein im Soll stehendes Konto erfolge, stehe dem Einwand der Entreicherung, das Befriedigungsgebot des § 118 Abs. 3 Satz 4 SGB VI, entgegen. Gegenüber dem Anspruch aus § 118 Abs. 3 SGB VI könne die Beklagte auch keine Einwändungen aus § 55 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) herleiten. Wegen der Einzelheiten der Argumentation wird auf den Schriftsatz vom 05.01.2006 verwiesen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie 658,05 Euro zu zahlen.

Die Beklagte hat weiter die Auffassung vertreten, das Rückforderungsverlangen der Klägerin sei um den Betrag der in der Zeit zwischen Renteneingang und Zugang des Rückforderungsverlangens zu Gunsten Dritter ausgeführten anderweitigen Verfügungen zu mindern, weshalb der mit der Klage begehrte Betrag nicht zurückzuzahlen sei. Die von ihr in dem Schreiben vom 22.11.2004 genannen Verfügungen seien sämtlich zugunsten Dritter und nicht zur Befriedigung eigener Forderungen erfolgt. Der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG zu § 118 Abs. 3 SGB VI sei nicht zu folgen. Bei den Rückforderungsfällen sei nicht danach zu differenzieren, ob das Konto zum Zeitpunkt des Eingangs der Rentenleistung im Soll oder im Haben gewesen sei. Vielmehr folge aus der Rechtsprechung des 9. Senats des BSG, dass ein Geldinstitut den überzahlten Betrag nur dann ohne Rücksicht auf zwischenzeitliche Verfügungen zurück zu überweisen habe, wenn das Konto - noch oder wieder - ein Guthaben aufweise. Wegen der Einzelheiten der Argumentation wird auf den Inhalt des Schriftsatzes vom 25.04.2006 verwiesen.

Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 658,05 Euro zu zahlen (Urteil vom 17.10.2006, zugestellt am 25.10.2006). Gegenüber dem Zahlungsanspruch der Klägerin aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf den Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI berufen, weil das Konto des Versicherten durchgehend einen negativen Saldo aufgewiesen und zu keinem Zeitpunkt zur Abdeckung der Rückforderung genügt habe. Die Kammer schließe sich insoweit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG in vollem Umfang an. Die von der Beklagten gegen diese Rechtsprechung vorgebrachten Einwände überzeugten nicht. Die Beklagte habe gegen das öffentlich-rechtliche Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI verstoßen, indem sie den von der Klägerin überwiesenen Betrag in das im Soll stehende Konto des Versicherten eingebucht habe. Dem stehe nicht entgegen, dass nach den Bestimmungen des Bankvertrages eine Verrechnung erst zu Quartalsende erfolge und die Forderung des Geldinstituts gegen den Kontoinhaber auf Ausgleich des Überziehungskredites erst durch diese Saldierung im zivilrechtlichen Sinne durch Erfüllung untergehe. Ein Verstoß gegen das Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI liege vielmehr schon dann vor, wenn der Beklagten aus dem überwiesenen Betrag ein Vermögensvorteil erwachse, der dauerhaft bei ihr verbleibe. Auch durch die zunächst rein buchungstechnische Verringerung des Sollsaldos habe die Beklagte einen Vermögensvorteil erlangt, der ihr nach der folgenden Saldierung zum Quartalsende, spätestens jedoch bei endgültiger Kontoauflösung verblieben sei. § 118 Abs. 3 SGB VI sei in der Auslegung, die die Vorschrift durch die herrschende Rechtsprechung gefunden habe, auch nicht verfassungswidrig. Ein Verstoß gegen europäisches Gemeinschaftsrecht sei nicht ersichtlich. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien bereits die Voraussetzungen des § 55 Abs. 1 S. 1 SGB I i. V. m. § 394 S. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) nicht erfüllt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.

Mit der am 14.11.2006 eingelegten Berufung vertieft die Beklagte ihr erstinstanzliches Vorbringen und trägt weiter vor, die vom 4. Senat des BSG vertretene Auffassung, wonach der Rücküberweisungsanspruch von anderweitigen Verfügungen zugunsten Dritter unberührt bleibe, soweit sich das Konto bei Renteneingang im Soll befunden habe, finde keine Stütze im Wortlaut des § 118 Abs. 3 SGB VI. Ansätze für eine differenzierte Handhabung der Minderung des Rücküberweisungsanspruchs in Abhängigkeit vom Kontostand bei Eingang der Rentengutschrift biete auch die Dokumentation der gesetzgeberischen Motive für diese Regelung (historische Auslegung) nicht. Die Auffassung des 4. Senats des BSG stehe nicht in Einklang mit dem vom Gesetzgeber beabsichtigen Sinn und Zweck des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI (teleologische Auslegung). Es müsse zudem dem Umstand Rechnung getragen werden, dass das Geldinstitut nach § 55 Abs. 1, 4 SGB I i. V. m. § 394 S. 1 BGB im Normalfall (wenn der Rentenberechtigte lebe) dazu verpflichtet sei, Verfügungen in der Frist des § 55 Abs. 1 SGB I und nach Ablauf dieser Frist im Umfang des § 55 Abs. 4 SGB I zuzulassen. Die Entscheidung des Geldinstituts, ob es eine anderweitige Verfügung zulasse, sei bei einem im Soll stehenden Konto also gar nicht zu treffen. Die Wirkung des § 55 Abs. 1, 4 SGB I i. V. m. § 394 S. 1 BGB bestehe gerade darin, dass das Geldinstitut den Rentenbetrag nicht mit dem Sollstand verrechnen könne, sondern den Anspruch des Kontoinhabers auf Auszahlung des Rentenbetrags genau wie im Fall des Kontos im Haben und ohne Rücksicht auf Bestand und Ausschöpfungsgrad einer Dispositionslinie erfüllen müsse. Ferner halte das auf Grundlage der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG ergangene Urteil des SG insbesondere unter Berücksichtigung von Art. 12, 14 und 3 Grundgesetz (GG) auch einer verfassungsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Es liege ein rechtswidriger Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung und eine rechtswidrige Ungleichbehandlung gegenüber nicht-inländischen Geldinstituten vor, für die § 118 Abs. 3 SGB VI keine Rücküberweisungspflicht begründe. Im übrigen liege unter Berücksichtigung von Art. 10, 81, 4, 98 EG-Vertrag ein Verstoß gegen europarechtliche Normen vor. Wegen der Einzelheiten der Argumentation wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beklagten vom 12.12.2006, 14.12.2006, 21.12.2006, 01.08.2007, 03.09.2007 und 12.09.2007 verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des SG Köln vom 17.10.2006 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil gestützt auf die - in den Schriftsätzen vom 17.01. und 17.04.2007 genannten - Urteile des 4. und 5. Senats des BSG sowie des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein-Westfalen für zutreffend.

Auf Anforderung des Senats hat die Beklagte Kopien der Kontounterlagen betreffend den Zeitraum vom 03.03.2004 bis 22.03.2005 (Kontoauflösung) übersandt und einzelne Kontostände dargelegt. Wegen der Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 01.08.2007, 03.09.2007 und 12.09.2007 verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakten der Klägerin Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, den mit der Klage eingeforderten Betrag zu zahlen.

Die von der Klägerin erhobene allgemeine Leistungsklage ist nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Streitgegenstand des Verfahrens ist der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch der Klägerin aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI. Die Klägerin als Rentenversicherungsträger und die Beklagte als Geldinstitut stehen sich in einem Gleichordnungsverhältnis gegenüber. Deshalb darf die Klägerin, anders als in den Fällen des § 118 Abs. 4 S. 2 SGB VI, gegenüber der Beklagten nicht hoheitlich handeln. Sie ist nicht befugt, ihren Rückforderungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI durch Verwaltungsakt festzusetzen (siehe BSG, Urteil vom 13.12.2005, - B 4 RA 28/05 - m.w.N.).

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht gegenüber der Beklagten ein Zahlungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI in Höhe von 658,05 EUR zu. Die Beklagte kann sich nicht auf den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3. S. 3 SGB VI berufen.

Gemäß § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI gelten Geldleistungen, die für die Zeit nach dem Tod des Berechtigten auf ein Konto bei einem Geldinstitut im Inland überwiesen wurden, als unter Vorbehalt erbracht. Das Geldinstitut hat sie der überweisenden Stelle oder dem Träger der Rentenversicherung zurückzuüberweisen, wenn diese sie als zu Unrecht erbracht zurückfordern, § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI. Eine Verpflichtung zur Rücküberweisung besteht nicht, soweit über den entsprechenden Betrag bei Eingang der Rückforderung bereits anderweitig verfügt wurde, es sei denn, dass die Rücküberweisung aus einem Guthaben erfolgen kann, § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI. Das Geldinstitut darf den überwiesenen Betrag nicht zur Befriedigung eigener Forderungen verwenden, § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI.

Die nach dem Tod des Versicherten auf seinem bei der Beklagten geführten Konto eingegangenen Geldleistungen der Klägerin gelten gemäß § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI als unter Vorbehalt erbracht. Die Beklagte hat sie der Klägerin zurückzuüberweisen, da diese sie als zu Unrecht erbracht zurückgefordert hat, § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI. Dem Versicherten stand für den Monat November 2004 keine Rente mehr zu, da Rente nur bis zum Ende des Kalendermonats geleistet wird, in dem der Berechtigte gestorben ist, § 102 Abs. 5 SGB VI. Anhaltspunkte dafür, dass die an die Beklagte gerichtete Aufforderung zur Rückzahlung der Klägerin (Schreiben vom 04.11.2004) nicht den Anforderungen an ein Rückforderungsverlangen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 13.12.2005 - B 4 RA 28/05 R - Rd.Nr. 13) entsprochen hat, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

Den entstandenen öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruch der Klägerin in Höhe von 1022,36 Euro hat die Beklagte durch die Überweisung des Betrages von 364,31 Euro teilweise erfüllt. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist der restliche Erstattungsanspruch in Höhe von 658,05 Euro nicht wegen anderweitiger Verfügungen i. S. v. § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI ganz oder teilweise erloschen. Zwar hat die Beklagte den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung durch anderweitige Verfügungen in Höhe von 658,05 Euro nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI erhoben. Sie muss sich jedoch das relative Befriedigungsverbot des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI entgegenhalten lassen und kann damit entgegen ihrer Auffassung nicht die geltend gemachten Kontoverfügungen anspruchsmindernd geltend machen.

Zwar wurde nach Eingang der Rentenzahlung für November 2004 (29.10.2004) bis zum Eingang des Rückforderungsverlangens der Klägerin (08.11.2004) insgesamt ein Betrag von 658,05 Euro vom Konto des Versicherten abgebucht. Jedoch befriedigte die Beklagte in diesem Zeitraum ihre eigene Forderung im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI. Denn das Konto des Versicherten befand sich im Zeitraum vor Eingang der Geldleistung bis zu dem Eingang des Rückforderungsverlangens durchgehend im Soll.

In einer solchen Konstellation stellt die Gutschrift einer Rentenzahlung auf ein Girokonto eine Verwendung zur Befriedigung im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI dar. Der Senat folgt der gefestigten Rechtsprechung des 4. Senats des BSG (siehe zusammenfassend Urteil vom 13.12.2005, - B 4 RA 28/05 R - m.w.N; a. A. BSG, Urteil vom 09.12.1998, - B 9 V 48/97 R -; Terdenge in Hauck/Noftz, SGB VI, § 118 Rdz.), wonach ein Geldinstitut eine eigene Forderung im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI befriedigt, wenn die Gutschrift einer Rentenzahlung auf ein im Soll stehendes Konto (Debetkonto) erfolgt und das Geldinstitut durch die Verrechnung (Skontration) eine Vermögensübertragung vornimmt - unabhängig von der Rechtsform und der bankvertraglichen Natur der Verrechnung -, da das Geldinstitut eine eigene Darlehensforderung gegen den Kontoinhaber befriedigt. Die Buchung der unter Vorbehalt gezahlten Geldleistung des Rentenversicherungsträgers auf ein debitorisches Konto mit gleichzeitiger Verringerung des dort befindlichen Debets stellt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise eine Verminderung der Schulden des Kontoinhabers gegenüber dem Geldinstituts dar. Es ist unerheblich, ob die endgültige schuldumschaffende Wirkung der Saldierung erst zum Abschluss am Ende jeden Quartals erfolgt, da im Bankkontokorrent die Verrechnung mit jedem Buchungsvorgang permanent erfolgt und auch ohne Novationswirkung aufgrund der bestehenden Hemmungswirkungen bei Verminderung eines auf dem Konto befindlichen Sollbetrages bei wirtschaftlicher Betrachtung das Konto einen Vermögenszuwachs erfährt. Die tägliche Verrechnung der Ein- und Auszahlungen auf einem Konto bewirkt bei Eingang einer Gutschrift auf ein debitorisches Konto, mit welcher die Abrufpräsenz eintritt und das Geldinstitut keinen direkten Zugriff auf den isolierten Wert der Geldleistung mehr hat, die Befriedigung einer eigenen Forderung gegen den Kontoinhaber.

Der Senat schließt sich nicht der vom 9. Senat des BSG vertretenen Auffassung an, dass die Gutschrift einer Sozialleistung auf ein debitorisch geführtes Konto in Hinblick auf die Regelung in § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI keine Verwendung der Forderung zur eigenen Befriedigung im Sinne von S. 4 darstellt, weil ansonsten die Verbuchung der eingehenden Sozialleistung auf einem debitorisch geführten Konto von vorneherein eine Minderung des Rücküberweisungsbetrags ausschließt und damit die Regelung des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI unverständlich ist. Denn auch bei der vom 4. Senat vertretenen Auslegung entfaltet die Bestimmung des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI insoweit eine Schutzwirkung zu Gunsten eines Geldinstituts, als der Entreicherungseinwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI erhoben werden kann, wenn das Konto des Versicherten nach der Gutschrift der Rentenzahlung ein Haben sowie nach der Ausführung einer Verfügung zu Gunsten eines Dritten und dem Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträger kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist (siehe LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 04.07.2006, - L 22 R 324/05-17 -). Das Geldinstitut haftet somit bei einem Habenkonto nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI insoweit, als die Erben des Kontoinhabers oder sonstige Verfügungsberechtigte gegenüber dem Geldinstitut einen Anspruch auf Auszahlung des Tagesguthabens haben. Beim Anspruch auf Auszahlung eines Tagesguthabens handelt es sich um einen Zahlungsanspruch aus der mit dem Girovertrag verbundenen unregelmäßigen Verwahrung, der nicht der Kontokorrentabrede unterfällt. Ungeachtet des Kontokorrents ist ein Geldinstitut kraft Girovertrag verpflichtet, den Guthabenüberschuss sofort und nicht erst beim nächsten periodischen Rechnungsabschluss oder bei der Beendigung des Kontokorrentverhältnisses auszuzahlen (siehe BGH, Urteil vom 08.07.1982, - I ZR 148/80 -).

Durch das Verbot der Verwendung zur eigenen Befriedigung soll ein Geldinstitut nicht schlechter, aber auch nicht besser gestellt werden, als wenn eine Rentenzahlung nicht stattgefunden habe. Deshalb ist nicht entscheidend, ob zum Zeitpunkt des Eingangs des Rückforderungsverlangens die Tilgung einer Forderung des Geldinstituts im zivilrechtlichen Sinne schon tatsächlich eingetreten ist, sondern es genügt die Vornahme von vorbereitenden Handlungen, die zu einem späteren Zeitpunkt dazu führen, dass die Forderung des Geldinstituts gegen den Versicherten durch Saldierung im zivilrechtlichen Sinne erfüllt wird (LSG NRW, Urteil vom 18.10.2006, - L 8 R 47/06 -). Die Einstellung einer Geldleistung nach § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI in ein Kontokorrent, die durch die Gutschrift auf dem Kontoauszug dokumentiert wird, stellt eine solche Vorbereitungshandlung dar. Denn im Kontokorrentvertrag ist eine antizipierte Verrechnungsvereinbarung enthalten, die meist dahin zu verstehen ist, dass es am Ende einer Rechnungsperiode keiner weiteren Willenserklärung bedarf und sich die Verrechnung am Ende einer Rechnungsperiode automatisch vollzieht (BGH, Urteil vom 18.04.1989, - XI ZR 133/88 -, Urteil vom 04.05.1979, - I ZR 127/77 -; Hadding/Häuser in Münchner Kommentar zum HGB, Band 5, ZahlungsV A 218). Zwar erlangen die in das Kontokorrent aufgenommenen Leistungen erst am vereinbarten Verrechnungszeitpunkt eine schuldtilgende Wirkung und erlöschen erst in diesem Zeitpunkt die bisher als Abrechnungsposten gebuchten Forderungen, soweit sie sich der Höhe nach decken, jedoch sind nach Einstellung einer Geldleistung nach § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI in das Kontokorrent keine weiteren Handlungen des Geldinstituts oder des Kontoinhabers zum Vollzug der Verrechnung zum vereinbarten Zeitpunkt und damit zur Befriedigung erforderlich.

Zwischen dem Versicherten und der Beklagten bestand ein Girovertrag mit der Vereinbarung, dass das Giroverhältnis als Kontokorrent geführt (Ziffer 7. 1 AGB-Postbank) und ein vierteljährlicher Rechnungsabschluss erteilt wird (Ziffer 7.3 AGB Post-Bank). Des weiteren gewährte die Beklagte dem Versicherten einen Überziehungskredit, in dem sie ihm als Kontoinhaber das Recht einräumte, sein laufendes Girokonto in bestimmter Höhe zu überziehen (vereinbartes Debet, siehe zur Rechtslage Hadding/Häuser in Münchner Kommentar zum HGB, Band 5, ZahlungsV A 176ff). Daher verwandte die Beklagte die Rente für November 2004 durch die Einstellung in das Kontokorrent zur Befriedigung einer eigenen Forderung im Sinne des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI.

Entgegen der Auffassung der Beklagten steht die Vorschrift des § 55 Abs. 1 SGB I der Einstellung der Rente in das Kontokorrent nicht entgegen und schließt die Anwendung des Befriedigungsverbots des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI nicht aus (so auch LSG NRW, Urteil vom 25.04.2007 - L 4 R 177/06 -, Urteil vom 22.08.2005, - L 3 R 98/05 -; Urteil vom 25.10.2006, - L 8 R 139/05 -; Urteil vom 20.10.2006, - L 13 R 75/06 -). Nach § 55 SGB I ist eine Forderung, die bei Überweisung einer Sozialleistung auf das Konto des Berechtigten bei einem Geldinstitut durch Gutschrift der Überweisung entsteht, für die Dauer von sieben Tagen seit der Gutschrift unpfändbar. Dies hat zur Folge, dass eine Aufrechnung gegen die Forderung in diesem Zeitraum nicht zulässig (§ 394 BGB) und damit diese einer kontokorrentmäßigen Verrechnung entzogen ist (siehe BGH, Urteil vom 22.03.2005, - XI ZR 286/04 - m.w.N.). Der Anwendungsbereich der Vorschrift des § 55 SGB I erfasst aber keine Geldleistungen der Rentenversicherungsträger, die nach § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI als unter Vorbehalt erbracht gelten (siehe auch Hauck/Noftz, SGB I, § 55 SGB I Rdz. 1, wonach die Regelung des § 55 SGB I durch § 118 Abs. 3 und Abs. 4 SGB VI ergänzt wird). Dies folgt aus dem Sinn und Zweck der Bestimmung des § 55 SGB I, wonach überwiesene Sozialleistungen einen gleichwertigen pfändungsrechtlichen Schutz wie bar ausgezahlte Leistungen haben sollen. Der als schutzwürdig angesehene Empfänger einer Sozialleistung soll einen überwiesenen Betrag wie einen bar ausgezahlten Betrag tatsächlich erlangen und diesen nicht sofort an seine Gläubiger verlieren, die Sozialleistung soll ihm vielmehr innerhalb des siebentägigen Schutzzeitraums zur freien Verfügung stehen (BGH, Urteil vom 30.05.1988 - II ZR 373/87 - ). Der Zweck von Sozialleistungen des Rentenversicherungsträgers - im Fall einer Rente die Sicherung des monatlichen Lebensunterhalts des Versicherten - wird aber bei der Überweisung für eine Zeit nach dem Tod des Berechtigten nicht erreicht, da diese Geldleistung nicht mehr dem Berechtigten, sondern allenfalls seinen Rechtsnachfolgern zu Gute kommt. Rechtsnachfolger eines Berechtigten sind von der Schutzvorschrift des § 55 SGB I nicht erfasst. Des weiteren handelt es sich bei der Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI, die zeitlich später erlassen wurde, im Verhältnis zu § 55 SGB I um die spezielle Regelung.

Die Befriedigung einer eigenen Forderung durch die Verwendung einer Geldleistung im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI schließt den von der Beklagten erhobenen Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI aus (siehe BSG, Urteil vom 13.12.2005, - B 4 RA 28/05 R -, Urteil vom 09.04.2002, - B 4 RA 64/01 R -; a. A. BSG, Urteil vom 01.09.1998, - B 9 V6/99 R -). Entgegen der Auffassung des 9. Senats des BSG stellt die Vorschrift des § 118 Abs. 3 S. 4 SGB VI keinen Ausnahmetatbestand zu § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI dar. Auf den anspruchsvernichtenden Einwand der Entreicherung nach § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI kann sich ein Geldinstitut nur dann berufen, wenn bei Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers das in der Überweisung genannte Konto kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und das Geldinstitut den Wert der Gutschrift nicht zur Befriedigung eigener Forderungen gemindert hat. Der Senat folgt nach eigener Prüfung insoweit der Rechtsprechung des 4. Senats des BSG, wonach der Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI gegenüber einem Geldinstitut rechtlich und zeitlich vorrangig gegenüber dem Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 4 S.1 SGB VI ist, der sich gegen die Empfänger oder die Verfügenden richtet. Die Inanspruchnahme des in § 118 Abs. 4 S. 1 SGB VI genannten Personenkreises, der weder am Sozialrechtsverhältnis des Versicherten noch an seiner bankvertraglichen Beziehung zum kontoführenden Geldinstitut Anteil hat und auch nicht erkennen kann, dass der zugewandte Geldwert aus einer Geldleistung im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI stammt, durch eine öffentlich-rechtliche Erstattungspflicht ( §118 Abs. 4 S. 1 SGB VI) ist zum Schutz der aktuellen Beitragszahler nur dann gerechtfertigt, wenn bei Eingang des Rückforderungsverlangens des Rentenversicherungsträgers das in der Überweisung genannte Konto kein zur Erstattung ausreichendes Guthaben aufweist und das Geldinstitut den Wert der Gutschrift nicht zur Befriedigung eigener Forderungen gemindert hat (siehe BSG, Urteil vom 09.04.2002, - B 4 RA 64/01 R -).

Die Vorschrift des § 118 Abs. 3 SGB VI ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. LSG NRW, Urteil vom 25.04.2007 - L 4 R 177/06, Urteil vom 22.08.2005, - L 3 R 98/05 -; Urteil vom 25.10.2006, - L 8 R 139/05 -). Sie verstößt nicht gegen die in Art. 12 Abs. 1 GG gewährleistete Berufsausübungsfreiheit der Beklagten, die sich als inländische juristische Person (Art. 19 Abs. 3 GG) auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen kann. Die in § 118 Abs. 3 SGB VI statuierte öffentlich-rechtliche Erstattungspflicht eines Geldinstituts hinsichtlich laufender Geldleistungen, die für einen Zeitraum nach dem Tod eines Berechtigten auf ein Konto des Geldinstituts gutgeschrieben wurden (§ 118 Abs. 3 S. 1 und 2 SGB VI) sowie die Beschränkung der Befreiung von der Erstattungspflicht auf die Fallgestaltung, dass nach Gutschrift der Rentenleistung auf ein Habenkonto das Guthaben durch anderweitige Verfügungen unter den Wert der Gutschrift gesenkt wurde (§ 118 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB VI) greift zwar in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG ein. Die Beeinträchtigung der Berufsausübungsfreiheit ist aber aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. § 118 Abs. 3 SGB VI berührt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit der Beklagten als Geldinstitut. Die Statuierung einer öffentlich-rechtlichen Erstattungspflicht für fehlgeschlagene Überweisungen von Rentenzahlungen im Fall des Todes eines Versicherten bezieht sich zwar nicht auf die Berufstätigkeit der Beklagten - wirtschaftliche Betätigung im Bereich des Bankwesens -, verändert aber die Rahmenbedingungen der Berufsausübung und hat objektiv eine berufsregelnde Tendenz. Denn die in § 118 Abs. 3 SGB VI begründete Haftung schränkt die Dispositionsfreiheit der Beklagten im Bereich des Kreditwesens ein. Die Beklagte muss - schon aus eigenem wirtschaftlichen Interesse - bei ihren Entscheidungen, ob und inwieweit sie ihren Kunden, deren Einkommen ganz oder teilweise aus Geldleistungen nach dem SGB VI besteht, einen Dispositionskredit oder einen sonstigen Überziehungskredit im Zusammenhang mit der Führung eines Girokontos gewährt, das sich aus § 118 Abs. 3 SGB VI ergebende Haftungsrisiko im Fall des Todes des Kunden mit berücksichtigen.

Eingriffe in die Berufsausübung sind gemäß Art. 12 Abs. 1 S. 2 GG nur auf der Grundlage einer gesetzlichen Regelung zulässig, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Dies ist der Fall, wenn die eingreifende Norm kompetenzgemäß erlassen worden ist, durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt wird und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entspricht. Dabei ist die weite Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers auf dem Gebiet der Sozialordnung zu beachten.

§ 118 Abs. 3 SGB VI ist kompetenzmäßig erlassen worden. Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ("Sozialversicherung einschließlich der Arbeitslosenversicherung"), die die Regelung der Finanzierung der Sozialversicherung mitumfasst. Die in § 118 Abs. 3 SGB VI begründete öffentlich-rechtliche Erstattungspflicht ist aus Gründen des Gemeinwohls gerechtfertigt. Denn sie dient dem Interesse der Solidargemeinschaft an einem schnellen Rückfluss von fehlgeschlagenen, ohne Rechtsgrund (auch gegenüber dem Versicherten) erfolgten Überweisungen sowie der Verwaltungsvereinfachung und damit der Effizienz der Arbeit der Rentenversicherungsträger (siehe BSG, Urteil vom 04.08.1998, - B 4 RA 72/97 R -; Urteil vom 20.12.2001, - B 4 RA 126/00 R -)

Zur Erreichung der vom Gesetzgeber verfolgten Ziele - Sicherung des schnellen Rückflusses von fehlgeschlagenen Geldleistungen der Rentenversicherungsträger und der Verwaltungsvereinfachung bei der Bearbeitung fehlgeschlagener Überweisungen - ist die Bestimmung des § 118 Abs. 3 SGB VI geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinne. Sie ist geeignet und erforderlich, da ein gleich wirksames, weniger belastendes Mittel für die Rentenversicherungsträger zur Durchsetzung ihres Anspruchs auf Rückfluss von fehlgeschlagenen Überweisungen nicht erkennbar ist. Ohne den öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs aus § 118 SGB VI steht den Rentenversicherungsträgern in ihrer Funktion als treuhänderischer Sachverwalter der Mittel, die ihnen ihre Beitragszahler zur Finanzierung der rentenversicherungsrechtlichen Geldleistungen zur Verfügung gestellt haben, gegenüber einem Geldinstitut weder ein vertraglicher noch gesetzlicher Anspruch auf Rücküberweisung eines Betrages, der für die Zeit nach dem Tod des bisherigen Versicherten auf dessen Konto bei einem Geldinstitut überwiesen wurde, zu. Vielmehr sind die Rentenversicherungsträger als Leistungsträger nur berechtigt, die Rückforderung im Verhältnis zwischen ihnen und den Rechtnachfolgern des Versicherten nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (§§ 812 ff BGB) abzuwickeln. Dies führt häufig dazu, dass die Rentenversicherungsträger eine nur unter Schwierigkeiten oder gar nicht realisierbare Forderung gegen die Erben des verstorbenen Versicherten, das Geldinstitut hingegen eine Erhöhung des Habensaldos auf dem Konto des verstorbenen Versicherten oder bei einem debitorisch geführtem Konto eine Minderung des Sollsaldos erlangt (siehe zur Rechtslage BSG, Urteil vom 01.09.1999, - B 9 V 6/99 R -). Ebenso ist die Durchsetzung der Erstattungsansprüche gegenüber Empfängern oder Verfügenden im Sinne des § 118 Abs. 4 SGB VI allein in Hinblick auf die größere Anzahl der Anspruchsgegner erschwert und damit die Vorrangigkeit des Erstattungsanspruches aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI gegenüber Erstattungsansprüchen aus § 118 Abs. 4 SGB VI in Hinblick auf das verfolgte Ziel - unkomplizierte Erfüllung der Pflicht des Rentenversicherungsträgers, zu Unrecht bewirkte Vermögensverschiebungen rückgängig zu machen - sachlich gerechtfertigt.

Die Belastung der betroffenen Geldinstitute mit der Erstattung fehlgeschlagener, also rechtsgrundlos erlangter Geldzahlungen ist weder unangemessen noch unzumutbar. Denn in § 118 Abs. 3 SGB VI ist der Interessenausgleich zwischen den Rentenversicherungsträgern und den Geldinstituten typisiert worden. Die Geldinstitute sollen aus einer ungerechtfertigten Geldüberweisung nach dem Tod des Berechtigten keine offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteile ziehen, aber auch keine wirtschaftlichen Nachteile erleiden, wenn sie bis zum Eingang der Rückforderung noch die Verfügungen berechtigter Personen bis zur Höhe der eingegangenen Geldleistungen ausführen. Da die Minderung eines Sollsaldos durch die Gutschrift auf ein Debetkonto einen wirtschaftlichen Vorteil für das Geldinstitut - die Minderung des Kreditvolumens - darstellt, ist es sachgerecht, dass sich der Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI sowohl auf kreditorisch wie auch auf debitorisch geführte Konten erstreckt. Das sich aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI ergebende Haftungsrisiko ist für das Geldinstitut dabei insoweit beschränkt, als der öffentlich-rechtliche Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 S. 2 SGB VI nur das Überweisungskonto des verstorbenen Berechtigten erfasst (BSG, Urteil vom 01.09.1999, - B 9 V 6/99 R -). Von dem Erstattungsanspruch werden weder andere Konten des Versicherten bei demselben Geldinstitut noch Überweisungen von Rentenleistungen im Sinne von § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI auf Konten von Dritten erfasst. Die Beschränkung der Befreiung eines Geldinstituts von der Erstattungspflicht auf die Fallgestaltung, dass nach der Gutschrift einer Rentenleistung auf ein kreditorisch geführtes Girokonto das Guthaben durch anderweitige Verfügungen unter den Wert der Gutschrift gesenkt wurde (§ 118 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB VI), ist sachgerecht, da ein Geldinstitut nur bei dieser Fallgestaltung keinen offensichtlichen wirtschaftlichen Vorteil, wie z. B. Minderung des Sollstandes oder Freiwerden von einer Erstattungspflicht durch das Handeln Dritter (Abbuchungen) hat, sondern einen wirtschaftlichen Nachteil erleidet, indem sich bei vollständiger Erfüllung des Erstattungsanspruchs ein Habenkonto in ein Debetkonto umwandelt. Durch die Bestimmungen des § 118 Abs. 3 SGB VI wird der Zustand hergestellt, der bestünde, wenn keine Geldleistung für die Zeit nach dem Tod des Versicherten vom Rentenversicherungsträger auf das Überweisungskonto geleistet worden wäre. Ein Geldinstitut behält auch bei einem debitorisch geführten Konto seinen Anspruch auf Ausgleich des gewährten Kredits gegenüber den Erben des Versicherten. Die Realisierbarkeit dieses Anspruches fällt in den Risikobereich der Geldinstitute, da eine Kreditgewährung mit dem Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners oder seines Rechtsnachfolgers zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Darlehensforderung verbunden ist. Den Geldinstituten steht es frei zu entscheiden, ob und in welcher Höhe sie einem Kunden einen Dispositionskredit oder sonstigen Überziehungskredit im Zusammenhang mit einem Girokonto gewähren. Denn der Abschluss eines Girovertrages schließt nicht automatisch die Gewährung eines Kredits ein. Bei einem Girovertrag handelt es sich um einen Geschäftsbesorgungsvertrag, der darauf gerichtet wird, bargeldlose Zahlungen, z. B. durch Überweisung von Buchgeld, durchzuführen. Allein aus dem Girovertrag hat ein Kunde noch keinen Anspruch auf Überziehung des Girokontos, da die bankmäßige Besorgung bargeldloser Zahlungen grundsätzlich erfordert, dass der Kontoinhaber ein Guthaben auf seinem Girokonto unterhält (vgl. Hadding/Häuser in Münchner Kommentar zum HGB, Band 5, ZahlungsV A 74, A 176). Eine Kreditierung ist mit einem Girovertrag grundsätzlich nur dann verbunden, wenn das Geldinstitut dem Kunden die Möglichkeit einräumt, das Konto zu "überziehen". Dieser sog. Dispositionskredit ist ein vereinbarter Überziehungskredit im Sinne von § 5 Abs.1 VerbrKrG oder ein geduldeter Überziehungskredit nach § 5 Abs. 2 VerbrKrG (vgl. Hadding/Häuser in Münchner Kommentar zum HGB, Band 5, ZahlungsV A 55ff, A 74). Die Geldinstitute sind gesetzlich nicht verpflichtet, einem Kunden, dessen Einkommen auch von Leistungen der Rentenversicherungsträger bestritten wird, einen Dispositionskredit oder sonstigen Überziehungskredit, also eine Kreditierung im Zusammenhang mit einem Girokonto - vorliegend in Höhe 1500 EUR - zu gewähren. Es steht im Ermessen der Geldinstitute, welchen Kunden sie im Zusammenhang mit der Führung eines Girokontos einen Überziehungskredit gewähren und wie sie die Gewährung von Überziehungskrediten, z. B. durch Vereinbarungen über die Höhe des vereinbarten Debets oder der Zinsen, oder der Stellung von Sicherheiten, ausgestalten. Dabei müssen die Geldinstitute bei der Gewährung von Überziehungskrediten an Bezieher von Sozialleistungen das sich aus § 55 SGB I ergebende Risiko der eingeschränkten Befriedigungsmöglichkeit durch Verrechnung grundsätzlich mitberücksichtigen. Durch die Höhe der Zinsen können die Geldinstitute das Risiko der Zahlungsunfähigkeit des Schuldners im Fall der Gewährung eines Dispositionskredits absichern. Es steht den Geldinstituten auch frei, sich durch die Stellung anderer Sicherheiten seitens des Bankkunden weiter abzusichern. In den Fällen, in denen sich das Ausfallrisiko, nämlich der Tod eines Bankkunden mit einem debitorisch geführten Girokonto, realisiert, ist es nicht Aufgabe der Versichertengemeinschaft, für dieses Risiko, welches ein Geldinstitut aus wirtschaftlichem Interesse eingegangen ist, teilweise einzustehen. Gegen die Tragung des Rückabwicklungsrisikos durch die Geldinstitute spricht auch nicht, dass der Gesetzgeber durch die Einführung der Pflicht der Rentenversicherungsträger zur bargeldlosen Auszahlung der Rente (§§ 47 SGB I, 119, 120 SGB VI, 9 Abs. 1 S. 1 Postdienstverordnung) im Voraus (§ 118 Abs. 1 S.1 SGB VI i. d. F. bis zum 28.02.2004) das Rückabwicklungsrisiko wegen des Todes eines Versicherten fehlgeschlagener Rentenzahlungen erhöht hat (so LSG Hamburg, Urteil vom 03.05.2005, - L 3 RA 48/04 -). Denn zum einen haben die Geldinstitute Kenntnis davon, dass sich es bei dem Bezug von laufenden Leistungen nach dem SGB VI um Vorauszahlungen handelt. Zum anderen hat der Gesetzgeber das Rückabwicklungsrisiko bei laufenden Leistungen, die erst ab dem 01.04.2004 oder später zu laufen beginnen, insoweit verringert, als nach den §§ 118 Abs. 1 S. 1, 272a SGB VI in der ab 01.03.2004 geltenden Fassung laufende Geldleistungen, wie z. B. Renten, am Ende des Monats, zu dessen Beginn die Anspruchsvoraussetzungen erfüllt sind, fällig sind und am letzten Bankarbeitstag dieses Monats ausgezahlt werden. Damit werden Geldleistungen der Rentenversicherungsträger, die erst ab dem 01.04.2004 oder später zu laufen beginnen, nicht mehr im Voraus erbracht. Es sind keine sachlichen Gründe dafür erkennbar, dass die Versichertengemeinschaft das Risiko dafür tragen soll, dass die Erben des Kontoinhabers oder sonstige Verfügungsberechtigte eine sofortige Unterrichtung des Rentenversicherungsträgers und des kontoführenden Geldinstituts über den Tod des Berechtigten unterlassen. Auch ist es nicht Aufgabe des Gesetzgebers bzw. der Rentenversicherungsträger, die Vergabe von Überziehungskrediten zu fördern bzw. das Risiko der Geldinstitute zu verringern (so anscheinend LSG Hamburg, Urteil vom 03.05.2005, - L 3 RA 48/04 -), zumal oftmals Rentner neben einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung noch über andere Einkünfte verfügen. Die Beurteilung der Bonität und der Kreditwürdigkeit eines Kunden bei der Gewährung von Überziehungskrediten obliegt den Kreditinstituten.

Der Schutzbereich des Art. 14 GG ist nicht berührt, da das Vermögen eines Gewerbebetriebs - vorliegend eines Geldinstituts - durch Art. 14 GG nicht geschützt ist. Ein Eingriff in die Substanz des Gewerbebetriebes der Beklagten durch die Statuierung eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruchs bei fehlgeschlagenen Überweisungen des Rentenversicherungsträgers im Fall des Todes eines Berechtigten ist nicht erkennbar.

Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) ist nicht ersichtlich. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet, dass wesentlich Gleiches nicht ohne sachlichen Grund ungleich und wesentlich Ungleiches nicht ohne sachlichen Grund gleich behandelt wird. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz ist nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste und gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat. Ein Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz kommt dabei vor allem in Betracht, wenn der Gesetzgeber eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obgleich zwischen den beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die Ungleichbehandlung rechtfertigen könnten. Da sich die Haftung aus § 118 Abs. 3 SGB VI auf sämtliche Kreditinstitute - inländische Kreditinstitute und inländische Zweigstellen von ausländischen Kreditinstituten -, die im Inland Bankgeschäfte betreiben und damit nach §§ 32, 53 Kreditwesengesetz (KWG) erlaubnispflichtig sind, erstreckt, erfasst die Bestimmung des § 118 Abs. 3 SGB VI alle Institute, die der deutschen Bankenaufsicht unterliegen. Ausländische Geldinstitute, die im Inland keine Zweigstelle betreiben und inländischen Kunden die Führung eines Girokontos im Ausland ermöglichen, unterliegen nicht der deutschen Gesetzgebungskompetenz. Daher ist es sachlich begründet, solche Institute von der Erstattungspflicht auszunehmen (siehe Terpitz, Rücküberweisung überzahlter Sozialleistungen im Todesfall, WM 1992, 2041 (2043)).

Entgegen der Auffassung der Beklagten verstößt § 118 Abs. 3 SGB VI auch nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht, insbesondere nicht gegen die wettwerbsrechtlichen Vorschriften (vgl. LSG NRW, Urteil vom 25.04.2007 - L 4 R 177/06 -, Urteil 25.10.2006, - L 8 R 139/05 -; offengelassen von Polster in Kasseler Kommentar, § 118 SGB VI Rdz. 11; Terpitz, Rücküberweisung überzahlter Sozialleistungen im Todesfall, WM 1992, 2041 (2043)). Der Anwendungsbereich der Art. 81, 82 EG-Vertrag wird durch die Regelung des § 118 Abs. 3 SGB VI nicht berührt. Denn die Wettbewerbsregeln der Art. 81 ff EG-Vertrag sollen wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen und Verhaltsweisen der im Gemeinsamen Markt tätigen Wirtschaftsunternehmen sowie eine missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung eines solchen Unternehmens verhindern und einen ungehinderten Handel zwischen den Mitgliedsstaaten ermöglichen. Adressaten der Wettbewerbsregeln der Art. 81 ff EG-Vertrag sind deshalb Unternehmen und Unternehmensvereinigungen, die wettbewerbswidrige Verhaltensweisen aus eigener Initiative an den Tag legen (BSG, Urteil vom 11.11.2003, - B 2 U 16/03 R -). Die Vorschriften sind nicht anwendbar, wenn den Unternehmen ein wettbewerbswidriges Verhalten durch nationale Rechtsvorschriften vorgeschrieben wird (siehe EUGH , Urteil vom 11.09.20043, - C-207/01 -). Der von der Beklagte erhobene Einwand, dass ausländischen Geldinstitute ohne inländische Zweigstellen, die ihren inländischen Kunden die Führung eines Girokontos im Ausland ermöglichen, in Hinblick auf die Haftungsregelung des § 118 SGB VI ein Wettbewerbsvorteil gegenüber Geldinstituten, die der deutschen Bankenaufsicht unterliegen, eingeräumt wird, bezieht sich nicht auf das Handeln von Unternehmen, sondern auf die Benachteiligung der Geldinstitute, die der deutschen Bankenaufsicht unterliegen, im Wettbewerb durch eine nationale Vorschrift. Die von der Beklagten gerügte Inländerdiskriminierung von Geldinstituten, die der deutschen Bankenaufsicht unterfallen, im Verhältnis zu ausländischen Geldinstituten, die der deutschen Bankenaufsicht nicht unterfallen, durch eine nationale Vorschrift - vorliegend § 118 Abs. 3 SGB VI - ist europarechtlich irrelevant. Die Grundfreiheiten des EG-Vertrages garantieren nicht die gleichen Bedingungen in allen Mitgliedsstaaten, sondern schützen lediglich vor Diskriminierungen beim grenzüberschreitenden Verkehr (BVerfG, Beschluss vom 01.10.2004, - 1 BvR 2221/03 -; Streinz in Streinz, EUV/EGV, Art. 12 EGV Rdnr. 58). Der Erstattungsanspruch aus § 118 Abs. 3 SGB VI knüpft nicht an grenzüberschreitende Sachverhalte an, sondern beschränkt sich auf die Regelung eines inländischen Sachverhaltes, der fehlgeschlagenen Überweisung einer Geldleistung auf das Konto eines Geldinstituts, das der deutschen Bankenaufsicht unterfällt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 197a SGG, 155 Abs. 2 VwGO.

Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen, weil der Senat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung beimisst.
Rechtskraft
Aus
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