L 16 P 39/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 23 (4) P 48/97
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 P 39/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 3 P 3/02 R
Datum
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 22. Februar 2000 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Leistungen aus einem privaten Pflegepflichtversicherungsvertrag.

Der 1937 geborene Kläger zu 1) unterhielt bei der Beklagten eine Krankenkostenvollversicherung zuletzt nach den ab dem 01.01.1993 gültigen Tarifen AM 1, ZM 1, S 32. Gleichzeitig war der Kläger zu 1) gesetzlich krankenversichert bei der Barmer Ersatzkasse (BEK) - nach Angaben des Klägers als pflichtversichertes Mitglied der Krankenversicherung der Rentner (KVdR), nach Angaben der Beklagten als freiwilliges Mitglied -, was der Beklagten seit Februar 1991 bekannt war. Mit Schreiben vom 14.11.1994 verwies die Beklagte den Kläger zu 1) darauf, dass sich privat Krankenversicherte bis zum 30.06.1995 entscheiden könnten, bei welchem Unternehmen sie ihre private Pflegeversicherung abschließen möchten. Habe sich der Kläger zu 1) bereits für ein anderes Unternehmen entschieden, möge er dies bis zum 20.12.1994 mitteilen, anderenfalls gehe man davon aus, dass ab dem 01.01.1995 die Pflegeversicherung bei der Beklagten geführt werden solle. Mit gleichem Datum übersandte die Beklagte dem Kläger einen Versicherungsschein, der den Vermerk enthält: "Aufgrund des Pflegeversicherungsgesetzes ergibt (ergeben) sich folgende Pflegepflichtversicherung(en)", und einen monatlichen Beitrag von 58,50 DM auswies. Mit Schreiben vom 13.02.1995 teilte die Beklagte dem Kläger mit, man habe von seiner Versicherung bei der BEK erfahren und daher die bestehende Pflegeversicherung ab Beginn storniert, weil eine solche sicherlich bei der BEK bestehe. Durch eine Leistungsverrechnung vom 27.01.1995 sei das Beitragskonto per 31.01.1995 ausgeglichen. Der Kläger widersprach der Stornierung mit Schreiben vom 21.03.1995 und erklärte, er habe die Pflegeversicherung bei der Beklagten weder gekündigt noch beabsichtige er, dies zu tun; vielmehr habe er einen Antrag auf Pflegeleistungen zwischenzeitlich gestellt.

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung - MDK - Nordrhein kam in seinem Gutachten für die BEK vom 11.05.1995 zu dem Ergebnis, dass bei dem Kläger zu 1), der durch die Klägerin zu 2), mit der er seit 1997 verheiratet ist, gepflegt wurde, die Voraussetzungen der Pflegestufe I seit Januar 1995 vorlägen.

Die Kläger haben am 11.12.1997 vor dem Sozialgericht - SG - Köln Klage erhoben auf Feststellung des Bestehens des Pflegeversicherungsverhältnisses einschließlich einer Familienversicherung der Klägerin zu 2) sowie auf Gewährung sämtlicher Pflegeleistungen und Zahlung der Beiträge für die Klägerin zu 2) zur Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA). Sie haben die Auffassung vertreten, das Versicherungsverhältnis sei wirksam zustande gekommen. Die Beklagte habe kein Recht zum Rücktritt bzw. Kündigung des Vertrages gehabt, da ihr die Versicherung des Klägers zu 1) bei der BEK im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses bekannt gewesen sei.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, eine Doppelversicherung im Rahmen der gesetzlichen Pflegeversicherung sei unzulässig. Durch die Stornierung des Vertrages sei sie von etwaigen Leistungspflichten befreit worden. Nach den Versicherungsbedingungen habe der Kläger die bei der BEK bestehende Versicherung mitteilen müssen, so dass diese Obliegenheitsverletzung zur Kündigung des Vertrages berechtigt habe, in welche die Aufhebung des Vertrages ggf. umzudeuten sei. Diese Kündigung sei auch fristgerecht erfolgt, da sie jedenfalls bezüglich des Bestehens einer weiteren Pflegeversicherung erst im Februar 1995 Kenntnis erlangt habe. Die entsprechende Obliegenheit habe der Kläger auch zumindest fahrlässig verletzt. Selbst wenn der Pflegeversicherungsvertrag zwischen den Beteiligten bestehe, so müssten sich die Kläger in jedem Fall die Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung anrechnen lassen.

Mit Urteil vom 22.02.2000 hat das SG die Klage abgewiesen, weil ein Versicherungsvertrag zwischen den Beteiligten nicht zustande gekommen sei, denn die Beklagte habe ihr Versicherungsangebot durch das Schreiben vom 13.02.1995 vor der Annahme des Vertragsangebotes durch den Kläger zu 1) zurückgenommen.

Gegen das ihnen am 11.03.2000 zugestellte Urteil haben die Kläger am 16.03.2000 Berufung eingelegt. Sie sind weiterhin der Auffassung, dass die Beklagte nicht berechtigt sei, von dem Versicherungsvertrag zurückzutreten. Nach den eigenen Erklärungen der Beklagten und ihren Vertragsbestimmungen sei sie an ihr Vertragsangebot gebunden gewesen. Die von ihr behauptete Obliegenheitsverletzung berechtige sie nicht zur Kündigung-/Rücktritt vom Vertrage, was schon daraus folge, dass zuvor der Versicherungsfall eingetreten gewesen sei und der Beklagten der entsprechende Gesundheitszustand und die Versicherungssituation bekannt gewesen seien.

Nachdem sich die Beteiligten über die Ansprüche der Klägerin zu 2) vergleichsweise vor dem Senat geeinigt haben, beantragt der Kläger zu 1), das Urteil des SG Köln vom 22.02.2000 abzuändern und ihm Pflegegeld nach Stufe I aus dem mit Police vom 14.11.1994 begründeten Versicherungsverhältnis ab 01.04.1995 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Ansicht, ein Versicherungsvertrag sei mit dem Kläger mangels einer ausdrücklichen Annahme ihres Vertragsangebotes und auch nicht infolge einer konkludenten Vertragsannahme zustande gekommen. Im übrigen sei sie aufgrund der Obliegenheitsverletzungen - Nichtanzeige eines weiteren Versicherungsverhältnisses - seitens des Klägers von der Leistung befreit. Auch der Versicherungsfall sei mangels ärztlicher Feststellungen bisher nicht eingetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die auf Gewährung von Pflegegeld beschränkte Berufung des Klägers zu 1) (im folgenden Kläger) ist zulässig, aber unbegründet.

Dem Kläger stehen Ansprüche gegen die Beklagte aus einem Versicherungsverhältnis nicht zu.

Der Versicherungsvertrag ist allerdings entgegen der Auffassung des SG nicht infolge der Rücknahme des Vertragsangebots seitens der Beklagten nicht zustande gekommen. Die Übersendung des Versicherungsscheins ist nicht als bloße Aufforderung zur Abgabe eines Vertragsangebots an den Kläger anzusehen (vgl. dazu Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz - VVG -, 26. Aufl., Rdn. 14 zu § 3), weil die Beklagte zugleich auf eine Erklärung des Klägers verzichtet hatte, sofern er sich nicht bei einem anderen Versicherungsunternehmen pflegeversichern wollte. An diesen Antrag war die Beklagte nach § 145 (Bürgerliches Gesetzbuch) - BGB - gebunden. Die Rücknahme oder den Widerruf eines solchen Antrages sieht das BGB nicht vor. Eine Anfechtung (§ 119 BGB) wegen Irrtums über die Versicherungseigenschaften des Klägers hat die Beklagte ausdrücklich zu keinem Zeitpunkt erklärt. Die Mitteilung über die Stornierung der Versicherung wäre, sofern man ihr konkludent einen solchen Inhalt beimessen wollte, nicht unverzüglich i.S.d. § 121 Abs. 1 BGB erfolgt, da die Beklagte von Anfang an um die gesetzliche Krankenversicherung des Klägers wusste und daher die erst ca. drei Monate nach Absendung des Versicherungsscheins erklärte Stornierung verspätet gewesen ist.

Die Bindung an den Antrag ist nicht nach §§ 146, 147 BGB erloschen. Nach § 147 Abs. 2 BGB kann der einem Abwesenden gemachte Antrag nur bis zu dem Zeitpunkt angenommen werden, in welchem der Antragende den Eingang der Antwort unter regelmäßigen Umständen erwarten darf. Im März 1995, als der Kläger sich ausdrücklich auf den Bestand des Vertrages berufen hat, war dieser Zeitpunkt noch nicht verstrichen. Dies folgt zum einen daraus, dass die Beklagte ohnehin erklärt hatte, sie erwarte keine ausdrückliche Annahme im Hinblick auf die gesetzliche Versicherungspflicht, und zum anderen aus dem sechsmonatigen Wahlrecht, das den Privatkrankenversicherten durch § 23 Abs. 2 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI) hinsichtlich des Versicherungsunternehmens, bei dem der Pflegeversicherungsvertrag abzuschließen war, eingeräumt worden ist.

Der Senat neigt jedoch dazu, den Vertrag wegen eines versteckten Einigungsmangels als unwirksam anzusehen. Ein solcher Einigungsmangel i.S.d. § 155 BGB liegt allerdings nur vor, wenn sich die Erklärungen der Parteien ihrem Inhalt nach nicht decken; nicht ausreichend ist hingegen, ein (inhaltlich) unterschiedlicher Parteiwille (BGHZ 130, 151, 153; BGH NJW 93, 1798; 61, 1668).

Die Beklagte hat dem Kläger durch die Zusendung des Versicherungsscheins das Angebot auf Abschluss einer privaten Pflegepflichtversicherung unterbreitet. Die Voraussetzung für den Abschluss eines privaten Pflegepflichtversicherungsvertrages (§ 23 Abs. 1 SGB XI) lag zum Zeitpunkt des Vertragsangebotes nicht vor, weil der Kläger gesetzlich krankenversichert und damit Pflichtmitglied in der Sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs. 1 Nr. 11 bzw. Abs. 3 SGB XI) gewesen ist. Zwar enthält das SGB XI entgegen der Auffassung der Beklagten kein Verbot einer Doppelversicherung, wie aus § 27 SGB XI folgt. Da hiernach bei einem nachträglichen Zusammentreffen von privater Pflegeversicherung und gesetzlicher Versicherungspflicht nur ersteres Versicherungsverhältnis gekündigt werden kann - ohne entsprechende Kündigungserklärung entsteht eine Doppelversicherung - und ein Wahlrecht dem Versicherten nicht eingeräumt ist, besteht aber der Vorrang der gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft vor der privaten. Sind, wie hier, die Voraussetzungen der gesetzlichen Pflichtmitgliedschaft zeitgleich mit den Voraussetzungen des § 23 SGB XI erfüllt, besteht daher allein erstere Pflichtmitgliedschaft und keine Verpflichtung zum Abschluss einer privaten Pflegeversicherung, auch wenn § 23 SGB XI dies nicht ausdrücklich regelt; denn die Kündigungsmöglichkeit des § 27 SGB XI zeigt, dass der Gesetzgeber eine doppelte Pflegeversicherung - für die es auch leistungsrechtlich keinen nachvollziehbaren Grund gibt (s. dazu noch unten) - nicht gewollt hat.

Die Annahme dieses Vertragsangebotes ist erst durch die Erklärung des Klägers vom 21.03.1995 auf die Stornierungsmitteilung der Beklagten erfolgt. Weder dem vorherigen Schweigen (zum Schweigen als Willenserklärung vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 60. Aufl., Einf. 7,8 v. § 116) des Klägers noch der Duldung der Beitragsabbuchung ist ein entsprechender Erklärungswille zu entnehmen, da bis zum Zeitpunkt der entsprechenden Erklärung, die entgegen der Auffassung der Beklagten zumindest konkludent eine Annahmeerklärung im Hinblick auf die Geltendmachung von Leistungen aus dem Vertrag beinhaltete, die Frist des § 23 Abs. 2 SGB XI für die Ausübung des Wahlrechts bezüglich des Versicherungsunternehmens, bei dem der Pflegeversicherungsvertrag wirksam werden sollte, noch nicht abgelaufen war, wie das SG zu Recht dargelegt hat. Die entsprechende Erklärung des Klägers vom 21.03.1995 enthielt den Zusatz, dass er Leistungen gegebenenfalls auch als Zusatzleistungen beanspruche. Damit ist aber nicht die Annahme des Angebots auf Abschluss eines Pflegepflichtversicherungsvertrages, wie von der Beklagten ausschließlich angeboten, erklärt worden, sondern der Kläger hat nunmehr in Kenntnis, dass die Beklagte die Voraussetzungen für einen solchen Vertragsabschluss nicht mehr als gegeben ansah, seinen Willen zum Ausdruck gebracht, in irgendeiner zulässigen Form das Versicherungsverhältnis einzugehen. Insoweit decken sich die Erklärungen der Beteiligten nicht mehr, weil die Beklagte nur das Angebot eines ganz bestimmten Versicherungsvertrages dem Kläger unterbreitet hat, dessen Annahmeerklärung jedoch generell auf Abschluss eines Versicherungsvertrages gerichtet war.

Letztlich kann diese Frage jedoch dahinstehen, denn selbst wenn eine übereinstimmende Erklärung der Parteien bezüglich des Abschlusses eines Pflegepflichtversicherungsvertrages vorgelegen haben sollte, ist der Vertrag unwirksam.

Dies folgt zwar nicht aus § 134 BGB, weil das SGB XI kein gesetzliches Verbot der Doppelversicherung enthält, wie aus § 27 SGB XI folgt und was auch den allgemeinen Vertragsbedingungen der Beklagten (§ 13) entspricht. Der Vertrag ist aber nach § 306 BGB nichtig, weil er auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist. Vertragsinhalt konnte, wie bereits oben dargelegt, nur ein Pflegepflichtversicherungsverhältnis - entsprechend dem Angebot der Beklagten - sein. Soweit der Kläger mit seinem Schreiben vom 21.03.1995 möglicherweise hilfsweise den Abschluss einer Pflegezusatzversicherung begehrt haben sollte, hat die Beklagte einen solchen Antrag nicht angenommen. Ein Pflichtversicherungsverhältnis konnte aufgrund des Vorrangs der gesetzlichen Versicherungspflicht zwischen den Beteiligten nicht begründet werden. Infolgedessen ist die Beklagte auch nicht in der Lage, dem Kläger Versicherungsleistungen aus einer solchen Pflichtversicherung zu verschaffen. Dies gilt ebenso für jedes andere private Versicherungsunternehmen, so dass eine anfängliche objektive Unmöglichkeit der Verschaffung der Vertragsleistungen bestand (zu diesem Erfordernis vgl. Thode, Münchener Kommentar, 3. Aufl., Rdn. 2 zu § 306). Auf der anderen Seite besteht für den Kläger auch kein Interesse an der Wirksamkeit dieses Vertrages, da er einen Leistungsanspruch hieraus nicht realisieren kann. Die Versicherungsleistungen der Beklagten sind deckungsgleich mit denjenigen der §§ 36 ff. SGB XI. Da der Kläger demnach bereits kongruente Ansprüche gegen den Träger der sozialen Pflegeversicherung hat, ist die Beklagte berechtigt, diese Ansprüche auf ihre Leistungen anzurechnen (vgl. Bach/Moser, Private Krankenversicherung, 2. Aufl., Rdn. 40 zu §§ 9, 10 - MB/KK - sowie Rdn. 99 zu § 5 MB/KK; Näheres s.u.).

Die Unmöglichkeit der Leistungsverschaffung ist auch dauerhafter Natur (vgl. dazu Palandt a.a.O. Rdn. 5 zu § 306). Dies gilt selbst dann, wenn man unterstellt, dass ein Ausscheiden des Klägers aus der gesetzlichen Krankenversicherung - bei bestehender Mitgliedschaft in der Krankenversicherung der Rentner allerdings kaum denkbar - in Betracht käme. Ab diesem Zeitpunkt könnten zwar die Voraussetzungen einer privaten Pflegepflichtversicherung entstehen. Dies ließe aber die bisherige Leistungsunmöglichkeit unberührt und könnte lediglich Ansprüche für die Zukunft begründen.

Als Folge der Nichtigkeit des Vertrages kann der Kläger keine Ansprüche aus § 307 Satz 1 BGB herleiten. Danach ist, wer bei der Schließung eines Vertrages, der auf eine unmögliche Leistung gerichtet ist, die Unmöglichkeit der Leistung kennt oder kennen muss, zum Ersatze des Schadens verpflichtet, den der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf die Gültigkeit des Vertrages vertraut, jedoch nicht über den Betrag des Interesses hinaus, welches der andere Teil an der Gültigkeit des Vertrages hat. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der andere Teil die Unmöglichkeit kennt oder kennen muss (§ 307 Satz 2 BGB). Auch für den Kläger musste es naheliegen, dass eine doppelte Pflichtversicherung auf dieselbe Leistung nicht gegeben sein konnte. Auch wenn er davon ausgehen durfte, dass die Beklagte um seine Mitgliedschaft in der gesetzlichen Krankenversicherung wusste, hätte es doch für ihn naheliegen müssen, die Beklagte auf diesen Umstand nochmals hinzu weisen, um eine Überprüfung des Sachverhalts herbeizuführen. Zumindest i.S.d. Fahrlässigkeit (§ 122 Abs. 2 BGB) ist daher seine Unkenntnis von der Unwirksamkeit des Vertrages als verschuldet anzusehen.

Unabhängig davon ist dem Kläger aber auch kein Schaden i.S.d. § 307 Satz 1 BGB, der nur einen Anspruch auf den Ausgleich des negativen Interesses begründet (vgl. Palandt a.a.O. Rdn. 5 zu § 307), entstanden. Dieser Schaden könnte allenfalls darin liegen, dass der Kläger im Vertrauen auf die Doppelversicherung den Abschluss einer privaten Zusatzversicherung unterlassen hat. Da jedoch nach seinem eigenen Vorbringen sowie den Feststellungen des MDK zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Beklagten der Versicherungsfall bereits eingetreten war, wäre die weitere Risikoabsicherung bezüglich seiner Pflegebedürftigkeit nicht mehr in Betracht gekommen.

Schließlich scheitert der allein noch mit der Berufung geltend gemachte Leistungsanspruch daran, dass die Beklagte den Einwand des Schadensausgleichs durch die zuständige Pflegekasse erhoben hat. Nach § 55 VVG ist der Versicherer, auch wenn die Versicherungssumme höher ist als der Versicherungswert zur Zeit des Eintritts des Versicherungsfalls, nicht verpflichtet, dem Versicherungsnehmer mehr als den Betrag des Schadens zu ersetzen. Die Pflegeversicherung ist, soweit sie die Kosten erstattet, die durch die notwendige Pflege entstehen, eine Schadenversicherung (vgl. zur Krankheitskostenversicherung BGH (VersR) 71, 1138; s. ferner Römer/Langheid, Kommentar zum VVG, Rdn. 1 zu § 55). Sind die Leistungen nach den Vertragsbedingungen des privaten Versicherungsunternehmens und nach dem SGB XI deckungsgleich, kann aufgrund des Vorrangs der gesetzlichen Versicherung das private Versicherungsunternehmen aber die Leistungen aus der sozialen Pflegeversicherung bis zur Höhe ihrer eigenen Leistung anrechnen (vgl. Bach/Moser a.a.O.; Prölss/Martin a.a.O. Rdn. 19 zu § 5 MB/KK 94; LG Berlin, VersR 77, 661). Da die Vertragsbedingungen der Beklagten keine weitergehende Kostenerstattung vorsieht, als diese nach dem Recht der sozialen Pflegeversicherung übernommen werden kann, verbleibt kein von der Beklagten zu leistender Mehrbetrag. Das gilt auch dann, wenn die Pflegeaufwendungen, die der Kläger benötigt, durch die bei ihm festgestellte Pflegestufe I nicht vollständig ausgeglichen werden sollten. Denn sowohl die private wie auch die soziale Pflegeversicherung, die hier inhaltsgleich ausgestaltet sind, gewähren nur einen Mindestbedarf je nach der bestehenden Pflegestufe. Dieser kann aber nicht durch eine Addition der Versicherungsleistungen erhöht werden. Dabei kann dahinstehen, ob § 55 VVG ein entsprechendes Bereicherungsverbot enthält (vgl. Römer/Langheid a.a.O. Rdn. 3 ff. zu § 55 m.w.N. zur Rechtsprechung des BGH), denn hier lässt die Deckungsgleichheit der Schadensversicherungen nur einmal den Ausgleich des Schadens zu.

Die Berufung des Klägers musste daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückgewiesen werden. Bei letzterer Entscheidung hat es der Senat als angemessen angesehen, dass die Beteiligten ihre Kosten selbst tragen, weil die Beklagte, obwohl sie obsiegt hat und die Regelung des § 193 Abs. 4 Satz 1 BGB auf sie nicht anzuwenden ist, durch ihr Verhalten wesentlich zur Entstehung des Rechtsstreites beigetragen hat.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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