Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Aachen (NRW)
Aktenzeichen
S 5 KN 58/98 U
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 KN 204/98 U
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 8 KN 2/00 U R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 02.09.1999 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Klägers auch im zweiten Rechtszug. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheten-Verordnung (BKV) vom 31.10.1997, BGBl. I S. 2623 ff.
Der am xxxxxx1922 geborene Kläger war nach unterschiedlichen Angaben von 1936 bis 1948 Tagesarbeiter, Straßenbauarbeiter, Fabrikarbeiter, Polizeianwärter, Soldat, Bahnarbeiter, Waldarbeiter und Brikettarbeiter über Tage. Ab 10.06.1948 war er auf den Zechen Mxxxxxxxxxxxxxxxxx, Exxxxxxxxxxxx und Axxx I Schlepper/Gedinge schlepper, Lehrhauer, Streckenhauer, Hauer vor Kohle, Hilfszimmer hauer, Hauer im Transport und Strecken, Hauer und ab 01.08.1971 bis zur Abkehr zum 31.03.1977 Bandwärter. Bis August 1969 war er hierbei nach den Berechnungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten (TAD) bei Unterstellung geringstmöglicher Belastung 108 Feinstaubjahren ([mg/m³]) x Jahre) und bis zur Abkehr einer Belastung von insgesamt 137 Feinstaubjahren ausgesetzt (TAD, 07.10.1996 und 30.05.2000). Die Leistungskartei der Bundesknappschaft vermerkt vom 22.12.1951 bis 06.01.1952 eine AU-Zeit wegen Bronchitis und später gelegentlich AU-Zeiten wegen grippaler Infekte, Erkältungsinfekten oder Grippe. Bei den Bergtauglichkeitsuntersuchungen zeigten sich ab 1955 beginnende, ab 1958 leichte Zeichen von Staubeinwirkungen und (10/66) ein leises und rauhes Atemgeräusch. (10/68) machte der Kläger geltend, sein Gesundheitszustand habe sich merklich verschlechtert. Die Beklagte lehnte die Entschädigung einer Silikose (BK Nr. 4101) ab (Bescheid vom 27.02.1969). Im sich anschließenden Klageverfahren Sozialgericht (SG) Aachen S 2 BU 87/69) führte der Sachverständige Prof. Dr. Wxxxx aus (08.09.1969), die cardio-pulmonalen Ausfallerscheinungen würden vollständig durch das mäßige Lungenemphysem erklärt. Der Kläger nahm seine Klage zurück. Bei den weiteren Bergtauglichkeitsuntersuchungen klagte er bei größerer Anstrengung über Luftmangelbeschwerden (2/70), Luftmangelbeschwerden, Stiche unter den Schulterblättern (2/71), bei geringer Belastung schon Luftmangelbeschwerden, ab und zu Schwindelgefühl, Husten mit Auswurf (2/72), Luftmangelbeschwerden bei Anstrengung, viel Schwitzen, vor allem nachts (4/73), bei Anstrengung Luftbeschwerden (5/75) und bei Anstrengung Luftmangelbeschwerden, viel Schwitzen, vor allem nachts (5/76). Dr. Exxxxxxx (18.01.1990) nahm ein mäßiggradiges Lungenemphysem an. Auf der Grundlage einer Stellungnahme von Dr. Sxxxxxxx (04.07.1990) lehnte die Beklagte ab, eine Silikose zu entschädigen (Bescheid vom 07.08.1990). Dr. Fxxxx fand 1990 ein Bauchaortenaneurysma. Dessen Ruptur behandelte das Lxxxxx-Hospital Axxxxx vom 23.11. bis 23.12.1993 (Bericht Dr. Sxxxxxxx/Assistenzarzt Fxxxxxxxxx, 11.01.1994; weitere Berichte 28.02. und 28.10.1994). Dr. Exxxxxxx ging von Zeichen eines mäßiggradigen diffusen Lungenemphysems (11.10.1994) bzw.einer geringen Silikose (04.07.1996) aus. Die Beklagte erkannte auf der Grundlage der Beurteilung von Dr. Sxxxxxxx (22.01.1995) eine BK Nr. 4101 an, lehnte aber eine Berentung ab (Bescheid vom 10.02.1995).
Am 17.07.1996 zeigte praktischer Arzt Nxxxxxxx den Verdacht einer BK (Lungenemphysem) an. Der Kläger behauptete, er sei Nichtraucher gewesen. Seit ca. 25 Jahren habe er Atemwegsbeschwerden in Form von Husten, Auswurf und Luftnot. Die Beschwerden hätten sich ins gesamt intensiviert (19.09.1996). Praktischer Arzt Nxxxxxxx be richtete, den Kläger seit etwa 1994 zu behandeln (01.10.1996). In einem Gutachten für die Beklagte gelangte Dr. Ixxxx (24.02.1997) zum Ergebnis, es bestehe ab 23.11.1993 eine chronische Emphysem bronchitis mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20% und ab dem Untersuchungstage mit einer MdE von 30%. Die Landesanstalt für Arbeitsschutz (Prof. Dr. Exxx, 09.06.1997) leitete Maßnahmen nach § 7 Abs. 2 BKV nicht ein. Dr. Sxxxxxxx meinte, ab 18.01.1990 liege der Versicherungsfall vor (07.09.1997). Die Beklagte lehnte ab, eine chronische obstruktive Bronchitis oder ein Emphysem von Bergleuten zu entschädigen (Bescheid vom 24.10.1997; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 13.05.1998). Die Entschädigung einer Silikose hat die Beklagte inzwischen erneut abgelehnt (Beurteilung Dr. Sxxxxxxx, 28.02.2000; ablehnender Bescheid vom 01.02.2000; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 10.05.2000).
Zur Begründung seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen hat der Kläger vorgetragen, entgegen anderslautenden Annahmen sei er Nichtraucher gewesen. Die chronische Bronchitis sei erst ab 03.03.1997 diagnostiziert.
Die Beklagte hat sich auf Stellungnahmen von Prof.Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx berufen (22.02. und 12.07.1999).
Das Gericht hat Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. Sxxxx erhoben. Er ist zum Ergebnis gelangt (12.10.1998), ab 24.02.1997 sei von einem Versicherungs- und zugleich auch Leistungsfall eines Emphysems im Sinne der BK Nr. 4111 und einer MdE von 20% und ab 12.10.1998 von einer solchen von 30% auszugehen. Ergänzend (30.03.1999) ist er bei seiner Beurteilung geblieben und nicht den Einwendungen von Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx gefolgt, unter Berücksichtigung der Anamnese sei eine chronische Bronchitis schon seit Jahren belegt, ebenso wie die Obstruktion durch das Gutachten von Prof. Dr. Wxxxx 1969. Seit diesem Zeitpunkt sei von einer MdE von 20% auszugehen. Das Gericht hat die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidung ver urteilt, dem Kläger ab 24.02.1997 Verletztenrente nach einer MdE von 20% und ab 12.10.1998 nach einer solchen von 30% wegen einer BK Nr. 4111 zu zahlen (Urteil vom 02.09.1999).
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, entsprechend den Stellungnahmen von Prof. Dr. Nxxxx (17.04. und 12.09.2000) seien die Anamnese und die Befunde in den früheren Beurteilungen hinreichend valide, um vom einen Versicherungsfall der chronischen obstruktiven Bronchitis 1969 auszugehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 02.09.1999 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Gericht hat Beweis durch den Sachverständigen Prof.Dr. Pxxxxxxxx erhoben (27.07.2000) und ihn im Termin vom 12.10.2000 gehört.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Zahlung von Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 24.02.1997 und nach einer MdE von 30 v.H. ab 12.10.1998 wegen einer BK Nr. 4111. Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), da der Versicherungsfall am 24.02.1997 nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, [UVEG] § 212 SGB VII; zum Eintritt des Versicherungsfalls vgl. unten). Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Nr. 4111 der Anlage zur BKV gehören zu den BKen auch "chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren" [(mg/m³) x Jahre]." Die Voraussetzungen der BK Nr. 4111 sind erfüllt. Der Kläger war bei versicherter Tätigkeit unter Tage bis zur Abkehr am 31.03.1977 entsprechend den Berechnungen des TAD bei Unterstellung geringstmöglicher Belastung einer Exposition von 137 Feinstaubjahren ausgesetzt. Diese Exposition hat zumindest mit Wahrscheinlichkeit das mit Sicherheit feststellbare Emphysem wesentlich mitbedingt. Das haben die Sachverständigen Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx überzeugend dargelegt. Es entspricht der urkundsbeweislich verwertbaren Beurteilung von Dr. Ixxxx. Die Beklagte zieht dies auch mit den im Gerichtsverfahren vorgelegten Stellungnahmen von Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx und Prof. Dr. Nxxxx nicht in Zweifel. Zur Verwertbarkeit der im Gerichtsverfahren von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen vgl. BSG, Beschl. vom 17.08.2000, B 8 KN 5/00, Bl. 5. m.w.N. Ebensowenig bezweifeln die Beteiligten zu Recht und im Einklang mit der Aktenlage, daß das Emphysem jedenfalls ab 24.02.1997 eine MdE von 20 v.H. und ab 12.10.1998 eine solche von 30 v.H. bedingt (Prof. Dr. Sxxxx).
Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem Anspruch des Klägers § 6 Abs. 1 BKV nicht entgegen. Leidet - so § 6 Abs. 1 BKV - ein Versicherter am 01.12.1997 an einer Krankheit nach Nr. 4111 der Anlage, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten ist. Das LSG geht mit der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 30.09.1999, B 8 KN 5/98 UR, SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 13, S. 46 ff.) davon aus, daß die Rückwirkungsklausel des § 6 Abs. 1 BKV wirksam ist ungeachtet der Beobachtungspflicht des Verordnungsgebers, die gegebenenfalls eine Korrektur- und Nachbesserungspflicht nach sich zieht (vgl. zu den entsprechenden Pflichten des Gesetzgebers BVerfGE 87, S. 348 ff., 358; 88, S. 203 ff., 309 bis 311).
Der Begriff "Versicherungsfall" im Sinne von § 6 Abs. 1 BKV meint das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch des Versicherten auf Anerkennung einer BK im Sinne von § 551 Abs. 1 RVO/§ 9 Abs. 1 SGB VII (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.1999, a.a.O., S. 48, m.w.N.). Damit umschreibt der Begriff "Versicherungsfall" nur das Versicherungswagnis und sagt nichts über die Voraussetzungen aus, die darüber hinaus für einen Anspruch auf Leistung aus der Versicherung erfüllt sein müssen (vgl. BSG, Urteil vom 20.06.1995, 8 RKnU 2/94, SozR 3-5679 Art. 3 BKVO-ÄndV 1988 Nr. 1, S. 1 ff., 2, m.w.N.). Unter einer Gesundheitsstörung, wie sie als Tatbestands erkmal für eine BK vorausgesetzt ist, werden schon Befunde verstanden, die einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand ausweisen, auch wenn noch keine Krankheit im Sinne der Krankenversicherung vorliegt. Damit kann unter Versicherungsfall im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich das Ereignis im Leben des Versicherten verstanden werden, das bei seinem Eintritt spezifische Nachteile und Gefährdungen für den Versicherten mit sich bringt, gegen die die Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. ebenda und BSG, Urteil vom 27.02.1989, 2 AU 54/88, SozR 2200 § 551 RVO Nr. 35, S. 67 ff., 70, m.w.N.).
Zum Versicherungsfall der BK Nr. 4111 ist es beim Kläger erst am 24.02.1997 gekommen. Davon ist das LSG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt. Erforderlich ist, daß der Eintritt des Versicherungsfalls nach dem 31. Dezember 1992 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 6 Abs. 1 BKV, der ohne Einschränkung den Eintritt des Versicherungsfalls verlangt. Für die BK Nr. 4111 bedeutet dies: Entscheidend ist, daß eine chronische obstruktive Bronchitis oder/und ein Emphysem, welche mit Wahrscheinlichkeit zumindest wesentlich mitbedingt sind durch eine Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren bei Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau, als regelwidriger Körperzustand erst nach dem 31.12.1992 bestanden haben, um auf Antrag diese BK anerkannt zu erhalten. Unschädlich ist es andererseits, wenn nur Anhaltspunkte dafür bestehen, daß es vor dem 01.01.1993 zum Eintritt des Versicherungsfalles gekommen ist, wenn der Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erst nach dem 31.12.1992 geführt ist. Das entspricht auch Sinn und Zweck der Rückwirkungsklausel. Sie zielt darauf ab, Ansprüche aus Versicherungsfällen vor Inkrafttreten des neuen (günstigeren) Rechts in die Regelungen des neuen Rechts ein zubeziehen, nicht aber, eine Entschädigung nach dem neuen Recht von vornherein zu verhindern. Die Grundentscheidung des Verordnungsgebers, Fälle der BK Nr. 4111 zu entschädigen, darf mithin nicht durch eine Auslegung der Rückwirkungsregelung des § 6 Abs. 1 BKV unterlaufen werden, die eine Entschädigung im Ergebnis in so gut wie allen Fällen ausschließt. Das gilt in gleicher Weise für die Anforderungen, die zu stellen sind, um davon auszugehen, daß die Tatbestandsmerkmale der BK erfüllt sind. In diesem Sinne ist beim Kläger erst ab 24.02.1997 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Emphysem als regelwidriger Körperzustand feststellbar. Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx. Unter dem Emphysem von Bergleuten im Sinne der BK Nr. 4111 ist eine irreversible Erweiterung des Lungenparenchyms distal der terminalen Bronchiolen mit einer Destruktion alveolärer Strukturen zu verstehen. Insoweit besteht über den Begriff des Emphysems in der medizinischen Wissenschaft Einigkeit (vgl. Prof. Dr. Pxxxxxxxx). Die BKV definiert den Begriff selbst nicht, sondern setzt ihn voraus. Nicht anders verhält es sich mit den Gesetzesmaterialien (Bundesratsdrucksache [BR-Drucks.] 642/97, S. 19), der wissenschaftlichen Begründung von der Sektion "Berufskrankheiten" zur Ergänzung der Berufskrankheiten-Verordnung (Bekanntmachung des BMA vom 01. August 1995 - IV a 4-45212/13 -, BArbBl. 10/1995, S. 39 ff.) und dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (Bekanntmachung des BMA vom 01.12.1997, BArbBl. 12/1997, S. 35 ff.; zur Konkretisierung der Begriffe der BKV vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R, insbesondere zum Stellenwert der Auslegungsmittel Bl. 5f.; vgl. auch Urteil vom 23.03.1999, B 2 U 12/98 R, SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 12, S. 33 ff., 44). In der Sache knüpft der Verordnungsgeber damit an den oben genutzten, in der medizinischen Wissenschaft allgemein anerkannten Begriff des Emphysems an (zum Begriff vgl. Gutachten Pxxxxxxxx, m.w.N.). Für die Feststellung des Emphysems mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedarf es in der Regel beim lebenden Versicherten hinreichend aussagekräftiger, sich zu einem Gesamtbild verdichtender Indizien. Das beruht darauf, daß die medizinische Definition des Emphysems dem pathologisch-anatomischen Bereich entspringt und dementsprechend zum Teil in der medizinischen Wissenschaft vertreten worden ist und wird, daß ein Emphysem unter Berücksichtigung der geringen Sensitivität der an die Stelle des pathologisch-anatomischen Befundes tretenden ndizien zu Lebzeiten des Patienten nicht mit Sicherheit zu diagnostizieren sei (Erläuterungen Prof. Dr. Pxxxxxxxx, 12.10.2000; vgl. auch Mxxxxxx/Pxxxxxxxx, Epidemiologie der Pneumokoniose und der Chronischen Bronchitis im Steinkohlenbergbau, Dortmund/Berlin 1998, S. 13, m.w.N.). Demgegenüber ist der Verordnungsgeber mit der Konzeption der BK Nr. 4111 davon ausgegangen, auch Versicherungsfälle von lebenden Versicherten mit Emphysem zu entschädigen. Er hat sich infolgedessen mit einem Maß an Diagnosesicherheit begnügt, das nach dem derzeitigen Stand der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse intra vitam möglich ist.
Darüber, welche diagnostischen Hilfsmittel zur Feststellung des Emphysems intra vitam in Betracht kommen, besteht in der medizinischen Wissenschaft Konsens (vgl. das sogenannte Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, Nowak, Stand: 10.12.1998, ASU 1999, 34, S. 79 ff.; Pneumologie 1999, 53, 150 bis 154). Das LSG geht insoweit von einem allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend aus, daß die in dem sogenannten Konsensuspapier auf geführten Methoden zur Diagnose des Lungenemphysems die derzeit möglichen, anerkannten Nachweisverfahren aufführen. Danach ist mindestens eine Röntgenaufnahme in 2 Ebenen zu fordern. Zu Lebzeiten des Versicherten kann ein Lungenemphysem gegebenenfalls durch eine (möglichst hoch auflösende) Computertomographie diagnostiziert werden. Bei klinisch, funktionsanalytisch und nativ radio logisch hinreichend geklärter Situation ist ein Computertomogramm entbehrlich. Die beim Lungenemphysem anamnestisch angegebene Belastungsluftnot entwickelt sich meist schleichend, klinisch manifeste Befunde sind oft erst beim fortgeschrittenen Emphysem sicher zu ermitteln. Funktionsanalytische Hinweise für ein Lungenemphysem sind das Residualvolumen in Kombination mit den dynamischen Lungenflußvolumina, insbesondere den Flußwerten der forcierten Expiration sowie mit Daten des ganzkörperplethysmogra phisch ermittelten Atemwegswiderstandes. Dabei kann in seltenen Fällen ein Lungenemphysem auch ohne Einschränkung der Einsekunden kapazität und ohne Erhöhung des spezifischen Atemwegswiderstandes auftreten. Der Feststellung einer Funktionsstörung durch das Lungenemphysem dient eine Blutgasanalyse sowohl in Ruhe als auch unter definierter körperlicher Belastung. Die Bestimmung der Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid gehört ebenfalls zur Emphysemdiagnostik. Nicht gesichert ist der Stellenwert der Verfahren der Bestimmung der Lungendehnbarkeit, des expiratorischen CO²-Mischluftindexes, die Diagnostik mit monodispersen Aerosolen und die impulsoszillometrisch ermittelte Resonanzfre quenz. Insgesamt berufen sich sowohl die Sachverständigen als auch im wesentlichen die von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen (insbesondere Prof. Dr. Nxxxx) auf das sogenannte Konsensuspapier.
Ausgehend von diesen Maßstäben ist zur Überzeugung des LSG der Versicherungsfall des Emphysems erst am 24.02.1997 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten. Ein computertomographischer oder histologischer, für sich genommen allein schon beweisender Befund fehlt. Von einem auch unter Berücksichtigung der Anamnese und Krankheitsentwicklung klinisch, funktionsanalytisch und nativ-radiologisch hinreichend geklärten Krankheitsbild des Emphysems vor dem 24.02.1997 vermag der Senat nicht aus zugehen. Er stützt sich insoweit insbesondere auf die Beurteilungen von Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx. Der Befund von Prof. Dr. Wxxxx 1969 rechtfertigt noch nicht, von einem Emphysem auszugehen. Prof. Dr. Wxxxx stellte selbst seinerzeit als Sachver ständiger heraus, der angedeutete übervolle Klappschall über den Unterfeldern und die vermehrte Strahlendurchlässigkeit der Lungen im Röntgenfilm deuteten auf ein Lungenemphysem hin. Das Residualvolumen sei indessen nicht vergrößert, auch seien katarrhalische Nebengeräusche im Sinne einer Bronchitisbildung nicht wahrnehmbar. Anders als Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx, der seine Position nicht differenziert begründet, geht Prof. Dr. Nxxxx überzeugend und in der Sache in Übereinstimmung mit den Gerichtssachverständigen und der urkundsbeweislich verwertbaren Beurteilung von Dr. Ixxxx davon aus, unter Berücksichtigung des normalen Residualvolumens sei noch nicht für 1969 ein Lungenemphysems voll bewiesen. Er weist nach vollziehbar darauf hin, bei einem Lungenemphysem wäre auch das Residualvolumen (bei nicht schwergradiger silikosebedingter Tendenz zur Restriktion) seinerzeit erhöht gewesen. Das gemessene normale Residualvolumen stehe der Annahme eines Lungenemphysems 1969 entgegen. In der Folgezeit bis 1997 fehlen funktionsanalytische Werte, die zusammen mit der Klinik und der Nativradiologie vor dem Hintergrund der Krankheitsentwicklung eine computertomographische Aufnahme zur Sicherung eines Emphysems entbehrlich machen können. Das haben Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx überzeugend herausgestellt. Gerade unter Berücksichtigung der in dem sogenannten Konsensuspapier niedergelegten Standards können allein die nativradiologischen Hinweise und die Beschwerdeangaben des Klägers, insbesondere anläßlich der Bergtauglichkeitsuntersuchungen, die ein durchaus in sich nachvollziehbares Bild ergeben, nicht den Nachweis eines Emphysems vor Februar 1997 erbringen. Mehr als bloße Anhaltspunkte für ein mögliches Emphysem vermögen die gleichmäßig vorgetragenen Klagen und die Anzeichen für ein Emphysem in den nativradiologischen Aufnahmen von 1990 nicht zu erbringen. Der Senat folgt dazu auch in Abweichung von Dr. Ixxxx den Sachverständigen darin, daß die basale Pneumonie mit linksseitigem Pleuraerguß, den der Kläger nach einer Operation eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas am 23.11.1993 erlitt, mit Wahrscheinlichkeit ausschließlich als Folge der wegen des rupturierten Bauchaortenaneurysmas getroffenen operativen Maßnahmen eingetreten ist. Erst die Untersuchungsergebnisse vom 24.02.1997 erbringen daher in der Gesamtschau hinreichende Indizien, um vom Vollbeweis eines Emphysems auszugehen.
Auch die Einbeziehung der epidemiologischen Erkenntnisse über den mittleren Verlust an Einesekundenkapazität bei Patienten mit chronischer obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (Camilli et al. 1987; vgl. hierzu Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx) führt nicht zu einer früheren Sicherung des Versicherungsfalles. Allein die anamnestischen Angaben und die Nativradiologie lassen vor dem Hintergrund solch genereller Erfahrungswerte keinen sicheren Rück schluß auf den Eintritt des Lungenemphysems als regelwidriger Kör perzustand zu. Dem entspricht in der Sache die übliche Praxis, nicht allein aufgrund von Anamnese und Röntgenaufnahmen ohne hinreichend stützende Klinik und ohne lungenfunktionsanalytischen Unterbau rückwirkend eine MdE wegen eines Emphysems anzunehmen.
Der Versicherungsfall einer chronischen obstruktiven Bronchitis ist nicht eingetreten. Erforderlich ist, daß eine chronische Bronchitis und eine bronchiale Obstruktion als regelwidriger Kör perzustand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beste hen. Das entspricht dem Wortlaut der BK Nr. 4111 und widerspricht nicht den Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 642/97, S. 19). Es steht mit den für die Einführung der BK Nr. 4111 maßgeblichen wissen schaftlichen Erkenntnissen im Einklang (vgl. BArbBl. 10/1995, S. 39 ff.). Dementsprechend knüpfen auch das Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (BArbBl. 12/1997, S. 35 ff.) und das sogenannte Konsensuspapier (a.a.O.) an dieses Begriffsverständnis an. Eine Bronchitis, also ein entzündlicher Reizzustand der Bronchien ist chronisch, wenn an den meisten Tagen von wenigstens drei Monaten an zwei aufeinander folgenden Jahren Husten besteht und vermehrt Bronchialschleim entleert wird (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung, a.a.O.; in der Sache auch Pxxxxxxxx, Sachverständigengutachten, auch unter Hinweis auf die historische Entwicklung). Dies ist auch Ausgangspunkt des sogenannten Konsensuspapiers, das sich hinsichtlich der pathophysiologischen und epidemiologischen Grundlagen ausdrücklich auch auf das Merkblatt beruft (vgl. ebenda, Fußnote 8). Bei einer bronchialen Obstruktion kommt es infolge einer Einengung der luftleitenden Bronchien durch Verdickung der Bronchialschleimhaut und Verlegung von kleinen Atemwegen mit Schleim zu einer Erhöhung des endobron chialen Strömungswiderstandes mit inhomogener Belüftung der Alveolen. Im Zusammenhang mit der sich chronifizierenden Reizung einer Bronchitis kann es zudem zu einer zunächst rezidivierenden und später auch sich chronifizierenden Konstriktion der Bronchialmuskulatur kommen, die ihrerseits zu einer weiteren Kaliberverengung und einer Vertiefung der Ventilationsstörung führen kann (Prof. Dr. Pxxxxxxxx, schriftliches Gutachten nebst Erläuterung). Diagnostisch maßgebliche Kriterien für die chronische Bronchitis sind die klinischen Befunde und gegebenenfalls die Anamnese. In erster Linie vermögen Lungenfunktionsuntersuchungen, die Obstruktion nachzuweisen. Aber auch stützende Hinweise wie eine entsprechende Medikamentation können im Zusammenwirken mit weiteren Indizien von hinreichender Dichte die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit einer chronischen obstruktiven Bronchitis als regelwidriger Körperzustand belegen. Davon gehen im Ergebnis alle gehörten Ärzte im Einklang mit dem sogenannten Konsensuspapier ohne Widerspruch zum Merkblatt (a.a.O.) aus.
Nach diesen Kriterien leidet der Kläger nicht an einer chronischen obstruktiven Bronchitis. 1969, als die Ganzkörperplethysmographie einen erhöhten Atemwegswiderstandswert von 3,7 cm H²O/l/sec ergab, fehlte es am Beleg für eine chronische Bronchitis. Es war an den meisten Tagen von wenigstens drei Monaten in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht nachweislich zu Husten und vermehrter Entlee rung von Bronchialschleim gekommen. Außer einer einmaligen kurzen Arbeitsunfähigkeitszeit zum Jahreswechsel 1951/1952 waren keine entsprechenden Zeiten wegen Bronchitis dokumentiert. Die Bergtauglichkeitsuntersuchungen belegten weder nach den Beschwerdeangaben noch nach den objektiven Befunden eine chronische Bronchitis (Prof. Dr. Pxxxxxxxx). Erstmals 1969 wurden Husten und Auswurf geklagt. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Wxxxx waren katarrhalische Nebengeräusche im Sinne einer Bronchitis über den Lungen nicht wahrnehmbar. All dies belegt, daß 1969 nicht von einer chronischen Bronchitis auszugehen war. Darauf sind Prof. Dr. Nxxxx, Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxxx und Dr. Sxxxxxxx nicht detailliert eingegangen. Soweit demgegenüber später wiederkehrende Klagen über Husten mit Auswurf und Luftmangelbeschwerden dafür sprechen, daß es inzwischen - in den 70er Jahren - zu einer chronischen Bronchitis gekommen war, findet sich kein hinreichender Beleg für eine Obstruktion. Insbesondere ergaben die Messungen der Ganzkörperplethysmographie weder 1997 noch 1998 den Nachweis einer Obstruktion. Dieser Meßmethode ist besonderer Beweiswert beizumes sen, da sie weitgehend mitarbeitsunabhängig ist (vgl. Merkblatt, a.a.O. sowie sogenanntes Konsensuspapier, zustimmend Prof. Dr. Pxxxxxxxx).
Der Eintritt eines Emphysems als Versicherungsfall erst im Jahre 1997 steht nicht der Annahme entgegen, zwischen der Exposition unter Tage und dem Emphysem bestehe mit Wahrscheinlichkeit ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang. Das hat Prof. Dr. Pxxxxxxxx überzeugend im Rahmen der Erläuterung seines Gutachtens dargelegt. Insoweit verhält sich die Situation anders als bei Latenzzeiten von 20 Jahren und mehr zwischen Exposition und Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis. Bei einer solchen Latenzzeit wird zwar bei der chronischen obstruktiven Bronchitis der ursäch liche Zusammenhang mit einer grundsätzlich geeigneten Exposition zweifelhaft, wenn nicht hinreichende Brückensymptome bestehen. Entsprechendes wird aber in der Wissenschaft für ein Emphysem nicht angenommen. Zudem belegen die Angaben über Husten, Auswurf und Atemnot in den 70er Jahren eine chronische Bronchitis, die als Brückensymptom anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Auslegung der sogenannten Stichtagsregelung (§ 6 BKV) grundsätzliche Bedeutung beimißt.
Tatbestand:
Streitig ist die Zahlung von Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4111 der Anlage zur Berufskrankheten-Verordnung (BKV) vom 31.10.1997, BGBl. I S. 2623 ff.
Der am xxxxxx1922 geborene Kläger war nach unterschiedlichen Angaben von 1936 bis 1948 Tagesarbeiter, Straßenbauarbeiter, Fabrikarbeiter, Polizeianwärter, Soldat, Bahnarbeiter, Waldarbeiter und Brikettarbeiter über Tage. Ab 10.06.1948 war er auf den Zechen Mxxxxxxxxxxxxxxxxx, Exxxxxxxxxxxx und Axxx I Schlepper/Gedinge schlepper, Lehrhauer, Streckenhauer, Hauer vor Kohle, Hilfszimmer hauer, Hauer im Transport und Strecken, Hauer und ab 01.08.1971 bis zur Abkehr zum 31.03.1977 Bandwärter. Bis August 1969 war er hierbei nach den Berechnungen des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten (TAD) bei Unterstellung geringstmöglicher Belastung 108 Feinstaubjahren ([mg/m³]) x Jahre) und bis zur Abkehr einer Belastung von insgesamt 137 Feinstaubjahren ausgesetzt (TAD, 07.10.1996 und 30.05.2000). Die Leistungskartei der Bundesknappschaft vermerkt vom 22.12.1951 bis 06.01.1952 eine AU-Zeit wegen Bronchitis und später gelegentlich AU-Zeiten wegen grippaler Infekte, Erkältungsinfekten oder Grippe. Bei den Bergtauglichkeitsuntersuchungen zeigten sich ab 1955 beginnende, ab 1958 leichte Zeichen von Staubeinwirkungen und (10/66) ein leises und rauhes Atemgeräusch. (10/68) machte der Kläger geltend, sein Gesundheitszustand habe sich merklich verschlechtert. Die Beklagte lehnte die Entschädigung einer Silikose (BK Nr. 4101) ab (Bescheid vom 27.02.1969). Im sich anschließenden Klageverfahren Sozialgericht (SG) Aachen S 2 BU 87/69) führte der Sachverständige Prof. Dr. Wxxxx aus (08.09.1969), die cardio-pulmonalen Ausfallerscheinungen würden vollständig durch das mäßige Lungenemphysem erklärt. Der Kläger nahm seine Klage zurück. Bei den weiteren Bergtauglichkeitsuntersuchungen klagte er bei größerer Anstrengung über Luftmangelbeschwerden (2/70), Luftmangelbeschwerden, Stiche unter den Schulterblättern (2/71), bei geringer Belastung schon Luftmangelbeschwerden, ab und zu Schwindelgefühl, Husten mit Auswurf (2/72), Luftmangelbeschwerden bei Anstrengung, viel Schwitzen, vor allem nachts (4/73), bei Anstrengung Luftbeschwerden (5/75) und bei Anstrengung Luftmangelbeschwerden, viel Schwitzen, vor allem nachts (5/76). Dr. Exxxxxxx (18.01.1990) nahm ein mäßiggradiges Lungenemphysem an. Auf der Grundlage einer Stellungnahme von Dr. Sxxxxxxx (04.07.1990) lehnte die Beklagte ab, eine Silikose zu entschädigen (Bescheid vom 07.08.1990). Dr. Fxxxx fand 1990 ein Bauchaortenaneurysma. Dessen Ruptur behandelte das Lxxxxx-Hospital Axxxxx vom 23.11. bis 23.12.1993 (Bericht Dr. Sxxxxxxx/Assistenzarzt Fxxxxxxxxx, 11.01.1994; weitere Berichte 28.02. und 28.10.1994). Dr. Exxxxxxx ging von Zeichen eines mäßiggradigen diffusen Lungenemphysems (11.10.1994) bzw.einer geringen Silikose (04.07.1996) aus. Die Beklagte erkannte auf der Grundlage der Beurteilung von Dr. Sxxxxxxx (22.01.1995) eine BK Nr. 4101 an, lehnte aber eine Berentung ab (Bescheid vom 10.02.1995).
Am 17.07.1996 zeigte praktischer Arzt Nxxxxxxx den Verdacht einer BK (Lungenemphysem) an. Der Kläger behauptete, er sei Nichtraucher gewesen. Seit ca. 25 Jahren habe er Atemwegsbeschwerden in Form von Husten, Auswurf und Luftnot. Die Beschwerden hätten sich ins gesamt intensiviert (19.09.1996). Praktischer Arzt Nxxxxxxx be richtete, den Kläger seit etwa 1994 zu behandeln (01.10.1996). In einem Gutachten für die Beklagte gelangte Dr. Ixxxx (24.02.1997) zum Ergebnis, es bestehe ab 23.11.1993 eine chronische Emphysem bronchitis mit einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 20% und ab dem Untersuchungstage mit einer MdE von 30%. Die Landesanstalt für Arbeitsschutz (Prof. Dr. Exxx, 09.06.1997) leitete Maßnahmen nach § 7 Abs. 2 BKV nicht ein. Dr. Sxxxxxxx meinte, ab 18.01.1990 liege der Versicherungsfall vor (07.09.1997). Die Beklagte lehnte ab, eine chronische obstruktive Bronchitis oder ein Emphysem von Bergleuten zu entschädigen (Bescheid vom 24.10.1997; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 13.05.1998). Die Entschädigung einer Silikose hat die Beklagte inzwischen erneut abgelehnt (Beurteilung Dr. Sxxxxxxx, 28.02.2000; ablehnender Bescheid vom 01.02.2000; zurückweisender Widerspruchsbescheid vom 10.05.2000).
Zur Begründung seiner Klage zum Sozialgericht (SG) Aachen hat der Kläger vorgetragen, entgegen anderslautenden Annahmen sei er Nichtraucher gewesen. Die chronische Bronchitis sei erst ab 03.03.1997 diagnostiziert.
Die Beklagte hat sich auf Stellungnahmen von Prof.Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx berufen (22.02. und 12.07.1999).
Das Gericht hat Beweis durch den Sachverständigen Prof. Dr. Sxxxx erhoben. Er ist zum Ergebnis gelangt (12.10.1998), ab 24.02.1997 sei von einem Versicherungs- und zugleich auch Leistungsfall eines Emphysems im Sinne der BK Nr. 4111 und einer MdE von 20% und ab 12.10.1998 von einer solchen von 30% auszugehen. Ergänzend (30.03.1999) ist er bei seiner Beurteilung geblieben und nicht den Einwendungen von Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx gefolgt, unter Berücksichtigung der Anamnese sei eine chronische Bronchitis schon seit Jahren belegt, ebenso wie die Obstruktion durch das Gutachten von Prof. Dr. Wxxxx 1969. Seit diesem Zeitpunkt sei von einer MdE von 20% auszugehen. Das Gericht hat die Beklagte antragsgemäß unter Aufhebung der entgegenstehenden Verwaltungsentscheidung ver urteilt, dem Kläger ab 24.02.1997 Verletztenrente nach einer MdE von 20% und ab 12.10.1998 nach einer solchen von 30% wegen einer BK Nr. 4111 zu zahlen (Urteil vom 02.09.1999).
Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, entsprechend den Stellungnahmen von Prof. Dr. Nxxxx (17.04. und 12.09.2000) seien die Anamnese und die Befunde in den früheren Beurteilungen hinreichend valide, um vom einen Versicherungsfall der chronischen obstruktiven Bronchitis 1969 auszugehen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 02.09.1999 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Das Gericht hat Beweis durch den Sachverständigen Prof.Dr. Pxxxxxxxx erhoben (27.07.2000) und ihn im Termin vom 12.10.2000 gehört.
Für die Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der Kläger hat Anspruch auf die Zahlung von Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. ab 24.02.1997 und nach einer MdE von 30 v.H. ab 12.10.1998 wegen einer BK Nr. 4111. Der geltend gemachte Anspruch richtet sich nach den Vorschriften des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII), da der Versicherungsfall am 24.02.1997 nach dem Inkrafttreten des SGB VII am 01.01.1997 eingetreten ist (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz, [UVEG] § 212 SGB VII; zum Eintritt des Versicherungsfalls vgl. unten). Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, haben Anspruch auf eine Rente (§ 56 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Berufskrankheiten sind Krankheiten, die die Bundesregierung Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden (§ 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Nach Nr. 4111 der Anlage zur BKV gehören zu den BKen auch "chronische obstruktive Bronchitis oder Emphysem von Bergleuten unter Tage im Steinkohlebergbau bei Nachweis der Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren" [(mg/m³) x Jahre]." Die Voraussetzungen der BK Nr. 4111 sind erfüllt. Der Kläger war bei versicherter Tätigkeit unter Tage bis zur Abkehr am 31.03.1977 entsprechend den Berechnungen des TAD bei Unterstellung geringstmöglicher Belastung einer Exposition von 137 Feinstaubjahren ausgesetzt. Diese Exposition hat zumindest mit Wahrscheinlichkeit das mit Sicherheit feststellbare Emphysem wesentlich mitbedingt. Das haben die Sachverständigen Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx überzeugend dargelegt. Es entspricht der urkundsbeweislich verwertbaren Beurteilung von Dr. Ixxxx. Die Beklagte zieht dies auch mit den im Gerichtsverfahren vorgelegten Stellungnahmen von Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx und Prof. Dr. Nxxxx nicht in Zweifel. Zur Verwertbarkeit der im Gerichtsverfahren von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen vgl. BSG, Beschl. vom 17.08.2000, B 8 KN 5/00, Bl. 5. m.w.N. Ebensowenig bezweifeln die Beteiligten zu Recht und im Einklang mit der Aktenlage, daß das Emphysem jedenfalls ab 24.02.1997 eine MdE von 20 v.H. und ab 12.10.1998 eine solche von 30 v.H. bedingt (Prof. Dr. Sxxxx).
Die Einwendungen der Beklagten greifen nicht durch. Entgegen der Ansicht der Beklagten steht dem Anspruch des Klägers § 6 Abs. 1 BKV nicht entgegen. Leidet - so § 6 Abs. 1 BKV - ein Versicherter am 01.12.1997 an einer Krankheit nach Nr. 4111 der Anlage, ist diese auf Antrag als Berufskrankheit anzuerkennen, wenn der Versicherungsfall nach dem 31. Dezember 1992 eingetreten ist. Das LSG geht mit der den Beteiligten bekannten Rechtsprechung des BSG (vgl. z.B. Urteil vom 30.09.1999, B 8 KN 5/98 UR, SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 13, S. 46 ff.) davon aus, daß die Rückwirkungsklausel des § 6 Abs. 1 BKV wirksam ist ungeachtet der Beobachtungspflicht des Verordnungsgebers, die gegebenenfalls eine Korrektur- und Nachbesserungspflicht nach sich zieht (vgl. zu den entsprechenden Pflichten des Gesetzgebers BVerfGE 87, S. 348 ff., 358; 88, S. 203 ff., 309 bis 311).
Der Begriff "Versicherungsfall" im Sinne von § 6 Abs. 1 BKV meint das Vorliegen der Voraussetzungen für den Anspruch des Versicherten auf Anerkennung einer BK im Sinne von § 551 Abs. 1 RVO/§ 9 Abs. 1 SGB VII (vgl. BSG, Urteil vom 30.09.1999, a.a.O., S. 48, m.w.N.). Damit umschreibt der Begriff "Versicherungsfall" nur das Versicherungswagnis und sagt nichts über die Voraussetzungen aus, die darüber hinaus für einen Anspruch auf Leistung aus der Versicherung erfüllt sein müssen (vgl. BSG, Urteil vom 20.06.1995, 8 RKnU 2/94, SozR 3-5679 Art. 3 BKVO-ÄndV 1988 Nr. 1, S. 1 ff., 2, m.w.N.). Unter einer Gesundheitsstörung, wie sie als Tatbestands erkmal für eine BK vorausgesetzt ist, werden schon Befunde verstanden, die einen regelwidrigen Körper- oder Geisteszustand ausweisen, auch wenn noch keine Krankheit im Sinne der Krankenversicherung vorliegt. Damit kann unter Versicherungsfall im Sozialversicherungsrecht grundsätzlich das Ereignis im Leben des Versicherten verstanden werden, das bei seinem Eintritt spezifische Nachteile und Gefährdungen für den Versicherten mit sich bringt, gegen die die Versicherung Schutz gewähren soll (vgl. ebenda und BSG, Urteil vom 27.02.1989, 2 AU 54/88, SozR 2200 § 551 RVO Nr. 35, S. 67 ff., 70, m.w.N.).
Zum Versicherungsfall der BK Nr. 4111 ist es beim Kläger erst am 24.02.1997 gekommen. Davon ist das LSG nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme überzeugt. Erforderlich ist, daß der Eintritt des Versicherungsfalls nach dem 31. Dezember 1992 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht. Dafür spricht schon der Wortlaut des § 6 Abs. 1 BKV, der ohne Einschränkung den Eintritt des Versicherungsfalls verlangt. Für die BK Nr. 4111 bedeutet dies: Entscheidend ist, daß eine chronische obstruktive Bronchitis oder/und ein Emphysem, welche mit Wahrscheinlichkeit zumindest wesentlich mitbedingt sind durch eine Einwirkung einer kumulativen Dosis von in der Regel 100 Feinstaubjahren bei Bergleuten unter Tage im Steinkohlenbergbau, als regelwidriger Körperzustand erst nach dem 31.12.1992 bestanden haben, um auf Antrag diese BK anerkannt zu erhalten. Unschädlich ist es andererseits, wenn nur Anhaltspunkte dafür bestehen, daß es vor dem 01.01.1993 zum Eintritt des Versicherungsfalles gekommen ist, wenn der Nachweis des Eintritts des Versicherungsfalls mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit erst nach dem 31.12.1992 geführt ist. Das entspricht auch Sinn und Zweck der Rückwirkungsklausel. Sie zielt darauf ab, Ansprüche aus Versicherungsfällen vor Inkrafttreten des neuen (günstigeren) Rechts in die Regelungen des neuen Rechts ein zubeziehen, nicht aber, eine Entschädigung nach dem neuen Recht von vornherein zu verhindern. Die Grundentscheidung des Verordnungsgebers, Fälle der BK Nr. 4111 zu entschädigen, darf mithin nicht durch eine Auslegung der Rückwirkungsregelung des § 6 Abs. 1 BKV unterlaufen werden, die eine Entschädigung im Ergebnis in so gut wie allen Fällen ausschließt. Das gilt in gleicher Weise für die Anforderungen, die zu stellen sind, um davon auszugehen, daß die Tatbestandsmerkmale der BK erfüllt sind. In diesem Sinne ist beim Kläger erst ab 24.02.1997 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ein Emphysem als regelwidriger Körperzustand feststellbar. Der Senat folgt insoweit der überzeugenden Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx. Unter dem Emphysem von Bergleuten im Sinne der BK Nr. 4111 ist eine irreversible Erweiterung des Lungenparenchyms distal der terminalen Bronchiolen mit einer Destruktion alveolärer Strukturen zu verstehen. Insoweit besteht über den Begriff des Emphysems in der medizinischen Wissenschaft Einigkeit (vgl. Prof. Dr. Pxxxxxxxx). Die BKV definiert den Begriff selbst nicht, sondern setzt ihn voraus. Nicht anders verhält es sich mit den Gesetzesmaterialien (Bundesratsdrucksache [BR-Drucks.] 642/97, S. 19), der wissenschaftlichen Begründung von der Sektion "Berufskrankheiten" zur Ergänzung der Berufskrankheiten-Verordnung (Bekanntmachung des BMA vom 01. August 1995 - IV a 4-45212/13 -, BArbBl. 10/1995, S. 39 ff.) und dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (Bekanntmachung des BMA vom 01.12.1997, BArbBl. 12/1997, S. 35 ff.; zur Konkretisierung der Begriffe der BKV vgl. BSG, Urteil vom 22.08.2000, B 2 U 34/99 R, insbesondere zum Stellenwert der Auslegungsmittel Bl. 5f.; vgl. auch Urteil vom 23.03.1999, B 2 U 12/98 R, SozR 3-2200 § 551 RVO Nr. 12, S. 33 ff., 44). In der Sache knüpft der Verordnungsgeber damit an den oben genutzten, in der medizinischen Wissenschaft allgemein anerkannten Begriff des Emphysems an (zum Begriff vgl. Gutachten Pxxxxxxxx, m.w.N.). Für die Feststellung des Emphysems mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit bedarf es in der Regel beim lebenden Versicherten hinreichend aussagekräftiger, sich zu einem Gesamtbild verdichtender Indizien. Das beruht darauf, daß die medizinische Definition des Emphysems dem pathologisch-anatomischen Bereich entspringt und dementsprechend zum Teil in der medizinischen Wissenschaft vertreten worden ist und wird, daß ein Emphysem unter Berücksichtigung der geringen Sensitivität der an die Stelle des pathologisch-anatomischen Befundes tretenden ndizien zu Lebzeiten des Patienten nicht mit Sicherheit zu diagnostizieren sei (Erläuterungen Prof. Dr. Pxxxxxxxx, 12.10.2000; vgl. auch Mxxxxxx/Pxxxxxxxx, Epidemiologie der Pneumokoniose und der Chronischen Bronchitis im Steinkohlenbergbau, Dortmund/Berlin 1998, S. 13, m.w.N.). Demgegenüber ist der Verordnungsgeber mit der Konzeption der BK Nr. 4111 davon ausgegangen, auch Versicherungsfälle von lebenden Versicherten mit Emphysem zu entschädigen. Er hat sich infolgedessen mit einem Maß an Diagnosesicherheit begnügt, das nach dem derzeitigen Stand der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse intra vitam möglich ist.
Darüber, welche diagnostischen Hilfsmittel zur Feststellung des Emphysems intra vitam in Betracht kommen, besteht in der medizinischen Wissenschaft Konsens (vgl. das sogenannte Konsensuspapier der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin und der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie, Nowak, Stand: 10.12.1998, ASU 1999, 34, S. 79 ff.; Pneumologie 1999, 53, 150 bis 154). Das LSG geht insoweit von einem allgemeinen Erfahrungssatz dahingehend aus, daß die in dem sogenannten Konsensuspapier auf geführten Methoden zur Diagnose des Lungenemphysems die derzeit möglichen, anerkannten Nachweisverfahren aufführen. Danach ist mindestens eine Röntgenaufnahme in 2 Ebenen zu fordern. Zu Lebzeiten des Versicherten kann ein Lungenemphysem gegebenenfalls durch eine (möglichst hoch auflösende) Computertomographie diagnostiziert werden. Bei klinisch, funktionsanalytisch und nativ radio logisch hinreichend geklärter Situation ist ein Computertomogramm entbehrlich. Die beim Lungenemphysem anamnestisch angegebene Belastungsluftnot entwickelt sich meist schleichend, klinisch manifeste Befunde sind oft erst beim fortgeschrittenen Emphysem sicher zu ermitteln. Funktionsanalytische Hinweise für ein Lungenemphysem sind das Residualvolumen in Kombination mit den dynamischen Lungenflußvolumina, insbesondere den Flußwerten der forcierten Expiration sowie mit Daten des ganzkörperplethysmogra phisch ermittelten Atemwegswiderstandes. Dabei kann in seltenen Fällen ein Lungenemphysem auch ohne Einschränkung der Einsekunden kapazität und ohne Erhöhung des spezifischen Atemwegswiderstandes auftreten. Der Feststellung einer Funktionsstörung durch das Lungenemphysem dient eine Blutgasanalyse sowohl in Ruhe als auch unter definierter körperlicher Belastung. Die Bestimmung der Diffusionskapazität für Kohlenmonoxid gehört ebenfalls zur Emphysemdiagnostik. Nicht gesichert ist der Stellenwert der Verfahren der Bestimmung der Lungendehnbarkeit, des expiratorischen CO²-Mischluftindexes, die Diagnostik mit monodispersen Aerosolen und die impulsoszillometrisch ermittelte Resonanzfre quenz. Insgesamt berufen sich sowohl die Sachverständigen als auch im wesentlichen die von der Beklagten vorgelegten Stellungnahmen (insbesondere Prof. Dr. Nxxxx) auf das sogenannte Konsensuspapier.
Ausgehend von diesen Maßstäben ist zur Überzeugung des LSG der Versicherungsfall des Emphysems erst am 24.02.1997 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit eingetreten. Ein computertomographischer oder histologischer, für sich genommen allein schon beweisender Befund fehlt. Von einem auch unter Berücksichtigung der Anamnese und Krankheitsentwicklung klinisch, funktionsanalytisch und nativ-radiologisch hinreichend geklärten Krankheitsbild des Emphysems vor dem 24.02.1997 vermag der Senat nicht aus zugehen. Er stützt sich insoweit insbesondere auf die Beurteilungen von Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx. Der Befund von Prof. Dr. Wxxxx 1969 rechtfertigt noch nicht, von einem Emphysem auszugehen. Prof. Dr. Wxxxx stellte selbst seinerzeit als Sachver ständiger heraus, der angedeutete übervolle Klappschall über den Unterfeldern und die vermehrte Strahlendurchlässigkeit der Lungen im Röntgenfilm deuteten auf ein Lungenemphysem hin. Das Residualvolumen sei indessen nicht vergrößert, auch seien katarrhalische Nebengeräusche im Sinne einer Bronchitisbildung nicht wahrnehmbar. Anders als Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx, der seine Position nicht differenziert begründet, geht Prof. Dr. Nxxxx überzeugend und in der Sache in Übereinstimmung mit den Gerichtssachverständigen und der urkundsbeweislich verwertbaren Beurteilung von Dr. Ixxxx davon aus, unter Berücksichtigung des normalen Residualvolumens sei noch nicht für 1969 ein Lungenemphysems voll bewiesen. Er weist nach vollziehbar darauf hin, bei einem Lungenemphysem wäre auch das Residualvolumen (bei nicht schwergradiger silikosebedingter Tendenz zur Restriktion) seinerzeit erhöht gewesen. Das gemessene normale Residualvolumen stehe der Annahme eines Lungenemphysems 1969 entgegen. In der Folgezeit bis 1997 fehlen funktionsanalytische Werte, die zusammen mit der Klinik und der Nativradiologie vor dem Hintergrund der Krankheitsentwicklung eine computertomographische Aufnahme zur Sicherung eines Emphysems entbehrlich machen können. Das haben Prof. Dr. Sxxxx und Prof. Dr. Pxxxxxxxx überzeugend herausgestellt. Gerade unter Berücksichtigung der in dem sogenannten Konsensuspapier niedergelegten Standards können allein die nativradiologischen Hinweise und die Beschwerdeangaben des Klägers, insbesondere anläßlich der Bergtauglichkeitsuntersuchungen, die ein durchaus in sich nachvollziehbares Bild ergeben, nicht den Nachweis eines Emphysems vor Februar 1997 erbringen. Mehr als bloße Anhaltspunkte für ein mögliches Emphysem vermögen die gleichmäßig vorgetragenen Klagen und die Anzeichen für ein Emphysem in den nativradiologischen Aufnahmen von 1990 nicht zu erbringen. Der Senat folgt dazu auch in Abweichung von Dr. Ixxxx den Sachverständigen darin, daß die basale Pneumonie mit linksseitigem Pleuraerguß, den der Kläger nach einer Operation eines rupturierten Bauchaortenaneurysmas am 23.11.1993 erlitt, mit Wahrscheinlichkeit ausschließlich als Folge der wegen des rupturierten Bauchaortenaneurysmas getroffenen operativen Maßnahmen eingetreten ist. Erst die Untersuchungsergebnisse vom 24.02.1997 erbringen daher in der Gesamtschau hinreichende Indizien, um vom Vollbeweis eines Emphysems auszugehen.
Auch die Einbeziehung der epidemiologischen Erkenntnisse über den mittleren Verlust an Einesekundenkapazität bei Patienten mit chronischer obstruktiver Bronchitis und Lungenemphysem (Camilli et al. 1987; vgl. hierzu Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxx) führt nicht zu einer früheren Sicherung des Versicherungsfalles. Allein die anamnestischen Angaben und die Nativradiologie lassen vor dem Hintergrund solch genereller Erfahrungswerte keinen sicheren Rück schluß auf den Eintritt des Lungenemphysems als regelwidriger Kör perzustand zu. Dem entspricht in der Sache die übliche Praxis, nicht allein aufgrund von Anamnese und Röntgenaufnahmen ohne hinreichend stützende Klinik und ohne lungenfunktionsanalytischen Unterbau rückwirkend eine MdE wegen eines Emphysems anzunehmen.
Der Versicherungsfall einer chronischen obstruktiven Bronchitis ist nicht eingetreten. Erforderlich ist, daß eine chronische Bronchitis und eine bronchiale Obstruktion als regelwidriger Kör perzustand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit beste hen. Das entspricht dem Wortlaut der BK Nr. 4111 und widerspricht nicht den Gesetzesmaterialien (BR-Drucks. 642/97, S. 19). Es steht mit den für die Einführung der BK Nr. 4111 maßgeblichen wissen schaftlichen Erkenntnissen im Einklang (vgl. BArbBl. 10/1995, S. 39 ff.). Dementsprechend knüpfen auch das Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (BArbBl. 12/1997, S. 35 ff.) und das sogenannte Konsensuspapier (a.a.O.) an dieses Begriffsverständnis an. Eine Bronchitis, also ein entzündlicher Reizzustand der Bronchien ist chronisch, wenn an den meisten Tagen von wenigstens drei Monaten an zwei aufeinander folgenden Jahren Husten besteht und vermehrt Bronchialschleim entleert wird (vgl. Merkblatt für die ärztliche Untersuchung, a.a.O.; in der Sache auch Pxxxxxxxx, Sachverständigengutachten, auch unter Hinweis auf die historische Entwicklung). Dies ist auch Ausgangspunkt des sogenannten Konsensuspapiers, das sich hinsichtlich der pathophysiologischen und epidemiologischen Grundlagen ausdrücklich auch auf das Merkblatt beruft (vgl. ebenda, Fußnote 8). Bei einer bronchialen Obstruktion kommt es infolge einer Einengung der luftleitenden Bronchien durch Verdickung der Bronchialschleimhaut und Verlegung von kleinen Atemwegen mit Schleim zu einer Erhöhung des endobron chialen Strömungswiderstandes mit inhomogener Belüftung der Alveolen. Im Zusammenhang mit der sich chronifizierenden Reizung einer Bronchitis kann es zudem zu einer zunächst rezidivierenden und später auch sich chronifizierenden Konstriktion der Bronchialmuskulatur kommen, die ihrerseits zu einer weiteren Kaliberverengung und einer Vertiefung der Ventilationsstörung führen kann (Prof. Dr. Pxxxxxxxx, schriftliches Gutachten nebst Erläuterung). Diagnostisch maßgebliche Kriterien für die chronische Bronchitis sind die klinischen Befunde und gegebenenfalls die Anamnese. In erster Linie vermögen Lungenfunktionsuntersuchungen, die Obstruktion nachzuweisen. Aber auch stützende Hinweise wie eine entsprechende Medikamentation können im Zusammenwirken mit weiteren Indizien von hinreichender Dichte die mit an Sicherheit grenzende Wahrscheinlichkeit einer chronischen obstruktiven Bronchitis als regelwidriger Körperzustand belegen. Davon gehen im Ergebnis alle gehörten Ärzte im Einklang mit dem sogenannten Konsensuspapier ohne Widerspruch zum Merkblatt (a.a.O.) aus.
Nach diesen Kriterien leidet der Kläger nicht an einer chronischen obstruktiven Bronchitis. 1969, als die Ganzkörperplethysmographie einen erhöhten Atemwegswiderstandswert von 3,7 cm H²O/l/sec ergab, fehlte es am Beleg für eine chronische Bronchitis. Es war an den meisten Tagen von wenigstens drei Monaten in zwei aufeinander folgenden Jahren nicht nachweislich zu Husten und vermehrter Entlee rung von Bronchialschleim gekommen. Außer einer einmaligen kurzen Arbeitsunfähigkeitszeit zum Jahreswechsel 1951/1952 waren keine entsprechenden Zeiten wegen Bronchitis dokumentiert. Die Bergtauglichkeitsuntersuchungen belegten weder nach den Beschwerdeangaben noch nach den objektiven Befunden eine chronische Bronchitis (Prof. Dr. Pxxxxxxxx). Erstmals 1969 wurden Husten und Auswurf geklagt. Bei der Untersuchung durch Prof. Dr. Wxxxx waren katarrhalische Nebengeräusche im Sinne einer Bronchitis über den Lungen nicht wahrnehmbar. All dies belegt, daß 1969 nicht von einer chronischen Bronchitis auszugehen war. Darauf sind Prof. Dr. Nxxxx, Prof. Dr. Sxxxxxxxxxxxxxxxxxxx und Dr. Sxxxxxxx nicht detailliert eingegangen. Soweit demgegenüber später wiederkehrende Klagen über Husten mit Auswurf und Luftmangelbeschwerden dafür sprechen, daß es inzwischen - in den 70er Jahren - zu einer chronischen Bronchitis gekommen war, findet sich kein hinreichender Beleg für eine Obstruktion. Insbesondere ergaben die Messungen der Ganzkörperplethysmographie weder 1997 noch 1998 den Nachweis einer Obstruktion. Dieser Meßmethode ist besonderer Beweiswert beizumes sen, da sie weitgehend mitarbeitsunabhängig ist (vgl. Merkblatt, a.a.O. sowie sogenanntes Konsensuspapier, zustimmend Prof. Dr. Pxxxxxxxx).
Der Eintritt eines Emphysems als Versicherungsfall erst im Jahre 1997 steht nicht der Annahme entgegen, zwischen der Exposition unter Tage und dem Emphysem bestehe mit Wahrscheinlichkeit ein wesentlicher ursächlicher Zusammenhang. Das hat Prof. Dr. Pxxxxxxxx überzeugend im Rahmen der Erläuterung seines Gutachtens dargelegt. Insoweit verhält sich die Situation anders als bei Latenzzeiten von 20 Jahren und mehr zwischen Exposition und Auftreten einer chronischen obstruktiven Bronchitis. Bei einer solchen Latenzzeit wird zwar bei der chronischen obstruktiven Bronchitis der ursäch liche Zusammenhang mit einer grundsätzlich geeigneten Exposition zweifelhaft, wenn nicht hinreichende Brückensymptome bestehen. Entsprechendes wird aber in der Wissenschaft für ein Emphysem nicht angenommen. Zudem belegen die Angaben über Husten, Auswurf und Atemnot in den 70er Jahren eine chronische Bronchitis, die als Brückensymptom anzusehen ist.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Auslegung der sogenannten Stichtagsregelung (§ 6 BKV) grundsätzliche Bedeutung beimißt.
Rechtskraft
Aus
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NRW
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