L 16 P 151/00

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Münster (NRW)
Aktenzeichen
S 15 (17) P 102/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 P 151/00
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 20. Oktober 2000 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Bewilligung von Pflegegeld.

Der 1969 geborene Kläger, der an der W ...-Universität M ... Geschichte und Publizistik studiert, leidet infolge eines Verkehrsunfalls an einer linksseitigen Hemiparese. Er bewohnt das Souterrain des Hauses seiner Eltern, deren Wohnung er über eine Treppe erreichen kann. Er ist mit einem Rollstuhl versorgt, auf dessen Benutzung er jedoch nicht ständig angewiesen ist. Dusche und WC sind in seiner Wohnung behindertengerecht ausgestattet. Im Dezember 1994 beantragte der Kläger die Bewilligung von Pflegegeld. Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Westfalen-Lippe - Dr. Schw ... - kam in seinem Gutachten vom 30.08.1995 zu dem Ergebnis, dass der Kläger Hilfe beim Duschen/Baden, beim Aufstehen und Zu-Bettgehen sowie beim An- und Auskleiden bedürfe, wobei der Gesamthilfebedarf 45 Minuten täglich nicht erreiche. Daraufhin lehnte die Beklagte Leistungen aus der Pflegeversicherung durch Bescheid vom 12.10.1995 förmlich ab.

Der Kläger legte am 13.11.1995 Widerspruch ein und machte geltend, seine körperlichen Behinderungen seien nicht hinreichend gewürdigt und Pflegebedarf bestehe bei den Verrichtungen des Waschens, der Zahnpflege, des Kämmens und Rasierens, der Darm- und Blasenentleerung, der Ernährung sowie beim Stehen, Gehen, Treppensteigen, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung.

Nachdem Dr. Schw ... bei seiner Auffassung verblieben war und diese Einschätzung in einem weiteren Gutachten des Dr. W ... vom 08.03.1996 bestätigt wurde, wies die Beklagte den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 27.06.1996 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat am 26.07.1996 vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage erhoben. Er hat einen Fragebogen zum Umfang seiner Pflegebedürftigkeit vorgelegt, wonach dieser täglich im Durchschnitt mehr als 4 Stunden beträgt.

Das SG hat ein Gutachten von dem Sozialmediziner Dr. H ... eingeholt. Die ser hat einen Grundpflegebedarf von 28 Minuten täglich (Waschen 1 Minute, Duschen/Baden 3 Minuten, mundgerechte Nahrungszubereitung 1 Minute, Aufstehen/Zu-Bettgehen 5 Minuten, An-/Auskleiden 10 Minuten, Stehen 2 Minuten, Treppensteigen 6 Minuten) bei Berücksichtigung des Einsatzes möglicher "Kleinhilfsmittel" (z.B. Benutzung von Einhänderteller beim Zerschneiden) bzw. von 30 Minuten ohne solche Hilfen angenommen. Der Sachverständige hat darauf verwiesen, der Kläger meide unnötiges Aufstehen, weil er eine Überlastung seines gesunden Beines fürchte, ohne dass dies medizinisch gerechtfertigt sei, und dass die ohnehin anwesenden Eltern daher häufig als Hilfspersonen herangezogen würden. Treppensteigen könne der Kläger selbständig, Unterstützung und Absicherung könne man ihm jedoch kaum dabei verwehren. Desweiteren könne das Einreiben mit Franzbranntwein als einfache Behandlungspflege beim Hilfebedarf mit 5 Minuten zusätzlich berücksichtigt werden.

Der Kläger hat gegen dieses Gutachten eingewandt, dass er ohne Unterstützung nicht sicher stehen könne, so dass schon deswegen 10 Minuten beim Duschen/Baden als Hilfebedarf anzusetzen seien. Weitere Hilfe sei beim Öffnen der Zahnpastatube und Auftragen der Zahncreme erforderlich; eine nicht vorhandene Hilfsmittelversorgung könne nicht pflegebedarfsmindernd in Rechnung gestellt werden.

In einer ergänzenden Stellungnahme vom 28.08.1998 hat Dr. H ... eingeräumt, dass 2 bis 3 Minuten beim Duschen zusätzlich berücksichtigt werden könnten, jedoch sei das Öffnen der Zahnpastatube mit geeigneten Hilfsmitteln leicht selbständig möglich, aber auch unter Zuhilfenahme der Zähne.

Auf Antrag des Klägers hat das SG ein weiteres Gutachten nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) von dem Pflegewissenschaftler am Institut für Pflegewissenschaft der Universität W .../H ..., L ..., eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 20.06.1999 einen durchschnittlichen täglichen Grundpflegebedarf von 46,5 Minuten angegeben (Duschen und Baden 13 Minuten, Zahnpflege 3 Minuten, Kämmen/Rasieren - Anreichung von notwendigen Gegenständen - 1 Minute, Darm- und Blasenentleerung - Entsorgung des Inhalts und Reinigung einer Urinflasche - 2 Minuten, mundgerechte Zubereitung der Nahrung 3 Minuten, Aufstehen und Zu-Bettgehen 6 Minuten, An- und Auskleiden 10 Minuten, Stehen - Transfer zum bzw. vom Rollstuhl zwecks Duschen bzw. Baden - 3,5 Minuten sowie Treppensteigen 8 Minuten).

Das SG hat sodann ein weiteres Gutachten von dem Lehrer für Pflegeberufe B ... eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 15.03.2000 einen täglichen Grundpflegebedarf von 70 Minuten beschrieben (Waschen 3 Minuten, Duschen 20 Minuten, mundgerechte Zubereitung 6 Minuten, Umlagern 3 Minuten, An- und Auskleiden 24 Minuten, Stehen - Transfer - 8 Minuten, Treppensteigen 6 Minuten). Den wöchentlichen Gesamtpflegeaufwand hat der Sachverständige dagegen mit 622 Minuten berechnet, was darauf beruhte, dass die Zeiten für das Duschen nochmals verdoppelt wurden, obwohl der Zeitansatz von 20 Minuten für zwei Duschvorgänge erfolgt war.

Letztere Berechnung hat die Beklagte gerügt sowie den Ansatz von 3 Minuten für das Anlegen der Peronaeus-Schiene, welches ihrer Meinung nach der Behandlungspflege zuzurechnen sei.

Das SG hat sodann ein viertes Gutachten von dem Internisten und Sozialmediziner Dr. R ... eingeholt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05.07.2000 einen täglichen Hilfebedarf von 34 Minuten befunden (Waschen 1 Minute, Duschen 12 Minuten, Darm- und Blasenentleerung 2 Minuten, mundgerechte Zubereitung 2 Minuten, Aufstehen/Zu-Bettgehen 1 Minute, An- und Auskleiden 12 Minuten, Stehen 2 Minuten, Treppensteigen 1 Minute, Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung 2 Minuten). Seine abweichende Beurteilung gegenüber dem Sachverständigen B ... hat Dr. R ... damit begründet, dass ersterer überhöhte Zeitwerte in Ansatz gebracht und beruflich begründeten Hilfebedarf unzulässigerweise berücksichtigt habe.

Der Kläger hat ein fachneurochirurgisches Gutachten des PD Dr. R ... vom 07.04.1999 übersandt, wonach zusammenfassend bei ihm dauerhafte und bleiben de Unfallfolgen aufgrund des erlittenen Verkehrsunfalls bestünden, von einer Besserung des Zustandes nicht ausgegangen werden könne und eine bleibende spastische Halbseitenlähmung befürchtet werden müsse.

Mit Urteil vom 20.10.2000 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihm am 14.11.2000 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.12.2000 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Gutachten der Sachverständigen L ... und B ... keine hinreichende Berücksichtigung bei der Entscheidung des SG gefunden hätten, obwohl deren tägliche Arbeit einen weitaus näheren Bezug zur Pflegetätigkeit aufweise und ihnen daher ein höheres Gewicht zukommen müsse. Da Anspruch auf familiären Kontakt bestehe und der Wechsel in die elterliche Wohnung auch zur Versorgung erforderlich sei, müsse die Hilfe beim Treppensteigen Berücksichtigung finden. Er sei des weiteren auf die nächtliche Benutzung der Urinflasche angewiesen, auch wenn die entsprechende Hilfe nur durch den Sachverständigen L ... festgehalten worden sei. Soweit das SG dem Sachverständigen B ... einen Rechenfehler vorgeworfen habe, habe es den Sachverständigen hierzu ergänzend hören müssen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Münster vom 20.10.2000 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.06.1996 zu verurteilen, ihm Pflegegeld nach Pflegestufe I ab dem 01.04.1995 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat durch Vernehmung der Mutter des Klägers sowie der Sachverständigen Dr. R ... und B ... Beweis erhoben. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschriften vom 04.02. und 28.11.2002 Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn dem Kläger steht ein Anspruch auf Pflegegeld nach der Pflegestufe I nicht zu.

Er erfüllt nicht die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversiche rung - (SGB XI). Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB XI sind Pflegebedürftige der Pflegestufe I (erheblich Pflegebedürftige) Personen, die bei der Körperpflege, der Ernährung oder der Mobilität für wenigstens 2 Verrichtungen aus einem oder mehreren Bereichen mindestens einmal täglich der Hilfe bedürfen und zusätzlich mehrfach in der Woche Hilfen bei der hauswirtschaftlichen Versorgung benötigen. Darüber hinaus ist gemäß § 15 Abs. 3 Nr. 1 (i.d.F. des SGB XI-Änderungsgesetzes vom 14.06.1999 - BGBl. I 138) erforderlich, dass der Zeitaufwand, den ein Familienangehöriger oder eine andere nicht als Pflegekraft ausgebildete Pflegeperson für die erforderlichen Leistungen der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung benötigt, im Tagesdurchschnitt in der Pflegestufe I mindestens 90 Minuten betragen muss; hierbei müssen auf die Grundpflege mehr als 45 Minuten entfallen. Die bis zum 25.07.1996 - und daher hier auch noch mit zu berücksichtigende - ursprüngliche Fassung des SGB XI enthielt letztere Voraussetzungen noch nicht, sondern lediglich in § 15 Abs. 3 SGB XI eine Ermächtigung der Spitzenverbände der Pflegekassen, den in den einzelnen Pflegestufen erforderlichen zeitlichen Pflegeaufwand zu regeln. Die entsprechenden Pflegebedürftigkeitsrichtlinien enthielten bereits die Voraussetzung eines entsprechenden Pflegebedarfs für die Zuordnung zur Pflegestufe I. Diese Regelung hat durch die zum 25.07.1996 in Kraft getretene geänderte Fassung des § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI eine Konkretisierung gefunden (vgl. BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 6), so dass der hier entscheidungserhebliche Zeitraum einheitlich zu beurteilen ist.

Für die Zuordnung zur Pflegestufe I ist nur der Umfang des Pflegebedarfs bei den gewöhnlich und wiederkehrenden Verrichtungen maßgeblich, die § 14 Abs. 4 SGB XI in die Bereiche Körperpflege, Ernährung und Mobilität sowie denjenigen der hauswirtschaftlichen Versorgung aufteilt (BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 2 und 6). Bei diesen Verrichtungen benötigt der Kläger keiner Hilfen, die im Tagesdurchschnitt 45 Minuten überschreiten. Dies steht zur Überzeugung des Senats aufgrund des gesamten Ermittlungsergebnisses fest.

Übereinstimmend sind die gehörten Sachverständigen zu dem Ergebnis gelangt, dass der Kläger auf Hilfe beim Duschen, bei der mundgerechten Zubereitung der Nahrung, beim Aufstehen und Zu-Bettgehen, beim An- und Auskleiden, Stehen sowie Treppensteigen angewiesen ist. Die Unterstützung bei letzterer Verrichtung kann jedoch aus Rechtsgründen keine Berücksichtigung finden. Zum einen zählt das Treppensteigen nur zum Grundpflegebedarf, wenn es in einem Zusammenhang mit den anderen Verrichtungen der Grundpflege steht (Begutachtungs-Richtlinien - BRi - der Spitzenverbände der Pflegekassen vom 21.03.1997 in der Fassung vom 22.08.2001 Abschnitt D 5.3. Ziff. 14; BSG SozR 3-3300 § 14 Nr. 10). Daran fehlt es schon vorliegend, weil die Überwindung der Treppen in erster Linie der Aufrechterhaltung des familiären Kontakts dient, den § 14 Abs. 4 SGB XI nicht aufführt. Darüber hinaus haben sämtliche Sachverständigen bescheinigt, dass der Kläger das Treppensteigen selbständig bewältigen kann. Hilfe i.S. einer Beaufsichtigung wegen einer möglichen allgemeinen Sturzgefahr, wie sie die Sachverständigen für erforderlich gehalten haben, ist aber als bloße Vermeidung einer Selbstgefährdung nicht dem Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI zuzurechnen (BSG SozR 3-3300 § 14 Nrn. 8, 10).

Die danach verbleibenden berücksichtigungsfähigen Hilfeleistungen haben die Sachverständigen mit 24 Minuten (Dr. H ...), 35,5 Minuten (L ...), 29 Minuten (Dr. R ...) und 61 Minuten (B ...) bemessen. Die von dem Sachverständigen B ... für das Duschen in Ansatz gebrachten 20 Minuten vermag der Senat nicht nachzuvollziehen. Auch nach den Bekundungen der pflegenden Mutter ist Hilfe nur in Form des Einseifens der Rückenpartie und des linken Fußes sowie beim Abtrocknen tatsächlich erforderlich. Auch unter Berücksichtigung eines zweimaligen Duschens am Tag kann daher allenfalls der von Dr. R ... bescheinigte Hilfebedarf von 13 Minuten Berücksichtigung finden. Hinzuzurechnen ist nach übereinstimmender Auffassung der Sachverständigen B ... und Dr. R ... für das Eincremen nach dem Duschen eine weitere Minute. Auch der für das An- und Auskleiden von dem Sachverständigen B ... errechnete Zeitumfang von 24 Minuten ist nicht plausibel. Dies entspricht nach den BRi (zu deren Bedeutung vgl. BSG SozR 3-2300 § 14 Nr. 10) der vollständigen Übernahme der Verrichtungen durch die Pflegeperson, obwohl der Kläger entsprechend den Bekundungen seiner Mutter und den Feststellungen der Sachverständigen insoweit nur einer Teilübernahme bedarf. Daher ist lediglich der von Dr. R ... in Ansatz gebrachte hälftige Wert von 12 Minuten nachvollziehbar.

Auch die Unterstützung beim Stehen i.S. einer Transferhilfe haben die Sachverständigen sehr unterschiedlich mit 2 bis 8 Minuten bemessen. Unter Berücksichtigung der Angaben der Pflegeperson, wonach der Kläger sich im Wesentlichen - Ausnahme morgens - selbständig in seinem häuslichen Bereich bewegen kann, erscheint ein Ansatz von höchstens 4 Minuten als ausreichend. Rechnet man entsprechend den BRi 6 Minuten für die mundgerechte Zubereitung (gemäß den Feststellungen des Sachverständigen B ...) hinzu sowie weitere 3 Minuten für die Hilfe beim Aufstehen und Zu-Bettgehen (Lagerung), ergibt sich ein Hilfebedarf von 39 Minuten.

Daneben haben drei der gehörten Sachverständigen Hilfe beim Waschen von 1 bis 3 Minuten angenommen. Unter Ansetzung des mittleren Wertes von 2 Minuten würden lediglich 41 Minuten erreicht. Selbst unter Berücksichtigung weiterer 2 Minuten für Hilfe bei der Darm- und Blasenentleerung, wie sie die Sachverständigen L ... und Dr. R ... - wenn auch im einzelnen mit unterschiedlicher Begründung - angenommen haben, wären 45 Minuten noch nicht erreicht. Diese Zeitgrenze würde auch dann noch nicht überschritten werden, wie dies § 15 Abs. 3 Nr. 1 SGB XI erfordert, wenn die allein von Dr. R ... im Zusammenhang mit dem Aufsuchen der Krankengymnastik bzw. Ergotherapie angesetzten weiteren 2 Minuten für das Verlassen und Wiederaufsuchen der Wohnung hinzu addiert werden.

Bei den übrigen Verrichtungen des § 14 Abs. 4 Nrn. 1 bis 3 SGB XI lässt sich ein relevanter Hilfebedarf nicht feststellen. Die vom Kläger behauptete und von der Pflegeperson teilweise bestätigte Hilfe bei der Zahnpflege, dem Kämmen und dem Rasieren haben mit Ausnahme des Kämmens (1 Minute nach dem Gutachten L ...) sämtliche Sachverständigen verneint. Warum der Kläger nicht mit einer Hand in der Lage sein soll, diese Verrichtungen durchzuführen - z.B. Auftragen der Zahnpasta auf die auf dem Waschtisch liegende Zahnbürste -, ist nicht nachzuvollziehen. Die von der Pflegeperson in diesem Zusammenhang behaupteten Koordinierungsprobleme sind von keinem der gehörten Ärzte befunden worden. Die Angaben des Klägers selbst, der bei letzteren Verrichtungen eine zeitliche Unterstützung von 45 Minuten angegeben hat, sind offensichtlich zweckgerichtet, denn sie finden selbst in den Angaben der Pflegeperson keine Bestätigung. Dem entspricht, dass der Kläger einen - weit überzogenen - Gesamthilfebedarf von mehr als 240 Minuten gegenüber dem SG behauptet hat, der dem Erfordernis der Pflegestufe III entsprechen würde und durch die Beweisaufnahme nicht einmal annähernd bestätigt werden konnte.

Schließlich vermochte sich der Senat auch nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger die Peronaeus-Schiene nicht selbständig anlegen konnte, wobei dahinstehen kann, inwieweit diese Verrichtung dem Katalog des § 14 Abs. 4 SGB XI zuzurechnen ist. Zum einen hat Dr. R ... gegenteilige Beobachtungen bekundet und zum anderen hat auch die Pflegeperson bei ihrer Vernehmung eine solche Hilfeleistung nicht erwähnt. Überschreitet demzufolge der Grundpflegebedarf des Klägers 45 Minuten täglich nicht, konnten Klage und Berufung keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht erfüllt.
Rechtskraft
Aus
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