L 17 U 296/97

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 23 U 174/96
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 296/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29. September 1997 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob beim Kläger eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKV) vorliegt und durch Gewährung von Verletztenrente zu entschädigen ist.

Der 1942 geborene Kläger erlernte 1956 bis 1959 den Beruf eines Maurers und war in der Folgezeit als solcher bis April 1991 beschäftigt. Seit Anfang Januar 1990 war er wegen Bandscheibenbeschwerden im Bereich Lendenwirbelsäule (LWS) arbeitsunfähig krank. Am 30.01.1990 wurde in der Neurochirurgischen Abteilung des St. M ...-Hospitals L ... (Leitender Arzt Dr. T ...) ein gedeckter Bandscheibenvorfall im Bereich L 4/5 und ein subligamentärer sequestrierter Bandscheibenvorfall L 5/S 1 operativ behandelt. Ab März 1990 bezog der Kläger von der LVA Westfalen Rente wegen Berufsunfähigkeit, die im März 1994 in Erwerbsunfähigkeitsrente umgewandelt wurde.

Im Dezember 1994 beantragte der Kläger die Gewährung von Entschädigungsleistungen wegen einer BK nach Nr. 2108. Die Beklagte zog die Röntgenbefunde bei und veranlasste eine Untersuchung des Klägers durch den Arbeitsmediziner Dr. W ... in C ...-R ... Dieser kam in einer ersten Stellungnahme vom 06.06.1995 zusammenfassend zu dem Ergebnis, neben der Degeneration der LWS fänden sich erhebliche Degenerationen im Bereich der Halswirbelsäule (HWS) im Sinne osteochondrotischer Veränderungen, insbesondere der Bewegungssegmente C5/6 sowie C6/C7. Im Bereich der LWS bestehe eine deutliche Achsenfehlstellung bei gleichzeitiger Torsionsskoliose und Beckenschiefstand nach links. Im Hinblick auf den HWS-Befund sei zu ermitteln, ob der Kläger auch im Sinne der BK Nr. 2109 belastend tätig gewesen sei.

Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten kam unter Berücksichtigung der "Dokumentation des Belastungsumfangs der Maurer im Hochbau" am 11.07.1995 zusammenfassend zu dem Ergebnis, es sei anzunehmen, dass der Kläger im Rahmen seiner beruflichen Tätigkeit in überdurchschnittlichem Maße schwere Lasten gehoben und getragen und extremer Rumpfbeugehaltung gearbeitet habe. Dagegen lasse sich nicht feststellen, dass er in gleicher Weise Belastungen im Sinne der BK 2109 ausgesetzt gewesen sei. - Die Beklagte zog sodann das Erkrankungsverzeichnis des Klägers von der IKK Dortmund und Lünen, Berichte des behandelnden Orthopäden Dr. S ..., des Dr. T ... und die medzinischen Unterlagen der LVA Westfalen (Entlassungsbericht von Chefarzt Dr. P ... aus einem Heilverfahren in B ... S ... vom 10.04.1990, Gutachten des Dr. G ... vom 06.12.1990 und Dr. von D ... vom 11.11.1993) bei. Dr. W ... kam in Stellungnahmen vom 26.11.1995 und 06.04.1996 zu dem Ergebnis, aufgrund der aktuell angefertigten Röntgenaufnahmen zeige sich eine polysegmentale Degeneration unter Beteiligung der Bandscheiben im Bereich der HWS und LWS. Zwar seien die beiden unteren Segmente der LWS nachhaltig betroffen, jedoch sei dies auch bei berufsunabhängigen Bandscheibenschäden frühzeitig der Fall. Eine Mitbeteiligung der darüberliegenden Segmente, was für eine besondere Bevorzugung der LWS spräche, sei hinsichtlich des Gesamtbildes nicht festzustellen. Im Hinblick auf die erheblichen degenerativen Veränderungen der nicht durch versicherte Tätigkeit belasteten HWS lasse sich ein beruflicher Schadensanteil bezüglich der bandscheibenbedingten Veränderungen im Bereich der LWS nicht begründen. Aufgrund des Verteilungsmusters, der Lokalisation und Ausprägungsgrades der bandscheibenbedingten Veränderungen an der Wirbelsäule (WS) lasse sich eine BK nach Nr. 2108 nicht feststellen.

Mit Bescheid vom 28.05.1996 lehnte die Beklagte die Feststellung einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV mit der Begründung ab, die Bandscheibenveränderungen im Bereich der LWS beträfen nur die beiden untersten Segmente bei ansonsten altersentsprechenden Befunden. Dies sowie die Tatsache, dass im Bereich der nicht belasteten HWS ebenfalls degenerative Veränderungen gleichen Ausmaßes vorhanden seien und darüberhinaus eine anlagebedingte Seitverbiegung der gesamten WS vorliege, mache es nicht wahrscheinlich, dass eine BK nach Nr. 2108 bestehe. - Den dagegen vom Kläger fristgerecht erhobenen Widerspruch, mit dem er geltend machte, aufgrund der langjährigen beruflichen belastenden Maurertätigkeit sei die gesamte WS geschädigt worden, wies die Beklagte mit Bescheid vom 19.09.1996, zur Post gegeben am 24.09.1996, zurück.

Dagegen hat der Kläger am 23.10.1996 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben und vorgebracht, er sei aufgrund der 1990 durchgeführten Bandscheibenoperation berufs- und dann erwerbsunfähig geworden. Die Bandscheibenoperationen seien deshalb notwendig geworden, weil die LWS infolge der mehr als 30-jährigen Belastung durch Heben und Tragen von Lasten und Arbeiten in Rumpfbeugehaltungen erheblich geschädigt worden sei.

Das SG hat Beweis erhoben durch die Einholung eines Gutachtens von Prof. Dr. B ..., Chefarzt der Chirurgischen Abteilung des Evangelischen Krankenhauses H ... Dieser ist darin am 05.05.1997 zusammenfassend zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger lägen als Folge seiner beruflichen Überlastung der LWS ein Zustand nach Bandscheibenoperation L 4/5 und L5/S1, mittelgradige bandscheibenbedingte Schäden im Segment L 3/4 mit inzwischen versteiften L 5/S 1 Segment, eine deutliche Bewegungseinschränkung der LWS, ein rechtsseitiges L 5/S 1 Wurzelreizsyndrom sowie eine rechtsseitige Fußheberschwäche vor. Durch diese Veränderungen sei die Erwerbsfähigkeit des Klägers um 20 v.H. gemindert. Im Gegensatz zu Dr. W ... könne nicht davon ausgegangen werden, dass die bandscheibenbedingten Schäden im Bereich der HWS auf eine besondere Veranlagung zu Bandscheibenschäden hindeuteten, denn diese unterliege einer ganz anderen Beanspruchung als die LWS und fortschreitende Verschleißveränderungen der unteren HWS-Segmente fänden sich auch bei der beruflich nicht belastenden Bevölkerung, ohne dass gleichzeitig solche im Bereich der LWS bestünden.

Die Beklagte hat gegen das Gutachten von Prof. Dr. B ... vorgebracht, dieser folge offenbar nicht der herrschenden medizinischen Auffassung und seine Argumentation sei auch in sich widersprüchlich, als er die Veränderungen an der LWS, die auch bei der allgemeinen Bevölkerung ohne berufliche Belastung weit verbreitet seien, hier der beruflichen Tätigkeit zuordne, jedoch den gleichen Schaden an der HWS als einen in der Bevölkerung allgemein üblichen Schaden darstelle.

Mit Urteil vom 29.09.1997 hat das SG - den Ausführungen von Prof. Dr. B ... folgend - die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt, dem Kläger wegen einer BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV ab 22.03.1990 Verletztenrente nach einer MdE von 20 v.H. zu gewähren. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das ihr am 24.10.1997 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 07.11.1997 Berufung eingelegt. Unter Vorlage eines Aktengutachtens der Orthopäden Dres. T ... und S ..., Institut für medizinische Begutachtung in K ..., vom 08.04.1998 vertritt sie die Ansicht, Prof. Dr. B ... könne deshalb nicht gefolgt werden, weil die gleichartig ausgeprägten Veränderungen im Bereich der HWS des Klägers nach herrschender Auffassung ein entscheidendens Indiz gegen eine berufliche Verursachung der degenerativen Veränderungen im Bereich der unteren LWS seien. Zu diesem Ergebnis sei Prof. Dr. B ... selbst auch in einem Gutachten vom 23.11.1997 in dem Berufungsverfahren L 15 U 286/96 gekommen, wo er bei einem gleichgewichtigen Verschleiß der LWS und unteren Etagen der HWS das Vorliegen einer BK nach Nr. 2108 verneint habe. Im übrigen sei aufgrund der Ausführungen der Dres. T ... und S ..., die erstmals die gesamte Röntgenverlaufserie beigezogen und ausgewertet hätten, festzustellen, dass bis zum Zeitpunkt der Bandscheibenoperation im Januar 1990 und der Tätigkeitsaufgabe belastungsadaptive Reaktionen (Osteochondrosen sowie Spondylosen), die als Positiv-Kriterien für eine stattgehabte potentielle schädigungsrelevante Belastungseinwirkung zu werten seien, gefehlt hätten. Bei dieser Sachlage sei das Vorliegen der streitigen BK nicht hinreichend wahrscheinlich gemacht.

Der Senat hat ein Gutachten von dem Orthopäden Dr. S ... in S ... eingeholt, das dieser am 20.08.1998 erstattet hat. Er ist zu dem Ergebnis gelangt, beim Kläger liege eine chronische Lumboischialgie rechts bei Osteochondrose und Spondylarthrose der LWS mit residualer Schwäche der Fuß- und Zehenhebermuskulatur rechts nach Bandscheibenoperation 1990 vor. Diese BK-Folgen bedingten eine MdE von 20 v.H. Daß die HWS des Klägers entsprechende degenerative Veränderungen aufweise, stehe der Berufsbedingtheit der Veränderungen im unteren LWS-Bereich nicht entgegen, weil der klinische Befund der HWS weniger schwerwiegend sei.

Die Beklagte hat zu dem Gutachten von Dr. S ... vorgebracht, seine Beurteilung der Zusammenhangsfrage könne nicht überzeugen. Nach herrschender medizinischer Auffassung spreche das Vorliegen von gleichartigen bandscheibenbedingten degenerativen Veränderungen im Bereich der beruflich nicht belasteten HWS dagegen, dass entsprechende Veränderungen im Bereich der LWS eine BK darstellten. Fehlende klinische Beschwerden ließen keinen Schluss auf die Ursache der Verschleißveränderungen zu und seien deshalb kein geeignetes Kriterium für die Beurteilung der Zusammenhangsfrage. Soweit Dr. S ... die Auffassung vertreten habe, das Fehlen belastungsadaptiver Reaktionen im unteren LWS-Bereich im Zeitpunkt der Aufgabe der belastenden Tätigkeit sei kein Indiz gegen das Vorliegen einer BK, fehle es an einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit der gegenteiligen Argumentation der Dres. T ... und S ...

Nachdem der Senat - einer Anregung des Dr. S ... folgend - zunächst weitere medizinische Ermittlungen angestellt hat, hat die Beklagte, die im Feststellungsverfahren gezielte Ermittlungen zu Berufs- und Belastungsanamnese durch Erhebungen beim Kläger bzw. den früheren Arbeitgebern nicht durchgeführt hatte, diese im Berufungsverfahren mit Zustimmung des Senates nachgeholt. Der Leiter des TAD, Dipl.-Ing. P ..., hat den Kläger am 22.06.1999 zu den Einzelheiten seiner beruflichen Tätigkeit, den Beschäftigungsverhältnissen und den dabei vorkommenden Hebe-, Trage- und Bückbelastungen befragt. Auf die Niederschrift vom 05.07.1999 wird Bezug genommen. Von den Angaben des Klägers ausgehend hat Dipl.-Ing. P ... am 27.12.1999 eine Errechnung der Gesamtbelastungsdosis nach dem "Mainz-Dortmunder-Dosismodell (MDD) zur Beurteilung der Belastung der LWS durch Heben oder Tragen schwerer Lasten oder Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung bei Verdacht auf BK Nr. 2108" (veröffentlicht in der Zeitschrift Arbeitsmedzin / Sozialmedizin / Umweltmedizin [ASU] 1999, 101ff.) vorgenommen, wobei er zu dem Ergebnis gelangt ist, dass der angenommene Grenzwert bei weitem nicht erreicht werde.

Die Beklagte hat daraufhin vorgetragen, es stehe - entgegen der früheren Annahme - nunmehr fest, dass die haftungsbegründende Kausalität für die Entstehung der BK Nr. 2108 nicht vorliege. Auf die hauftungsaufüllende Kausalität komme es bei dieser Sachlage nicht mehr entscheidend an.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.09.1997 abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er pflichtet dem angefochtenen Urteil bei und ist der Auffassung auch aus den medizinischen Ermittlungen des Senates ergäbe sich eindeutig, dass die bandscheibenbedingten Veränderungen im Bereich der LWS im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre wesentlich ursächlich auf die bis 1990 ausgeübte berufliche Tätigkeit als Maurer zurückzuführen seien. Der SV Dr. S ... habe sich eingehend mit der unterschiedlichen Beurteilung der Zusammenshangsfrage durch Dr. W ... und Prof. Dr. B ... andererseits auseinandergesetzt und sich zu Recht der Auffassung des letztgenannten angeschlossen und - ebenso wie dieser - die durch die BK bedingte MdE mit 20 v.H. bewertet. Die von der Beklagten dagegen vorgebrachten Gesichtspunkte, die sich maßgebend auf die Darlegungen der Dres. T ... und S ... stützten, könnten demgegenüber nicht überzeugend. Weder Prof. Dr. B ... noch Dr. S ... hätten konkurrierende Ursachen für die Entstehung der altersvorauseilenden bandscheibenbedingten Veränderungen im Bereich der unteren LWS feststellen können und überzeugend dargelegt, dass die Veränderungen im Bereich der HWS hier kein Indiz dafür seien, dass das Schadensbild im Bereich der unteren LWS nicht ursächlich auf die beruflichen Belastungen zurückzuführen sei.

Wenn die Beklagte nunmehr davon ausgehe, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Anerkennung der BK 2108 nicht vorlägen, könne dem nicht gefolgt werden. Zwar basiere die Berechnung der Beklagte auf seinen Angaben, jedoch könne es sich dabei - ebenso wie bei dem Rechenwerk der Beklagten - nur um Annäherungswerte und Schätzungen nicht aber um exakte Berechnungen handeln. Dies gelte umso mehr, weil in den früheren Jahren seiner beruflichen Tätigkeit arbeitstechnische Hilfsmittel wie Maschinen, Förderbänder und ähnliches nicht im heutigen Umfang zur Verfügung gestanden hätten. Schließlich könne die von der Beklagten vorgenommene arbeitstechnische Berechnung nach dem MDD den Beweiswert der Ausführungen der medizinischen SV en, insbesondere des Dr. S ... nicht verdrängen. Dieser habe nachgewiesen, dass eine BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV vorliege.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen. Die Verwaltungsakten lagen vor und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung der Beklagten ist auch begründet. Das SG hat im Ergebnis zu Unrecht der Klage stattgegeben, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Verletztenrente, denn die bei ihm im Bereich der LWS bestehenden krankhaften Veränderungen stellen - entgegen der Auffassung des SG - keine BK nach Nr. 2108 der Anlage zur BKV dar.

Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO), da er Entschädigungsleistungen auch für die Zeit vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) zum 01.01.1997 begehrt (Art. 36 Unfallversicherungs-Einordnungsgesetz [UVEG], § 212 SGB VII).

Nach § 547 RVO gewährt der Träger der Unfallversicherung nach Eintritt eines Arbeitsunfalles nach Maßgabe der folgenden Vorschriften Entschädigungsleistungen, insbesondere Verletztenrente nach §§ 580, 581 RVO. Als Arbeitsunfall gilt gemäß § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO auch eine BK. BK en sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet hat und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten Tätigkeiten erleidet.

Die hier allein streitige BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV erfasst bandscheibenbedingte Erkrankungen der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können.

Die Feststellung einer BK setzt grundsätzlich voraus (vgl. zum folgenden: Bereiter-Hahn / Schieke / Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung [Handkommentar] Stand 6/96 § 551 RVO Rdnr. 3; Mehrtens/Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung [Kommentar] E § 9 SGB VII Rdnr. 14), dass zum einen in der Person des Versicherten die sogenannten arbeitstechnischen Voraussetzungen gegeben sind, d.h., dass er im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen im Sinne der BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muss ein Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen. Es muss danach ein dieser BK entsprechendes Krankheitsbild vorliegen und dieses muss im Sinne der unfallrechtlichen Kausalitätslehre (BSGE 1, 72, 76; 61, 127, 129; 63, 272, 278; Bereiter-Hahn / Schieke / Mehrtens, a.a.O. Rdnr. 3) wesentlich ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückgeführt werden (haftungsausfüllende Kausalität). Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlichkeit aus (BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; § 551 Nr. 1; Mehrtens/Perlebach, a.a.O. Rdnr. 26).

Die Regelung der BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV ist auslegungsbedürftig, weil zahlreiche Zweifelsfragen hinsichtlich der Voraussetzungen für die Anerkennung dieser BK bestehen (vgl. dazu die Nachweise im Urteil des LSG Niedersachsen vom 05.02.1998 - L 6 U 178/97 = Breithaupt 1998, 894 f.; sowie - aus medizinischer Sicht -:Baars / Bolm-Audorff / Hittmann / Stahlkopf, ASU 1997, 480 ff und - aus rechtlicher Sicht - zuletzt Becker, SGG 2000, 116 ff.) und der Verordnungsgeber sich abstrakter und unbestimmter Begriffe bedient hat, um - so das BSG - die Berücksichtigung neuer arbeitstechnischer und medizinischer Erkenntnisse zu ermöglichen (BSG SozR 3-5680 Art. 2 Nr. 1; vgl. auch BSG Urteil vom 18.11.1997 - 2 RU 84/94 - = SGb 1999, 39 f. mit Anmerkungen von Ricke sowie zuletzt - die Verfassungsmäßigkeit der Regelung durch den Verordnungsgeber unter Aufhebung des o.a. Urteils des LSG Niedersachsen bejahend -: Urteil vom 23.03.1999 - B 2 U 12/98 R - = BSGE 84, 30 ff). Zum einen ist nämlich weitgehend ungeklärt, was z.B. unter "langjährigem Heben und Tragen schwerer Lasten" zu verstehen ist, zum anderen fehlen auch gesicherte Erkenntnisse darüber, ab wann denn nun derartige Belastungen bandscheibenbedingte Erkrankungen im Bereich der LWS verursachen können, zumal sich das Schadensbild auch ohne körperliche Belastung schicksalhaft entwickeln kann und derartige Erkrankungen in der Bevölkerung allgemein weit verbreitet sind (vgl. z.B. Ludolph / Spohr / Echtermeyer BG 1994, 349, 352; Pöhl / Eilebrecht / Hax / Römer, BG 1997, 670, 672; Rompe/Thürauf, Med. Sach. 1998, 116, 118). Dementsprechend hat das BSG erkannt, daß deshalb häufig die berufliche Verursachung der Erkrankung der LWS nur schwer nachzuweisen sein wird (BSGE 84, 30ff, 40).

Nach dem zur BK Nr. 2108 der Anlage zur BKV vom Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung herausgegebenen Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (abgedruckt bei Mehrtens/Perlebach, a.a.O. M. 2108 S. 1 ff.), das zwar keine verbindliche, im Rahmen der Verordnung stehende Erläuterung darstellt, aber Hinweise für die Beurteilung von möglichen Zusammenhängen aus arbeitsmedizinischer Sicht gibt und eine arbeitstechnische und medizinische Konkretisierung der BK beinhaltet (Urteil des erkennenden Senats vom 27.08.1997 - L 17 U 46/96 -), sind nach Abschnitt I wichtige Gefahrenquellen für die Entstehung bandscheibenbedingter Erkrankungen der LWS fortgesetztes Heben, Tragen und Absetzen schwerer Lasten sowie häufiges Arbeiten in extremer Beugehaltungen des Rumpfes, wie es vor allem im untertägigen Bergbau, bei Maurern, Steinsetzern und Stahlbetonbauern, Schauerleuten, Möbel-, Kohlen-, Fleisch- und anderen Lastträgern, bei Landwirten, Fischern und Waldarbeitern sowie bei Beschäftigten in der Kranken-, Alten- und Behindertenpflege vorkommt. Daraus ergibt sich, dass der Umfang der belastenden Arbeiten prägend für die versicherte Tätigkeit sein muss, d.h., dass ein wesentlicher Anteil der Arbeitsschichten mit einer entsprechenden Exposition verbunden sein muss. Das Merkblatt führt in seinem Abschnitt IV Anhaltspunkte für den Begriff "schwere Lasten" auf. Die - aus präventiv - medizinischen Gründen festgelegten - Lastgewichte betragen bei Männern im Alter zwischen 18 und 39 Jahren 25 kg und ab 40 Jahren 20 kg. Diese Lastgewichte müssen mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Häufigkeit in der überwiegenden Zahl der Arbeitsschichten gehoben und getragen werden, um als Ursache von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS in Frage kommen zu können. "Langjährig" bedeutet, dass regelmäßig 10 Berufsjahre als untere Grenze der Dauer der belastenden Tätigkeiten zu fordern sind. Unter "Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugehaltung" sind nach dem Merkblatt nur Arbeiten in Arbeitsräumen mit einer Höhe von weniger als 100 cm oder solche Arbeiten zu verstehen, bei denen der Oberkörper aus der aufrechten Haltung um mehr als 90°Grad gebeugt wird. Hinsichtlich der Ermittlung einer ausreichenden Belastungsdosis bestehen große Unterschiede bei den verschiedenen Berufsgenossenschaften; eine Klärung durch die Rechtssprechung ist bisher nicht erfolgt (vgl. LSG Niedersachsen, a.a.O. S. 904; Baars / Bolm-Audorff / Hittmann / Stahlkopf, a.a.O. S. 481; Becker, a.a.O. S. 117 m.w.N.).

Die Beklagte hat im Feststellungsverfahren keine konkreten Ermittlungen dazu angestellt, in welchem Umfang der Kläger Belastungen im Sinne der BK 2108 ausgesetzt gewesen ist. Weder ist er selbst im einzelnen zu der Art seiner Tätigkeit befragt worden, noch sind bei den verschiedenen Arbeitgebern Ermittlungen über die vom Kläger verrichteten Arbeiten und die damit einhergehenden Belastungen durch Heben, Tragen von Lasten und durch Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltungen vorgenommen worden. Wenn die Beklagte - der nach Aktenlage erfolgten Stellungnahme ihres TAD folgend - im Hinblick auf die mehr als 10-jährige Tätigkeit des Klägers als Maurer von einer ausreichenden Belastungsdosis im Sinne der BK Nr. 2108 ausgegangen ist, dann beruht dies im wesentlichen auf der von den Bau-Berufsgenossenschaften herausgegebenen "Dokumentation des Belastungsumfanges für Maurer im Hochbau". Der Senat hat bisher in derartigen Fällen auch keinen Anlass gesehen, die Feststellung des TAD, nach denen die arbeitstechnischen Voraussetzungen dieser BK bei mindestens 10 jähriger Maurertätigkeit regelmäßig gegeben sein sollen, in Zweifel zu ziehen. Dementsprechend ist auch das SG davon ausgegangen, dass die haftungsbegründende Kausalität, die zwischen den Beteiligten bis dahin nicht streitig war, gegeben war. Wenn die Beklagte hier erst nach der medizinischen Beweisaufnahme im Berufungsverfahren die notwendigen konkreten Ermittlungen zur haftungsbegründenen Kausalität aufgenommen hat, so ist - wenn diese Verfahrensweise auch ungewöhnlich ist - das dabei gewonnene Ergebnis zu berücksichtigen, selbst wenn jetzt der Nachweis einer ausreichenden Belastung fehlt.

Die Beklagte hat sich hinsichtlich der vom Kläger verrichteten Arbeiten und den dabei zu bewegenden Lastgewichten bzw. Arbeiten in extremer Rumpfbeugehaltung auf seine eigenen Angaben gestützt, die er gegenüber, Dipl.-Ing. P ... in Anwesenheit seiner Prozessbevollmächtigten gemacht hatte. Die Richtigkeit und Vollständigkeit dieser protokollierten Angaben sind vom Kläger im Gerichtsverfahren nicht bestritten worden. Soweit er im Schriftsatz vom 05.05.2000 vorgetragen hat, er könne sich selbstverständlich nicht mehr genau daran erinnern, welche Menge an Steinen er seinerzeit bewegt habe und bei seinen Angaben handele es sich in erster Linie um Schätzungen, trifft dies sicherlich zu. Gleichwohl sind diese zugrundezulegen, weil regelmäßig keine exakten und unangreifbaren Feststellungen zu den Belastungen i. S. der streitigen BK für das gesamte Berufsleben und die unter Umständen verschiedensten ausgeübten Tätigkeiten bei einer Vielzahl von Arbeitgebern getroffen werden können. Solche können aufgrund der wenig präzisen Vorgaben durch den Verordnungsgeber auch nicht erwartet werden. Dies vorausgeschickt hat der erkennende Senat keinen Anhalt dafür, dass die Beklagte durch ihren TAD den Umfang der Belastung des Klägers während seiner beruflichen Tätigkeit als Maurer von 1956 bis 1990 unvollständig ermittelt oder falsch berechnet hat. Dies ist auch seitens des Klägers nicht behauptet worden.

Die Stellungnahme des Dipl.-Ing. P ... vom 27.12.1999 nebst Anlagen gründet sich auf das von Medizinern, Arbeitswissenschaftlern und Vertretern der Berufsgenossenschaften gemeinsam entwickelte "Mainz-Dortmunder-Dosismodell" (MDD). Es hat andere Modelle zur Berechnung einer Lebensdosis, u.a. von Hartung/Dupuis (BG 1994, 452 f.) bzw. von Jäger/Luttmann (Med. Sach. 1994, 160 f.) abgelöst, die sich in der Praxis nicht durchgesetzt haben, weil sie einen zu großen Ermittlungsaufwand erforderten, von epidemiologisch nicht abgesicherten Dosis-Richtwerten ausgingen und auch zu völlig unterschiedlichen Ergebnissen führten (vgl. dazu Baars/Bolm-Audorff/Hittmann/Stahlkopf, a.a.O. S. 480, 482; Becker, a.a.O. S. 118; LSG Schleswig-Holstein, Urteil vom 18.09.1996 - L 8 U 95/95 - = HVBG-INFO 1997, 916 f). Der Umstand, dass Hartung, Jäger und Luttmann an der Erarbeitung des MDD mitgearbeitet haben, verdeutlicht, dass es sich dabei um ein Konsensmodell handelt, bei dem die Mängel der früheren Berechnungsmodelle beseitigt worden sind, so dass es auch von namhaften Befürwortern der BK Nr. 2108 wie dem Hessischen Staatlichen Gewerbearzt Priv. Doz. Dr. B ...-A ... propagiert wird. Der Senat hat auch deshalb keine Bedenken sich dieser Methode zur Ermittlung der Belastungsdosis für die BK Nr. 2108 anzuschließen, weil diese Berechnungsweise inzwischen weitgehend von den Berufsgenossenschaften angewandt wird und durch sie eine Objektivierung der Belastungsdosis der LWS durch versicherte Tätigkeit gewährleistet ist. Die "Mindestdosiswerte" bezogen auf Langzeitbelastungen wie das Berufsleben liegen nach dem MDD für die Bejahung der arbeitstechnischen Voraussetzungen im Feststellungsverfahren zur BK 2108 bei Männern bei 25 Mega-Newton-Stunden (MNh = 106 Nh) bzw. bei Frauen bei 17 MNh (vgl. Jäger / Luttmann / Bolm-Audorff / Schäfer / Hartung / Kuhn / Paul / Francks, a.a.O. S. 109). Dieser Wert wird - wie die Ermittlungen des Dipl. Ing. P ..., der an der Entwicklung des Mainz-Dortmunder-Dosismodells mitgearbeitet hat, ergeben haben - nicht erreicht. Vielmehr liegt die persönliche Gesamtbelastungsdosis des Klägers bei nur 13,49 MNh und damit weiter unter dem Wert, bei dem mit einer schädigenden Einwirkung im Sinne der BK zu rechnen ist. Wenn dieses Ergebnis sich von den Erfahrungswerten der Dokumentation des Belastungsumfanges von Maurern im Hochbau unterscheidet, so liegt es offensichtlich daran, dass der Kläger während vieler Jahre seines Berufslebens im wesentlichen kleinformatige Steine mit Einzelgewichten von 5 bis 7 kg vermauert hat und auch bei Einschalungs- und Armierungsarbeiten vergleichsweise nur geringe Gewichte gehoben und getragen hat bzw. nur in begrenztem zeitlichen Umfang WS-belastend tätig war, so dass für diese Tätigkeiten der ein erhöhtes Erkrankungsrisiko anzeigende Wert von 5500 Nh pro Tag nicht erreicht wurde.

Nach alledem fehlt es mithin schon am Nachweis der haftungsbegründenden Kausalität, so dass sich die Frage der haftungsausfüllenden Kausalität im Prinzip nicht stellt.

Selbst wenn aber - entgegen dem vorstehend Ausgeführten - unterstellt wird, dass die arbeitstechnischen Voraussetzungen für die Entstehung der BK gegeben sind, ergäbe sich kein anderes Ergebnis. Wenn auch beim Kläger eine primäre bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliegt und damit ein Krankheitsbild besteht, wie es die BK Nr. 2108 voraussetzt, so ist nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Ermittlungen im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren nicht wahrscheinlich gemacht, dass dieses ursächlich auf die berufliche Tätigkeit zurückzuführen wäre. Eine solche Wahrscheinlichkeit ist nämlich erst dann gegeben, wenn nach geltender ärztlich-wissenschaftlicher Lehrmeinung mehr für als gegen den Zusammenhang spricht und ernste Zweifel an einer anderen Verursachung ausscheiden (BSGE 32, 303, 309; BSG SozR 2200 § 548 Nr. 38; BSG Breithaupt 1963, 60, 61). Die für den Kausalzusammenhang sprechenden Umstände müssen danach die gegenteiligen deutlich überwiegen (Schulz-Weidner, SGb 1992, 59 f.).

Nach den derzeitigen medizinisch wissenschaftlichen Erkenntnissen (vgl. zum folgenden Mehrtens/Perlebach, a.a.O. M 2108 Anm. 1 f. S. 12 f.; Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit 6. Auflage S. 525 f.; Plagemann/Hontschik, Medizinische Begutachtung im Sozialrecht 3. Auflage 1996 S. 117 f.; Pöhl / Eilebrecht / Hax / Römer BG 1997, 670 f. jeweils m.w.N.) sprechen folgende Umstände für eine berufliche bedingte Verursachung des Bandscheibenschadens:

- Ein belastungskonformes Schadensbild mit von unten nach oben abnehmenden Schäden,

- ein Auftreten der Beschwerden nach einer beruflichen Belastung von mehr als 10 Jahren sowie eine plausible zeitliche Korrelation der Entwicklung des Schadensbildes mit den gesicherten beruflichen Belastungen und

- ein deutlich altersvorauseilender Verschleiß.

Dagegen sprechen:

- eine gleichmäßig starke Veränderung der Bandscheiben über zwei oder drei WS-Abschnitte,

- ein überwiegendes Auftreten der Bandscheibenveränderungen an belastungsfernen Bandscheibenabschnitten

- ein Auftreten der Veränderungen vor Vollendung des 3. Lebensjahrzehnts und

- konkurrierende Erkrankungen aus dem privaten Bereich.

Hiervon ausgehend ist entgegen den Ausführungen der SV en Prof. Dr. B ... und Dr. S ... nicht wahrscheinlich gemacht, dass die beim Kläger im Bereich der LWS bestehenden bandscheibenbedingten Veränderungen wesentlich ursächlich auf seine berufliche Tätigkeit zurückzuführen sind. Der Senat schließt sich vielmehr in der medizinischen Beurteilung den Darlegungen von Dr. W ..., die urkundsbeweislich zu verwerten waren, sowie den - rechtlich als Parteivorbringen zu würdigenden - Ausführungen in dem nach Aktenlage erstatteten Gutachten der Dres. T ... und S ... an, die im Einklang mit der herrschenden medizinischen Auffassung hier das Vorliegen der haftungsausfüllenden Kausalität verneint haben.

Bei dem Kläger liegt - und das ist zwischen den gehörten medizinischen Gutachtern und SV en unstreitig -, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der beiden unteren Segmente der LWS vor, weswegen 1990 ein operativer Eingriff erforderlich war. Daraus folgt zugleich - und auch insoweit besteht Übereinstimmung - dass es sich bei die sem Befund um krankheitswertige, dem Alter vorauseilende Veränderungen handelt. Jedoch ist dieses Schadensbild - wie Dr. W ... und die Dres. T ... und S ... nachgewiesen haben - nicht belastungskonform. Dies folgt zum einen daraus, daß die röntgenologischen Veränderungen im Bereich der beruflich nicht belasteten HWS zumindest das gleiche Ausmaß haben wie die im unteren Bereich der LWS. Prof. Dr. B ... hat insoweit von schwergradigen bandscheibenbedingten Veränderungen in den HWS-Segmenten C5/6 und C6/7 gesprochen und die im LWS-Bereich bei L4/5 und L5/S1 ebenfalls als schwergradig bezeichnet. Dr. S ... hat betont, daß die Degeneration der HWS der der unteren LWS entspreche und insoweit bei Vergleich der seit 1990 vorliegenden Röntgenaufnahmen zu keiner Zeit eine Akzentuierung der LWS-Umformungen im Vergleich zu denen der HWS bestanden habe. Daß auch die BWS - wenn auch im deutlich geringerem Umfang - degenerativen Veränderungen aufweist, ist gleichfalls einhellige Auffassung. Der zuletzt vom Senat gehörte SV räumt auch ein, daß bei röntgenologischer Betrachtung von einer insgesamt diffusen Ausprägung der Bandscheibendegeneration unabhängig von der beruflichen Exposition gesprochen werden müsse, was als Indiz gegen den Zusammenhang zu werten sei. Dies entspricht der vorstehend angeführten herschenden medizinischen Auffassung, die hier von den von der Beklagten gehörten Gutachtern vertreten wird, der sich der Senat in der Vergangenheit angeschlossen hat (z.B. Urteile vom 11.08.1999 - L 17 U 107/98 -, 17.11.1999 - L 17 U 305/98 -, 26.01.2000 - L 17 U 50/97 -) und die auch von anderen Landessozialgerichten geteilt wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.08.1997 - L 3 U 3062/96 - = HVGB-INFO 1997, 2848; LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 02.02.1999 - L 3 U 267/97 - = HBVG-Rdschr. VB 105/99). Dagegen kann - wie von Dr. S ... zum Gutachten von Prof. Dr. B ... zutreffend angemerkt - nicht eingewandt werden, die HWS sei regelmäßig anderen Belastungen ausgesetzt, weshalb entsprechende Schäden nicht als Hinweis gegen ein belastungsinduziertes Schadensbild der LWS gewertet werden könnten. Allerdings findet auch die Ansicht des im zweiten Rechtszug gehörten SV, der Zusammenhang sei hier letztlich doch hinreichend wahrscheinlich gemacht, wenn man auf den klinischen Befund abstelle, weil dieser beim Kläger im Bereich der LWS wesentlich stärker ausgeprägt sei als an der HWS, in dem o.a. medizinischen Schrifttum keine Stütze. Das Ausmaß des klinischen Befundes ist - insoweit teilt der Senat die Auffassung der Beklagten - kein geeignetes Kriterium zur Beantwortung der Kausalitätsfrage, zumal bekannt ist, daß der klinische und radiologische Befund auseinanderfallen und Bandscheibenprotrusionen und selbst ein Prolaps häufig klinisch stumm sein können (vgl. z.B. Rompe/Thürauf, a.a.O. S. 117). Schließlich hat Prof. Dr. B ... wie auch Dr. S ... nicht hinreichend berücksichtigt, daß - wie die Dres. T ... und S ... einleuchtend dargelegt haben - bis 1990 keine röntgenologischen Veränderungen der LWS zu finden waren, die auf belastungsadaptive Umbauprozesse hingedeutet hätten und die nach h.M. regelmäßig ein Hinweis auf eine vermehrte Zug- und Druckbelastung in diesem Bereich durch versicherte Tätigkeit wären. Auch das Fehlen jeglicher Umbauvorgänge der oberen LWS-Segmente läßt es - wie der Senat gleichfalls schon entschieden hat (Urteile vom 11.08.1999 - L 17 U 107/98 - und vom 15.03.2000 - L 17 U 64/99 -) - nicht wahrscheinlich machen, dass das auf die unteren Segmente der LWS beschränkte Schadensbild wesentliche Folge der versicherten Tätigkeit ist.

Ob insoweit dem Beckenschiefstand und der WS-Verbiegung auch noch ein Ursachenbeitrag für die beim Kläger bestehenden bandscheibenbedingten Veränderungen der LWS beizumessen ist, kann hier dahinstehen.

Nach alledem entsprechen die angefochtenen Bescheide der Sach- und Rechtslage. Das Urteil des SG konnte daher keinen Bestand haben. Auf die Berufung der Beklagten war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlaß.
Rechtskraft
Aus
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