L 17 U 255/97

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 36 U 141/94
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 17 U 255/97
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 14. August 1997 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob eine Hauterkrankung des Klägers als Berufskrankheit - BK - nach Nr. 5101 der Anlage zur Berufskrankheiten-Verordnung - BKV - durch Gewährung von Verletztenrente zu entschädigen ist.

Der 1958 geborene Kläger erlernte von 1973 bis 1976 das Fleischerhandwerk und war anschließend im erlernten Beruf tätig. Nach seiner Bundeswehrdienstzeit von 1977 bis 1979 und der Arbeitslosigkeitszeit bis 1982 arbeitete er von 1982 bis 1985 erneut als Fleischer, danach bis 1986 als Bauwerker bei einem Tiefbauunternehmen, anschließend als Ausbeiner, wobei er diese Tätigkeit seit Ende September/Anfang Oktober 1989 selbständig ausübte. Wegen einer Stichverletzung am linken Unterarm seit dem 22.12.1989 arbeitsunfähig krank, schloß sich vom 23.01. bis 26.01.1990 eine Arbeitsunfähigkeitszeit wegen eines Ulcus duodeni an. Vom 29.01.1990 bis 05.02.1990 bestand Arbeitsunfähigkeit wegen eines allergischen Kontaktekzems. Seit dem 08.02.1990 war der Kläger als Bauhelfer bei der H ... Bauträger GmbH in H ... und nach einer Arbeitsunfähigkeitszeit vom 17.04. bis 17.05.1990 erneut wegen eines allergischen Kontaktekzems war der Kläger bei der T ... Dienstleistungen GmbH in D ... beschäftigt. Seit dem 19.06.1990 betrieb er zudem selbständig eine Agentur zur Vermittlung von Musikern, Künstlern, Tätigkeiten in der Westfalenhalle u.ä ... Ebenfalls über die T ... GmbH war der Kläger seit dem 27.03.1992 als Arbeiter in einer Teppichfabrik und ab 27.04.1992 als Helfer beschäftigt.

Unter dem 06.02.1990 erstattete der behandelnde Hautarzt Dr. S ... wegen eines allergischen Kontaktekzems am linken Handrücken und linken Handgelenk bei nachgewiesener Kontaktallergie auf Kobalt und Nickel eine Anzeige über eine BK nach Nr. 5101, weil er die berufliche Tätigkeit des Klägers als Ausbeiner mit einem speziellen Schutzhandschuh als ursächlich für deren Entstehung ansah. Dr. S ... bescheinigte dem Kläger Arbeitsunfähigkeit vom 29.01. bis 14.02.1990. In zusätzlichen ärztlichen BK-An zeigen vom 25.03. und 24.04.1990 führten der Arzt für innere Medizin Dr. S ... und der Hautarzt und Allergologe Dr. S ... das Kontaktekzem am linken Unterarm und am linken Handgelenk auf die Arbeiten mit einem Metall- bzw. einem Stechhandschuh zurück und gaben an, den Kläger deshalb zum ersten Mal am 07.08.1989 behandelt zu haben. Dr. S ... führte weiter aus, es sei notwendig, daß dem Kläger unterarmlange Stoffhandschuhe zur Verfügung gestellt würden, um durch Vermeidung des direkten Hautkontakts des Metallschutzhandschuhs dem "Entstehen einer ... BK und der Aufgabe seiner beruflichen Tätigkeit vorzubeugen". In dem der Beklagten am 21.05.1990 erstatteten Befundbericht gab Dr. S ... an, nach der ersten durch ihn erfolgten Untersuchung sei der Kläger vom 07.08. bis 10.08.1989 arbeitsunfähig krank gewesen und die Behandlung durch Retef-Salbe mit Erfolg durchgeführt worden. Er weise unter Bezugnahme auf seine BK-Anzeige noch einmal darauf hin, daß bei Anwendung entsprechender Arbeitsschutzmaßnahmen der Zwang zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit nicht gegeben sein dürfte.

Der Hautarzt Dr. W ... in B ... erstattete der Beklagten unter dem 19.11.1990 ein fachärztliches Gutachten und kam darin zu folgendem Ergebnis: Zur Zeit seiner Untersuchung hätten beim Kläger keine nennenswerten Hautbefunde vorgelegen. Die eindeutige, hochgradige Überempfindlichkeit des Klägers gegen Nickel sei nicht überwiegend wahrscheinlich auf berufliche, sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit auf außerberufliche Kontakte zurückzuführen. Die Tätigkeit im Fleischereibereich könne aber weiter ausgeübt werden, wenn die entsprechenden Handschuhe getragen würden, die über die Kettenhandschuhe hinaus die Haut schützten. Die Voraussetzungen zur Anerkennung einer BK nach Nr. 5101 seien - da unabhängig von der Ursache eine schwere und wiederholt rückfällige Hauterkrankung nicht vorliege - daher nicht erfüllt. Auch bei Annahme einer beruflichen Verursachung sei eine Minderung der Erwerbsfähigkeit - MdE - nicht anzuerkennen, weil unter Einhaltung nicht sehr auf wendiger Vorsichtsmaßnahmen weiter gearbeitet werden könne.

Nach einer gegensätzlichen Stellungnahme der Gewerbemedizinaldirektorin Dr. B ... vom 23.01.1991, wonach aufgrund der Hauterkrankung wegen der Sensibilisierung gegenüber Nickel eine BK nach Nr. 5101 festzustellen sei, holte die Beklagte ein hautfachärztliches Aktengutachten von Dr. H ..., K ..., vom 11.03.1991 ein. Dieser legte dar, in Edelstahl sei Nickel so extrem fest verankert, daß nicht einmal Säuren Nickelionen auslösen könnten. Dies sei jedoch bei Dauerkontakt mit vernickelten Stechhandschuhschnallen und -druckknöpfen der Fall, so daß beim Kläger, der außerberuflich auch dauerhaften Metallkontakt mit einer Armbanduhrschnalle habe, von einer primär beruflich entstandenen Nickelkobaltallergie auszugehen sei, weil der Kläger seit der Berufsaufgabe ekzemfrei sei. Ein Fleischer brauche seine berufliche Tätigkeit wegen einer Nickelkobaltallergie durch einen Stechschutzhandschuh aber nicht unbedingt aufzugeben, weil ein in allen Teilen aus Edelstahl bestehender Stechschutzhandschuh keine Nickelionen eluiere. Der Beratungsfacharzt und Arzt für Dermatologie und Arbeitsmedizin Dr. T ... wies am 17.05.1991 darauf hin, daß das nachgewiesene Allergen (Nickel) mindestens seit 1988 gemieden werden könne, da seitdem Stechschutzhandschuhe mit Klettenhaftverschluß angeboten würden.

Mit Bescheid vom 31.07.1991 lehnte die Beklagte Entschädigungsleistungen ab, weil die Hauterkrankung des Klägers keine BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV darstelle, und erkannte den Anspruch auf Maßnahmen gemäß § 3 BKV dem Grunde nach an. Zur Begründung führte sie aus: Unabhängig davon, ob das Ekzem im Bereich des linken Handgelenks und am linken Unterarm beruflich bedingt sei oder nicht, handele es sich weder um eine schwere noch um eine wieder holt rückfällige Hauterkrankung und zwinge auch nicht zur Aufgabe der beruflichen Tätigkeit als Ausbeiner. Da aber die Gefahr der Entstehung einer BK nach Nr. 5101 bestehe, seien Leistungen nach § 3 der BKV zu gewähren. Die Beklagte sei daher bereit, die Kosten für eine konsequente hautfachärztliche Behandlung und Überwachung sowie für die Benutzung eines nickelfreien Stechschutzhandschuhs aus Edelstahl mit Klettenhaftverschluß zu übernehmen. Im Widerspruchsverfahren (Widerspruch vom 29.08.1991) machte der Kläger dagegen am 17.10.1991 geltend, seine Bemühungen, nickelfreie Stechschutzhandschuhe zu bekommen, seien ohne Erfolg geblieben.

Nachdem Dr. M ... vom Technischen Aufsichtsdienst - TAD - der Beklagten entgegen einer früheren Auskunft mitgeteilt hatte, daß Stechschutzhandschuhe mit Klettenhaftverschluß nur durch spezielle Bestellung bei den Händlern oder Herstellern zu bekommen seien und der Klettverschluß aus hygienischen Gründen bedenklich sei, wurde in einem weiteren Schreiben des TAD u.a. ein Hersteller von Metallringgeflechthandschuhen mit Klettenhaftverschluß genannt und mitgeteilt, daß der Handschuh einer Sonderbestellung bedürfe. Der Klettenhaftverschluß leide beachtlich durch den Gebrauch von Reinigungs- und Desinfizierungsmitteln und müsse daher häufiger erneuert werden. Ein Verbot der Verwendung von Klettenhaftverschlüssen werde im Einzelfall vermutlich nicht ausgesprochen, der Unternehmer müsse eine besondere Reinigungsanweisung erlassen. Die Beklagte holte von einem Hersteller von Metallgeflechthandschuhen (F ... M ... GmbH & Co.KG, ... M ...) die Auskunft ein, daß dieses Unternehmen Metallgeflechthandschuhe ("niroflex") mit vernickelten Messing-Druckknöpfen und -schnallen herstelle und bei damit verbundenen Problemen bereit sei, einen Handschuh mit einem anderen Verschlußsystem, wahrscheinlich mit einem sog. Klettenverschluß, zu fertigen.

Nach Mitteilung von Vorerkrankungszeiten durch die Allgemeine Ortskrankenkasse H ..., die Deutsche Krankenversicherung K ... und die Innungskrankenkasse U ..., nach Einholung von Arbeitgeberauskünften sowie Befundberichten von Dr. S ..., Dr. S ... und dem Arzt für innere Krankheiten Dr. W ... ließ die Beklagte den Kläger durch Dr. M ..., Arzt für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Allergologe in B ..., erneut untersuchen und begutachten. Dieser legte im Gutachten vom 25.10.1993 dar, die bei seiner Untersuchung beim Kläger festgestellten Hautveränderungen im Bereich des Handgelenks links volar würden mit Wahrscheinlichkeit durch die nickelhaltige Uhrarmbandschließe hervorgerufen. Sie stünden mit der durch die Berufstätigkeit ausgelösten Sensibilisierung gegen Nickel/Kobalt aber im Zusammenhang. Eine entschädigungspflichtige BK resultiere daraus jedoch nicht, da ein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit nicht bestanden habe. Ein nickelfreier Stechhandschuh hätte ohne Einschränkung getragen werden können.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.04.1994 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück.

Am 27.05.1994 hat der Kläger beim Sozialgericht - SG - Dortmund Klage erhoben und die Ansicht vertreten, auf EG-Schlachthöfen seien Handschuhe mit Klettverschlüssen aus hygienerechtlichen Gründen nicht erlaubt. Außerdem könne es nicht als wissenschaftlich gesichert gelten, daß das Nickelkontaktekzem nicht auch durch das Schutzgeflecht der Handschuhe selbst verursacht werde.

Die Beklagte hat auf das Gutachten Dr. H ... vom 11.03.1991 sowie auf die Feststellungen des TAD verwiesen, wonach das Edelstahlgeflecht des Stechhandschuhs keinen Nickelkontakt verursache. Die Beklagte hat ferner auf eine erneute Stellungnahme des TAD vom 11.07.1995 hingewiesen, wonach der Einsatz von Metallhandschuhen mit textilem Klettenschlußband prinzipiell zulässig sei, sofern der konkrete Betrieb, wenn er unter die Anwendung der EG-Frisch fleischrichtlinie falle, ein organisiertes Regime der Reinigung und Desinfektion nachweise. Die Metallhandschuhe mit textilem Klettenverschlußband seien seit etwa 10 bis 20 Jahren auf dem Markt und vom Verschlußmechanismus her liege damit bei guter Verarbeitung und Verwendung ein bewährtes Material und eine durchaus stabile Verbindung vor. Als Alternative zu den herkömmlichen Stechschutzhandschuhen mit vernickeltem Druckknopfverschluß werde zudem ein Handschuhtyp aus einem Edelstahl-Metallringgeflecht und einem Krallenverschluß ebenfalls aus Edelstahl ("niroflex Typ 2000") angeboten, so daß der Handschuh als "nickelfrei" i.S.d. Freisetzung von Nickelionen gelten könne. Aus dem legierten Chrom- Nickel-Edelstahlgeflecht könnten keine Nickelionen freigesetzt werden, da das legierte Nickel bzw. die Nickelatome fest im kristallinen Metallgitter eingebunden seien.

Die auf Vorschlag des Klägers vom SG gehörte Dienststelle, die beim Regierungspräsidenten A ... für die Einhaltung der Vorschriften der Hygieneverordnung zuständig ist, hat mitgeteilt, daß nach Auskunft des Fleischhygieneamtes der Stadt H ... das Tragen von Kettenhandschuhen mit Klettenverschluß nicht untersagt worden sei. Auch sei es aus Sicht der Dienststelle unverständlich, warum das Tragen dieser Handschuhe aus hygienischen Gründen nicht möglich sei. Auch Klettenverschlüsse ließen sich reinigen und desinfizieren. Nach fernmündlicher Rücksprache käme man auch im Ministerium für Umwelt, Raumordnung und Landwirtschaft des Landes Nordrhein-Westfalen sowie im Bundesministerium für Gesundheit zu keiner anderen Aussage. Nachdem der Kläger einen Prospekt der Firma M ... vorgelegt hatte, wonach es nunmehr Stechschutzhandschuhe ausschließlich aus Edelstahl gibt, hat das SG von Dr. R ..., Facharzt für Hautkrankheiten - Allergologie - Phlebologie - Umweltmedizin, D ..., ein hautärztliches Gutachten vom 12.04.1997 eingeholt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird.

Der Kläger hat weiterhin behauptet, daß unter bestimmten mechanischen und chemischen Situationen jeder Edelstahl auf Dauer Nickelionen freisetze. Der neuartige Handschuh sei erst seit Juni 1997 auf dem Markt und der Handschuh mit Klettenverschluß sei am Markt nicht erhältlich gewesen.

Mit Urteil vom 14.08.1997 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.

Gegen das am 03.09.1997 zugestellte Urteil hat der Kläger am 24.09.1997 Berufung eingelegt. Er wiederholt sein Vorbringen aus dem Klageverfahren und ist der Ansicht, an einer schweren Hautkrankheit zu leiden, da der Kontakt mit den auslösenden Stoffen zu Ekzemschüben führe.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des SG Dortmund vom 14.08.1997 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 31.07.1991 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 27.04.1994 zu verurteilen, wegen einer BK nach Nr. 5101 der Anlage 1 zur BKV Verletztenrente nach einer MdE um 20 vom Hundert zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und ist insbesondere der Ansicht, daß kein objektiver Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit als Ausbeiner bestanden habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten verwiesen. Auf den Inhalt der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten der Beklagten, der ebenfalls Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind rechtmäßig und beschweren den Kläger nicht i.S.v. § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes - SGG -. Er hat keinen Anspruch auf Verletztenrente, weil die bei ihm bestehende Hauterkrankung keine BK darstellt.

Der geltend gemachte Anspruch richtet sich noch nach den Vorschriften der Reichsversicherungsordnung - RVO -, da der Kläger ihn auch für Zeiten vor dem Inkrafttreten des Siebten Buches des Sozialgesetzbuches - Gesetzliche Unfallversicherung - (SGB VII) am 01.01.1997 erhebt (Art. 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes - UVEG -, §§ 212, 214 SGB VII).

Nach § 551 Abs. 1 Satz 1 RVO gilt als Arbeitsunfall, der nach § 547 RVO u.a. durch die Zahlung von Verletztenrente zu entschädigen ist, auch eine BK. BK en sind nach § 551 Abs. 1 Satz 2 RVO die Krankheiten, welche die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bezeichnet und die ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 genannten Tätigkeiten erleidet.

Bei der von der Nr. 5101 erfaßten Hauterkrankung handelt es sich um eine vom Verordnungsgeber in die Anlage zur BKV aufgenommene BK.

Gemäß § 581 Abs. 1 Nr. 2 RVO wird, solange infolge des Arbeitsunfalls - bzw. hier der BK - die Erwerbsfähigkeit des Verletzten um wenigstens ein Fünftel gemindert ist, der Teil der Vollrente, der dem Grad der MdE entspricht, als Verletztenrente gewährt.

Diese für den streitigen Rentenanspruch erforderlichen Voraussetzungen sind nicht gegeben, weil bereits nicht alle tatbestandlichen Voraussetzungen der hier maßgeblichen BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV erfüllt sind. Danach liegt diese BK nur dann vor, wenn es sich um eine schwere oder wiederholt rückfällige Hauterkrankung handelt, die zur Unterlassung aller Tätigkeiten gezwungen hat, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können. Die Feststellung einer BK setzt voraus (vgl. zum folgenden: Bereiter- Hahn / Schieke / Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung - Handkommentar - § 551 RVO Rdn. 3; Mehrtens / Perlebach, Die Berufskrankheiten-Verordnung - Kommentar - E § 551 Rdn. 9, 10), daß zum einen in der Person des Versicherten die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind, d.h. daß der Betreffende im Rahmen seiner versicherten Tätigkeit schädigenden Einwirkungen i.S.d. BK ausgesetzt gewesen ist, die geeignet sind, einen entsprechenden Gesundheitsschaden zu bewirken (haftungsbegründende Kausalität). Zum anderen muß ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung bestehen (haftungsausfüllende Kausalität). Während die arbeitstechnischen Voraussetzungen und der Gesundheitsschaden voll bewiesen sein, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststehen müssen, reicht zur Bejahung des Kausalzusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und dem Gesundheitsschaden die hinreichende Wahrscheinlich keit aus (vgl. Bundessozialgericht - BSG - SozR 2200 § 548 Nr. 38; § 551 Nr. 1).

Der Kläger war während seiner Tätigkeit als Ausbeiner beim Tragen des Metallgeflechtstechschutzhandschuhs durch dessen nickelhaltigen Metallverschluß dem Allergen Nickel ausgesetzt. Infolge dessen besteht bei ihm eine beruflich erworbene Sensibilisierung gegenüber diesem Stoff, die von dem behandelnden Hautarzt Dr. S ... festgestellt und bei den nachfolgenden Begutachtungen - außer durch Dr. W ... - bestätigt worden ist. Soweit dieser begutachtende Arzt die zwar auch von ihm festgestellte hochgradige Überempfindlichkeit gegen Nickel nicht als beruflich erworben beurteilte, ist ihm nicht zu folgen, weil Dr. W ... übersehen hat, daß die Verschlüsse der vom Kläger benutzten Kettenhandschuhe aus nickelhaltigen Verbindungen bestanden, aus denen als minderwertigen Metallen auch nach seiner Auffassung Nickel abgespalten werden kann.

Ist damit zwar sowohl die haftungsbegründende als auch die haftungsausfüllende Kausalität für die Sensibilisierung des Klägers gegenüber Nickel gegeben, war das beruflich erworbene allergische Kontaktekzem jedenfalls keine schwere Hauterkrankung. Zwar wurde von Frau Dr. B ... auch die Schwere der Hauterkrankung im Gegensatz zu allen übrigen gehörten Ärzten bejaht, die Staatliche Gewerbeärztin ging dabei jedoch offensichtlich von unzutreffenden Voraussetzungen aus. Denn sie führte aus, die Hauterkrankung sei wegen der Sensibilisierung gegenüber Nickel bei einem Ausbeiner als schwer anzusehen, weil Nickel für einen Ausbeiner einen nicht vermeidbaren beruflichen Kontaktstoff darstelle. Die Frage der Vermeidbarkeit des allergisierenden Stoffes aber ist bei der Beurteilung der Schwere der Erkrankung ohne Belang, welche sich viel mehr nach der klinischen Symptomatik nach Morphe und Beschwerde bild, Ausdehnung, Verlauf und Dauer der Erkrankung richtet sowie nach der Ausprägung der beruflich verursachten Allergien (vgl. Amtliches Merkblatt zu der BK Nr. 5101 des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung vom 23.04.1996, BArbBl. 6/1996, 22, abge druckt in Mehrtens / Perlebach, a.a.O., M 5101 Ziff. IV und Schönberger / Mehrtens / Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 5. Aufl., 1993 S. 748). Soweit beim Kläger eine hochgradige Sensibilisierung gegenüber Nickel besteht und eine solche hochgradige Allergie gegen Arbeitsstoffe bei der Beurteilung der Schwere der Hauterkrankung auch von Bedeutung sein kann, ist für die Bejahung der Schwere unter dem Gesichtspunkt der Allergisierung natur gemäß zwar auch ein Kriterium, ob der Betroffene im derzeit ausgeübten Beruf beeinträchtigt ist, vor allem aber, ob dies in erheblichem Maß auch in anderen Bereichen des Arbeitslebens der Fall ist (vgl. Mehrtens / Perlebach, a.a.O. Anm. Rdn. 3). Anhaltspunkte für eine solche erhebliche Beeinträchtigung liegen jedoch nicht vor und sind auch nicht erkennbar.

Hinsichtlich der wiederholten Rückfälligkeit der Hauterkrankung des Klägers wird man zwar davon ausgehen können, daß es sich um eine solche handelte, wenn davon ausgegangen wird, daß es sich bei der von Dr. S ... schon für die Zeit vom 07. bis 10.08.1989 bescheinigten Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit jeden falls um eine erste Erkrankung handelte. Denn dann stellt sich die Arbeitsunfähigkeit wegen allergischen Kontaktekzems vom 29.01. bis 05.02.1990 als erster Rückfall bzw. zweite Erkrankung und die vom 17.04. bis 08.05.1990 als zweiter Rückfall und dritte Erkrankung dar (zu den Kriterien für die Annahme des Merkmals "wiederholt rückfällig" vgl. z.B. Schönberger / Mehrtens / Valentin, a.a.O. S. 751; Mehrtens / Perlebach, a.a.O., Rdn. 4).

Die hier streitige BK kann gleichwohl nicht festgestellt werden, weil die Hauterkrankung nicht zur Unterlassung der Tätigkeit als Ausbeiner gezwungen hat. Bei der gebotenen rückschauenden objektiven Betrachtung (vgl. Schönberger / Mehrtens / Valentin, a.a.O., S. 752; Mehrtens / Perlebach, a.a.O., Rdn. 5; BSGE 50, 187 ff.; 56, 94 ff.) bestand für den Kläger dazu kein Zwang, weil er jedenfalls durch das Tragen von Metallgeflechtstechschutzhandschuhen ohne Verschlüsse mit Nickelanteilen das berufliche Allergen hätte meiden können.

Zu dieser Überzeugung gelangt der Senat in Übereinstimmung mit dem SG aufgrund des Gesamtergebnisses der im Verwaltungs- und im Klageverfahren durchgeführten Ermittlungen unter Abwägung aller Um stände. In medizinischer Hinsicht stützt sich der Senat im wesentlichen auf das Gutachten Dr. R ..., aber auch auf die Darlegungen Dr. M ... und Dr. H ..., deren Gutachten im Wege des Urkundsbeweises zu verwerten waren. Danach ist festzustellen, daß der Kläger durch das Tragen von Metallgeflechthandschuhen mit Klettenhaftverschluß den Kontakt mit nickelhaltigen Metallverschlußteilen (Druckknöpfen oder -schnallen) und damit das Entstehen der Hauterkrankung sowie die Rückfälle hätte verhindern können.

Die vom Kläger dagegen vorgebrachten Einwendungen führen zu keiner anderen Beurteilung. Soweit er geltend macht, Stechschutzhandschuhe mit Klettenverschluß hätten ihm nicht zur Verfügung gestanden und seien im Zeitpunkt der Aufgabe seiner Tätigkeit als Ausbeiner auch überhaupt "nicht am Markt gewesen", begründeten diese Umstände keinen Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit. Zumindest ein Hersteller von Metallgeflechthandschuhen, nämlich die F ... M ... GmbH & Co.KG, war bereit und in der Lage, ihre "niroflex"-Handschuhe zumindest auf Einzelwunsch statt mit vernickelten Messing-Druckknöpfen und -schnallen mit einem Klettenverschluß herzustellen. Wenn der Kläger insoweit dagegen auf seine erfolglosen Bemühungen verweist, kann dies im Hinblick auf den objektiven Zwang zur Aufgabe der Tätigkeit keine Berücksichtigung finden. Denn es sind keine Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der von der Beklagten erhaltenen Auskunft der F. M ... GmbH & Co.KG ersichtlich und es ist auch nicht erkennbar, warum der Kläger nicht in gleicher Weise wie die Beklagte zur Einholung dieser Auskunft in der Lage gewesen wäre. Soweit er vorträgt, aus dem Schreiben der Firma M ... vom 20.01.1997 ergebe sich, daß jedenfalls dieser Betrieb einen Handschuh mit Klettenhaftverschluß nicht gefertigt habe, steht dies nicht im Widerspruch zum Schreiben dieses Unternehmens an die Beklagte vom 19.02.1992, wonach sie im konkreten Fall bzw. nach konkreter Auftragserteilung bereit und in der Lage gewesen wäre, einen solchen Handschuh herzustellen und zu liefern. Daß das Unternehmen aber ohne einen konkreten Auftrag einen solchen Handschuh tatsächlich nicht hergestellt hat, macht seine Auskunft im Jahre 1992 nicht unrichtig.

Auch die Bedenken gegen die Klettenhaftverschlüsse in hygienischer Hinsicht, auf die sich der Kläger stützt, sind nicht durchgreifend. Dazu hat der TAB Dr. M ... in seiner Stellungnahme vom 11.07.1995 überzeugend ausgeführt, daß der Klettenhaftverschluß eine durchaus stabile Verbindung darstellt und eine Minderung der Haftkraft durch Feuchte oder Nässe nicht zu erwarten und die Möglichkeit des Eindringens von Fettbestandteilen bei erst einmal hergestellter Verbindung zwischen dem Kletten- und dem Moosteil als unwahrscheinlich anzusehen ist. Was die sodann gleichwohl erforderlichen eingehenderen Reinigungs- und Desinfektionsmethoden, den möglicherweise damit verbundenen erhöhten Verschleiß der Klettenhaftverschlüsse sowie den daraus folgenden häufigeren Ersatz durch einen neuen Handschuh anbelangt, sind dies insbesondere angesichts der von der Beklagten im angefochtenen Bescheid erklärten Bereitschaft, auch die Kosten der Benutzung eines nickelfreien Stechschutzhandschuhs aus Edelstahl mit Klettverschluß zu übernehmen, keine Umstände, die den objektiven Zwang zur Aufgabe der Ausbeinertätigkeit des Klägers begründen können. Entscheidend ist in dem Zusammenhang, daß Stechschutzhandschuhe mit Klettenhaftverschluß nach der vom SG eingeholten Auskunft der Bezirksregierung Arnsberg vom 02.08.1996, deren Richtigkeit anzuzweifeln der Senat keinen Anlaß hat, aus hygienerechtlichen Gründen jedenfalls nicht verboten sind. Im übrigen ist darauf hinzuweisen, daß auch die herkömmlichen Stechschutzhandschuhe im Bereich des Bündchens nicht aus Metall, sondern aus Textilien gefertigt sind, wie sich aus den Fotos ergibt, die Dr. H ... seinem Gutachten beigefügt hat (Bl. 108 der Verwaltungsakte). Von daher dürfte aus Hygienegründen ohnehin eine gründliche tägliche Reinigung der Stechschutzhandschuhe unumgänglich sein.

Soweit der Kläger schließlich bestreitet, daß aus dem Edelstahlgeflecht der bisherigen Stechschutzhandschuhe sowie auch aus dem neuen Handschuh, bei dem auch die Verschlüsse aus Edelstahl gefertigt sind, keine Nickelionen freigesetzt werden können, ist diese Behauptung bereits durch das Gutachten Dr. H ... vom 11.03.1991 widerlegt und gibt keinen Anlaß zu weiteren Ermittlungen. Dr. H ... hat unter Hinweis auf wissenschaftliche Experimente ein leuchtend und überzeugend dargelegt, daß im Edelstahl Nickel so extrem fest verankert ist, daß nicht einmal Säuren Nickelionen auslösen können. Darauf hat auch der Sachverständige Dr. R ... hingewiesen. Wenn der Kläger dagegen lediglich ohne Begründung behauptet, unter mechanischen und chemischen Belastungen im alltäglichen Dauerbetrieb komme es sehr wohl zu Nickelionenfreisetzungen, bestand für den Senat kein Anlaß zur Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens. Im übrigen bestand dieser Anlaß auch deshalb nicht, weil die allergischen Kontaktekzeme auch nach eigenem Vortrag des Klägers bei den von ihm "im alltäglichen Dauerbetrieb" benutzten Stechschutzhandschuhen jedenfalls nicht durch das Edelstahlgeflecht hervorgerufen wurden.

Fehlt es mithin an einer wesentlichen Voraussetzung für die Anerkennung der Hauterkrankung des Klägers als BK nach Nr. 5101 der Anlage zur BKV, brauchte der Senat sich schon deshalb nicht mehr mit der Prüfung der Frage zu befassen, ob sie überhaupt eine MdE rentenberechtigenden Grades bedingt, wie sie für den vom Kläger geltend gemachten Rentenanspruch erforderlich wäre.

Die Berufung des Klägers konnte nach alldem keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

Zur Revisionszulassung bestand kein Anlaß (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
Rechtskraft
Aus
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