I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Der Kläger wendet sich gegen eine Minderung seines Arbeitslosengeldes II um 10% von Juni bis August 2017 und begehrt eine Rüge des beklagten Jobcenters durch das Gericht.
Der 1970 geborene, alleine lebende Kläger bezieht erneut seit Januar 2017 laufende Leistungen zum Lebensunterhalt vom beklagten Jobcenter. Mit Bescheid vom 2. März 2017 wurden ihm laufende Leistungen von März bis Dezember 2017 bewilligt.
Bereits unter dem 27. Februar 2017 hatte der Beklagte den Kläger zu einem Gespräch über die aktuelle berufliche Situation am 14. März 2017 eingeladen. Nachdem der Kläger zu diesem Termin nicht erschienen war, lud der Beklagte den Kläger mit Folgeeinladung vom 14. März 2017 zu einem weiteren Gesprächstermin am 29. März 2017 ein. Wiederum war als Gesprächszweck die aktuelle berufliche Situation angegeben. Ferner wurde der Kläger aufgefordert, verschiedene Unterlagen zum Termin mitzubringen, darunter auch Nachweise über Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Sollte der Kläger zum Termin arbeitsunfähig erkrankt sein, wurde die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung verlangt, wobei eine einfache Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht genüge, sondern es wurde eine Bescheinigung gefordert, aus der hervorgeht, dass der Kläger aus gesundheitlichen Gründen gehindert war, den Termin wahrzunehmen. Schließlich folgte eine Rechtsfolgenbelehrung.
Im Widerspruch machte der Kläger geltend, der Beklagte habe die Minderung durchgeführt, ohne ihm vorher den Sanktionsbescheid zukommen zu lassen. Zudem seien der Bescheid und die Einladung nichtig, weil sie an einem schwerwiegenden Fehler litten.
Der Widerspruch wurde damit begründet, das Jobcenter habe das Arbeitslosengeld II gemindert, ohne zuvor den Sanktionsbescheid zu übersenden und der Sanktionsbescheid sowie die Einladung zum Termin seien wegen eines schwerwiegenden Fehlers nichtig.
Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 9. November 2017 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 14. Dezember 2017 Klage zum Sozialgericht Augsburg erhoben. Die Einladung vom 14. März 2017 enthalte eine Diskriminierung und Ungleichbehandlung. Er, der Kläger, sei nicht verpflichtet, auf eine Einladung zu reagieren, wenn nur der Name herangezogen werde, um zur Vorlage ausländerrechtlicher Dokumente aufzufordern. Das Jobcenter habe mehrfach seinen (deutschen) Personalausweis kopiert. Das Jobcenter habe sich für die Diskriminierung nicht entschuldigt. Als gebürtiger Deutscher könne er fragen, warum er Nachweise über ein Aufenthalts- und Arbeitsrecht vorzeigen solle. Zudem habe der Beklagte rechtswidrig Daten erhoben, indem er davon ausgegangen sei, der Kläger sei Ausländer. Diese unzulässige Datenerhebung hätte durch eine Nachfrage vermieden werden können.
Der Kläger beantragt:
1. Durch Einvernahme der Arbeitsvermittlerin Frau K. soll Beweis erhoben werden zu folgender Frage:
Ist die Arbeitsvermittlerin Frau K. aufgrund meines nicht deutschen Nachnamens davon ausgegangen, dass ich ein Ausländer sei und sie mich deswegen dann im Einladungsschreiben vom 14. März 2017 aufforderte zum Meldetermin den Nachweis über das Aufenthalts- und das Arbeitsrecht mitzubringen?
2. Weiter soll Beweis erhoben werden durch Einvernahme von Herrn K. vom Beklagten zu folgender Frage:
Hat Herr K. am 31. Januar 2017 meine deutsche Nationalität durch Inaugenscheinnahme meines Personalausweises in das Computersystem des Jobcenters A-Stadt-Stadt gespeichert?
3. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2017 wird aufgehoben.
4. Das Sozialgericht Augsburg erteilt dem Beklagten wegen einer Diskriminierung im Zusammenhang mit der Einladung zu dem Termin am 29. März 2017 eine öffentliche und schriftliche Rüge.
Für den Beklagten wird beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Behördenakten sowie die Niederschrift Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Klage ist zulässig und das Gericht zur Entscheidung berufen. Das gilt auch hinsichtlich des in der mündlichen Verhandlung gestellten Klageantrags zu Ziffer 4. Ob und inwieweit dafür eine prozessuale und materielle Grundlage besteht, ist eine Frage der Begründetheit. Jedenfalls wird das Begehren an ein Verhalten des beklagten Jobcenters bei der Erfüllung seiner Aufgaben nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) geknüpft. Für derartige Streitigkeiten ist gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) die Sozialgerichtsbarkeit zuständig. Ein Anspruch aus Amtshaftung im Sinn des Art. 34 des Grundgesetzes (GG) wird nach Auslegung des Gerichts (§ 123 SGG) damit nicht verfolgt, weil das Begehren erkennbar nicht auf eine finanzielle Entschädigung abzielt.
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
Zur Sanktion:
Der Bescheid des Beklagten vom 18. Mai 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. November 2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die festgestellte Minderung des Arbeitslosengeldes II des Klägers ist zu Recht erfolgt.
Die Voraussetzungen für die vom Beklagten festgestellte Minderung des Arbeitslosengeldes nach § 32 i.V.m. den §§ 31a und 31b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) hinsichtlich des Termins am 29. März 2017 liegt vor.
Für die Feststellung eines Meldeversäumnisses nach § 32 Abs. 1 SGB II ist erforderlich, dass eine leistungsberechtigte Person eine Aufforderung des zuständigen Jobcenters erhalten hat, sich bei ihm zu melden oder bei einem Untersuchungstermin zu erscheinen, und damit ein zulässiger Meldezweck verfolgt wurde (§ 59 SGB II, § 309 Abs. 2 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung - SGB III). Die Person muss eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen erhalten oder von diesen Kenntnis haben und ohne wichtigen Grund der Meldeaufforderung schuldhaft nicht nachgekommen sein. Zudem muss der Verwaltungsakt über die Feststellung des Meldeversäumnisses und der Minderung innerhalb von sechs Monaten ab dem Zeitpunkt des Meldeversäumnisses ergangen sein (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2015, B 14 AS 19/14 R).
Der Kläger war sowohl zum Zeitpunkt der Einladung als auch des Termins als auch der Sanktion leistungsberechtigte Person im Sinn des § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Insbesondere bestehen für das Gericht keine durchgreifenden Zweifel an seiner Erwerbsfähigkeit gemäß § 8 Abs. 1 SGB II.
Die streitige Einladung war auch formell in Ordnung. Insbesondere hat sie Ort, Tag und Zeit der Meldung hinreichend bestimmt und der Meldezweck ist ausreichend mitgeteilt worden.
Ferner ist mit der Einladung zu dem streitigen Termin ein legitimer Gesprächszweck verfolgt worden. Es liegt zunächst in der Verantwortung des Jobcenters zu bestimmen, wann es eine Erörterung der beruflichen Situation für geboten hält. Der Kläger hat diesbezüglich auch keinen stichhaltigen Einwand vorgetragen.
Die Rechtsfolgenbelehrung war konkret, richtig, verständlich und vollständig. Sie war hinreichend verständlich und lesbar. Zudem hatte der Kläger aus vorhergehenden Einladungen Kenntnis von den möglichen Folgen einer Terminsversäumnis.
Eine Nichtigkeit bzw. Unwirksamkeit der Einladung ergibt sich nicht daraus, dass der Kläger aufgefordert wurde, verschiedene Unterlagen zum Termin mitzubringen, darunter auch Nachweise zum Aufenthalts- und Arbeitsrecht. An die Vorlage oder Nichtvorlage dieser Unterlagen war erkennbar keine Konsequenz geknüpft - etwa in Form einer Versagung von Leistungen wegen unzureichender Mitwirkung, sondern allein ein Fernbleiben vom Termin ohne wichtigen Grund war sanktionsbewehrt. Und nur dieser Umstand wurde als Grundlage für die streitige Sanktion herangezogen. Wenn überhaupt ein relevanter Verstoß gegen das Ungleichbehandlungsgebot nach Art. 3 Abs. 3 GG vorliegt, wovon das Gericht schon nicht ausgeht, hätte dieser somit jedenfalls nicht zur Folge, dass die Einladung zum Termin nicht zu befolgen war.
Ein wichtiger Grund für das Fernbleiben vom Termin ist ebenfalls nicht belegt. Aus gesundheitlichen Gründen sah sich der Kläger, das hat er in der mündlichen Verhandlung auch erklärt, nicht am Erscheinen gehindert. Für das Gericht sind ebenfalls keine gesundheitlichen Einschränkungen erkennbar, welche den Kläger an der Wahrnehmung des Termins gehindert hätten.
Die vom Kläger als wichtiger Grund geltend gemachte Diskriminierung bzw. seine Furcht, im Jobcenter zu erscheinen, weil er gegen ihn gerichteten Bestrebungen ausgesetzt sein könnte, genügen nicht. Nach Meinung des Gerichts fehlt dafür bereits jeglicher objektivierbarer Anhaltspunkt. Vor allem aber ist streitig nicht die geforderte Vorlage von Unterlagen, sondern die Sanktionierung eines Fernbleibens von einem Meldetermin. Diese Gegenstände sind lediglich in dem Einladungsschreiben vom 14. März 2017 beide enthalten. Daraus kann aber rechtlich keine Verknüpfung dergestalt hergestellt werden, dass der angeordnete Meldetermin beim Beklagten betroffen ist.
Deswegen besteht auch kein Anlass für das Gericht, den vom Kläger in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen nachzukommen oder sonst weitere Ermittlungen zu veranlassen. Es handelt sich dabei nämlich um nicht entscheidungserhebliche Umstände. Zudem hat das Gericht keine Ermittlungen quasi ins Blaue hinein zu unternehmen. Wie eben erläutert, besteht in den Augen des Gerichts kein Ausgangspunkt für relevante Gründe, die das Fernbleiben vom Termin rechtfertigen könnten.
Die Versäumung der Termine geschah auch vorwerfbar, da Umstände für eine anderslautende Annahme nicht ersichtlich sind.
Die Sanktionen sind auch rechtzeitig und der Höhe nach zutreffend verfügt worden.
Damit liegen die Voraussetzungen der verfügten Minderungen allesamt vor.
Dass der Kläger den Sanktionsbescheid später als den umsetzenden Leistungsbescheid erhalten hat, ist für die Wirksamkeit der Sanktion ohne Belang.
Das Gericht ist auch nicht von der Verfassungswidrigkeit der zugrunde liegenden Sanktionsregelungen in § 32 SGB II überzeugt. Vorlagen an das Bundesverfassungsgericht hatten bislang Sanktionen wegen Pflichtverletzungen gemäß den §§ 31 bis § 31b SGB II zum Gegenstand, also Kürzungen des Arbeitslosengeldes II um 30% bis 100%. Das Bundessozialgericht hat zudem eine 30%ige Minderung als verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden beurteilt (vgl. BSG, Urteil vom 9. November 2010, B 4 AS 27/10 R). Die vorliegende Minderung liegt unter der Grenze von 30%. Deswegen ist keine verfassungsrechtlich bedenkliche Gefährdung des notwenigen Lebensunterhalts ersichtlich.
Rüge des Beklagten:
Es besteht weder prozessual noch materiell eine Grundlage für die vom Kläger begehrte Rüge des Beklagten, wie dem Kläger auch in der mündlichen Verhandlung erläutert wurde. Ungeachtet dessen, gibt es zur Überzeugung des Gerichts kein vorwerfbares Verhalten des beklagten Jobcenters.
Die Klage ist deshalb abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).