S 10 KR 201/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10.
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 201/19
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 199/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
B 12 KR 11/20 BH
Datum
Kategorie
Urteil

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

T a t b e s t a n d :

Der Kläger begehrt die Feststellung, dass er in den von ihm benannten Zeiträumen bei der Beklagten pflichtversichert war, insbesondere auch während des Bezugs von Elterngeld Plus beitragsfrei pflichtversichert war und die Rückerstattung von seiner Ansicht nach zu Unrecht erhobenen Beiträgen zur Kranken- und Pflegeversicherung sowie die Zahlung von Zinsen aus einem seitens der Beklagten bereits geleisteten Erstattungsbetrag.

Der 1972 geborene Kläger war bei der Beklagten krankenversichert, zunächst bis 24.05.2017 über den Bezug von Arbeitslosengeld I. Nachdem am 06.07.2017 das Ende des Leistungsbezugs von Arbeitslosengeld I gemeldet worden war, wandte sich die Beklagte mit Schreiben vom 10.07.2017 an den Kläger mit der Bitte um Mitteilung seines aktuellen Einkommens zur Klärung der Weiterversicherung. Hierzu findet sich in den beigezogenen Akten der Beklagten eine Telefonnotiz vom 13.07.2017, wonach der Kläger telefonisch mitgeteilt habe, dass er nach dem Bezug von Arbeitslosengeld I selbstständig sei und Elterngeld beziehe. Mit Schreiben vom 14.07.2017 übersandte die Beklagte dem Kläger Fragebogen zur Einkommensklärung sowie Informationsblatt über die Beiträge zur freiwilligen Versicherung für Selbstständige mit der Bitte, zur Klärung, ob der Kläger die Selbstständigkeit haupt- oder nebenberuflich ausübe, den Fragebogen ausgefüllt und unterschrieben sowie unter Vorlage entsprechender Nachweise zurückzureichen. Mit weiterem Schreiben vom 03.08.2017 mahnte die Beklagte die Erteilung der fehlenden Angaben unter nochmaliger Übersendung des Fragebogens mit dem Hinweis, dass der Kläger ohne die Angaben als freiwilliges Mitglied zu versichern sei und Beiträge nach der Beitragsbemessungsgrenze festzusetzen seien.

Nachdem in der Folge weitere Angaben durch den Kläger nicht erteilt wurden, erließ die Beklagte, ausdrücklich auch im Namen der TK-Pflegeversicherung, am 29.08.2017 Beitragsbescheid, mit dem die Beitragsfestsetzung ab 25.05.2017 anhand der Beitragsbemessungsgrenze vorgenommen wurde. Festgesetzt wurde für den Zeitraum 25. bis 31.05.2017 ein Beitrag zur Krankenversicherung in Höhe von 142,10 €, zur Pflegeversicherung in Höhe von 25,88 € und ein Zusatzbeitrag in Höhe von 10,15 €, ab 01.06.2017 monatliche Beiträge zur Krankenversicherung in Höhe von 609 €, zur Pflegeversicherung in Höhe von 110,93 € sowie ein Zusatzbeitrag in Höhe von monatlich 43,50 €. Der Bescheid enthält den Hinweis, dass an den Kläger noch ein Beitragsguthaben in Höhe von 1.991,99 € zur Auszahlung gebracht werde, ab September 2017 habe der Kläger die monatlichen Beiträge in Höhe von insgesamt 763,43 € zu leisten. Der Bescheid enthält weiter die erneute Aufforderung an den Kläger zur Übersendung des ausgefüllten und unterschriebenen Fragebogens zur Einkommensprüfung binnen drei Monaten sowie den Hinweis, dass bei späterer Vorlage Berücksichtigung nur noch mit Wirkung für die Zukunft erfolgen könne, der Fragebogen wurde nochmals beigefügt.

Mit Schreiben vom 01.09.2017 verwies der Kläger darauf, dass er bereits im Rahmen des Telefonats vom 13.07.2017 mitgeteilt habe, dass ab Ende der Versicherungszeit über die Agentur für Arbeit die Weiterversicherung über die Elterngeldstelle erfolge. Es sei ihm daraufhin mitgeteilt worden, dass er diesbezüglich noch ein Schreiben erhalten werde, welches ihm bislang leider nicht zugegangen sei. Der Kläger gehe daher davon aus, dass, sobald sein Elterngeldantrag bewilligt sei, die gezahlten Beiträge vollständig zurückerstattet werden. Mit E-Mail vom 11.09.2017 erkundigte sich der Kläger, ob die Beklagte von der Elterngeldstelle über die Bewilligung seines Antrags informiert worden sei, gegebenenfalls beantrage er entsprechenden Bescheid, welcher sich auch auf die Beiträge beziehe. Mit E-Mail vom 17.09.2017 übermittelte der Kläger Bescheid des Zentrum Bayern Familie und Soziales vom 07.09.2017, mit dem dem Kläger für den Zeitraum 02.03.2017 bis 01.03.2019 Elterngeld Plus in Höhe von 150 € monatlich bewilligt wurde. Der Bescheid enthält den Vorbehalt, dass Elterngeld unter dem ausdrücklichen Vorbehalt des Widerrufs für den Fall gezahlt werde, dass der Kläger entgegen seiner Angaben im Antrag Einkommen aus voller Erwerbstätigkeit habe.

Mit Schreiben vom 19.09.2017 verwies die Beklagte darauf, dass der Kläger im Telefonat vom 13.07.2017 mitgeteilt habe, dass er nach dem Arbeitslosengeldbezug selbstständig tätig sei. Zur Klärung, ob die Selbstständigkeit haupt- und nebenberuflich ausgeübt werde, wurde der Kläger nochmals aufgefordert, den nochmals beigefügten Einkommensfragebogen ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden. Mit E-Mail vom 05.10.2017 rügte der Kläger, dass der beantragte Bescheid bisher noch nicht bei ihm eingegangen sei. Außerdem beantrage er die Rücküberweisung seines rechtlichen Guthabens in Höhe von 2.468,42 €, wie bereits im Schreiben vom 01.09.2017 beantragt.

Mit Schreiben vom 18.10.2017 forderte die Beklagte erneut den Fragebogen zur Prüfung des Umfangs der selbstständigen Tätigkeit des Klägers an. Hierzu rügte der Kläger mit E-Mail vom 31.10.2017, dass ein Zusammenhang zwischen dem Schreiben der Beklagten vom 18.10.2017 und seiner E-Mail vom 15.10.2017 nicht erkennbar sei, auch die Rechtsgrundlage für das Schreiben vom 18.10.2017 sei rätselhaft, der Kläger bitte um Aufklärung. Mit Schreiben vom 02.11.2017 forderte die Beklagte erneut Angaben des Klägers zur Prüfung, ob die Selbstständigkeit haupt- oder nebenberuflich ausgeübt werde. Mit weiterem Schreiben vom 05.11.2017 verwies die Beklagte unter Bezugnahme auf die E-Mail des Klägers vom 31.10.2017 darauf, dass der Kläger selbst am 13.07.2017 telefonisch mitgeteilt habe, dass er während seines Elterngeldbezugs selbstständig tätig sei. Aus diesem Grund seien zur versicherungsrechtlichen Beurteilung Einkommensanfragen an den Kläger versandt worden. Soweit diese nicht beantwortet worden seien, seien mit Bescheid vom 29.08.2017 Beiträge anhand der Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt worden. Der Kläger wurde nochmals aufgefordert, die Einkommensanfrage ausgefüllt und unterschrieben unter Vorlage entsprechender Nachweise bis zum 05.12.2017 an die Beklagte zurückzusenden.

Mit E-Mail vom 16.11.2017 teilte der Kläger mit, hinsichtlich des Bescheids vom 29.08.2017 sei sein Schreiben vom 01.09.2017 auch als Widerspruch zu werten. Wer vor dem Bezug von Elterngeld in der gesetzlichen Krankenkasse als Pflichtmitglied versichert war, sei während des Bezugs von Elterngeld sowie in der restlichen Elternzeit beitragsfrei weiter zu versichern, dementsprechend würden auch seine Beiträge von der Elterngeldstelle ab dem 25.05.2017 getragen. Für das Ausfüllen des Formulars sehe der Kläger keine Rechtsgrundlage, er verweise nochmals auf den bereits am 17.09.2017 übermittelten Elterngeldbescheid und bitte um Auskunft, ob die Beklagte für die Versicherung des Klägers schon Beiträge über die Elterngeldstelle beziehe. Außerdem beantrage er die Übermittlung eines Widerspruchsbescheids zu seinem Schreiben vom 01.09.2017, damit er den Rechtsweg beschreiten könne.

Mit Schreiben vom 17.11.2017 bat die Beklagte den Kläger um Unterzeichnung des Widerspruchs. Mit E-Mail vom 19.11.2017 rügte der Kläger, dem Schreiben der Beklagten vom 15.11.2017 ermangle es an den notwendigen Merkmalen des § 33 Abs. 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), er bitte um Mitteilung, wer das Schreiben verantworte. Aus diesem Schreiben gehe auch weiterhin keine Rechtsgrundlage für die Anfrage hervor, er erhebe gegen das Schreiben vom 15.11.2017 Widerspruch. Das Telefonat vom 13.07.2017 sei im Schreiben vom 15.11.2017 unvollständig wiedergegeben, er beantrage die vollständige Wiedergabe des Gesprächs unter Angabe des Gesprächspartners. Außerdem erwarte er den Erlass eines Widerspruchsbescheids.

Mit Schreiben vom 30.11.2017 verwies die Beklagte den Kläger erneut auf seine Mitteilung vom 13.07.2017, wonach er Elterngeld beziehe und zusätzlich selbstständig tätig sei. Der Kläger werde gebeten, bis zum 20.12.2017 schriftlich mitzuteilen, ob er selbstständig tätig sei. Mit weiterem Schreiben vom 22.12.2017 wurde der Kläger an die Erledigung des Schreibens vom 30.11.2017 erinnert mit der erneuten Bitte um Mitteilung, ob er neben dem Elterngeldbezug zusätzlich eine selbstständige Tätigkeit ausübe.

Am 23.12.2017 erließ die Beklagte, ausdrücklich auch im Namen der TK-Pflegever-sicherung, weiteren Beitragsbescheid, mit dem unter Hinweis auf die Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze zum 01.01.2018 Beitragsfestsetzung für Dezember 2017 in bisheriger Höhe, für die Zeit ab Januar 2018 in Höhe von 619,50 € monatlich zur Krankenversicherung, 112,84 € monatlich zur Pflegeversicherung sowie ein monatlicher Zusatzbetrag in Höhe von 39,83 € festgesetzt wurden, mit dem Hinweis, dass die Beitragsfestsetzung zunächst vorläufig erfolge. Nach Ablauf von drei Jahren erfolge eine endgültige Festsetzung, sofern weiterhin keine vollständigen Unterlagen eingereicht würden. Die Beklagte übersandte nochmals den Fragebogen zur Einkommensprüfung mit der Aufforderung, diesen ausgefüllt zurück zu reichen.

Mit E-Mail vom 24.12.2017 rügte der Kläger unter Bezugnahme auf das Schreiben der Beklagten vom 30.11.2017, dass es diesem ebenfalls, wie dem Schreiben vom 17.11.2017, an den in § 33 Abs. 3 SGB X aufgeführten notwendigen Merkmalen ermangle. Er bitte um Mitteilung, wer das Schreiben verantworte, ohne die Kenntnis des Verantwortlichen müsse er beide Schreiben als rechtsunwirksam wie auch als nichtig (ex tunc) zurückweisen. Nach Nennung der Verantwortlichen für die beiden genannten Schreiben und der geforderten Rechtsgrundlage für die Anfrage werde er seinen gesetzlichen Verpflichtungen selbstverständlich umgehend nachkommen. Auch werde ein Verstoß gegen § 35 Abs. 1 und Abs. 3 SGB X gerügt. Die erneute anonyme Übermittlung von Anforderungen ohne Rechtsgrundlage werte der Kläger als Schikane. Mit weiterer E-Mail vom 10.01.2018 führte der Kläger aus, dass er die Beklagte bereits mit E-Mail vom 17.09.2017 von seinem Elterngeldbezug unterrichtet habe. Da er während des Bezugs von Elterngeld bisher keine beitragspflichtigen Einnahmen erzielt habe, sei die Krankenversicherung entsprechend § 224 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) beitragsfrei. Daher müsse er die Beklagte auffordern, die zu Unrecht erhobenen monatlichen Beiträge mit einer Verzinsung von 5 % über dem Basiszinssatz zurückzuzahlen. Die Forderung sei auch als Widerspruch zu den Abbuchungen zu werten. Gleiches gelte für den noch zu begleichenden Betrag von 2.468,42 € aus der eigenen Beitragsleistung während eines Rechtsstreits mit dem Arbeitsamt. Dieser Betrag sei auch vom 29.08.2017 mit 5 % über dem Basiszinssatz zu verzinsen. In diesem Zusammenhang werde nochmals explizit gegen die Bescheide vom 29.08.2017 und vom 10.07.2017 Widerspruch erhoben. Des Weiteren habe der Kläger auf seinen Widerspruch vom 13.11.2016 wegen eines Pränatal-Tests bisher keine Antwort erhalten. Der hier ausstehende Betrag sei auch ab dem Widerspruchsdatum zu verzinsen. Der Kläger rechne mit der Rückzahlung der geforderten Beiträge mit Zinsen bis zum 28 02.2018, alternativ mit einem rechtsmittelfähigen Widerspruchsbescheid zu den drei aufgeführten Punkten.

Mit Schreiben vom 16.01.2018 führte die Beklagte unter Bezugnahme auf die E-Mail des Klägers vom 10.01.2018 aus, dass zwar grundsätzlich der Bezug von Elterngeld zur Beitragsfreiheit führe. Gemäß § 224 Abs. 1 Satz 2 SGB V beziehe sich die Beitragsfreiheit jedoch nur auf die Leistung Elterngeld. Am 13.07.2017 habe der Kläger mitgeteilt, dass er eine selbstständige Tätigkeit ausübe, diese sei vorrangig gegenüber einer Beitragsfreiheit. Der Kläger werde daher nochmals gebeten, den übersandten Fragebogen ausgefüllt und unterschrieben zurückzusenden, danach werde die Beklagte den Kläger umgehend über die abschließende Beurteilung informieren. Soweit der Kläger gegen den Bescheid vom 29.08.2017 nicht Widerspruch erhoben habe, sei dieser bestandskräftig und könne nicht mehr angefochten werden. Die Anfrage zum pränatalen Test sei an die entsprechende Fachabteilung weitergeleitet worden.

Mit Schreiben vom 20.01.2018 wiederholte der Kläger sein Vorbringen aus der E-Mail vom 10.01.2018. Gegen die Mitteilung vom 23.12.2017 erhebe er Widerspruch. Hinsichtlich der Gründe werde auf die bereits angeführten Punkte verwiesen. Bezüglich der Mitteilung vom 16.01.2018 werde gerügt, dass diese nicht in Schriftform gemäß § 33 Abs. 3 SGB X übermittelt worden sei. Sobald die Mitteilung im Schriftform vorliege, werde er dazu Stellung nehmen. Sein Schreiben sei auch als Mahnung hinsichtlich der ausstehenden Beträge zu werten.

Mit Schreiben vom 30.01.2018 forderte die Beklagte erneut Angaben zur selbständigen Tätigkeit des Klägers zur Ermöglichung der Beurteilung der Versicherung ab 25.05.2017. Es werde darauf hingewiesen, dass das Schreiben vom 16.01.2018 auch unterschrieben sei. Außerdem werde darauf hingewiesen, dass in der Zeit vom 07.12.2016 bis 27.12.2016 keine Beiträge erhoben würden. Mit weiteren Schreiben vom 27.02.2018 und vom 22.03.2018 mahnte die Beklagte die Erledigung ihres Schreibens vom 30.01.2018.

Mit E-Mail vom 26.03.2018 führte der Kläger aus, dass hinsichtlich seines Widerspruchs vom 20.01.2018 die Hauptforderung unter Nr. 3 (Erstattung des Pränatal-Tests) erledigt sei. Die Nebenforderung unter Nr. 3 der Verzinsung bis zum 28.02.2018 sei weiter ausstehend. Im Übrigen erhalte er den Widerspruch vollumfänglich aufrecht.

Die Beklagte verwies mit Schreiben vom 19.04.2018 erneut darauf, dass der Kläger im Telefonat vom 13.07.2018 mitgeteilt habe, dass er nach dem Arbeitslosengeldbezug selbständig tätig sei. Die Beitragsfreiheit beziehe sich nur auf den Elterngeldbezug, darüber hinaus sei zu prüfen, ob die Selbständigkeit des Klägers eine Änderung seiner Versicherung nach sich ziehe. Der Kläger wurde erneut gebeten, Angaben zu seiner wöchentlichen Arbeitszeit und seinem Einkommen als Selbständiger zu machen oder andernfalls mitzuteilen, wenn er nicht als Selbständiger tätig sei.

Der Kläger verwies mit E-Mail vom 21.04.2018 unter Bezugnahme auf die Schreiben der Beklagten vom 30.01.2018 und vom 22.03.2018 auf seine Rüge in seinem Schreiben vom 20.01.2018 und teilte mit, dass er Schreiben, die ihm unter Ermangelung der Schriftform zugingen, künftig ignorieren werde.

Mit Schreiben vom 18.05.2018 wurde der Kläger über die Ablehnung der Abhilfe und Weiterleitung an den Widerspruchsausschuss informiert.

Mit E-Mail vom 19.05.2018 bat der Kläger um schriftliche Mitteilung der gesetzlichen Grundlagen für die Auskunftsanfragen der Beklagten. Die Beklagte verwies hierzu mit Schreiben vom 24.05.2018 auf die Mitwirkungspflichten aus § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I). Mit E-Mail vom 28.06.2018 erwiderte der Kläger, er habe die gesetzlichen Anforderungen erfüllt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 10.01.2019 wurden die Widersprüche gegen die Bescheide vom 29.08.2017 und vom 23.12.2017 ausdrücklich auch im Namen der TK-Pflegever-sicherung als unbegründet zurück gewiesen. Die Mitgliedschaft Versicherungspflichtiger bleibe während des Bezugs von Elterngeld erhalten. Nicht versicherungspflichtig sei, wer hauptberuflich selbständig sei. Für Personen, deren Versicherungspflicht ende, setze sich die Versicherung als freiwillige Versicherung fort, es sei denn, das Mitglied erkläre fristgerecht seinen Austritt. Unabhängig davon, ob sie versicherungspflichtig oder freiwillig versichert seien, seien Mitglieder für die Dauer des Elterngeldbezugs beitragsfrei, die Beitragsfreiheit erstrecke sich aber nur auf die Sozialleistung Elterngeld. Für den Personenkreis der hauptberuflich selbständig Erwerbstätigen sei der Beitragsbemessung grundsätzlich die Beitragsbemessungsgrenze zu Grunde zu legen, eine am tatsächlichen Einkommen orientierte Einstufung komme nur in Betracht, wenn der Versicherte niedrigere Einnahmen nachweise. Die für die Beitragsbemessung erforderlichen Nachweise seien durch die Mitglieder auf Verlangen vorzulegen und Änderungen unverzüglich mitzuteilen. Sofern und solange Nachweise über die beitragspflichtigen Einnahmen auf Verlangen nicht vorgelegt würden, seien der weiteren Beitragsbemessung für den Kalendertag beitragspflichtige Einnahmen in Höhe von 1/30 der Beitragsbemessungsgrenze zugrunde zu legen. Zu erstatten seien zu Unrecht entrichtete Beiträge. Da der Kläger seinen Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen sei, sei die Beitragsfestsetzung auf der Grundlage der Beitragsbemessungsgrenze rechtmäßig erfolgt.

Am 21.01.2019 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Augsburg, zu deren Begründung er wie folgt vorgetragen hat:

1.    Er sei während einer Sperrzeit durch das Arbeitsamt A-Stadt bei seiner Krankenversicherung in Vorleistung gegangen, nach Aufhebung der Sperrzeit habe die Beklagte nur einen Teil der Vorleistung erstattet. Gegen die willkürliche Verweigerung der ausstehenden Beitragsrückerstattung in Höhe von 2.468,42 € habe er mit Schriftsatz vom 20.01.2018 Widerspruch erhoben, mit Schriftsatz vom 04.12.2018 sei die Beklagte unter Fristsetzung zum 31.12.2018 zur Rückzahlung aufgefordert worden.
2.    Er beziehe seit 02.03.2017 Elterngeld Plus. Auf Grund der vor dem Bezugszeitpunkt bestehenden Pflichtversicherung bestehe für den Kläger während der Bezugszeit von Elterngeld Plus aus § 224 Abs. 1 i.V.m. §192 SGB V ein Rechtsanspruch auf beitragsfreie Versicherung bei der Beklagten. Obwohl der Kläger die Beklagte von dem Bezug von Elterngeld Plus mit Schreiben vom 17.09.2017 unterrichtet habe, sei durch diese weiterhin der Höchstsatz des Krankenkassenbeitrags (am 16.10.2017 und später) von seinem Konto abgebucht worden. Gegen diese Abbuchung habe der Kläger mit Schriftsatz vom 20.01.2018 Widerspruch erhoben. Mit Schriftsatz vom 04.12.2018 sei die Beklagte unter Fristsetzung zum 31.12.2018 zur Rückzahlung aufgefordert worden.
3.    Den für einen medizinischen Test verauslagten Betrag von 299 € habe die Krankenkasse erst nach mehrmaliger Aufforderung am 28.02.2018 erstattet. Dabei seien jetzt nur noch die ausstehenden Zinsen seit Fälligkeit am 13.11.2016 bis zum Ausgleich des Betrags am 28.02.2018 in Höhe von 15,95 € einschließlich der darauf entfallenden Zinsen zu zahlen.


Da bisher weder ein wirksamer Widerspruchsbescheid noch die beantragten Zahlungen durch die Beklagte erfolgt seien und im Schriftsatz vom 04.12.2018 auf die Absicht zur Klage eindeutig verwiesen worden sei, sei diese nun nicht mehr zu vermeiden. Der Klageschrift ist das Schreiben des Klägers vom 20.01.2018 zum Betreff: "Widerspruch -> Präna-Test // Beiträge während Elternzeit // Beitragsrückerstattung aus Vorleistung" sowie das Schreiben des Klägers vom 04.12.2018, mit dem die Beklagte zur Begleichung der offenen Ansprüche bis 31.12.2018 aufgefordert worden ist, beigefügt worden.

Die Beklagte hat auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen.

Auf Anfrage des Gerichts, ob sich die Klage auch gegen die TK-Pflegeversicherung richte und diese als weitere Beklagten aufgenommen werden solle, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 24.04.2019 ausgeführt, da die Beklagte als Einzugsstelle gesamtschuldnerisch hafte, sei für eine vollständige Rückerstattung der Beiträge eine Aufnahme der TK-Pflegeversicherung nicht geboten. Sollte dies doch erforderlich sein, werde nochmals gerichtlicher Hinweis erbeten.

In der Folge hat der Kläger umfangreiche Rügen zum gerichtlichen Verfahren erhoben.
Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.10.2019 hat das Gericht darauf hingewiesen, dass ein Anspruch auf Beitragsrückerstattung dann bestehe, wenn die Beitragserhebung zu Unrecht erfolgt sei und daher im Rahmen der Klage sinnvoll wäre die Anfechtung der Bescheide vom 29.08.2017 und vom 23.12.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.01.2018, die der Festsetzung der Beiträge, deren Rückerstattung der Kläger geltend macht, zu Grunde liegen. Der Kläger hat hierzu erklärt, er habe die Bescheide mit Widerspruch angegriffen, der hierzu ergangene Widerspruchsbescheid sei aber nach Auffassung des Klägers unwirksam, da er nur von einem Mitglied des Widerspruchsausschusses unterfertigt sei, daher sei der Widerspruchsbescheid nicht angegriffen worden.

Auf weiteren Hinweis, dass, soweit Beitragsfestsetzung auch im Namen der TK-Pflegeversicherung erfolgt sei, die Klage sinnvollerweise auch gegen diese zu richten sei, hat der Kläger die Aufnahme der TK-Pflegeversicherung als weitere Beklagte ausdrücklich abgelehnt.

Auf Vorhalt der Beklagten hat der Kläger ausgeführt, er habe nicht angegeben, hauptberuflich selbstständig zu sein, dies könne deswegen nicht sein, weil er dann nicht Elterngeld Plus beziehen könne. Auf Frage, ob er während des gegenständlichen Zeitraums des Elterngeldbezugs selbständig tätig gewesen sei, hat der Kläger erklärt, er sei "im Rahmen des Bezugs von Elterngeld Plus" selbständig gewesen. Er hat weiter die Auffassung bekräftigt, dass er aufgrund seiner Pflichtversicherung vor dem Elterngeldbezug auch während des Elterngeldbezugs beitragsfrei versichert sei. Der Kläger hat auf Frage erklärt, dass er nicht bereit sei, Angaben zum Umfang seiner selbständigen Tätigkeit und zum Einkommen hieraus zu machen, dies sei hier irrrelevant. Die Grenzen des Umfangs ergäben sich aus dem Elterngeld-Plus-Bezug. Wenn er gegen die Vorgaben des Elterngeld-Plus-Bezugs verstoßen würde, würde er gegen die Gesetze verstoßen. Über den Bezug von Elterngeld Plus sei die Beklagte informiert worden.

Auf Hinweis, dass sich die isolierte Klage auf Verzinsung des Erstattungsbetrags für den Pränaltaltest mangels vorheriger Durchführung des Vorverfahrens als unzulässig darstelle und der Kläger bezüglich der Verbescheidung seines Zinsantrags gegebenenfalls Untätigkeitsklage erheben könne, hat der Kläger ausdrücklich erklärt, dass er eine Änderung seines Antrags diesbezüglich nicht wünsche.

Der Kläger beantragt,

I.  Es wird festgestellt, dass der Kläger vor Eintritt des Elterngeldbezugs pflichtversichert bei der Beklagten war.

II.  Es wird festgestellt, dass der Kläger während dem Bezug von Elterngeld Plus vom 02.03.2017 bis zum 01.03.2019 pflichtversichert bei der Beklagten war.

III.  Es wird festgestellt, dass der Kläger während dem Bezug von Elterngeld Plus vom 02.03.2017 bis 01.03.2019 beitragsfrei bei der Beklagten versichert war.

IV.  Die Beklagte wird zur Zahlung von 2468,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 29.08.2017 an den Kläger verurteilt.

V.  Die Beklagte wird zur Zahlung von 763,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozent punkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 16.10.2017 an den Kläger verurteilt.

VI.  Die Beklagte wird zur Zahlung von 763,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.11.2017 an den Kläger verurteilt.

VII.  Die Beklagte wird zur Zahlung von 763,43 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 15.12.2017 an den Kläger verurteilt.

VIII.  Die Beklagte wird zur Zahlung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf Basis des Betrags von 299 € für den Zeitraum vom 13.11.2016 bis 28.02.2018 hieraus wieder zur Zahlung von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz auf den Zinsbetrag seit dem 28.02.2018 an den Kläger verurteilt.


Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.

Wegen des weiteren Sachverhalts und des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 15.10.2019, auf die Gerichtsakte und die Akte der Beklagten Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Klage ist unzulässig, soweit sie auf die Feststellung der (beitragsfreien) Versicherungspflicht des Klägers gerichtet ist (Anträge des Klägers zu I, II und III). Mit der Feststellungsklage kann gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat.

Hinsichtlich der mit dem Klageantrag zu I. begehrten Feststellung, dass der Kläger vor Eintritt des Elterngeldbezugs pflichtversichert bei der Beklagten war, fehlt es an einem berechtigten Interesse des Klägers, da die Pflichtversicherung des Klägers vor dem Eintritt des Elterngeldbezugs seitens der Beklagten überhaupt nicht bestritten wird, vielmehr die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 10.01.2019 selbst ausführt, dass der Kläger als Empfänger von Arbeitslosengeld seit dem 28.12.2016 versicherungspflichtiges Mitglied der Beklagten war. Der Antrag ist daher aufgrund fehlenden Feststellungsinteresses unzulässig.

Bezüglich der mit den Klageanträgen zu II. und III. begehrten Feststellungen, dass der Kläger während des Bezugs von Elterngeld Plus vom 02.03.2017 bis zum 01.03.2019 pflichtversichert und beitragsfrei gewesen sei, gilt der Vorrang der Gestaltungs- gegenüber der Feststellungsklage. Die Feststellungsklage ist unzulässig, wenn bereits im Rahmen einer anhängigen Anfechtungs-, Verpflichtungs- oder Leistungsklage über die Sach- und Rechtsfragen zu entscheiden ist, die der begehrten Feststellung zugrunde liegen, (Mayer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Aufl. 2017, SGG
§ 55 Rn. 19aa). Hier wäre vorrangig die Anfechtungsklage gegen die Bescheide vom 29.08.2017 und vom 23.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.01.2019, soweit dort die Beitragsfestsetzung auf der Grundlage einer freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers als hauptberuflich Selbständiger erfolgt ist. Im Rahmen der Anfechtungsklage wäre darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der Kläger zur Beitragsentrichtung als freiwilliges Mitglied verpflichtet ist.

Die Bescheide vom 29.08.2017 und vom 23.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 10.01.2019, mit denen Beitragsfestsetzung nach der Höchstbemessungsgrundlage bei Zugrundelegung der freiwilligen Mitgliedschaft des Klägers aufgrund einer hauptberuflich selbständigen Tätigkeit erfolgt ist, hat der Kläger auch auf Hinweis des Gerichts ausdrücklich nicht mit der Klage angefochten. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist der Widerspruchsbescheid nicht etwa nichtig, weil er nur von einem Mitglied des Widerspruchsausschusses unterzeichnet ist. Die Unterzeichnung durch den alternierenden Vorsitzenden und Benennung der weiteren Mitglieder des Widerspruchsausschusses im Widerspruchsbescheid ist vielmehr ausreichend (vgl. Meyer/Ladewig/ Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 12. Auflage 2017, § 85 Rn. 7b). Sonstige Mängel, die die Nichtigkeit des Widerspruchsbescheids zur Folge haben könnten, § 40 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Soweit die Klage auf Rückerstattung von Beiträgen gerichtet ist (Anträge IV, V, VI, VII), ist sie zulässig, aber unbegründet.

Gemäß § 26 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) sind Beiträge zu erstatten, soweit sie zu Unrecht entrichtet worden sind. Beiträge sind aber nicht zu Unrecht entrichtet, solange ihnen ein wirksamer Verwaltungsakt zu Grunde liegt. In diesem Fall sind die Beiträge nicht zu Unrecht entrichtet, selbst wenn ihnen ein materiell-rechtlicher Rechtsgrund für die Beitragsentrichtung fehlen sollte, der Verwaltungsakt ist die formale Rechtsgrundlage für die Beitragszahlung (vgl. Juris-PK, Kommentar zum SGB IV, 3. Auflage 2016, § 26 Rn.78).

Soweit eine Anfechtung im Rahmen der Klage auch auf Hinweis ausdrücklich nicht erfolgt ist, sind der Widerspruchsbescheid vom 10.01.2019, mit dem der Widerspruch gegen die Bescheide vom 29.08.2017 und vom 23.12.2017 als unbegründet zurück gewiesen wurde und damit auch die Bescheide vom 29.08.2017 und vom 23.12.2017 bestandskräftig geworden. Mit diesen Bescheiden erfolgte die Festsetzung zur Kranken- und Pflegeversicherung ab 25.05.2017 anteilig für den Monat Mai 2017 in Höhe von insgesamt 178,13 € und für die Zeit ab Juni 2017 in Höhe von monatlich insgesamt 763,43 € sowie für die Zeit ab Januar 2018 in Höhe von insgesamt 772,17 € monatlich. Gemäß Bescheid vom 29.08.2017 hat die Beklagte in Höhe der Beitragsschuld für die Monate Mai bis August 2017 in Höhe von 2.486,42 € (178,13 € + 3 x 763,43 €) den bis dahin bestehenden Zahlungsanspruch des Klägers aufgerechnet (Klageantrag zu IV), ab September 2017 erfolgte der Beitragseinzug in Höhe von monatlich 763,43 € (Klageanträge zu V, VI und VII). Die Beitragsentrichtung erfolgte auf der Grundlage des bestandskräftigen Beitragsbescheids zu Recht, die Voraussetzungen der Beitragserstattung liegen insoweit nicht vor, die Beitragsfestsetzung beziehungsweise die hierzu ergangenen Bescheide hat der Kläger im Rahmen der Klage ausdrücklich nicht angefochten.

Zur Überzeugung des Gerichts ist die Beitragsfestsetzung auch rechtmäßig erfolgt.

Zwar bleibt gemäß § 192 I Nr. 2 SGB V die Mitgliedschaft als Versicherungspflichtiger erhalten, solange Elterngeld bezogen wird. Jedoch ist gemäß § 5 V SGB V nicht versicherungspflichtig, wer hauptberuflich selbständig ist. Der Kläger selbst hat im Termin zur mündlichen Verhandlung bestätigt, dass er im gegenständlichen Zeitraum selbständig tätig war. Der Kläger hat aber Angaben zum Umfang seiner selbständigen Tätigkeit im gegenständlichen Zeitraum verweigert. Hauptberuflich ist eine selbständige Tätigkeit dann, wenn sie von der wirtschaftlichen Bedeutung und dem zeitlichen Aufwand her die Bedeutung der übrigen Erwerbstätigkeiten zusammen deutlich übersteigt und den Mittelpunkt der Erwerbstätigkeit bildet. Maßgeblich für die Beurteilung sind immer die Umstände des Einzelfalls.

Hier hat der Kläger im maßgeblichen Zeitraum neben der selbständigen Tätigkeit ausweislich des vorgelegten Bescheids des ZBFS vom 07.09.2017 Elterngeld Plus in Höhe von monatlich 150 € bezogen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Kläger daneben noch andere Tätigkeiten ausgeübt hat. Soweit er weitere Angaben zum Umfang und zum Einkommen aus seiner selbständigen Tätigkeit verweigert, ist zur Überzeugung des Gerichts nicht zu beanstanden, dass die Beklagte, soweit andere Erwerbstätigkeiten mit größerer wirtschaftlicher Bedeutung/Zeitaufwand nicht ersichtlich sind, Hauptberuflichkeit der selbständigen Tätigkeit annimmt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass dem Kläger mit dem von ihm vorgelegten Bescheid vom 07.09.2017 Elterngeld bewilligt worden ist auf der Grundlage seiner Angaben, dass er im bewilligten Zeitraum kein Einkommen aus voller Erwerbstätigkeit haben werde. Die Bewilligung von Elterngeld ist mit dem vorgelegten Bescheid im Voraus und mit entsprechendem Vorbehalt bewilligt worden, der tatsächliche Umfang der selbständigen Tätigkeit des Klägers im gegenständlichen Zeitraum und deren wirtschaftliche Bedeutung ergibt sich hieraus gerade nicht.

Zwar ist gemäß § 224 I Satz 1 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung ein Mitglied für die Dauer des Bezugs von Elterngeld beitragsfrei. Die Beitragsfreiheit erstreckt sich aber gemäß Satz 2 der Regelung nur auf die in Satz 1 genannten Leistungen. Werden daneben weitere Einnahmen erzielt, so gelten für diese die allgemeinen Vorschriften der §§ 226-240 SGB V. Ergibt sich aus diesen Vorschriften Beitragspflichtigkeit, so werden diese Einkünfte nicht auf Grund der Regelung des § 224 Abs. 1 Satz 1 SGB V beitragsfrei (vgl. juris PK, a.a.O, § 224 SGB V, Rn. 29). § 224 SGB V gilt uneingeschränkt auch für freiwillige Mitglieder. Trotz des Bezugs von Elterngeld und der hierfür geltenden Beitragsfreiheit besteht nach § 240 Abs. 4 Satz 1 SGB V daher weiterhin die Pflicht, Beiträge nach den Vorgaben des für die Beitragsfestsetzung freiwilliger Mitglieder geltenden § 240 SGB V zu entrichten.

Gemäß § 240 Absatz 1 2. Halbsatz SGB V in der Fassung bis 31.12.2017 waren, solange auf Aufforderung Einkommensnachweise nicht vorgelegt wurden, Höchstbeiträge festzusetzen. Soweit der Kläger daher auf vielfache Aufforderung der Beklagten keine Angaben zu seinem Einkommen gemacht hat, ist die entsprechend erfolgte Beitragsfestsetzung nicht zu beanstanden. Seit 01.01.2018 ist die Beitragsfestsetzung bei hauptberuflich Selbständigen vorläufig vorzunehmen, bis zum Ablauf von 3 Kalenderjahren können niedrigere Einnahmen nachgewiesen werden, § 240 Absatz 4a Satz 4 SGB V, diese Vorgaben hat die Beklagte mit Bescheid vom 23.12.2017 umgesetzt. Die mit den jedenfalls bestandskräftigen Bescheiden erfolgte Beitragsfestsetzung ist daher grundsätzlich nicht zu beanstanden.

Die isolierte Klage auf Verzinsung des Erstattungsbetrags für den Pränataltest (Ziffer VIII des Klageantrags) ist unzulässig mangels vorheriger Durchführung des Vorverfahrens (vgl. BSG Urteil vom 23.5.2017, Az.: B 12 KR 6/16 R). Eine Auslegung des Antrags in eine Untätigkeitsklage kommt nicht in Betracht, soweit der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 15.10.2019 auf entsprechenden Hinweis ausdrücklich angegeben hat, dass es bei seinem Klageantrag verbleiben soll.

Die Klage war daher insgesamt abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG

 

 

Rechtskraft
Aus
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