I. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 8. August 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. September 2018 verurteilt, dem Kläger Krankengeld für den Zeitraum vom 3. August 2018 bis 7. August 2018 zu zahlen.
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
III. Die Berufung wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitgegenstand ist die Zahlung von Krankengeld im Zeitraum vom 03.08.2018 bis 07.08.2018.
Der 1967 geborene Kläger war bei der Beklagten als Beschäftigter krankenversichert. Er erkrankte arbeitsunfähig ab 01.06.2018. Bei der Beklagten ging eine ärztliche Folgebescheinigung der Arbeitsunfähigkeit (AU) ein, ausgestellt am 17.07.2018 für die Zeit bis 31.07.2018 (Dienstag). Die nächste AU-Folgebescheinigung wurde am 03.08.2018 (= Freitag) ausgestellt für die Zeit bis 19.08.2018. Bei der Beklagten ist dafür ein Eingangsdatum am 08.08.2018 hinterlegt, Eingangszeitpunkt 0:00 Uhr, angelegt am 08.08.2018 um 10:04 Uhr.
Die Beklagte lehnte mit Bescheid vom 08.08.2018 eine Krankengeldzahlung für den Zeitraum vom 01.08.2018 bis 07.08.2018 ab. Dies begründete sie zum einen damit, dass die weitere Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit erst am 03.08.2018 und damit nicht am Werktag nach der bisherigen Krankschreibung stattgefunden hatte, sowie für den weiteren Zeitraum bis 07.08.2018 damit, dass die ärztliche Bescheinigung über die weitergehende Arbeitsunfähigkeit erst verspätet, nicht innerhalb einer Woche eingegangen sei. Vor Bescheiderlass hatte die Beklagte den Kläger telefonisch über den Sachverhalt informiert, wobei der Kläger erklärt hatte, die AU-Bescheinigung nach Schwäbisch Gmünd gesandt zu haben.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 12.08.2018 Widerspruch ein hinsichtlich der Krankengeldzahlung im Zeitraum vom 03.08.2018 bis 07.08.2018. Er berief sich darauf, dass der Eingang der AU-Bescheinigung am 08.08.2018 die Wochenfrist des § 49 Abs. 1 Nr. 5 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) einhalte. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 26.09.2018 zurück. Dabei hat sie als maßgeblichen Ereignistag für die Fristberechnung den letzten Tag der bisherigen Arbeitsunfähigkeitsmeldung angesehen, also den 31.07.2018, und ist daher von einem Fristende am 07.08.2018 ausgegangen.
Hiergegen haben die Bevollmächtigten des Klägers am 22.10.2018 Klage beim Sozialgericht Augsburg erhoben.
Auf gerichtliche Nachfrage, worauf sich die Beklagte bei der Fristberechnung stütze, den 31.07.2018 als maßgeblichen Zeitpunkt anzusehen, hat diese auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.12.2014 - B 1 KR 31/14 R - Bezug genommen, sowie auf ein Urteil des Landessozialgerichts (LSG) Hessen vom 08.02.2018 - L 1 KR 333/17.
Zur Klagebegründung haben die Klägerbevollmächtigten sich demgegenüber darauf berufen, dass das Ruhen des Krankengeldanspruches nur beginnen könne, wenn die AU festgestellt sei, sodass für den Beginn der Ruhensfrist auf die neue Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit abzustellen sei. Auch sei nach dem Urteil des LSG Hessen vom 08.02.2018 der 01.08.2018 als maßgeblicher Zeitpunkt für die Fristberechnung anzusehen. Außerdem haben sich die Bevollmächtigten auf § 5 Abs. 1 Satz 5 Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG) berufen, wonach die Verpflichtung zur Vorlage der AU-Bescheinigung den Vertragsarzt treffe. Zudem wurde der Eingang der AU-Bescheinigung erst am 08.08.2018 wegen der gespeicherten Uhrzeit 0:00 Uhr bezweifelt.
Die Beklagte hat daraufhin mit Schreiben vom 17.05.2019 die Arbeitsabläufe beim Einscannen von Post erläutert und erklärt, dass AU-Bescheinigungen taggleich prioritär gescannt würden, nach dem Scannen mit einer Stapelnummer und Signatur versehen würden. Der Eingangstag lasse sich nicht unmittelbar aus dem Ausdruck des Dokumentes und am linken Seitenrand angebrachten Dokumenten-ID erkennen, sondern nur durch Auslesen der dazugehörigen Signaturdatei. Dabei werde, da die Uhrzeit des Eingangs nicht von Relevanz sei, diese im Bearbeitungssystem immer mit 0:00 Uhr ausgewiesen.
Der Klägerbevollmächtigte beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 08.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 zu verurteilen, dem Kläger im Zeitraum vom 03.08.2018 bis 07.08.2018 Krankengeld zu zahlen.
Der Bevollmächtigte der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Akte der Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Das angerufene Gericht ist gemäß §§ 57 Abs. 1, 51 Abs. 1, 8 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Entscheidung des Rechtsstreits örtlich und sachlich zuständig. Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, und erweist sich auch als begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 08.08.2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26.09.2018 war insoweit aufzuheben, als eine Krankengeldzahlung für den Zeitraum vom 03.08.2018 bis 07.08.2018 verweigert wurde. Denn ein Ruhen des Krankengeldanspruches nach § 49 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 SGB V ist zur Überzeugung des Gerichts nicht eingetreten.
Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers und damit ein grundsätzlicher Krankengeldanspruch nach § 44 SGB V ist nicht zweifelhaft.
Der Krankengeldanspruch beginnt gemäß § 46 Satz 1 Nr. 2 und Satz 2 SGB V erst am 03.08.2018 und nicht bereits am 01.08.2018, da die weitere ärztliche Feststellung der AU nicht wie erforderlich am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU (Dienstag 31.07.2018) erfolgte, also am Mittwoch, dem 01.08.2018, sondern erst am 03.08.2018.
Ein Ruhen des Krankengeldanspruches ist im Zeitraum vom 03.08.2018 bis 07.08.2018 nicht eingetreten. Denn die Meldefrist von einer Woche wurde eingehalten.
Nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V ruht der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Dies gilt dabei nicht nur bei der erstmaligen, sondern auch bei jeder weiteren Bewilligung von Krankengeld (BSG, Urteil vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R).
Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Tatsachenmitteilung, die nicht in einer bestimmten Form erfolgen muss. Es ist auch nicht notwendig, zur Meldung die ärztliche Bescheinigung der AU bei der Krankenkasse vorzulegen; es genügt jede andere Form der Meldung, wie telefonisch oder per E-Mail.
Bei der Meldung der Arbeitsunfähigkeit handelt es sich um eine Obliegenheit des Versicherten. Die Folgen einer unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Meldung sind deshalb grundsätzlich von ihm zu tragen, selbst wenn den Versicherten keinerlei Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der Meldung trifft.
Die Obliegenheit zur Meldung entfällt nicht, wie das BSG in seinem Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R - ausgeführt hat, aufgrund § 5 Abs. 1 Satz 5 EntgFG, weil daraus keine Verpflichtung des attestierenden Vertragsarztes zu entnehmen ist, anstelle des krankenversicherten Arbeitnehmers für die Zwecke der Krankengeldgewährung eine Ausfertigung der AU-Bescheinigung an die Krankenkasse zu übersenden.
Die sich aus § 49 Abs. 1 Nr. 5, 2. Halbsatz SGB V ergebende Meldefrist ist nach § 26 Abs. 1 und 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) i. V. m. den §§ 187 Abs. 1,188 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) zu berechnen. Sie beginnt mit dem Tag, der auf das fristauslösende Ereignis folgt und endet eine Woche später mit dem Tag, der dem Ereignis entspricht.
Fristauslösendes Ereignis ist dabei der Beginn der Arbeitsunfähigkeit.
Dies ergibt sich aus dem eindeutigen Wortlaut des § 49 Nr. 5 SGB V, der ausdrücklich darauf abstellt, ob die Meldung innerhalb einer Woche "nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit" erfolgt. Für den Fristbeginn ist daher auf den Tag nach dem tatsächlichen Arbeitsunfähigkeitsbeginn abzustellen und nicht auf den Tag der Feststellung der Arbeitsunfähigkeit (vgl. Schiffendecker in KassKomm § 49 Rn. 44; Noftz in Hauck/Noftz § 49 Rn. 63). Der Wortlaut stellt dabei zwar zunächst auf den erstmaligen Beginn einer Arbeitsunfähigkeit ab. In Rechtsprechung und Literatur besteht jedoch Einigkeit dahingehend, dass die Meldeobliegenheit der Arbeitsunfähigkeit in § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V bei befristeter Krankschreibung nicht auf die erstmalige Bewilligung von Krankengeld beschränkt ist. Auch bei der jeweils befristeten (abschnittsweisen) Folgebescheinigung müssen Versicherte die Fortdauer der AU ihrer Krankenkasse binnen Wochenfrist melden, wenn sie das Ruhen des Anspruchs auf Krankengeld verhindern wollen (BSG vom 08.02.2000 - B 1 KR 11/99 R; Schiffendecker in KassKom § 49 SGB V Rz. 42).
Zur Überzeugung des Gerichts ist bei der abschnittsweisen Folgebescheinigung für den Beginn der Meldefrist maßgeblich zunächst auf das zuletzt bescheinigte Ende der Arbeitsunfähigkeit abzustellen. Maßgebliches Ereignis für die Meldefrist ist dann der erste darauf folgende Tag der weiteren Arbeitsunfähigkeit (vgl. dazu auch LSG Hessen vom 08.02.2018 - L 1 KR 333/17 - juris Rz. 24).
Entgegen der Auffassung der Beklagten ist das maßgebliche Ereignis für den Fristbeginn nicht der letzte Tag der bisherigen AU. Dies lässt sich schon daraus schließen, dass bei Ende der AU noch nicht sicher ist, gerade bei nicht längerfristigen Erkrankungen, ob vom Arzt bestätigt auch am nächsten Tag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der AU auch weiterhin Arbeitsunfähigkeit besteht. Eine Frist für eine Meldeobliegenheit kann aber erst dann ausgelöst werden, wenn - dem Wortlaut des § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V folgend - die weitere Arbeitsunfähigkeit beginnt.
Die Beklagte kann sich bei ihrer Auffassung auch nicht auf die Entscheidung des BSG vom 16.12.2014 - B 1 KR 31/14 R - berufen. Zwar hat das BSG dort in Rz. 18 (zitiert nach juris) formuliert: "Mit Blick darauf muss die AU der KK vor jeder erneuten Inanspruchnahme des Krg auch dann angezeigt werden, wenn sie seit ihrem Beginn ununterbrochen bestanden hat. Dies hat auch bei ununterbrochenem Leistungsbezug zu gelten, wenn wegen der Befristung der bisherigen Attestierung der AU über die Weitergewährung des Krg neu zu befinden ist (...). Auch dann muss der Versicherte die Fortdauer der AU grundsätzlich rechtzeitig vor Fristablauf ärztlich feststellen lassen und seiner KK melden, will er das Erlöschen (...) oder das Ruhen des Leistungsanspruchs vermeiden." Das BSG hat dabei in Bezug auf die alte Fassung des § 46 Satz 1 Nr. 2 SGB V bestätigt, dass nach damaliger Rechtslage für die durchgehende ärztliche Bescheinigung der AU darauf abzustellen war, ob bereits am letzten Tag des bisher bescheinigten Endes der AU die weitere AU festgestellt wurde. Das BSG hat sich jedoch nicht maßgeblich damit beschäftigt, wann das Ereignis für den Fristbeginn der Meldefrist nach § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V eintritt, sondern lediglich erklärt, dass eine rechtzeitige Meldung auch bei fortlaufender AU erfolgen muss.
Maßgebliches Ereignis für den Beginn der Meldefrist war daher der Beginn der fortdauernden AU am 01.08.2018. Die Frist begann daher am 02.08.2018 und endete am 08.08.2018. Der Eingang der AU-Bescheinigung am 08.08.2018 bei der Beklagten wahrte daher die Meldefrist.
Der Klage war daher stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Berufung ist nicht zulässig, da der Gegenstandswert für die Krankengeldzahlung vom 03.08.2018 bis 07.08.2018 nicht mehr als 750 € beträgt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG). Die Berufung war zur Überzeugung des Gerichts auch nicht zuzulassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Landessozialgerichts (BayLSG) oder des BSG abweicht (§ 144 Abs. 2 SGG).