S 13 R 398/15

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Augsburg (FSB)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
13
1. Instanz
SG Augsburg (FSB)
Aktenzeichen
S 13 R 398/15
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 13 R 399/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
LB 13 R 184/20 B
Datum
Kategorie
Urteil

I. Die Klage wird abgewiesen

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten


T a t b e s t a n d :


Zwischen den Beteiligten ist die Berücksichtigung eines Versorgungsausgleichs bei der Rentenzahlung an den Kläger und dadurch resultierende Rückforderung einer Überzahlung von insgesamt 41.502 € streitig.

Dem im Juli 1941 geborenen Kläger gewährte die Beklagte auf seinen Antrag vom 20.09.2001 nach vorangegangenem Klageverfahren am SG Konstanz (Az.: S 5 RA 35/03) mit Bescheid vom 09.01.2004 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer ab 01.10.2001 auf der Grundlage eines mit Antragstellung eingetretenen Leistungsfalls und drei- bis unter sechsstündigen Leistungsvermögens. Es ergab sich eine Nachzahlung bis Februar 2004 in Höhe von 6326,86 € und aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens keine laufende Rentenzahlung. Zu Grunde gelegt worden der Berechnung 44,1016 Entgeltpunkte (EP), ein Versorgungsausgleich wurde nicht berücksichtigt. Im Rentenantrag hat der Kläger die Frage nach einem durchgeführten Versorgungsausgleich mit "nein" angekreuzt, aus dem augenärztlichen Gutachten vom 06.11.2001 war zu entnehmen, dass eine erste Ehe 1966 geschlossen und 1986 (richtig: 30.06.1984) geschieden wurde. Eine zweite Eheschließung erfolgte im Jahr 1989.

In seinem Antrag vom 14.07.2004 auf Umwandlung in eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen kreuzte der Kläger als Familienstand "nicht verheiratet/verwitwet" an und bei der Frage 10.5, ob ein Versorgungsausgleich wegen Ehescheidung durchgeführt wurde, "nein" an. Mit Bescheid vom 30.09.2004 gewährte die Beklagte dem Kläger daher Altersrente für Schwerbehinderte ab 01.10.2004 mit einem Zahlbetrag von 1239,95 €. Dabei wurden 47,4533 EP der Berechnung zu Grunde gelegt.

Mit Bescheid vom 09.06.2005 wurde aufgrund eines Wechsels von privater in gesetzliche Krankenversicherung für die Zeit vom 01.10.2004 bis 31.07.2005 eine Überzahlung von 1974,60 € festgestellt. Mit hiergegen eingelegtem Widerspruch vom 20.06.2005 beantragte der Kläger eine Verrechnung der Überzahlung mit der Rente in angemessenen monatlichen Teilbeträgen und übersandte das Endurteil des Amtsgerichts Lindau vom 09.05.1986 über die Scheidung von seiner ersten Ehefrau A. mit einem Ehezeitende am 30.06.1984, mit der er die Ehe am 01.04.1966 eingegangen ist, in dem unter Ziffer III. eine Begründung von Rentenanwartschaften zu Gunsten der Ehefrau in Höhe von monatlich 861,61 DM aus den Versorgungsanwartschaften des Klägers beim Land Baden-Württemberg zu entnehmen war. Mit Beschluss des Familiensenats des OLG München vom 16.09.1986 wurde auf die Beschwerde des Besoldungsamts der Versorgungsausgleich abgeändert und eine Begründung von monatlich 825,81 DM beschlossen. Mit Bescheid vom 20.07.2005 erfolgte daraufhin eine Verrechnung der festgestellten Überzahlung in monatlichen Raten von 109,70 € bis März 2007.

Mit Schreiben vom 20.02.2014 beantragte der Kläger eine Neuberechnung seiner Rente ab 01.07.2014, sobald eine Entscheidung des Amtsgerichts Lindau (Abteilung für Familiensachen) über seinen Antrag auf Neuberechnung des Versorgungsausgleichs vorliegt.

Das Amtsgericht Lindau forderte daraufhin bei der Beklagten Auskünfte über Versorgungsanrechte aus der Ehezeit für den Kläger bei der Ehezeit vom 01.04.1966 bis 30.06.1984 an. Mit Schreiben vom 18.03.2014 übermittelte die Beklagte dem Amtsgericht Lindau für die maßgebliche Ehezeit einen Ehezeitanteil von 27,2410 EP (monatlich 443,05 €) sowie einen Ausgleichswert von 13,6205 EP (monatlich 221,53 €), welches einem korrespondierenden Kapitalwert von 44.180,08 € entspricht. Laut internem Vermerk der Beklagten hat die geschiedene Ehefrau zum Ehezeitende noch keine Rente bezogen, erfolgt der Rentenbezug ab 01.10.2001 ohne Berücksichtigung eines Versorgungsausgleichs und fehlt eine Speicherung eines Grundverfahrens mit Entscheidungsdaten.

Aus der verfilmten Reproduktion ergab sich eine Mitteilung des Landesamtes für Besoldung und Versorgung des Landes Baden-Württemberg vom 04.05.1995 über die Nachversicherung des Klägers sowie die Begründung zulasten der nachversicherten Anwartschaften zum Versorgungsausgleich aus der erfolgten Ehescheidung.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 21.07.2014 erfolgte sodann eine Abänderung des Versorgungsausgleichs, so dass im Wege der internen Teilung zulasten des Klägers Entgeltpunkte in Höhe von 13,6205 EP und zu Gunsten des Klägers Entgeltpunkte in Höhe von 1,8076 EP übertragen wurden. Mit Schreiben vom 08.08.2014 teilte die Beklagte daraufhin dem Kläger mit, dass sich aufgrund der Entscheidung des Amtsgerichts Lindau die zu berücksichtigenden Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung vermindern und sich dadurch die Höhe der Rente verringern würde. Die Minderung erfolge rückwirkend von dem Kalendermonat an, der auf den Monat der Antragstellung beim Familiengericht folge. Gleichzeitig wurde das Amtsgericht Lindau um Rechtskraftmitteilung gebeten und bei der Rentenversicherung der geschiedenen Ehefrau angefragt, ob diese bereits Rente bezieht. Die zuständige Arbeitsgruppe hat hierzu mitgeteilt, dass bei der geschiedenen Ehefrau ein Rentenbezug seit dem 01.07.2007 vorliegt.
Auf die Anhörung der Beklagten fragte der Kläger im Hinblick auf die angekündigte Minderung nach, da er von einer Erhöhung seiner Rente ausgegangen war. Mit Schreiben vom 18.08.2014 teilte die Beklagte dem Kläger zum Ausgleich der Minderung die Höhe einer Beitragszahlung von 178.463,58 € mit. Nach Überprüfung teilte die Beklagte mit weiterem Schreiben vom 21.08.2014 dem Kläger eine Ausgleichsbeitragszahlung von 171.048,81 € unter Berücksichtigung des o.g. OLG-Beschlusses mit.

Gegen den Beschluss des Amtsgerichts Lindau legte die Beklagte mit Schreiben vom 07.08.2014 Beschwerde ein, mit dem Antrag, im Hinblick auf die bei der erteilten unzutreffenden Auskunft wegen der darin fehlenden Neuregelung des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes über die Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten, den Abänderungsbeschluss erneut abzuändern. Mit Schreiben vom 21.08.2014 wurde die Beschwerde zurückgenommen. Zugleich teilte die Beklagte dem Kläger auf dessen Anfragen mit, dass ein Abänderungsverfahren hinsichtlich des Versorgungsausgleichs anhängig und eine Entscheidung zur Durchführung des Versorgungsausgleichs für die Beklagte bindend sei.

Mit weiterem Schreiben vom 22.09.2014 hörte die Beklagte den Kläger dahingehend an, dass ab 01.10.2004 (Altersrentenbeginn) zu Unrecht bei der Berechnung der Altersrente die Minderung durch den Abschlag aus dem durchgeführten Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt sei. Die Berücksichtigung des Abschlags führe zu einer Rentenüberzahlung in Höhe von 77.312,69 €, so dass beabsichtigt sei, den Bescheid vom 30.09.2004 mit Wirkung ab 01.10.2004 nach § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurückzunehmen, die Rente in zutreffender Höhe von 551,79 € ab 01.12.2004 laufend zu zahlen und die Überzahlung für die Zeit vom 01.10.2004 bis 30.11.2014 zurückzufordern. Der zurückzunehmende Bescheid habe auf Angaben beruht, die der Kläger in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Zudem hätte dieser die Fehlerhaftigkeit erkennen müssen. Bei der Rentenantragstellung vom 14.07.2004 habe er die Durchführung eines Versorgungsausgleichs wegen Ehescheidung verneint. Aufgrund des Beschlusses des OLG München vom 16.09.1986 zu seinen Lasten habe er gewusst, dass Rentenanwartschaften auf seine geschiedene Ehefrau übertragen worden seien, die nach erfolgter Nachversicherung zu einem Abschlag zulasten seines Versicherungskontos zu berücksichtigen waren. Aus dem Rentenbescheid hätte er erkennen können, dass ein Abschlag nicht berücksichtigt wurde und die Rente somit in ungeminderter Höhe gezahlt werde.

Hiergegen wandte der Kläger mit Schreiben vom 28.09.2014 ein, dass er keine Kenntnis über den Vollzug der innerbehördlichen Maßnahme gehabt habe. Mit der Rechtskraft des Beschlusses sei das Versorgungsausgleichsverfahren für ihn komplett abgeschlossen gewesen. Die Beklagte habe selbst Kenntnis gehabt oder hätte sich diese vom Landesamt für Besoldung und Versorgung verschaffen können. Damit habe sie ihre eigenen Sorgfaltspflichten selbst grob missachtet. Mit weiterem Schreiben vom 26.09.2014 legte der Kläger gegen die Anhörung vorsorglich Widerspruch ein. Ein eventueller Berechnungsfehler sei ausschließlich von der Beklagten zu verantworten. Die Fehlerhaftigkeit habe er nicht erkennen können. Warum die Übertragung der vom Amtsgericht festgestellten Versorgungsanwartschaften nicht auf das Konto der geschiedenen Ehefrau vollzogen wurde, entziehe sich seiner Kenntnis. Jedenfalls sei es der Beklagten bekannt gewesen, da sie Beteiligte des Versorgungsausgleichsverfahrens gewesen sei.

Mit weiterem Anhörungsschreiben vom 10.10.2014 hörte die Beklagte den Kläger ergänzend dahingehend an, dass zudem beabsichtigt sei, den Bescheid vom 09.01.2004 sowie den Folgebescheid vom 22.10.2004 hinsichtlich der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung ebenso mit Wirkung ab Rentenbeginn nach § 45 SGB X zurückzunehmen und eine Überzahlung in Höhe von 3.700,22 € zurückzufordern. Bei Rentenantragstellung am 20.09.2001 habe er trotz Kenntnis unrichtige Angaben gemacht und die Durchführung eines Versorgungsausgleichs wegen Ehescheidung verneint.

Auch hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben vom 19.10.2014. Als Beteiligte sei die Beklagte über das Verfahren informiert gewesen. Auch habe nicht er, sondern eine Rentenberaterin der Barmer Ersatzkasse den Rentenantrag erstellt. Im Beratungstermin sei über das abgeschlossene Versorgungsausgleichsverfahren nicht gesprochen worden. Zudem habe der Versorgungsausgleich durch externe Teilung zu erfolgen, wobei der Versorgungsträger des ausgleichspflichtigen Ehepartners an den Versorgungsträger des ausgleichsberechtigten Ehepartners einen Kapitalbetrag zu zahlen habe.

Mit streitigem Bescheid vom 15.01.2015 berechnete die Beklagte anschließend die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum ab Beginn vom 01.10.2001 bis zum 30.09.2004 neu und stellte aufgrund der Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs eine Überzahlung von 1.848,20 € fest. Aus Anlage 10 zum Bescheid war zu entnehmen, dass im Rahmen des Ermessens ein Mitverschulden an der entstandenen Überzahlung in Höhe der Hälfte von der Beklagten berücksichtigt wurde, so dass sich der Rückforderungsbetrag entsprechend halbiert.
Mit weiterem streitigen Bescheid vom 20.01.2015 berechnete die Beklagte anschließend die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab Beginn am 01.10.2004 neu, so dass sich für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 28.02.2015 eine Überzahlung von 39.653,80 € ergab und eine laufende Zahlung ab 01.03.2015 von monatlich 883,17 €. Aus Anlage 10 zum Bescheid war wiederum im Rahmen des Ermessens eine Reduzierung des Rückforderungsbetrags in Höhe der Hälfte vorgenommen worden.

Mit Schreiben vom 03.02.2015 legte der Kläger gegen beide Bescheide Widerspruch ein. Ergänzend gab der Kläger mit Schreiben vom 16.03.2015 an, dass er sich noch genau daran erinnern könnte, dass die BfA-Rentenberaterin, Frau S. , am 20.09.2001 zu ihm gesagt habe, dass sie bei Versorgungsausgleich ein "Nein" mache. Die Scheidung von 1986 interessierte sie nicht, denn damals sei der Kläger als Beamter nicht bei der Beklagten versichert gewesen. Den Versorgungsausgleich habe damals sein Landesamt für Besoldung und Versorgung bezahlt, nicht die Beklagte. Dies sei von seiner Pension gleich abgezogen worden. Hierauf habe er vertraut. Im Jahr 2004 habe er den Antrag auf Altersrente selbst ausgefüllt und dies so übernommen. Hinsichtlich der zweiten Ehe sei ein Versorgungsausgleich durch notariellen Ehevertrag ausgeschlossen gewesen, so dass die Verneinung auch im Hinblick auf die zweite Ehe korrekt gewesen sei.

Anschließend wurde die Abänderung des Versorgungsausgleichs durch Entscheidung des Amtsgerichts Lindau vom 21.07.2014, wirksam seit dem 21.08.2014 rückwirkend ab 01.03.2014 berücksichtigt. Hieraus ergab sich eine Übertragung zu Gunsten des Klägers von 1,8076 EP (vorher: 1,8076 EP) und zu dessen Lasten eine Übertragung von 13,6205 EP (vorher: 13,6205 EP).

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 15.01.2015 (teilweise Erwerbsminderung) zurückgewiesen. Die Entgeltpunkte seien um den Abschlag an EP zu mindern, der sich ergebe, wenn eine Rentenanwartschaft in der durch das Quasisplitting begründeten Höhe übertragen worden wäre. Die Änderung sei nach § 101 Abs. 3 Satz 1 SGB VI von dem Kalendermonat an vorzunehmen, zu dessen Beginn der Versorgungsausgleich durchgeführt sei, somit ab Rentenbeginn 01.10.2001. Nach § 45 Abs. 1, Abs. 2 bis 4 SGB X sei eine Rücknahme für die Vergangenheit zulässig, da ein Vertrauen auf den Bescheid nicht gegeben sei. Aufgrund grober Fahrlässigkeit habe er die Fehlerhaftigkeit des Bescheides erkennen müssen, da der Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt und die Rente in voller Höhe ausbezahlt worden sei. Es sei verpflichtend, den Bescheid zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Maßgeblich sei allein, dass es möglich gewesen sei, die Fehlerhaftigkeit des Bescheides zu erkennen. In den Rentenanträgen habe er bezüglich der Frage zur Durchführung eines Versorgungsausgleichs fehlerhafte Angaben gemacht. Im Rahmen der Abwägung habe die Beklagte ihr Mitverschulden gleichermaßen gewichtet und die Rückforderung daher auf die Hälfte begrenzt.

Mit weiterem Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 hat die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.01.2015 (Altersrente) zurückgewiesen.

Zwischenzeitlich hat die Beklagte mit Bescheid vom 27.03.2015 die Altersrente ab 01.01.2015 (Schuldnerschutzregelung nach § 30 Versorgungsausgleichsgesetz - VersAusglG -) aufgrund der Erhöhung der Leistung aus dem Versorgungsausgleich neu berechnet, woraus sich eine Nachzahlung von 724,72 € ergeben hat. Die Nachzahlung wurde aufgrund der Rückforderungen vorläufig einbehalten. Hiergegen hat der Kläger mit Schreiben vom 04.04.2015 Widerspruch eingelegt. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.05.2015 hat die Beklagte den Widerspruch zurückgewiesen. Die Abänderung sei vom Kläger beim Amtsgericht Lindau am 10.02.2014 beantragt worden, so dass nach
§ 101 Abs. 3 Satz 3 SGB VI eine Änderung vom ersten des Kalendermonats an erfolgt, der auf den Monat folgt, in dem der Antrag auf Abänderung beim Familiengericht eingegangen ist. Da der Kläger als auch die geschiedene Ehefrau Rentner seien, habe eine Berücksichtigung der Abänderung des Versorgungsausgleichs erst ab 01.01.2015 zu erfolgen, da die Rechtskraftmitteilung am 10.11.2014 bei der Beklagten eingegangen sei.

Mit Schreiben vom 02.05.2015 hat der Kläger gegen die Bescheide vom 15.01.2015 und vom 20.01.2015 in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15.04.2015 Klage zum Sozialgericht erhoben. Zur Begründung wurde vom bevollmächtigten VdK darauf hingewiesen, dass die ergangenen Bescheide rechtswidrig gewesen seien, da der Kläger keine falschen Angaben gemacht habe auf denen die Bescheide beruhen und er deren Rechtswidrigkeit auch nicht infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte. Der Kläger sei davon ausgegangen, dass die Beklagte über den Versorgungsausgleich hinreichend Kenntnis gehabt habe. Zudem sei er von einer externen Teilung aufgrund der Nachversicherungsbescheinigung vom 04.05.1995 ausgegangen. Er sei der Überzeugung gewesen, dass schon seitens des Landesamtes für Besoldung und Versorgung seinerzeit ein Versorgungsausgleich direkt durchgeführt worden sei. Falsche Angaben habe er nicht gemacht, da er bei der Rentenantragstellung auf die Auskunft der sachkundigen Rentenberaterin vertraut habe. Gleichzeitig werde hinsichtlich des Bescheids vom 27.03.2015 ein Überprüfungsantrag gestellt. Bei der Verhandlung vor dem Familiengericht Lindau am 18.06.2015 habe der Richter durchblicken lassen, dass der Versorgungsausgleich "komplett rückabgewickelt werden solle". Es solle daher beim Überprüfungsantrag bleiben und dieses Verfahren ruhen, bis die Entscheidung des Familiengerichts tatsächlich vorliege. Vom Kläger wurde ergänzt, dass für ihn bei Abschluss des OLG-Verfahrens am 16.09.1986 der Versorgungsausgleich keine Bedeutung mehr gehabt habe. Erst bei seinem Antrag am 05.02.2014 wegen der Mütterrente sei ihm der Begriff wieder bewusst geworden. Falsche Angaben habe er im Rentenantrag nicht wissentlich gemacht. Vielmehr habe er der Versichertenberaterin volles Vertrauen geschenkt und die Angaben bei der zweiten Rentenantragstellung abgeschrieben.

Die Beklagte weist in ihrer Klageerwiderung hinsichtlich der Kenntnis wegen falscher Angaben des Klägers auf dessen Abänderungsantrag des Versorgungsausgleichs wegen der Neuregelungen des RV-Leistungsverbesserungsgesetzes hin. Im Februar 2014 sei ihm bekannt gewesen, dass ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden sei, somit auch bei den Rentenantragstellungen am 20.09.2001 und am 14.07.2004. An die Entscheidungen des Familiengerichts über einen Versorgungsausgleich sei die Beklagte gebunden. Wegen des Überprüfungsantrags werde darauf hingewiesen, dass das Schreiben innerhalb der Klagefrist eingegangen sei und daher eventuell als Klage gewertet werden kann.

Nach Akteneinsicht hat der VdK ergänzend mitgeteilt, dass davon ausgegangen werde, dass der Versorgungsausgleich zumindest falsch berechnet worden sei. Von ursprünglich 47,4533 EP seien nach dem Versorgungsausgleich nur noch 21,4895 EP übrig geblieben. Dies sei weniger als die Hälfte und könne nicht stimmen. Eine Berechnung des Versorgungsausgleichs sei erst nach der Entscheidung des OLG sinnvoll, so dass das Verfahren zum Ruhen gebracht werden sollte. Auch könne der Kläger nach Akteneinsicht nicht nachvollziehen, dass wirklich der Versorgungsausgleich vom Landesamt für Besoldung und Versorgung noch nicht tatsächlich im Jahre 1986 durchgeführt worden sein soll. Er berufe sich gegebenenfalls auf Vertrauensschutz und Verjährung. Vermögenspositionen habe er insofern getroffen, als er im Hinblick auf die zu erwartenden Rentenleistungen andernfalls länger gearbeitet und/oder andere Leistungen ausgeschöpft hätte. Aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls sei die Reduzierung der Forderung auf die Hälfte nicht ausreichend. Er wünsche eine Offenlegung der Bescheide an seine ehemalige Ehefrau bzw. Akteneinsicht in deren Akte um festzustellen, inwieweit der Versorgungsausgleich berücksichtigt worden sei. Daneben gelte die Frist von zwei Jahren nach
§ 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X, da dem Kläger nicht einmal grobe Fahrlässigkeit vorgeworfen werden könne. Auch werde die Höhe des durchzuführenden Versorgungsausgleichs im Bescheid vom 27.03.2015 bestritten.

Mit weiterem Bescheid vom 01.10.2015 erfolgte eine Neuberechnung der Altersrente des Klägers aufgrund eines Verschlüsselungsfehlers, so dass eine Berichtigung für die Zukunft gemäß § 45 SGB X erfolgte. Der hiergegen vom Kläger eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2016 zurückgewiesen. Hiergegen hat der Kläger ebenso unter dem Az.: S 13 R 557/16 Klage erhoben.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Lindau vom 03.07.2015 erfolgte eine Abänderung dahingehend, dass zu Gunsten des Klägers ein Anrecht in Höhe von 3,5897 EP übertragen wurde. Mit Bescheid vom 03.02.2016 erfolgte eine entsprechende Neuberechnung der Altersrente des Klägers ab 01.03.2016. Hiergegen hat der Kläger Widerspruch eingelegt, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19.05.2016 zurückgewiesen hat. Die Rechtskraftmitteilung zum Abänderungsverfahren sei am 18.01.2016 bei der Beklagten eingegangen. Im Hinblick auf die Schuldnerschutzregelung sei die Änderung ab 01.03.2016 durchzuführen. Die begünstigte Person kann jedoch nach den Grundsätzen der ungerechtfertigten Bereicherung von der belasteten Person die Herausgabe der ihr zustehenden Leistungen verlangen (§§ 812, 816 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB -). Hiergegen hat der Kläger ebenso unter dem Az.: S 13 R 569/16 Klage erhoben mit dem Antrag, die Nachzahlung nicht ab 01.03.2016, sondern bereits ab 01.11.2014 (bzw. 01.07.2014) vorzunehmen. Der Beschluss des Familiengerichts Lindau vom 03.07.2015 sei auf Antrag vom 01.10.2014 ergangen. Die Anwendung der Schuldnerschutzregelung beruhe auf einer Kannvorschrift, so dass die Ermessensentscheidung der Beklagten fehlerhaft und somit aufzuheben sei. Da die Begünstigte mittellos sei, könne die Rückforderung wegen erkennbarer Uneinbringlichkeit nicht auf den Kläger abgewälzt werden. Ein Mahnbescheid habe nicht zugestellt werden können, so dass zu vermuten sei, dass diese inzwischen gestorben sei oder sich anderweitig abgesetzt habe.

Am 28.09.2016 wurde ein gemeinsamer Erörterungstermin zu den bis dahin anhängigen Klagen durchgeführt. Die Klagen unter den Az.: S 13 R 557/16 (Klage gegen den Bescheid vom 01.10.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.05.2016) und S 13 R 569/16 (Klage gegen den Bescheid vom 03.02.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.05.2016), wurden vom Kläger jeweils zurückgenommen. Hinsichtlich der zurückgenommenen Klage zum Az.: S 13 R 569/16 hat der Kläger einen Überprüfungsantrag gestellt, den die Beklagte mit Bescheid vom 13.06.2017 und Widerspruchsbescheid vom 04.09.2017 abgelehnt hat. Hiergegen wurde vom Kläger wiederum Klage unter dem Az.: S 13 R 1210/17 erhoben. Einen unter dem Az.: S 13 R 726/18 ER anhängigen Antrag auf einstweilige Anordnung auf Vormerkung von Kindererziehungszeiten ab dem 01.01.2019 ("Mütterrente") hat der Kläger bzw. Antragsteller für erledigt erklärt. Hinsichtlich der Rückforderung erklärte sich die Beklagte bereit, im Rahmen des Ermessens zu prüfen, ob eventuell eine weitere Reduzierung der Verschuldensquote bzw. ein vollständiger Verzicht auf eine Rückforderung für die Vergangenheit in Betracht gezogen werden kann.

Anschließend teilte die Beklagte mit, dass eine weitere Reduzierung der Rückforderungssummen nicht möglich sei. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seien wirtschaftliche Verhältnisse nicht bei der Ermessensausübung, sondern erst bei der Entscheidung über die Einziehung der Forderung zu berücksichtigen. Der Kläger könne daher die Möglichkeit der Stundung, Ratenzahlung, Niederschlagung oder Erlass beantragen.

Hierauf wurde mitgeteilt, dass der Kläger in jedem Falle eine schriftliche Entscheidung wünsche, da er "über alle Instanzen" weiter streiten wolle. Eine nochmalige Verhandlung mache nach dem Erörterungstermin keinen Sinn. Der Kläger wünsche die Hinzuziehung eines Sprachsachverständigen als Gutachter und weise auf die strafrechtliche Relevanz des Verhaltens der Beklagten hin.

Mit Einverständnis der Beklagten wurde anschließend auf Antrag des Klägers mit gerichtlichem Beschluss vom 28.07.2017 aufgrund des anhängigen Widerspruchsverfahrens gegen den Bescheid vom 13.06.2017 das Ruhen des Verfahrens angeordnet.

Im Januar 2019 teilte das Gericht dem Beteiligten mit, dass im Hinblick auf den zwischenzeitlich erteilten Widerspruchsbescheid vom 04.09.2017, gegen den unter dem Az.: S 13 R 1210/17 vom Kläger ebenso Klage erhoben wurde, beabsichtigt sei, dass ruhende Verfahren fortzusetzen und eine Verweisung in ein GüteRichterverfahren zu erwägen.

Die Beklagte lehnte die Durchführung eines GüteRichterverfahrens ab, so dass eine Fortsetzung des Verfahrens von Amts wegen erfolgte und zum Termin der mündlichen Verhandlung geladen wurde.

Die Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 15.01.2015 sowie den Bescheid vom 20.01.2015 jeweils in Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 15.04.2015 aufzuheben, hilfsweise die Rentenhöhe unter Berücksichtigung der Entscheidung des Amtsgerichts/Familiengericht Lindau vom 03.07.2015 zu berechnen.

Der Beklagtenvertreter beantragt,
die Klage abzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen wegen der Einzelheiten auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Beigezogen waren zudem die Gerichtsakten zu den Az.: S 13 R 557/16, S 13 R 569/16 sowie S 13 R 1210/17.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :


Das Sozialgericht Augsburg ist das für die Entscheidung sachlich und örtlich zuständige Gericht (§§ 51 Abs. 1 Nr. 1, 57 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz - SGG -). Die Klage wurde form- und fristgerecht erhoben. Sie ist zulässig, in der Sache aber nicht begründet. Die Beklagte hat mit den erteilten Bescheiden unter Berücksichtigung der Sach- und Rechtslage die Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung sowie die Altersrente des Klägers unter ermessensgerechter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens neu berechnet und eine Überzahlung zutreffend festgestellt, die vom Kläger zu erstatten ist. Die Rechte des Klägers wurden dadurch nicht rechtswidrig verletzt, § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG.

Die zur Aufhebung und Rückforderung erforderlichen Voraussetzungen gemäß
§ 45 SGB X sind nach Überzeugung des Gerichts erfüllt. Nach dessen Absatz 1 darf ein rechtswidriger Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden. Nach Absatz 2 darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 1 - 3 SGB X nicht berufen, soweit
1. er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat,
2. der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder
3. er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.

Aus dem zu Grunde liegenden Sachverhalt ist zu entnehmen, dass die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw. 3 SGB X einschlägig sind. Zum einen hat der Kläger sowohl im Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung vom 20.09.2001 als auch im Antrag auf Gewährung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen vom 14.07.2004 die Frage unter Ziff. 10.5, ob ein Versorgungsausgleich durchgeführt wurde, mit "nein" beantwortet. Dabei war ihm bekannt, dass hinsichtlich der Scheidung von seiner ersten Ehefrau mit Ehezeitende am 30.06.1984 tatsächlich ein Versorgungsausgleich durchgeführt worden ist. Die Einlassung des Klägers, dass ihm bei der Antragstellung im September 2001 eine BfA-Versichertenberaterin behilflich war und diese ihm zu verstehen gegeben habe, dass aufgrund seines früheren Beamtenstatus und der damit einhergehenden Durchführung einer Nachversicherung der Versorgungsausgleich nicht zu beachten sei, entbindet den Kläger nicht von seiner Pflicht zur korrekten Beantwortung der im Rahmen der Antragstellung gestellten Fragen. Insofern ist die Kammer der Auffassung, dass die Frage unter Ziff. 10.5 eindeutig und unmissverständlich formuliert ist. Es bedarf zu deren korrekten Beantwortung keiner besonderen intellektuellen Fähigkeiten. Der vom Kläger beantragten Beauftragung eines Sprachsachverständigen wurde daher nicht nachgekommen.

Auch ist dem Kläger eine eventuelle Fehlbeurteilung durch die bei der Antragsaufnahme hinzugezogene Versichertenberaterin zuzurechnen. Der Kläger hat mit seiner Unterschrift versichert, sämtliche Angaben im zu Grunde liegenden Vordruck nach bestem Wissen gemacht zu haben, obgleich die Beantwortung der Frage nach der Durchführung eines Versorgungsausgleichs offensichtlich und objektiv unzutreffend war. Auch erfährt diese Bewertung durch die Argumentation, bei Beantragung der Altersrente die im vorangegangenen Antrag enthaltenen Angaben lediglich übernommen zu haben, keine Änderung. Festzuhalten bleibt, dass die Angaben bei den beiden Antragstellungen objektiv unzutreffend waren und die Beklagte dem Kläger daher zulasten der Versichertengemeinschaft Rentenleistungen gezahlt haben, die dem Kläger nicht zustanden.

Darüber hinaus war es dem Kläger bei der Lektüre der ihm zugegangenen Rentenbescheide auch möglich zu erkennen, dass zum einen die nachversicherten Entgelte im Versicherungsverlauf enthalten, der Versorgungsausgleich aufgrund der Scheidung von seiner ersten Ehefrau jedoch betragsmäßig nicht erfasst war. Nach ständiger Rechtsprechung haben Versicherte die Bescheide der Rentenversicherung sorgfältig zu lesen und die Pflicht mitzuteilen, wenn Unrichtigkeiten enthalten sind. Diese Pflichten hat der Kläger zumindest grob fahrlässig verletzt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Regelung vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Hiervon ist im vorliegenden Sachverhalt auszugehen, da nach Auffassung des Gerichts die fehlende Berücksichtigung des Versorgungsausgleichs für den Kläger bei sorgfältiger Prüfung der Bescheide erkennbar gewesen ist bzw. diesem die Fehlerhaftigkeit hätte auffallen müssen. Dabei ist als Maßstab auf einen "verständigen Durchschnittsadressaten" abzustellen. Diesem wäre bei entsprechender Durchsicht der Bescheide aufgefallen, dass die nachversicherten Entgelte in voller Höhe bei der Berechnung seiner Rente zugrunde gelegt und Abzüge aufgrund des durchgeführten Versorgungsausgleichs nach Scheidung von der ersten Ehefrau nicht berücksichtigt wurden.

Nach Auffassung des Gerichts hat die Beklagte die ihr obliegende Ermessensausübung auch zutreffend vorgenommen. Im Rahmen des Ermessens hat sie vom Kläger nur die Hälfte der festgestellten Forderung aufgrund ihres Mitverschuldens zurückgefordert. Das Gericht kann lediglich überprüfen, ob eine Ermessensausübung erfolgte, nicht jedoch eine Aussage darüber treffen, inwieweit aufgrund Mitverschuldens der Beklagten ein weiterer Forderungsverzicht erfolgen muss. Der Fall einer sog. Ermessensreduzierung auf "Null" liegt nicht vor. Die Rückforderung der zu Unrecht zu viel gezahlten Rentenleistung ist daher nicht zu beanstanden.

Auch kann der Kläger nicht im Wege eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs so gestellt werden, als ob er bei den Antragstellungen zutreffende Angaben gemacht hätte. Ein solcher Herstellungsanspruch, der nur subsidiär in Betracht kommt, hat nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) folgende Voraussetzungen:
1. Vorliegen einer Pflichtverletzung, die sich der Sozialleistungsträger im Verhältnis zum Berechtigten zurechnen lassen muss. Der Sozialleistungsträger muss also eine gesetzliche oder eine aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis resultierende Verpflichtung verletzt haben, die ihm gerade gegenüber dem Antragsteller oblag.
2. Eintritt eines rechtlichen Nachteils oder Schadens beim Berechtigten. Die Pflichtverletzung muss als nicht hinweg denkbare Bedingung, zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen, ursächlich einen Nachteil des Betroffenen bewirkt haben.
3. Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schadenseintritt. Die verletzte Pflicht muss darauf gerichtet gewesen sein, den Betroffenen gerade vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren; es muss also ein Schutzzweckzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Nachteil im Sinne eines inneren Zusammenhangs bestehen.
4. Möglichkeit der Herstellung des Zustandes, der ohne die Pflichtverletzung eingetreten wäre. Der Herstellungsanspruch kommt also nur in Fällen zum Tragen, in denen der Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann und somit die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht.
Der Herstellungsanspruch verpflichtet die Behörde dort, wo dem Versicherten durch Verwaltungsfehler ein Nachteil in seinen sozialen Rechten entstanden ist, den sozialrechtlichen Zustand herzustellen, der bestanden hätte, wenn die Behörde von Anfang an richtig gehandelt hätte.
In Betracht käme möglicherweise ein Beratungsfehler der Versichertenberaterin im Rahmen ihrer Unterstützung des Klägers bei Beantragung der Rente wegen Erwerbsminderung. Doch selbst bei Annahme eines Behördenfehlers kann die unzutreffende Beantwortung der Frage nach der Durchführung eines Versorgungsausgleichs mit der Folge, dass dieser bei der Berechnung der Rentenhöhe nicht berücksichtigt wurde, als Realakt nicht im Wege des sozialgerichtlichen Herstellungsanspruches ersetzt werden (vgl. BSG, Urteil vom 11.03.2004, B 13 RJ 16/03 R).
Die zur Aufhebung und Rückforderung erforderlichen Voraussetzungen sind nach Überzeugung des Gerichts erfüllt. Die Voraussetzungen nach § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 bzw. 3 SGB X sind erfüllt.

Die zu beachtenden Fristen für eine rückwirkende Aufhebung nach § 45 Abs. 3 und 4 SGB X wurden eingehalten.

Die Klage ist auch hinsichtlich des Hilfsantrags unbegründet. Die Rentenleistung an den Kläger wurde auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Amtsgerichts/Familiengericht Lindau vom 03.07.2015 zutreffend berechnet. Hierzu wird auch auf das weitere Klageverfahren zum Az.: S 13 R 1210/17 verwiesen.

Die Geltendmachung einer besonderen Härte für den Kläger durch die festgestellte Rückforderung der überzahlten Rente führt ebenso zu keiner Änderung. Durch die streitigen Bescheide der Beklagten wurden lediglich die Forderungen gegenüber dem Kläger betragsmäßig festgestellt. Ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Forderungen eingetrieben werden, ist hiermit nicht entschieden. Soweit die Rückzahlung für den Kläger aufgrund seiner finanziellen Verhältnisse eine besondere Härte darstellen sollte, obliegt die Prüfung und Entscheidung der Beklagten im noch durchzuführenden Beitreibungsverfahren. Soweit die Voraussetzungen vorliegen, kommen gegebenenfalls Ratenzahlungen, Stundung, Niederschlagung oder Erlass in Betracht.

Von der vom Kläger beantragten Einvernahme des namentlich benannten Sachbearbeiters der Beklagten sowie weiterer Dienstvorgesetzter als Zeugen konnte nach Auffassung des Gerichts abgesehen werden. Die angegebenen Beweisthemen wurden zum einen bereits durch den vom Kläger übersandten umfangreichen Schriftwechsel belegt oder sind für die Entscheidung in der Klage nicht von Relevanz.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Kläger von der Beklagten aufgrund des nicht berücksichtigten Versorgungsausgleichs seit Rentenbeginn objektiv betrachtet überhöhte Rentenleistungen erhalten hat. Die Rückforderung der durch die nachträgliche Berücksichtigung entstandenen Überzahlung ist daher zutreffend. Da ein Mitverschuldensvorwurf in gleicher Weise auch der Beklagten zu machen ist, hat diese ermessensgerecht nur die Hälfte der sich bei der Neuberechnung ergebenden Überzahlung vom Kläger eingefordert. Da sich die erteilten Bescheide somit als rechtmäßig erweisen, war die Klage abzuweisen.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 193 SGG.

 

Rechtskraft
Aus
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