I. Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 18.02.2021 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 01.03.2021 verurteilt, über den Antrag auf Gewährung einer Mietkaution in Höhe von 2.550 Euro unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
II. Der Beklagte hat der Klägerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten ist die Gewährung einer Mietkaution als Darlehen streitig.
Die 1986 geborene Klägerin beantragte für sich und ihre vier Kinder L (* 2006), B (* 2013), N (*2015) und T (* 2018) nach der Trennung von ihrem Ehemann erstmals am 23.11.2020 Arbeitslosengeld II beim Beklagten. Gemäß einer einstweiligen Anordnung des Amtsgericht N vom 30.11.2020 muss der Ehemann der Klägerin und den Kindern das (vormalig) gemeinsam bewohnte Haus in der H-Straße, S, das in seinem Eigentum steht, bis 31.05.2021 mietfrei überlassen, darf dieses nicht mehr betreten und sich nicht mehr im Umkreis vom 200 Metern zur Wohnung aufhalten. Außerdem wurde ein Kontaktaufnahmeverbot zur Klägerin ausgesprochen. Der Ehemann ist alkoholabhängig und mehrfach schwer gewalttätig gegenüber der Klägerin geworden.
Der Beklagte bewilligte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 02.02.2021 für den Zeitraum 20.11.2020 bis 30.04.2021 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form des Regelbedarfs in Höhe 85,39 Euro für November 2020, 922,36 Euro für Dezember 2020 und monatlich 995,08 Euro für die Monate Januar 2021 bis April 2021 unter Anrechnung von Kindergeld als Einkommen. Da das Haus der Bedarfsgemeinschaft mietfrei vom Ehemann überlassen wurde, gewährte der Beklagte keine Bedarfe für Unterkunft und Heizung.
Am 26.01.2021 kündigte die Klägerin beim Beklagten den Umzug in die im Rubrum benannte, aktuell bewohnte Wohnung an und erhielt vom Beklagten mit Schreiben vom gleichen Tag eine Zusicherung bezüglich der Kosten für Unterkunft und Heizung. Daraufhin unterzeichnete die Klägerin am 12.02.2021 den Mietvertrag und beantragte am 29.02.2021 die Übernahme der Mietkaution als Darlehen. Der Mietzins für die Fünf-Zimmer-Wohnung mit einer Fläche von ca. 100 qm beträgt 1.040 Euro, davon 850 Euro Grundmiete, 50 Euro Nebenkosten und 140 Euro Heizkosten. Die mietvertraglich geschuldete Kaution beträgt 2.550 Euro.
Der Beklagte bewilligte der Bedarfsgemeinschaft sodann mit Änderungsbescheid vom 18.02.2021 Arbeitslosengeld II unter Berücksichtigung des vollen mietvertraglich geschuldeten Mietzinses für den Zeitraum 12.02.2021 bis 30.04.2021.Mit Bescheid vom gleichen Tag lehnte der Beklagte den Antrag auf Gewährung der beantragten Mietkaution ab. Zur Begründung wurde angeführt, eine Zusicherung zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft könne nicht erteilt werden, da die Aufwendungen für die neue Wohnung unangemessen hoch sind. Da die Klägerin dennoch in diese Wohnung eingezogen ist, würden die mit diesem Umzug verbundenen Kosten nicht übernommen.
Gegen den Ablehnungsbescheid legte die Klägerin am 26.02.2021 Widerspruch ein. Die bewilligten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung gälten gemäß § 67 Abs. 3 SGB II als angemessen. Sie habe vor dem Umzug eine Zusicherung des Beklagten bezüglich der Übernahme der Unterkunftskosten eingeholt. Der Beklagte habe anerkannt, dass der Umzug aufgrund des Gewaltschutzverfahrens gegen ihren Ehemann zwingend notwendig ist. Es sei nicht sachgerecht, dass die Wohnungsbeschaffungskosten in Form eines Darlehens für die Mietkaution nicht übernommen werden. Das dem Beklagten zustehende Ermessen sei vorliegend eingeschränkt, da ein schneller Umzug zum Schutz der Familie unumgänglich und zwingend notwendig sei.
Mit Widerspruchsbescheid vom 01.03.2021 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er an, die bezogene Unterkunft sei unangemessen teuer, da sie über der Angemessenheitsgrenze liege. Die Zusicherung für die unangemessen teure Wohnung sei aufgrund der Regelung des § 67 Abs. 3 SGB II für die Dauer von sechs Monaten erteilt worden. Aufwendungen für die Mietkaution könnten hingegen nicht übernommen werden. Der Umzug sei vorliegend nicht durch den kommunalen Träger veranlasst worden. Es sei auch nicht sicher, ob der Umzug zu diesem Zeitpunkt erforderlich war, da die Wohnungszuweisung durch das Amtsgericht N bis zum 31.05.2021 Geltung habe. § 67 SGB II treffe keine Änderungsregelung zu § 22 Abs. 6 SGB II.
Daraufhin hat die Klägerin am 22.03.2021 Klage zum Sozialgericht München erhoben. Die Ablehnung der Mietkaution sei nicht sachgerecht, da ein wichtiger Grund für den Umzug bestanden habe. Ihr Ehemann sei seit vielen Jahren schwer alkoholabhängig und ihr gegenüber gewalttätig, was auch durch die Polizei oder das Landratsamt N bestätigt werden könne. Es sei undenkbar, weiterhin in dessen Eigentum zu wohnen und immer wieder auf die Entscheidung des Familiengerichts zu warten und zu hoffen. Zudem sei eines ihrer Kinder pflegebedürftig mit Pflegegrad vier; zwei weitere hätten während der Corona-Pandemie von zuhause am Unterricht teilnehmen müssen. Die Familie ihres Ehemanns übe seit dem Gerichtstermin immensen Druck auf sie aus; zudem kontaktiere ihr Ehemann sie immer wieder telefonisch. Das Haus sei kein sicherer Ort für die Kinder und sie. Sie habe trotz Bemühungen seit November keine preiswertere Wohnung finden können. Ihre Bewerbung bei den Oberbayerischen Heimstätten als Mietinteressentin sei erfolglos geblieben. Sie habe zudem einen Suchauftrag bei ImmoWelt und lmmoScout eingerichtet und über eBay Kleinanzeigen bis Januar 2021 über zehn Wohnungsbewerbungen versendet. Sie sei bei allen Wohnungsangeboten abgelehnt worden bzw. ihre Anfragen seien sogar gänzlich unbeantwortet geblieben, da ihr Einkommen zu gering sei und die Vermieter keine alleinerziehende Mutter von vier Kindern als Mieterin wünschten. Sie führe seit dem 10.03.2021 eine Auflistung über Wohnungsbewerbungen. Zudem zweifle sie die Angemessenheitsgrenzen des Beklagten für Unterkunftskosten sowie dessen schlüssiges Konzept an. Sie habe die Kaution in Höhe von 2.550 Euro zwischenzeitlich als Darlehen von einem kirchlichen Träger und einer Stiftung erhalten, müsse dieses aber zurückzahlen, sobald der Beklagte die Mietkaution als Darlehen bewilligt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 18.02.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2021 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, über den Antrag auf Gewährung der Mietkaution in Höhe von 2.550 Euro als Darlehen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Unterkunft der Klägerin sei unangemessen teuer. Er verfüge nicht über ein schlüssiges Konzept, das den Ansprüchen des Bundessozialgerichts genügt. In diesem Fall werde alternativ die Berechnungsmethode "Wohngeldtabelle plus 10 Prozent" zur Berechnung der angemessenen Bruttokaltmiete herangezogen. Die Stadt S gehöre seit 2020 der Mietstufe 2 an. Für einen Fünf-Personen-Haushalt gelte daher eine Bruttokaltmiete von 732 Euro + 10% = 805,20 Euro als angemessen. Hinzu kommen die Vorauszahlungen für Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 140 Euro, so dass die Angemessenheitsgrenze bei insgesamt 945,20 Euro liege. Wegen § 67 Abs. 3 SGB II, der wegen der Corona-Pandemie erlassen wurde, würden derzeit die tatsächlichen Kosten der Unterkunft berücksichtigt. § 67 Abs. 3 SGB II treffe jedoch keine Regelung bezüglich der Wohnungsbeschaffungskosten nach § 22 Abs. 6 SGB II. Der Gesetzgeber habe nicht beabsichtigt, den Einzug in eine unangemessene Unterkunft zu fördern. Er sei deshalb auch weiterhin nicht bereit, seine Entscheidung abzuändern und ein Darlehen für die Mietkaution zu gewähren, auch wenn die Klägerin und ihre Kinder sich in einer schwierigen familiären Situation befinden. Es werde davon ausgegangen, dass es der Klägerin bis zum 31.05.2021 gelungen wäre, eine angemessene Unterkunft zu finden.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage vom 13.07.2021 wurden die Beteiligten zu einer beabsichtigten Entscheidung des Rechtsstreits ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid angehört und haben im Termin ihr Einverständnis erklärt.
Zur Ergänzung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der vorliegende Rechtsstreit konnte gemäß § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch Gerichtsbescheid entschieden werden, da die Sache keine besondere Schwierigkeit tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden hierzu angehört und erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Die Klage ist zulässig und begründet.
Die Klägerin kann ihr Klagebegehren mit der hierfür statthaften kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 2 SGG) verfolgen (BSG, U. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R, Rn. 18, juris). Auch die übrigen allgemeinen Prozessvoraussetzungen liegen vor.
Die Klage ist zudem begründet.
Zunächst ist unstreitig, dass die Klägerin leistungsberechtigt nach dem SGB II i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB II ist. Rechtsgrundlage für die begehrte Übernahme der Mietkaution ist § 22 Abs. 6 SGB II. Nach dieser Regelung können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; eine Mietkaution kann bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden (Satz 1). Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann (Satz 2). Eine Mietkaution soll als Darlehen erbracht werden (Satz 3). Bei der Zusicherung nach § 22 Abs. 6 SGB II handelt es sich um eine Anspruchsvoraussetzung für die Übernahme von Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten bzw. der Mietkaution und muss vom Leistungsberechtigten eingeholt werden, bevor er mit dem Vermieter einen entsprechenden Vertrag abgeschlossen hat (Luik, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22, Rn. 228; LSG Nds.-Bremen, B. v. 16.05.2017 - L 7 AS 87/17 B, Rn. 9, juris).
Zu prüfen war daher, ob die Ablehnung des Antrags der Klägerin auf Übernahme der Mietkaution vom 29.01.2021 mit Bescheid vom 18.02.2021 rechtmäßig war.
Nach § 22 Abs. 6 Satz 2 soll die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Sind diese Voraussetzung erfüllt, kann die Erteilung einer Zusicherung also nur in atypischen Sonderfällen abgelehnt werden (Lauterbach, in: Gagel, SGB II/SGB III, 81. EL Februar 2021, § 22 SGB II, Rn. 122). Eine Veranlassung durch den kommunalen Träger, also wenn dieser ausdrücklich oder konkludent auf einen Umzug hingewirkt hat (vgl. Luik, in: Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22, Rn. 233), scheidet vorliegend aus. Der Beklagte beruft sich gerade darauf, dass die Klägerin bis zum 31.05.2021 mit ihren Kindern gemäß der einstweiligen Anordnung des Amtsgerichts N im Haus ihres Ehemanns wohnen durfte.
Somit ist entscheidend, ob der Umzug notwendig war. Notwendig ist ein Umzug, wenn er erforderlich ist und die Kosten für die neue Unterkunft angemessen sind. Die Erforderlichkeit misst sich dabei daran, ob ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Grund vorliegt, von dem sich auch ein Nichthilfeempfänger leiten lassen würde (Piepenstock, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., Stand: 17.06.2021, § 22, Rn. 204, 245). Dies ist zur Überzeugung der Kammer im Fall der Klägerin zu bejahen. Sie trug sowohl schriftlich im Klageverfahren als auch im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage glaubhaft vor, dass ein Verbleib im Haus ihres Mannes, der alkoholabhängig ist und ihr gegenüber schwer gewalttätig wurde, für sie und ihre Kinder unzumutbar war. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich dieser nicht an das Kontaktaufnahmeverbot hielt und die Klägerin wiederholt anrief. Die Notlage der Klägerin wird dadurch verstärkt, dass sie alleine ihre vier Kinder betreut, die teilweise noch im Kleinkindalter sind und eines aufgrund des bestehenden Pflegegrades 4 besondere Betreuung benötigt, die die Klägerin selbst erbringt. Nachvollziehbar ist zudem der Vortrag, dass sich eine Wohnungssuche für eine alleinerziehende Mutter mit vier Kindern im Leistungsbezug äußerst schwierig gestaltet und eine günstige Wohnung innerhalb kurzer Zeit kaum zu finden ist. Hinzu kommt, dass sich die Klägerin auch erfolglos um eine Sozialwohnung bemüht hat.
Jedoch sind die Kosten für die neue Wohnung der Klägerin nicht angemessen i. S. v. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II. Danach werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Welche Aufwendungen angemessen sind, haben die Leistungsträger anhand eines von ihnen zu entwickelnden schlüssigen Konzepts zu ermitteln. Der Beklagte verfügt nach seinem Vortrag nicht über ein schlüssiges Konzept für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenzen der Kosten der Unterkunft und für Heizung. Liegt der Bestimmung der Angemessenheitsgrenze des Grundsicherungsträgers ein schlüssiges Konzept, wie hier, nicht zu Grunde, geht die Ermittlungspflicht nicht auf das Sozialgericht über. In einem solchen Fall ist, mangels anderweitiger zur Verfügung stehender Erkenntnisquellen, auf die einschlägigen Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) zurückzugreifen und ein Sicherheitszuschlag von 10 Prozent zum einschlägigen Tabellenwert vorzunehmen (vgl. BSG, U. v. 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R, juris; BSG, U. v. 07.11.2006 - B 7b AS 18/06 R, juris; Piepenstock, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., Stand: 17.06.2021, § 22, Rn. 122 f.). Die Stadt S ist der Mietenstufe 2 zugeordnet. Für einen Fünf-Personen-Haushalt ist demnach eine Bruttokaltmiete von 732 Euro anzusetzen. Zuzüglich des Sicherheitszuschlags von 10 Prozent ergibt sich eine angemessene Bruttokaltmiete von 805,20 Euro. Nach Berücksichtigung der Vorauszahlungen für Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von monatlich 140 Euro liegt die Angemessenheitsgrenze bei insgesamt 945,20 Euro. Der von der Klägerin mietvertraglich geschuldete Mietzins beträgt 1.040 Euro und überschreitet damit die Angemessenheitsgrenze.
Etwas anderes ergibt sich hinsichtlich der Mietkaution nach Auffassung der Kammer auch nicht aus der Angemessenheitsfiktion des § 67 Abs. 3 SGB II. Denn es spricht einiges dafür, dass sich die Übergangsregelung des § 67 Abs. 3 SGB II nur auf § 22 Abs. 1 SGB II bezieht. Es würde dem Charakter einer zeitlich limitierten Übergangsregelung widersprechen, wenn durch eine Erstreckung der Norm auf Wohnungsbeschaffungskosten sowie Mietkautionen ein Umzug in eine unangemessen teure Unterkunft durch den Leistungsträger ermöglicht wird. Der Gesetzgeber wollte mit dem Wegfall der Angemessenheitsprüfung der Unterkunftskosten mittels einer zeitlich begrenzten Angemessenheitsfiktion die von den Auswirkungen der Pandemie Betroffenen vor der Sorge um den Verlust ihrer Wohnung bewahren (BT-Drucks. 19/18107, S. 25).
Da es sich hier mithin nicht um einen vom Träger veranlassten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug i. S. d. § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II handelt, greift zu Gunsten der Klägerin lediglich die Auffangnorm des § 22 Abs. 6 Satz 1 2. Hs. SGB II ein. § 22 Abs. 6 Satz 1 2. Hs. SGB II eröffnet dem Leistungsträger auch bei einem nicht notwendigen Umzug, beispielsweise aufgrund unangemessener Unterkunftskosten, ein Ermessen, die Mietkaution als Bedarf anzuerkennen. Dabei hat er die unterhalb der Schwelle der Notwendigkeit liegenden Gründe des Leistungsberechtigten für den Umzug, die nach dem Wohnungswechsel zu erwartenden Unterkunftsaufwendungen inklusive der Zusammenhangskosten zu berücksichtigen. Dem Leistungsträger wird durch die Regelung des § 22 Abs. 6 Satz 1 2. Hs. SGB II sowohl bezüglich des "Ob" als auch des "Wie" der Leistungserbringung Ermessen eingeräumt. Im Rahmen dieser Ermessensentscheidung sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen (BSG, U. v. 06.08.2014 - B 4 AS 37/13 R, Rn. 28, juris; Lauterbach, in: Gagel, SGB II/SGB III, 81. EL Februar 2021, § 22 SGB II, Rn. 123 f.).
Die streitgegenständlichen Bescheide lassen jedoch eine Ermessensausübung nicht erkennen. Weder aus dem Ablehnungsbescheid vom 18.02.2021 noch aus dem Widerspruchsbescheid vom 01.03.2021 geht hervor, dass der Beklagte das ihm eingeräumte Ermessen erkannt und ausgeübt hat. Die Ablehnung der Übernahme der Mietkaution wird allein darauf gestützt, dass die Unterkunftskosten unangemessen hoch sind. Die streitgegenständlichen Bescheide sind daher bereits aufgrund eines Ermessensnichtgebrauchs materiell rechtswidrig und aufzuheben, vgl. § 54 Abs. 2 SGG (BSG, U. v. 06.08.2014 - B 4 AS 37/13 R, Rn. 28, juris; BSG, U. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R, Rn. 18, juris).
Der Beklagte hat vorliegend nicht die familiäre Situation der Klägerin und insbesondere ihre offensichtliche Notlage aufgrund der Bedrohung durch ihren Ehemann mit in seine Entscheidung, die nach Ansicht der Kammer eine Übernahme der Mietkaution rechtfertigt, einbezogen und als entscheidungsrelevant erkannt. Insoweit darf auf die obenstehenden Ausführungen zur Erforderlichkeit des Umzugs verwiesen werden. Dies gilt umso mehr, als die Mietkaution regelmäßig als Darlehen gewährt, monatlich gegen den Leistungsanspruch aufgerechnet und daher an den Beklagten zurückbezahlt wird.
Der Beklagte wird daher erneut über den Antrag auf Gewährung einer Mietkaution als Darlehen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts entscheiden zu entscheiden haben (BSG, U. v. 06.05.2010 - B 14 AS 7/09 R, Rn. 18 f., juris).
Nach alledem war der Klage antragsgemäß stattzugeben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 105 Abs. 1 Satz 3 i. V. m. § 193 SGG und folgt dem Ergebnis in der Sache.