Ein Erstattungsanspruch eines Grundsicherungs- gegen einen Rentenversicherungsträger wegen "aufstockender" Leistungen bei Anspruch des Versicherten auf Übergangsgeld besteht nicht (entgegen BSG Urteil vom 12.04.2017 - B 13 R 14/16 R).
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.07.2018 wird zurückgewiesen.
II. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert des Verfahrens wird für beide Instanzen auf jeweils 172,52 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Erstattung von aufstockend gezahltem Arbeitslosengeld II in Höhe von 172,52 € hat.
Die bei der Beklagten versicherte A., geb. 17.06.1983, (nachfolgend Versicherte) absolvierte seit Oktober 2007 verschiedene Stationen der Berufspraxis (Kostenträger Agentur für Arbeit) als Verkäuferin/Kassiererin, die mit Zeiten der Arbeitslosigkeit bzw. Arbeitsunfähigkeit (mit entsprechendem Leistungsbezug) wechselten, zuletzt ab 01.05.2012. Ab Oktober 2012 bezog die Versicherte im Anschluss an Krankengeld von der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit Bayreuth, Arbeitslosengeld (Grundanspruch für die Dauer von 335 Kalendertagen ab dem 23.10.2012) in Höhe von 24,17 € kalendertäglich.
Am 12.08.2013 beantragte die Versicherte bei der Beklagten die Bewilligung einer Leistung zur stationären medizinischen Rehabilitation bei Z. n. Korrekturosteotomie bei Hallux valgus links (01/2013) mit Restbeschwerden und rez. depressiver Störung, die die Beklagte zunächst mit Bescheid vom 01.10.2013 ablehnte. Auf den Widerspruch der Versicherten vom 12.10.2013 hin bewilligte die Beklagte mit einem "Bescheid im Eilverfahren" vom 03.02.2014 eine stationäre medizinische Rehamaßnahme im Reha-Zentrum BP für die Dauer von 3 Wochen, die die Versicherte dort in der Zeit vom 18.03.2014 bis 08.04.2014 absolvierte.
Mit weiterem Bescheid vom 26.03.2014 bewilligte die Beklagte der Versicherten für die Dauer der stationären Maßnahme Übergangsgeld in Höhe von 24,17 € kalendertäglich. Der Berechnung war hierbei das von der Versicherten seit 09.01.2013 bezogene Krankengeld in Höhe des kalendertäglichen Arbeitslosengeldes (24,17 €) zugrunde gelegt worden. Für die Dauer der Rehamaßnahme belief sich das Übergangsgeld auf insgesamt 507,57 €.
Mit Schreiben vom 24.03.2014 zeigte der Kläger der Beklagten an, dass er seit dem 01.10.2013 der Versicherten Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - zahle. Nach seinen Feststellungen habe die genannte Person einen Anspruch auf Übergangsgeld. Hiermit mache er seinen "Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff SGB X" (Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -) geltend. Er weise darauf hin, dass dieses Schreiben gleichzeitig als Antragstellung nach § 5 Abs 3 SGB II gelte.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 07.04.2014 einen Erstattungsanspruch des Klägers ab. In den Fällen, in denen das Arbeitsentgelt bzw. die Entgeltersatzleistung (z. B. Krankengeld oder Arbeitslosengeld) zur Deckung des Lebensunterhalts nicht ausreiche und deshalb ein zeitgleicher Anspruch auf Arbeitslosengeld II bestehe, trete das zeitgleich gewährte Arbeitslosengeld II an die Stelle der bisherigen Sozialhilfe. Für dieses Arbeitslosengeld II habe der Träger der Grundsicherung keinen Anspruch auf Erstattung.
Mit Schreiben vom 16.04.2014 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass die Versicherte von ihm Leistungen für Unterkunft und Heizung für März 2014 in Höhe von 112,30 € und für April 2014 in Höhe von 60,22 € erhalten habe. Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung waren nicht aufgelistet. Er gehe nach seinen Unterlagen davon aus, dass die Beklagte für den genannten Zeitraum nach § 102 SGB X in Höhe des genannten Gesamtbetrages von 172,52 € erstattungspflichtig sei.
Die Beklagte lehnte mit Schreiben vom 12.05.2014 den geltend gemachten Erstattungsanspruch wiederum ab. Nach nochmaliger Prüfung des Sachverhalts verbleibe es bei der Ablehnung der Erstattung des Arbeitslosengeldes II.
Am 11.06.2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben, die zunächst unter dem Aktenzeichen S 16 R 454/14 geführt wurde, mit dem Antrag, die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 172,52 € zu zahlen. Er verwies auf eine Entscheidung des SG vom 23.07.2013 in einer anderen Streitsache (S 7 R 1103/12).
Die Beklagte wies mit Schriftsatz vom 18.07.2014 darauf hin, dass die Versicherte bereits seit 01.10.2013 aufstockend Arbeitslosengeld II vom Kläger beziehe. In dem von Klägerseite zitierten Verfahren habe es sich um eine Vorleistung des Jobcenters aufgrund verspäteter Zahlung von Übergangsgeld gehandelt, so dass eine Zahlung des Jobcenters nur für die Dauer der Rehabilitation erfolgt sei. Der hiesige Fall sei damit nicht vergleichbar.
Aufgrund des gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 23.07.2013 in dem Verfahren S 7 R 1103/12 beim Bayer. Landessozialgericht anhängigen Berufungsverfahrens hat das SG mit Zustimmung der Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet (Beschluss vom 18.03.2015) und auf den Antrag des Klägers vom 24.04.2017 unter dem neuen Aktenzeichen S 16 R 280/17 fortgesetzt. Der Kläger hat zur Begründung des Antrags lediglich auf einen Terminbericht des Bundessozialgerichts (BSG) vom 13.04.2017 hingewiesen.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 18.04.2018 ausgeführt, dass auch unter Berücksichtigung der im Terminbericht genannten Entscheidung des BSG vom 12.04.2017 die Rentenversicherungsträger allgemein - und somit auch die Beklagte - die Auffassung verträten, dass ergänzendes Arbeitslosengeld II weder von § 25 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - SGB II - noch von § 20 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - erfasst würde. Mit dem Ausdruck "zuvor" werde eine vielmehr rentenrechtliche Anbindung gefordert. Es sei gesetzlich nicht gewollt, neben dem Anspruch auf Übergangsgeld auf der Basis eines beitragsrelevanten Entgelts einen weiteren Anspruch auf Übergangsgeld aus einem "Fürsorgesystem" (so die Gesetzesbegründung zum Haushaltsbegleitgesetz 2011) ohne Beitragsanbindung zu setzen. Die verfassungskonforme und rechtssystematisch gebotene, aus der Gesetzesbegründung herleitbare Auslegung sei zu favorisieren. Nach Auffassung der Rentenversicherungsträger gehe das BSG in der Annahme fehl, der Gesetzgeber habe mit der Einführung des § 25 SGB II bezweckt, den Personenkreis der zum Übergangsgeld Berechtigten auf Fälle auszuweiten, welche steuerfinanziert in der Folge der ergänzenden Sozialhilfe und ohne Beitragsanbindung zur Rentenversicherung stünden. Die BSG-Rechtsprechung gehe auch in der Feststellung fehl, das ergänzende Arbeitslosengeld II ließe sich im Wege einer Auslegungshilfe für den Ausdruck "zuvor" des § 20 Nr 3 Buchstabe b SGB VI in den § 11 SGB VI subsumieren. Die in die Gesetzesbegründung zum § 11 SGB VI mündende Gesetzesentwicklung des mit dem Leistungsrecht verzahnten Beitragsrechts verdeutliche vielmehr, dass die höchstrichterlichen Annahmen für § 20 SGB VI nicht zutreffend seien. Nach § 3 Satz 1 Nr 3a SGB VI in der Fassung des Artikel 2 des Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 24.03.2006 (BGBl I S 558) sei für Bezieher von ergänzendem Arbeitslosengeld II neben der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung wegen eines Arbeitsentgeltes bzw. einer Entgeltersatzleistung keine zusätzliche Versicherungspflicht vorgesehen. Die Gesetzesbegründung hierfür laute:
"Die Regelung diene der Vermeidung von Doppelversicherungen von Personen, die bereits aus einem anderen Grund in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtig sind, insbesondere, weil sie neben dem Bezug von Arbeitslosengeld II versicherungspflichtig beschäftigt oder versicherungspflichtig selbständig tätig sind oder Arbeitslosengeld beziehen."
Leistungen nach dem SGB II, welche nur ergänzend bezogen würden, sollten damit ausdrücklich nicht über das zu Ergänzende hinaus beitragsrechtliche und damit leistungsrechtliche Wirkung entfalten. Auf dieser Regelung aufbauend sei dann zum 01.01.2011 (Art 19 des Haushaltsbegleitgesetzes 2011 vom 09.12.2010, BGBl I S 1885) allgemein die Versicherungspflicht zur Rentenversicherung für Bezieher von Arbeitslosengeld II entfallen. Die Gesetzesbegründung hierfür laute wie folgt:
"Der Wegfall der Rentenversicherungspflicht für Bezieher von Arbeitslosengeld II ist systemgerecht. Die Leistungen eines Fürsorgesystems dienen dazu, akute Hilfebedürftigkeit zu beseitigen. Ihnen kommt dagegen nicht die Funktion zu, bereits im Voraus pauschal Leistungen zu erbringen, um eine vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt eintretende Hilfebedürftigkeit durch Begründung versicherungsrechtlicher Rentenanwartschaften zu beseitigen."
Das rentenrechtliche Äquivalenzprinzip von Beitrag und Leistung hervorhebend sei die rentenwirksame Anbindung für Bezieher von Arbeitslosengeld II verringert worden. Die Folgen dieser rechtssystematischen Entscheidung, Fürsorgesystem und beitragsinduzierte Rentenanwartschaft wieder stärker zu trennen, sei für das Rehabilitationsrecht vom Gesetzgeber aufgrund rehabilitativer Zielsetzung abgemildert worden. Die dem gemäße Gesetzesbegründung zu § 11 SGB VI laute:
"Durch die Rechtsänderung werde sichergestellt, dass nach bisherigem Recht versicherungspflichtige Bezieher von Arbeitslosengeld II durch die Berücksichtigung von entsprechenden Anrechnungszeiten ihre bereits erworbenen Ansprüche auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation aufrechterhalten, weil bei ihnen Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II vorliegt und von erwerbsfähigen Hilfebedürftigen während des Leistungsbezuges erwartet wird, dass sie jede zumutbare Arbeit annehmen."
In der Gesetzesbegründung werde explizit klargestellt, dass für "versicherungspflichtige Bezieher von Arbeitslosengeld II" eine Bestandswahrung erfolgen sollte. Bezieher von ergänzendem Arbeitslosengeld II könnten demnach gar nicht gemeint sein, weil bei diesen nach der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung des § 3 S 1 Nr 3a Buchstabe e) SGB VI keine Versicherungspflicht gegeben gewesen sei, was zudem mit der Gesetzesbegründung zu § 3 SGB VI eine Entsprechung finde:
"Die Regelung stellt sicher, dass Bezieher von Arbeitslosengeld II, die im Anschluss an diese Leistung eine andere Sachleistung beziehen, auch künftig nach § 3 Abs 1 S 1 Nr 3 versicherungspflichtig sind. Dies wird erreicht, indem Anrechnungszeiten wegen des Bezuges von Arbeitslosengeld II den Einjahreszeitraum nach Nummer 3 zweiter Halbsatz, in dem zuletzt Versicherungspflicht bestanden haben muss, verlängern."
Der Gesetzgeber spreche unmissverständlich von einer Weiterführung der Versicherungspflicht. Bezieher eines ergänzenden Arbeitslosengeldes II seien jedoch bereits aufgrund des zu Ergänzenden versicherungspflichtig und damit rehabilitationsberechtigt, aus dessen Quelle sich zudem ein Anspruch auf Übergangsgeld gegebenenfalls begründet. Der vom Gesetzgeber bezweckte Schutzbedarf bestehe für diese Personengruppe schlicht nicht.
Zwar sei nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) und des BSG von Verfassungs wegen keine versicherungsmathematische Äquivalenz zwischen Beitrag und Leistung erforderlich. Für unterschiedliche Leistungen an Versicherte mit gleicher Beitragsbelastung müsse aber nach Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) ein hinreichender sachlicher Grund bestehen. Als steuerfinanzierte Leistung sei das Arbeitslosengeld II von der Bedürftigkeit abhängig. Eine hieraus resultierende Erhöhung des Übergangsgeldes - ohne entsprechende Beitragsleistung zur Rentenversicherung - entspreche nach Auffassung der Rentenversicherungsträger nicht dem vom BVerfG aufgestellten Grundsatz der Äquivalenz.
Das SG hat sodann mit Zustimmung der Beteiligten durch Urteil ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG - vom 05.07.2018 entschieden und die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Erstattungsanspruch nach § 25 SGB II i.V.m. § 102 SGB X. Nach Auffassung und zur Überzeugung des Gerichts werde ergänzend gezahltes Arbeitslosengeld II weder dem Wortlaut nach noch nach der teleologischen Auslegung "weder" von § 25 SGB II noch von § 20 SGB VI erfasst, da mit dem Ausdruck "unmittelbar vor Beginn der Leistungen" bzw. "zuvor" eine rentenrechtliche Anbindung gefordert werde, weil es gesetzlich nicht gewollt sei, neben dem Anspruch auf Übergangsgeld auf Basis eines beitragsrelevanten Entgelts einen weiteren Anspruch auf Übergangsgeld aus einem "Fürsorgesystem" (so die Gesetzesbegründung zum Haushaltsbegleitgesetz 2011, BT-Drs 17/3030, Seite 50) ohne Beitragsanbindung zu setzen. Außerdem sei nach Auffassung des Gerichts zwingend zu berücksichtigen, dass vor Inkrafttreten des SGB II am 01.01.2005 ein Versicherter, der mit seinem Arbeitseinkommen oder mit Arbeitslosengeld/-hilfe seinen Lebensunterhalt nicht habe abdecken können, aufstockende Sozialhilfe, die nicht beitragspflichtig zur gesetzlichen Rentenversicherung gewesen sei, habe beziehen können. Hieraus habe zu keinem Zeitpunkt vor dem 01.01.2005 mangels Nennung der Sozialhilfe in § 20 SGB VI ein Übergangsgeld ermittelt werden können. Mit der Einführung des Arbeitslosengeldes II sei zwar eine ursprünglich beitragspflichtige Leistung geschaffen worden, die über § 20 Nr 3b SGB VI Grundlage für ein Übergangsgeld sein könne, aber nach der bereits zitierten Gesetzesbegründung nur dann, wenn der Rehabilitand vor Beginn der Rehabilitationsmaßnahme ausschließlich Arbeitslosengeld II bezogen habe und zuvor Pflichtbeiträge aus Arbeitsentgelt oder einer anderen versicherungspflichtigen Leistung entrichtet habe. In der Gesetzesbegründung werde explizit klargestellt, dass für versicherungspflichtige Bezieher von Arbeitslosengeld II eine Bestandswahrung erfolgen solle, nicht jedoch für die Bezieher von ergänzendem Arbeitslosengeld II. Erst dann, wenn das Arbeitslosengeld II die Funktion einer Anschlusslohnersatzleistung übernehme, also dann, wenn diese (bis 31.12.2010) zu einer Beitrags- oder (ab 01.01.2011) zu einer Anrechnungszeit führe, solle daraus auch ein Übergangsgeldanspruch entstehen. Da außerdem nur Arbeitsentgelt, Arbeitslosengeld I oder originäres Arbeitslosengeld II, nicht aber aufstockendes Arbeitslosengeld II Grundlage für die Versicherungspflicht gewesen seien, werde mehr als offenkundig, dass nur diese als Grundlage für die Ermittlung der Höhe des Übergangsgeldes in Betracht kämen, nicht aber das im Wege der Aufstockung gezahlte Arbeitslosengeld II.
Zur Begründung der hiergegen vom SG zugelassenen Berufung hat der Kläger mit Schriftsatz vom 28.09.2018 lediglich erneut auf das Urteil des BSG vom 12.04.2017 (B 13 R 14/16 R) verwiesen, ohne weitere Ausführungen zu den Entscheidungsgründen des SG im Urteil vom 05.07.2018 zu machen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.07.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 172,52 € zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.07.2018 zurückzuweisen.
Sie wiederholt im Wesentlichen ihre rechtliche Argumentation aus dem sozialgerichtlichen Verfahren.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Akten des Klägers (Band 1 - 3), die Akten der Beklagten sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Insbesondere ergeben sich hinsichtlich der Statthaftigkeit der Berufung im Hinblick auf den für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern eigentlich notwendigen Berufungsstreitwert von 10.000,00 € (§ 144 Abs 1 Nr 2 SGG) keine Bedenken, weil das SG die Berufung nach § 144 Abs 2 Nr 2 SGG zugelassen hat. Der Senat ist gemäß § 144 Abs 3 SGG an die Zulassung gebunden.
Die Berufung ist jedoch unbegründet. Das SG hat zu Recht mit Urteil vom 05.07.2018 einen Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Zahlung von 172,52 € abgelehnt. Ein Anspruch auf Erstattung des vom Kläger an die Versicherte aufstockend gezahlten Arbeitslosengeldes II gegen die Beklagte besteht nicht. Der vom Kläger geltend gemachte "Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X" führt nicht zu einem Anspruch, weil die hierfür notwendigen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Diese Norm ist auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar (1.). Aber auch auf § 25 SGB II i.V.m. § 102 SGB X entsprechend kann ein Erstattungsanspruch des Klägers nicht gestützt werden (2.).
1. Keine Anwendbarkeit des § 102 SGB X.
Der Kläger hat vorliegend zunächst mit Schreiben vom 24.03.2014 bei der Beklagten einen "Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. SGB X" angezeigt und - nach Ablehnung durch die Beklagte bereits dem Grunde nach - mit weiterem Schreiben vom 16.04.2014 konkret einen "Erstattungsanspruch nach § 102 SGB X" in Höhe von 172,52 € geltend gemacht, weil er Leistungen für Unterkunft und Heizung für März und April 2014 in Höhe von insgesamt 172,52 € an die Versicherte erbracht habe. Es kann vorliegend dahingestellt bleiben, ob ein Schreiben, mit dem ein "Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff SGB X" angezeigt wird, überhaupt ausreichend wäre, um die für einen Erstattungsanspruch notwendige Individualisierung und Konkretisierung des Sozialleistungsverhältnisses annehmen zu können (vgl. hierzu grundlegend: Roos, in: Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, Vor §§ 102 - 114 mit zahlreichen weiteren Nachweisen). Jedenfalls liegen die gesetzlich in § 102 SGB X genannten Voraussetzungen für einen Erstattungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte offensichtlich nicht vor.
Gemäß § 102 Abs 1 SGB X ist der zur Leistung verpflichtete Leistungsträger erstattungspflichtig, wenn ein anderer Leistungsträger aufgrund gesetzlicher Vorschriften vorläufig Sozialleistungen erbracht hat. Gemäß § 102 Abs 2 SGB X bestimmt sich in diesem Fall - abweichend zu den anderen gesetzlichen Erstattungsansprüchen nach §§ 103 bis 105 SGB X - der Umfang des Erstattungsanspruchs nach den für den vorleistenden Leistungsträger geltenden Rechtsvorschriften.
Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 102 SGB X wären somit also:
(1) Leistungszuständigkeit des Klägers zur Erbringung vorläufiger Listungen aufgrund gesetzlich angeordneter Verpflichtung zur vorläufigen Leistung,
(2) eigentliche Leistungszuständigkeit der Beklagte nach materiellem Recht und
(3) zeitliche und sachliche Kongruenz der Leistungen.
Der Kläger hat zwar Leistungen an die Versicherte in Höhe von 172,52 € für Miete und Heizung nach den Vorschriften des SGB II erbracht. Dabei handelte es sich aber nicht um eine vorläufige Leistung im Sinne des § 102 SGB X.
Eine vorläufige Leistungserbringung im Sinne des § 102 Abs 1 SGB X im rechtlichen Sinne liegt nach herrschender Meinung und ständiger Rechtsprechung nicht bereits dann vor, wenn ein Leistungsträger überhaupt Leistungen erbringt, sondern nur dann, wenn der angegangene Leistungsträger zwar zunächst nach den jeweiligen Vorschriften des materiellen Sozialrechts dem Berechtigten gegenüber zur Leistung verpflichtet ist, dabei aber entweder in Kenntnis von der Zuständigkeit eines anderen Leistungsträgers leistet oder sich noch erkennbar im Ungewissen darüber befindet, welcher andere Leistungsträger zuständig ist. Dabei muss der Wille des erstattungsbegehrenden Leistungsträgers - vorliegend also des Klägers - entweder für einen anderen oder im Hinblick auf die ungeklärte Leistungszuständigkeit leisten zu wollen, nach außen erkennbar sein (BSG, Urteil vom 28.03.1984, - 9a RV 50/82 - SozR 1300 § 102 Nr 1). Andernfalls wäre auch eine Abgrenzung des Erstattungsanspruchs nach § 102 SGB X gegenüber anderen Erstattungsansprüchen nicht möglich, was insbesondere deshalb notwendig ist, weil nur § 102 SGB X innerhalb der Erstattungsansprüche nach dem SGB X in Absatz 2 eine Erstattung in Höhe der Leistungen des vorleistenden Leistungsträgers vorsieht, während §§ 103 bis 105 SGB X auf den konkreten Leistungsumfang des eigentlich zuständigen Leistungsträgers abstellen. Regelmäßig hat deshalb der vorleistende Träger im Bescheid an den Leistungsberechtigten auf die noch ungeklärte Zuständigkeit und die daraus resultierende Vorläufigkeit der Leistung hinzuweisen. Eine nachträgliche Umdeutung einer erbrachten Sozialleistung in eine vorläufige Leistung, um einen Erstattungsanspruch durchsetzen zu können, scheidet jedenfalls aus (vgl. hierzu Roos, in: Schütze, Kommentar zum SGB X, 9. Aufl. 2020, § 102 SGB X m. w. N.).
Vorliegend hat die Versicherte unstreitig seit dem 01.10.2013 ergänzende Leistungen nach dem SGB II, aufstockend auf das von ihr zunächst bezogene Arbeitslosengeld und anschließend auf das Krankengeld, vom Kläger erhalten. Ein Bescheid des Klägers gegenüber der Versicherten, aus dem sich eine aufgrund gesetzlicher Vorschriften bestehende, lediglich vorläufige Leistung des Klägers in Bezug auf den Zeitraum der durchgeführten Maßnahme der stationären medizinischen Rehabilitation hätte ergeben können, wurde vom Kläger gegenüber der Versicherten nicht erlassen. Der Kläger hat vielmehr in eigener Leistungszuständigkeit die bisherigen aufstockend gezahlten Leistungen weitergezahlt und hierfür von der Beklagten dann nachträglich die Erstattung verlangt.
Unter die Norm des § 102 SGB X fallen auch keine Vorschüsse auf Leistungen im Sinne des § 42 Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I -, da Vorschüsse nach dieser Vorschrift von dem unzweifelhaft zuständigen Leistungsträger - bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen des § 42 SGB I - zu erbringen sind und hier - im Gegensatz zur rechtlichen Konstellation bei § 102 SGB X - gerade ein Zweifel an der Leistungszuständigkeit des leistenden Trägers nicht besteht und auch nicht bestehen darf. Das Erstattungsbegehren des Klägers konnte deshalb nicht auf § 102 SGB X gestützt werden.
2. Keine Erstattung auf der Grundlage des § 25 SGB II i.V.m. § 102 SGB X entsprechend.
Selbst wenn zugunsten des Klägers unterstellt wird, dass sein Erstattungsbegehren für die Beklagte als Anspruchsgegnerin zumindest individualisierbar und konkretisierbar in Bezug auf die Person der Versicherten, die Dauer der stationären medizinischen Rehamaßnahme und die erbrachten Leistungen gewesen war, liegen die Voraussetzungen für eine Erstattung der hier streitgegenständlichen Zahlungen nicht vor, weil der Kläger auch auf der Grundlage des § 25 SGB II keinen Anspruch auf Erstattung der geleisteten Zahlungen in Höhe von 172,52 € gegen die Beklagte hat.
Gemäß § 25 S 1 SGB II in der hier anzuwendenden Fassung vom 13.05.2011, gültig vom 01.04.2011 bis 17.02.2021 (BGBl 2011 I, 850), erbringen die Träger der Leistungen nach dem SGB II die bisherigen Leistungen "als Vorschuss" auf die Leistungen der Rentenversicherung weiter, wenn Leistungsberechtigte nach dem SGB II dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung haben. Gemäß § 25 S 3 SGB II gilt § 102 SGB X entsprechend.
a. Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 25 S 1 SGB II wird durch diese Norm eine gesetzliche Fiktion begründet, dass Leistungen nach dem SGB II "als Vorschuss" auf die Leistungen des Rentenversicherungsträgers zu werten sind, wenn die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung an Leistungsbezieher nach dem SGB II medizinische Leistungen zur Rehabilitation erbringen. Weitere, unabdingbare Voraussetzung ist jedoch auch, dass die Leistungsbezieher dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung haben. Ob dieser Anspruch dem Grunde nach für den jeweiligen Leistungsbezieher besteht, richtet sich nicht nach den Vorschriften des SGB II, sondern - wie das BSG dies in seiner Entscheidung vom 12.04.2017 (Az B 13 R 14/16 R) auch festgestellt hat - nach den Vorschriften des SGB VI, hier den §§ 20, 21 SGB VI. Allein die Zahlung von Arbeitslosengeld II - so wie von den Vertretern des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 03.03.2021 vorgetragen - löst eine Erstattungspflicht des Trägers der gesetzlichen Rentenversicherung sicherlich nicht aus.
b. Grundsätzlich ist zu beachten, dass ein Anspruch auf Übergangsgeld nach den §§ 20, 21 SGB VI zum einen unabdingbar verknüpft ist mit einem Anspruch eines Versicherten im Sinne der §§ 1 ff. SGB VI auf Gewährung einer Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben gegen den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, insoweit, als ein Anspruch auf Übergangsgeld nach §§ 20, 21 SGB VI nur als Annex zu Rehaleistungen zu sehen ist, auf das es ohne Rehaleistungen grundsätzlich keinen Anspruch geben kann. Zum anderen entsteht der Anspruch auf Übergangsgeld aber umgekehrt auch nicht automatisch mit Zuerkennung einer Rehamaßnahme durch den Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, also bei Vorliegen der §§ 9 bis 17 SGB VI, er fordert vielmehr weitere Voraussetzungen, insbesondere den Eintritt eines Ausfalls von beitragspflichtigem Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen oder von beitragspflichtigen Entgeltersatzleistungen (wie Krankengeld oder Arbeitslosengeld) infolge der Teilnahme an der - meist nur kurzfristigen, wenige Wochen in Anspruch nehmenden - Maßnahme der medizinischen Rehabilitation. Sinn und Zweck des Übergangsgeldanspruchs nach den §§ 20, 21 SGB VI ist es, die unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder - falls Arbeitsunfähigkeit nicht vorliegt - unmittelbar vor Beginn der Rehamaßnahme bestehende Einkommenssituation des/der Versicherten auch für die Zeit der medizinischen Rehabilitation sicherzustellen (Entgeltersatzprinzip und Kontinuitätsauftrag durch den Anspruch auf Übergangsgeld) (so auch BSG, a.a.O., Rdnr 27).
c. Ein Anspruch auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation nach den §§ 9 ff. SGB VI kann dabei nur Versicherten der gesetzlichen Rentenversicherung zustehen. Wer versichert ist in der gesetzlichen Rentenversicherung regeln die §§ 1 ff. SGB VI. Im vorliegenden Fall ist die Versicherte als Bezieherin von Arbeitslosengeld von der Agentur für Arbeit Bayreuth und unmittelbar anschließend als Bezieherin von Krankengeld von der DAK nach § 3 S 1 Nr 3 SGB VI versichert, da sie im letzten Jahr vor Beginn dieser Leistung zunächst Arbeitslosengeld und unmittelbar anschließend Krankengeld bezogen hat und vor diesen Sozialleistungen zuletzt versicherungspflichtig beschäftigt war mit entsprechender Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Versicherteneigenschaft liegt nach § 3 S 1 Nr 3 SGB VI vor, ohne dass es auf den Bezug von aufstockend gezahltem Arbeitslosengeld II oder auf den Bezug von Arbeitslosengeld II als Anrechnungszeiten, die die Einjahresfrist des § 3 S 1 Nr 3 SGB VI verlängern würden, ankäme. Die Versicherte hat offensichtlich auch die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation nach den §§ 10 und 11 SGB VI erfüllt gehabt, wobei die Beklagte die medizinische Notwendigkeit der stationären Rehamaßnahme zunächst abgelehnt, auf den Widerspruch der Versicherten letztlich mit Bescheid vom 03.02.2014 dann bejaht gehabt hatte.
d. Ein Anspruch auf Übergangsgeld nach § 20 Abs 1 SGB VI setzt neben der Versicherteneigenschaft (hier nach § 3 S 1 Nr 3 SGB VI) und der Gewährung einer stationären medizinischen Rehabilitation weiter voraus, dass Versicherte unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn sie nicht arbeitsunfähig sind, unmittelbar vor Beginn der Leistungen, also der Maßnahme zur stationären medizinischen Rehabilitation, entweder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen erzielt und im Bemessungszeitraum (§§ 64 ff. Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - n.F. bzw. §§ 46 ff. SGB IX in der bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung (a.F.) Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt haben (§ 20 Abs 1 Nr 3a SGB VI) oder Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Kurzarbeitergeld, Arbeitslosengeld, Arbeitslosengeld II oder Mutterschaftsgeld bezogen haben und für die von dem der Sozialleistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen oder im Falle des Bezuges von Arbeitslosengeld II zuvor aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind (§ 20 Abs 1 Nr 3b SGB VI). Beitragsbemessungszeitraum ist dabei in der Regel der letzte Entgelt-abrechnungszeitraum vor Beginn der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, üblicherweise die letzten 4 Wochen vor Beginn als Regelentgeltabrechnungszeitraum. Bereits daraus wird der gesetzlich formulierte enge zeitliche Vorbezug von beitragspflichtigem Arbeitsentgelt oder -einkommen vor der Rehamaßnahme deutlich gemacht, der auch bei der Auslegung der Vorschriften der §§ 20, 21 SGB VI zu beachten ist.
e. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass § 25 SGB II ebenfalls eine Einschränkung seiner Anwendbarkeit beinhaltet. § 25 SGB II ist ausdrücklich nur dann anzuwenden, wenn es sich um eine Leistung der medizinischen Rehabilitation handelt, nicht hingegen bei Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Bei letzteren Leistungen (z. B. Wiedereingliederungen, Ausbildungen und Umschulungen) ist davon auszugehen, dass diese durchaus einen erheblichen Zeitraum beanspruchen, so dass hier ein Wechsel des zuständigen Leistungsträgers auch gegenüber dem Leistungsbezieher bzw. Versicherten sinnvoll und ohne weitere Belastung ist (Ausnahme § 16 SGB II). Medizinische Leistungen zur Rehabilitation sind in der Regel auf einen relativ kurzen Zeitraum begrenzt (meist wenige Wochen), so dass für diesen kurzen Zeitraum im Verhältnis zum Leistungsbezieher ein Wechsel des Leistungsträgers vermieden werden soll, nicht zuletzt, weil von einem aktuellen Entgeltausfall auszugehen ist und unterschiedliche Fälligkeiten und aufwändige Ermittlungen des Leistungsanspruchs zu Lasten des Leistungsempfängers/Versicherten gehen würden. Die Regelung des § 25 SGB II dient deshalb nach herrschender Meinung der Vermeidung des Trägerwechsels (vgl. hierzu u. a. Bittner, in: juris-PK-SGB II, 5. Aufl., 2020, § 25 Rdnr 14; Köhler, in: Hauck/Noftz, SGB II, Stand 10/2018, § 25 Rdnr 11 jeweils mit weiteren Nachweisen).
Wenn aber § 25 SGB II bei medizinischen Rehabilitationsleistungen der Vermeidung eines Trägerwechsels dient und gerade keine materiell-rechtliche Verschiebung der Leistungszuständigkeit auslösen soll, folgt daraus zur Überzeugung des Senats zwingend, dass sowohl ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II als auch auf Übergangsgeld zeitgleich für die Dauer der medizinischen Rehamaßnahme bestehen muss. Gleichzeitig darf aber für diesen Zeitraum der Dauer der medizinischen Rehamaßnahme nur einer der beiden Leistungsträger nach materiellem Recht (d. h. entweder nach dem SGB VI oder nach dem SGB II) leistungszuständig sein. Nur insoweit kommt der Zahlung von Arbeitslosengeld II der Charakter eines Vorschusses zu, der nach § 25 SGB II eine Erstattung durch den Rentenversicherungsträger nach sich ziehen kann. In diesem Fall ist dann auch die für einen Erstattungsanspruch notwendige und auch hier zu berücksichtigende zeitliche und sachliche Kongruenz der zu erbringenden Leistungen gegeben. Sind aber trotz einer materiell-rechtlich eindeutigen Leistungszuständigkeit weiterhin Leistungen zur Deckung des Lebensunterhalts nach dem SGB II "aufstockend" notwendig, um das Existenzminimum des Leistungsbeziehers zu sichern, führt § 25 SGB II nicht zu einer Änderung der nach materiellem Recht bestehenden Leistungszuständigkeit.
f. Der Wortlaut des § 20 Abs 1 Nr 3 SGB VI macht darüber hinaus auch deutlich, dass ein Anspruch auf Übergangsgeld nur dann bestehen kann, wenn eine Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung erfolgt ist, entweder aus dem Entgelt aus der versicherungspflichtigen Beschäftigung (Arbeitsentgelt) oder aus einer versicherungspflichtigen selbständigen Tätigkeit (Arbeitseinkommen), oder aber aus der bezogenen Sozialleistung, deren Höhe und Berechnung sich an dem zuvor beitragspflichtigen Arbeitsentgelt orientiert. Der Bezug von Arbeitslosengeld II als solcher orientiert sich jedoch nicht an der Höhe des zuvor beitragspflichtigen Arbeitsentgelts oder Arbeitseinkommens, sondern ausschließlich an der Bedürftigkeit des Leistungsempfängers im Sinne der §§ 7, 9 SGB II, d. h. an der Einkommens- und Vermögenssituation des Leistungsempfängers zur Bestreitung seines Lebensunterhalts (allgemeine Meinung, vgl. u. a. Köhler, a.a.O., § 25 SGB II Rdnr 13; Zabre, in: Kreikebohm, SGB VI, 5. Aufl., 2017, § 20 SGB VI, Rdnr 8; Jabben, in: BeckOK Sozialrecht, Stand 01.09.2020, § 20 SGB VI Rdnr 8 jeweils m. w. N.; so aber auch BSG, Urteil vom 12.04.2017, a.a.O., Rdnr28).
g. Des Weiteren ist aus dem Wortlaut des § 20 Abs 1 Nr 3b SGB VI zu entnehmen, dass die darin aufgezählten Sozialleistungen nicht kumulativ genannt sind, sondern eine alternative Auflistung erfolgt, weil die dort genannten Sozialleistungen jeweils Anspruchsvoraussetzungen haben, die zu einem individuellen Leistungsbezug führen, der andere - gleichzeitige - weitere Sozialleistungen, die auf den Ausgleich der gleichen Bedarfssituation gerichtet wären, grundsätzlich ausschließen. Ein Entgeltausfall kann aus unterschiedlichen Gründen eintreten, z. b. durch Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit. Der Kompensation des Entgeltausfalls dienen die jeweils in den einzelnen Gesetzbüchern des Sozialgesetzbuches genannten Geldleistungen, die von den jeweiligen, dort genannten Sozialleistungsträgern zu erbringen sind. Der Anspruch auf Zahlung von Krankengeld setzt z. B. einen Versicherungsfall nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch - SGB V - voraus, nämlich eine Krankheit im Sinne eines regelwidrigen Körper- oder Geisteszustandes, der Arbeitsunfähigkeit und/oder Behandlungsbedürftigkeit nach sich zieht. Wer erkrankt ist und Krankengeld bezieht, kann in der Regel nicht gleichzeitig Arbeitslosengeld nach den §§ 136 ff. Drittes Buch Sozialgesetzbuch - SGB III - beziehen, es sei denn, der Anspruch auf Krankengeld ist erschöpft (§ 48 SGB V) und es greift die sog. Nahtlosigkeitsregelung nach § 145 SGB III. § 145 Abs 3 SGB III sieht wiederum einen gesetzlichen Erstattungsanspruch entsprechend § 103 SGB X vor, wenn der leistungsgeminderten Person von einem Träger der gesetzlichen Rentenversicherung Übergangsgeld oder eine Rente wegen Erwerbsminderung zuerkannt wird. Durch diese Erstattungsregelung wird sichergestellt, dass einerseits der regelmäßig leistende Sozialleistungsträger die laufende Zahlung an den Versicherten zunächst weiter erbringt und im Wege der Erstattung so diese Leistung für den Zeitraum wieder ausgeglichen wird, für den es die Leistungszuständigkeit eines anderen Sozialleistungsträgers im gegliederten System der gesetzlichen Sozialversicherung gibt. Hat der Träger der gesetzlichen Rentenversicherung einem Versicherten eine Leistung der stationären medizinischen Rehabilitation zu erbringen, ist er auch für die Sicherung des Entgeltausfalls zuständig (§ 45 Abs 1 Nr 3 SGB IX a. F. bzw. § 65 Abs 1 Nr 3 SGB IX n.F.) und hat Übergangsgeld nach Maßgabe der §§ 20, 21 SGB VI zu zahlen. Aber nur im Falle der zeitgleichen Leistung mit Entgeltersatzfunktion - also von Arbeitslosengeld und Übergangsgeld - während der Dauer der medizinischen Rehabilitation wird durch den gesetzlich vorgesehenen Erstattungsanspruch auch ein Ausgleich hergestellt, dahingehend, dass der für die Maßnahme der medizinischen Rehabilitation zuständige Leistungsträger - hier die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung - auch die Entgeltersatzleistung zu übernehmen haben. Arbeitslosengeld, Krankengeld und Übergangsgeld haben Entgeltersatzfunktion, die sich an dem vorausgegangenen beitragspflichtigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen orientieren. Sie sind sachlich kongruent, d. h. auf gleichartige Kompensation von Verdienstausfall gerichtet wie das Übergangsgeld während der Rehamaßnahme und erfüllen damit eine wesentliche rechtliche Voraussetzung für einen Erstattungsanspruch. Sobald auch eine zeitliche Kongruenz vorliegt, d. h. die beiden Leistungen für den gleichen Zeitraum zustehen würden, kommt es zur Erstattung der primären Sozialleistung durch den Träger der Rentenversicherung.
h. Aufstockend gezahltes Arbeitslosengeld II erfüllt aber keine Entgeltausfallfunktion in dem soeben aufgezeigten Sinn, d. h. es berechnet sich nicht aus dem vorher beitragspflichtigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen und stellt den Ersatz dieses Arbeitsentgelts in Notsituationen der gesetzlichen Sozialversicherung sicher, sondern orientiert sich ausschließlich am nicht abgedeckten Lebensbedarf eines Leistungsempfängers nach dem SGB II (so auch BSG a.a.O., Rdnr 28 unter Bezugnahme auf die Begründung der Fraktionen der SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 30.03.2004 zum Entwurf eines Kommunalen Optionsgesetzes, BT-Drucks 15/2816, 16 zu Nr 2). Die primären Sozialleistungen wie Arbeitslosengeld, Krankengeld, Übergangsgeld etc. sind dabei grundsätzlich als Einkommen im Rahmen der Bedarfsprüfung nach § 11 SGB II zu werten. Soweit Einkommen vorliegt, das den Bedarf deckt, fehlt es an einer Hilfebedürftigkeit im Sinne des § 9 SGB II. Ein Anspruch auf Arbeitslosengeld II ergibt sich beim Bezug von anderen Sozialleistungen deshalb nur insoweit, als diese Sozialleistungen als anrechenbares Einkommen nicht zur Bedarfsdeckung ausreichen (§ 9 Abs 1 2. Alt. SGB II).
i. Im Gegensatz zu den primären Sozialleistungen wie Krankengeld, Arbeitslosengeld, Verletztengeld u. ä. sind aus dem Arbeitslosengeld II - unabhängig davon, ob es nur aufstockend oder laufend gezahlt wird - keine Beiträge zur gesetzlichen Sozialversicherung zu entrichten. Es handelt sich gerade nicht um eine selbst beitragspflichtige Sozialleistung im Sinne des § 20 Abs 1 Nr 3b SGB VI.
Trotzdem nennt § 20 Abs 2 Nr 3b SGB VI auch den Bezug von Arbeitslosengeld II als möglichen Leistungsvorbezug für einen Anspruch auf Übergangsgeld, aber nur dann, wenn zuvor aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen Beiträge zur Rentenversicherung gezahlt worden sind. Wie aber oben bereits dargestellt, sieht § 20 Abs 1 Nr 3 SGB VI keine Kumulation von Sozialleistungen als Berechnungsgrundlage des Übergangsgeldes vor, sondern nennt die Leistungen alternativ, so dass bereits deswegen ein Anspruch auf Übergangsgeld bei Bezug von Arbeitslosengeld II nur dann in Betracht kommen kann, wenn es sich um den alleinigen laufenden Bezug von Arbeitslosengeld II handelt, dem dann die Funktion einer Lohnersatzleistung z. B. nach Erschöpfung der Anspruchsdauer eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld zukommt. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Des Weiteren gilt auch hier eine beitragsrechtliche Anknüpfung durch die gesetzlich in § 20 Abs 1 Nr 3b SGB VI geforderte Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung aus Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen, die dem Arbeitslosengeld II-Bezug vorausgegangen sein muss, und zwar, wie auch bei den anderen dort genannten Sozialleistungen, unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit, alternativ vor Beginn der Reha-Maßnahme. Das BSG hat in seinem Urteil vom 12.04.2017 zutreffend darauf hingewiesen, dass der Begriff "zuvor" in der Literatur und Rechtsprechung unterschiedlich interpretiert wird. Die wohl überwiegende Meinung in der Literatur vertritt die Auffassung, dass es sich um einen nahtlosen Übergang zwischen beitragspflichtigem Arbeitsentgelt und nachfolgender Sozialleistung handeln muss und deshalb auch nur dann ein Anspruch auf Übergangsgeld zustehen kann, wenn dem Bezug von Arbeitslosengeld II (als Lohnersatzleistung in dem soeben beschriebenen Sinn) nahtlos ein Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen aus einer versicherungspflichtigen Tätigkeit mit Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung vorangegangen ist (so etwa Zabre, a.a.O., § 20 SGB VI Rdnr 4; Haack, in: Hauck/Noftz, SGB VI, Stand 22.01.2019, § 20 SGB VI, Rdnr 11 ff.; Kater, in: KassKomm, Stand September 2020, § 20 Rdnr 10 ff.). Zur Vermeidung von Nachteilen des Versicherten wird aber auch bei Vorliegen besonderer Gründe im Einzelfall eine kurze Unterbrechung zwischen dem Vorbezug des beitragspflichtigen Entgelts oder Einkommens für unschädlich erachtet, etwa wenn der Versicherte aus gesundheitlichen Gründen (z. B. nach einer akuten Erkrankung) die medizinische Rehamaßnahme nicht unmittelbar antreten kann und z. B. unbezahlter Urlaub in Anspruch genommen werden muss (so z. B. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.2019 - L 13 R 4452/18 -, mit einer Zusammenfassung des Meinungsstandes, insbesondere Rdnrn 24 ff., juris). Zur Bestimmung einer zeitlichen Grenze wird teilweise an die Regelung des § 19 SGB V angeknüpft, in der ein zeitlich nachgehender Versicherungsschutz für die Dauer eines Monats vorgesehen ist (Kater, a.a.O., § 20 SGB VI Rdnr 9 ff. m.w.N.).
Das LSG Baden-Württemberg hat in seiner Entscheidung vom 09.04.2019 die Auffassung vertreten, dass sich eine exakte zeitliche Grenze zur Bestimmung des Begriffs der Unmittelbarkeit ("zuvor") nicht ziehen lasse, sondern nur einzelfallbezogen unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Norm bestimmt werden könne. Es verweist dabei auf die Funktion des Übergangsgeldes, während einer Rehamaßnahme die Entgelt- und Einkommensverhältnisse aufrecht zu erhalten, die dem bisherigen Lebensstandard des Versicherten zugrunde lägen (a.a.O., Rdnr 26 unter Bezugnahme auf das Urteil des BSG vom 12.04.2017). Dann schränkt es aber den zeitlichen Rahmen unter Bezug auf die Bemessungsgrundlage des Übergangsgeldes nach §§ 46 ff. SGB IX (a.F.) wiederum ein, dass sich zwischenzeitlich keine andere Leistungsgrundlage gebildet habe oder hätte bilden können, weil sonst eine von Zufälligkeiten freie und den Lebensstandard des Versicherten ausreichend widerspiegelnde Bemessung des Übergangsgeldes nicht gewährleistet wäre (LSG Baden-Württemberg, a.a.O., Rdnr 26).
Es ist jedoch zu beachten, dass der Anspruch auf Übergangsgeld nach § 20 SGB VI sich nicht nach dem "Lebensstandard" des Versicherten richtet, sondern sich als kurzfristige Entgeltersatzleistung an dem vorherigen Arbeitseinkommen orientiert, das gegebenenfalls bereits durch andere beitragspflichtige Sozialleistungen ersetzt wird. Es orientiert sich an der Höhe dieser Entgelter-satzleistungen und hat deshalb eine unmittelbare Anknüpfung an die Einkommensverhältnisse vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit bzw. des Beginns der Reha-Maßnahme und der vorausgegangenen Beitragsentrichtung zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte und das SG in seinen Entscheidungsgründen des Urteils vom 05.07.2018 haben insoweit bereits zutreffend auf die rechtshistorische Entwicklung der §§ 3, 11 und 20 SGB VI sowie auf die ursprüngliche Beitragspflicht auf den Bezug von Leistungen nach dem SGB II generell bis 31.12.2010 hingewiesen. Der Senat macht sich diese Ausführungen zu eigen und verzichtet auf eine weitere Darlegung.
Ohne diesen unmittelbaren Vorbezug, von dem zugunsten des Versicherten in begründeten Ausnahmefällen um wenige Tage oder einzelne Wochen abgewichen werden könnte (wie bereits in der Vergangenheit immer wieder von Gerichten entschieden) gäbe es keine zeitliche Grenze der Rückwirkung und auch keine ausreichende Begründung für eine Begrenzung. Das BSG hat in seinem Urteil vom 12.04.2017 ausgeführt, dass es keine zeitliche exakte Grenze gäbe und es deshalb "nahe läge", auf die Regelung des § 11 SGB VI zurückzugreifen, wonach jedenfalls für eine Maßnahme der medizinischen Rehabilitation ausreichend sei, dass innerhalb von 2 Jahren vor Antragstellung mindestens 6 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit vorlägen (§ 11 Abs 2 Nr 1 SGB VI). Wie oben aber bereits ausgeführt, ist zwischen den gesetzlich genannten Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Leistung der medizinischen Rehabilitation nach den §§ 9 bis 17 SGB VI und dem Anspruch auf Übergangsgeld nach den §§ 20, 21 SGB VI streng zu unterscheiden. Für die Anknüpfung an § 11 Abs 2 Nr 1 SGB VI bezieht sich das BSG auf den Kontinuitätsgrundsatz, legt hierbei aber den "Lebensstandard" des Versicherten zugrunde, auf den es aber gerade nicht ankommt. Das BSG hat bislang auch nicht entschieden, ob etwa die sog. große Wartezeit von 15 Jahren im Sinne des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VI ausreichend sein könnte, um einen Anspruch auf Übergangsgeld auszulösen, die z.B. auch ohne Pflichtbeiträge aus versicherungspflichtiger Beschäftigung oder Tätigkeit erfüllt werden könnte. Dies ist hier allerdings nicht zu entscheiden. Dies entspricht aber sicherlich - wie das BSG ausgeführt hat - nicht der Entgeltausfallfunktion des Übergangsgeldes und auch nicht den unterschiedlichen Leistungszuständigkeiten im gegliederten System der gesetzlichen Sozialversicherung, denen durch entsprechende Erstattungsansprüche Rechnung zu tragen ist, ohne dass der Versicherte einen (ggf. auch nur vorübergehenden) Entgeltausfall durch nicht rechtzeitige Leistungserbringung des zuständigen Trägers zu schultern hat.
j. Zur Überzeugung des Senats ergibt sich auch aus der Vorschrift des § 21 SGB VI über die Höhe und Berechnung des Übergangsgeldes, dass lediglich aufstockend gezahltes Arbeitslosengeld II der Berechnung des Übergangsgeldes nicht zugrunde gelegt werden kann. Zum einen wird in Abs 1 auf die Vorschriften des Teils I, 11. Kapitel des SGB IX verwiesen, das den engen zeitlichen Bezug zum letzten Entgeltabrechnungszeitraum und damit zum beitragspflichtigen Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen herstellt. Zum anderen erhalten nach § 21 Abs 4 S 1 Hs 1 SGB VI Versicherte, die unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn sie nicht arbeitsunfähig sind, unmittelbar vor Beginn der medizinischen Leistungen Arbeitslosengeld bezogen und die zuvor Pflichtbeiträge gezahlt haben, Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen in Höhe des bei Krankheit zu erbringenden Krankengeldes (§ 47b SGB V). Eine Erhöhung des Anspruchs auf Übergangsgeld durch aufstockend gezahltes Arbeitslosengeld II ist in § 21 Abs 4 S 1 Hs 1 SGB VI gerade nicht vorgesehen. Demgegenüber wird in § 21 Abs 4 S 1 Hs 2 SGB VI die Höhe des Übergangsgeldanspruchs bei ausschließlichem Bezug von Arbeitslosengeld II festgelegt. Versicherte, die unmittelbar vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit oder, wenn sie nicht arbeitsunfähig sind, unmittelbar vor Beginn der Leistungen Arbeitslosengeld II bezogen und die zuvor Pflichtbeiträge gezahlt haben, erhalten Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen in Höhe des Betrages des Arbeitslosengeldes II. Durch diese gesetzliche Regelung ist sichergestellt, dass bei laufendem Bezug von Arbeitslosengeld II, das in diesem Fall fiktiv die Funktion einer laufenden Lohnersatzleistung haben würde, nicht zwischen den einzelnen Kompensationen des zu deckenden Lebensbedarfs des Leistungsempfängers nach dem SGB II differenziert werden soll, um eine möglichst reibungslose Abwicklung des Erstattungsanspruchs im Rahmen des § 25 SGB II zu gewährleisten. Sicherlich könnte man die Frage aufwerfen, ob es überhaupt Aufgabe der gesetzlichen Rentenversicherung sein kann, Zahlungen eines Fürsorgesystems aus Steuermitteln zur Deckung der Wohnraummiete, Heizung, Nebenkosten etc. oder etwa anteilige Zahlungen für aufwändige Ernährung oder Sonderbedarfe von Leistungsempfängern auszugleichen. Gerade eine solche Differenzierung wird durch das Zusammenspiel der Regelungen des § 21 Abs 4 S 1 Hs 2 SGB VI mit § 25 SGB II vermieden. Dies erfolgt zur Verwaltungsvereinfachung, die aufgrund des zeitlich befristeten Rahmens einer medizinischen Rehabilitation zugunsten des Versicherten, der jetzt Arbeitslosengeld II als (faktische) Lohnersatzleistung bezieht, auch durchaus akzeptabel und vernünftig erscheint. Soweit laufend Arbeitslosengeld II gezahlt wird und dieser Leistung unmittelbar vorher Pflichtbeiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung vorangegangen sind, ist Übergangsgeld in Höhe des laufend gezahlten Arbeitslosengeldes II festzustellen. Insoweit - und nur insoweit - greift nach Auffassung des Senats die Fiktion des § 25 S 1 SGB II, dass die Leistungen des Trägers nach dem SGB II als Vorschuss auf die Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung zu verstehen sind (so wohl auch unter Kritik an der Rechtsprechung des BSG als "nicht restlos überzeugend": Köhler, a.a.O., § 25 SGB II Rdnr 13 m.w.N.).
k. Die hier herausgearbeitete Rechtssystematik des Verhältnisses der Regelungen der §§ 20, 21 SGB VI zu den Vorschriften der §§ 9 bis 17 SGB VI über den Anspruch auf Leistungen der medizinischen Rehabilitation auf der einen Seite mit der konkreten Zielsetzung des Anspruchs auf Übergangsgeld als Entgeltersatz oder auch Ersatz einer beitragsbezogenen vorangegangenen Sozialleistung einerseits sowie der Frage der Leistungszuständigkeiten im gegliederten System der gesetzlichen Sozialversicherung und den daraus folgenden Erstattungsansprüchen in Verhältnis zu den Leistungen nach dem SGB II andererseits hat im Übrigen auch der Gesetzgeber zwischenzeitlich durch eine Neufassung der hier relevanten Vorschriften des § 21 Abs 4 SGB VI und des § 25 SGB II mit Gesetz vom 11.02.2021 (BGBl I 2021, 154) klarstellend umgesetzt: In der ab dem 18.02.2021 geltenden Fassung lautet § 25 SGB II nunmehr: "Haben Leistungsberechtigte dem Grunde nach Anspruch auf Übergangsgeld bei medizinischen Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe des Betrages des Arbeitslosengeldes II, erbringen die Träger der Leistungen nach diesem Buch die bisherigen Leistungen als Vorschuss auf die Leistungen der Rentenversicherung weiter; dies gilt entsprechend bei einem Anspruch auf Verletztengeld aus der gesetzlichen Unfallversicherung."
§ 21 Abs 4 S 2 SGB VI, der bisher bei bestimmten Gründen einen Anspruch auf Übergangsgeld ausgeschlossen hatte, wurde um einen Buchstaben e. ergänzt. Nach § 21 Abs 3 S 2 e) SGB VI besteht "kein Anspruch auf Übergangsgeld in Höhe des Arbeitslosengeldes II für Empfänger der Leistung, die Arbeitslosengeld II als ergänzende Leistung zum Einkommen erhalten".
Nach der gesetzgeberischen Begründung (BT-Drs 19/23550 S 103) stellt die Vorschrift des § 21 Abs 4 S 1, 2. Hs SGB VI eine Ausnahmeregelung im Rahmen der Bemessung von Übergangsgeld dar, weil ein aktuelles, beitragspflichtiges Entgelt aus Erwerbseinkommen oder Entgeltersatzleistungen nicht herangezogen werden könne. Im Falle der Aufstockung rentenversicherungspflichtiger Einkommen mit Arbeitslosengeld II sei dies jedoch möglich und - mit Blick auf die Entgeltersatzfunktion des Übergangsgeldes - geboten. Zudem trete eine Versorgungslücke aufgrund unterschiedlicher Auszahlungszeitpunkte des Übergangsgeldes einerseits und des Erwerbseinkommens bzw. der weiteren Entgeltersatzleistungen andererseits in der Regel nicht ein. Mit Einführung von Buchstabe e) werde deshalb klargestellt, dass die Ausnahmeregelung des Abs 4 S 1 2. Hs keine Anwendung für Versicherte finde, die neben Erwerbseinkommen oder Entgeltersatzleistungen Arbeitslosengeld II als ergänzende, sogenannte aufstockende Leistungen erhalten. Deren Anspruch auf Übergangsgeld richtet sich vielmehr allein nach den für die jeweilige Einkommensart geltenden Regelungen. Denn es sei nicht Aufgabe der Rentenversicherung, existenzsichernde Unterhaltsleistungen, die von den Jobcentern aufstockend gezahlt würden, im Rahmen von Übergangsgeld zu finanzieren. Vielmehr zahlen die Jobcenter neben dem auf der Grundlage von Beiträgen zur Rentenversicherung bemessenen Übergangsgeld im Bedarfsfall weiterhin Arbeitslosengeld II als aufstockende Leistungen.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 05.07.2018 als unbegründet zurückzuweisen.
Der Kläger trägt die Kosten auch des Berufungsverfahrens (§ 197a SGG i.V.m. § 154 Verwaltungsgerichtsordnung).
Die Revision war zuzulassen, weil der Senat mit der vorliegenden Entscheidung vom Urteil des BSG vom 12.04.2017 - B 13 R 14/16 R - abweicht.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 52 Abs 3 S 1 Gerichtskostengesetz.