L 16 AS 311/21 B ER

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 37 AS 745/21 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 16 AS 311/21 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

1. Die Angemessenheitsfiktion des § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II ist auch dann anwendbar, wenn weder die Hilfebedürftigkeit noch der Umzug direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind. 2. Tatsächliche Einnahmen aus einem Untermietverhältnis mindern unmittelbar den Bedarf der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung des Hauptmieters (§ 22 Abs. 1 S. 1 SGB II). 3. Nach einem Umzug findet eine Deckelung auf einen früher anerkannten Bedarf an Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II nicht statt, wenn der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II eröffnet ist. 4. Die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürftigkeit ist in aller Regel gegeben, wenn der Leistungsträger zu Unrecht Leistungen für laufende Kosten der Unterkunft und Heizung versagt und es hierdurch bei dem Hilfebedürftigen zu einer Bedarfsunterdeckung kommt.

 

 

I. Auf die Beschwerde wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 8. Juni 2021 abgeändert. Der Beschwerdegegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig verpflichtet, der Beschwerdeführerin für die Zeit vom 01.06.2021 bis 31.10.2021 über die bereits bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch hinaus weitere Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 418,10 € zu zahlen und ein Darlehen zur Begleichung der noch offenen Mietkaution in Höhe von 2007 € zu gewähren und den Betrag direkt an den Vermieter (M-Haus Kautionen, IBAN DE68700901000049551760, Verwendungszweck 392235005) zu überweisen.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Beschwerdegegner erstattet der Beschwerdeführerin 4/5 der notwendigen außergerichtlichen Kosten.

G r ü n d e :

I.

Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin (Bf) wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts München, mit dem ihr Eilantrag gerichtet auf die Gewährung von höheren laufenden Leistungen für Unterkunft und Heizung nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit ab 01.06.2021 und einer Mietkaution in Höhe von zuletzt 2007 € abgelehnt wurde.

Die Bf wohnte bis Januar 2021 in einer etwa 34 qm großen Wohnung in der A-Straße in A-Stadt, für die sie nach einer Mieterhöhung um 51,18 € im Oktober 2020 zuletzt eine Grundmiete von 443,22 € sowie eine Heiz- und Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 125 € monatlich schuldete. Seit etwa neun Jahren wohnte  Herr K (K), der Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erhält, zur Untermiete mit in der Wohnung der Bf. K zahlte hierfür 200 € monatlich. Die Bf und K versicherten mehrfach gegenüber dem Antrags- und Beschwerdegegner (Bg) kein Paar zu sein, sich seit Kindertagen zu kennen und nur eine Wohn-/Haushaltsgemeinschaft zu bilden. Die Bf gab an, K zur Vermeidung der Obdachlosigkeit im Anschluss an seine Haftentlassung bei sich aufgenommen zu haben; er sei mit ihrem mittlerweile verstorbenen Bruder befreundet gewesen. 

Der Bg bewilligte der Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Mai 2020 bis April 2021 und erkannte dabei Kosten der Unterkunft und Heizung (KdUH) von zuletzt 368,22 € (243,22 € Grundmiete, 32,98 € Heizkosten, 92,02 € Nebenkosten) als Bedarf an (Bescheide vom 25.03.2020, 21.11.2020, 23.02.2021). Bei der Leistungsberechnung zog der Bg die gezahlte Untermiete von den anzuerkennenden KdUH der Bf ab.

Mit E-Mail vom 12.01.2021 beantragte die Bf beim Bg die Zustimmung zum Umzug in eine 55 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung im gleichen Haus zum 01.02.2021. Sie beabsichtige mit K weiterhin eine Wohngemeinschaft zu bilden. Sie wohne mit K auf nur 34 qm und suche seit etwa sechs Jahren nach einer anderen Wohnung. Als Bezieher von Sozialleistungen sei es sehr schwer eine bezahlbare Wohnung zu finden. Nach einer "misslungenen" Heizungssanierung sei die aktuell bewohnte Wohnung seit 2017 renovierungsbedürftig. Sie leide zudem unter Asthma, weshalb ein eigenes Zimmer für sie notwendig sei; die aktuelle Wohnung verfüge nur über ein Zimmer. Seit 03.12.2020 habe sie zudem kein Warmwasser, weil der Boiler defekt sei. Ihre Mietkosten würden sich künftig auf 460 € Kaltmiete sowie 90 € Nebenkostenvorauszahlung belaufen. Sie bitte um Rückäußerung des Bg bis Ende der Woche, da die Hausverwaltung ihre Antwort erwarte. Die Bf legte ein Mietangebot über eine 55 qm große Wohnung (Grundmiete von 845 €, Nebenkostenvorauszahlungen von 165 €) und einen Entwurf eines Untermietvertrags mit K über 25 qm auf unbestimmte Zeit zu einer Untermiete von 460 € vor. 

Mit Bescheid vom 27.01.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2021 lehnte der Bg die Übernahme der Kosten der neuen Wohnung und der Mietkaution sowie weiterer Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten ab. Der Umzug sei nicht erforderlich, da die aktuelle Wohnung aus zwei Zimmern bestehe und die Bf ihrem Untermieter kündigen könne. Fraglich sei, ob eine Bedarfsgemeinschaft vorliege. Die Kosten der neuen Unterkunft würden über der Mietobergrenze von 681 € für einen Ein-Personen-Haushalt liegen und seien daher nicht angemessen. Auch nach Abzug der Untermieteinnahmen von K in Höhe von 460 € verbleibe eine Bruttokaltmiete von 715 €. Die Mietobergrenze sei auch in diesem Fall überschritten. Ein ggf. bestehender Renovierungsbedarf rechtfertige keinen Umzug, die Bf habe sich insoweit mit dem Vermieter in Verbindung zu setzen. Dagegen erhob die Bf Klage zum Sozialgericht München (S 37 AS 732/21).

Die Bf schloss den Mietvertrag, der als Datum der Unterzeichnung durch den Vermieter den 27.01.2021 ausweist, über eine Zwei-Zimmer-Wohnung (Nr. 37) ab. Im Mietvertrag waren eine Netto-Miete von 845 €, Betriebskostenvorauszahlungen von 165 € und eine Kautionszahlung von 3030 € geregelt. Der Mietvertrag sah eine Nutzung durch zwei Personen und einen Mietbeginn zum 01.02.2021 vor. Zeitgleich endete das alte Mietverhältnis im gleichen Hause für die Wohnung Nr. 36. Zugleich kündigte die Bf dem Untermieter K den alten Untermietvertrag vom 01.03.2014 mit sofortiger Wirkung und die Bf und K schlossen einen neuen Untermietvertrag ab 01.02.2021 über 25 qm zu einer Untermiete von 460 € (Grundmiete 385 €, Nebenkosten 75 €) ab.

Der Sozialhilfeträger bewilligte K ab Februar 2021 Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 460 € (385 € Kaltmiete, 50 € Nebenkosten, 25 € Heizkosten inkl. Warmwasseranteile, vgl. Bescheid vom 22.01.2021).

Am 07.04.2021 beantragte die Bf die Fortzahlung der Leistungen nach dem SGB II ab 01.05.2021. Hierbei machte sie einen Bedarf an KdUH in Höhe von 460 € (Kaltmiete) sowie 90 € Vorauszahlungen geltend.
Mit Bescheid vom 21.04.2021 bewilligte der Bg der Bf für den Zeitraum vom 01.05.2021 bis 31.10.2021 Leistungen in Höhe von monatlich 577,90 €. Neben der Regelleistung berücksichtigte der Bg einen Bedarf an KdUH in Höhe von 131,90 €, der sich aus 0,01 € Grundmiete, 56,65 € Heizkostenvorauszahlung und 75,24 € Nebenkostenvorauszahlung zusammensetzte. Dagegen erhob die Bf Widerspruch, über den nach Aktenlage bislang nicht entschieden wurde.

Am 18.05.2021 beantragte die Bf einstweiligen Rechtsschutz beim Sozialgericht München. Der Bg sei zu verpflichten, ab dem 01.06.2021 den Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 550 € monatlich sowie die Mietkaution in Höhe von 3.030 € zu zahlen. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch seien gegeben. Insbesondere müsse eine Kündigung oder eine Androhung einer Kündigung des Wohnungsvermieters noch nicht vorliegen. Um eine drohende Wohnungslosigkeit anzunehmen, sei bereits eine Kündigungslage nach § 543 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) ausreichend. Die Bf habe Anspruch auf die Mietkaution gem. § 22 Abs. 6 SGB II und auf die tatsächlichen Aufwendungen gem. § 22 Abs. 1 SGB II. Die neuen Unterkunftskosten seien mit "Bruttowarm" 550 € pro Monat angemessen für einen Ein-Personen-Haushalt. Die "Einnahmen" aus der Untervermietung würden direkt den Unterkunftsbedarf der Bf mindern. Die Untervermietung sei eine Form der Kostensenkung bei unangemessenen Kosten. Der Umzug hätte genehmigt bzw. die Aufwendungen für die neue Unterkunft hätten zugesichert werden müssen. Der Umzug sei erforderlich gewesen, da die zweiköpfige Wohngemeinschaft zuvor auf viel zu beengtem Raum in einem 1-Zimmer-Appartment auf lediglich 34 qm habe leben müssen, nach jahrelanger Suche stehe den beiden Bewohnern nun eine 2-Zimmer-Wohnung mit 55 qm zur Verfügung. Gemäß § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II sei § 22 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für einen Zeitraum von sechs Monaten als angemessen gelten würden. Der derzeit anerkannte Bedarf in Höhe von 131,90 Euro liege weit unter dem vor dem Umzug anerkannten Bedarf. 

Der Bg erwiderte, dass die angemessene Bruttokaltmiete für einen 1-Personen-Haushalt 681 € betrage. Die von der Bf neu angemietete Wohnung liege über der derzeit gültigen Mietobergrenze. Allein diese Grenze sei maßgeblich für die Beurteilung, ob einem Umzug zugestimmt werden könne. Nicht relevant sei, ob die Wohnung durch teilweise Untervermietung finanziert werden könne. Das Untermietverhältnis könne aus den verschiedensten Gründen seine Beendigung finden, dann schulde die Bf weiterhin die vollen (unangemessenen) Mietkosten. 

Mit Beschluss vom 08.06.2021, der Bf am 09.06.2021 zugestellt, lehnte das Sozialgericht den Eilantrag ab. Es könne dahinstehen, ob hinsichtlich des Antrags auf vorläufige Zahlung der KdUH in Höhe von 550 € ab 01.06.2021 ein Anordnungsanspruch bestehe, da ein Anordnungsgrund nicht glaubhaft sei. Die Bf trage nicht einmal eine konkrete Drohung des Vermieters, die Wohnung zu kündigen, vor. Aus dem bloßen Umstand, dass die Bf aktuell nicht über bedarfsdeckende Mittel zur Bezahlung ihrer Miete verfüge, folge nicht zwingend und nicht unmittelbar eine (drohende) Wohnungs- oder Obdachlosigkeit. Hinsichtlich der begehrten Mietkaution fehle es am Anordnungsanspruch. Die Voraussetzungen des § 22 Abs. 6 SGB II seien nicht erfüllt. Der Bg habe die Zusicherung zur (darlehensweisen) Übernahme der Mietkaution nicht erteilt und die vorherige Zusicherung sei nicht entbehrlich gewesen. Die Kostenübernahme habe im freien Ermessen des Bg gestanden, denn es handele sich vorliegend um keinen Fall des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II, da der Umzug weder vom Bg veranlasst noch aus anderen Gründen notwendig gewesen sei. Insbesondere sei die zuvor bewohnte Wohnung mit ca. 34 qm für eine Person nicht unzumutbar klein gewesen. Die Bf hätte ihrem Untermieter K kündigen können, um mehr Privatsphäre zu erhalten. Ein möglicher Renovierungsbedarf der vorherigen Wohnung sei nicht substantiiert vorgetragen. Überdies hätte sich die Bf zunächst an ihren Vermieter wenden müssen, um eine etwaige Mängelbeseitigung zu erzielen. Nicht jede wünschenswerte Änderung, sei sie noch so verständlich, könne als notwendig im Sinne des § 22 Abs. 6 Satz 2 SGB II anzusehen sein. Zwar könne der Wunsch, mit einem Mitbewohner (in einer für zwei Personen ausreichend großen Wohnung) zusammen zu wohnen, ein nachvollziehbarer und verständlicher Grund für einen Umzug darstellen, von dem sich auch ein Nichthilfebedürftiger ggf. hätte leiten lassen. Dieser Wunsch sei aber nicht derart gewichtig, dass die Kosten, welche durch den Umzug entstehen würden (3.030 € Mietkaution), angemessen erscheinen würden. 

Am 24.06.2021 hat die Bf Beschwerde gegen den Beschluss zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Der Umzug hätte genehmigt werden müssen, die Kosten für die neue Wohnung würden die Mietobergrenze für einen Ein-Personen-Haushalt nicht überschreiten. Überdies sei § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II anzuwenden. Die Sache sei auch eilbedürftig. Die Unterdeckung bei den laufenden Kosten betrage monatlich 418,10 €. Aufgrund des erheblichen Fehlbetrages drohe eine ordentliche oder sogar fristlose Kündigung durch den Vermieter. Gleiches gelte für die Mietkaution. Insoweit werde der erstinstanzlich gestellte Antrag dahingehend abgeändert, dass 2007 € begehrt würden. Die für die bis Januar 2021 bewohnte Wohnung gestellte Kaution in Höhe von 1023 € sei auf die neue vereinbarte Kaution von 3030 € angerechnet worden. Die Bf hat eine E-Mail der Hausverwaltung vom 27.07.2021 vorgelegt, wonach noch eine Mietkaution in Höhe von 2007 € "offen" sei; darin wird gebeten, den Betrag auf ein Kautionskonto des Vermieters zu überweisen.

Die Bf, vertreten durch ihren Prozessbevollmächtigten, hat beantragt,

den Bg unter Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses zu verpflichten, der Bf ab 01.06.2021 den Bedarf für Unterkunft und Heizung in Höhe von 550 € und die noch offene Mietkaution in Höhe von 2007 € als Darlehen vorläufig zu bewilligen und auszubezahlen.

Der Bg hat beantragt,

die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung hat er auf die den Beschluss tragenden Gründe sowie auf seine Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 13.04.2021 und im Ausgangsverfahren hingewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen sowie auf die in elektronischer Form beigezogene Verwaltungsakte des Bg Bezug genommen.

II.

Die insbesondere form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz -SGG-) und überwiegend begründet. Auf die Beschwerde ist der Beschluss des Sozialgerichts abzuändern und der Bg zu verpflichten vorläufige Leistungen unter Berücksichtigung der tatsächlichen Bedarfe für Unterkunft und Heizung in der Zeit von Juni bis Oktober 2021 (dazu unter 1) und die Mietkaution als Darlehen (dazu unter 2) zu gewähren. Sowohl Anordnungsanspruch als auch Anordnungsgrund sind im tenorierten Umfang glaubhaft gemacht. Die Beschwerde ist unbegründet, soweit die Bf aufgrund eines zeitlich nicht begrenzten Antrags auch Leistungen für KdUH über den 31.10.2021 hinaus und eine Auszahlung des Mietkautionsdarlehens an sich begehrt.

Rechtsgrundlage für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes stellt § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG dar, da der geltend gemachte Rechtsanspruch in der Hauptsache mittels einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage geltend zu machen ist. Insoweit ist eine Regelung zulässig, wenn sie zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das ist etwa dann der Fall, wenn der Bf ohne eine solche Anordnung schwere und unzumutbare, nicht anders abwendbare Nachteile entstehen, zu deren Beseitigung die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre. Die Regelungsanordnung setzt das Vorliegen eines Anordnungsgrundes - das ist in der Regel die Eilbedürftigkeit - und das Vorliegen eines Anordnungsanspruches - das ist der materiell-rechtliche Anspruch, auf den die Bf ihr Begehren stützt - voraus. Die Angaben hierzu hat die Bf glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 2 und 4 SGG i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Auflage 2020, § 86b, Rn. 41). Die Entscheidung darf sowohl auf eine Folgenabwägung wie auch auf eine summarische Prüfung der Erfolgsaussichten in der Hauptsache gestützt werden; hierbei ist dem Gewicht der in Frage stehenden und gegebenenfalls miteinander abzuwägenden Grundrechte Rechnung zu tragen, um eine etwaige Verletzung von Grundrechten zu verhindern (so BVerfG, Beschluss vom 06.08.2014, 1 BvR 1453/12, Rn. 9, juris).

Streitgegenstand des Eilverfahrens ist - ausgehend vom Antrag der Bf - die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung der tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung ab Juni 2021 und die Gewährung der Mietkaution. Bei den Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II handelt es sich um einen abtrennbaren Streitgegenstand.
Der Eilantrag ist zulässig; insbesondere liegen noch keine bindenden Verwaltungsakte vor. Der Bewilligungsbescheid vom 21.04.2021, mit welchem der Bf Leistungen nach dem SGB II für die Zeit von Mai bis Oktober 2021 bewilligt wurden, wurde mit Widerspruch angefochten, über den soweit ersichtlich noch nicht entschieden wurde. Ebenso wurde der Bescheid vom 27.01.2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 13.04.2021 mit Klage zum Sozialgericht München angefochten (vgl. Az. S 37 AS 732/21) und die Bf begehrt zu Recht keine Zusicherung mehr, sondern die Gewährung der Mietkaution. Die Bf hatte zwar zunächst die Zusicherung des Bg hinsichtlich der Kosten für die neue Unterkunft beantragt, was der Bg mit angefochtenem Bescheid bezüglich Übernahme der KdUH für die neue Wohnung (Ziffer 1), Übernahme der Mietkaution (Ziffer 2) sowie der Wohnungsbeschaffungs- und Umzugskosten nebst Kosten für eine Erstausstattung (Ziffer 3) abgelehnt hat. Da die Bf zum 01.02.2021 in die neue Wohnung umgezogen ist, wandelt sich das Begehren unmittelbar auf Übernahme der Mietkaution um; das Begehren eine Zusicherung zu erhalten, erledigt sich mit der Durchführung des Umzugs (vgl. Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 237; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II (5. Aufl. 2020), § 22 Rn. 243). 

1. Der Eilantrag gerichtet auf Gewährung der tatsächlichen KdUH in Höhe von 550 € monatlich ist für die Zeit von Juni bis Oktober 2021 zulässig und begründet. Anordnungsanspruch (dazu unter a) und Anordnungsgrund (dazu unter b) sind glaubhaft.

a) Die tatsächlichen KdUH der Bf in Höhe von 550 € monatlich sind angemessen und gelten im Sinne des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II iVm § 67 Abs. 3 SGB II als angemessen. Eine Beschränkung auf den vor dem Umzug zum 01.02.2021 anerkannten Bedarf findet nicht statt (§ 22 Abs. 1 S. 2 SGB II).

Nach § 22 Abs. 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (Satz 1). Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (Satz 2). Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate (Satz 3). Nach § 22 Abs. 4 SGB II soll vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

Nach § 67 SGB II (Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie) in den Fassungen vom 20.05.2020, 09.12.2020 und 10.03.2021 (gültig ab 29.05.2020, 01.01.2021 sowie 01.04.2021) werden die Leistungen nach dem SGB II für die Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2021 beginnen, nach Maßgabe der Absätze 2 bis 4 der Vorschrift erbracht. Nach Absatz 3 der Vorschrift ist § 22 Abs. 1 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass die tatsächlichen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für die Dauer von sechs Monaten als angemessen gelten. Nach Ablauf des Zeitraums nach Satz 1 ist § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum nach Satz 1 nicht auf die in § 22 Absatz 1 Satz 3 SGB II genannte Frist anzurechnen ist. Satz 1 gilt nicht in den Fällen, in denen im vorangegangenen Bewilligungszeitraum die angemessenen und nicht die tatsächlichen Aufwendungen als Bedarf anerkannt wurden.

Die Bf ist dem Grunde nach leistungsberechtigt gemäß § 7 SGB II. Da allein die KdUH im Streit stehen, kommt es auf die Frage, ob die Bf und K eine Bedarfsgemeinschaft bilden und welcher Regelsatz deshalb anzuerkennen ist, nicht an (vgl. §§ 7 Abs. 3 und 3a, 20 Abs. 2 SGB II).
Die tatsächlichen KdUH der Bf für eine Unterkunft mit 30 qm betragen monatlich 550 €; die KdUH der Bf sind daher wohl angemessen, worauf es jedoch im Ergebnis nicht ankommt.

Anders als der Bg meint, stellt der mietvertraglich geschuldeten Betrag nicht den tatsächlichen Unterkunftsbedarf dar. Zwar schuldet die Bf ausweislich des Mietvertrages für die etwa 55 qm große Wohnung 845 € Kaltmiete sowie 165 € Nebenkostenvorauszahlung, insgesamt 1010 €, was sowohl die vom Bg ermittelte Angemessenheitsgrenze von 681 € Bruttokaltmiete (seit Januar 2021) als auch die für einen Ein-Personen-Haushalt angemessene Wohnfläche von 50 qm (vgl. § 10 Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) in Verbindung mit Nr. 5.8 Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums des Innern über die Verwaltungsvorschriften zum Vollzug des Wohnungsbindungsrechts (VVWoBindR) vom 12.09.2007 (AllMBl. S. 514), zuletzt geändert durch die Bekanntmachung vom 07.07.2017 (AllMBl. S. 269) überschreiten würde. 
Allerdings ist nach den im Eilverfahren zur Verfügung stehenden Ermittlungsmöglichkeiten davon auszugehen, dass zwischen der Bf und K "nur" eine Wohngemeinschaft besteht und der Untermietvertrag tatsächlich und auf Dauer praktiziert wird, weshalb die Untermiete den Bedarf an KdUH der Bf unmittelbar mindert.

Die tatsächlichen Einnahmen aus einem Untermietverhältnis stellen nach der Rechtsprechung des BSG kein Einkommen iS des § 11 SGB II dar, sondern mindern die tatsächlichen Aufwendungen der KdUH (BSG, Urteil vom 06.08.2014 - B 4 AS 37/13 R, Rn. 31). Dies ist aus der Formulierung des § 22 Abs. 1 S. 3 herzuleiten, wo es heißt, "durch Vermieten" (Untervermietung) könnten die "Aufwendungen" (das Ausmaß der Hilfebedürftigkeit) gesenkt werden, obgleich sich durch eine Untervermietung nichts an den mietvertraglichen Verpflichtungen des Leistungsberechtigten gegenüber dem Vermieter ändert. Die Kopfteilmethode ist in Fällen eines echten Untermietverhältnisses, d.h. wenn kein gemeinsames Wirtschaften aus einem Topf stattfindet, nicht anwendbar (vgl. Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl. 2017, § 22 Rn. 50). Besteht (nur) eine Wohngemeinschaft, bei der jedes Mitglied seinen Lebensunterhalt selbst bestreitet, und keine Verpflichtung füreinander einzustehen, ist nur auf den vom jeweiligen Hilfebedürftigen geschuldeten Miet- bzw. Wohnkostenanteil abzustellen (BSG, Urteil vom 22.08.2013, B 14 AS 85/12 R). Grund hierfür ist, dass die Wohnkosten bei Wohngemeinschaften - im Unterschied zu Bedarfs- bzw. Haushaltsgemeinschaften - in der Regel vertraglich nach den jeweiligen Anteilen an der Wohnfläche verteilt werden, zB auch im Rahmen von Untermietverhältnissen (§ 540 BGB; vgl. Luik a.a.O. Rn. 72; Piepenstock in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 22 (Stand: 17.06.2021) Rn. 89). 

Der Senat geht im Rahmen des Beschwerdeverfahrens vom Bestehen einer "Wohngemeinschaft" aus. Die Bf und K haben, obwohl sie seit mehreren Jahren bereits eine Wohnung mit etwa 34 qm bewohnt haben, stets und zuletzt Ende 2020 versichert, keine Bedarfsgemeinschaft, sondern eine reine Wohngemeinschaft, zu sein. Ob tatsächlich eine reine Wohngemeinschaft besteht oder ob eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 3 lit. c SGB II besteht, kann in der zur Verfügung stehenden Zeit eines Eil- bzw. Beschwerdeverfahrens nicht ermittelt werden. Bereits die Vermutungsregelung des § 7 Abs. 3a SGB II könnte die Annahme einer sog. Einstehensgemeinschaft nahelegen. Allerdings stehen dem der bisherige Vortrag der Bf und des K, als auch die Bewertung durch den Bg und des Sozialhilfeträgers entgegen. Der Bg ist im Rahmen seiner Leistungsgewährung dem Vortrag gefolgt und hat beispielsweise den (vollen) Regelsatz für Alleinstehende angesetzt. 

Es ist weiter glaubhaft, dass der ab Februar 2021 abgeschlossene Untermietvertrag - unter gleichzeitiger Auflösung des früheren Untermietvertrages - tatsächlich praktiziert wird. Dies hat zur Folge, dass der auf die Bf entfallende Wohnflächenanteil 30 qm beträgt (55 qm - 25 qm) und ihre tatsächlichen KdUH 550 € (Kaltmiete: 845 € - 385 € = 460 €; Nebenkostenvorauszahlung: 165 € - 75 € = 90 €). Die Annahme der tatsächlichen Praktizierung des Untermietvertrages ist insbesondere auch deshalb glaubhaft, weil der Sozialhilfeträger K bereits ab Februar 2021 die neue, höhere Untermiete als Bedarf anerkannt hat und mithin eine Zahlung der Untermiete durch K an die Bf gewährleistet ist. Schließlich ist auch nicht ersichtlich, dass das Untermietverhältnis nicht auf Dauer angelegt sein könnte. Dem Bg wird anheimgestellt, im weiteren Verwaltungsverfahren die tatsächlichen Wohn- und Lebensverhältnisse der Bf zu prüfen.

Die tatsächlichen KdUH gelten gemäß § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II als angemessen.

Die Vorschrift des § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II findet Anwendung, obwohl weder die Hilfebedürftigkeit der Bf noch ihr Umzug direkt auf die Corona-Pandemie zurückzuführen sind. § 67 SGB II ist nicht auf diejenigen Leistungsbezieher beschränkt, die direkt von der Corona-Pandemie betroffen sind. Eine Ursächlichkeit zwischen dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit und der epidemischen Lage ist nicht erforderlich. Der Anwendungsbereich des § 67 Abs. 3 Satz 1 SGB II ist auch nicht auf Erst- oder Neuanträge begrenzt, sondern erfasst auch die in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2021 beginnenden Weiterbewilligungszeiträume. Dies ergibt sich bereits aus § 67 Abs. 3 S. 3 SGB II, der eine Sonderreglung nach bereits erfolgtem Kostensenkungsverfahren und damit für eine Fallkonstellation enthält, die nur bei einer Weiterbewilligung von SGB II-Leistungen auftreten kann. Bei § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II handelt es sich um eine unwiderlegbare Fiktion. Dementsprechend wird diese Vorschrift in der Kommentarliteratur sogar bei sehr hohen Unterkunftskosten bzw. "Luxusmieten" für anwendbar gehalten (vgl. dazu insgesamt LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.09.2020, L 11 AS 508/20 B ER, Rn. 28 ff zitiert nach juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 21.04.2021, L 16 AS 129/21 B ER; Burkiczak: "Hartz IV" in Zeiten von Corona, NJW 2020, 1180, 1181).

Gegen die vorläufige Anerkennung der tatsächlichen KdUH der Bf spricht auch nicht, dass sie erst im Februar 2021 umgezogen ist. Eine Begrenzung der Bedarfe nach § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II findet nicht statt. Die gesetzliche Fiktionswirkung des § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II gilt nach dem Wortlaut für § 22 Abs. 1 SGB II, ohne dass hinsichtlich der einzelnen Sätze des § 22 Abs. 1 SGB II unterschieden wird. Deshalb findet eine Deckelung auf einen früher anerkannten Bedarf an KdUH nicht statt.
Der Senat kann weder dem Gesetzeswortlaut des § 67 Abs. 3 SGB II noch den Gesetzesmaterialien entnehmen, dass diese Sonderregelung nur für bereits seit längerem bewohnte Wohnungen gelten soll. Gesetzeszweck des § 67 Abs. 3 SGB II ist, dass sich SGB II-Leistungsbezieher in der Zeit der Pandemie "nicht auch noch um ihren Wohnraum sorgen müssen" (vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs 19/18107, S 25). Kommt es jedoch - wie im vorliegenden Fall - nach einem tatsächlich erfolgten Umzug aufgrund der Deckelung der KdUH auf die Angemessenheitsgrenze bzw. auf die vorher gewährten Bedarfe zu einer Deckungslücke zwischen den anfallenden KdUH einerseits und den vom Bg gewährten KdUH andererseits, ist die aktuell bewohnte Wohnung bedroht. Diese Bedrohung soll nach § 67 Abs. 3 SGB II zumindest vorübergehend, nämlich für die ersten sechs Monate eines in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2021 beginnenden Bewilligungszeitraums vermieden werden. Anhaltspunkte für die Zulässigkeit einer vom Wortlaut und von der Gesetzgebungsgeschichte des § 67 SGB II nicht gedeckten restriktiven Auslegung dieser Norm sieht der Senat nicht (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen a.a.O., Rn. 32 f zitiert nach juris).

Auch steht der Übernahme der tatsächlichen KdUH nicht entgegen, dass der Bg seine Zusicherung nach § 22 Abs. 4 SGB II nicht erteilt hat. Zum einen ist bereits fraglich, ob der Bg nicht nach § 22 Abs. 4 S. 2 SGB II zur Zusicherung verpflichtet gewesen wäre, weil die neuen tatsächlichen KdUH der Bf wohl angemessen sind (vgl. dazu oben). Überdies ergibt sich aus § 67 Abs. 3 S. 1 SGB II, dass für einen Zeitraum von sechs Monaten die tatsächlichen KdUH als angemessen iSd § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II anzusehen sind. Diese vorübergehend, nämlich für die ersten sechs Monate eines zwischen dem 01.03.2020 und 31.12.2021 beginnenden Bewilligungszeitraums als angemessen anzusehenden KdUH dürften im zeitlichen Anwendungsbereich des § 67 Abs. 3 SGB II auch der Entscheidung nach § 22 Abs. 4 SGB II zugrunde zu legen sein. Ansonsten würde im Rahmen des § 22 Abs. 4 SGB II der Wille des Gesetzgebers konterkariert, die Deckelung der KdUH auf die Angemessenheitsgrenze vorübergehend auszusetzen.

b) Die Sache ist auch eilbedürftig. Das für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderliche Eilbedürfnis ist in aller Regel gegeben, wenn der Leistungsträger zu Unrecht Leistungen für laufende KdUH versagt und es hierdurch bei dem Betroffenen zu einer Bedarfsunterdeckung kommt. Der Differenzbetrag zwischen den tatsächlichen (550 €) und den mit Bescheid vom 21.04.2021 als Bedarf anerkannten KdUH (131,90 €) beträgt monatlich 418,10 €, womit eine ständige Unterdeckung des grundsicherungsrelevanten Bedarfs entsteht. Überdies besteht die Gefahr der Obdachlosigkeit der Bf und auch des K, wenn die Bf in Zahlungsverzug mit ihrer Miete gerät. Insoweit ist zwar zu berücksichtigen, dass die Bf von den tatsächlich mietvertraglich geschuldeten Mietkosten (1010 €) aus der Untermiete und dem ihr bewilligten Betrag insgesamt monatlich 591,90 € begleichen kann. Gleichwohl besteht tatsächlich eine Unterdeckung in Höhe von rund 418 € monatlich, was innerhalb weniger Monate zu einer Kündigung der Wohnung und mithin zum Verlust der Wohnung für zwei Personen führen könnte (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 28.01.2015, L 11 AS 261/14 B; BayLSG, Beschluss vom 19.03.2013, L 16 AS 61/13 B ER).

2. Der Eilantrag gerichtet auf Gewährung der Mietkaution in Höhe von zuletzt 2007 € ist zulässig und begründet. Anordnungsanspruch (dazu unter a) und Anordnungsgrund (dazu unter b) sind glaubhaft.

a) Für den Senat ist ein Anordnungsanspruch auf Übernahme der Kaution nach § 22 Abs. 6 S. 1 Halbsatz 2, S. 2 SGB II nach summarischer Prüfung überwiegend glaubhaft.

Gemäß § 22 Abs. 6 SGB II können Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.
Die Bf hat die Zusicherung mit E-Mail vom 12.01.2021 beantragt und um eine schnelle Entscheidung gebeten. Der Bg hat den Antrag mit Bescheid vom 27.01.2021 abgelehnt. Der Mietvertrag datiert laut dem vom Vermieter eingetragenen Datum ebenfalls vom 27.01.2021. 

Zwar wurde der Umzug durch den Bg nicht veranlasst. Es spricht jedoch mehr für als gegen eine Erforderlichkeit des Umzugs im Sinne des § 22 Abs. 6 S. 2 SGB II.

Sowohl der Gesetzestext als auch die Gesetzesbegründung enthalten keine Angaben dazu, wann ein Umzug erforderlich bzw. nicht erforderlich ist. In der Gesetzesbegründung findet sich der Hinweis, dass die Begrenzung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II insbesondere nicht gelte, wenn der Wohnungswechsel zur Eingliederung in Arbeit oder aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen erforderlich ist (BT-Drs. 16/1410, 23). Damit sind Fallgruppen markiert, die die Erforderlichkeit des Umzugs anzeigen können (vgl. Luik a.a.O., § 22 Rn. 120 ff, 234), d.h. Fälle, in denen der Umzug zwar nicht zwingend notwendig ist, aber aus sonstigen Gründen erforderlich erscheint; nach der Rechtsprechung sind "objektiv bestehende sachliche Gründe - im Rahmen des Angemessenen" zu beachten (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 107/10 R). Das BSG prüft im Wege eines Ursache-Wirkung-Vergleichs auch anhand der entstehenden Mehrkosten, ob die Erforderlichkeit im Einzelfall vorliegt. Es werden nur Veränderungen privilegiert, die sich innerhalb des Marktsegments realisieren lassen, auf das der Leistungsberechtigte nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II zu verweisen ist, und die Überschreitung der Höhe der bisherigen KdU muss in einem angemessenen Verhältnis zur Ursache des Umzugs in die neue Wohnung stehen; dh der durch den Umzug erzielbare Gewinn an Lebensqualität lässt auch unterhalb der Angemessenheitsgrenze allenfalls eine geringfügige Kostensteigerung zu (BSG, a.a.O.). Dies entspricht der früheren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zu den "unverhältnismäßigen Mehrkosten" des § 3 Abs. 2 S. 3 Bundessozialhilfegesetz (BSHG), die auch bei der Beurteilung der Erforderlichkeit von Umzügen geprüft wurden (BVerwG, Urteil vom 17.11.1994, Az. 5 C 11/93). Maßgeblich sind daher nicht "zwingende" Gründe, sondern ob für den Umzug ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass vorliegt, von dem sich ein Nichthilfeempfänger hätte leiten lassen und der nicht zumutbar auf andere Weise beseitigt werden kann (vgl. Luik a.a.O., Rn. 122 m.w.N.). 

In diesem Sinne ist ein Umzug erforderlich, wenn es um die Herstellung von menschenwürdigen Wohnverhältnissen geht, die eine Ausübung des Grundrechts aus Art. 1 Abs. 1 iVm Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz (GG) überhaupt erst ermöglichen, also zur Beseitigung unzumutbarer Wohnverhältnisse, auch der Auszug aus einer Obdachlosenunterkunft oder aus einem Zimmer im (Studenten-)Wohnheim in eigene vier Wände (LSG NRW, Beschluss vom 26.11.2009, L 19 B 297/09 AS ER), nicht die bloße Verbesserung von konsolidierten allgemeinen Lebens-/Wohnumständen, die bereits angemessen und zumutbar sind (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 25.06.2007, L 10 B 854/07 AS ER, Rn. 7 juris). Bei Mängeln der Mietsache (§§ 536 ff. BGB) sind zwar vorrangig Ansprüche gegen den Vermieter geltend zu machen und die Mängel zu beseitigen (LSG NRW, Beschluss vom 10.02.2010, L 7 B 424/09 AS). Das Jobcenter muss aber bei Ablehnung der Erforderlichkeit aus diesem Grund seinen Rechtsstandpunkt und das von ihm befürwortete Vorgehen gegenüber dem Leistungsberechtigten deutlich machen und ihn dadurch in die Lage versetzen, seine Rechte gegenüber dem Vermieter durchzusetzen; in einem sozialgerichtlichen Verfahren können Streitigkeiten zwischen dem Leistungsberechtigten/Mieter und dem Vermieter nicht abschließend geklärt werden (vgl. BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 15/11 R). Einen Umzug erforderlich machen können des Weiteren gesundheitliche Gründe, wobei es stets auf den Einzelfall ankommt (BSG, Urteil vom 24.11.2011, B 14 AS 107/10 R), zB, wenn ein Leistungsberechtigter unter Asthma oder Ähnlichem leidet und das Leiden nur durch einen Wohnungswechsel beeinflusst werden kann oder wenn Art und Schwere einer Behinderung einen Wohnungswechsel erfordern; nicht jedoch, wenn einfachste und kostengünstige Hilfsmittel zur Verfügung stehen.
Unter Anwendung dieser Maßstäbe spricht bei summarischer Prüfung und noch nicht vollständig aufgeklärtem Sachverhalt mehr für eine Erforderlichkeit des Umzugs - also Aus- und Einzug - als dagegen. Insgesamt liegt wohl ein plausibler, nachvollziehbarer und verständlicher Anlass für den Auszug aus der konkret bis Januar 2021 bewohnten Wohnung und den Einzug in die neue Wohnung zum 01.02.2021 vor, von dem sich ein Nichthilfeempfänger auch hätte leiten lassen. Von der Erforderlichkeit eines Umzugs kann nicht erst dann ausgegangen werden, wenn ein Verbleib in der bisherigen Unterkunft unmöglich wäre. Ob sich bereits mit der Unterschreitung der anerkannten Höchstwerte an Wohnflächen (bis 50 qm für eine Person, bis 65 qm für zwei Personen) als objektives Kriterium die Erforderlichkeit eines Umzugs begründen lässt, muss im vorliegenden Verfahren nicht beantwortet werden. Denn ungeachtet dieses Kriteriums stellt sich der Wohnungswechsel jedenfalls unter summarischer Prüfung sämtlicher Umstände des Einzelfalls als erforderlich dar (vgl. LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 11.08.2011, L 12 AS 3144/11 ER-B, Rn. 14 zitiert nach juris).

Der Bf und K wohnen seit Jahren in einer etwa 34 qm großen Wohnung. Die Bf trägt plausibel den Grund des Zusammenzugs damit vor, dass sie K seit Kindertagen als Freund ihres Bruders kenne und sie K zur Vermeidung der Obdachlosigkeit nach seiner Haftentlassung aufgenommen habe. Weiter trägt die Bf glaubhaft vor, dass sie seit mehreren Jahren nach einer größeren - für eine Wohngemeinschaft - geeigneten Wohnung suche, was sich aufgrund des Bezugs von Sozialleistungen schwierig gestalte. Der Bg geht davon aus, dass die Bf und K keine Bedarfsgemeinschaft, sondern eine Wohngemeinschaft bilden. Schließlich führt die Bf auch gesundheitliche Gründe für den Umzug an. Sie trägt vor an Asthma zu leiden, weshalb sie ein eigenes Zimmer benötige. Weiter ist unklar, ob die von der Bf geltend gemachten Mängel der bis Januar 2021 angemieteten Wohnung einen Umzug erforderlich gemacht haben. Richtig ist zwar, dass sich die Bf wegen Mängeln der Mietsache zunächst an den Vermieter wenden muss und Streitigkeiten zwischen den Mietvertragsparteien nicht im sozialgerichtlichen Verfahren zu klären sind. Allerdings trägt die Bf Mängel der Mietsache als Grund für den Umzug vor, die auch gesundheitliche Gründe (weiter) bedingen können. So sei die Wohnung nicht nur renovierungsbedürftig, sondern seit Dezember 2020 sei auch der Warmwasserboiler defekt. Weitere Ermittlungen zum Gesundheitszustand der Bf, zu der Anzahl der Zimmer der früher und aktuell bewohnten Wohnung (hierzu gibt es widersprüchliche Angaben) und zur Frage des Vorliegens einer Bedarfsgemeinschaft erscheinen angezeigt, müssen aber im noch offenen Klageverfahren erfolgen.

Auch der Einzug in die neue Wohnung ist nach summarischer Prüfung erforderlich. Insbesondere ist die neue Wohnung bzw. der von der Bf (unter)mietvertraglich genutzte Teil wohl angemessen für einen Ein-Personen-Haushalt (vgl. dazu oben unter 1a), die Zwei-Personen-Wohngemeinschaft verfügt sodann über zwei Räume, die getrennt bewohnt werden können und für bestehende Mängel der neuen Mietsache gibt es keine Anhaltspunkte. 
Darauf, ob die Erteilung der Zusicherung erforderlich ist, weil ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann, kommt es in der Anfechtungs- und Leistungssituation nicht an. Die Bf begehrt nicht (mehr) die Erteilung einer Zusicherung, sondern die Gewährung der Mietkaution. Deshalb scheidet die Erteilung der Zusicherung auch aus, wenn ein erfolgreicher Mietvertragsschluss vorliegt, da dies der Annahme entgegensteht, die angemietete Wohnung habe nicht ohne Zusicherung der Mietkaution gefunden werden können (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.06.2020, L 18 AS 826/20 B ER, Rn. 5). In der hier vorliegenden Fallkonstellation wäre überdies bei der Prüfung der Prognose im Einzelfall (vgl. Piepenstock a.a.O., § 22 Rn. 246) insbesondere zu berücksichtigen, dass die Bf seit Jahren nach bezahlbaren Wohnraum für die Wohngemeinschaft sucht und sie den Vermieter der neuen Wohnung bereits kannte. Die bereits gestellte Mietkaution konnte für die neue Wohnung jedenfalls zum Teil eingesetzt werden.
Die Kosten, die durch den Umzug in die neue Wohnung, entstehen, sind vor dem Hintergrund der wohl bestehenden Erforderlichkeit auch "angemessen". So bewegen sich die neuen KdUH im Bereich der Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II (dazu vgl. oben 1a). Auf die zu stellende Kaution konnte die bereits geleistete Kaution angerechnet werden.

Auf die Frage, ob die Bf aufgrund einer sog. Ermessensreduktion auf Null einen Anspruch auf Übernahme der Mietkaution gemäß § 22 Abs. 6 S. 1 SGB II hat, kommt es nicht an, weil ein Anordnungsanspruch nach § 22 Abs. 6 S. 2 SGB II überwiegend wahrscheinlich ist.

b) Die Sache ist auch eilbedürftig. Bei Mietwohnungen wird regelmäßig die Gestellung einer Mietsicherheit vom Vermieter verlangt, weshalb die Zahlung der Mietkaution als Zugangsvoraussetzung zu einer Unterkunft in der Regel zu übernehmen ist (vgl. Berlit in LPK-SGB II, 7. Aufl. 2021, § 22 Rn. 226). Die Bf schuldet mietvertraglich eine Kaution in Höhe von drei Monatsmieten (3030 €) und der Vermieter macht eine Zahlung von 2007 € nach Anrechnung der früheren Kaution in Höhe von 1023 € geltend. Die Nichtzahlung der Mietkaution stellt einen wichtigen Grund für eine Kündigung dar (vgl. § 569 Abs. 2a BGB). Deshalb ist die Zahlung der Mietkaution ebenso wie die Deckung laufender Unterkunftsbedarfe zur Erhaltung der Wohnung erforderlich und somit eilbedürftig.

Welche Anordnung zu treffen ist, steht im Ermessen des Gerichts (§ 86b Abs. 2 S. 4 SGG i.V.m. § 938 Abs. 1 ZPO). Hinsichtlich der Dauer des Zuspruchs orientiert sich der Senat an dem Antrag der Bf im Beschwerdeverfahren und dem aktuellen Bewilligungsabschnitt bis Oktober 2021. Die Mietkaution ist im tenorierten Umfang und anders als von der Bf beantragt direkt an den Vermieter auszubezahlen. Der Bg wird auf § 42a Abs. 2 SGB II hingewiesen; die Aufrechnung ist durch Verwaltungsakt zu erklären. 

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung. Dabei wurde die Beschränkung der Beschwerde betreffend die Mietkaution um rund 1000 € im Verhältnis zum tenorierten Zuspruch von rund 4000 € (2000 € Mietkaution, 2090 € KdUH für fünf Monate) berücksichtigt.

Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar. 

Rechtskraft
Aus
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