L 6 AS 26/20

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 36 AS 1011/16
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 26/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Auch bei einem nachgeholten Antrag auf Alg II nach § 28 SGB X ist bei der Berechnungen der SGB II-Leistungen das BAföG als Einkommen anzurechnen, obwohl der Anspruch rückwirkend entfallen ist. Entsteht eine Verpflichtung zur Rückzahlung einer laufenden Einnahme erst nach dem Monat des Zuflusses (hier durch Aufhebung und Rückforderung einer dem BAföG zugrundeliegenden Bewilligungsentscheidung für die Vergangenheit), bleibt es für den Zuflussmonat bei der Berücksichtigung als Einkommen (vgl. BSG, Urteil vom 23.08.2011 - B 14 AS 165/10 R).

Normen: § 11 SGB II, § 15 Abs. 2a BAföG, § 27 SGB II, § 28 SGB X, § 40 Abs. 1 SGB II, § 40 Abs. 7 SGB II, § 7 Abs. 5 SGB II

Suchworte: keine Abweichung vom Zuflussprinzip - bei rückwirkender Aufhebung der BAföG-Leistungen, wiederholte Antragstellung nach § 28 SGB X

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Arbeitslosengeld II (Alg II) nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum 1. April 2016 bis 31. Juli 2016.

 

Der 1990 geborene Kläger bezog zunächst bis einschließlich Juli 2015 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Ab dem 31. August 2015 besuchte er das Regionale Berufsbildungszentrum in Kiel (RBZ) und dort die Berufsfachschule Sozialwesen mit dem Ziel des Ausbildungsabschlusses zum Juli 2018. Er stand ab August 2015 im Bezug von Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG). Die Landeshauptstadt Kiel durch das Amt für Ausbildungsförderung bewilligte dem Kläger zunächst monatlich 465,00 EUR und ab 1. November 2015 monatlich 460,00 EUR an BAföG-Leistungen bis zum 31. Juli 2016 (Bescheid vom 14. August 2015 bzw. Bescheid vom 29. Oktober 2015). Ferner bezog der Kläger ab 1. September 2015 eine Halbwaisenrente von der DRV Nord in Höhe von monatlich 141,82 EUR bzw. ab dem 1. Juli 2016 nach einer Rentenanpassung in Höhe von 147,49 EUR.

 

Am 18. August 2015 beantragte er bei dem Beklagten die Gewährung eines Zuschusses zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für Auszubildende. Mit Bescheid vom 24. September 2015 wurden ihm dieser für die Zeit vom 1. August 2015 bis 31. Dezember 2015 in Höhe von monatlich 209,50 EUR bewilligt. Am 21. Januar 2016 stellte der Kläger mit dem offiziellen Formular auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II („WBA“) einen erneuten Antrag. Hierauf bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 26. Januar 2016 einen – zunächst vorläufigen – Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftsleistungen nach § 27 SGB II für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 30. Juni 2016 in Höhe von monatlich 209,50 EUR. Am 1. Juli 2016 stellte der Kläger wiederum unter Verwendung des offiziellen Formulars „WBA“ einen Weiterbewilligungsantrag ab dem 1. Juli 2016. Hierauf bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 7. Juli 2016 einen endgültigen Zuschuss zu den ungedeckten Unterkunftsleistungen nach § 27 SGB II für den Zeitraum 1. Januar 2016 bis 30. Juni 2016 sowie für den Zeitraum 1. Juli 2016 bis 31. Dezember 2016 jeweils in Höhe von monatlich 209,50 EUR. Diese Bescheide wurden bestandskräftig.

 

Der Kläger meldete sich mit an das RBZ Kiel gerichtetem Schreiben vom 20. Juli 2016, eingegangen beim RBZ Kiel am 31. August 2016, für das Schuljahr 2016/2017 ab. Er besuchte ausweislich der Bescheinigung des RBZ Kiel vom 20. September 2016 den Unterricht dieser Einrichtung zuletzt am 7. Dezember 2015. Im Zeitraum 8. Dezember 2015 bis 18. Dezember 2010 lagen unentschuldigte Fehltage vor. Ab dem 5. Januar 2016 bis zum Schuljahresende waren die Fehltage durch ärztliches Attest entschuldigt.

 

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 hob daraufhin die Landeshauptstadt Kiel die Leistungsbewilligung für den Kläger ab April 2016 auf und forderte die gezahlten Leistungen nach dem BAföG zurück. Die Landeshauptstadt Kiel gründete ihre Entscheidung im Wesentlichen darauf, dass die Voraussetzungen für eine BAföG-Bewilligung ab April 2016 nicht mehr vorlägen. Nach § 15 Abs. 2a BAföG werde Ausbildungsförderung auch geleistet, solange die Auszubildenden infolge von Erkrankung gehindert seien, die Ausbildung durchzuführen, nicht jedoch über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus. Der letzte Schulbesuch des Klägers sei am 7. Dezember 2015 gewesen, in der Zeit vom 8. Dezember 2015 bis 18. Dezember 2015 habe der Kläger unentschuldigt gefehlt, ab dem 5. Januar 2016 bis zum Schuljahresende habe er mit ärztlichem Attest gefehlt. Der Kläger wandte sich hiergegen mit seinem Widerspruch, den er in der Folge zurücknahm. Mit Schreiben vom 22. November 2016 stundete die Landeshauptstadt K den Rückforderungsanspruch bis 31. März 2017. Seit 1. Juni 2017 behält der Beklagte auf Wunsch des Klägers einen monatlichen Betrag in Höhe von 10,00 EUR vom Regelbedarf ein und überweist ihn an die Landeshauptstadt K zwecks Tilgung der BAföG-Forderung. Zudem besteht eine weitere Tilgungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem BAföG-Amt.

 

Am 2. November 2016 beantragte der Kläger bei dem Beklagten die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum 1. April 2016 bis 31. Juli 2016 unter Hinweis auf die Regelung des § 28 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

 

Mit Bescheid vom 11. November 2016 lehnte der Beklagte den Antrag mit der Begründung ab, dass auch nach § 28 SGB X der Wegfall der BAföG-Leistungen in diesem Fall nicht zu der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach dem SGB II führe, da ein Leistungsausschluss wegen der dem Grunde nach förderungsfähigen Ausbildung bestehen bleibe.

 

Der Kläger wandte sich hiergegen mit seinem Widerspruch. Die Voraussetzungen des § 28 SGB X dürften unstreitig vorliegen.

 

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 9. Dezember 2016 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf SGB II-Leistungen habe. Ob er tatsächlich aufgrund der Ausschulung zum 31. Juli 2016 und einer damit verbundenen Zugehörigkeit zur Schule bis zu diesem Datum von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen sei, könne vorliegend dahinstehen, da jedenfalls kein über den Zuschuss nach § 27 SGB II in Höhe von monatlich 209,50 EUR hinausgehender Leistungsanspruch bestehe. Der Kläger habe einen Bedarf in Höhe von 745,50 EUR, bestehend aus Regelleistung in Höhe von 404,00 EUR sowie Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 341,50 EUR. Dem Bedarf in den Monaten April 2016 bis Juli 2016 stünden Einkünfte aus Halbwaisenrente in Höhe von 141,82 EUR sowie Leistungen nach dem BAföG in Höhe von 465,00 EUR und 209,50 EUR als Zuschuss gemäß § 27 SGB II gegenüber, mithin insgesamt 816,32 EUR. Insbesondere seien auch die zu erstattenden Leistungen nach dem BAföG als Einkommen von April 2016 bis Juli 2016 zu berücksichtigen, da sie in den jeweiligen Monaten als bereites Mittel zur Verfügung gestanden hätten und nicht von Anfang an mit einer Rückerstattung behaftet gewesen seien. Auf die spätere Rückerstattungsforderung der BAföG-Leistungen mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 komme es insoweit nicht an.

 

Der Kläger hat am 20. Dezember 2016 Klage beim Sozialgericht Kiel erhoben. Der Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II sei weder nach § 7 Abs.5 SGB II noch mangels Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs.1 SGB II zu verneinen. Er habe von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung im Sinne des § 28 SGB X, hier dem Antrag auf SGB II-Leistungen, abgesehen, da ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung, hier nämlich nach dem BAföG, geltend gemacht worden sei. Diese Leistung sei zu erstatten, sodass der nunmehr nachgeholte Antrag vom 2. November 2016 bis zu einem Jahr zurückwirke, da er innerhalb von sechs Monaten nach Ablauf des Monats gestellt worden sei, indem die Erstattung der anderen Leistungen bindend geworden sei, nämlich hier zum 14. November 2016 durch die Rücknahme des Widerspruchs. Er habe sich im Zeitraum April 2016 bis Juli 2016 nicht mehr in einer dem Grunde nach gemäß dem BAföG förderungsfähigen Ausbildung befunden, da die Voraussetzungen nach § 2 Abs.5 BAföG sowie § 15 Abs. 2a BAföG nicht mehr vorgelegen hätten, sodass er in diesem Zeitraum von Leistungen nach dem SGB II auch nicht mehr ausgeschlossen gewesen sei. Ausweislich der Bestätigung des RBZ vom 20. September 2016 sei der 7. Dezember 2015 der letzte Schulbesuchstag gewesen. Es könne deswegen keine Zweifel geben, dass er in dem hier streitigen Zeitraum seine Ausbildung am RBZ nicht mehr betrieben habe und deswegen von Leistungen nach dem SGB II auch nicht mehr ausgeschlossen sei. Einem Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II stehe auch nicht die Bedarfsdeckung durch die Gewährung von Leistungen nach dem BAföG entgegen. § 28 Abs.1 SGB X regele gerade auch den Fall, dass eine andere Sozialleistung zu erstatten sei. Im Übrigen habe er nicht gewusst, dass sein Anspruch auf Leistungen nach dem BAföG nach Ablauf von drei Monaten nach seiner Erkrankung erloschen sei. Hätte er dies gewusst, hätte er den SGB II-Antrag rechtzeitig gestellt, zumal die Leistungen nach dem SGB II deutlich höher seien als die BAföG-Leistungen. Er habe im streitigen Zeitraum unter schweren Depressionen gelitten. Es habe eine Krankschreibung vom K F gegeben. Ab Januar 2016 habe er nicht mehr am Unterricht teilgenommen. Zum Beklagten und der BAföG-Behörde habe er nach der Krankschreibung zunächst keinen Kontakt aufgenommen. Eine Mitteilung über das Fernbleiben von der Schule habe er dem BAföG-Amt nicht zukommen lassen.

 

Der Beklagte hat sich im Wesentlichen auf den Inhalt der streitigen Bescheide bezogen.

 

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 7. Februar 2020 abgewiesen. Die Bescheide seien nicht zu beanstanden. Ein Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Form des Alg II für die Monate April 2016 bis Juli 2016 bestehe nicht. Der Beklagte habe zurecht die Voraussetzungen des § 28 SGB X verneint. Nach Lage der Akten habe der Kläger zwei reguläre Weiterbewilligungsanträge nach dem SGB II auf Alg II-Leistungen gestellt, sodass er keinen Antrag auf andere Sozialleistungen im Sinne des § 28 Satz 1 oder Satz 2 SGB X bewusst oder unbewusst unterlassen habe: Am 21. Januar 2016 habe er einen üblichen Alg II-Antrag auf Weiterbewilligung von Leistungen nach dem SGB II ab dem 1. Januar 2016 gestellt. Des Weiteren habe er am 1. Juli 2016 erneut einen solchen Weiterbewilligungsantrag gestellt. Im Ergebnis habe der Kläger daher parallel zu seinem Bezug von BAföG-Leistungen auch Alg II-Leistungen beantragt. Dass der Beklagte diese beiden Anträge als Anträge auf einen Zuschuss zu den ungedeckten Kosten der Unterkunft nach § 27 SGB II auslegte, spiele nach Auffassung der Kammer keine Rolle, denn der Kläger hätte die Möglichkeit gehabt, die auf die beiden Leistungsanträge ergangenen bestandskräftigen Bescheide mittels § 44 SGB X überprüfen oder mittels eines Antrags nach § 48 SGB X rückwirkend abändern zu lassen.

 

Der klägerische Hinweis, dass im Rahmen des § 28 SGB X die zu erstattenden BAföG-Leistungen gerade keine Berücksichtigung bei der Leistungsberechnung bzw. der Ermittlung der Hilfebedürftigkeit spielten, greife nicht. Die zugeflossenen BAföG-Leistungen für die Monate April 2016 bis Juli 2016 könnten nicht unberücksichtigt bleiben. Sie seien vielmehr in den streitigen Monaten als Einkommen zu berücksichtigen. Bei der Auszahlung habe nämlich noch keine Belastung mit einem Rückzahlungsanspruch vorgelegen. Erst mit dem Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20. Oktober 2016, der bestandskräftig geworden sei, sei der Kläger mit Schulden gegenüber der Landeshauptstadt K belastet worden (vgl. entsprechend LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2014 – L 34 AS 950/14 – juris). Solche Verpflichtungen seien grundsätzlich bei der Bestimmung der Hilfebedürftigkeit unbeachtlich. Die Rückzahlungsverpflichtung trete erst zukünftig ein (vgl. BSG, Urteil vom 23. August 2011 – B 14 AS 165/10 R – juris).

 

Zudem gehe die Kammer davon aus, dass der Kläger im Nachhinein keinen Anspruch auf reguläre SGB II-Leistungen gehabt hätte, da er auch in den streitigen Monaten gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen ausgeschlossen gewesen sei.

 

Der Kläger hat gegen das ihm am 31. März 2020 zugestellte Urteil am 4. April 2020 Berufung vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben, mit der er sein Begehren weiterverfolgt. Er habe zu keinem Zeitpunkt neben seinen bewilligten BAföG-Leistungen einen Antrag auf „Alg II-Leistungen“ gestellt. Er habe einen Antrag nach § 27 Abs. 3 SGB II gestellt und dieser sei vom Beklagten auch bewilligt worden. Die Voraussetzungen nach § 28 SGB X lägen zweifelsfrei vor. Er habe von der Stellung eines Antrags auf eine Sozialleistung – Alg II – abgesehen, weil er einen Anspruch auf eine (bzw. zwei) andere Sozialleistung(en) – BAföG und einen Zuschuss nach § 27 Abs. 3 SGB II – geltend gemacht habe. Im Rahmen des § 28 SGB X sei in Bezug auf den Einkommenszufluss anders zu entscheiden als im „normalen“ Rückforderungsfall, der der Entscheidung des BSG vom 23. August 2016 (B 14 AS 165/10 R – juris) zugrunde lag. Hierfür spreche nicht nur der klare Wortlaut des § 28 SGB X, sondern auch der Umstand, dass bei Vorliegen der (engen) Voraussetzungen der nachholenden Antragstellung eine Besserstellung vom Gesetzgeber offenbar gewollt sei und materiell auch im Regelungsbereich der Grundsicherung nach dem SGB II und SGB XII einen Sinn hätten.

 

Der Kläger beantragt,

 

das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 7. Februar 2020 sowie den Bescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2016 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm für den Zeitraum 1. April 2016 bis 31. Juli 2016 Arbeitslosengeld II zu bewilligen.

 

Der Beklagte beantragt,

 

          die Berufung zurückzuweisen.

 

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

 

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung hat keinen Erfolg. Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 11. November 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 9. Dezember 2016 ist im Ergebnis rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Alg II für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. Juli 2016.

 

Zwar geht der Senat davon aus, dass die Voraussetzungen des § 40 Abs. 1 Satz 1, Abs. 7 SGB II i.V.m. § 28 SGB X grundsätzlich erfüllt sind. Unter Berücksichtigung des dem Kläger im streitigen Zeitraum zugeflossenen BAföG in Höhe von monatlich 460,00 EUR besteht ein Anspruch auf ALG II mangels Hilfebedürftigkeit jedoch nicht.

 

Der Kläger hat mit Schreiben vom 2. November 2016 einen Antrag auf Alg II für den Zeitraum 1. April 2016 bis 31. Juli 2016 gestellt. Dieser eröffnet grundsätzlich auch die Gewährung von Alg II für die streitigen Monate. Zwar wird der Beginn des Leistungszeitraums durch die Antragstellung des Leistungsberechtigten nach § 37 Abs. 1 SGB II bestimmt und werden für Zeiten vor Antragstellung Leistungen nach § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht erbracht. Allerdings ist hier § 28 SGB X zu beachten, der auch im Bereich des SGB II anwendbar ist (vgl. § 40 Abs. 1 Satz 1 SGB II und Umkehrschluss aus § 40 Abs. 7 SGB II). Dagegen spricht nicht, dass der Antrag auf Leistungen nach § 37 Abs. 1 SGB II konstitutive Wirkung hat. § 28 SGB X befreit nämlich nicht von dem Antragserfordernis als solchem, sondern lässt nur den nachgeholten Antrag zurückwirken. Die Anwendung des § 28 SGB X führt demnach nicht dazu, dass Leistungen vor Antragstellung erbracht werden (BSG, Urteil vom 19.10.2010 – B 14 AS 16/09 R – juris Rn. 19 ff.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2014 – L 34 AS 950/14 – juris Rn. 21).

 

Die Voraussetzungen des § 28 Satz 1 SGB X sind vorliegend gegeben. Nach der genannten Vorschrift wirkt ein nachgeholter Antrag bis zu einem Jahr zurück, wenn ein Leistungsberechtigter von der Stellung eines Antrages auf eine Sozialleistung (zunächst) abgesehen hat, weil ein Anspruch auf eine andere Sozialleistung geltend gemacht worden ist, und diese Leistung (dann) versagt wird oder zu erstatten ist. Entgegen § 28 Satz 1 letzter Halbsatz SGB X gilt dies im Bereich des SGB II allerdings nur dann, wenn der Antrag unverzüglich nach Ablauf des Monats, in dem die Ablehnung oder Erstattung der anderen Leistung bindend geworden ist, nachgeholt wird (§ 40 Abs. 7 SGB II).

 

Der Kläger hatte mit Aufnahme seiner Ausbildung Leistungen nach dem BAföG beantragt, die ihm auch mit Bescheid vom 14. August 2015 bzw. 29. Oktober 2015 in Höhe von letztlich monatlich 460,00 EUR bewilligt wurden. Daneben war ihm vom Beklagten mit Bescheiden vom 24. September 2015, 26. Januar 2016 und 7. Juli 2016 ein Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 209,50 EUR gemäß § 27 Abs. 3 SGB II a.F. bewilligt worden. Zudem bezog er eine Halbwaisenrente von der DRV Nord in Höhe von monatlich 141,82 EUR bzw. ab 1. Juli 2016 in Höhe von 147,00 EUR. Damit verfügte der Kläger über bedarfsdeckende Leistungen. Ein Anspruch auf Alg II bestand aufgrund des Leistungsausschlusses gemäß § 7 Abs. 5 SGB II zudem nicht.

 

Mit Bescheid vom 20. Oktober 2016 wurden die BAföG-Leistungen u.a. für die Zeit vom 1. April 2016 bis 31. Juli 2016 aufgehoben und die Erstattung vom Kläger binnen eines Monats nach Bekanntgabe des Bescheids gefordert. Hintergrund war, dass der BAföG-Anspruch infolge der Erkrankung des Klägers zum 1. April 2016 entfallen war. Gemäß § 15 Abs. 2a BAföG wird Ausbildungsförderung auch geleistet, solange die Auszubildenden infolge von Erkrankung oder Schwangerschaft gehindert sind, die Ausbildung durchzuführen, nicht jedoch über das Ende des dritten Kalendermonats hinaus. Der Kläger hat am 7. Dezember 2015 letztmalig die Schule besucht. In der Zeit vom 8. bis 18. Dezember 2015 hat er unentschuldigt gefehlt. Ab 5. Januar 2016 bis zum Schuljahresende hat er mit ärztlichem Attest gefehlt.

 

Die Erstattungsforderung war am 2. November 2016 – dem Zeitpunkt der Antragstellung beim Beklagten – noch nicht bindend (Rücknahme des Widerspruchs mit Schreiben vom 14. November 2016), sodass an der Unverzüglichkeit der Antragstellung keine Zweifel bestehen. Zudem liegt der Zeitraum, für den Leistungen begehrt werden, innerhalb der Jahresfrist des § 28 Satz 1 SGB X.

 

Es besteht auch eine Kausalität zwischen der Geltendmachung der BAföG-Leistungen und dem Absehen von der Beantragung von Alg II. Mit dem Besuch der Berufsfachschule Sozialwesen zum 31. August 2015 hat der Kläger eine dem Grunde nach förderungsfähige Ausbildung im Rahmen des BAföG begonnen. Ihm wurden hierfür auch mit Bescheiden vom 14. August 2015 und 29. Oktober 2015 Leistungen nach dem BAföG bewilligt. Der Kläger war daher gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts ausgeschlossen. Er hat dies auch erkannt und am 7. Juli 2015 einen Antrag auf Zuschuss zu den angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung für Auszubildende beim Beklagten beantragt. Dieser wurde mit Bescheid vom 24. September 2015 für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2015 vom Beklagten positiv beschieden. Auf die Folgeanträge vom 21. Januar 2016 und 1. Juli 2016 folgten die Bewilligungen vom 26. Januar 2016 und 7. Juli 2016. Die Tatsache, dass der Kläger für die Folgeanträge die – wohl vom Beklagten zugesandten – „normalen“ Weiterbewilligungsanträge für Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II verwendet hat (Formular „WBA“), macht diese – entgegen der Auffassung des Sozialgerichts – nicht zu Anträgen auf Alg II. Bewilligt wurde zunächst mit Bescheid vom 24. September 2015 ein Zuschuss nach § 27 Abs. 3 SGB II a.F. bis 31. Dezember 2015 und dann mit Bescheid vom 26. Januar 2016 bis 30. Juni 2016 ebenfalls ein Zuschuss gemäß § 27 Abs. 3 SGB II a.F.. Weiterbewilligt werden konnten mithin auch nur diese Leistungen. Hätte der Kläger nunmehr Alg II beantragen wollen, hätte er – wie im August 2016 dann auch geschehen – einen ausdrücklichen Antrag auf Alg II unter Verwendung des Formulars „Hauptantrag (HA)“ stellen müssen. Zudem hätte es der Mitteilung bedurft, dass er seine Ausbildung abgebrochen hätte. Eine Ausschulung erfolgte jedoch erst zum 31. August 2016, die Aufhebung der BAföG-Leistungen mit Bescheid vom 20. Oktober 2016. Bei den Leistungen nach § 27 SGB II handelt es sich auch nicht um Alg II, wie § 27 Abs. 1 Satz 2 SGB II ausdrücklich klarstellt.

 

Der das 15. Lebensjahr vollendete und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht habende, erwerbsfähige und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in Kiel und mithin in der Bundesrepublik Deutschland habende Kläger war im streitigen Zeitraum zwar nicht mehr gemäß § 7 Abs. 5 SGB II von den Leistungen (hier Alg II) ausgeschlossen. Mangels Hilfebedürftigkeit bestand allerdings kein Anspruch auf Alg II. Die Vorschrift des § 28 SGB X ändert hieran nichts.

 

Gemäß § 15 Abs. 2a BAföG besteht ein BAföG-Anspruch nicht mehr, wenn die Ausbildung aus Krankheitsgründen oder infolge Schwangerschaft für länger als drei Monate unterbrochen wird. Die Ausbildung des Klägers war damit ab dem 1. April 2016 nicht mehr im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig. Ein Ausschluss von Leistungen nach dem SGB II lag zu diesem Zeitpunkt nicht mehr vor (vgl. Leopold in jurisPK-SGB II, Stand 5. Januar 2021, § 7 Rn. 358; LSG Hamburg, Urteil vom 4. Juni 2021 – L 4 As 195/20 – juris Rn. 48). Der Kläger war infolge seiner Erkrankung auch tatsächlich nicht in der Lage, die Ausbildung zu betreiben. Er war ab dem 5. Januar 2016 (Ende der Weihnachtsferien) bis zum Schuljahrsende durchgehend wegen einer schweren Depression krankgeschrieben. Vom 16. August 2016 bis 13. Oktober 2016 befand er sich in stationärer Behandlung im A Klinikum H.

 

Die für die Monate April bis Juni 2016 ursprünglich gewährte Ausbildungsförderung nach dem BAföG ist bei der Berechnung des Alg II allerdings als Einkommen anzurechnen. Hieran ändert auch der Umstand, dass die Leistungen nach dem BAföG wegen der über drei Kalendermonate andauernden Erkrankung des Klägers von der Landeshauptstadt K mit bestandskräftigen Bescheid vom 20. Oktober 2016 rückwirkend entfallen und zu erstatten sind, nichts.

 

Rückzahlungsverpflichtungen wegen Aufhebung und Rückforderung einer Sozialleistungsbewilligung haben im Verhältnis zum Jobcenter lediglich die Bedeutung, dass der Leistungsberechtigte (erst) zukünftig mit Verbindlichkeiten (gegenüber dem Sozialleistungsträger) belastet ist. Sie berühren nicht dessen Verpflichtung, die Sozialleistung im Monat des Zuflusses zur Deckung des Lebensunterhalts einzusetzen. Entscheidend für die Privilegierung von bestimmten Zuflüssen ist, dass in dem Zeitpunkt, in dem die Einnahme als Einkommen berücksichtigt werden soll, der Zufluss bereits mit einer (wirksamen) Rückzahlungsverpflichtung belastet ist. Jedenfalls sofern eine Verpflichtung zur Rückzahlung der laufenden Einnahme erst nach dem Monat eintritt, für den sie berücksichtigt werden soll, besteht die Verpflichtung des Leistungsberechtigten, die Leistung als "bereite Mittel" in dem Monat des Zuflusses auch zu verbrauchen. Insbesondere können solche Rückstellungen nicht geschützt sein, die Leistungsempfänger in Bezug auf möglicherweise eintretende, im Zeitpunkt des Zuflusses aber noch ungewisse, künftige Zahlungsverpflichtungen vornehmen (BSG, Urteil vom 23. August 2011- B 14 AS 165/10 R – juris Rn. 23 ff.; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 17. Dezember 2018 – L 7 BK 10/17 – juris Rn. 32; ablehnender PKH-Beschluss des Senats vom 8. Februar 2019 – L 6 BK 4/18; Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rn. 263; a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. November 2014 – L 34 AS 950/14 – juris Rn. 25 – die Nichtzulassungsbeschwerde wegen Divergenz wurde wegen nicht schlüssiger Begründung als unzulässig verworfen – BSG, Beschluss vom 26. März 2015 – B 14 AS 345/14 B – juris).

 

Der Kläger hatte in den streitigen Monaten einen monatlichen Gesamtbedarf in Höhe von 745,50 EUR. Dem standen monatliche Einnahmen in Höhe von 811,32 EUR (BAföG 460,00 EUR, Halbwaisenrente 141,82 EUR, Zuschuss gemäß § 27 Abs. 3 SGB II a.F. 209,50 EUR) bzw. ab 1. Juli 2016 in Höhe von 816,50 EUR (Halbwaisenrente 147,00 EUR) gegenüber. Auch unter Berücksichtigung der Versicherungspauschale in Höhe von monatlich 30,00 EUR bestand mithin kein weiterer Leistungsanspruch.

 

Entgegen der Auffassung des Klägers ändert § 28 SGB X hieran nichts. Durch § 28 SGB X sollen Rechtsnachteile vermieden werden, wenn ein Berechtigter in Erwartung eines positiven Bescheids einen Antrag auf andere Sozialleistungen nicht gestellt hat (vgl. BT-Drs. 8/4022 S. 81 f. zu § 26a SGB X). Die Vorschrift führt aber gerade nicht dazu, dass außer der Antragstellung auch die übrigen Leistungsvoraussetzungen, hier für die Gewährung von Alg II, als erfüllt angesehen werden. Dem steht schon der eindeutige Wortlaut des § 28 SGB X entgegen, dem zu entnehmen ist, dass lediglich der Antrag, nicht jedoch die übrigen Anspruchsvoraussetzungen zurückwirken sollen (BSG, Urteil vom 19. März 1986 – 7 RAr 17/84 – juris Rn. 16).

 

Sinn und Zweck des § 28 SGB X ist es Nachteile zu vermeiden, die dadurch entstehen, dass die beantragte Leistung abgelehnt wurde und die Leistung von einem anderen Leistungsträger, die stattdessen hätte in Anspruch genommen werden können, wegen des Verstreichens der Antragsfrist oder des fehlenden Antrags nicht für einen abgelaufenen Zeitraum gewährt werden kann (BSG, Urteil vom 2. Mai 2014 – B 4 AS 29/13 R – juris Rn. 25; Siefert in Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 28 Rn. 3). § 28 SGB X regelt insoweit zwei Spezialfälle der Wiedereinsetzung bei verspäteter Antragstellung auf eine Sozialleistung. Der Grundsatz, dass Leistungen erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung gewährt werden – und auch nur dieser – wird durch sie durchbrochen (BSG, a.a.O.; Franz in jurisPK-SGB X, § 28 SGB X, Rn. 10, Stand 8.9.2020). Ziel der Vorschrift ist es hingegen nicht, wie vorliegend vom Kläger gefordert, materielle Gerechtigkeit im Bereich der Grundsicherung unabhängig vom Antragserfordernis herzustellen.

 

Dass § 28 SGB X lediglich Auswirkungen in Bezug auf die Antragstellung hat, wird auch durch die Vorschrift des § 11 Abs. 6 Bundeskindergeldgesetz (BKGG) in der durch das Neunte Gesetz zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – Rechtsvereinfachung – sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragsfrist vom 26. Juli 2016 (BGBl. I 1824) seit 1. August 2016 geltenden Fassung deutlich. Danach sind, wenn ein Verwaltungsakt über die Bewilligung von Kinderzuschlag aufgehoben wird, bereits erbrachte Leistungen abweichend von § 50 Abs. 1 SGB X nicht zu erstatten, soweit der Bezug von Kinderzuschlag den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II ausschließt oder mindert. In der Gesetzesbegründung heißt es dazu (BT-Drs. 18/8041, 66):

 

„Durch den neuen Abs. 6 Satz 1 wird eine Ausnahme von der Verpflichtung zur Rückerstattung von zu Unrecht bezogenen Kinderzuschlagsleistungen in Fällen endgültiger Entscheidungen geschaffen. Denn im Verhältnis von Kinderzuschlag und Leistungen nach dem SGB II kommt es nach geltender Rechtslage in bestimmten Fällen zu unbefriedigenden Erstattungsforderungen. Wenn der Kinderzuschlag nach Ablauf des Bewilligungszeitraums rückwirkend überprüft und dabei festgestellt wird, dass Hilfebedürftigkeit nach dem SGB II durch den Kinderzuschlag nicht vermieden wurde, also eine wesentliche Anspruchsvoraussetzung für den Bezug von Kinderzuschlag nicht vorlag, muss der Kinderzuschlag nach geltender Rechtslage zurückgefordert werden. Da der Kinderzuschlag nach der gesetzlichen Regelung im Wege einer Prognoseentscheidung jeweils für sechs Monate in die Zukunft bewilligt wird, ist es hier schon im Gesetz angelegt, dass es regelmäßig zu einer Rückabwicklung kommen kann.

In den meisten dieser Fälle bestand statt des Anspruchs auf Kinderzuschlag ein Anspruch auf SGB II-Leistungen. Holt der Leistungsberechtigte nunmehr einen Antrag auf SGB II-Leistungen nach § 28 Satz 1 SGB X nach, wird jedoch bei der Berechnung der SGB II-Leistung, der Kinderzuschlag als Einkommen angerechnet, unabhängig davon, dass der Anspruch auf Kinderzuschlag rückwirkend entfällt. Denn beim SGB II gilt das Zuflussprinzip und in dem zu prüfenden Monat war der Kinderzuschlag tatsächlich zugeflossen.

Oftmals besteht also für die Betroffenen aufgrund des Bezugs von Kinderzuschlag kein SGB II-Anspruch und zugleich eine Erstattungspflicht hinsichtlich des Kinderzuschlags. Dies wird als unbillig empfunden, wenn den Betroffenen an der Rechtswidrigkeit der (vorläufigen) Bewilligung des Kinderzuschlags kein Verschulden trifft oder sich das Verschulden lediglich im Bereich leichter bzw. mittlerer Fahrlässigkeit bewegt. Für diese Fälle wird

die Erstattungspflicht nach § 50 SGB X ausgeschlossen.“.

 

Bei einem, wie vom Kläger geforderten Verständnis des § 28 SGB X hätte es der Gesetzesänderung nicht bedurft.

 

Entgegen der Auffassung des Klägers läuft die Vorschrift des § 28 SGB X für Erstattungsfälle im SGB II auch nicht leer. Kann die leistungsberechtigte Person trotz des in den maßgeblichen Monaten zugeflossenen Einkommens ihren Bedarf nicht vollständig decken und besteht mithin Hilfebedürftigkeit ist, bei Vorliegen der weiteren Leistungsvoraussetzungen (vgl. § 7 SGB II), ein Anspruch auf Alg II gegeben.

 

Da das BAföG keine dem § 11 Abs. 6 BKGG vergleichbare Regelung enthält, kommt zur Vermeidung von Nachteilen und Härten allein der Erlass der Erstattungsforderung durch den Sozialleistungsträger – hier dem BAföG-Amt – in Betracht (vgl. § 76 Abs. 2 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Viertes Buch – SGB IV, § 227 Abgabenordnung – AO; siehe auch Hengelhaupt in Hauck/Noftz, SGB II, § 11 Rn. 265 m.w.N.).

 

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.

 

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen

zur Prozesskostenhilfe

 

 

I. Rechtsmittelbelehrung

 

Diese Entscheidung kann mit der Revision angefochten werden.

 

Die Revision ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

 

Postanschriften des Bundessozialgerichts:

bei Brief und Postkarte

34114 Kassel

 

bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen

Graf-Bernadotte-Platz 5

34119 Kassel

 

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

 

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

 

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

 

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden.

 

Die Revision muss von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt werden.

 

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

 

1.       Rechtsanwälte,

 

2.       Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule

          eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen

          Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum

          oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

 

3.       selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder

          berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

 

4.       berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

 

5.       Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie

          Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere

          Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und

          deren Mitglieder,

 

6.       Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche

          Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger

          nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen

          wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang

          ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine

          sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

 

7.       juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum

          einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die

          juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und

          Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer

          Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und

          deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die

          Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

 

Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

 

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

 

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.

 

Die Revision kann nur darauf gestützt werden, dass die angefochtene Entscheidung auf der Verletzung einer Vorschrift des Bundesrechts oder einer sonstigen im Bezirk des Berufungsgerichts geltenden Vorschrift beruht, deren Geltungsbereich sich über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus erstreckt.

 

 

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

 

Für die Revision vor dem Bundessozialgericht kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

 

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

 

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.

 

Wird Prozesskostenhilfe bereits für die Einlegung der Revision begehrt, so müssen der Antrag und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Revision beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

 

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

 

 

III. Ergänzende Hinweise

 

Der Revisionsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.

 

 

 

 

 

 

       Dr. Fuchsloch                                    Lorenzen                             Hahn

Rechtskraft
Aus
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