L 4 KR 547/20

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 18 KR 1498/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 547/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Der Anspruch auf ein Hilfsmittel umfasst auch die erforderlichen Stromkosten, die für dessen Gebrauch anfallen.
2. Die Krankenkasse kann entweder einen besonderen Stromanschluss mit eigenem Zähler installieren lassen oder dem Versicherten eine monatliche Pauschale für die Stromkosten zahlen.
3. Geschieht dies nicht, kommt ein Anspruch auf Kostenerstattung in Frage. Die Erstattung der Kosten der erfolgten Stromzufuhr für die Nutzung des Hilfsmittels richtet sich nach der 1. Alternative des § 13 Abs. 3 SGB V.
4. Zwar sind die Versicherten allgemein nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, keine unnötigen Kosten zu verursachen. Im Rahmen des § 13 Abs. 3 SGB V trifft die Versicherten eine Schadensminderungspflicht; sie haben aber nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten.
5. Es muss vom Versicherten nicht stets der günstigste Stromanbieter gewählt werden. Er können vor allem Kriterien wie die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit des Stromanbieters, die konkrete Vertragsgestaltung und in angemessenem Umfang z.B. auch die Regionalität des Strombezugs und die Zusammensetzung des Strommixes berücksichtigen.

 

I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts München vom 31. Januar 2019 aufgehoben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 06. Juli 2017 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 12. Juli 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. September 2017 verurteilt, dem Kläger weitere Stromkosten für den Betrieb seines CPAP-Gerätes im Zeitraum vom 08. Juli 2016 bis 03. Juli 2017 in Höhe von 20,12 Euro zu erstatten.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen außergerichtlichen Kosten in vollem Umfang zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.


T a t b e s t a n d :

Streitig ist, ob der Kläger und Berufungskläger Anspruch auf Erstattung der für ein Hilfsmittel angefallenen Stromkosten in voller Höhe hat.

Der 1950 geborene Kläger ist bei der beklagten Krankenkasse versichert. Er ist seit Juni 2000 mit dem Schlafapnoebehandlungssystem CPAP versorgt.

Am 05.07.2017 beantragte der Kläger die Erstattung der für die Nutzung des CPAP-Gerätes angefallenen Stromkosten in Höhe von 106,23 Euro im Zeitraum vom 08.07.2016 bis 03.07.2017 für insgesamt 3.535 Betriebsstunden. In der Zeit vom 08.07.2016 bis 31.03.2017 habe er 25,50 Cent brutto pro Kilowattstunde gezahlt. In
diesem Zeitraum seien 2.652 Betriebsstunden angefallen und damit - ausgehend von einem durchschnittlichen Stromverbrauch des Gerätes im Betrieb von 116 Watt - Stromkosten in Höhe von 78,445 Euro. Seit dem 01.04.2017 zahle er 27,10 ct/kWh. Vom 01.04.2017 bis zum 03.07.3017 seien 884 Betriebsstunden und damit Stromkosten in Höhe von 27,789 Euro angefallen.

Die Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 06.07.2017 die Erstattung von 81,66 Euro für 3.535 Betriebsstunden unter Zugrundelegung einer Wattleistung von 110 und eines Strompreises von 0,21 Euro. Dem dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers half die Beklagte hinsichtlich der Berücksichtigung einer Wattleistung von 116 teilweise ab und setzte mit Bescheid vom 12.07.2017 eine Stromkostenerstattung in Höhe von 86,11 Euro fest.

Nachdem der Kläger seinen Widerspruch hinsichtlich der tatsächlich angefallenen Stromkosten aufrechterhielt, teilte die Beklagte ihm mit Schreiben vom 17.07.2017 mit, dass es nach ihren Recherchen im Postleitzahlengebiet A-Stadt mindestens zwei Stromanbieter gäbe, die einen Preis von 0,21 Euro/kWh brutto verlangten. Entscheide sich der Kläger für einen teureren Stromanbieter, habe er die Mehrkosten selbst zu tragen. Hingewiesen wurde auf zwei Stromanbieter, die einen Arbeitspreis von 20,94 ct/kWh bzw. 21,30 ct/kWh bei einem Jahresverbrauch ab 2000 Kilowattstunden verlangen (Angebote vom 25.07.2017).

Mit Widerspruchsbescheid vom 18.09.2017 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers - soweit ihm nicht mit Bescheid vom 12.07.2017 abgeholfen worden war - zurück. Der Anspruch nach § 33 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) umfasse zwar auch die Stromkosten, die erforderlich seien, um den bestimmungsgemäßen Gebrauch eines Hilfsmittels zu ermöglichen. Nach § 2 Abs. 1 SGB V stellten die Krankenkassen den Versicherten jedoch die Leistungen unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 SGB V) zur Verfügung. Danach müssten die Leistungen ausreichend, zweckmäßig und wirtschaftlich sein; sie dürften das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Leistungen, die nicht notwendig oder unwirtschaftlich seien, könnten Versicherte nicht beanspruchen. Unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes gemäß §§ 2 Abs. 1 Satz 1, 12 SGB V sei daher ein günstiger Stromanbieter heranzuziehen. Werde ein teurerer Anbieter gewählt, seien die Mehrkosten vom Versicherten zu tragen.

Dagegen hat der Kläger am 10.10.2017 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben und zur Begründung vorgetragen, dass er kein Vertrauen zu Billiganbietern von Strom habe. Bei der K. GmbH sei er in sicheren Händen, da es sich hierbei um ein kommunales Unternehmen handele und er eine Preisgarantie für zwei Jahre bekomme. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 06.02.1997, 3 RK 12/96, habe er Anspruch auf Erstattung der vollen tatsächlich angefallenen Stromkosten für sein CPAP-Gerät.

Die Beklagte hat dem entgegengehalten, dass der vom Kläger erwähnten Entscheidung des BSG nur entnommen werden könne, dass der Anspruch auf Versorgung mit einem Hilfsmittel auch die Versorgung mit der zum Betrieb erforderlichen Energie umfasse. Zur Höhe der Kosten habe sich das BSG in dieser Entscheidung nicht geäußert. Die Beklagte habe insoweit das Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten.

Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.01.2019 abgewiesen. Die Beklagte habe im angefochtenen Bescheid die Kostenerstattung für den Stromverbrauch des CPAP-Gerätes im streitgegenständlichen Zeitraum (08.07.2016 bis 03.07.2017) unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebotes in nicht zu beanstandender Weise festgesetzt.
Im Hinblick auf das gesetzlich geregelte Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) sei es nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die vom Kläger beantragte Erstattung der Stromkosten auf der Grundlage der Tarife von günstigen Stromanbietern berechne, die für das Wohngebiet des Klägers zur Verfügung stehen. Bei Wahl eines teureren Anbieters seien die Mehrkosten vom Versicherten zu tragen. Die Berufung wurde nicht zugelassen.

Auf die Beschwerde des Klägers (L 4 KR 285/19 NZB) hat der Senat mit Beschluss vom 10.10.2020 die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.01.2019 zugelassen.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat zur Begründung der Berufung ausgeführt, dass die Beklagte nicht hinreichend die berechtigten Interessen des Klägers berücksichtige, wenn sie allein auf den billigsten Stromanbieter abstelle. Der günstigste Anbieter sei nicht immer auch der beste. Es verbiete sich zudem, allein den Arbeitspreis (Kilowattstundenpreis) zu beleuchten, denn die Stromkosten für den Privatabnehmer würden sich stets aus einer Kombination aus dem Gesamtpreis von Arbeits- und Grundpreis ergeben. Ein etwas höherer Arbeitspreis werde häufig durch einen monatlichen günstigeren Grundpreis kompensiert. Zumindest müsse es eine Toleranzgrenze im Bereich der Stromanbieterauswahl für die Versicherten der gesetzlichen Krankenversicherung im Bereich der Betriebskosten für Hilfsmittel geben, denn es sei den Versicherten nicht zumutbar und häufig aufgrund einer längeren Vertragsbindung auch nicht möglich, den Stromvertrag von einem Tag auf den anderen umzustellen. Referenzwert sollte der allgemeine Strompreis für die Grundversorgung sein. Dieser habe beispielsweise bei den Stadtwerken B-Stadt ab dem 01.02.2017 bei 27,02 ct/kWh brutto betragen (vgl. Amtsblatt der Landeshauptstadt B Nr. 4/2019) und damit genau in dem vom Kläger gewählten Preisspektrum. Der Kläger habe einen Energieliefervertrag mit einem regionalen, vertrauenswürdigen Unternehmen mit geringem Insolvenzrisiko, hoher Kundenzufriedenheit und sehr gutem Service.

Die Beklagte hat erneut auf das Wirtschaftlichkeitsgebot der §§ 2, 12 SGB V hingewiesen. Wählten Versicherte Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen, die über das Maß des Notwendigen hinausgingen, hätten sie nach § 33 Abs. 1 Satz 9 SGB V die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten zu tragen.

Auf Anfrage des Senats hat der Kläger an seine im selben Haushalt lebende Ehefrau gerichtete Stromrechnungen der K. GmbH vom 20.03.2017 (Abrechnungszeitraum 17.02.2016 bis 09.02.2017) und vom 22.03.2018 (Abrechnungszeitraum 10.02.2017 bis 12.02.2018) vorgelegt. Danach betrug der Arbeitspreis - wie vom Kläger angegeben - in der Zeit vom 08.07.2016 bis zum 31.03.2017 pro Kilowattstunde 21,43 Cent netto bzw. (mit Umsatzsteuer) 25,50 Cent brutto und in der Zeit vom 01.04.2017 bis 03.07.2017 22,77 Cent netto bzw. 27,10 Cent brutto.

Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts München vom 31.01.2019 aufzuheben und die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2017 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 12.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.09.2017 zu verurteilen, ihm weitere Stromkosten für den Betrieb seines CPAP-Gerätes im Zeitraum 08.07.2016 bis 03.07.2017 in Höhe von 20,12 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Berufungsakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und der Beklagten Bezug genommen.

 

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Der Senat konnte aufgrund der vorliegenden Einwilligungen der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs. 2 SGG entscheiden.

Die mit Beschluss vom 10.10.2020 zugelassene und auch im Übrigen zulässige Berufung ist begründet. Der Kläger hat Anspruch auf Erstattung weiterer Stromkosten in Höhe von 20,12 Euro für den Betrieb seines CPAP-Gerätes im Zeitraum 08.07.2016 bis 03.07.2017. Das Wirtschaftlichkeitsgebot nach §§ 2 Abs. 1, 12 SGB V steht vorliegend nicht entgegen.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass dem Kläger grundsätzlich ein Anspruch auf Übernahme der Energiekosten zusteht, die zum Betrieb des ihm zur Verfügung gestellten Hilfsmittels erforderlich sind.

Der Anspruch auf Hilfsmittelversorgung richtet sich nach § 33 Abs.1 SGB V (vorliegend nach Maßgabe der bis 10.04.2017 bzw. bis 10.05.2019 geltenden Fassungen). Danach haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs.4 SGB V ausgeschlossen sind (Satz 1). Der Anspruch umfasst auch zusätzlich zur Bereitstellung des Hilfsmittels zu erbringende, notwendige Leistungen wie die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln, die Ausbildung in ihrem Gebrauch und, soweit zum Schutz der Versicherten vor unvertretbaren gesundheitlichen Risiken erforderlich, die nach dem Stand der Technik zur Erhaltung der Funktionsfähigkeit und der technischen Sicherheit notwendigen Wartungen und technischen Kontrollen (Satz 5 in der ab 11.04.2017 geltenden Fassung, davor nahezu inhaltsgleich Satz 4).

Nach der Rechtsprechung des BSG umfasst der Anspruch auf ein Hilfsmittel noch weitergehend alles, was erforderlich ist, um dem Versicherten den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Hilfsmittels zu ermöglichen. Soweit zum Betrieb eines Gerätes, das als Hilfsmittel geleistet wird, auch eine Energieversorgung gehört, ist diese ebenfalls von der Krankenkasse zu übernehmen. Dabei ist der Antrag auf die zum Betrieb eines Hilfsmittels erforderliche Energieversorgung bereits im Antrag auf das Hilfsmittel selbst, hier also im Antrag auf das CPAP-Gerät, zu sehen (vgl. BSG, Urteil vom 06.02.1997, 3 RK 12/96).

In technischer oder abrechnungsmäßiger Hinsicht, so das BSG in der eben erwähnten Entscheidung, bestünden für eine Kostenübernahme durch die Krankenkasse keine unüberwindbaren Hindernisse. So lasse sich daran denken, dass die Krankenkasse (für den Betrieb des betreffenden Hilfsmittels) einen besonderen Stromanschluss mit eigenem Zähler installieren lasse. Sofern dies einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern sollte, könne es der Krankenkasse im Rahmen der ihr obliegenden Wirtschaftlichkeitserwägungen unter Umständen auch nicht verwehrt sein, die durchschnittlichen monatlichen Kosten zu ermitteln und dem Versicherten pauschal zu erstatten. Das grundsätzliche Sachleistungsgebot schließe das nicht aus.

Hier hat die Beklagte für den Betrieb des CPAP-Gerätes des Klägers weder einen besonderen Stromanschluss mit eigenem Zähler installieren lassen noch hat sie dem Kläger eine monatliche Pauschale für die Stromkosten gezahlt. Der Kläger hat sich vielmehr die von der Beklagten geschuldete Stromzufuhr für sein Hilfsmittel selbst beschafft. Es handelte sich um eine unaufschiebbare, nicht rechtzeitig erbrachte Leistung im Sinne von
§ 13 Abs. 3, 1. Alternative SGB V, da der Kläger auf die Einsatzfähigkeit seines CPAP-Gerätes angewiesen war. Die Kosten einer selbstbeschafften (unaufschiebbaren und von der Krankenkasse nicht rechtzeitig erbrachten) Leistung sind nach § 13 Abs. 3 SGB V in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war.

Beim Tatbestandsmerkmal "soweit die Leistung notwendig war" kommt es auf die Notwendigkeit der Sachleistung an, für die die Kosten aufgewandt worden sind, und nicht auf die Unvermeidlichkeit der Kosten der Höhe nach (vgl. BSG, Urteil vom 03.08.2006, B 3 KR 25/05 R). Vorliegend war die Sachleistung - also die erfolgte Stromzufuhr für die Nutzung des CPAP-Gerätes - in dem vom Kläger mitgeteilten Umfang (3.535 Betriebsstunden im Zeitraum 08.07.2016 bis 03.07.2017) notwendig. Dies wird auch von der Beklagten nicht bestritten.

Damit sind dem Kläger die Kosten - wie dies in § 13 Abs. 3 SGB V angeordnet wird - grundsätzlich "in der entstandenen Höhe" zu erstatten. Beim Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 SGB V soll der Versicherte so gestellt werden, als hätte die Krankenkasse die Sachleistung rechtzeitig zur Verfügung gestellt. Erfasst werden daher grundsätzlich die beim Versicherten konkret entstandenen Kosten (Helbig in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB V, 4. Aufl., § 13 SGB V, Rn 82). Der Zweck des Erstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 SGB V und seine Schadensersatznatur liegen gerade darin, den Versicherten von den Aufwendungen freizustellen, die ihm speziell wegen der nicht rechtzeitigen bzw. zu Unrecht abgelehnten Leistungserbringung entstanden sind (vgl. Noftz in: Hauck/Noftz, SGB, 07/19, § 13 SGB V, Rn 57).

Ausweislich der vorgelegten Stromrechnungen sind dem Kläger in der streitgegenständlichen Zeit Kosten in Höhe von 106,23 Euro für den Betrieb seines CPAP-Gerätes entstanden. Dabei ist unschädlich, dass die Rechnungen an seine im selben Haushalt lebende Ehefrau gerichtet sind. Denn der den Rechnungen zugrundeliegende Stromnutzungsvertrag, den offenbar seine Ehefrau abgeschlossen hat, ist ein Geschäft zur angemessenen Deckung des Lebensbedarfs der Familie, durch das beide Ehegatten berechtigt und verpflichtet werden (§ 1357 Abs. 1 Satz 2 BGB). Die Beklagte erstattete hierauf 86,11 Euro.

Der somit nach § 13 Abs. 3 SGB V entstandene Kostenerstattungsanspruch des Klägers in Höhe von 106,23 Euro war hier auch nicht wegen vermeintlich unwirtschaftlichen Verhaltens des Klägers um 20,12 Euro zu kürzen. Zwar trifft es zu, dass die Versicherten allgemein nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) gehalten sind, keine unnötigen Kosten zu verursachen. Sie genügen insoweit aber bereits ihrer Pflicht, wenn sie den Kostenaufwand für angemessen halten durften (vgl. BSG, Urteil vom 03.08.2006, B 3 KR 25/05 R). Im Rahmen der Anwendung des § 13 Abs. 3 SGB V trifft die Versicherten - als Schadensminderungspflicht - die Pflicht zu wirtschaftlichem Verhalten lediglich in eingeschränkter Form; sie haben nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten (vgl. Noftz, a.a.O., § 13 SGB V, Rn 57; Helbig, a.a.O., § 13 SGB V, Rn 84; Schifferdecker in: Kasseler Kommentar Sozialversicherungsrecht, § 13 SGB V, Rn 101).

Im vorliegenden Fall vermag der Senat nicht zu erkennen, dass der Kläger in vorwerfbarer Weise unnötige Kosten verursacht hat. Da die Beklagte für das CPAP-Gerät keinen besonderen Stromanschluss mit eigenem Zähler installieren ließ, hatte der Kläger zunächst gar keine andere Möglichkeit, als das Hilfsmittel mit dem Strom des Stromlieferanten zu betreiben, mit dem er einen Stromnutzungsvertrag für seinen Haushalt geschlossen hatte. Er war auch nicht gehalten, sich im weiteren Verlauf über die Strompreise anderer Energieunternehmen zu informieren und zum nächstmöglichen Termin zu einem günstigeren bzw. dem günstigsten Stromanbieter zu wechseln. Das von ihm als Versichertem zu beachtende allgemeine Gebot, sich wirtschaftlich zu verhalten, gilt im Rahmen des § 13 Abs. 3 SGB V - wie dargelegt - nur in eingeschränkter Form und geht jedenfalls nicht so weit, dass er wegen der Nutzung eines von seiner Krankenkasse zur Verfügung gestellten Hilfsmittels seinen Stromlieferanten für seinen Haushalt nicht mehr frei wählen kann.

Zu Recht hat der Prozessbevollmächtigte des Klägers darauf hingewiesen, dass für den Stromkunden bei der Wahl des Stromlieferanten unterschiedliche Kriterien eine Rolle spielen können und die Beklagte zu kurz greift, wenn sie insoweit allein auf den sogenannten Arbeitspreis (Kilowattstundenpreis) abstellt. Dem Stromkunden wird neben dem Arbeitspreis immer auch ein sogenannter Grundpreis in Rechnung gestellt, der häufig gerade dann vergleichsweise hoch ausfällt, wenn der Arbeitspreis vergleichsweise niedrig ist. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Energieversorgung eines Haushalts keine einmalige Anschaffung darstellt, sondern auf einem vertraglichen Dauerschuldverhältnis beruht. Aus diesem Grund können die Verlässlichkeit und Seriosität des Stromanbieters, sein Insolvenzrisiko und der von ihm angebotene Kundenservice bei der Auswahl des Energieversorgungsunternehmens von entscheidender Bedeutung sein, ohne dass dies objektiv als unwirtschaftlich qualifiziert werden könnte. So kann die Insolvenz eines Energieversorgungsunternehmens den Stromkunden teuer zu stehen kommen. Auch Kriterien wie z.B. die Regionalität des Stromerzeugers oder die Zusammensetzung des Strommix können bei der Wahl des Stromlieferanten berücksichtigt werden, ohne dass dies als unwirtschaftlich zu beanstanden wäre. Der Kläger, für den es vor allem auf die Verlässlichkeit und Vertrauenswürdigkeit des von ihm gewählten Stromanbieters ankam, durfte daher den Kostenaufwand für die Energieversorgung seines CPAP-Gerätes für angemessen halten.

Auch aus § 33 Abs.1 Satz 6 SGB V in der bis 10.05.2019 geltenden Fassung (bzw. wortgleich Satz 5 in der bis 10.04.2017 geltenden Fassung) folgt nichts anderes. Danach haben Versicherte die Mehrkosten und dadurch bedingte höhere Folgekosten selbst zu tragen, wenn sie Hilfsmittel oder zusätzliche Leistungen wählen, die über das Maß des Notwendigen hinausgehen. Geht man davon aus, dass die für den Betrieb eines Hilfsmittels erforderliche Energiezufuhr eine gewählte zusätzliche Leistung im Sinne dieser Vorschrift darstellt, ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass diese das notwendige Maß überschritten haben könnte. Denn auch hier kommt es auf die Notwendigkeit der zusätzlichen Leistung (Strom) an, für die die Kosten aufgewandt worden sind, und nicht auf die Unvermeidlichkeit der Kosten der Höhe nach. Wie bereits dargelegt, ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der Kläger das CPAP-Gerät nur in dem Umfang genutzt (und hierfür Strom bezogen) hat, wie dies medizinisch begründet und erforderlich war.

Der Berufung war daher stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Rechtskraft
Aus
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