1. Nach § 63 GKG ist ein Streitwert festzusetzen, wenn Gerichtsgebühren erhoben werden. 2. Wird ein Vergleich in einem nach § 197a SGG kostenpflichtigen Verfahren geschlossen, wird der gerichtliche Vergleich durch die in diesem Verfahren erhobene allgemeine Verfahrensgebühr abgegolten, sofern er lediglich den bisherigen Verfahrenswert betrifft. 3. Soweit in einem sozialgerichtlichen Verfahren ein Vergleich (auch) über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird, fällt - neben der allgemeinen Verfahrensgebühr - eine besondere Gerichtsgebühr nach Nr. 7600 KV GKG für den Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs an. Für diese Gerichtsgebühr bedarf es einer Wertfestsetzung durch das Gericht. Neben dem Streitwert des Verfahrens, der Grundlage für die allgemeine Verfahrensgebühr ist, ist daher auch der Mehrwert des Vergleichs festzusetzen. 4. Werden anderweitig gerichtlich anhängige Gegenstände mitverglichen, entsteht keine besondere Gerichtsgebühr. Ein Vergleichsmehrwert ist insoweit nicht festzusetzen.
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 13.05.2020 wird zurückgewiesen.
G r ü n d e :
I.
Mit vorliegender Beschwerde wendet sich der Beschwerdeführer, der im Ausgangsverfahren Prozessbevollmächtigter der klagenden GmbH war, gegen die Festsetzung des Streitwerts für einen gerichtlichen Vergleich.
Im Verfahren S 12 KR 383/16 vor dem Sozialgericht Augsburg (SG) stritten die Beteiligten über Forderungen von insgesamt 11.527,07 Euro. Der Rechtsstreit wurde durch Abschluss eines Vergleichs beendet, in den weitere Ansprüche in Höhe von insgesamt 385.125,07 Euro einbezogen wurden. Ein Teil der im Vergleich mitgeregelten Ansprüche (in Höhe von insgesamt 368.220,92 Euro) war Gegenstand anderer anhängiger Gerichtsverfahren. Die Beteiligten waren sich einig, dass mit Abschluss dieses Vergleichs auch diese Verfahren insgesamt erledigt sind (Ziff. 6. des Vergleichs). Ein anderer Teil der mitverglichenen Ansprüche betraf nicht anhängige Ansprüche in Höhe von insgesamt 16.904,15 Euro.
Das SG hat mit Beschluss vom 13.05.2020 den Streitwert für das Klageverfahren auf 11.527,07 Euro und den Streitwert für den gerichtlichen Vergleich auf 28.421,22 Euro festgesetzt.
Hiergegen hat der Beschwerdeführer am 12.06.2020 im eigenen Namen, hilfsweise im Namen der Klägerin, Beschwerde erhoben und beantragt, einen Vergleichsmehrwert in Höhe von 385.125,07 Euro festzusetzen. Da ein Gesamtvergleich geschlossen worden sei, der auch anhängige Verfahren umfasse, seien diese im Rahmen des Vergleichsmehrwerts ebenfalls zu berücksichtigen. Verwiesen wurde auf einen Beschluss des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 17.01.2018, XII ZB 248/16.
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Die Beklagte hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Akte des Sozialgerichts und der Beklagtenakte Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet vorliegend gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG in der Besetzung mit drei Berufsrichtern.
Die Beschwerde des Beschwerdeführers ist zulässig, insbesondere ist sie nach § 68 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben (§ 68 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 63 Abs. 3 Satz 2 GKG). Dem Beschwerdeführer steht nach § 32 Abs. 2 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG) ein eigenes Beschwerderecht zu.
Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet. Das SG hat bei der Streitwertfestsetzung einen Vergleichsmehrwert für die mitverglichenen anderweitig anhängigen Verfahren zu Recht nicht festgesetzt.
Nach § 63 GKG ist ein Streitwert festzusetzen, wenn - wie hier bei einem nach § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) kostenpflichtigen Verfahren - Gerichtsgebühren erhoben werden.
Wird in einem Verfahren ein Vergleich geschlossen, wird der gerichtliche Vergleich durch die in diesem Verfahren erhobene allgemeine Verfahrensgebühr abgegolten, soweit er lediglich den bisherigen Verfahrenswert betrifft (Toussaint in: Hartmann/Toussaint, Kostenrecht, 50. Aufl. 2020, KV 1900 GKG, Rn 8).
Soweit in einem (sozialgerichtlichen) Verfahren ein Vergleich über nicht gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird, fällt nach Nr. 7600 KV GKG (in zivilrechtlichen Verfahren vor den ordentlichen Gerichten nach Nr. 1900 KV GKV) eine besondere Gerichtsgebühr für den Mehrwert des gerichtlichen Vergleichs an. Für diese Gerichtsgebühr bedarf es einer Wertfestsetzung durch das Gericht. Das Gericht hat in einem solchen Fall neben dem Streitwert des Verfahrens, der Grundlage für die allgemeine Verfahrensgebühr ist, auch den Mehrwert des Vergleichs festzusetzen.
Soweit ein Vergleich über anderweitig gerichtlich anhängige Gegenstände geschlossen wird, entsteht keine besondere Gerichtsgebühr nach Nr. 7600 KV GKG. Dies folgt aus dem klaren Wortlaut der Nr. 7600 KV GKG, wonach die Gebühr nur bei einem Vergleich über "nicht gerichtlich anhängige Gegenstände" anfällt. Grund hierfür ist, dass ein Vergleich über andere gerichtlich anhängige Gegenstände bereits durch die in den dortigen Verfahren erhobene Verfahrensgebühr abgegolten ist. Für die Gerichtsgebühren ist daher im Hinblick auf mitverglichene anderweitig anhängige Gegenstände ein Vergleichsmehrwert nicht festzusetzen.
Vorliegend hat das Sozialgericht den Streitwert für den Vergleich auf 28.421,22 Euro festgesetzt und damit neben den mitverglichenen nicht anhängigen strittigen Forderungen in Höhe von insgesamt 16.904,15 Euro offenbar auch die Klageforderung des Ausgangsverfahrens (11.527,07 Euro) berücksichtigt.
Dass das SG die mitverglichenen weiteren Ansprüche in Höhe von insgesamt 368.220,92 Euro, die Gegenstand anderer anhängiger Gerichtsverfahren waren, bei der Festsetzung des Vergleichsmehrwerts nicht berücksichtigt hat, ist nicht zu beanstanden. Soweit die besondere Gebühr nach Nr. 7600 KV GKG nicht anfällt, darf kein Vergleichsmehrwert festgesetzt werden, da nach § 63 GKG ein Streitwert nur festzusetzen ist, wenn auch Gerichtsgebühren erhoben werden (vgl. dazu Norbert Schneider, AGSpezial 2019, 336).
Bei mitverglichenen anhängigen Ansprüche ist daher - wie das SG zutreffend festgestellt hat - ausschließlich das Gericht zur Wertfestsetzung befugt, vor dem die Ansprüche anhängig sind.
Der im Beschwerdeschriftsatz erwähnte Beschluss des BGH vom 17.01.2018, XII ZB 248/16, ist nicht geeignet, die Auffassung des Beschwerdeführers zu stützen, wonach auch anhängige Ansprüche bei der Festsetzung des Vergleichsmehrwerts zu berücksichtigen sind. Der Beschluss erging in einem Rechtsbeschwerdeverfahren, das auf die Erweiterung der für den Abschluss eines Mehrvergleichs bewilligten Verfahrenskostenhilfe auf sämtliche hiermit in Zusammenhang stehenden Differenzgebühren gerichtet war. Der Mehrvergleich bezog sich dabei ausschließlich auf nicht anhängige Verfahrensgegenstände. Mit der Frage, ob bei der Festsetzung eines Vergleichsmehrwerts auch mitverglichene anhängige Ansprüche zu berücksichtigen sind, setzt sich der Beschluss nicht auseinander.
Der Gegenstandswert der anwaltlichen Tätigkeit war nicht festzusetzen, da die Voraussetzungen des § 33 RVG nicht vorliegen. Nach dieser Vorschrift ist die Festsetzung des Gegenstandswerts der anwaltlichen Tätigkeit durch das Gericht nur zulässig, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert berechnen oder es an einem solchen Wert fehlt (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 13.08.2020, L 11 KR 1639/20 B - juris, Rn 15).
Vorliegend berechnen sich die Gebühren des Rechtsanwalts nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert (§ 32 Abs. 1 RVG). Es fehlt auch nicht an einem solchen Wert, denn in den mitverglichenen Verfahren, bei denen es sich ebenfalls um Verfahren nach § 197a SGG handelt, ist von Amts wegen ein Streitwert für die dort anhängigen Ansprüche festzusetzen.
Zutreffend ist, dass sich der für die Rechtsanwaltsgebühren maßgebliche Vergleichsmehrwert nicht nur aus mitverglichenen nicht anhängigen Gegenständen, sondern auch aus mitverglichenen anhängigen Gegenständen ergibt. Für den Anwalt fallen aus dem Mehrwert auch bei anhängigen Ansprüchen Gebühren an, nämlich eine Prozessdifferenzgebühr nach Nr. 3101 Nr. 2 VV, die allerdings im mitverglichenen Verfahren anzurechnen ist, sowie eine höhere Terminsgebühr und eine höhere Einigungsgebühr. Hierfür sind jedoch die in den mitverglichenen Verfahren festgesetzten Streitwerte heranzuziehen (vgl. Norbert Schneider, a.a.O.).
Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei (§ 68 Abs. 3 Satz 1 GKG). Kosten werden nicht erstattet (§ 68 Abs. 3 Satz 2 GKG).