1. Bei der Beurteilung, ob die Erwerbsfähigkeit bedroht oder beeinträchtigt ist, ist ohne zeitliche Beschränkung regelmäßig an die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit anzuknüpfen (BSG, Urteil vom 12.03.2019 - B 13 R 27/17 R). 2. Nicht maßgeblich sind aber Tätigkeiten, die nur verhältnismäßig kurze Zeit verrichtet oder nicht versicherungspflichtig ausgeübt worden sind. 3. Ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ist ausgeschlossen, wenn die erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, also die Unfähigkeit eines Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können, nicht auf Krankheit oder Behinderung beruht.
I. Auf die Berufung der Beigeladenen hin wird das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.05.2016 aufgehoben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2015 abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist zwischen den Beteiligten die Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
Der 1965 geborene Kläger hat von 1980 bis 1983 eine Lehre als Maurer erfolgreich absolviert und war anschließend bis 2001 in diesem Beruf auch versicherungspflichtig beschäftigt. Zusätzlich war der Kläger als Nebenerwerbslandwirt in eigener Landwirtschaft tätig. Im Laufe des Jahres 2001 gab der Kläger seine versicherungspflichtige Tätigkeit als Maurer auf und war anschließend als Vollerwerbslandwirt selbständig tätig.
Nach seinen eigenen Angaben arbeitete der Kläger im eigenen Betrieb ganztags ohne Angestellte; sein Bruder helfe bei Bedarf mit. Nach wie vor verrichte er auch aktuell die selbständige Tätigkeit als Landwirt im eigenen Betrieb. Daneben erledige er den Winterdienst für die Gemeinde und habe bis vor kurzem ehrenamtlich junge Straftäter betreut. Wegen der Corona-Pandemie sei aber gegenwärtig kein Bedarf dafür. Diese Betreuungstätigkeit habe er im Auftrag des gemeinnützigen Vereins "J." immer samstags für ca. 7 bis 8 Stunden verrichtet und hierfür eine steuerfreie Vergütung von 15 Euro/Stunde erhalten.
Am 16.06.2010 beantragte der Kläger bei der Landwirtschaftlichen Alterskasse (LAK) und hiesigen Beigeladenen die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung für Unternehmer. Die Erwerbsminderung sei auf einen Unfall im Jahr 2005 zurückzuführen. Er leide unter einer großen Nabel-Hernie, Rezidiv, Operation 2005; seit 2007 deutliche Größenzunahme, die operiert werden müsse. Ferner leide er an einer Hypertonie.
Die Beigeladene holte ein ärztliches Gutachten von Dr. L vom Gesundheitsamt E ein, der am 23.07.2010 zu dem Ergebnis gelangte, dass der Kläger noch mehr als sechs Stunden täglich Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verrichten könne. Es liege eine operationsbedürftige Hernie und eine Bewegungseinschränkung der linken Hand nach verheilter Fraktur vor. Die Beigeladene lehnte daraufhin mit Bescheid vom 30.07.2010 eine Rentengewährung ab. Der dagegen eingelegte Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2010 zurückgewiesen.
Hiergegen hatte der Kläger am 21.11.2010 Klage zum Sozialgericht Nürnberg (SG) erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 15 LW 9/11 geführt wurde.
Nach Beiziehung ärztlicher Unterlagen holte das SG ein internistisches Gutachten von Dr. G ein, der am 08.09.2011 zu folgenden Diagnosen gelangte:
1. Riesiger Bauchnabelbruch mit Bauchwandschwäche ohne Einklemmungserscheinungen und ohne Darmpassagestörungen
2. Arterieller Bluthochdruck ohne medikamentöse Behandlung
3. Adipositas Grad I
4. Kombinierte Fettstoffwechselstörung
5. Leichtgradiger diffuser Leberparenchymschaden ohne Einschränkung der Syntheseleistungen der Leber
6. Chronisches Wirbelsäulensyndrom mit Fehlhaltung und ohne wesentliche Funktionseinschränkung
7. Leichte Gebrauchsminderung der linken Hand nach früherer knöcherner Verletzung.
Trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden und mehr täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen zu verrichten. Die Wegefähigkeit sei gegeben.
Nach Anfrage des SG an den Kläger, ob aufgrund des negativen Gutachtens von Dr. G vom 08.09.2011 die Klage zurückgenommen werde, zeigte sich der damalige Prozessbevollmächtigte für den Kläger an und wies mit Schriftsatz vom 16.11.2011 darauf hin, dass der Kläger bislang nicht psychiatrisch untersucht worden sei. Beigefügt war ein Schreiben des behandelnden Facharztes für Allgemeinmedizin Dr. M vom 04.11.2011, wonach der Kläger wegen ständiger Auseinandersetzungen mit der Landwirtschaftlichen Krankenkasse (LKK) seit einigen Wochen an Ein- und Durchschlafstörungen leide. Er leide ferner unter depressiven Symptomen, Stimmungsschwankungen, Antriebslosigkeit und sozialer Phobie. Der notwendigen Operation könne er sich wegen fehlender Krankenversicherung nicht unterziehen.
Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 14.02.2012 holte das SG ein nervenfachärztliches Gutachten von Dr. S ein, der am 11.06.2012 zu folgenden Diagnosen gelangte:
1. Posttraumatische Belastungsstörung
2. Soziale Phobie
3. Angst und depressive Störung gemischt
4. Karpaltunnelsyndrom links
5. Posttraumatische Funktionseinschränkung der linken Hand
6. Monströse Bauchwandhernie
7. Neuropathischer Schmerz bei Zustand nach operativ versorgter Jochbeinfraktur 2003.
Der Kläger könne leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes im Wechselrhythmus nur noch unter drei Stunden täglich seit Antragstellung verrichten. Aufgrund der psychischen Gesamtsituation mit posttraumatischer Belastungsstörung nach Gewaltverbrechen, Entwicklung einer sozialen Phobie, sowie einer Angst- und depressiven Störung seien Umstellungsvermögen, Anpassungsfähigkeit, psychophysische Dauerbelastbarkeit sowie auch kognitive und mnestische Funktionen beeinträchtigt. Somit sollten Tätigkeiten mit Reizüberflutung, ständig wechselnden Arbeitsplatzbedingungen, besonderer Verantwortung für Menschen und Maschinen, besonderer Beanspruchung des Reaktionsvermögens oder Feinmotorik im Bereich der linken Hand ebenso vermieden werden wie Schichttätigkeit und Situationen mit Publikumsverkehr. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben mit Ausnahme der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel aufgrund der ausgeprägten sozialen Phobie. Der beschriebene Zustand und das hieraus folgende Leistungsbild hätten bereits vor dem Antrag vom 16.06.2010 bestanden. Gegenüber den zuletzt eingeholten Gutachten habe neben der dargestellten psychischen Alteration, bestehend aus posttraumatischer Belastungsstörung, sozialer Phobie und Angst- und depressiver Störung, auch ein neuropathischer Schmerz, zurückzuführen auf eine Jochbeinfraktur, objektiviert werden können. Die genannten Gesundheitsstörungen bestünden zweifellos seit Jahren, seien seines Ermessens bislang jedoch nicht ausreichend gewürdigt worden.
In der hierzu von der Beklagten und hiesigen Beigeladenen eingeholten psychiatrischen Stellungnahme von Dr. F vom 16.08.2012 wurde ausgeführt, dass das Gutachten von Dr. S nicht nachvollziehbar sei. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger seiner Arbeit als Landwirt durchaus nachgehen könne und auch zusätzlich noch ein bezahltes Beschäftigungsverhältnis bei der Gemeinde (Winterdienst) innehabe, ferner eine adäquate nervenärztliche Behandlung nicht erfolgt sei, könne der Leistungsbeurteilung von Dr. S, dass der Kläger nurmehr leichteste Arbeiten unter dreistündig regelmäßig verrichten könne, nicht zugestimmt werden. Es lägen aus sozialmedizinischer Sicht qualitative, aber keine dauerhaft quantitativen Leistungseinschränkungen vor. Leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten könnten aus psychiatrischer Sicht durchaus noch sechs Stunden und mehr verrichtet werden, wobei jedoch Arbeiten unter ständigem Zeitdruck, Tätigkeiten mit Selbst- und Fremdgefährdung und Arbeiten mit besonderen Anforderungen an das Konzentrations- und Reaktionsvermögen unterbleiben müssten. Wegen der Neigung zu Rückzugstendenzen mit sozialphobischer Komponente sollte Publikumsverkehr ebenfalls unterbleiben.
Das SG hat sodann nach § 106 SGG ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten von Dr. B eingeholt, der am 18.01.2013 zu folgenden Diagnosen gelangte:
1. Dysthymie
2. Schädlicher Gebrauch von Alkohol
3. Übergewicht
4. Riesiger Bauchnabelbruch
5. Gebrauchsminderung der linken Hand nach knöcherner Verletzung
6. Verdacht auf Bluthochdruck.
Trotz dieser gesundheitlichen Einschränkungen sei der Kläger in der Lage, Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Depressionen seien erstmals vom Hausarzt im Oktober 2011 vorgetragen worden. Es bestünden finanzielle Probleme sowie Auseinandersetzungen mit der Veterinärärztin. Die Nabel-Hernie sei operationsbedürftig. Dem Gutachten von Dr. S sei nicht zu folgen. Es liege allenfalls eine leichte Depression vor. Kognitive oder phobische Störungen seien nicht nachzuweisen gewesen. Anhaltspunkte für eine posttraumatische Belastungsstörung hätten sich nicht ergeben. Ferner sei bedeutsam gewesen, dass zu keinem Zeitpunkt - und damit auch nach dem Einsetzen der affektiven Störungen nicht - eine psychiatrische Behandlung in Anspruch genommen worden sei.
Des Weiteren holte das SG ein chirurgisches Gutachten von Dr. S1 ein, der am 15.10.2013 zu vergleichbaren Diagnosen wie die Vorgutachter gelangte. Leichte körperliche Arbeiten seien mindestens sechs Stunden täglich unter Beachtung qualitativer Einschränkungen möglich. Die gesundheitlichen Einschränkungen seien im Wesentlichen unverändert seit Antragstellung am 16.06.2010; die Psyche sei allenfalls dysthym ohne gröbere Auffälligkeiten.
Im Nachgang zu diesem Gutachten wurde vom Prozessbevollmächtigten des Klägers ein weiterer Antrag nach § 109 SGG gestellt. Nach abgelehnter Kostenübernahme durch die Rechtsschutzversicherung wurde dieser Antrag wieder zurückgenommen.
Am 28.05.2014 führte das SG eine mündliche Verhandlung durch. Im Protokoll ist - nach Erörterung des Sach- und Streitverhältnisses - folgender Passus enthalten:
"Der Kläger stellt gegenüber der Beklagten den Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation.
- vorgelesen und genehmigt -
Des Weiteren beantragt der Kläger Leistungen zur beruflichen Rehabilitation. Im Falle der sachlichen Unzuständigkeit wird beantragt, dieses Verfahren an den zuständigen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten.
- vorgelesen und genehmigt -
Die Beklagtenvertreterin nimmt diese Anträge entgegen und sichert baldige Bearbeitung zu.
- vorgelesen und genehmigt -"
Das SG hat sodann mit Urteil vom gleichen Tag, dem 28.05.2014, die Klage auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente als unbegründet abgewiesen. Nach den eingeholten Gutachten stehe fest, dass der Kläger in der Lage sei, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen noch mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten. Die Leistungsfähigkeit des Klägers sei für den allgemeinen Arbeitsmarkt qualitativ, aber nicht quantitativ eingeschränkt. Dem Gutachten von Dr. S sei nicht zu folgen. Nach Ansicht der Kammer seien die psychischen Beschwerden des Klägers zu keinem Zeitpunkt sehr erheblich gewesen. Dies gehe auch daraus hervor, dass der Kläger noch nie eine nervenärztliche Behandlung in Anspruch genommen habe und dass er die vom Hausarzt verordneten Psychopharmaka selbständig wieder abgesetzt habe. Ein erheblicher Leidensdruck seitens der Psyche sei somit nicht anzunehmen. Es könne nach Ansicht der Kammer hier allenfalls von einer leichten Anpassungsstörung oder einer Dysthymie gesprochen werden.
Gegen dieses Urteil hatte der Kläger Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingelegt, die unter dem Aktenzeichen L 1 LW 9/14 geführt und mit Urteil vom 17.12.2014 als unbegründet zurückgewiesen wurde. Die hiergegen zum Bundessozialgericht (BSG) eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde im Mai 2015 durch Zurücknahme erledigt.
Das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 ging bei der Beklagten und hiesigen Beigeladenen am 16.07.2014 ein. Hinsichtlich der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation übersandte die Beklagte und hiesige Beigeladene dem Kläger noch am gleichen Tag Antragsunterlagen, die der Kläger am 11.09.2014 ausgefüllt an die Beigeladene zurücksandte. Hierzu wurde von der Beigeladenen eine beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. K vom 26.09.2014 eingeholt, der zu dem Ergebnis gelangte, dass eine medizinische Rehabilitation nicht erforderlich sei. Das Leistungsspektrum der Krankenkasse sei ausreichend. Die Beigeladene lehnte daraufhin mit einem Bescheid vom 01.10.2014 Leistungen zur medizinischen Rehabilitation gegenüber dem Kläger ab. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 08.10.2014 wurde nach Einholung einer erneuten prüfärztlichen Stellungnahme von Dr. K vom 15.01.2015 mit Widerspruchsbescheid vom 26.02.2015 zurückgewiesen. Hiergegen hatte der Kläger erneut Klage zum SG erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 16 LW 1/15 geführt wurde.
In Bezug auf die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben übersandte die Beigeladene noch am 16.07.2014 mit einem Anschreiben vom 16.07.2014 das Protokoll des SG an die Beklagte (Eingang dort am 17.07.2014) und wies darauf hin, dass in der öffentlichen Sitzung des SG Nürnberg vom 28.05.2014 der Kläger u.a. Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation gestellt habe. Da Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der LAK nicht erbracht werden könnten, "(worauf in der öffentlichen Sitzung des SG Nürnberg hingewiesen wurde)", werde der formlose Antrag zuständigkeitshalber weitergeleitet. Der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation werde derzeit von der LAK geprüft.
Die Beklagte übersandte daraufhin dem Kläger die entsprechenden Formblattunterlagen für den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, die dieser ausgefüllt am 11.09.2014 zurückreichte.
Nach Einholung einer prüfärztlichen Stellungnahme von Dr. P vom 27.10.2014 lehnte die Beklagte den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.11.2014 ab. Der Kläger sei in der Lage, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter Beachtung qualitativer Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich tätig zu sein.
Hiergegen legte der Kläger mit einem handschriftlichen Schreiben vom 21.12.2014 am 23.12.2014 Widerspruch ein mit der Begründung, dass beim SG das Gericht einstimmig der Meinung gewesen sei, dass er den Beruf Maurer/ Landwirt nicht mehr ausüben könne. Der Richter sei der Meinung gewesen, dass die deutsche Rentenversicherung für seine berufliche und gesundheitliche Rehabilitation zuständig sei.
Die Beklagte wies den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.11.2014 mit Widerspruchsbescheid vom 27.03.2015 als unbegründet zurück. Für den allgemeinen Arbeitsmarkt bestehe ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Einschränkungen. Die festgestellten Gesundheitsstörungen seien nicht so gravierend, dass sie die Bewilligung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erfordern würden. Im Hinblick auf den beruflichen Werdegang des Klägers sei dabei der allgemeine Arbeitsmarkt maßgebend.
Hiergegen hat der Kläger am 13.04.2015 durch seinen Prozessbevollmächtigten Klage zum SG erhoben, die unter dem Aktenzeichen S 16 R 345/15 geführt wurde. Im Betreff des Schriftsatzes vom 13.04.2015 war "wegen Rente" genannt, dann aber beantragt, dem Kläger die beantragte Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben zu bewilligen. Eine Begründung der Klage ist nicht erfolgt.
Auf Nachfrage des SG wies die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.09.2015 darauf hin, dass im Rahmen der Prüfung der beantragten Leistungen zur Teilhabe auf den allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen sei, weil der Kläger letztmals im Jahr 2001 als Maurer versicherungspflichtig tätig gewesen sei. Die Tätigkeit als Landwirt sei in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versicherungspflichtig gewesen. Seit seiner letzten sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung sei der Kläger bei Antragstellung bereits mehr als 10 Jahre arbeitslos gewesen bzw. beschäftigungssuchend. Nach einer derart langen Zeit könne eine Bindung an die konkrete berufliche Betätigung nicht mehr angenommen werden. Das Ziel der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, krankheits- oder behinderungsbedingte Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit zu vermeiden, könne nicht mehr erreicht werden. Nach einer derart langen Dauer der Arbeitslosigkeit beruhten Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit im zuletzt ausgeübten Beruf regelmäßig auf dem Verlust von Fertigkeiten, Fähigkeiten und Kenntnissen, die zwangsläufig mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsprozess und der Arbeitsentwöhnung als solcher verbunden seien (unter Hinweis auf ein Urteil des Sächsischen LSG vom 07.01.2014 - L 5 R 626/12).
Das SG - die sowohl im landwirtschaftlichen als auch im rentenrechtlichen Verfahren zuständige 16. Kammer - hat sodann ein chirurgisches Gutachten bei Dr. S1 in Auftrag gegeben, das für beide anhängige Verfahren Verwendung finden sollte. In den Beweisfragen wurde deshalb zunächst allgemein nach den beim Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen und deren Einfluss auf das berufliche Leistungsvermögen gefragt, anschließend nach den Auswirkungen der bestehenden Gesundheitsstörungen auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers sowohl auf die Tätigkeit eines Maurers und eines Landwirts als auch auf Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes und schließlich, ob Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben geeignet und erforderlich seien. Beigefügt waren Unterlagen der Berufsinformationen aus dem BERUFENET der Bundesagentur für Arbeit über die Tätigkeit eines Maurers und der eines Landwirts.
Dr. S1 ist in seinem Gutachten vom 24.11.2015 für das Verfahren S 16 R 345/15 zu folgenden Diagnosen gelangt:
1. Operierter großer Narbenbruch mit verbliebener Bauchwandschwäche im Oberbauchbereich und gelegentlichen Beschwerden.
2. Fehlhaltungen und Verbiegungen an der Wirbelsäule mit allenfalls geringfügig eingeschränkter Funktion. Keine radikuläre Symptomatik.
3. Funktionsstörungen an der linken Hand mit Beeinträchtigung der Greiffunktion. Formveränderungen und Funktionsbehinderungen besonders am 1., 4. und 5. Strahl der linken Hand. Fingergelenkspolyarthrose beidseits.
4. Übergewicht mit Bluthochdruck und kombinierter Fettstoffwechselstörung (Aktenlage).
5. Leichter diffuser Leberparenchymschaden (Aktenlage).
6. Dysthymie (Aktenlage).
Es könnten noch körperlich leichte Arbeiten im Sitzen, Gehen oder Stehen durchgeführt werden, am besten in selbstgewählter Wechselhaltung. Vermieden werden müssten schwere und mittelschwere Hebe- und Tragetätigkeiten, Zwangshaltungen, besonderen Anforderungen an die manuelle Geschicklichkeit und die Dauerbelastbarkeit der linken Hand, besondere nervliche Belastung, überwiegend gehende und stehende Arbeiten. Zu vermeiden seien auch häufiges Steigen und überwiegend kniende Tätigkeiten. Das Leistungsvermögen betrage weniger als acht Stunden, jedoch mindestens sechs Stunden täglich. Die körperliche Leistungsfähigkeit des Klägers sei im Gesamtzustand so eingeschränkt, dass eine 8-stündige körperliche Tätigkeit pro Tag nicht mehr möglich sei. Es liege aber noch ein Leistungsvermögen von mindestens sechs Stunden täglich vor. Diese zeitliche Leistungseinschränkung bestehe bereits seit seinem Vorgutachten vom 15.10.2013. Unübliche Arbeitspausen seien nicht erforderlich. Die Wegefähigkeit des Klägers sei gegeben. Die berufliche Tätigkeit als Maurer sei nur noch unter drei Stunden täglich durchführbar, die eines Landwirts unter sechs, aber mehr als drei Stunden täglich. Das von ihm beschriebene Leistungsbild entspreche nicht den Arbeitsplatzbeschreibungen in diesen beiden Berufen. Die Erwerbsfähigkeit bezogen auf eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes sei nicht unwesentlich eingeschränkt, wenn man den gesamten allgemeinen Arbeitsmarkt beurteile. Für leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit den erwähnten Bedingungen am Arbeitsplatz lägen aber keine wesentlichen Leistungseinschränkungen vor. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben seien nicht erforderlich, wenn die festgestellten, spezifischen qualitativen Leistungseinschränkungen beachtet würden. Die Einholung weiterer Gutachten sei nicht erforderlich.
Im Hinblick auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation hat Dr. S1 für das Verfahren S 16 LW 1/15 ausgeführt, dass weder durch ambulante noch stationäre Leistungen zur medizinischen Rehabilitation die Erwerbsfähigkeit des Klägers in den Berufen als Mauer und als Landwirt gebessert oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit abgewendet werden könne. Das quantitative Leistungsvermögen des Klägers für diese Berufe könne durch eine medizinische Rehabilitation nicht erheblich gebessert werden. Erforderlich sei eine ambulante Behandlung. Derzeit würden beim Kläger nach seinen eigenen Angaben keinerlei Behandlungen durchgeführt. Es sei eine orthopädische Untersuchung und Behandlung der Wirbelsäule erforderlich. Die Funktionsbehinderungen an der linken Hand könnten hierdurch jedoch nicht gebessert werden. Die Belastbarkeit der Bauchdecke könne durch medizinische Maßnahmen derzeit nicht wesentlich gebessert werden. Der Einsatz einer Leibbinde sollte versucht werden. Falls physiotherapeutische Maßnahmen in Betracht kämen, sollten diese nach orthopädischer Untersuchung im Rahmen der Krankenkassenverordnung durchgeführt werden. Stationäre Krankenhausbehandlungen kämen nicht in Betracht. Ambulante Untersuchungs- und Heilmaßnahmen seien völlig ausreichend.
Am 09.03.2016 fand in beiden Klageverfahren Termin zur mündlichen Verhandlung statt (Rentenverfahren 10.45 Uhr, landwirtschaftliches Verfahren 11.30 Uhr). Im Rentenverfahren wurde in der laufenden mündlichen Verhandlung durch einen Beschluss der Kammer die LAK nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beigeladen. Der in der Sitzung bereits anwesende Vertreter der Beigeladenen übernahm, nachdem von ihm auf eine schriftliche Ladung der Beigeladenen zum Termin verzichtet worden war, anschließend die Prozessvertretung für die Beigeladene. Der Vorsitzende Richter erteilte zu Protokoll den Hinweis, dass ein Fall des § 14 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IX - zu prüfen sein dürfte. Die Beklagte habe im streitgegenständlichen Bescheid über den Antrag vom 28.05.2014 entschieden. Dieser sei bei der Beigeladenen gestellt worden. Auch unter Berücksichtigung von § 6 SGB IX und dessen, dass die Beigeladene grundsätzlich keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringe, komme möglicherweise in Betracht, dass diese im Außenverhältnis mangels rechtzeitiger Weiterleitung gegenüber dem Kläger zuständig sein könne. Hinsichtlich der von der Beklagten vorgebrachten 10-Jahresfrist sei anzumerken, dass eine medizinische Einschränkung des Klägers für die Tätigkeit als Maurer bereits innerhalb dieser Frist vorgelegen haben dürfte. Der Vertreter der Beklagten gab an, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die beantragten Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vorlägen. Der Sitzungsvertreter der Beigeladenen beantragte die Gewährung rechtlichen Gehörs und erbat eine Schriftsatzfrist von 4 Wochen. Die Sitzung wurde daraufhin vertagt.
In der unmittelbar anschließenden mündlichen Verhandlung in der Streitsache S 16 LW 1/15 wurde aufgrund des Gutachtens von Dr. S1 die Klage zurückgenommen.
Mit Schriftsatz vom 16.03.2016 wies die Beigeladene darauf hin, dass der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 gestellt worden sei. Hier sei von dem Sitzungsvertreter der Beigeladenen darauf hingewiesen worden, dass die Beigeladene nur Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erbringen könne. Leistungen zur beruflichen Rehabilitation, d. h. Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, gehörten nicht zum Leistungskatalog der Beigeladenen und könnten von ihr nicht erbracht werden. Die Vertreterin der Beigeladenen habe den Bevollmächtigten gebeten, einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben direkt beim zuständigen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zu stellen. Dies habe der Bevollmächtigte des Klägers abgelehnt und darauf bestanden, den Antrag in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Es habe also am 28.05.2014 festgestanden, dass die Beigeladene der unzuständige Leistungsträger für den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei und über diesen von der hiesigen Beklagten entschieden werden müsse. Nachdem das Sitzungsprotokoll vom 28.05.2014 am 16.07.2014 bei der Beigeladenen eingegangen sei, sei es am gleichen Tag in Fotokopie zusammen mit den ärztlichen Unterlagen an die Beklagte, dem zuständigen Leistungsträger, weitergeleitet worden. Die Beklagte habe auch hinsichtlich ihrer Zuständigkeit keine Einwendungen geltend gemacht. Eine Anwendung des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sei abzulehnen. Die Beigeladene sei kein Rehabilitationsträger im Sinne des SGB IX für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Selbst wenn man die Auffassung vertreten würde, dass die Beigeladene erstangegangener Rehabilitationsträger im Sinne des § 14 SGB IX sei, würde sich für den Kläger kein Vorteil ergeben. Die Beigeladene müsste dann im Rahmen ihres eigenen Leistungsspektrums über den Antrag entscheiden. Da wie vorstehend ausgeführt, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht zum Leistungskatalog der Beigeladenen gehörten, könnte die Beigeladene die begehrte Leistung auch nicht als Primärleistung bewilligen. Sie müsste den Antrag gemäß § 14 Abs. 6 SGB IX an die Beklagte weiterleiten, wie dies mit Schreiben vom 16.07.2014 geschehen sei. In dieser Falllage fände die 2-Wochenfrist des § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX jedoch keine Anwendung. § 14 Abs. 6 Satz 1 SGB IX verweise nur auf die entsprechende Anwendung von § 14 Abs. 1 Satz 2 SGB IX. Schließlich sei auch die Zielsetzung des § 14 SGB IX zu berücksichtigen, der der raschen Klärung der möglichen Zuständigkeiten diene. Dem Kläger und seinem Bevollmächtigten sei aber klar gewesen, dass für den Antrag auf berufliche Rehabilitation die Beklagte der zuständige Rehabilitationsträger sei. Dennoch hätte er am 28.05.2014 in der mündlichen Verhandlung den Antrag auf berufliche Rehabilitation gestellt. Würde man die Auffassung vertreten, dass die Beigeladene erstangegangener Rehaträger nach § 14 Abs 2 S 1 SGB IX sei und als Beigeladene zur Erbringung der Primärleistung zu verteilen wäre, wäre die Beigeladene nach ihren Leistungsgesetzen überhaupt nicht in der Lage, die Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen und müsste voraussichtlich die Beklagte mit der Erbringung der Leistungen beauftragen, um für den Kläger eine bestmögliche Versorgung mit der begehrten Leistung zu erreichen. Zwischen der Beklagten und Beigeladenen wären anschließend eventuelle Erstattungsansprüche abzuklären. Dies wäre im Ergebnis für den Kläger von Nachteil.
Mit Schriftsatz vom 04.04.2016 hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass sie der Einschätzung der Beigeladenen zustimme. Diese sei kein Reha-Träger im Sinne des § 6 SGB IX. Eine Leistungspflicht der Beigeladenen aufgrund einer verspäteten Weiterleitung komme daher nicht in Betracht. Die Beklagte gehe weiter davon aus, dass beim Kläger der allgemeine Arbeitsmarkt maßgeblicher Bezugspunkt für die Prüfung des § 10 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB VI - sei. Der Kläger habe seine Tätigkeit als Maurer nach seinen eigenen Angaben nicht aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben, sondern um als Haupterwerbslandwirt selbständig tätig zu sein. Aus dem Versicherungsverlauf ergäben sich auch keine Hinweise, dass bereits im Jahr 2001 oder vorher gesundheitliche Einschränkungen für die Tätigkeit als Maurer bestanden hätten. Es seien keine Zeiten der Arbeitsunfähigkeit oder des Bezuges von Krankengeld während der Dauer der Beschäftigung gespeichert. Nach Beendigung der Tätigkeit als Maurer seien Zeiten des Bezuges von Arbeitslosengeld im Konto des Klägers gemeldet. Vorrangiges Ziel der Leistungen zur Teilhabe sei der Erhalt eines Arbeitsplatzes, der aufgrund gesundheitlicher Einschränkungen gefährdet sei. Nach der freiwilligen Lösung aus einem Beschäftigungsverhältnis, z. B. einer Kündigung durch den Arbeitnehmer oder der Aufnahme und langfristigen Ausübung einer anderen Tätigkeit, hier als Landwirt, sei damit aus Sicht der Beklagten unter Berücksichtigung der grundsätzlichen Zielsetzung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben ein Rückgriff auf die freiwillig aufgegebene Tätigkeit auch dann nicht mehr möglich, wenn diese nach freiwilliger Aufgabe auch aufgrund nachträglich eintretender gesundheitlicher Einschränkungen nicht mehr ausgeübt werden könne. Für die Frage des maßgeblichen Reha-Berufes könne daher aus Sicht der Beklagten auf die Tätigkeit als Maurer, von der sich der Kläger bereits vor seiner Erkrankung freiwillig gelöst habe, nicht mehr abgestellt werden. Beigefügt war ein Versicherungsverlauf vom 31.03.2016, in dem für die Zeit ab 06.11.2001 bis 25.04.2002 eine Pflichtbeitragszeit nach dem AFG festgehalten ist. Für die Zeit vom 26.04.2002 bis 23.09.2002 ist eine Arbeitslosigkeit ohne Leistungsbezug vermerkt. Weitere rentenrechtliche Zeiten sind danach nicht mehr vermerkt.
Das SG hat sodann aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 30.05.2016 mit Urteil vom gleichen Tag den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015 aufgehoben und die Beigeladene verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben vom 28.05.2014 "rechtsmittelfähig" unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
Zur Begründung hat das SG ausgeführt, dass die Beigeladene für die Entscheidung über den Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zuständig sei. Der Antrag sei ausweislich des Protokolls der mündlichen Verhandlung im Verfahren S 15 LW 9/11 vor dem SG am 28.05.2014 bei der Vertreterin der jetzigen Beigeladenen (und damaligen Beklagten) gestellt worden. Diese habe den Antrag auch entgegengenommen. Nicht anschließen könne sich die Kammer der Argumentation, die Beigeladene habe den Antrag nur für die Beklagte entgegengenommen. Eine entsprechende Empfangsvollmacht liege weder vor, noch sei diese anderweitig ersichtlich. Die Beigeladene könne auch im Außenverhältnis zum Kläger zuständiger Leistungsträger sein. Trotz dessen, dass die Beigeladene grundsätzlich keine Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben erbringe, könne eine Zuständigkeit mangels (rechtzeitiger) Weiterleitung begründet werden (§ 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX). Der Antrag sei nicht rechtzeitig weitergeleitet worden, sondern erst am 17.07.2014. Dem stehe nicht entgegen, dass die Beigeladene das Verhandlungsprotokoll ebenfalls erst am 16.07.2014 erhalten habe und anschließend umgehend tätig geworden sei. Der Antrag sei bereits am 28.05.2014 mündlich gestellt worden. Dies sei möglich, da kein Schriftformerfordernis bestehe und zum anderen sei dies auch so geschehen. Ausdrücklich sei in der Niederschrift über die öffentliche Verhandlung vom 28.05.2014 ausgeführt, dass der Antrag von der Vertreterin der Beigeladenen entgegengenommen werde. Gründe, weshalb dieser nicht innerhalb der Frist nach § 14 SGB IX weitergeleitet worden sei, seien nicht ersichtlich. Insbesondere, wenn bei Antragstellung für die Beigeladene offensichtlich gewesen sei, dass ihre Zuständigkeit nicht in Betracht komme, hätte eine Weiterleitung umgehend stattfinden können, zumal auch nicht ersichtlich sei, dass nach Eingang des Protokolls durch den dann in Papierform vorliegenden Antrag sich Änderungen der Beurteilung ergeben hätten oder hierauf weitere Ermittlungen nötig gewesen wären. Der Kläger erfülle die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 11 SGB VI. Auch die persönlichen Leistungsvoraussetzungen lägen vor. Die Erwerbsfähigkeit des Klägers sei aufgrund der vorliegenden Behinderungen gemindert. Bezugsberuf sei beim Kläger dabei nicht der allgemeine Arbeitsmarkt. Es könne dabei dahinstehen, ob eine "Verfallsfrist" nach 10-jähriger Arbeitslosigkeit dergestalt bestehe (gesetzlich nicht - ausdrücklich - normiert), dass Anknüpfungspunkt nach solch langer Arbeitslosigkeit nicht mehr die letzte Tätigkeit darstelle, sondern auf den allgemeinen Arbeitsmarkt zurückzugreifen sei (unter Bezugnahme auf das Sächsische LSG, Urteil vom 07.01.2014, Az.: L 5 R 626/12; anderer Ansicht z. B. Sozialgericht Karlsruhe, Urteil vom 13.03.2013, Az.: S 16 R 3178/13; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 03.12.2015, Az.: L 8 R 1033/14; jeweils zitiert nach juris). Jedenfalls bleibe dann der Bezugsberuf vor der längeren Arbeitslosigkeit relevant, wenn, wie im vorliegenden Fall, die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben bereits innerhalb des 10-Jahreszeitraums eingetreten seien und lediglich der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe außerhalb dieses Zeitraums gestellt worden sei. Der Kläger sei zumindest bis zum Jahr 2001 als Maurer tätig gewesen und der Leistungsfall zur Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei spätestens am 16.06.2010 eingetreten. Es sei kein Grund ersichtlich, weshalb das Rehabilitationsrisiko nicht durch die Rentenversicherung abgedeckt werden sollte. Der Versicherungsfall sei zum Zeitpunkt 16.06.2010 eingetreten. Für die Frage, ob hieraus auch ein Leistungsfall entstehe, seien lediglich noch die Rechtsinstitute der Verjährung und Verwirkung zu prüfen. Eine Verjährung des Anspruchs komme im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da bereits der vollständige Anspruch, d. h. der Leistungsfall, erst mit dem Antrag auf Leistungen zur Teilhabe entstehe. Der vorliegende Antrag stamme vom 28.05.2014. Auch die Voraussetzungen einer Verwirkung lägen jedoch nicht vor. Zwar liege bei einem Leistungsfall bereits vor vielen Jahren der Eintritt des Zeitmoments nahe, jedoch fehle es an einem Umstandsmoment für die Verwirkung. Der Kläger habe nicht über längeren Zeitraum untätig gewartet und einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht gestellt und so den Eindruck vermittelt, er wolle und werde einen solchen nicht mehr stellen. Der Kläger habe hingegen zunächst ein Verfahren auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente geführt. Als dessen für den Kläger negativer Verlauf ersichtlich geworden sei, habe er einen Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben gestellt. Der Kläger sei auch den typischen Anforderungen des Bezugsberufs nicht mehr im erforderlichen Umfang von mindestens sechs Stunden arbeitstäglich im Rahmen einer 5-Tage-Woche gewachsen. Er könne eine berufliche Tätigkeit als Maurer oder Landwirt in diesem Umfang nicht mehr ausüben (geschrieben: Er kann eine berufliche Tätigkeit als Maurer oder Landwirt in diesem Umfang ausüben). Auf die Erwerbsfähigkeit des Klägers für den allgemeinen Arbeitsmarkt komme es nicht an.
Hiergegen hat die Beigeladene am 13.06.2016 Berufung zum Bayer. LSG eingelegt, die zunächst unter dem Aktenzeichen L 19 R 391/16 geführt wurde. Mit Schriftsatz vom 05.07.2016 hat die Beigeladene nochmals ihre Rechtsauffassung dargelegt. Insbesondere hat sie darauf hingewiesen, dass dem Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 klar gewesen sei, dass der Antrag auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation von der Beigeladenen, der LAK, und der mündliche Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben von der Beklagten, der DRV Nordbayern, als jeweils zuständigem Leistungsträger bearbeitet werde. § 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IX sei nicht anwendbar. Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hätten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert sei. Das BSG präzisiere den Begriff der Erwerbsfähigkeit als Fähigkeit des Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können (BSG, Urteil vom 29.3.2006 - B 13 RJ 37/05 R; BSG, Urteil vom 17.10.2006 - B 5 RJ 15/05 R). Maßgeblich sei dabei auf die beruflichen Tätigkeiten in den letzten Jahren, wenn auch aus nicht allzu lange zurückliegender Zeit, abzustellen. Vom Sächsischen LSG (Urteil vom 07.01.2014 - L 5 R 626/12) werde die Auffassung vertreten, dass auf jeden Fall die letzten 10 Jahre vor der Antragstellung für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben als "nicht allzu lange zurückliegend" anzusehen seien. Es sei nicht ersichtlich, warum das SG hier dem Antrag keine Bedeutung beimesse und auf den Eintritt der medizinischen Voraussetzungen spätestens am 16.06.2010 abstelle. Bezugspunkt für die Prüfung der Erwerbsfähigkeit sei im vorliegenden Fall nicht die Tätigkeit als Maurer, die der Kläger im Jahr 2001 aufgegeben habe, sondern ausnahmsweise der allgemeine Arbeitsmarkt. Anknüpfungspunkt könne auch nicht die landwirtschaftliche Unternehmertätigkeit sein. Der Gesetzgeber habe in der Alterssicherung der Landwirte bewusst Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nicht in den Leistungskatalog aufgenommen. Es könne nicht sein, dass die gesetzliche Rentenversicherung dieses Risiko übernehmen müsse, ohne jemals Beitragszahlungen aus der landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit empfangen zu haben.
Mit Zustimmung der Beteiligten wurden die Parteien mit Beschluss des Senats vom 04.08.2016 vor den Güterichter verwiesen. Das Berufungsverfahren wurde ruhend gestellt. Das Güterichterverfahren war erfolglos. Auf Antrag des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 14.03.2017 wurde das Berufungsverfahren wieder aufgenommen und unter dem Az.: L 19 R 197/17 fortgeführt.
Mit Schreiben vom 03.09.2017 wies der Kläger persönlich darauf hin, dass er im Jahr 2005 im Krankenhaus P wegen seines Unfalls operiert worden sei. Dazu habe ihm der operierende Arzt erklärt, dass eine künstliche Gewebeverstärkung nicht nötig sei, obwohl der Arzt gewusst habe, dass er Maurer sei und schwer heben müsse. Er habe den Bruch auch ohne Gewebeverstärkung operiert, weil man davon ausgehe, dass sein Bauchgewebe wieder normal zusammenwachsen werde. Deshalb könne er nicht verstehen, warum die Unfallversicherung von einer Gewebeschwäche ausgehe. Er betone nochmals, vor dem Unfall habe er keinerlei Probleme gehabt.
Am 05.05.2021 fand mit allen Beteiligten eine Erörterung der Sach- und Rechtslage statt. Der Kläger gab hierbei an, dass der im Antrag auf Erwerbsminderungsrente genannte Unfall im Jahr 2005 sein Nabelbruch gewesen sei. Er habe den Nabelbruch beim Hochheben eines Baumstammes erlitten. Es habe ein BG-Verfahren darüber stattgefunden. Man habe jedoch nichts anerkannt, weil seine Mutter auch ein schwaches Bindegewebe gehabt habe. Die Beigeladene hat im Erörterungstermin bestätigt, dass ein Antrag auf Anerkennung eines Arbeitsunfalls bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft gestellt worden, dieser aber erfolglos gewesen und rechtskräftig abgelehnt worden sei.
Die Beigeladene beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.05.2016 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.03.2015 abzuweisen.
Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Berufung der Beigeladenen gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 30.05.2016 zurückzuweisen.
Die Beklagte hat keinen Antrag gestellt.
Sie ist jedoch wie die Beigeladene der Auffassung, dass der Kläger keinen Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben habe.
Die Beigeladene hat noch mitgeteilt, dass der Kläger im Jahr 2012 bei der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft einen Antrag auf Anerkennung des Unfalls von 2005 als Arbeitsunfall gestellt hatte, was abgelehnt worden sei. Die zum Bayer. LSG eingelegte Berufung des Klägers gegen den ablehnenden Gerichtsbescheid des SG Nürnberg vom 06.03.2017 (S 2 U 5001/14) wurde mit Urteil des 17. Senats vom 14.02.2019 als unbegründet zurückgewiesen.
Im Erörterungstermin vom 05.05.2021 haben die Beteiligten übereinstimmend ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 SGG erteilt.
Bezüglich der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Rentenakten (Az.: 221/12/0010415543) und Reha-Akten (Az.: 222/12/0010415543) der Beigeladenen, die Reha-Akten der Beklagten, die Gerichtsakten des SG Nürnberg mit dem Az.: S 15 LW 9/11 sowie die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Der Senat konnte ohne mündliche Verhandlung nach § 124 Abs. 2 i.V.m. § 153 Abs. 1 SGG entscheiden, nachdem die Beteiligten ihre Zustimmung hierzu erteilt hatten.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beigeladenen ist zulässig (§§ 143, 144, 151 SGG). Da die Beigeladene im sozialgerichtlichen Verfahren nach § 75 Abs 2 SGG notwendig beigeladen und verurteilt wurde, kann sie als Beteiligte im Sinne des § 69 Nr. 3 SGG auch Berufung einlegen, ohne dass es gleichzeitig eines Rechtsmittels der Hauptbeteiligten des Verfahrens bedarf. Gemäß § 141 Abs 1 Nr 1 SGG wäre die Beigeladene wie die weiteren Beteiligten an die Entscheidung des SG gebunden, sobald diese rechtskräftig wäre. Die Beigeladene ist durch die Entscheidung des SG auch in eigenen Rechten betroffen, so dass sie auch materiell durch die Entscheidung beschwert ist (Schmidt, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl., 2020, § 75, Rdnr 19).
Die Berufung der Beigeladenen ist auch begründet. Das Urteil des SG vom 30.05.2016 ist rechtswidrig und deshalb aufzuheben.
Da der Kläger mit seiner Klage gegen den ablehnenden Bescheid der Beklagten vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2015 vorgegangen war, diese Bescheide aber vom SG im Urteil vom 30.05.2016 aufgehoben wurden und stattdessen die Beigeladene zu einer Entscheidung über den Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verurteilt wurde, hat der Senat vorliegend über alle in Frage kommenden Ansprüche des Klägers zu entscheiden, also auch über einen Anspruch des Klägers gegen die Beklagte und damit über die Rechtmäßigkeit des vom Kläger angefochtenen Bescheids der Beklagten vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2015. Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist eine Verurteilung des im sozialgerichtlichen Verfahren erstmals Beigeladenen stets subsidiär zur Verurteilung des Beklagten (BSGE, 49, 143; BSG, Urteil vom 28.03.2017 - B 1 KR 15/16 R -, juris; Schmidt, a.a.O., § 75 SGG, Rdnr 18c m.w.N.).
Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass der Kläger bei der Beigeladenen am 16.06.2010 einen Antrag auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung gestellt hatte, der mit Bescheid der Beigeladenen (und dortigen Beklagten) vom 30.07.2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2010 abgelehnt wurde. Im Rahmen des hiergegen vor dem SG geführten Klageverfahrens gegen die Beigeladene, die unter dem Aktenzeichen S 15 LW 9/11 geführt wurde, wurden mehrere Gutachten eingeholt, die - mit Ausnahme des Gutachtens von Dr. S nach § 109 SGG - alle ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung qualitativer Einschränkungen festgestellt hatten. Prüfungsmaßstab für einen Anspruch auf Erwerbsminderungsrente aus der für den Kläger leistungszuständigen LAK ist gemäß § 13 des Gesetzes über die Alterssicherung der Landwirte (GAL), ob der Kläger Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes entsprechend § 43 SGB VI noch mindestens 6 Stunden täglich verrichten konnte bzw. kann.
Die beauftragten Sachverständigen Dr. L im Verwaltungsverfahren, Dr. G auf internistisch/sozialmedizinischem Fachgebiet (Gutachten vom 08.09.2011), Dr. B auf neurologisch/psychiatrischem Fachgebiet (Gutachten vom 18.01.2013), Dr. S1 auf chirurgischem Fachgebiet (Gutachten vom 15.10.2013) waren übereinstimmend zu dem Ergebnis gelangt, dass eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers für Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auf unter 6 Stunden oder sogar auf unter 3 Stunden täglich nicht gegeben war. Vielmehr seien Tätigkeiten im Umfang von mindestens 6 Stunden täglich möglich unter Beachtung sog. qualitativer Einschränkungen bezüglich der Schwere der Arbeitsleistung und der möglichen Arbeitshaltungen. Allein der nach § 109 SGG tätig gewordene nervenärztliche Sachverständige Dr. S kam zu einem unter dreistündigen Leistungsvermögen und zwar bereits aus der Zeit vor Antragstellung. Er nahm eine posttraumatische Belastungsstörung sowie neuropathische Schmerzen infolge eines Motorradunfalls 1983 mit Verletzung der linken Hand und daraus folgenden Bewegungseinschränkungen an sowie eine massive soziale Phobie infolge der 2003 erlebten Schlägerei vor einer Disco. In dem nachfolgenden nervenärztlichen Gutachten von Dr. B wurde dieser Einschätzung nicht gefolgt und zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger nie in nervenärztlicher Behandlung war und im gesamten Verfahren nie über eine psychische oder psychiatrische Erkrankung berichtet hatte. Vielmehr wurde erst nach dem Gutachten von Dr. G ein Attest des behandelnden Hausarztes Dr. M vorgelegt, wonach der Kläger psychische Probleme habe, nachdem er erheblichen Ärger mit seiner Krankenkasse (LKK) und auch mit der Veterinärärztin habe.
Mit Urteil vom 28.05.2014 wurde die Klage gegen die Beigeladene und dortige Beklagte auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung als unbegründet abgewiesen. Die hiergegen eingelegte Berufung zum Bayer. LSG (L 1 LW 9/14) war ebenso erfolglos wie die hiergegen zum BSG eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde.
Der Kläger hat weder gegen die Beigeladene noch gegen die Beklagte einen Anspruch auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben.
I. Kein Anspruch des Klägers gegen die Beigeladene auf Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben auf der Grundlage des § 14 SGB IX.
Gemäß § 14 Abs 1 S 1 SGB IX stellt der Rehabilitationsträger innerhalb von zwei Wochen nach Eingang des Antrags bei ihm fest, ob er nach dem für ihn geltenden Leistungsgesetz für die Leistung zuständig ist. Falls nein, leitet er den Antrag unverzüglich dem nach seiner Auffassung zuständigen Rehabilitationsträger zu (§ 14 Abs 1 S 2 SGB IX). Wird der Antrag nicht weitergeleitet, stellt der Rehabilitationsträger den Rehabilitationsbedarf unverzüglich fest. Bei der in § 14 Abs 1 SGB IX genannten Zwei-Wochen-Frist handelt es sich um eine gesetzliche Ausschlussfrist, deren Ablauf eine umfassende Leistungszuständigkeit des erstangegangenen Rehabilitationsträgers nach allen denkbaren sozialrechtlichen Regelungen begründet und gleichzeitig den Ausschluss des gegebenenfalls eigentlich zuständigen Rehabilitationsträgers für eine Sachentscheidung (BSG, Urteil vom 18.05.2011 - B 3 KR 10/10 R -; BSG, Urteil vom 20.11.2008 - B 3 KN 4/07 R - jeweils zitiert nach juris; Joussen, in Dau/Düwell/Joussen, Sozialgesetzbuch IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen, 5. Aufl, 2019, § 14 SGB IX, Rdnr 11 m.w. N.).
Die Zielsetzung des § 14 SGB IX ist ein abschließend geregeltes Verfahren zur Klärung der Zuständigkeit der Träger für Leistungen zur Teilhabe oder zur medizinischen Rehabilitation im gegliederten System der sozialen Sicherung, um eine möglichst schnelle Leistungserbringung sicherstellen zu können (Joussen, a.a.O., § 14 SGB IX, Rdnr 2). Dazu ist grundsätzlich vorgesehen, dass eine Weiterleitung des Antrags nur einmal erfolgen darf und dass diese Weiterleitung innerhalb der Frist von 14 Tagen nach Eingang des Antrags (Ausnahme: Erforderlichkeit einer medizinischen Feststellung der Ursache der Behinderung im Sinne des § 14 Abs 1 S 3 SGB IX) zu erfolgen hat, um eine möglichst schnelle Bereitstellung der benötigten Rehabilitationsleistungen zu gewährleisten. Voraussetzung für diese Entscheidung ist grundsätzlich, dass der Antrag beim Rehabilitationsträger eingegangen ist und auf eine konkrete Leistung zur Teilhabe gerichtet ist, über die der Rehabilitationsträger positiv oder negativ entscheiden kann; hierbei müssen grundsätzlich noch nicht alle Unterlagen vorliegen, die zur Bearbeitung des Antrags erforderlich wären, jedoch muss grundsätzlich erkennbar sein, auf welche Leistungen sich der Antrag bezieht.
Zwar hat vorliegend der Prozessbevollmächtigte des Klägers zu Protokoll des SG in einem anderen Verfahren "Leistungen zur beruflichen Rehabilitation" beantragt, so dass bei sehr weiter Auslegung bereits ein Antrag im Sinne des § 19 S 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - SGB IV - auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben darin gesehen werden kann. Dabei wurden im gerichtlichen Protokoll aber unterschiedliche Formulierungen verwendet: Hinsichtlich der Leistungen zur medizinischen Rehabilitation war ausdrücklich der Antrag bei der dortigen Beklagten gestellt worden. Bezüglich der Leistungen zur beruflichen Rehabilitation wurden diese lediglich beantragt, ohne einen Rehabilitationsträger zu benennen. Weiter war "für den Fall der sachlichen Unzuständigkeit" beantragt, "dieses Verfahren an den zuständigen Rentenversicherungsträger weiterzuleiten". Das SG ist aber kein Rehabilitationsträger, bei dem ein Antrag auf Rehabilitation rechtswirksam gestellt werden kann.
Soweit das SG in seinem Urteil vom 30.05.2016 davon ausgeht, dass der Antrag wirksam in der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 gestellt wurde, weil die Sitzungsvertreterin der Beigeladenen und dortigen Beklagten den Antrag "entgegengenommen" habe - wie im Protokoll festgehalten -, kann dem ebenfalls nicht gefolgt werden.
Die damalige Sitzungsvertreterin hatte ausdrücklich und zutreffend in dieser mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, dass die Beigeladene nicht Rehabilitationsträger im Sinne des § 6 SGB IX sein könne und dass bei ihr kein Reha-Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation gestellt werden könne. Nach § 6 SGB IX sind für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben (§ 5 Nr 2 SGB IX) Rehabilitationsträger nur die Bundesagentur für Arbeit, die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung und die Träger der gesetzlichen Rentenversicherung. Ausdrücklich ausgenommen sind in § 6 Abs 1 Nr 4 SGB IX die Träger der Alterssicherung der Landwirte für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 5 Nr 2 SGB IX. Die Vertreterin der Beigeladenen im damaligen Termin hatte also zu Recht darauf hingewiesen, dass die Beigeladene nicht Rehabilitationsträger für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sein kann, weil das GAL keine entsprechenden Leistungen vorsieht. Auch der Vorsitzende Richter hat dies wohl gegenüber dem Prozessbevollmächtigten des Klägers bestätigt. Der Kläger wiederum hat mit Schreiben vom 23.12.2014 im Rahmen des Widerspruchsverfahrens des jetzigen Verfahrens ausgeführt, dass das Gericht (damals) gemeint habe, dass die Rentenversicherung zuständig sei. Es war deshalb für alle an der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 Beteiligten von Anfang an klar, dass die Beigeladene nicht Rehabilitationsträger sein konnte und damit auch keine Klärung der Leistungszuständigkeit durch das Verfahren nach § 14 SGB IX erforderlich war. Insoweit wurde vom damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers zwar ein Antrag auf Leistungen zur beruflichen Rehabilitation in der mündlichen Verhandlung formuliert, aber allein der Umstand, dass das Gericht dies dann auch zu Protokoll genommen hatte, nachdem der Prozessbevollmächtigte des Klägers in Kenntnis der Unzuständigkeit der Beigeladenen und dortigen Beklagten darauf bestanden hatte, bedeutet nicht, dass in diesem Augenblick der Antrag auch bei einem Rehabilitationsträger nach § 6 SGB IX eingegangen und das Verfahren nach § 14 SGB IX eingeleitet worden ist. Vielmehr ist ein Eingang bei einem für Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach zuständigen Rehabilitationsträger erst am 17.07.2014 mit Eingang des Schreibens der Beigeladenen vom 16.07.2014 mit beigefügtem Protokoll des SG vom 28.05.2014 und der Abschrift des Urteils vom 28.05.2014 bei der Beklagten anzunehmen. Die Beklagte hat sich aufgrund der von der Beigeladenen hierbei übersandten Unterlagen für grundsätzlich leistungszuständig angesehen und hat dem Kläger die Formblattunterlagen übersandt, die dieser im Rahmen seiner Mitwirkungspflichten nach den §§ 60 ff. Erstes Buch Sozialgesetzbuch - SGB I - ausfüllen sollte. Dies hat er getan und die ausgefüllten Unterlagen am 11.09.2014 an die Beklagte zurückgereicht. Diese hat anschließend in der Sache auch entschieden.
Ein rechtlich bindender Eingang des Antrags bei der Beigeladenen im Sinne des § 14 Abs 1 S 1 SGB IX bereits am 28.05.2014 in der mündlichen Verhandlung mit der Folge des Eintritts der Bindungswirkung zur Entscheidung über diesen Antrag nach Ablauf von 2 Wochen kann entgegen der Ansicht des SG auch nicht dadurch begründet werden, dass laut Protokoll die Sitzungsvertreterin der Beigeladenen die Anträge entgegengenommen und baldige Bearbeitung zugesichert hatte. Im Protokoll ist bereits zuvor festgehalten worden, dass im Falle der sachlichen Unzuständigkeit der Beigeladenen der Antrag an die zuständige Rentenversicherung weitergeleitet werden solle. Die Sitzungsvertreterin der Beigeladenen und dortigen Beklagten hatte keinerlei rechtliche Ermächtigung für die hiesige Beklagte Anträge im Rechtssinne entgegenzunehmen. Eine entsprechende Vollmacht lag nicht vor. Die Sitzungsvertreterin war auch kein Empfangsbote im rechtlichen Sinne. Empfangsbote ist, wer vom Empfänger zur Entgegennahme von Erklärungen bestellt worden ist oder nach der Verkehrsanschauung als bestellt anzusehen ist (Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 78. Aufl., 2019, § 130 BGB Rdnr 9 ff. m. w. N.). Die Beklagte hatte mit der damaligen Sitzungsvertreterin der Beigeladenen nichts zu tun, diese war sicherlich nicht zur Entgegennahme einer Erklärung oder einer Antragstellung für die hiesige Beklagte bestellt worden. Sie ist auch nicht nach der Verkehrsauffassung als bestellt anzusehen, weil aufgrund des gegliederten Sozialversicherungssystems ein benannter Sitzungsvertreter jeweils nur für seinen Dienstherrn auftritt und für eine Weiterung einer entsprechenden Terminsvollmacht des anderen Trägers bedürfte. Eine solche lag aber nicht vor. Dies war dem damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers auch bekannt.
Die "Entgegennahme" des Antrags durch die Sitzungsvertreterin der Beigeladenen und dortigen Beklagten - so wie dies im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 28.05.2014 festgehalten ist - könnte deshalb allenfalls im Sinne einer "Entgegennahme" nach § 16 Abs 1 S 2 SGB I zu verstehen sein. Gemäß § 16 Abs 1 S 1 SGB I sind Anträge auf Sozialleistungen beim zuständigen Leistungsträger zu stellen. Der Antrag auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben hätte deshalb vom Prozessbevollmächtigten des Klägers bzw. vom Kläger selbst bei der hiesigen Beklagten gestellt werden müssen. Zugunsten des Klägers könnte aber entsprechend der Regelung des § 16 Abs 1 S 2 SGB I davon ausgegangen werden, dass der in der mündlichen Verhandlung vor dem SG im Verfahren S 15 LW 9/11 durch die Aufnahme in das Sitzungsprotokoll "gestellte" Antrag vor einer unzuständigen Stelle gestellt wurde, dort von der Vertreterin eines anderen - unzuständigen - Leistungsträgers entgegengenommen wurde und dann nach Zugang des Sitzungsprotokolls und der Abschrift des Urteils - und damit mit den Unterlagen, die eine Zuständigkeitsprüfung durch die hiesige Beklagte zugelassen haben - den Antrag an die Beklagte als dem Grunde nach zuständigen Leistungsträger weitergeleitet wurde. Dieses Vorgehen, das in § 16 SGB I für alle Arten von Anträgen geregelt ist, ist Ausdruck des kläger- bzw. versichertenfreundlichen Verfahrens und soll Nachteile vermeiden, die sich aus Unkenntnis über die Zuständigkeiten im gegliederten System der gesetzlichen Sozialversicherung oder sonstiger Leistungsträger ergeben könnten. § 14 Abs 5 SGB IX, der eine Anwendung des § 16 Abs 2 S 1 SGB I ausschließen würde, greift insoweit nicht ein, weil es sich vorliegend gerade nicht um einen Leistungsantrag handelte, der bei einem Rehabilitationsträger eingegangen war (Joussen, a.a.O., § 14 SGB IX, Rdnr 22).
Die an sich nicht unübliche Praxis, dass bei erfolglosen Klageverfahren auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung versucht wird, wenigstens Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Versicherten zu erreichen und dass dies der Einfachheit halber zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gestellt wird, wobei dies in der Regel gegenüber dem gleichen Sozialleistungsträger erfolgt, würde bei einer Leistungszuständigkeit eines anderen Leistungsträgers - wie vorliegend -, die Sichtweise des SG unterstellt, zu dem "fatalen" Ergebnis führen, dass infolge einer Anwendung des § 14 SGB IX eine Leistungszuständigkeit mit der entsprechenden Verpflichtung zur Kostenträgerschaft zu Lasten des Sozialleistungsträgers eintreten könnte, gegen den gegebenenfalls ein Reha-Anspruch nicht bestehen würde, und zwar aufgrund des reinen Zeitablaufs zwischen der Erstellung des Protokolls und gegebenenfalls der Entscheidung und der Zustellung der Unterlagen an die Prozessbeteiligten. Dies ist von der Zielsetzung des § 14 SGB IX nicht gewollt. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers und der Kläger wussten aufgrund der Hinweise in der mündlichen Verhandlung schon vor "Antragstellung" um die sachliche Unzuständigkeit der Beigeladenen und dortigen Beklagten, so dass ein Zuständigkeitsstreit möglicher Träger von vorneherein ausgeschlossen war.
Das Urteil des SG ist auch insoweit fehlerhaft, als es die Beigeladene zum Erlass eines Bescheides unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet hatte. Ein sog. Verbescheidungsurteil ist nur dann zulässig, wenn der Adressat aufgrund gesetzlicher Regelungen einen Ermessensspielraum inne hat oder untergesetzliche Normen (z. B. eine Satzung oder Beurteilungsgrundsätze) nichtig sind, auf die die bisherige Entscheidung gestützt wurde (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, a.a.O., § 131 SGG Rdnr 12c m. w. N.). Das Gericht muss die Sache vielmehr spruchreif machen und den Sachverhalt vollständig ermitteln und gegebenenfalls auch andere Ablehnungsgründe prüfen. Ausgehend von seiner Prämisse, dass die Beigeladene über § 14 Abs 1 S 1 SGB IX als erstangegangener Leistungsträger zuständig sei, hätte es die Beigeladene verurteilen müssen, dem Grunde nach Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben an den Kläger zu erbringen. Zuvor hätte das SG aber klären müssen, nach welchen sozialrechtlichen Vorschriften überhaupt Rehaleistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für den Kläger in Betracht gekommen wären. Dies hat das SG aber nicht getan. Bei der Frage, "ob" Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erbringen sind, handelt es sich um eine gebundene Entscheidung, lediglich die Ausgestaltung, also das "Wie" der Leistung steht im pflichtgemäßen Ermessen des Sozialleistungsträgers.
II. Kein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§ 9 ff. SGB VI iVm §§ 49 ff. SGB IX.
Gemäß § 9 Abs 1 SGB VI erbringen die Träger der Rentenversicherung Leistungen zur Prävention, Leistungen zur medizinischen Rehabilitation, Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, Leistungen zur Nachsorge sowie ergänzende Leistungen, um
1. den Auswirkungen einer Krankheit oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Behinderung auf die Erwerbsfähigkeit der Versicherten vorzubeugen, entgegenzuwirken oder sie zu überwinden und
2. dadurch Beeinträchtigungen der Erwerbsfähigkeit der Versicherten oder ihr vorzeitiges Ausscheiden aus dem Erwerbsleben zu verhindern oder sie möglichst dauerhaft in das Erwerbsleben wiedereinzugliedern.
Gemäß § 9 Abs 1 S 2 SGB VI haben die Leistungen zur Prävention Vorrang vor den Leistungen zur Teilhabe. Die Leistungen zur Teilhabe habe Vorrang vor Rentenleistungen, die bei erfolgreichen Leistungen zur Teilhabe nicht oder voraussichtlich erst zu einem späteren Zeitpunkt zu erbringen sind (§ 9 Abs 1 S 3 SGB VI). Die Leistungen nach § 9 Abs 1 SGB VI sind gemäß § 9 Abs 2 SGB VI zu erbringen, wenn die persönlichen und versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach §§ 10 und 11 SGB VI erfüllt sind.
Die Beklagte hat im Verfahren angegeben, dass die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des Klägers im Sinne des § 11 Abs 1 Nr 1 SGB VI erfüllt sind. Der Kläger hat in der gesetzlichen Rentenversicherung die sog. große Wartezeit von 15 Jahren erfüllt.
Der Kläger erfüllt aber nicht die notwendigen persönlichen Voraussetzungen nach § 10 SGB VI.
Gemäß § 10 Abs 1 SGB VI haben Versicherte die persönlichen Voraussetzungen erfüllt,
1. deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder körperlicher, geistiger oder seelischer Behinderung erheblich gefährdet oder gemindert ist und
2. bei denen voraussichtlich
a. bei erheblicher Gefährdung der Erwerbsfähigkeit eine Minderung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben abgewendet werden kann,
b. bei geminderter Erwerbsfähigkeit diese durch diese Leistungen wesentlich gebessert oder wiederhergestellt oder hierdurch deren wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann
c. bei teilweiser Erwerbsminderung ohne Aussicht auf eine wesentliche Besserung der Erwerbsfähigkeit durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben
aa. der bisherige Arbeitsplatz erhalten werden kann oder
bb. ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden kann, wenn die
Erhaltung des bisherigen Arbeitsplatzes nach Feststellung des Trägers der Rentenversicherung nicht möglich ist.
Unter Berücksichtigung dieser gesetzlichen Voraussetzungen kommen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 16 SGB VI iVm §§ 49 bis 54 SGB IX für den Kläger zu Lasten der gesetzlichen Rentenversicherung nicht in Betracht. Anknüpfungspunkt ist hierfür nicht die zuletzt (und immer noch) vom Kläger ausgeübte Tätigkeit eines selbständigen Landwirts. Vielmehr ist stets auf die zuletzt versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit abzustellen, d.h. vorliegend die Tätigkeit als Maurer. Diese Tätigkeit hatte der Kläger aber aus freien Stücken im Jahr 2001 aufgegeben, um anschließend bis heute in selbständiger Tätigkeit die eigene Landwirtschaft zu betreiben. Im Zeitpunkt der Aufgabe der Tätigkeit als Maurer im Jahr 2001 hatte der Kläger keinerlei gesundheitliche Einschränkungen, die zu einer Gefährdung seiner Erwerbsfähigkeit in absehbarer Zeit hätten führen können oder geführt haben. Die Beklagte hat zutreffend darauf hingewiesen, dass im Versicherungsverlauf des Klägers keine Zeiten einer Arbeitsunfähigkeit mit entsprechendem Sozialleistungsbezug oder entsprechende Ausfallzeiten vermerkt wären. Der Kläger hat selbst angegeben, dass er im Jahr 2005 den Nabelbruch spontan erlitten hatte, als er einen Baumstamm hochheben wollte, so dass auch daraus keine länger zurückliegende - die Erwerbsfähigkeit im Beruf des Maurers beeinträchtigende - Erkrankung des Klägers gefolgert werden könnte. Die Anerkennung des Vorliegens eines Arbeitsunfalls ist rechtskräftig abgelehnt worden. Es handelte sich um eine sog. Gelegenheitsursache.
Darüber hinaus fehlt es auch an dem in § 10 SGB VI genannten Zweck der Leistungen zur beruflichen Rehabilitation, für die die Beklagte als Träger der gesetzlichen Rentenversicherung zuständig sein könnte. § 10 SGB VI knüpft daran an, dass die Erwerbsfähigkeit des Klägers erheblich gefährdet war, eine Erwerbsminderung abgewendet werden könnte oder durch Rehaleistungen zumindest der bisherige Arbeitsplatz erhalten oder ein anderer in Aussicht stehender Arbeitsplatz erlangt werden könnte. Hierbei ist nicht auf die Besonderheiten des zuletzt inne gehabten Arbeitsplatzes abzustellen, sondern auf die Erwerbsfähigkeit des Versicherten für die typischen Anforderungen des zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Berufs und darauf, ob durch entsprechende Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben eine Wiedereingliederung in diesen Beruf erfolgen könnte.
Zum Zeitpunkt der Aufgabe der versicherungspflichtigen Tätigkeit als Maurer lag eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers für die typischen Anforderungen dieses Berufs - wie oben ausgeführt - nicht vor. Die selbständige Tätigkeit als Landwirt ist in der gesetzlichen Rentenversicherung nicht versichert und damit nicht maßgebend. Einen Arbeitsplatz in abhängiger Beschäftigung, der durch die Gefährdung der Erwerbsfähigkeit infolge einer Krankheit oder Behinderung erhalten oder erlangt werden könnte, hat der Kläger seit 2001 nicht mehr inne. Er könnte aufgrund seiner derzeitigen gesundheitlichen Situation die Tätigkeit eines Maurers nicht mehr vollschichtig verrichten, so zumindest die Feststellungen des gerichtlichen Sachverständigen Dr. S1 im Gutachten vom 24.11.2015. Infolge des massiven Nabelbruchs, der auch durch die Operation im Jahr 2015 nicht geheilt werden konnte, ist schweres Heben und Tragen, das zwingend mit einer Tätigkeit als Maurer verbunden ist, nicht mehr wettbewerbsfähig möglich.
Dem SG ist zuzustimmen, wenn es darauf hinweist, dass eine Zehnjahresfrist - wie von der Beklagten zunächst vorgetragen - in dieser generellen Form gesetzlich nicht geregelt ist. Das BSG hatte mit Urteil vom 29.03.2006 (B 13 RJ 37/05 R, juris) für Leistungen zur beruflichen Rehabilitation nach der bis zum 31.12.2000 geltenden Rechtslage entschieden, dass es auf eine Minderung des Leistungsvermögens des Versicherten in einer nicht nur kurzfristig ausgeübten Tätigkeit ankommt. Die bisherige Ausübung einer Beschäftigung, für die eine Ausbildung erforderlich sei und die Berufsschutz nach sich ziehe, werde nicht vorausgesetzt. Damit wurde klargestellt, dass im Rahmen der Leistungen zur Rehabilitation nicht auf den Prüfungsmaßstab für eine Erwerbsminderungsrente (§ 43 SGB VI) abzustellen ist, sondern auf die konkrete, nicht nur kurzfristig ausgeübte Tätigkeit, die zuletzt vor Eintritt der Gefährdung der Erwerbsfähigkeit infolge Krankheit oder Behinderung versicherungspflichtig ausgeübt wurde. Dabei kommt es auf die typischen Anforderungen dieser Tätigkeit an.
Mit Urteil vom 12.03.2019 hat das BSG ausdrücklich festgestellt, dass ohne zeitliche Begrenzung regelmäßig an die letzte versicherungspflichtige Tätigkeit anzuknüpfen ist (Az.: B 13 R 27/17 R, juris). Das BSG stellt aber auch in dieser Entscheidung darauf ab, ob Leistungen zur Teilhabe geeignet sind, die Erwerbsfähigkeit des Versicherten in seinem letzten versicherungspflichtig ausgeübten Beruf wesentlich zu bessern oder wiederherzustellen oder ob hierdurch eine wesentliche Verschlechterung abgewendet werden kann. Erwerbsfähigkeit in diesem Sinne ist die Fähigkeit, den bisherigen Beruf - oder die bisherige Tätigkeit - weiter ausüben zu können. Zu prüfen sei demnach - so das BSG in diesem Urteil (Rn 20) -, ob der Versicherte unabhängig von den Besonderheiten des bisher bzw. gerade innegehabten Arbeitsplatzes den typischen Anforderungen des ausgeübten Berufs oder der ausgeübten Tätigkeit noch nachkommen kann. Nicht maßgeblich sind aber Tätigkeiten, die nur verhältnismäßig kurze Zeit verrichtet werden (so BSG, Urteil vom 06.09.2017 - B 13 R 20/14 R) oder nicht versicherungspflichtig ausgeübt worden sind. Das BSG weist weiter darauf hin, dass eine Minderung der Erwerbsfähigkeit "wegen" Krankheit bzw. Behinderung des Versicherten eingetreten sein müsse. Ein Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben sei ausgeschlossen, wenn die erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit, also die Unfähigkeit eines Versicherten, seinen bisherigen Beruf oder seine bisherige Tätigkeit weiter ausüben zu können, nicht auf Krankheit oder Behinderung beruht. Dabei sei der Rentenversicherung zu folgen, wenn sie in einer solchen Konstellation die "Erwerbsfähigkeit" nicht nur anhand des bisherigen Berufs bzw. der bisherigen Tätigkeit, sondern auch anhand der Fähigkeit des Versicherten prüft, eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsmarktes weiter ausüben zu können. Anspruchsbegründend sei aber auch im Rahmen dieser subsidiären Prüfung nur eine auf Krankheit oder Behinderung beruhende erhebliche Gefährdung oder Minderung der Erwerbsfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt. Maßstab der Kausalitätsprüfung sei auch im Recht der gesetzlichen Rentenversicherung die Lehre von der wesentlich mitwirkenden Bedingung. In diesem Sinne könne eine überragende Ursache im Sinne des § 10 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI auch der Verlust verwertbarer Fähigkeiten im "bisherigen Beruf" sein, sei es durch arbeitsmarktbedingte Berufs- oder Tätigkeitsentfremdung infolge eines grundlegenden Wandels der fachlichen Anforderungen oder durch individuelle Berufs- bzw. Tätigkeitsentfremdung aufgrund des Verlustes der notwendigen Kenntnisse und Fähigkeiten durch langfristige Nichtausübung. Diese Umstände gehörten nicht zur Risikosphäre der gesetzlichen Rentenversicherung. Eine individuelle Entfremdung komme regelmäßig erst nach einer längeren Zeit der Nichtausübung eines Berufes bzw. einer Tätigkeit in Betracht. In Anlehnung an die Voraussetzungen für die Anerkennung eines Weiterbildungsbedarfes berufsentfremdeter Arbeitnehmer mit Berufsabschluss nach § 81 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III), die auch den Fall einer 4-jährigen Arbeitslosigkeit erfasse, erschienen individuelle Ermittlungen frühestens nach Ablauf von vier Jahren nach letztmaliger Ausübung des Bezugsberufs notwendig.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist vorliegend davon auszugehen, dass eine individuelle Entscheidung des Klägers wesentlich mitwirkende Bedingung für die Leistungseinschränkungen für den Beruf des Maurers gewesen ist. Der Kläger hat ohne entsprechende gesundheitliche Einschränkungen, die Auswirkungen auf seine Erwerbsfähigkeit hätten haben können, die Entscheidung getroffen, die versicherungspflichtig ausgeübte Tätigkeit als Maurer aufzugeben und die eigene Landwirtschaft als Vollerwerbslandwirt selbständig auszuüben. Er hat unmittelbar nach dem erlittenen Nabelbruch bei der Beklagten keinerlei Leistungen beantragt gehabt. Bis zum Antrag auf Gewährung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben im Jahr 2014 hat der Kläger in dem Beruf als Maurer nicht mehr versicherungspflichtig gearbeitet. Ein Arbeitsplatz ist nicht mehr vorhanden gewesen, es stand auch kein entsprechender Arbeitsplatz in Aussicht. Der Antrag auf Gewährung einer Erwerbsminderungsrente bei der Beigeladenen von 2010 ist - entgegen der Ansicht des SG - nicht gleichzeitig als Reha-Antrag zu sehen. Es kommt auch nicht darauf an, dass der Nabelbruch sich im Jahr 2005 ereignet hatte, also - wie das SG fehlerhaft meint - innerhalb von 10 Jahren nach Aufgabe des Berufs. Allerdings war insoweit auch die Begründung der Beklagten im streitgegenständlichen Bescheid fehlerhaft, weil der Kläger weder arbeitslos noch beschäftigungssuchend gewesen ist, sondern selbständig tätig gewesen ist.
Die Beklagte hat deshalb zu Recht im Rahmen der Prüfung der Frage, ob eine Gefährdung der Erwerbsfähigkeit des Klägers vorliegt, auf die Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes abgestellt, für die von den Sachverständigen im vorangegangenen Verfahren wegen Gewährung einer Erwerbsminderungsrente und zuletzt im SG-Verfahren durch das Gutachten von Dr. S1 ein mindestens 6-stündiges Leistungsvermögen unter Beachtung qualitativer Einschränkungen festgestellt wurde. Die Beklagte hat deshalb zu Recht mit streitgegenständlichem Bescheid vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2015 einen Anspruch des Klägers auf Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben abgelehnt. Ob und in welcher Form eine berufliche Förderung des Klägers nach den Vorschriften der Arbeitsförderung in Betracht käme, war vorliegend nicht zu entscheiden.
Nach alledem war auf die Berufung der Beigeladenen hin das Urteil des SG vom 30.05.2016 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 25.11.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.03.2015 als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.