L 4 KR 545/18

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 14 KR 98/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KR 545/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

1. Ein Krankenhausträger ist mit der nachträglichen Änderung einer DRG und der darauf beruhenden Rechnungskorrektur nach abgeschlossenem MDK-Prüfverfahren nicht nach § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 ausgeschlossen. 2. § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 schließt eine nachträgliche Anpassung von Kodierung und Rechnung an das vom MDK gewonnene Prüfergebnis nicht aus, wenn sich hiernach ein höherer Rechnungsbetrag ergibt. 3. Sowohl der Wortlaut der Regelung als auch systematische Erwägungen sprechen dagegen, dass § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 die Vergütung betreffende materielle Ausschlussfristen enthält. (Parallelentscheidung zu L 4 KR 88/19)

 

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 14.11.2018 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 3.738,80 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 4 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.12.2017 zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 3.738,80 Euro festgesetzt.

 

T a t b e s t a n d :

Die Beteiligten streiten über die Vergütung einer stationären Krankenhausbehandlung.

Der bei der Beklagten versicherte D war vom 10.07.2017 bis 16.08.2017 wegen eines Morbus Crohn in dem zur Behandlung gesetzlich Versicherter zugelassenen Krankenhaus der Klägerin in stationärer Behandlung. Nach Notfallaufnahme erfolgte zunächst eine konservative Therapie, wegen eines Ileus (Darmverschluss) wurde am 04.08.2017 eine Operation durchgeführt.

Mit Rechnung vom 30.08.2017 machte die Klägerin unter Heranziehung der DRG G18C einen Betrag in Höhe von 11.641,51 Euro geltend (Hauptdiagnose: K50.0 (Crohn-Krankheit des Dünndarms), relevante Prozedur: OPS 5-455.21 (partielle Resektion des Dickdarms, Ileozäkalresektion, offen chirurgisch mit Anastomose)). Der Betrag wurde durch die Beklagte bezahlt.

Die Beklagte beauftragte den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) mit einer Überprüfung der Krankenhausabrechnung. Der MDK teilte der Klägerin mit Schreiben vom 04.09.2017 mit, es werde eine Einzelfallprüfung im Krankenhaus durchgeführt. In seinem Gutachten vom 09.11.2017 führte der MDK aus, der Versicherte sei am 04.08.2017 operiert worden. Nach dem OP-Bericht sei eine Ileozäkalresektion, offen-chirurgisch mit Anastomosen-Anus Praeter erfolgt, so dass die Prozedur entsprechend in die OPS 5-455.24 geändert werde. Die stationäre Krankenhausbehandlung sei notwendig gewesen, hätte jedoch um einen Tag abgekürzt werden können. Zu kodieren sei nicht die DRG G18C sondern die DRG G18A.

Daraufhin stornierte die Klägerin ihre Rechnung vom 30.08.2017 und machte mit Rechnung vom 14.11.2017 unter Heranziehung der DRG G18A nunmehr einen Betrag in Höhe von 15.380,31 Euro geltend. Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 21.11.2017 mit, Korrekturen und Ergänzungen seien nach § 7 Abs.5 Prüfverfahrensvereinbarung (PrüfvV) nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK bzw. maximal bis zum Ablauf von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens durch die Krankenkasse möglich. Vorliegend sei die Prüfung mit der Erstellung des Gutachtens am 09.11.2017 abgeschlossen worden. Die Datenkorrektur vom 16.11.2017 sei nicht fristgerecht erfolgt.

Die Klägerin hat am 01.03.2018 Klage zum Sozialgericht Regensburg (SG) erhoben und beantragt, die Beklagte zur Zahlung des sich aus dem Ansatz der DRG G18A ergebenden Differenzbetrags in Höhe von 3.738,80 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 4 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.12.2017 zu verurteilen. Zwar sei die Nachberechnung durch Krankenhäuser durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) grundsätzlich unter dem Gesichtspunkt von Treu und Glauben eingeschränkt. Verwirkt sei der Zahlungsanspruch der Klägerin indes nicht. Die Klägerin sei auch nicht durch § 7 Abs.5 PrüfvV mit der Nachberechnung ausgeschlossen. Dort sei lediglich geregelt, wann Korrekturen oder Ergänzungen in laufende Prüfungen des MDK einzubeziehen wären. Bei Nachberechnung könne die Kasse gegebenenfalls ein neues Prüfverfahren auslösen.

Die Beklagte hat ausgeführt, in § 7 Abs.5 PrüfvV sei eine Ausschlussfrist enthalten. In Fällen der Prüfung vor Ort sei eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich. Die Daten- bzw. Rechnungskorrektur vom 14.11.2017 sei daher nicht mehr möglich. Dieser Bewertung stehe nicht entgegen, dass nicht alle Fristen der PrüfvV ausdrücklich als Ausschlussfristen bezeichnet wären. Einzelne Fristen nicht als Ausschlussfristen zu bewerten, würde dem Zweck der PrüfvV, der Verfahrensbeschleunigung, widersprechen. Immerhin wäre es der Klägerin möglich gewesen, Änderungen frühzeitig vorzunehmen.

Das SG hat mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 14.11.2018 die Klage abgewiesen. Die Leistungsklage sei zulässig, jedoch nicht begründet.

Streitig sei im vorliegenden Fall nur die Frage, inwieweit die Nachforderung nach dem empfohlenen OPS des MDK habe erfolgen können. Die Kammer schließe sich den überzeugenden Ausführungen der Beklagten an. Nach dem klaren Wortlaut des § 7 Abs.5 Satz 3 PüfvV sei die Klägerin mit der Neuberechnung ausgeschlossen. Ausdrücklich werde hier festgestellt, dass eine Korrektur nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich sei, wenn die Begutachtung durch den MDK vor Ablauf der in § 7 Abs.5 genannten Fünf-Monatsfrist beendet sei. Damit hätten die Vertragspartner klargestellt, dass eine nachträgliche Korrektur nach Beendigung des MDK - Prüfverfahrens nicht möglich sein solle. Der Wortlaut des § 7 Abs.5 Satz 3 PrüfvV sei nach Ansicht der Kammer eindeutig und gebe keine Auslegungsmöglichkeiten. Es werde auf die ständige höchstrichterliche Rechtsprechung hingewiesen, wonach im Abrechnungsverhältnis Bestimmungen eng auszulegen seien. Der Beklagten sei darin ebenso Recht zu geben, dass die Klägerin ab Ende August bis zum Abschluss der MDK-Prüfung am 09.11.2017 Zeit gehabt hätte, ihre Rechnung erneut zu überdenken. Sinn der Regelung sei wohl auch, dass nach einer MDK-Prüfung letztlich Rechtsfrieden im Abrechnungsstreit eintreten solle.

Die Kammer sehe sich in ihrer Auffassung bestätigt durch das Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 17.04.2018 (L 11 KR 936/17), das sogar beim alten § 7 Abs.2 Satz 3 PrüfvV eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist gesehen habe. Dies deute ebenso darauf hin, dass durchaus in der PrüfvV Ausschlussfristen enthalten seien und von den Beteiligten gewollt wären. Sie dienten der Rechtssicherheit in dem Massengeschäft der Abrechnung. Die Kammer könne sich damit der Auffassung, dass die untergesetzliche Norm des § 7 Abs.5 Satz 3 PrüfvV nicht geeignet sein solle, den Vergütungsanspruch nach dem SGB V auszuhebeln, nicht anschließen. Es handle sich auch nicht um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist zu Lasten der Versichertengemeinschaft, da gerade der eingeklagte Betrag nicht durch die Versichertengemeinschaft zu begleichen sei. Nachdem die Hauptforderung nicht zustehe, stehe die Nebenforderung (Zinsen) ebenso nicht zu.

Die Klägerin hat am 14.12.2018 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht eingelegt. Sie sei nicht durch § 7 Abs.5 S.2 PrüfvV mit der Nachberechnung ausgeschlossen. Die Ausführungen des SG hielten einer Überprüfung nicht stand. Ziel der Regelung sei, ein effizientes, konsensorientiertes Prüfverfahren zu regeln. Der MDK habe Korrekturen nur dann in seine Prüfung miteinzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des Prüfverfahrens erfolgten. Eine Rechtsfolge sei hingegen nicht bestimmt. § 7 Abs.5 S.3 PrüfvV sei vorliegend bereits deshalb nicht anwendbar, weil der Behandlungsfall vor Ort und nicht nach Aktenlage geprüft worden sei. Eine Korrektur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort nach § 7 Abs.5 S.4 PrüfvV habe aber gerade stattgefunden. Ergebnis der Prüfung sei die vom MDK für richtig erachtete andere Kodierung. Eine Verzögerung habe nicht stattgefunden. § 7 Abs.5 PrüfvV könne nicht so verstanden werden, dass das Krankenhaus nach Abschluss einer MDK-Prüfung die nach Auffassung des MDK bestehende Fehlerhaftigkeit der Abrechnung im Sinne einer Ausschlussfrist nicht mehr berichtigen könne. Vielmehr könne das Krankenhaus - konsensorientiert - die Einwände des MDK in eine neue Kodierung einfließen lassen. Nach dem klaren Wortlaut sei in § 7 Abs.5 PrüfvV, selbst wenn man davon ausginge, dass in § 7 Abs.2 PrüfvV eine Ausschlussfrist geregelt sei, eine solche nicht normiert. Gemäß § 17c Abs.2 KHG hätten die Vereinbarungsparteien der PrüfvV lediglich Regelungen zum Prüfverfahren zu treffen. Sie seien weder ermächtigt, eine Regelung über den Bestand des Zahlungsanspruchs des Krankenhauses zu treffen, noch hätten sie dies getan. Gegenstand der Regelung sei lediglich der Ausschluss einer Verzögerung des Verfahrens durch mehrmaliges Nachreichen von Korrekturmitteilungen an den MDK.

Die Beklagte hat ausgeführt, die vom BSG entwickelten Grundsätze zur nachträglichen Rechnungskorrektur seien durch die Regelung in § 7 Abs.5 PrüfvV verdrängt. Die Regelung sei so zu verstehen, dass auch die den MDK beauftragende Krankenkasse eine erst nach Fristablauf ihr zugegangene Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nicht mehr zu berücksichtigen habe. Das Krankenhaus könne nach Ablauf der Frist keine Rechnungskorrekturen mehr geltend machen. Es werde auf den Umsetzungshinweis des GKV-Spitzenverbandes zu § 7 Abs.5 PrüfvV 2017 hingewiesen. Die Regelungen in § 7 Abs.5 S.2 und 4 PrüfvV würden leerlaufen, wenn zwar der MDK keine Ergänzungen mehr in seine Prüfung einbeziehen müsse, jedoch das Krankenhaus gleichwohl noch seine Rechnung korrigieren könnte. Das Krankenhaus habe die Möglichkeit, bis zum Abschluss der Prüfung seine Abrechnung gegenüber der Krankenkasse zu korrigieren. Die MDK-Prüfung diene nicht dazu, dem Krankenhaus die Möglichkeit zu eröffnen, allein in Umsetzung des Ergebnisses der MDK-Prüfung seinen Vergütungsanspruch zu erhöhen. Schon nach dem Wortlaut richte sich die Regelung nicht nur an den MDK, verlangt werde eine Übermittlung innerhalb der Frist an die Krankenkasse. Eine neue Schlussrechnung, die eine neue Prüfung durch den MDK nach sich ziehen könnte, würde die Zielsetzung der Beschleunigung des Verfahrens konterkarieren. Das Krankenhaus, das einen Informationsvorsprung habe, trage das Risiko einer zu niedrigen Forderung. In § 7 Abs.5 PrüfvV sei eine Ausschlussfrist normiert, selbst wenn die Vertragspartner die geregelte Frist nicht ausdrücklich so bezeichnet hätten. Es werde auf die zu § 7 Abs.2 PrüfvV ergangene Rechtsprechung verwiesen. Im Übrigen könne gemäß § 17c Abs.2 KHG Regelungsgegenstand auch die Abwicklung von Rückforderungen sein. Es könnten auch Ausschlussfristen geregelt werden. In § 7 Abs.5 PrüfvV sei geregelt, dass Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht mehr vorgenommen werden dürften. Der Begriff Datensätze umfasse dabei nicht nur die Entlassungsanzeige, sondern auch eine geänderte Schlussrechnung. Nach der Regelung müsse die Krankenkasse die Korrektur eines Entlassdatensatzes nicht akzeptieren. Ohne diesen könne aber die Rechnung nicht mehr korrigiert werden. Eine diesbezügliche Aufspaltung sei nicht möglich.

Auf den gerichtlichen Hinweis, dass die Formulierung einer Ausschlussfrist in § 7 Abs.5 PrüfvV nicht ersichtlich sei und es im vorliegenden Verfahren zu einer Verlängerung des Prüfverfahrens nicht gekommen und dem Beschleunigungsgebot Rechnung getragen worden sei, hat die Beklagte darauf hingewiesen, dass die Klägerin in ihrer korrigierten Abrechnung die Kürzung um einen Belegungstag umgesetzt habe. Der MDK sei aber nicht berechtigt, mit dem Krankenhaus eine Abstimmung bezüglich der Kodierung und der Abrechnung zu treffen, an die die Krankenkasse gebunden wäre. Die Regelung des § 7 Abs.5 PrüfvV richte sich nicht an den MDK. Die Korrektur der Datensätze sei vorliegend erst nach Abschluss der Prüfung erfolgt, daran ändere die Tatsache nichts, dass der MDK bei der Prüfung vor Ort zu der Auffassung gelangt sei, dass die empfohlene Kodierung fachlich-medizinisch korrekter sei. Die vorliegend am 31.08.2017 ergangene Schlussrechnung sei bezüglich der Verweildauer überprüft worden. Danach seien eine Stornierung, eine "Änderung Entlassung" und eine neue Schlussrechnung am 15.11.2017 eingegangen.       

Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 14.11.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 3.738,80 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 4 % über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 06.12.2017 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist auch begründet.

Das SG hat zu Unrecht die Klage abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene echte Leistungsklage (§ 54 Abs. 5 SGG) ist begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf die geltend gemachte Zahlung von 3.738,80 Euro nebst Zinsen.

Rechtsgrundlage des von der Klägerin geltend gemachten Vergütungsanspruchs ist § 109 Abs.4 Satz 3 SGB V in Verbindung mit §§ 7 Abs.1 Satz 1 Nr.1, 9 Abs. 1 Satz 1 Nr.1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) sowie § 17b Abs.1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) i.V.m. der vorliegend für den Behandlungs- und Abrechnungsfall im Jahr 2017 maßgeblichen Fallpauschalenvereinbarung 2017 i.V.m. der zwischen den Beteiligten geltenden Budget- und Entgeltvereinbarung.

Die Klägerin, die zunächst ausgehend von der DRG G18C einen Betrag i.H.v. 11.641,51 Euro in Rechnung gestellt hatte, ist mit der nachträglichen korrekten Kodierung der DRG G18A und daraus folgenden erlöserhöhenden Abrechnung (15.380,31 Euro) nicht ausgeschlossen.

Zwischen den Beteiligten ist nicht streitig, dass für die stationäre Behandlung des Versicherten D vom 10.07.2017 bis 16.08.2017 zutreffend als relevante Prozedur die OPS 5-455.24 zu kodieren und die DRG G18A in Ansatz zu bringen war, wie es sich auch für den Senat aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Gutachten des MDK vom 09.11.2017 ergibt.

Die streitgegenständliche Nachforderung von Krankenhausvergütung, die aus der geänderten DRG und der daraus folgenden erlöserhöhenden Abrechnung resultiert, bezieht sich auf eine vom 10.07.2017 bis 16.08.2017 durchgeführte Behandlung und wurde von der Klägerin erstmals am 14.11.2017 geltend gemacht. Sie ist damit weder verjährt noch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts verwirkt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 05.07.2016, B 1 KR 40/15 R; BSG, Urteil vom 19.11.2019, B 1 KR 10/19 R, m. w. N.). Auch dies wird von Seiten der Beklagten nicht bestritten.

Ein Ausschluss ergibt sich auch nicht aus § 7 Abs.5 Satz 2, 4 PrüfvV.

§ 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 hat folgenden Wortlaut:

"1Korrekturen oder Ergänzungen von Datensätzen sind nur einmalig möglich. 2Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn sie innerhalb von 5 Monaten nach Einleitung des MDK-Prüfverfahrens nach § 6 Absatz 2 an die Krankenkasse erfolgen. 3Sollte eine Begutachtung durch den MDK vor Ablauf der Frist des Satzes 2 beendet sein, ist eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich. 4In den Fällen der Prüfung vor Ort finden die Sätze 2 und 3 mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich ist. 5Unabhängig hiervon kann das Krankenhaus bei Erweiterung des Prüfgegen-standes nach § 6 Absatz 3 Satz 6 eine einmalige Korrektur oder Ergänzung des Datensatzes innerhalb von 5 Monaten nach dieser Erweiterung vornehmen, die Sätze 3 und 4 gelten entsprechend. 6Je nach Eingang der Korrektur bzw. der Ergänzung verlängert sich die Gesamtprüffrist nach § 8 Satz 3 entsprechend. 7§ 275 Absatz 1c Satz 3 SGB V findet auf Prüfungen, die aufgrund dieser Korrekturen nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führen, keine Anwendung."

Dieser Regelung lässt sich nicht entnehmen, dass eine nachträgliche Anpassung der Kodierung und der Rechnung an das Ergebnis der MDK-Prüfverfahrens nach § 275 Abs. 1c SGB V (in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung - a.F.) ausgeschlossen wäre. Im Übrigen sprechen sowohl der Wortlaut als auch systematische Erwägungen dagegen, dass § 7 Abs. 5 PrüfvV die Vergütung betreffende materielle Ausschlussfristen enthält.

§ 7 Abs. 5 PrüfvV befasst sich nach seinem eindeutigen Wortlaut nur mit einer Einbeziehung von Korrekturen und Ergänzungen von Datensätzen in die nach § 275 Abs. 1c SGB V vorgesehene Prüfung durch den MDK. Die vorliegende Rechnungskorrektur wurde der Beklagten aber erkennbar nicht zu dem Zweck übermittelt, dass der MDK diese "Datensatzkorrektur" in seine Prüfung miteinbeziehen solle. Vielmehr war die Prüfung zu diesem Zeitpunkt bereits beendet und die Datensatz- bzw. Rechnungskorrektur beruhte auf dem Ergebnis dieser Prüfung.

Entgegen der Auffassung der Beklagten kommt in der Vorschrift des § 7 Abs. 5 PrüfvV auch nicht zum Ausdruck, dass eine Umsetzung des vom MDK gewonnenen Prüfergebnisses dann ausgeschlossen wäre, wenn sich hiernach ein höherer Rechnungsbetrag ergibt (so auch LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 13.08.2018, L 5 KR 155/18 NZB; Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 10.12.2019, L 11 KR 794/19).

Satz 2 des § 7 Abs. 5 PrüfvV regelt nach seinem klaren Wortlaut die Frist, innerhalb der eine Datensatzkorrektur oder -ergänzung durch das Krankenhaus an die Krankenkasse für eine Einbeziehung in die Prüfung durch den MDK erfolgt sein muss ("Diese hat der MDK nur dann in seine Prüfung einzubeziehen, wenn ..."). Hält das Krankenhaus diese Frist nicht ein, hat es keinen Anspruch darauf, dass der MDK den geänderten oder korrigierten Datensatz bei seiner Prüfung berücksichtigt. Eine darüber hinausgehende Rechtsfolge, insbesondere die, dass das Krankenhaus nach Beendigung der MDK-Prüfung nicht mehr berechtigt ist, in den Grenzen der Verjährung und Verwirkung weitere Krankenhausvergütung nachzufordern, kann dem Wortlaut des § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV nicht entnommen werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 17.04.2019, L 5 KR 1522/17, zum gleichlautenden § 7 Abs. 5 Satz 2 PrüfvV in der Fassung vom 01.09.2014).

Dies gilt auch für die nachfolgenden Sätze 3 und 4 des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016. Auch wenn hier eine andere Formulierung als in Satz 2 gewählt worden ist ("..., ist eine Korrektur oder Ergänzung von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich" bzw. "...mit der Maßgabe Anwendung, dass eine Korrektur oder Ergänzung nur bis zum Abschluss der Prüfung vor Ort möglich ist" ), können die Sätze 3 und 4 des § 7 Abs. 5 PrüfvV nicht losgelöst vom vorangehenden Satz 2 verstanden werden, zumal sie sich explizit auf diesen beziehen: sie modifizieren die in Satz 2 gesetzte Fünf-Monatsfrist für den Fall, dass eine Begutachtung durch den MDK schon vor Ablauf von 5 Monaten nach Einleitung des Prüfverfahrens beendet sein sollte bzw. für den Fall einer Prüfung vor Ort. Gegenstand des § 7 Abs. 5 Sätze 3 und 4 PrüfvV ist daher ebenfalls allein die nachträgliche Datensatzkorrektur im MDK-Prüfverfahren. Eine Aussage zur nachträglichen Rechnungskorrektur im Abrechnungsverfahren bzw. zum Ausschluss einer Vergütung wird nicht getroffen.

Soweit die Beklagte der Auffassung ist, dass es sich bei den Fristenregelungen des § 7 Abs. 5 PrüfvV 2016 um materiell-rechtliche Ausschlussfristen handele und daher jegliche Korrekturen und Ergänzungen von Datensätzen nur bis zum Ende der Begutachtung durch den MDK möglich seien - auch solche, die auf dem Ergebnis der Prüfung durch den MDK beruhen -, vermag dies nicht zu überzeugen. Diese Auslegung übersieht die Bezugnahme der Sätze 3 und 4 auf Satz 2 und verkennt den systematischen Gesamtzusammenhang, in dem die Regelung des § 7 Abs. 5 PrüfvV steht: § 7 PrüfvV regelt die "Durchführung der Prüfung" und ist Bestandteil einer "Vereinbarung über das Nähere zum Prüfverfahren nach § 275 Abs. 1c SGB V". Die PrüfvV ist keine Vereinbarung über die Abrechnung von Krankenhausbehandlungen. Da § 7 Abs. 5 PrüfvV - anders als etwa § 7 Abs. 2 PrüfvV - auch keine ausdrückliche Aussage zu Konsequenzen für Vergütungen trifft für den Fall, dass die dort geregelten Fristen nicht eingehalten werden, kann weder aufgrund des Wortlauts noch aufgrund systematischer Erwägungen von einer materiellen Ausschlussfrist ausgegangen werden.

Auch Sinn und Zweck der Regelung führen zu keinem anderen Ergebnis. Sinn und Zweck von § 7 Abs. 5 PrüfvV ist es, die Prüfung durch den MDK zügig zum Abschluss bringen zu können. Wird - wie hier - lediglich das im Konsens mit der Klägerin festgestellte Ergebnis der MDK-Prüfung umgesetzt und werden Kodierung und Abrechnung entsprechend geändert, führt dies offensichtlich weder zu einer Verzögerung des Prüfverfahrens noch macht es eine weitere Prüfung durch den MDK erforderlich. Dem von der Beklagten angeführten Beschleunigungsgebot ist damit Rechnung getragen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs.1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).

Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 197a SGG i.v.m. § 52 Abs.3 Gerichtskostengesetz (GKG).

Rechtskraft
Aus
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