Ein Heizmittellieferant, der an einen Leistungsempfänger nach dem SGB II liefert, hat gegenüber dem Jobcenter keinen Auszahlungsanspruch auf für das Brennmaterial bewilligte Leistungen, sofern sich aus dem Bewilligungsbescheid kein direkter Auszahlungsanspruch für den Lieferanten ergibt.
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16. April 2019 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
IV. Der Streitwert für beide Instanzen wird auf 1.345,00 € festgesetzt.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist ein Zahlungsanspruch der Klägerin gegen den Beklagten wegen einer Brennstofflieferung an die Beigeladene in Höhe von 1.175 € nebst Zinsen von 5% über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie die Erstattung vorgerichtlicher Anwaltsgebühren in Höhe von 169,50 €.
Die 1954 geb. Beigeladene steht beim Beklagten im laufenden Leistungsbezug nach dem SGB II, zuletzt bewilligt mit Bescheid vom 4.2.2019 für die Zeit bis zum 31.8.2019.
Am 26.9.2017 beantragte die Beigeladene beim Beklagten eine einmalige Beihilfe zu von ihr selbst zu beschaffenden Heizmitteln. Mit Bescheid vom 9.11.2017 bewilligte der Beklagte maximal 1.175,00 €. Im Bescheid hieß es: "Die Zahlung erfolgt, nach Vorlage der Rechnung, direkt an die Firma A und ggf. auch an einen anderen Holzlieferanten."
Am 14.11.2017 beauftragte die Beigeladene die Klägerin mit der Lieferung von Holz und Heizöl. Die Lieferung erfolgte am 16. und 17.11.2017. Unter dem 17.11.2017 stellte die Klägerin der Beigeladenen einen Betrag von insgesamt 1.179,72 € in Rechnung.
Am 20.11.2017 reichte die Beigeladene die Rechnung der Klägerin beim Beklagten ein. Mit Schreiben vom 5.1.2018 erinnerte die Beigeladene den Beklagten an die Bezahlung der Rechnung. Auch die Klägerin bat den Beklagten mit E-Mails vom 4.1.2018 und vom 7.2.2018 um Bezahlung der Rechnung.
Mit Bescheid vom 20.2.2018 gewährte der Beklagte der Beigeladenen sodann für den Monat Februar 2018 um 1.175,00 € höhere Leistungen nach dem SGB II und zahlte diesen Betrag an die Beigeladene aus. Im Bescheid vom 20.2.2018 hieß es: "Ihrem Antrag auf die Gewährung der einmaligen Beihilfe zur Heizmittelbeschaffung vom 20.11.2017 konnte in vollem Umfang - in Form einer Pauschale für eine Person in Höhe von 1.175,00 € - entsprochen werden. Die Rechnung Ihres Heizmittel-Lieferanten ist von Ihnen selbst zu begleichen." Dies tat die Beigeladene nicht. Sie erhob nachfolgend keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 20.2.2018.
Am 9.3.2018 wandte sich der jetzige Prozessbevollmächtigte der Klägerin an den Beklagten. Der Beklagte habe an die Klägerin für die Heizmittellieferung an die Beigeladene 1.175,00 € nebst Zinsen seit 7.2.2018 sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 169,50 € zu zahlen.
Mit Schreiben vom 27.3.2018 teilte der Beklagte dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin mit, dass er aus Datenschutzgründen keine Auskünfte in Bezug auf dessen Anliegen erteilen dürfe. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin möge sich bitte mit der Beigeladenen in Verbindung setzen.
Die Beigeladene wies der Beklagte mit weiterem Schreiben vom selben Tage darauf hin, dass sie die Rechnung der Klägerin umgehend begleichen möge. Dies tat die Beigeladene weiterhin nicht.
Am 10.4.2018 erhob die Klägerin Klage zum Sozialgericht Augsburg. Der Beklagte müsse die Rechnung an die Beigeladene vom 17.11.2017 bezahlen. Anders als die Klägerin in dem vom Bundessozialgericht am 9.8.2018 (Az.: B 14 AS 38/17 R) entschiedenen Verfahren berufe sich die Klägerin weder auf einen Schuldbeitritt des Beklagten noch auf eine Abtretung von Ansprüchen der Leistungsberechtigten noch auf einen bloßen Anspruch auf Auszahlung derartiger Ansprüche. Vielmehr sei die Klägerin aus dem Bescheid vom 9.11.2017 unmittelbar begünstigt. Im Bescheid sei ausdrücklich erwähnt, dass der Beklagte nach Vorlage der Rechnung jedenfalls 1.175,00 € direkt an die Klägerin zahlen werde.
Mit Beschluss vom 12.2.2019 lud das Sozialgericht die Beigeladene bei. Sie teilte mit, dass sie im Februar 2018 erstaunt gewesen sei, dass sie plötzlich mehr Geld auf dem Konto hatte. Sie habe einmal vergeblich versucht, mit ihrem Sachbearbeiter beim Beklagten darüber zu reden. Danach habe sie es vergessen. Sie könne nur Ratenzahlung anbieten.
Mit Urteil vom 16.4.2019 wurde die Klage als unzulässig abgewiesen. Die Klägerin könne nach keinem Rechtsgrund einen Anspruch und damit eine Klagebefugnis ableiten.
Hiergegen legte der Bevollmächtigte der Klägerin mit Schriftsatz vom 15.5.2019 Berufung beim Bay. Landessozialgericht ein. Die Möglichkeit der Begründung eigener Rechte sei für die Annahme einer Klagebefugnis ausreichend. Der Zahlungsanspruch ergebe sich aus dem Bescheid vom 9.11.2017. Dieser Bescheid sei durch den Bescheid vom 20.2.2018 nicht wirksam aufgehoben worden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Augsburg vom 16.4.2019 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin 1.175 € nebst hieraus Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz sowie vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 169,50 € zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des Sozialgerichts für zutreffend.
Die Beigeladene stellt keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Akten des Sozialgerichts und des Beklagten Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143,144, 151 SGG) ist unbegründet.
Entgegen der Auffassung des Sozialgerichts ist die allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 SGG statthaft. Insbesondere besteht eine Klagebefugnis. § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG gilt entsprechend. Eine Klagebefugnis ist gegeben, wenn die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte besteht. Ausreichend ist, dass dem Kläger das geltend gemachte Recht zustehen kann. Ob ihm das geltend gemachte Recht tatsächlich zusteht, ist dagegen eine Frage der Begründetheit der Klage (vgl. Meyer-Ladewig, SGG, Kommentar, 12. Auflage 2017, § 54 Rn 9). Die Klägerin macht geltend, dass sie aufgrund des Bescheides vom 9.11.2017 einen Zahlungsanspruch erworben hat, dem der Beklagte nicht nachkommt. Dies ist ausreichend. Es besteht auch ein allgemeines Rechtsschutzbedürfnis für die Leistungsklage. Die Klägerin hat sich vor Klageerhebung erfolglos an den Beklagten gewandt. Der Beklagte gab mit seiner Auskunftsweigerung nach außen erkennbar zu erkennen, dass er keine Zahlungen an die Klägerin zu leisten beabsichtigt.
Die Leistungsklage ist jedoch unbegründet. Die im Bescheid vom 9.11.2017 getroffene Regelung räumt der Klägerin keinen Auszahlungsanspruch ein. Der Bescheid hat auch sonst keine drittschützende Wirkung.
Grundsätzlich bestimmt § 42 Abs. 3 SGB II, dass Geldleistungen auf das Konto des Leistungsberechtigten überwiesen werden. § 22 Abs. 7 SGB II enthält hierzu eine Ausnahmebestimmung. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten enthält die Entscheidung des BSG vom 9.8.2018, B 14 AS 38/17 R, Rn 30, grundsätzliche Erwägungen, die vorliegend zu berücksichtigen sind, selbst wenn es sich hier nicht um einen Fall des Schuldbeitritts oder einer Abtretung handelt. Danach räumt § 22 Abs. 7 SGB II keinen eigenen Anspruch zugunsten des Dritten ein. Die Vorschrift begründet nur eine abweichende Empfangsberechtigung und keinen eigenen Rechtsanspruch des Zahlungsempfängers gegen das Jobcenter. Diese Auslegung entspricht dem Willen des Gesetzgebers, wonach durch eine Zahlungsbestimmung keine Rechte oder Pflichten des Vermieters oder anderer Empfangsberechtigter gegenüber dem Leistungsträger begründet werden sollen. § 22 Abs. 7 SGB II hat keine drittschützende Wirkung. Sie dient nicht den Interessen von Vermietern oder sonstigen Energielieferanten, sondern allein dem Erhalt der Wohnung des Leistungsberechtigten und damit dem Ziel der Verwirklichung des grundrechtlich geschützten Grundbedürfnisses auf Wohnen (vgl. BT-Drs. 17/3404, S. 98; LSG Schleswig-Holstein vom 21.9.2012, L 3 AS 42/10; juris-PK, § 22 SGB II, Rn 223, 227; Hauck/Noftz, § 22 SGB II, Rn 318; a.A. ohne weitere Begründung Eicher, SGB II, § 22 Rn 247 "Auszahlungsanspruch").
Die Verfügung in Ziffer 2 des Bescheides vom 9.11.2017 enthält zwar eine Regelung mit Verwaltungsaktcharakter i.S.v. § 31 SGB X und vollzieht insoweit § 22 Abs. 7 SGB II. Als Vollzugsregelung geht sie aber inhaltlich nicht darüber hinaus. Weder subjektiv, noch objektiv kann der Verfügung ein Inhalt dergestalt beigemessen werden, dass die Klägerin unmittelbar Anspruchsinhaberin sein soll. Adressat des Bescheides vom 9.11.2017 war allein die Beigeladene. Nachdem aber nicht feststellbar ist, dass die Beigeladene einen Antrag auf Auszahlung an die Klägerin gestellt hatte, noch dass die weiteren Voraussetzungen des § 22 Abs. 7 SGB II für eine Auszahlung an einen Dritten erfüllt wären, hat der Beklagte dies im Bescheid vom 20.2.2018 zugunsten der Klägerin korrigiert.
Aus dem vom Bevollmächtigten zitierten Urteil des BVerwG vom 26.8.1999, 3 C 17/98, ergibt sich nichts anderes. Dieses Urteil betrifft die Frage, wer Adressat eines Rücknahmebescheides nach § 48 VwVfG ist. Dies hing wiederum davon ab, wer Begünstigter des Ausgangsbescheides war. Im Einzelfall kann dies auch ein Dritter sein, wenn der unmittelbare Zuwendungsempfänger durch den Bescheid verpflichtet wird, die Zuwendung an einen Dritten weiterzugeben und wenn die Gewährung von vorneherein davon abhängig gemacht wird, dass der Dritte sich den Bedingungen des Bescheides unterwirft (Rn 22). Dies ist hier nicht der Fall. Adressat und Begünstigter des Bescheides ist allein die Beigeladene.
Nachdem ein Anspruch auf die Hauptforderung nicht besteht, ist folglich auch kein Zinsanspruch gegeben, noch ein Anspruch auf die vorgerichtliche anwaltliche Vergütung als Verzugsschaden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 VwGO und berücksichtigt, dass die Berufung erfolglos blieb.
Gründe für die Zulassung der Revision i.S.v. § 160 Abs. 2 SGG sind nicht ersichtlich.
Die Streitwertfestsetzung richtet sich nach § 197a SGG i.V.m. §§ 39 Abs. 1, 43 Abs. 1, 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG. Dabei waren die Hauptforderung und die als Verzugsschaden geltend gemachten vorgerichtlichen Anwaltsgebühren als weiterer Streitgegenstand zu berücksichtigen. Der Zinsanspruch war hingegen als Nebenforderung nicht zum Streitwert hinzuzurechnen. Der Streitwert konnte für das erstinstanzliche Verfahren von Amts wegen gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG korrigiert werden.