L 7 BA 44/21 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
1. Instanz
SG Würzburg (FSB)
Aktenzeichen
S 5 BA 29/21 ER
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 BA 44/21 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

In sozialgerichtlichen Eilverfahren ist bei der Streitwertfestsetzung betreffend bezifferter Geldbeträge regelmäßig nur ein Viertel des Geldbetrages anzusetzen.

 

Auf die Beschwerde des Antragstellers und Beschwerdeführers wird der Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 26.04.2021 in Ziffer 3 abgeändert und der Streitwert für das erstinstanzliche Eilverfahren festgesetzt auf 15.621,43 Euro.


G r ü n d e :

I.

Im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wendet sich der Beschwerdeführer (Bf) gegen eine aus einer Betriebsprüfung der Beschwerdegegnerin (Bg) resultierenden Beitragsnachforderung iHv 62.485,73 Euro.

Mit Beschluss vom 26.04.2021 lehnte das Sozialgericht Würzburg den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab (Ziff 1 und 2 des Beschlusses) und setzte den Streitwert für das erstinstanzliche Eilverfahren auf 62.485,73 Euro fest (Ziff 3 des Beschlusses). Der Streitwert sei für das erstinstanzlichen Verfahren nach § 52 Abs 1 GKG entsprechend der Höhe der Nachforderung festzusetzen. Eine Reduzierung der Forderung könne bei der Streitwertfestsetzung im Eilverfahren nicht erfolgen wegen des gesetzlichen Verweises auf das einstweilige Rechtsschutzverfahren nach § 86b SGG in § 53 Abs 2 Nr 4 GKG (LSG Halle, Beschuss vom 05.10.2010, L 4 P 12/10 B ER).

Gegen den Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim Bayerischen Landessozialgericht sowohl in der Sache eingelegt (Ziff 1 und 2 des Beschlusses, anhängig unter L 7 BA 34/21 B ER), als auch bzgl der Festsetzung des Streitwertes (L 7 BA 44/21 B). Regelmäßig werde in Eilverfahren bei Beitragsnachforderungen nur ein Viertel der Summe als Streitwert angesetzt.

II.

Für die Entscheidung über die Streitwertbeschwerde ist der Berichterstatter als Einzelrichter nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG zuständig, nachdem das Verfahren nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung auf den Senat nach § 66 Abs. 6 Satz 2 GKG zu übertragen ist (vgl dazu BayLSG Beschluss vom 07.07.2015, L 7 R 4/15 Rz 18); für Beitragsnachforderungen im Rahmen einer Betriebsprüfung ist die Festsetzung des Streitwertes in Eilverfahren durch die Rechtsprechung hinreichend geklärt.

Ausgangspunkt für die Festsetzung des Streitwerts im einstweiligen Rechtsschutz ist der Streitwert in der Hauptsache. Dieser ergibt sich nach der Rechtsprechung des BSG (vgl etwa BSG Urteil vom 19.09.2016, B 12 R 4/15 R) aus der Höhe der Nachforderung. Insoweit ist nach § 52 Abs 1 GKG auf den in Streit stehenden Geldbetrag abzustellen,

Nach der Rechtsprechung des BSG (BSG Beschluss vom 29.08.2011, B 6 KA 18/11 R Rz. 21) ist im sozialgerichtlichen Eilverfahren dann regelmäßig ein Viertel dieser Beitragsnachforderung als Streitwert festzusetzen.
Aufbauend auf dieser Rechtsprechung des BSG aus dem Jahr 2011 wurde im Jahr 2012 von den Landessozialgerichten ein Streitwertkatalog für das sozialgerichtliche Verfahren erstellt, das vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz fortgeschrieben wurde. Unter A II Nr. 10 wird der Streitwert für das sozialgerichtliche Verfahren im Eilverfahren mit einem Viertel der streitgegenständlichen Summe beziffert, die im Rahmen der Ermessensausübung auch bis zur Hälfte, gegebenenfalls auch auf den vollen Wert der Nachforderungssumme ausgedehnt werden kann, etwa bei Vorwegnahme der Hauptsachentscheidung im Rahmen des eilgerichtlichen Verfahrens (vgl BayLSG Beschluss vom 24.06.2019, L 7 BA 42/19 B ER).

Das Sozialgericht hat bei der Festsetzung des Streitwerts diese Rechtsprechung nicht berücksichtigt und stattdessen ohne die notwendige Ermessensausübung auf eine nicht einschlägige Entscheidung des LSG Halle abgestellt. Das Sozialgericht hat insoweit verkannt, dass sich auch das LSG Halle ausdrücklich nur auf eine solche Fallgestaltung bezogen hat, die eine nach § 52 Abs 1 GKG bezifferbare Geldforderung gerade nicht betrifft, sondern vielmehr einen Fall, in dem der Auffangstreitwert nach § 52 Abs 2 GKG zum Tragen kommt, hier also die zitierte Entscheidung des LSG Halle (vgl dazu auch BayLSG Beschluss vom30.07.2015, L 8 SO 146/15 B ER Rz 31) gerade nicht einschlägig war. Es kann dahingestellt bleiben, ob beim Auffangstreitwert eine Reduktion im Eilverfahren vorzunehmen wäre (vgl Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 197 Rz 7e, 7h). Jedenfalls bei einer bezifferbaren Forderung ist gerichtliches Ermessen bei der Festsetzung des Streitwerts im Eilverfahren auszuüben und regelmäßig auf ein Viertel der Beitragsnachforderung abzustellen.

Dementsprechend ist hier die erstinstanzliche Streitwertfestsetzung auf eine Viertel der in Streit stehenden Forderung zu korrigieren, nachdem keine Anhaltspunkte für eine Abkehr von der Regel zu erkennen sind.
         
Dieser Beschluss ist gemäß § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG unanfechtbar.

 

Rechtskraft
Aus
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