L 1 SV 4/21 B

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 46 SO 625/19
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 1 SV 4/21 B
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Für die Klage eines Einrichtungsträgers gegen den Sozialhilfeträger aus der Leistungsvereinbaarung wegen Vertragsverletzung ist der Sozialrechtsweg eröffnet. Für die Bestimmung des Rechtswegs kommt es nicht darauf an, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage erfüllt sind, z.B. ob sie statthaft und der Kläger klagebefugt ist (BSG, Urteil vom 06.12.2018, B 8 SO 9/18 R, BSGE 127,92).

 

I. Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 10. Februar 2021 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten ist zulässig.

II. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Beklagte.

III. Der Streitwert wird auf 3.534,11 Euro festgesetzt.

IV. Die Beschwerde zum Bundessozialgericht wird nicht zugelassen.


G r ü n d e :

I.

Der Kläger und Beschwerdeführer wendet sich gegen eine Verweisung des Rechtsstreits an das Landgericht München I.

Der Kläger ist ein privatrechtlich organisierter Träger unter anderem einer im Stadtzentrum von A-Stadt gelegenen stationären Einrichtung (A.), in der er Leistungen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten erbringt, §§ 67 ff. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII). Der Beklagte und Beschwerdegegner ist der überörtliche Träger der Sozialhilfe. Mit dem Beklagten hat der Kläger für den sog. Übergangsbereich eine Leistungsvereinbarung nach den §§ 75 ff. SGB XII geschlossen. Gegenstand der Leistungen sind neben der Überlassung eines Wohnplatzes Beratung und Betreuung auf Grundlage einer individuellen Hilfeplanung, Tagesstrukturangebote, die Einbindung in die Hausgemeinschaft, Therapie- und Freizeitangebote oder auch die Vermittlung von Arbeits- und Beschäftigungsangeboten. Die Einrichtung gehört zu den anerkannten Einrichtungen nach der sog. Bayreuther Vereinbarung, mit der die Bezirke Regelungen zum Verwaltungsablauf für diesen Leistungsbereich getroffen haben.

Ab dem 26.11.2018 nahm der Kläger Herrn D. (L.), kroatischer Staatsangehöriger, in die Einrichtung auf und teilte dies dem Beklagten am selben Tag mit. Herr L. beantragte beim Beklagten die Gewährung von Leistungen nach dem SGB XII, die ihm nach Aufnahme einer Beschäftigung ab 03.04.2019 mit Bescheid vom 24.05.2019 vom 03.04.2019 bis 31.12.2019 bewilligt wurden. Der Beklagte erklärte hierfür die Kostenübernahme. Für den Zeitraum vom 26.11.2018 bis 02.04.2019 lehnte der Beklagte die Leistungsgewährung mit weiterem, bestandskräftigem Bescheid vom 13.09.2019 ab, weil Herr L. als Ausländer konkret für diesen Zeitraum von Leistungen ausgeschlossen sei.

Mit Schriftsatz vom 15.12.2019 hat der Kläger beim Sozialgericht München Klage erhoben und beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 17.670,56 Euro zzgl. Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Er stütze den Zahlungsanspruch auf eine Verletzung der Pflichten des Beklagten aus der Leistungsvereinbarung. Diese enthalte bereits umfangreiche Pflichten für den Kläger, z.B. die Durchführung eines persönlichen Vorstellungsgespräches, die Klärung der Notwendigkeit einer stationären Aufnahme sowie die Einleitung des Hilfeplanverfahrens. Zwar sehe die Leistungsvereinbarung die Aufnahme der Betroffenen in die Einrichtung erst nach einer positiven Entscheidung des Beklagten zur Kostenübernahme vor. Es sei aber gelebte Vertragspraxis, dass die Betroffenen von der Einrichtung tatsächlich aufgenommen würden und dann unverzüglich der Leistungsantrag beim Beklagten gestellt werde. Der Kläger sei hierbei behilflich.

Im Fall von Herrn L. habe der Beklagte am 05.12.2018 den Leistungsantrag erhalten. In der Folgezeit sei durch den Kläger bei der zuständigen Sachbearbeiterin und deren Vertreter wiederholt bezüglich der Kostenübernahme nachgefragt worden. Am 30.01.2019 sei die baldige Übersendung des Bescheides zugesagt worden. Erst am 13.09.2019 sei der Ablehnungsbescheid ergangen. Für die im Zeitraum vom 26.11.2018 bis 02.04.2019 erbrachten Leistungen (z.B. Gewährung von Unterkunft, Vollverpflegung, Wäscheversorgung sowie Maßnahmen im sozialen, arbeitstherapeutischen und psychologischen Bereich) stünden gemäß der Vergütungsvereinbarung mit dem Beklagten insgesamt 17.230,56 Euro offen. Hinzu kämen Vorschüsse auf den Barbetrag von insgesamt 440,- Euro.

Es sei rechtswidrig, wenn der Kläger auf diesem Aufwand ohne Erstattung sitzen bliebe. Die Leistungsvereinbarung begründe wechselseitig Rechte und Pflichten, für den Kläger eine Aufnahmeverpflichtung und für den Beklagten eine Verpflichtung zur unverzüglichen Entscheidungsfindung. Aus der Leistungsvereinbarung sei zumindest eine vertragliche Nebenpflicht des Beklagten abzuleiten, wonach die Entscheidungsprozesse zur Kostenträgerschaft nicht länger brauchen dürften als erforderlich. Sie dürften auch nicht so gestaltet werden, dass der Träger der Einrichtung durch ungedeckte Leistungen Schaden nehme. Dies folge aus § 61 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) i.V.m. § 241 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Die Handlungsleitlinien zur Wohnungslosenhilfe sprächen von einer Entscheidungsfindung möglichst innerhalb von zwei Wochen. Die Richtlinien zu den §§ 67 bis 69 SGB XII legten fest, dass der nach § 98 SGB XII örtlich zuständige Bezirk die Kosten vorläufig zu übernehmen habe, wenn nicht innerhalb von vier Wochen feststehe, ob Nichtsesshaftigkeit vorliege.

Daher bestehe unabhängig von einem Leistungsanspruch des Bewohners ein Zahlungsanspruch des Klägers als Träger der Einrichtung gegenüber dem Beklagten. Dieser sei ggf. nicht als Entgeltzahlung im Sinne der Leistungs- und Vergütungsvereinbarung zu verstehen, aber in gleicher Höhe als Ausgleich für den Aufwand, den der Kläger gehabt habe. Der Kläger übe wichtige Funktionen aus und habe für die Verwirklichung der sozialen Rechte eine entscheidende vermittelnde Rolle. Es könne nicht sein, dass er regelmäßig das volle Risiko einer Kostenübernahme durch den Beklagten trage, wenn dieser übermäßig lange für die Entscheidung benötige.

Nach Auffassung des Beklagten kann der Kläger den geltend gemachten Anspruch nicht aus der Vereinbarung nach den §§ 75 ff. SGB XII ableiten. Diese würden nur abstrakt-generell die Leistung der Einrichtung und die entsprechende Vergütung regeln. Für die Begründung eines Schuldverhältnisses bedürfe es eines Schuldbeitritts zur individuellen Zahlungspflicht einer leistungsberechtigten Person aus dem Wohn- und Betreuungsvertrag. Ein Schuldbeitritt komme vorliegend mangels Leistungsberechtigung von Herrn L. im Zeitraum vom 26.11.2018 bis 02.04.2019 nicht in Betracht. Auch Ansprüche aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag (GoA) oder eines öffentlich-rechtlichen Erstattungsanspruches seien nicht gegeben.

Der Kläger hat auf die gerichtliche Anhörung zu einer Verweisung des Rechtsstreits betont, dass er bewusst aus der Leistungsvereinbarung die Klage führe wegen Verletzung der wechselseitigen Pflichten im Zusammenhang mit der Aufnahme neuer Bewohner und der langwierigen Entscheidungsfindung des Beklagten. Auf einen Leistungsanspruch von Herrn L. komme es nicht an, ebenso nicht auf zivilrechtliche Ansprüche des Klägers gegen Herrn L. Es werde weder eine Zahlung aus dem nicht vorhandenen Schuldbeitritt geltend gemacht, noch eine Klage auf einen Schuldbeitritt. Aus Sicht des Klägers handele es sich um eine sozialrechtliche Streitigkeit aus der Leistungsvereinbarung als öffentlich-rechtlichem Vertrag. Hierbei sei auch die sog. Bayreuther Vereinbarung zu berücksichtigen. Ein Zahlungsanspruch könne sich auch aus dem Institut der GoA ergeben, die auch im öffentlichen Recht anerkannt sei, oder auf Grundlage eines Schadensersatzanspruches nach § 61 SGB X i.V.m. § 280 Abs. 1 BGB wegen der Verletzung nebenvertraglicher Pflichten.

Das Sozialgericht München hat durch Beschluss vom 10.02.2021 den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Landgericht München I verwiesen. Bis zum 31.12.2019 seien Ansprüche im sozialhilferechtlichen Dreieck entstanden, danach gelte § 75 Abs. 6 SGB XII n.F. Der Kläger versuche, den geltend gemachten Anspruch unmittelbar aus den §§ 75 ff. SGB XII und der zugehörigen Leistungsvereinbarung abzuleiten. Eine Anspruchsgrundlage, die offensichtlich nicht gegeben sei, habe aber bei der Prüfung außer Betracht zu bleiben. So verhalte es sich vorliegend, die §§ 75 ff. SGB XII sowie die Leistungsvereinbarung könnten einen einzelnen Anspruch nicht begründen. Tatsächlich gehe es entweder um Amtshaftung oder um zivilrechtliche Folgeansprüche aus den an Herrn L. erbrachten Dienstleistungen.

Gegen den ihm am 11.02.2021 zugestellten Beschluss hat der Kläger am 11.03.2021 beim Sozialgericht München Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, dass die Zuordnung eines Rechtsstreits zu einem Rechtsweg nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet werde, erfolge. Die Abgrenzung erfolge also von der Natur der Sache her. Es gehe vorliegend nicht um einen Schuldbeitritt. Streitgegenständlich seien die sich aus der Leistungsvereinbarung als öffentlich-rechtlichem Vertrag unmittelbar ergebenden Pflichten des Beklagten. Der Kläger mache eine öffentlich-rechtliche vertragliche Nebenpflicht des Beklagten geltend, wonach dieser kurzfristig zu entscheiden habe. Der Beklagte habe eine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme und auch zur Vermeidung von Schadensereignissen. Denn die Leistungsvereinbarung setze denklogisch die "Aufnahme" der Betroffenen vor der Kostenübernahmeerklärung voraus. Der Annahme einer sozialrechtlichen Streitigkeit stehe die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht entgegen. Ein Anspruch aus der Leistungsvereinbarung sei in der vorliegenden Konstellation nicht offensichtlich nicht gegeben. Es komme auch nicht auf die Rechtsprechung zum sozialrechtlichen Leistungsdreieck an.

Der Beklagte hat im Wesentlichen zur Unbegründetheit der Klage ausgeführt. So habe der Kläger unter anderem keinen Anspruch aus der Leistungsvereinbarung, für den unter Umständen der Sozialrechtsweg eröffnet wäre. Hierbei handele es sich um einen sog. Normenvertrag, der lediglich den Rahmen vorgebe, aber keine unmittelbaren Ansprüche begründe.

II.

Die Beschwerde ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, § 202 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG), §§ 172, 173 SGG. Im Verfahren vor den Sozialgerichten tritt an die Stelle der in § 17a Abs. 4 Satz 3 GVG genannten sofortigen Beschwerde die Beschwerde nach § 172 SGG (BSG, Beschluss vom 12.05.1998, B 11 SF 1/97 R, SozR 3-1500 § 51 Nr. 24, juris).

Die Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat den Rechtsstreit zu Unrecht an das Landgericht München I verwiesen. Auf die Beschwerde des Klägers war daher der Beschluss des Sozialgerichts aufzuheben und die Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit auszusprechen, § 17a Abs. 3 Satz 2 GVG (BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris).

Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit entscheiden unter anderem nach § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Sozialhilfe einschließlich der Angelegenheiten nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch und des Asylbewerberleistungsgesetzes.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören gemäß § 13 GVG die bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, die Familiensachen und die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (Zivilsachen) sowie die Strafsachen, für die nicht entweder die Zuständigkeit von Verwaltungsbehörden oder Verwaltungsgerichten begründet ist oder auf Grund von Vorschriften des Bundesrechts besondere Gerichte bestellt oder zugelassen sind.

Der Verwaltungsrechtsweg in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind, § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Für vermögensrechtliche Ansprüche aus Aufopferung für das gemeine Wohl und aus öffentlich-rechtlicher Verwahrung sowie für Schadensersatzansprüche aus der Verletzung öffentlich-rechtlicher Pflichten, die nicht auf einem öffentlich-rechtlichen Vertrag beruhen, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben, § 40 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 VwGO.

Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlich oder bürgerlich-rechtlich ist, richtet sich, wenn es wie vorliegend an einer ausdrücklichen Sonderzuweisung fehlt, nach der Natur des Rechtsverhältnisses, aus dem der Klageanspruch hergeleitet wird (GmSOGB, Beschluss vom 04.06.1974, GmS-OGB 2/73, BSGE 37, 292, juris; GmSOGB, Beschluss vom 10.04.1986, GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, juris; GmSOGB, Beschluss vom 29.10.1987, GmS-OGB 1/86, BGHZ 102, 280, juris; BSG, Beschluss vom 30.03.1993, 3 RK 1/93, BSGE 72, 148, juris; BSG, Beschluss vom 12.05.1998, B 11 SF 1/97 R, SozR 3-1500 § 51 Nr. 24 juris; BGH, Beschluss vom 10.01.1984, VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250, juris; BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris). Dieser Grundsatz bestimmt die Auslegung sowohl von § 13 GVG als auch von § 40 VwGO und § 51 Abs. 1 SGG. Die Abgrenzung muss von der Sache her getroffen werden. Ausgangspunkt für die Prüfung ist deshalb die Frage, welcher Art das Klagebegehren nach dem zugrundeliegenden Sachverhalt ist. Das bewirkt, dass regelmäßig die Gerichte anzurufen sind und zu entscheiden haben, die durch besondere Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den infrage stehenden Anspruch berufen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 10.01.1984, VI ZR 297/81, BGHZ 89, 250, juris; BSG, Beschluss vom 06.09.2007, B 3 SF 1/07 R, SozR 4-1720 § 17a Nr. 3, juris).

Bei der Prüfung der Natur des verfolgten Anspruchs kommt es nicht auf die Rechtsansicht des Klägers zur Anspruchsgrundlage an, sondern entscheidend sind regelmäßig der von ihm zur Begründung des Rechtsschutzziels vorgetragene Sachverhalt und die daran anknüpfende objektive Würdigung des Streitgegenstands (GmSOGB, Beschluss vom 10.07.1989, GmS-OGB 1/88, BGHZ 108, 284, juris; BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris; BSG, Beschluss vom 03.08.2011, B 11 SF 1/10 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 10, juris; BSG, Beschluss vom 22.04.2009, B 13 SF 1/08 R, BSG SozR 4-1500 § 51 Nr. 5; BSG, Beschluss vom 12.05.1998, B 11 SF 1/97 R, SozR 3-1500 § 51 Nr. 24, juris).

Für die Rechtswegprüfung ist nicht erforderlich, dass sich die Streitigkeit als ausschließlich bürgerlich-rechtlich oder als ausschließlich öffentlich-rechtlich charakterisieren lässt. Dies belegt auch § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG (BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris; BSG, Beschluss vom 25.10.2017, B 7 SF 1/16 R, juris). Für die Bejahung der Zulässigkeit des vom Kläger beschrittenen Rechtswegs reicht es vielmehr aus, wenn das Klagebegehren in einem Sachverhalt wurzelt, der jedenfalls kraft solcher Rechtsgrundlagen zu beurteilen ist, die in die (originäre) Rechtswegzuständigkeit des angerufenen Gerichts fallen (BSG, Beschluss vom 03.08.2011, B 11 SF 1/10 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 10, juris).

Vorliegend handelt es sich danach um eine Streitigkeit, die den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zuzuordnen ist, § 51 SGG.

Der Kläger stützt seinen Anspruch darauf, dass der Beklagte vertragliche Verpflichtungen aus der Leistungsvereinbarung nach den §§ 75 ff. SGB XII im Zusammenhang mit der Aufnahme neuer Bewohner verletzt habe. Aus der Leistungsvereinbarung folge für den Beklagten eine Verpflichtung zur unverzüglichen Entscheidungsfindung. Indem der Beklagte für seine Entscheidung über die Kostenübernahme übermäßig lange gebraucht und daher im Widerspruch zu Handlungsleitlinien und Richtlinien gehandelt habe, habe er jedenfalls vertragliche Nebenpflichten verletzt. Der Beklagte sei daher auf Grundlage der Regelungen zum öffentlich-rechtlichen Vertrag nach §§ 53 ff. SGB X zur Zahlung zu verurteilen. Der Kläger führt auch einen Anspruch aus öffentlich-rechtlicher GoA an, weil er für den Beklagten Aufgaben zur Verwirklichung der sozialen Rechte Betroffener übernommen habe, § 17 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I). Der Kläger sieht einen Anspruch unabhängig von einem Leistungsanspruch des Bewohners als gegeben und charakterisiert ihn nicht im Sinne einer Entgeltzahlung.

Der zur Entscheidung gestellte Lebenssachverhalt hat seine Grundlage daher maßgeblich in der vertraglichen Leistungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Beklagten, ergänzend in der tatsächlich gelebten Zusammenarbeit zwischen ihnen im Rahmen der Aufnahme neuer Bewohner. Der Streitgegenstand ist somit unabhängig sowohl von einem Leistungsanspruch eines Bewohners der Einrichtung gegen den Beklagten als auch von einem Vergütungsanspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten im Fall der Leistungsbewilligung an einen Bewohner. An diesen so geltend gemachten prozessualen Anspruch ist das Gericht gebunden, § 123 SGG. Nicht zur Entscheidung gestellt ist daher entgegen der Annahme des Sozialgerichts ein Lebenssachverhalt, der einen Anspruch aus Amtspflichtverletzung begründen könnte, § 839 BGB.

Beruht die Streitigkeit auf einem Vertrag, so kann allerdings allein aus dem damit verbundenen Gleichordnungsverhältnis der Vertragsparteien noch nicht auf eine bürgerlich-rechtliche Streitigkeit geschlossen werden; vielmehr ist auf die Rechtsnatur des Vertrages, d.h. darauf abzustellen, ob der Vertragsgegenstand dem öffentlichen oder dem bürgerlichen Recht zuzurechnen ist (GmSOGB, Beschluss vom 04.06.1974, GmS-OGB 2/73, BSGE 37, 292, juris; GmSOGB, Beschluss vom 10.04.1986, GmS-OGB 1/85, BGHZ 97, 312, juris; BSG, Beschluss vom 12.05.1998, B 11 SF 1/97 R, SozR 3-1500 § 51 Nr. 24). Der vorliegende Sachverhalt ist danach dem Recht der Sozialhilfe zuzuordnen, § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG. Die Leistungsvereinbarung nach den §§ 75 ff. SGB XII ist als sog. Normvertrag ein öffentlich-rechtlicher Vertrag im Sinne der §§ 53 ff. SGB X (BSG, Beschluss vom 18.03.2014, B 8 SF 2/13 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 3, juris; Streichsbier in: Grube/Wahrendorf/Flint, SGB XII, 7. Auflage 2020, § 75 Rn. 13 m.w.N.). Innerhalb des sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses ist sie Bestandteil des öffentlich-rechtlichen Leistungserbringungsverhältnisses zwischen Leistungserbringer und Sozialhilfeträger (s.a. Eicher, Der Zahlungsanspruch des Leistungserbringers im Sozialhilferecht, SGb 2013, 127, 128). Der Träger der Sozialhilfe schließt die Vereinbarungen mit einem Einrichtungsträger in Erfüllung einer Verpflichtung ab, die ihm aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften gegenüber dem Leistungsberechtigten obliegt, da er die Erfüllung von dessen sozialhilferechtlichen Ansprüchen sicherzustellen hat (Streichsbier, a.a.O., § 75 Rn. 13).
Die Zurodnung dieser Vertragsstreitigkeiten zum Recht der Sozialhilfe ergibt sich auch daraus, dass Streitigkeiten auf Abschluss einer Leistungs- und Vergütungsvereinbarung ebenfalls § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG unterfallen, vgl. § 77 Abs. 1 Satz 4 SGB XII bzw. § 77 Abs. 2 Satz 3 SGB XII n.F. (s.a. Lange in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Auflage 2020, § 75 SGB XII (Stand: 06.04.2021) Rn. 50; Streichsbier, a.a.O., § 75 Rn. 17). Ebenso werden Streitigkeiten wegen Schadensersatz- bzw. Rückzahlungsansprüchen eines Sozialhilfeträgers gegen einen Leistungserbringer aus Vereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII dem Recht der Sozialhilfe und damit dem Rechtsweg zu den Sozialgerichten zugeordnet (BayLSG, Urteil vom 04.02.2016, L 18 SO 89/14, juris). Schließlich folgt aus § 40 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 VwGO, dass Streitigkeiten aus öffentlich-rechtlichen Verträgen nicht den ordentlichen Gerichten zugewiesen sind.

Der Zulässigkeit des Sozialrechtswegs in Konstellationen wie der vorliegenden stehen keine höchstrichterlichen Entscheidungen entgegen. Sie ist vielmehr inzwischen ausdrücklich festgestellt worden. Fordert ein Leistungsträger von einem Sozialhilfeträger Zahlungen, die über einen erklärten Schuldbeitritt hinausgehen, ist der Sozialrechtweg gegeben. Dies erfasst auch Ansprüche unmittelbar aus oder wegen Verletzung der Vereinbarungen nach §§ 75 ff. SGB XII (BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris; BSG, Beschluss vom 27.09.2019, B 8 SF 1/18 R, BeckRS 2019, 27156). Entsprechendes gilt erst recht, wenn gar kein Schuldbeitritt erklärt wurde, weil in beiden Konstellationen dieser nicht im Streit steht. Dass Streitigkeiten zwischen dem Leistungserbringer und dem Sozialhilfeträger wegen Zahlungsansprüchen aus dem Schuldbeitritt zivilrechtlicher Natur sind, wirkt sich vorliegend daher nicht aus (vgl. zum Schuldbeitritt BSG, Urteil vom 28.10.2008, B 8 SO 22/07 R, BSGE 102, 1, juris; BSG, Beschluss vom 18.03.2014, B 8 SF 2/13 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 3, juris; BGH, Urteil vom 31.03.2016, III ZR 267/15, BGHZ 209, 316, juris; in der Folge auch BayLSG, Beschluss vom 14.08.2019, L 1 SV 19/19 B, juris; s.a. BayLSG, Beschluss vom 26.11.2012, L 18 SO 173/12 B, juris; Flint in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Auflage 2017, § 51 SGG (Stand: 08.04.2021) Rn. 265 ff.). Ebenso wirkt es sich nicht aus, dass die hierzu ergangene Rechtsprechung durch die Neufassung von § 75 SGB XII mit Wirkung vom 01.01.2020 und durch die Einführung eines eigenen gesetzlichen und zudem öffentlich-rechtlichen Zahlungsanspruches des Leistungsträgers gegen den Sozialhilfeträger gemäß § 75 Abs. 6 SGB XII n.F. inzwischen obsolet geworden ist (zu § 75 Abs. 6 SGB XII n.F. siehe auch Lange, a.a.O. § 75 SGB XII (Stand: 06.04.2021) Rn. 115 ff.; BT-Drs. 18/9522, 340).

Ob auf eine Vereinbarung nach §§ 75 ff. SGB XII bzw. deren Verletzung die geltend gemachten Ansprüche tatsächlich gestützt werden können, sich aus ihr also die vorgetragenen (Neben-)Pflichten rechtlich ergeben, ist eine vom Rechtsweg zu trennende Frage (vgl. auch Jaritz/Eicher in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 2. Auflage 2014, § 75 SGB XII (Stand: 28.03.2017) Rn. 89.2). So kommt es für die Bestimmung des Rechtswegs auch nicht darauf an, ob die Zulässigkeitsvoraussetzungen der Klage erfüllt sind, z.B. ob sie statthaft und der Kläger klagebefugt ist (BSG, Urteil vom 06.12.2018, B 8 SO 9/18 R, BSGE 127, 92, juris; BSG, Beschluss vom 27.09.2019, B 8 SF 1/18 R, BeckRS 2019, 27156).

Zwar gilt insoweit mit den Ausführungen des Sozialgerichts, dass bei der Prüfung des zulässigen Rechtsweges eine Anspruchsgrundlage, die offensichtlich nicht gegeben ist, außer Betracht zu bleiben hat. Allerdings betrifft diese Maßgabe Streitgegenstände, die - ohne dass es sich um objektive Klagehäufungen im Sinne von § 56 SGG handelt - dem Grunde nach verschiedenen Rechtswegen zugeordnet werden könnten. Für diese gilt gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG, dass das Gericht des zulässigen Rechtsweges den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten entscheidet. Um hier keine unzulässigen Gestaltungsmöglichkeiten zu eröffnen, ist höchstrichterlich die vom Sozialgericht in Bezug genommene Maßgabe aufgestellt worden, dass Anspruchsgrundlagen, die offensichtlich nicht gegeben sind bzw. erkennbar vom Rechtsuchenden nur mit dem Ziel geltend gemacht werden, einen bestimmten Rechtsweg beschreiten zu können, bei der Prüfung des Rechtswegs außer Betracht zu bleiben haben (BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris; BSG, Beschluss vom 25.10.2017, B 7 SF 1/16 R, juris). Dies gilt allerdings naturgemäß nur, wenn der Klageanspruch überhaupt mehreren Rechtswegen zugeordnet werden könnte. Wenn jedoch wie vorliegend ausdrücklich keinerlei Sachverhalt zum Streitgegenstand gemacht wird, der die Zuständigkeit der Zivilgerichte begründen könnte, greift das Argument des offensichtlich nicht gegebenen öffentlich-rechtlichen Anspruchs nicht. Es stellt sich vielmehr die Frage, auf welcher Grundlage eine Verweisung an die Zivilgerichte erfolgen sollte. Zudem kann Offensichtlichkeit für einen behaupteten öffentlich-rechtlichen Anspruch kaum angenommen werden (s.a. Eicher, a.a.O., 131 (Fn. 68)).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO, der Beklagte ist im Beschwerdeverfahren unterlegen. Das Beschwerdegericht hat über die Kosten des Beschwerdeverfahrens eine Entscheidung zu treffen. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG, wonach im Falle der Verweisung des Rechtsstreits an ein anderes Gericht die Kosten im Verfahren vor dem angegangenen Gericht als Teil der Kosten behandelt werden, die bei dem Gericht erwachsen, an das der Rechtsstreit verwiesen wird, findet unabhängig vom Ausgang des Beschwerdeverfahrens auf dieses keine Anwendung (BSG, Beschluss vom 01.04.2009, B 14 SF 1/08 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 6, juris).

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 1/5 des Hauptsachestreitwerts festgesetzt, § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 GKG (BSG, Beschluss vom 06.09.2007, B 3 SF 1/07 R, SozR 4-1720 § 17a Nr. 3, juris; BSG, Beschluss vom 21.07.2016, B 3 SF 1/16 R, SozR 4-1500 § 51 Nr. 16; BSG, Beschluss vom 27.09.2019, B 8 SF 1/18 R, BeckRS 2019, 27156; Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit, 5. Auflage 2017, Ziff. A.V.3.1). Das Interesse an der Klärung des Rechtsweges ist deutlich niedriger als das Interesse an der Hauptsacheentscheidung. Der Streitwert der Hauptsache beträgt 17.670,56 Euro, 1/5 davon mithin 3.534,11 Euro.

Gründe für die Zulassung der weiteren Beschwerde zum Bundessozialgericht liegen nicht vor, § 17a Abs. 4 Satz 4, 5 GVG. Die Zuordnung geltend gemachter Schadensersatzansprüche aus Verletzung der Leistungsvereinbarung zum Sozialrechtsweg ist höchstrichterlich geklärt (BSG, Beschluss vom 27.09.2019, B 8 SF 1/18 R, BeckRS 2019, 27156). Die Bewertung, ob offensichtlich nicht gegebene Anspruchsgrundlagen geltend gemacht werden, ist eine Wertung des Einzelfalls. Der Senat folgt mit der vorliegenden Entscheidung der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (BSG, Beschluss vom 30.09.2014, B 8 SF 1/14 R, SozR 4-3500 § 75 Nr. 5, juris).

Rechtskraft
Aus
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