L 7 U 166/19

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 3 U 180/18
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 7 U 166/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze

Für die Zulässigkeit einer Restitutionsklage ist es erforderlich, dass Restitutionsgründe nachvollziehbar dargelegt werden.

 

I.  Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin wird als unzulässig verworfen.

II. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.


T a t b e s t a n d :

Die Klägerin begehrt die Wiederaufnahme des rechtskräftig abgeschlossenen Verfahrens L 7 U 166/19.

Mit Urteil vom 24. Juni 2019, L 7 U 166/19, wies der Senat gemäß § 155 Abs. 1, 3 und 4 Sozialgerichtsgesetz durch den Vorsitzenden des Senats (als zuständigen Berichterstatter/Einzelrichter) die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Februar 2019, S 3 U 180/18, zurück. Die Berufung der Klägerin mit dem Ziel, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Februar 2019 sowie den Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 12.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den ablehnenden Bescheid vom 06.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.091998 zurückzunehmen, die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 24.01.1997 anzuerkennen und eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH zu gewähren, sei unbegründet.
 
Die gegen das Berufungsurteil erhobene Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das BSG mit Beschluss vom 05.09.2019 als unzulässig (Az.: B 2 U 149/19 B).

Im Rahmen eines später beim Sozialgericht Landshut anhängig gewordenen Verfahrens (S 3 U 92/20) mit einem anderen Streitgegenstand beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 18.07.2020, mehrere früher in anderen sozialgerichtlichen Verfahren ergangene Urteile aufzuheben und neu zu verhandeln, darunter auch das im Berufungsurteil des Senats vom 24.06.2019 bestätigte Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28.02.2019, S 3 U 180/19. In der Sache sei damals unrichtig entschieden worden infolge eines strafbaren Verhaltens einer Auskunftsperson des Klinikums P..

Auf Anhörungsschreiben des Sozialgerichts, dass eine Verweisung an das Bayerische Landessozialgericht beabsichtigt sei, da dieses für die erhobene Restitutionsklage zuständig sei, erklärte sich die Klägerin mit Schreiben vom 22.09.2020 mit einer entsprechenden Verweisung einverstanden. Mit Beschluss vom 26.10.2020, S 3 U 180/18, erklärte sich das Sozialgericht Landshut für sachlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Bayerische Landessozialgericht. Für eine Restitutionsklage sei nach § 179 Abs 1 SGG iVm § 584 Abs 1 ZPO das Berufungsgericht zuständig, wenn eines von mehreren angefochtenen Urteilen vom Berufungsgericht erlassen wurde, was hier mit dem Urteil des Senats vom 24.06.2019 der Fall sei.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichtes vom 24.06.2019 aufzuheben, das Berufungsverfahren L 7 166/19 fortzusetzen, das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 28. Februar 2019 sowie den Überprüfungsbescheid der Beklagten vom 12.12.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28.05.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 06.03.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.091998 zurückzunehmen, die Wirbelsäulenbeschwerden der Klägerin als Folge ihres Arbeitsunfalls vom 24.01.1997 anzuerkennen und eine Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von 20 vH zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,
den Antrag auf Wiederaufnahme des Berufungsverfahrens L 7 U 166/180 als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.

Aus Sicht der Beklagten liegen keine Restitutionsgründe vor. Insbesondere fehle es an einer strafrechtlichen Verurteilung
Mit gerichtlichem Schreiben vom 28.01.2021 wurden die Beteiligten unter Hinweis auf BSG, Beschluss vom 10.07.2012, B 13 R 53/12 B, und BSG, Urteil vom 10.09.1997, B 9 RV 2/96 zu einer Entscheidung nach § 158 SGG durch Beschluss angehört, nachdem die erhobene Klage aus Sicht des Gerichts mangels Vorliegen eines Strafurteils unzulässig sei.

Mit Schreiben vom 03.03.2021 hat die Klägerin um Verlängerung ihrer Äußerungsfrist zum Schreiben vom 28.01.2021 gebeten, da sie bei der Generalsstaatsanwaltschaft ermitteln lasse, wie weit die Staatsanwaltschaft eine strafrechtliche Verurteilung betrieben habe, aber sie bislang noch keine weitere Auskunft von dort erhalten habe, da sich nach den Angaben der Staatsanwaltschaft der Vorgang im Archiv befinde.


E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

Die Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsklage war gemäß § 179 Sozialgerichtsgesetz - SGG - in Verbindung mit §§ 578 Abs. 1, 580, 581 Abs. 1 Zivilprozessordnung - ZPO - ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss in entsprechender Anwendung des § 158 SGG als unzulässig zu verwerfen (zur Verwerfung durch Beschluss vgl. BSG, Beschluss vom 23. April 2014 - B 14 AS 368/13 B, SozR 4 - 1500 § 179 Nr. 1; Beschluss vom 10. Juli 2012 - B 13 R 53/12 B - SozR 4-1500 § 158 Nr. 6). Der Senat konnte nach entsprechender Anhörung der Beteiligten durch Beschluss nach § 158 Satz 2 SGG entscheiden und die Klage als unzulässig verwerfen, da die Vorschrift des § 158 SGG auch für unzulässige Restitutionsklagen entsprechend anwendbar ist (vgl BSG, Beschluss vom 10.07.2012, B 13 R 53/12 B; vgl Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA).
Ein rechtskräftig beendetes Verfahren kann entsprechend den Vorschriften des Vierten Buches der Zivilprozessordnung wiederaufgenommen werden, § 179 Abs 2 SGG. Hiernach kann die Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Endurteil geschlossenen Verfahrens durch Nichtigkeitsklage und durch Restitutionsklage erfolgen, § 578 Abs 1 ZPO.
Für die Zulässigkeit einer Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsklage ist erforderlich, dass ein zulässiger Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsgrund schlüssig behauptet wird (vgl. BSGE 81, 46, 47 ff). Die Wiederaufnahmegründe sind in § 179 SGG i. V. m. §§ 578 ff. ZPO abschließend geregelt (Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA).

Auf der Grundlage des Vortrags der Klägerin zur Begründung ihrer Wiederaufnahme- bzw. Restitutionsklage ist bereits die Zulässigkeit der Klage zu verneinen, da kein zulässiger Grund für die Wiederaufnahme des Verfahrens schlüssig behauptet worden ist.

Vorliegend macht die Klägerin mit ihrem Wiederaufnahmeantrag geltend, dass das rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren inhaltlich unrichtig gewesen sei, da die vom Klinikum P. gegebenen Auskünfte unrichtig gewesen seien und die Auskünfte daher ein strafbares Verhalten darstellten. Nachdem dieses Vorbringen den alleinigen Anknüpfungspunkt für die von der Klägerin begehrte Wiederaufnahme des Verfahrens gibt, kommt allein eine Wiederaufnahme in Form einer Restitutionsklage in Frage.

Nach § 580 Nr. 3 ZPO läge ein Restitutionsgrund vor, wenn bei einem Zeugnis oder Gutachten, auf welches das Urteil gegründet ist, der Zeuge oder Sachverständige sich einer strafbaren Verletzung der Wahrheitspflicht schuldig gemacht hat. Zur Zulässigkeit der Restitutionsklage gehört im Falle des § 580 Abs. 1 Nr. 3 ZPO allerdings grundsätzlich, dass ein rechtkräftiges verurteilendes Strafurteil vorliegt (Reichold in Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 38. Aufl., Rdnr. 1 zu § 581 ZPO; BGH NJW 83, 230). Hierfür ergeben sich keinerlei Anhaltspunkte, ebenso wenig für einen Ausnahmefall, in dem die Restitutionsklage bei fehlender Verurteilung zulässig ist (vgl. Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 W A Rz 23). Vielmehr ergibt sich aus dem Schreiben der Klägerin vom 03.03.2021, dass gerade kein strafrechtliches Urteil ergangen ist, wenn sie in diesem Schreiben ausführt, sie möchte von der Staatsanwaltschaft in Erfahrung bringen, wie der Stand einer strafrechtlichen Verfolgung sei. Inwieweit ein Abwarten auf eine mögliche strafrechtliche Verurteilung im Rahmen einer Restitutionsklage überhaupt beachtlich sein kann, bleibt dahingestellt.

Dem Fristverlängerungsbegehren der Klägerin war schon deshalb nicht nachzukommen, weil nach den Angaben der Klägerin der Vorgang betreffend ihre schon Jahre zurückliegende Strafanzeige im Archiv der Staatsanwaltschaft befindet, also abgeschlossen ist.

Ein zulässiger Wiederaufnahmegrund nach § 179 Abs. 2 SGG ist ebenso wenig schlüssig behauptet (strafgerichtliche Verurteilung eines Beteiligten, weil er Tatsachen, die für die Entscheidung der Streitsache von wesentlicher Bedeutung waren, wissentlich falsch behauptet oder vorsätzlich verschwiegen hat).

Weitere Wiederaufnahmegründe sind nicht ersichtlich bzw. sind nicht schlüssig behauptet worden.

Damit ist die Klage als unzulässig zu verwerfen (vgl zur entsprechenden Tenorierung etwa Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA Rz 27; vgl aber auch LSG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 28.04.2020, L 3 AS 17/20 WA), unabhängig davon, ob die Klage aus weiteren Gründen unzulässig ist (vgl. etwa zur Verfristung Hess LSG, Beschluss vom 15.01.2020, L 3 U 76/17 WA Rz 27).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich, vgl. § 160 Abs. 2 SGG.  

Rechtskraft
Aus
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