1. Bei der Berechnung der Wartezeit von 35 Jahren können Ausbildungszeiten nur bis zur Höchstdauer von acht Jahren berücksichtigt werden.
2. Auf die Höchstdauer werden auch Monate angerechnet, die sowohl mit einer Anrechnungszeit als auch mit einer Beitragszeit belegt sind (sog. beitragsgeminderte Zeit).
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 12.03.2020 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Streitig ist der Beginn der dem Kläger seit 01.12.2016 gezahlten Altersrente für schwerbehinderte Menschen und in diesem Zusammenhang der Zeitpunkt der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren.
Bei dem 1955 geborenen Kläger besteht seit 2007 ein Grad der Behinderung von 90. Es sind nach den Feststellungen der Beklagten im Versicherungsverlauf als rentenrechtliche Zeiten gespeichert:
16.07.72 – 08.06.73 12 Monate Fachschulausbildung
09.06.73 – 30.09.73 3 Monate Übergangszeit
01.10.73 – 31.07.74 10 Monate Hochschulausbildung
16.08.74 – 15.11.75 16 Monate Pflichtbeitragszeit
Wehrdienst, Zivildienst
16.11.75 – 30.09.76 10 Monate Hochschulausbildung
01.10.76 – 20.03.77 5 Monate Hochschulausbildung
21.03.77 – 22.07.77 2.207 DM 5 Monate Pflichtbeitragszeit
23.07.77 – 31.12.81 53 Monate Hochschulausbildung
01.01.82 – 11.07.84 Hochschulausbildung
Höchstdauer überschritten
Keine Anrechnung
Anschließend war der Kläger vom 01.10.1985 bis 30.04.2000 versicherungspflichtig und vom 01.01.2006 bis 31.08.2016 freiwillig versichert.
Am 25.08.2016 beantragte der Kläger Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.09.2016, was die Beklagte mit dem streitigen Bescheid vom 12.09.2016 wegen fehlender versicherungsrechtlicher Voraussetzungen ablehnte. Bis zum 31.08.2016 seien statt der nach § 236a Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) erforderlichen 420 Monate
(= 35 Jahre) nur 417 Wartezeitmonate vorhanden. Insgesamt ergeben die Feststellungen der Beklagten 324 Kalendermonate Beitragszeiten, davon drei Monate, die mit Anrechnungszeiten zusammentreffen und als sog. beitragsgeminderte Zeiten bewertet worden sind, und 93 Kalendermonate, die nur als Anrechnungszeiten berücksichtigt sind. Als beitragsgeminderte Zeiten sind die Monate November 1975, März und Juli 1977 berücksichtigt worden, in denen das Studium unterbrochen worden ist und neben der Hochschulausbildung Pflichtbeiträge gezahlt worden sind.
Mit seinem Widerspruch machte der Kläger geltend, dass 96 Monate Ausbildungszeit anzuerkennen seien. Nach dem Versicherungsverlauf seien die Monate November 1975, März und Juli 1977 nicht als Anrechnungszeiten anerkannt worden. Anschließend sei aber die Zeit vom 01.01.1982 bis 11.07.1984 wegen Überschreitens der Höchstdauer nicht mehr anerkannt worden, obwohl bis dahin statt der maximal möglichen 96 Monate nur 93 Monate angerechnet worden seien. Bei einer Anerkennung von 96 Monaten Ausbildungszeit wäre die Wartezeit bereits am 01.09.2016 erfüllt.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 15.12.2016 zurück. Auf die Wartezeit von 35 Jahren seien alle Kalendermonate, die mit rentenrechtlichen Zeiten belegt sind, anzurechnen (§ 54 SGB VI). Würden in einem Kalendermonat mehrere rentenrechtliche Zeiten zusammentreffen, komme es nicht zu einer Doppelanrechnung von Zeiten. Das Anrechnungsjahr umfasse 12 Kalendermonate (§ 122 Absatz 2 SGB VI). Die Monate November 1975, März und Juli 1977 seien bei den Wartezeitmonaten bereits berücksichtigt worden. Die Zeit vom 01.01.1982 bis 11.07.1984 könne nicht als Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung anerkannt werden, da die Höchstdauer von acht Jahren damit überschritten werde. Für die Ermittlung der Höchstdauer seien auch die Kalendermonate ("Randmonate") zu berücksichtigen, in denen sowohl eine schulische Anrechnungszeit als auch eine Beitragszeit lägen. Dies gelte unabhängig davon, ob die Beitragszeit oder die Anrechnungszeit den gesamten Kalendermonat umfasse.
Mit seiner Klage zum Sozialgericht München hat der Kläger beantragt, ihm die Altersrente bereits ab 01.09.2016 zu zahlen. Dabei gehe es ihm nicht um eine Doppelanrechnung von Zeiten. Tatsächlich seien aber die Monate November 1975, März und Juli 1977, obwohl sie im Versicherungsverlauf als Pflichtbeitragsmonate gespeichert seien, entsprechend der internen Dienstanweisung der DRV Bund bei der Berechnung der Höchstdauer von 96 Monaten als Anrechnungszeit mitgezählt worden, sodass im Ergebnis nur 93 Monate der Schulausbildung berücksichtigt werden, obwohl weitere 31 Monate Anrechnungszeiten wegen Schulausbildung nachgewiesen seien. Dies sei ein Verstoß gegen Gesetze der Logik und gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung. Dazu hat er verschiedene fiktive Biographien vorgelegt, in denen sich bei gleicher Ausbildungsdauer unterschiedliche Rentenhöhen ergeben würden. Entweder man teile die Monate in Bruchteile auf oder man verzichte auf die Berücksichtigung der zeitgleich mit Pflichtbeitragszeiten zurückgelegten Anrechnungszeiten und damit auf die Anerkennung einer beitragsgeminderten Zeit oder man bewerte Monate entsprechend des Überwiegens der jeweiligen Zeit. § 122 Abs. 3 i.V.m. § 51 Abs. 3 SGB VI seien entsprechend auszulegen, zumal gemäß
§ 51 SGB VI bei der Wartezeit von 35 Jahren anders als bei den Wartezeiten von 15, 20 und 25 Jahren ausdrücklich "alle" Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten anzurechnen seien. Alternativ müsste auch die Möglichkeit bestehen auf die Vergünstigung der Berücksichtigung einer Anrechnungszeit neben einer Beitragszeit zu verzichten, um nachfolgend die Anrechnung weiterer Monate im Rahmen der Höchstdauer zu ermöglichen. Es gebe keine gesetzliche Regelung, wonach bei der Höchstdauerberechnung von Anrechnungszeiten wegen Ausbildung Monate, die gleichzeitig mit Beiträgen belegt sind, immer mitzuzählen seien. Dazu hat er auf Literaturmeinungen in Hauck/Noftz SGB VI, § 122 Rn.13 und Dankelmann in jurisPK-SGB VI, § 122 Rn. 42 verwiesen, die die gegenteilige Auffassung vertreten würden. Eine Begründung für die Anrechnung beitragsgeminderter Monate auf die Höchstdauer gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI finde er auch nicht im Kasseler Kommentar. Tatsächlich seien mit der Einführung von § 54 SGB VI rentenrechtliche Zeiten erstmals kategorisiert worden, ohne dass aber eine Neuregelung zur Anrechnung von beitragsgeminderten Monaten bei der Wartezeit beabsichtigt gewesen sei. Anrechnungszeiten seien als Kalendermonate definiert worden, für die keine Beiträge gezahlt wurden. Die Höchstdauerberechnung beziehe sich daher wie zuvor auch nur auf Anrechnungszeitmonate schulischer Ausbildung, für die keine Beiträge gezahlt wurden, und nicht auch auf beitragsgeminderte Zeiten.
Mit Bescheid vom 24.03.2017 hat die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 29.12.2016 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.12.2016 bewilligt, nachdem vom Kläger noch freiwillige Beiträge für die Monate September bis November 2016 nachentrichtet worden sind. Die Gewährung einer Altersrente ab 01.09.2016 sei weiterhin nicht möglich.
Mit Gerichtsbescheid vom 12.03.2020 hat das Sozialgericht nach Anhörung der Beteiligten die Klage abgewiesen. Der Kläger habe keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Zeiten der schulischen Ausbildung und Beginn der Altersrente ab 01.09.2016, da er bis zum 31.08.2016 lediglich 417 Wartezeitmonate, anstatt der erforderlichen 420 Monate zurückgelegt habe. Die Beklagte habe die Zeit der Ausbildung ab 01.01.1982 wegen Überschreitung der Höchstdauer von acht Jahren zu Recht nicht bei der Berechnung der Wartezeit berücksichtigt, denn es seien auch die drei Monate November 1975, März und Juli 1977, die teilweise mit Zeiten der schulischen Ausbildung und teilweise mit Pflichtbeiträgen belegt seien, im Rahmen der Höchstdauerberechnung von 96 Kalendermonaten als Anrechnungszeiten zu berücksichtigen. § 58 Abs. 4a SGB VI sei nur einschlägig, wenn die schulische Ausbildung zeitgleich neben einer versicherten Beschäftigung bestehe, während vorliegend die drei Kalendermonate mit mehreren rentenrechtlichen Zeiten belegt seien, ohne dass sich die unterschiedlichen Zeiten nach der Systematik des SGB VI gegenseitig verdrängen würden. Nach § 54 Abs. 3 SGB VI seien beitragsgeminderte Zeiten Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch mit Anrechnungszeiten belegt seien. Daher seien auch die Anrechnungszeiten in den betreffenden Kalendermonaten November 1975, März und Juli 1977 bei der Berechnung der Höchstdauer von acht Jahren mitzuzählen. Zwar werde tatsächlich in der Literatur zum Teil vertreten, dass die zeitliche Limitierung auf acht Jahre des § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI im Rahmen des § 122 Abs. 3 SGB VI nur die als Anrechnungszeit zu berücksichtigende Ausbildungszeit umfasse, die sich nicht mit einer Beitragszeit überschneide, weil die Limitierung der Berücksichtigung von Anrechnungszeiten dem Interesse der Versichertengemeinschaft an der Begrenzung der Übernahme beitragsfreier Zeiten Rechnung tragen solle, während es für eine solche Limitierung an einer rechtfertigenden Grundlage fehle, wenn die Ausbildungszeit bereits als Beitragszeit anrechenbar sei. Dies sei aber nicht überzeugend. Das Sozialgericht hat dazu auf den Beschluss des LSG Niedersachsen vom 26.03.1997 (Az.: L 1 An 128/96) und das Urteil des LSG Hessen vom 18.02.2014 (Az.: L 2 R 400/13) verwiesen. Weder dem Wortlaut des § 58 SGB VI noch dem des § 122 SGB VI sei zu entnehmen, dass Ausbildungszeiten, die nach § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI auch unter Berücksichtigung des § 58 Abs. 4a SGB VI tatbestandlich als Anrechnungszeiten einzuordnen seien, bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten nicht der Höchstdauer unterliegen würden. Auch den Gesetzesmaterialen zu § 122 Abs. 3 SGB VI lasse sich eine entsprechende Ausnahme nicht entnehmen. Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber die Regelung des § 122 Abs. 3 SGB VI planwidrig zu weit gefasst hätte, wie es für eine teleologische Reduktion des nach dem klaren Wortlaut eröffneten Anwendungsbereichs einer Norm unter Beachtung der Bindung von Verwaltung und Gerichten an Recht und Gesetz erforderlich sei, ergäben sich nicht.
Am 21.04.2020 hat der Kläger Berufung gegen den Gerichtsbescheid eingelegt und diese nachfolgend ausführlich begründet. So ergebe sich aus dem Monatsprinzip des § 122 Abs. 1 SGB VI, dass ein Monat nicht in kleinere Einheiten aufgespalten werden könne. Daher sei ein beitragsgeminderter Monat nicht zugleich ein virtueller, fiktiver Anrechnungszeitmonat. Dies würde der Logik des SGB VI widersprechen und hätte vom Gesetzgeber ausdrücklich so angeordnet werden müssen. Die Begrenzung in § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI beziehe sich ausdrücklich auf Anrechnungszeiten und nicht auf Zeitabschnitte. Für die Erfüllung von Wartezeiten sei die Differenzierung zwischen vollwertigen Beitragszeiten und beitragsgeminderten Beitragszeiten unerheblich. Hinsichtlich der Ausbildungszeiten für die Teilmonate vom 16.11.1975 bis 30.11.1975 und vom 23.07.1977 bis 31.07.1977 sei außerdem die Regelung in § 58 Abs. 4a SGB VI zu beachten, weil sich schon aus der Dauer der jeweiligen Zeitabschnitte ergebe, dass die Schulausbildung in diesen Monaten nicht überwogen habe. "Reparaturmöglichkeiten" bestünden in einer entsprechenden Auslegung von § 122 Abs. 3 i.V.m. § 51 Abs. 3 SGB VI nach Sinn und Zweck der Regelung sowie in einem Verzicht seinerseits auf die Anrechnungszeiten in den doppelt belegten Monaten. Außerdem hat er erneut verfassungsrechtliche Bedenken im Hinblick auf den Gleichbehandlungsgrundsatz erhoben, wobei er Versicherte gegenübergestellt hat, die einerseits 96 Monate mit beitragsgeminderten Zeiten (Beiträge und Schulausbildung) sowie anschließend 96 Monate reine Ausbildungszeit zurückgelegt hätten, die dann nicht mehr zum Tragen komme, während ein Versicherter, der nur 96 Monate reine Ausbildungszeit aufzuweisen habe, bei ansonsten gleicher Erwerbsbiographie acht Jahre früher in Rente gehen könne. Mit Urteil vom 27.06.1991 (BStBl. 1991 II, Seite 654) habe das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass der Gesetzgeber, wenn die Steuerlast von einer Erklärung des Steuerpflichtigen abhänge, auch eine die Belastungsgleichheit gewährleistende Kontrollmöglichkeit schaffen müsse. Entsprechendes gelte für Ausbildungszeiten, die vom Rentenversicherungsträger nicht selbst aktiv ermittelt würden, sondern von der Erklärung und dem Nachweis durch den Versicherten abhängig seien. Entsprechend sei es möglich, mangels Kontrolle durch den Rentenversicherungsträger die Angaben zu - möglichweise benachteiligenden - Ausbildungszeiten zu steuern. Dem Beschluss der LSG Hannover könne nicht gefolgt werden, weil es keine gesetzliche Regelung dazu gebe, ob Anrechnungszeiten wegen Ausbildung, die gleichzeitig mit Beitragszeiten belegt seien, bei der Ermittlung der Höchstdauer mitzuzählen seien. Insoweit sei dann eine Auslegung und Rechtsfortbildung durch die Gerichte möglich. Tatsächlich ergebe sich aber das von ihm vertretene Ergebnis schon zweifelsfrei aus der übrigen Gesetzessystematik. So widerspreche es dem Monatsprinzip in § 122 Abs. 2 SGB VI, wenn fiktive Bruchteile eines Monats als Anrechnungszeit auf die Höchstdauer angerechnet würden, zumal diese nach neuem Recht auch nicht mehr bewertet würden. Dabei gebe es, wenn man der Auffassung der Beklagten folge, keine Untergrenze, weswegen theoretisch mit 96 Tagen Ausbildungszeit in einzelnen Monaten neben Beitragszeiten die Höchstdauer erreicht werden könne. Tatsächlich liege aber in diesen Monaten keine Anrechnungszeit, sondern nur eine beitragsgeminderte Zeit vor. Der Wegfall des früheren "Verdrängungsprinzips" spiele dabei keine Rolle. Die derzeitige Verwaltungspraxis behindere in besonderem Maße schwerbehinderte Menschen, denen es in den 43 Jahren vom 17. bis zum 60. Lebensjahr faktisch unmöglich sei, die erforderlichen 35 Versicherungsjahre zurückzulegen, wenn zusätzlich krankheitsbedingte Lücken, wie bei schwerbehinderten Menschen üblich, zu berücksichtigen seien.
Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 10.09.2020 zur Berufung Stellung genommen. Sie hat darauf hingewiesen, dass die Anrechnungszeiten in den drei streitigen Monaten November 1975, März und Juli 1977 gerade nicht durch die Beitragszeiten verdrängt würden, weswegen auch keine Verschiebung der Höchstdauer stattfinde. Die anschließende Lücke bis 31.12.2004 hätte der Kläger selbst durch freiwillige Beiträge schließen können, was er nicht getan habe.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 12.03.2020 sowie den Bescheid vom 12.09.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.12.2016 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm auch für die Zeit vom 01.09.2016 bis 30.11.2016 Altersrente für schwerbehinderte Menschen unter Berücksichtigung weiterer drei Monate Anrechnungszeit wegen Hochschulausbildung zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Leistungsakten der Beklagten sowie der Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung ist gemäß §§ 143,151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, insbesondere statthaft und form- und fristgerecht eingelegt. Sie ist aber unbegründet. Der Kläger hat mangels Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren vor dem 01.12.2019 keinen Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Insbesondere können über den 31.12.1981 hinaus keine Anrechnungszeiten wegen Ausbildung auf die Wartezeit angerechnet werden, weil diese bereits bis zur Höchstdauer von 96 Monaten berücksichtigt worden sind. Für die Berücksichtigung von Ausbildungszeiten über die Höchstdauer von 96 Monaten hinaus fehlt es an einer Rechtsgrundlage. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht.
1.
Die Klage ist als Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 4 SGG) zulässig. Dem Kläger geht es darum, über die Anerkennung weiterer Anrechnungszeiten einen früheren Rentenbeginn bereits zum 01.09.2016 zu erreichen. Im Übrigen sind weder die Versicherungszeiten noch die Höhe der Altersrente zwischen den Beteiligten streitig und daher auch nicht Gegenstand des Rechtsstreits. Der Zulässigkeit der auf frühere Rentenzahlung gerichteten Klage steht nicht entgegen, dass die Beklagte dem Kläger nachfolgend mit dem von ihm nicht mit Widerspruch angefochtenen Bescheid vom 24.03.2017 Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab 01.12.2016 bewilligt hat. Denn streitig ist vorliegend nur der Anspruch auf Rente vom 01.09.2016 bis zum 30.11.2016.
2.
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen für die streitige Altersrente im streitigen Zeitraum nicht. Anspruch auf Altersrente für schwerbehinderte Menschen besteht nach § 236a Abs. 1 SGB VI für Versicherte, die wie der Kläger vor dem 01.01.1964 geboren sind, wenn sie das 63. Lebensjahr vollendet haben, als schwerbehinderte Menschen (§ 2 Abs. 2 SGB IX) anerkannt sind und die Wartezeit von 35 Jahren erfüllt haben. Die vorzeitige Altersrente kann frühestens mit Vollendung des 60. Lebensjahres in Anspruch genommen werden. Bei Versicherten vom Jahrgang des Klägers (1955) verschiebt sich der frühestmögliche Beginn um 9 Monate (§ 236a Abs. 2 Satz 2 SGB VI), bei dem am 16.07.1955 geborenen Kläger auf den 16.04.2016. Der Kläger ist zwar als schwerbehinderter Mensch anerkannt, er erfüllt aber die weitere Voraussetzung einer Wartezeit von 35 Jahren erst für einen Rentenbeginn am 01.12.2016, nachdem er für die Zeit vom 01.09.2016 bis 30.11.2016 drei weitere freiwillige Beiträge entrichtet hat. Der Kläger hat auch unter Berücksichtigung der bis 11.07.1984 andauernden Hochschulausbildung keinen Anspruch auf Berücksichtigung weiterer Anrechnungszeiten zur (früheren) Erfüllung der Wartezeit für einen Rentenbeginn am 01.09.2016. Auch ein Anspruch auf Rente für langjährige Versicherte (§§ 36, 236 SGB VI), der ebenfalls eine Wartezeit von 35 Jahren voraussetzt, hätte zu diesem Zeitpunkt noch nicht bestanden.
2.1.
Auf die Wartezeit von 35 Jahren (§ 50 Abs. 4 SGB VI) für die Erfüllung der Voraussetzungen für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen werden alle Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten angerechnet (§ 51 Abs. 3 SGB VI), während auf die allgemeine Wartezeit und auf die Wartezeiten von 15 und 20 Jahren nur Kalendermonate mit Beitragszeiten angerechnet werden (§ 51 Abs. 1 SGB VI). Spezielle Wartezeitregelungen gibt es daneben für die Wartezeit von 25 Jahren für eine Bergmannsrente und die Wartezeit von 45 Jahren für eine Altersrente für besonders langjährige Versicherten. Der Gesetzgeber hat dabei für jede Wartezeit individuelle Voraussetzungen formuliert, so dass sich die Regelungen auch hinsichtlich der jeweils auf die Wartezeit anrechenbaren Zeiten unterschieden. Dabei ist die Wartezeitregelung hinsichtlich der Wartezeit von 35 Jahren insofern am großzügigsten, als danach nicht nur bestimmte Zeiten, sondern grundsätzlich alle rentenrechtlichen Zeiten Berücksichtigung finden können. Aus der Formulierung "alle" können aber darüber hinaus keine weitergehenden Ansprüche hergeleitet werden. Entscheidend ist, ob es sich um Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten handelt.
Was rentenrechtliche Zeiten sind, hat der Gesetzgeber in § 54 Abs. 1 SGB VI (in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung) ausdrücklich geregelt. Danach sind rentenrechtliche
Zeiten
1. Beitragszeiten,
a) als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen,
b) als beitragsgeminderte Zeiten,
2. beitragsfreie Zeiten und
3. Berücksichtigungszeiten.
Zeiten mit vollwertigen Beiträgen sind Kalendermonate, die mit Beiträgen belegt und nicht beitragsgeminderte Zeiten sind (§ 54 Abs. 2 SGB VI). Beitragsgeminderte Zeiten sind Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten belegt sind. Als beitragsgeminderte Zeiten gelten außerdem Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung - § 54 Abs. 3 SGB VI). Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§ 54 Abs. 4 SGB VI).
2.2.
Vorliegend sind beim Kläger 324 Kalendermonate mit Beitragszeiten als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen zu berücksichtigen, daneben (in den Monaten November 1975, März und Juli 1977) drei Monate mit Beitragszeiten als beitragsgeminderte Zeiten, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten wegen Hochschulausbildung belegt sind. Daneben können bis zur Höchstdauer von 96 Monate weitere 93 Monate Ausbildungszeit als beitragsfreie Zeiten (Anrechnungszeiten) berücksichtigt werden.
Anrechnungszeiten gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI (in der ab 01.01.2013 geltenden Fassung) sind Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahren (96 Monate). Beim Kläger liegen vom 16.07.1972 bis 11.07.1984 mit Unterbrechung durch den Wehrdienst (16.08.1974 bis 15.11.1975) und eine Pflichtbeitragszeit vom 21.03.1977 bis 22.07.1977 Anrechnungszeiten wegen Ausbildung vor (§ 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI) vor, bis 08.06.1973 aufgrund einer Fachschulausbildung sowie vom 01.10.1973 bis 31.07.1974, vom 16.11.1975 bis 20.03.1977 und vom 23.07.1977 bis 11.07.1984 aufgrund einer Hochschulausbildung. Die Unterbrechungen beruhen zum einen auf der Ableistung des Wehr- bzw. Zivildienstes vom 16.08.1974 bis 15.11.1975 und zum anderen auf der Ausübung einer versicherungspflichtigen Beschäftigung vom 21.03.1977 bis 22.07.1977. Die Übergangszeit vom 09.06.1973 bis 30.09.1973 zwischen beiden Ausbildungen ist ebenfalls als Anrechnungszeit wegen Ausbildung zu berücksichtigen, nicht aber die Monate, in denen nur eine versicherungspflichtige Beschäftigung und keine Anrechnungszeit vorliegen (August 1974 bis Oktober 1975 und April 1977 bis Juni 1977). Dabei ist nach den Feststellungen der Beklagten davon auszugehen, dass die Hochschulausbildung auch im Zeitraum vom 21.03.1977 bis 22.07.1977 tatsächlich unterbrochen wurde. Tatsächlich wäre nämlich nicht ausgeschlossen, dass ein Versicherter als sog. Werkstudent neben einer Hochschulausbildung Beiträge aufgrund einer versicherungspflichtigen Beschäftigung entrichtet, ohne dass deswegen automatisch von einem Fall des § 58 Abs. 4a SGB VI auszugehen wäre, in dem nicht mehr von einem Überwiegen der Ausbildung ausgegangen werden kann (vgl. dazu die Übergangsregelung in § 230 Abs. 4 SGB VI und BSG, Urteil vom 22.05.2003 - B 12 KR 24/02 R -). Anrechnungszeiten sind aber auch die Überschneidungsmonate November 1975, März und Juli 1977. Es liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass in den streitigen Teilmonaten, also während der Dauer der Hochschulausbildung, diese nicht überwiegend im Sinne des § 58 Abs. 4a SGB VI ausgeübt wurde. Denn die versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. der Wehrdienst wurden nicht zeitgleich "neben" der Ausbildung, sondern zeitlich im Anschluss an diese bzw. vor deren (Wieder-)Aufnahme ausgeübt. Etwas anderes wird vom Kläger auch nicht behauptet.
Insgesamt handelt es sich um einen Zeitraum von deutlich mehr als acht Jahren, weswegen eine Begrenzung auf die Höchstdauer von acht Jahren (entsprechend 96 Monaten) vorzunehmen ist. Die Berechnung der Höchstdauer von 96 Monaten folgt der Regelung in § 122 Abs. 3 SGB VI (in der ab 01.01.2002 geltenden Fassung), wonach die Berechnung der Höchstdauer mit den am weitesten zurückliegenden Kalendermonaten beginnt (vgl. BT-Drucks. 11/4124 S. 179 = M 010 S. 84). Dort heißt es u.a., es werde "eindeutig bestimmt, dass bei einer zeitlich begrenzten Berücksichtigung von Zeiten die Kalendermonate in der Anfangszeit von Bedeutung sind" (BT-Drs. 11/4124, S. 180). Vorliegend beginnt die Berechnung der Höchstdauer mit dem Kalendermonat, in dem das 17. Lebensjahr vollendet wird (am 16.07.1972). Dabei zählen Kalendermonate, die nur teilweise mit Anrechnungszeiten belegt sind, als volle Monate (§ 122 Abs. 1 SGB VI). Gleiches gilt für Monate, die nur an einzelnen Tagen mit Beiträgen belegt sind. Eine Verdrängung "schwächerer" durch "stärkere" Zeiten findet abgesehen von den ausdrücklich geregelten Fällen (§ 58 Abs. 1 Satz 3, Abs. 4a SGB VI) nicht statt. Diese Regelungen sind zwingend und stehen im Zusammenhang mit anderen Regelungen, wie § 74 Abs. 1 SGB VI, bei denen es ebenfalls auf die zeitliche Lage der jeweiligen Ausbildungszeit ankommt (KassKomm/Gürtner, 110. EL Juli 2020, SGB VI § 58 Rn. 59, 60). Die Regelung der Höchstdauer begrenzt lediglich den zeitlichen Umfang dieser Zeit und trifft keine Aussage über die weiteren rentenrechtlichen Auswirkungen. Ob und auf welche Weise die Anrechnungszeiten bei der Ermittlung der Rentenhöhe Berücksichtigung finden, ist in den für die Berechnung geltenden Vorschriften geregelt und für die Ermittlung der Höchstdauer unbeachtlich (Dankelmann in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 122 SGB VI (Stand: 18.05.2020), Rn. 42).
Dabei werden auf die Höchstdauer von 96 Monaten auch diejenigen Monate angerechnet, in denen neben einer Anrechnungszeit auch Beitragszeiten vorliegen (sog. beitragsgeminderte Zeit). Dies betrifft vorliegend die Monate November 1975, März und Juli 1977.
Bei diesen Monaten handelt es sich um Anrechnungszeiten i.S.d. § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, die nur deshalb als beitragsgeminderte Zeiten bezeichnet werden, weil sie neben den Anrechnungszeiten auch mit Beitragszeiten belegt sind (§ 54 Abs. 3 Satz 1 SGB VI). Bei der Bezeichnung als beitragsgeminderte Zeit handelt es sich aber lediglich um eine begriffliche Abgrenzung, weil beitragsgeminderte Zeiten, in denen also in einem Kalendermonat neben einer Anrechnungszeit auch Beitragszeiten vorliegen, gemäß § 71 Abs. 2 SGB VI (in der ab 01.01.2005 geltenden Fassung) bei der Rentenberechnung eines gesonderte Bewertung erfahren, die auf der Überlegung beruht, dass Versicherte, die nur für einen Teil des Monats oder in einem Monate wegen der Anrechnungszeit jedenfalls nicht in vollem Umfang Entgeltpunkte erwerben konnten, dadurch keine Nachteile erfahren sollten und deswegen mindestens die Entgeltpunkte erhalten, die die Zeit als Anrechnungszeit erfahren würde. Ziel dieser Bewertung ist es, zugunsten eines Versicherten Zeiten auszugleichen, in denen aufgrund Vorliegens eines Anrechnungszeittatbestandes nur verminderte Beiträge gezahlt worden sind. Die Berücksichtigung einer Versicherungszeit als sog. beitragsgeminderte Zeit setzt daher das Vorliegen einer Anrechnungszeit, jedenfalls in einem Teil des jeweiligen Monats (vgl. § 122 Abs. 1 SGB VI) nicht nur begrifflich voraus. Die Anrechnungszeit wird auch tatsächlich bei der Rentenberechnung berücksichtigt und führt unter Umständen zu einer Erhöhung der Entgeltpunkte für die in diesem Monat ebenfalls vorliegende Beitragszeit (§ 71 Abs. 2 SGB VI). Es handelt sich also nicht um eine nur fiktive Anrechnungszeit, wie der Kläger meint. Ob die betreffende Zeit im Ergebnis auch mit Entgeltpunkte bewertet wird, ist dabei unerheblich. Auch auf den vorliegenden Fall eines Wechsels zwischen Beitragszeit und Ausbildungszeit innerhalb eines Monates ist die Regelung in § 71 Abs. 2 SGB VI anwendbar. Auch in diesem Fall liegen eine Anrechnungszeit und eine Beitragszeit und damit im Ergebnis eine beitragsgeminderte Zeit vor (vgl. dazu grundlegend BSG, Urteil vom 27.04.2010 - B 5 R 62/08 R -,
juris Rn. 17).
Ein Verzicht auf einzelnen Anrechnungszeitmonate, wie vom Kläger vorgeschlagen, ist nicht möglich. Die Feststellung der Versicherungszeiten erfolgt von Amts wegen aufgrund der tatsächlichen Voraussetzungen. Ein Verzicht ist nach dem Sozialgesetzbuch nur bezüglich des Anspruchs auf festgestellte Sozialleistungen unter den Voraussetzungen des § 46 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I) möglich.
Entsprechend sind auch die sowohl mit einer Anrechnungszeit als auch mit einer Beitragszeit belegten Monate auf die Höchstdauer von acht Jahren anzurechnen. Der Senat gibt dabei einer am Wortlaut orientierten systematischen Auslegung den Vorzug, wobei auch Sinn und Zweck der Regelung nicht entgegenstehen. Dass die Limitierung der Berücksichtigung von Anrechnungszeiten im Interesse der Versichertengemeinschaft an der Begrenzung der Übernahme beitragsfreier Zeiten in diesem Fall nicht erforderlich wäre, mag zutreffen. Dem Schluss, es fehle insoweit an einer rechtfertigenden Grundlage (so Fichte in Hauck/Noftz, SGB, 09/08, § 122 SGB VI, Rn. 12), vermag der Senat indes nicht zu folgen. Eine teleologische Reduktion des Wortlauts des § 122 Abs. 3 SGB VI im Falle eines Zusammentreffens von Zeiten der schulischen Ausbildung und Zeiten freiwilliger Beitragszahlungen ergibt sich weder aus den Gesetzesmaterialien noch aus systematischen Erwägungen (so auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 18.02.2014 - L 2 R 400/13 -, juris). Daher folgt der Senat auch nicht der von Dankelmann (in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 122 SGB VI (Stand: 18.05.2020) Rn. 42) nicht näher begründeten Auffassung, dass in diesem Fall die "Besonderheit" zu beachten sei, dass die bereits als Beitragszeit berücksichtigte Ausbildungszeit nicht der Höchstdauer unterliege. Allerdings geht aus dieser Kommentierung auch nicht hervor, ob sie sich nur auf zeitgleich zusammenfallende Zeiten, sondern auch auf ein Nacheinander verschiedener Zeiten innerhalb eines Kalendermonats bezieht.
2.3.
Für eine andere Auslegung, wie vom Kläger gewünscht, bieten weder § 122 Abs. 1, noch § 54 Abs. 3 oder § 58 Abs. 1 Nr. 5 SGB VI eine Grundlage. Weder dem Wortlaut noch den Gesetzesmaterialien zu § 122 Abs. 3 SGB VI lassen sich Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass bei Zusammentreffen mit Beitragszeiten Ausbildungszeiten nicht der Höchstdauer unterliegen. Dass der Gesetzgeber bei Inkrafttreten des § 122 Abs. 3 SGB VI keine Veranlassung gesehen hat, eine entsprechende Ausnahme zu formulieren, obwohl in § 58 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI bereits damals eine entsprechende Höchstgrenze enthalten war, bestätigt die Annahme, dass die vorliegende Konstellation aus Sicht des Gesetzgebers keine planwidrige Regelungslücke darstellt, was für eine teleologische Reduktion entgegen des klaren Wortlauts zwingend erforderlich wäre (vgl. BSG, Beschluss vom 17.04.2012, B 13 R 347/10 B, juris Rn. 11, unter Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 26.09.2011, 2 BvR 2216/06). Auch die Entwicklung der Regelung über die Gesamtleistungsbewertung beitragsgeminderter Zeiten seit der bis zum 31.12.1995 geltenden Fassung des § 71 Abs. 2 Satz 1 SGB VI durch Art. 1 des RRG 1992 vom 18.12.1989 (BGBl. I 2261) mit mehrfachen Änderungen und Korrekturen gibt keinen Anlass zu der Annahme, der Gesetzgeber habe für bestimmte Konstellationen Abweichungen zulassen wollen. Insbesondere hat der Gesetzgeber auch die Tatsache, dass inzwischen nur noch bestimmte Ausbildungszeiten überhaupt eine Bewertung erfahren, nicht zum Anlass genommen, eine Korrektur der Regelungen in § 58 Abs. 1 Nr. 4, § 51 Abs. 3 SGB VI oder § 54 Abs. 1 SGB VI vorzunehmen.
3.
Soweit der Kläger unter Darlegung verschiedener Konstellationen geltend macht, er sehe eine Ungleichbehandlung zwischen der Gruppe der Studenten, die während des Studiums einer versicherungspflichtigen Tätigkeit nachgehen und derjenigen, die sich ausschließlich der Ausbildung widmen können, vermag der Senat einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) nicht zu erkennen. Die überspitzt dargestellten Biographien, die vor dem Hintergrund der Regelung in § 58 Abs. 4a SGB VI bereits wenig realistisch erscheinen, sind auch in der Sache nicht ausreichend vergleichbar. Tatsächlich betrifft die streitige Konstellation im Regelfall wie auch beim Kläger nur einzelne Überschneidungsmonate.
Schließlich ist dem Gesetzgeber auch vor dem Hintergrund des allgemeinen Gleichheitssatzes nicht jede Differenzierung verwehrt. Der Gleichheitssatz soll verhindern, dass eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen können (ständ. Rspr., BVerfG Beschluss vom 21.11.2001 - 1 BvL 19/93 - BVerfGE 104, 126 = SozR 3-8570 § 11 Nr 5 - juris Rn. 56). Er gilt dabei sowohl für ungleiche Belastungen als auch für ungleiche Begünstigungen (BVerfG, Beschluss vom 21.06.2011 - 1 BvR 2035/07 - BVerfGE 129, 49, 68 - juris Rn. 63 mwN). Differenzierungen bedürfen stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Differenzierungsziel und dem Maß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei ergeben sich je nach Regelungsgegenstand und Differenzierungsmerkmalen unterschiedliche Grenzen für den Gesetzgeber, die vom bloßen Willkürverbot bis hin zu strengen Verhältnismäßigkeitserfordernissen reichen. Insoweit gilt ein stufenloser Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (stRspr, vgl BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 - juris Rn. 121; BVerfG Beschluss vom 27.07.2016 - 1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr 15 - juris Rn. 69). Eine strenge Bindung des Gesetzgebers ist insbesondere dann anzunehmen, wenn die Differenzierung an Persönlichkeitsmerkmale anknüpft, wobei sich die verfassungsrechtlichen Anforderungen umso mehr verschärfen, je weniger die Merkmale für den Einzelnen verfügbar sind oder je mehr sie sich denen des Art 3 Abs. 3 GG annähern (stRspr, vgl BVerfG Urteil vom 17.12.2014 - 1 BvL 21/12 - BVerfGE 138, 136 - juris Rn. 122 mwN). Ein solches Merkmal ist das Lebensalter. Umgekehrt erweitern sich mit abnehmender Prüfungsstrenge die Gestaltungs- und Bewertungsspielräume des Gesetzgebers bei steigender "Typisierungstoleranz". Diese ist im Bereich der leistenden Massenverwaltung besonders groß (BVerfG Beschluss vom 27.7.2016 -
1 BvR 371/11 - BVerfGE 142, 353 = SozR 4-4200 § 9 Nr. 15 - juris Rn. 69 mwN). Diesem Bereich ist die Erbringung von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung zuzurechnen. Der Gesetzgeber ist - insbesondere bei Massenerscheinungen - auch befugt, zu generalisieren, zu typisieren und zu pauschalieren, ohne allein wegen damit verbundener Härten gegen den allgemeinen Gleichheitssatz zu verstoßen. Eine zulässige Typisierung setzt unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes freilich voraus, dass mit ihr verbundene Härten nur unter Schwierigkeiten vermeidbar wären, dass sie lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der Verstoß gegen den Gleichheitssatz nicht sehr intensiv ist. Die Gestaltungsfreiheit des Gesetzgebers ist im Übrigen bei bevorzugender Typisierung weiter gespannt als bei benachteiligender Typisierung (BVerfG, Beschluss vom 04.04.2001 - 2 BvL 7/98 - BVerfGE 103, 310, 319 - juris Rn. 42 mwN). Vorliegend gilt hinsichtlich der Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren beim Zusammentreffen von Anrechnungszeiten und Beitragszeiten danach grundsätzlich ein weiter Prüfungsmaßstab (BSG, Urteil vom 12.03.2019 - B 13 R 19/17 R - zur Anrechnung von Zeiten des Bezugs von Entgeltersatzleistungen der Arbeitsförderung auf die Wartezeit von 45 Jahren). Hinzukommt, soweit es um die Berücksichtigung von Anrechnungszeiten geht, dass diese - da ohne eigene Beitragsleistung erworben - überwiegend auf staatlicher Gewährung beruhen und somit bereits Ausdruck besonderer staatlicher Fürsorge sind (BVerfG, Beschluss vom 01.07.1981 - 1 BvR 874/77 -, BVerfGE 58, 81-136). Sie sind zwar Bestandteil der Rentenanwartschaft und unterliegen insoweit dem Bestandsschutz des Art. 14 Abs. 1 GG; es handelt sich jedoch um einen abgeleiteten Eigentumsschutz von geringerer Intensität. Es bleibt daher dem Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers überlassen, ob und inwieweit er diesen Ausgleich weitergewähren will (BSG, Urteil vom 19.04.2011 - B 13 R 27/10 R -, BSGE 108, 126-144). Selbst Eingriffe in Rentenanwartschaften wären zulässig, wenn sie einem Gemeinwohlzweck dienen und verhältnismäßig sind. Vorliegend durfte des Gesetzgeber danach in typisierender Weise davon absehen, eine von der Gesetzessystematik abweichenden Sonderregelung zu treffen, die in jedem Fall gewährleistet, dass auch über die Höchstdauer von 96 Monaten hinaus Ausbildungszeiten auf die Wartezeit von 35 Jahren anzurechnen sind.
Soweit der Kläger im konkreten Fall die Altersrente drei Monate später beanspruchen kann als es ein theoretischer Versicherter mit ebenfalls langjährigen Ausbildungszeiten könnte, in dessen Biographie keine Beitragszeiten mit Anrechnungszeiten in einem Monat zusammentreffen, ist dies Konsequenz der vom Gesetzgeber getroffenen Regelungen, ohne dass der Kläger hieraus eine Benachteiligung ableiten könnte. Die von ihm herausgearbeitete Differenzierung knüpft nicht an Persönlichkeitsmerkmale an, sondern verschiebt lediglich den Zeitpunkt des antragsabhängigen Rentenbeginns (§ 99 Abs. 1 SGB VI). Damit verbleibt den Versicherten die Möglichkeit, durch die Wahl des Zeitpunkts der Antragstellung und eines späteren Rentenbeginns Einfluss auf die Frage der Anrechnung bestimmter Kalendermonate zu nehmen (BSG, Urteil vom 12.03.2019, a.a.O.). Schließlich hat die Beklagter auch zu Recht darauf hingewiesen, dass der Kläger nach § 207 SGB VI bis zur Vollendung des 45. Lebensjahres bzw. bis zum 31.12.2004 die Möglichkeit hatte, für die Zeiten einer schulischen Ausbildung nach dem vollendeten 16. Lebensjahr, die etwa wegen Überschreitens der Höchstdauer nicht als Anrechnungszeiten berücksichtigt werden, freiwillige Beiträge nachzuzahlen (§ 207 SGB VI). Auch in den Jahren, in denen der Kläger aus anderen Gründen nicht rentenversicherungspflichtig war, so vom 01.06.2000 bis zum 31.12.2005, hätte er zur Erfüllung der Wartezeit freiwillige Beiträge zahlen können. Auch angesichts der Beitragslücke von über fünf Jahren ist nicht erkennbar, dass gerade die Nichtberücksichtigung der streitigen drei Kalendermonate oder etwa die Schwerbehinderung des Klägers dazu geführt haben, dass er die Altersrente nicht bereits zum 01.09.2016 beanspruchen konnte.
Das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1 i.V.m. Art. 28 Abs. 1 GG) ist ebenfalls nicht verletzt. Dieses begründet zwar die Pflicht des Staates, für eine gerechte soziale Ordnung Sorge zu tragen. Die Erfüllung dieser Pflicht obliegt jedoch der eigenverantwortlichen Gestaltung des Gesetzgebers. In diesem Zusammenhang hat das BSG zu Recht darauf hingewiesen, dass das Sozialstaatsprinzip nicht verletzt wird, selbst wenn durch eine Regelung im Einzelfall Unbilligkeiten auftreten, da es nicht der Korrektur jeglicher aus Sicht der Normadressaten hart oder unbillig erscheinenden Einzelregelungen dient (BSG, Urteil vom 19.04.2011 - B 13 R 29/10 R - juris Rn. 63).
Die Berufung bleibt daher ohne Erfolg.
Die Kostenentscheidung (§ 193 SGG) beruht auf dem Ausgang des Verfahrens.
Die Revision wird vor dem Hintergrund der abweichenden Kommentierung zur grundsätzlichen Klärung durch das Bundessozialgericht zugelassen (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG).