1. Keine Erstattung der Kosten von durch einen nichtärztlichen Behandler im Ausland erbrachten diagnostischen und therapeutischen Leistungen
2. Keine Erstattung der Kosten für Nahrungsergänzungsmittel
3. Bei einer bereits bestehenden beidseitigen Taubheit handelt es sich nicht um eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung i.S. von § 2 Abs.1a SGB V.
4. Das Gericht hat nicht ins Blaue zu ermitteln, ob eine bisher nicht benannte Erkrankung i.S. des § 2 Abs.1a SGB V vorgelegen haben könnte, für die eine dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Therapie nicht zur Verfügung gestanden haben könnte.
5. Zur Einhaltung des Arztvorbehalts und Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst im Rahmen des § 2 Abs.1a SGB V
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 12. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
T a t b e s t a n d :
Zwischen den Beteiligten ist die Erstattung von Kosten für Behandlungsmaßnahmen im Ausland streitig.
Der 2010 geborene Kläger und Berufungskläger ist bei der Beklagten krankenversichert. Er wurde am 18.02.2011 wegen eines Skaphozephalus ("Kahnschädel") bei Sagittalnahtsynostose operiert. Die Kinderärztin H., bei der der Kläger sich letztmalig am 02.03.2012 zum Impfen vorstellte, überwies den Kläger wegen des Verdachts auf eine Hörstörung an einen HNO-Facharzt (Befundbericht vom 15.08.2013). Der HNO-Arzt Dr. K., in dessen Behandlung der Kläger sich von Dezember 2011 bis März 2012 befand (Befundbericht vom 09.09.2013), empfahl bei V.a. kindliche Schwerhörigkeit eine Untersuchung in der HNO-Klinik des Universitätsklinikums R-Stadt. Dort wurde aufgrund eigener Untersuchungen im Dezember 2011 und Januar 2012 sowie der auswärts erhobenen Vorbefunde der dringende Verdacht auf eine beidseitige Taubheit gestellt. Die Eltern seien ausdrücklich über die Situation und die absehbare Notwendigkeit einer beidseitigen Cochlea Implantat (CI)-Versorgung informiert worden (vgl. Arztbrief vom 01.02.2012).
Ein Pädakustiker des Hörhauses R-Stadt teilte dem behandelnden HNO-Arzt mit Schreiben vom 29.03.2012 mit, die Mutter des Klägers habe sich an ihn gewendet, da eine CI-Versorgung anstehe. Die Eltern empfänden die Hörreaktionen nicht so schlecht und wünschten eine testweise Powerhörgeräteversorgung.
Am 22.05.2012 legten die Eltern bei der Beklagten laborärztliche Befundberichte u.a. eines Labors in Tschechien über im April 2012 vom Kläger entnommene Proben vor, die "befundabhängige Therapieempfehlungen" (orthomolekulare Therapie, Phytotherapie und Mikrobiologische Therapie) enthielten. Die Beklagte legte diese dem Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) zur Begutachtung vor, der in seiner Stellungnahme vom 23.05.2012 zu dem Ergebnis kam, es sei weder eine medizinische Indikation noch eine Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu erkennen. Für den therapeutischen Nutzen der orthomolekularen Therapie gebe es keinerlei seriöse Belege. Für die in der Therapieempfehlung genannten Produkte (Nahrungsergänzungsmittel, diätetische Lebensmittel oder nicht verschreibungspflichtige Arzneimittel) sei eine Leistungspflicht ausgeschlossen.
Am 01.06.2012 wurden der Beklagten zwei Rechnungen der Firma S., Tschechien (S.) vom 20.04.2012 in Höhe von insgesamt 3.778,- Euro vorgelegt. Mit Bescheid vom 11.06.2012 lehnte diese eine Kostenerstattung ab. Die Mutter des Klägers erhob Widerspruch und teilte mit, beim Kläger liege eine Immunschwäche vor, das Vertrauen zu deutschen Ärzten, die nur ein CI setzen wollten, sei zerstört. Die Ärzte im Ausland hätten diese Operation verboten. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 wurde der Widerspruch zurückgewiesen.
Das hiergegen beim Sozialgericht Regensburg (SG) geführte Klageverfahren wurde durch fiktive Klagerücknahme am 22.07.2014 erledigt (S 8 KR 470/12).
Bereits mit Email vom 10.04.2014 wandten sich die Eltern des Klägers erneut an die Beklagte und baten um Hilfe wegen des aus ihrer Sicht vorliegenden Impfschadens und um Erstattung der Kosten für zwei Rechnungen vom 20.04.2012 und 12.03.2013. Das Blutbild und die Immunschwäche hätten sich gebessert. Die Ärzte im Ausland vermuteten, dass der Kläger mit höchster Wahrscheinlichkeit von der Operation der Sagittalnahtsynostose eine Immunschwäche davongetragen haben müsse. Dadurch habe sich sein Körper nicht gegen die Impfstoffe wehren können. Die Eltern hätten über einen Bekannten von Dr. S. erfahren, der dort selbst in Behandlung gewesen und geheilt worden sei. Daraufhin hätten sie am 20.04.2012 in der Kinderklinik W-Stadt vom Kläger Blut abnehmen lassen und hätten dieses sowie Stuhl und Urin zu Dr. S. transportiert.
Mit Schreiben vom 09.03.2015 teilte die Beklagte mit, wie bereits im Gespräch am 23.02.2015 persönlich besprochen, dürfe sie für sog. "Außenseitermethoden" keine Kosten übernehmen. Die Beklagte bot erneut die Kostenübernahme für ein CI an.
Mit Schreiben vom 23.03.2015 teilte die Mutter des Klägers der Beklagten mit, ihr Sohn sei durch den Impfstoff Infanrix Hexa, Prevenar 13 gehörlos geworden. Von der Beklagten werde lediglich eine CI angeboten, die Ärzte könnten aber einen Erfolg nicht garantieren. Sie sehe keinen tatsächlichen Willen der Beklagten, ihrem impfgeschädigten Kind Hilfe anzubieten. Der Sohn habe nicht nur Probleme mit der Gehörlosigkeit, sondern auch Nierenschäden, Darmschäden, Neuroschäden, Stoffwechselentgleisungen und vieles mehr. Im Jahr 2014 seien drei Tumormarker erhöht gewesen. Sie beantrage für den Antrag auf Kostenzuschuss zu Nahrungsmitteln, Behandlungskosten, Laboruntersuchungen und Medikation einen rechtsmittelfähigen Bescheid. Mit Schreiben vom 14.08.2015 erbat die Mutter einen rechtsmittelfähigen Bescheid für die "EU Auslandsbehandlung".
Die Beklagte teilte mit Schreiben vom 24.08.2015 mit, eine Kostenübernahme für die Auslandsbehandlung in Tschechien sei weiterhin nicht möglich. Auf die Widerspruchsentscheidung vom 18.10.2012 und den Ausgang des unter dem Az. S 8 KR 470/12 geführten Verfahrens wurde Bezug genommen. Es handele sich um die gleiche Behandlung wie bereits im Jahr 2012. Die Rechtmäßigkeit der damaligen Entscheidung stelle sich nicht als falsch dar, so dass eine Aufhebung des Verwaltungsaktes nicht in Frage komme. Auf die zur Verfügung stehenden vertragsärztlichen Sachleistungen wurde verwiesen.
Mit Schreiben vom 26.08,2015, eingegangen am 01.09.2015, stellten die Eltern des Klägers einen Antrag auf Kostenübernahme für die "LIVPACUR Behandlung" für den Kläger sowie einen Antrag auf Kostenübernahme für eine weitergehende Behandlung durch Dr. S.. Beigelegt waren medizinische Unterlagen (u.a. eine Veröffentlichung "Notch Induced Cochlear hair cell regeneration and recovery of hearing after acoustic trauma") und eine Rechnung vom 28.01.2014 von Dr. S. über 5.900,- Euro ("Analysen nach VITROBIO" und "Produkte LIBPA").
Der MDK führte in seinem Gutachten vom 10.09.2015 aus, im Vordergrund stehe die im Alter von 1,5 Jahren diagnostizierte Taubheit, deren Ursache unklar bleibe. Die dringend empfohlene Versorgung mit einem CI sei abgelehnt worden. Die beantragte "LIVPACUR Behandlung" sei nicht definierbar. Soweit aus den diversen Berichten hervorgehe, seien beim Kläger größtenteils "Supplemente" und Präparate zum Einsatz gekommen, die entweder als Nahrungsergänzungsmittel oder diätetische Lebensmittel vertrieben würden. Die auf der Rechnung von Dr. S. vom 21.01.2014 aufgeführten "Produkte LIBPA" könnten überhaupt nicht zugeordnet werden. Die beantragten Behandlungsmaßnahmen im Ausland entsprächen nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse.
Unter Bezugnahme auf die Ausführungen des MDK lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 16.09.2015 die am 01.09.2015 beantragte Kostenübernahme ab. Die Behandlung in Deutschland sei sichergestellt.
Hiergegen erhoben die Eltern des Klägers am 06.10.2015 Widerspruch. Es gehe um die Übernahme der Kosten für die notwendige "LIVPACUR Behandlung" und die Weiterbehandlung bei Dr. S. (Leistungsantrag vom 26.08.2015). Die Beklagte solle sich bei den Behandlern Dr. S. und Prof. Dr. M. über die Behandlungsmethoden informieren, zu denen in Deutschland keine Alternativen bestünden. Die Beklagte bat Dr. S., die Behandlungs- und Therapiekonzepte - bezogen auf die Anwendung beim Kläger - an den Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) zu senden.
Am 12.11.2015 wurde für den Kläger ein Antrag auf Kostenübernahme "der Auslandsbehandlung in Prag und USA" gestellt unter Vorlage von vier "Rechnungen" über 4.200 Euro, 4.045 Euro, 5.330 Euro und 10.490 US$. Es handle sich um Kostenvoranschläge für das Jahr 2016. Die Mutter des Klägers teilte mit, der behandelnde Arzt, der auch die notwendigen Behandlungs-und Therapiekonzepte vorlegen könne, sei Prof. Dr. M. aus den USA. Die Beklagte forderte diesen mit Schreiben vom 26.11.2015 auf, Unterlagen an den GBA zu übermitteln.
Mit Widerspruchsbescheid vom 09.12.2015 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.09.2015 als unbegründet zurück. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs. 4 bis 6 SGB V für die in der Tschechischen Republik beschafften Leistungen sei ebenso wenig möglich wie eine Kostenerstattung nach § 18 SGB V für die in den Vereinigten Staaten beschafften Leistungen, da die beantragten Therapien nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Die Behandlung im Inland sei sichergestellt.
Hiergegen ist für den Kläger am 11.01.2016 Klage zum SG Regensburg erhoben worden. Weiter ist Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt worden (S 2 KR 221/16 ER). Im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens hat der MDK mit Stellungnahme vom 14.03.2016 ausgeführt, außer der beidseitigen Taubheit des Kindes bestünden keine fachärztlich gesicherten Diagnosen. Die beanspruchte Therapie sei wissenschaftlich nicht gesichert. Zur Livpacur-Therapie seien keine Informationen zu finden. Die Therapiepläne enthielten größtenteils Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel, die von der Leistungspflicht ausgeschlossen seien. Es sei nicht ersichtlich, dass es sich bei den Behandlern um Ärzte handle. Es könne aus sozialmedizinischer Sicht nicht empfohlen werden, die Kosten für die höchst fragwürdige Therapie zu übernehmen. Bei der aktuellen Befundlage ergebe sich kein Hinweis auf eine eventuelle Lebensbedrohlichkeit. In diesem Fall sei ohnehin die sofortige Einweisung in eine pädiatrische Fachklinik zu fordern. Der Kläger hat die Beschwerde gegen den Beschluss des SG vom 11.04.2016, mit dem der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt worden ist, am 14.07.2016 zurückgenommen (L 4 KR 177/16 B ER).
Im Klageverfahren ist vorgetragen worden, die Erkrankung des Klägers sei nicht auf den Hörschaden beschränkt. Es sind zahlreiche Unterlagen über die Ergebnisse der Laboruntersuchungen seit dem Jahr 2012 vorgelegt worden. Es ist auf ein Analysezertifikat des Unternehmens "V.B.", USA, über ein Präparat hingewiesen worden, das speziell entwickelt und dem Kläger injiziert worden sei. Die Ausführungen von Herrn S. seien als Behandlungspläne anzusehen. Es bestehe nach Auffassung des Klägers gem. § 27 Abs.1 Satz 1 SGB V ein Anspruch auf die selbstbeschafften Sachleistungen. In den festgestellten Abweichungen der Laborwerte des Klägers von den Normwerten sei der Nachweis von behandlungsbedürftigen Krankheiten zu sehen. Sein körperlicher Zustand habe sich durch die Behandlungen erheblich gebessert. Untersuchungsergebnisse einer HNO-Praxis in R-Stadt ergäben eine deutliche Besserung des Hörvermögens.
Im Erörterungstermin am 22.06.2017 hat die Mutter des Klägers ausgeführt, Dr. S. sei Biochemiker und Immunologe. Er führe den Titel eines Doktors der Naturwissenschaften und sei kein zugelassener Arzt. Er habe keine Diagnosen gestellt, sondern Laborwerte bestimmt, über deren Bedeutung aufgeklärt und Nahrungsergänzungsmittel empfohlen. Er habe seine Rechnungen unter der Firma S. gestellt. 2014 sei der Kläger "bluttechnisch im Reinen" gewesen. In einem weiteren Schritt sei es um die Reinigung der Zellen gegangen. Hierfür sei Prof. M., USA, empfohlen worden. Auch die Firma N. mit dem Spezialisten für Hörverlust P. S. sei eingeschaltet worden. Prof. M. habe ein Präparat zusammengestellt, das dem Kläger zunächst über ein viertel Jahr und seit November 2016 ständig injiziert werde. Untersuchungen und Behandlungen seien nicht von deutschen Vertragsärzten veranlasst worden. Dem Kläger gehe es jetzt viel besser, er sei nicht mehr hyperaktiv, verstehe, könne zählen und schreiben, sein Essverhalten sei gebessert, er sei glücklicher, zufriedener und schmerzfrei.
Am 30.08.2017 ist eine Übersicht der bisher entstandenen Kosten für Behandlungen und verordnete Nahrungsergänzungsmittel für die Jahre 2012 bis 2016 vorgelegt worden. Es ergab sich eine Gesamtsumme für Behandlungen in Höhe von 52.239,92 Euro und für Nahrungsergänzungsmittel in Höhe von 6.381,89 Euro, insgesamt von 58.621,81 Euro.
Der MDK hat in seiner Stellungnahme vom 19.09.2017 ausgeführt, die Befunde vom 05.05.2017 belegten, dass bei dem Kläger eine Taubheit beidseits bestehe. Nach Ausschluss eventueller Kontraindikationen wäre als einzige Therapieoption die beidseitige CI, zeitnah zur Ertaubung, sinnvoll gewesen. Inzwischen sei das Zeitfenster für eine mögliche Implantation jedoch schon fast geschlossen. Zum Bericht der V.B. hat er ausgeführt, es handle sich um eine patientenindividuell hergestellte Mischung aus Lithiumcarbonat (Psychopharmakon) mit organischen Säuren von Baldrian und gelbem Ingwer. Laut Herstellerbeschreibung solle das "Produkt" humane Stammzellen aktivieren. Das Präparat sei nicht zugelassen und nicht erstattungsfähig.
Die Beklagte hat weiter ausgeführt, die Voraussetzungen der Kostenerstattung für aus Tschechien bezogene Leistungen nach § 13 Abs.4 SGB V lägen nicht vor. Die in Rechnung gestellten klagegegenständlichen Leistungen des Dr. S. ließen weder ein Therapiekonzept erkennen noch liege ein Nachweis für eine wissenschaftliche medizinische Evidenz vor. Mangelns ärztlicher Diagnostik liege weder eine Behandlung noch ein zugelassenes Therapiekonzept vor. Nahrungsergänzungsmittel seien ohnehin von der Leistungspflicht in der GKV ausgeschlossen. Auch handle es sich nicht um einen zugelassenen Behandler. Dr. S. sei Doktor der Naturwissenschaften. Seinem eigenen Internetauftritt zufolge habe er 1979 ein Diplom als Chemieingenieur erworben und 1980 einen Bachelor in Naturwissenschaften an der Universität T.. Es liege weder ein Studium der Humanmedizin noch eine Zulassung als Arzt vor. Auch scheide eine Kostenübernahme nach § 18 SGB V aus. Mögliche Testungen, die in den USA durchgeführt worden seien, hätten auch in Deutschland durchgeführt werden können. Schon die Tatsache, dass keinerlei persönliche medizinische Untersuchung erfolgt sei, sondern Ergebnisse von Laboruntersuchungen ohne nachfolgende Diagnostik zu einer Empfehlung bezüglich bestimmter Nahrungsergänzungsmittel genutzt worden seien, spreche gegen die Anwendbarkeit des § 18 Abs.1 SGB V.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 12.10.2017 abgewiesen. Die Klage sei nicht begründet. Gegenstand der Klage seien verschiedene Entscheidungen der Beklagten über mehrere von den Eltern des Klägers gestellte Anträge auf Kostenerstattung bzw. Kostenübernahme. Es sei nicht zu beanstanden, dass die Beklagte diese Anträge mit dem Bescheid vom 09.03.2015 in der Fassung des Bescheides vom 24.08.2015 in der Fassung des Bescheides vom 16.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 abgelehnt habe. Ferner habe es die Beklagte mit Bescheid vom 24.08.2015 im Rahmen einer Überprüfung gem. § 44 SGB X zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom 11.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 aufzuheben.
Soweit Dr. S. eigene Leistungen in Rechnung gestellt habe bzw. soweit Laboreinrichtungen in der EU in Anspruch genommen worden sein, richte sich der Anspruch auf Kostenerstattung nach § 13 Abs.4 SGB V. Dr. S. sei nach eigenen Angaben als analytischer Biochemiker tätig. Er sei Chemieingenieur und Biologe und kein Humanmediziner. Daher sei er auch in der Tschechischen Republik nicht zur Versorgung von Versicherten berechtigt, so dass schon aus diesem Grunde eine Kostenerstattung für seine Leistungen ausscheide. Hinzu komme, dass die Kostenerstattung gem. § 13 Abs.4 SGB V für Leistungen, die in Mitgliedsstaaten der EU in Anspruch genommen würden, an den deutschen Leistungskatalog gebunden sei.
Im vorliegenden Fall sei bereits eine konkrete Leistungsbeschreibung nicht möglich. Die von der Beklagten im Widerspruchsverfahren geforderten Behandlungs- und Therapiekonzepte des Dr. S. hätten nicht vorgelegt werden können. Dies hätte seinen Grund darin, dass es bereits an der ärztlichen Feststellung der Krankheit bzw. der Krankheiten fehle, die mit den durch Dr. S. veranlassten Leistungen therapiert werden sollte(n). Die Leistungen der Krankenbehandlung gem. § 27 Abs.1 Satz 1 SGB V seien aber an der ärztlichen Feststellung einer Krankheit ausgerichtet. Erst dann könnten die einzelnen Leistungen von ärztlicher Seite erbracht bzw. veranlasst werden, wie etwa die Versorgung mit Arzneimitteln.
Vor der Inanspruchnahme von Leistungen durch Dr. S. und Dr. M. sei beim Kläger eine hochgradige Hörstörung festgestellt worden. Über Herrn Dr. S. seien zahlreiche laborärztliche Befunderhebungen erfolgt. Aus den Ergebnissen der Laborbefunde wiederum könne, etwa bei Überschreiten der hierfür medizinisch anerkannten Referenzwerte, nicht ohne weitere ärztliche Befunderhebung auf das Vorliegen einer bestimmten Krankheit geschlossen werden. Vor diesem Hintergrund erschließe sich nicht, welche konkrete(n) Krankheit(en) über die Hörstörung hinaus mit der Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln und Präparaten behandelt werden sollten.
Die subjektive Einschätzung der Eltern des Klägers über das Vorliegen bestimmter Krankheiten, wie sie etwa im Schreiben vom 23.03.2015 zum Ausdruck komme, vermöge die ärztliche Feststellung einer Krankheit nicht zu ersetzen. Selbst wenn die Hörstörung die zu behandelnde Krankheit sein sollte, fehle es im vorliegenden Fall an einer Behandlungsmethode, denn diese müsse eine auf einem theoretisch-wissenschaftlichen Konzept beruhende systematische Vorgehensweise bei der Behandlung einer Krankheit abbilden (vgl. BSG, SozR 3-2500 § 31 Nr. 5, S. 19). Die fehlende Erkennbarkeit eines methodischen Ansatzes könne auch nicht durch die Erbringung vereinzelter Leistungen, etwa durch Laborärzte, ersetzt werden. Durch die Einschaltung von Dr. S. fehle es insoweit ohnehin an der ärztlichen Veranlassung dieser Leistungen.
So wenig eine ärztliche Behandlung durch Dr. S. erfolgt sei bzw. erfolge, habe eine ärztliche Behandlung durch Dr. M. vorgelegen. Dieser sei geschäftsführend für die amerikanische Firma V.B. tätig. Der Kontakt zu dieser Firma sei von Dr. S. vermittelt worden. Von der Firma V.B. hätten die Eltern des Klägers Nahrungsergänzungsmittel und medizinische Präparate bezogen. Von Klägerseite werde dabei insbesondere auf ein speziell für den Kläger entwickeltes Präparat verwiesen, dessen Zusammensetzung in der Stellungnahme des MDK im Einzelnen dargelegt werde. Die Frage, ob die Kosten für dieses Präparat oder die aus den USA bezogenen Nahrungsergänzungsmittel zu erstatten bzw. für die Zukunft zu übernehmen seien, richte sich jedoch nicht nach § 18 SGB V.
In den USA sei zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Behandlung des Klägers erfolgt. Vielmehr sei von Herrn Dr. S. der Kontakt zur V.B. und dem dortigen CEO Dr. M. hergestellt und die Präparate, Nahrungsergänzungsmittel und diätetischen Lebensmittel von dort bezogen worden. Eine Kostenerstattung nach § 13 Abs.3 SGB V bzw. eine Kostenübernahme nach §§ 31, 34 SGB V scheide bereits wegen des Fehlens einer ärztlichen Verordnung aus. Allerdings handle es sich bei den verabreichten Produkten größtenteils um Nahrungsergänzungsmittel und diätetische Lebensmittel, die von der Leistungspflicht von vorneherein ausgeschlossen seien. Daran änderten auch Empfehlungen der Herren Dr. S. und Dr. M. nichts.
Der Kläger hat am 07.11.2017 Berufung beim Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er sei am 18.02.2011 wegen eines Kahnschädels operiert worden. Ansonsten sei er damals völlig gesund gewesen. Ca. 30 Tage nach der Operation seien turnusmäßig die vorgeschriebenen Impfungen durchgeführt worden. Bereits nach der ersten Impfung sei eine gewisse Verschlechterung des Gesundheitszustandes eingetreten. Nach der zweiten Impfung am 20.05.2011 sei eine drastische Verschlechterung des allgemeinen Befindens mit einer erheblichen Verschlechterung der Gehörleistung eingetreten. Die Eltern seien daher von einem Impfschaden ausgegangen. In der HNO-Klinik der Universität R-Stadt sei der dringende Verdacht auf eine beidseitige Taubheit geäußert worden. In der B. C. sei die Diagnose bestätigt worden. In R-Stadt sei eine beidseitige Versorgung mit CI vorgeschlagen worden. Es sei aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zugesichert worden, dass mit dieser Versorgung tatsächlich ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Die Eltern hätten sich auf Empfehlung an den Doktor der Naturwissenschaften S. aus der Tschechischen Republik gewandt, der nach eigenem Bekunden als analytischer Biochemiker arbeite. Dieser habe Laboruntersuchungen veranlasst und festgestellt, dass der Kläger unter einer Immunschwäche und Zellschäden leide. Auch Neuroschäden seien dokumentiert. Er habe deshalb verschiedene Nahrungsergänzungsmittel empfohlen und bezüglich der Taubheit die Entscheidung von Prof. Dr. M., Firma V.B., und Prof. Dr. S., N. USA, empfohlen. Für diese Behandlungen werde Erstattung der Kosten bis zum Behandlungsende 2018 begehrt. Es habe sich aufgrund der Behandlung nicht nur der allgemeine körperliche Zustand des Klägers erheblich verbessert, sondern auch dessen Gehör. Es habe sich bei der von Dr. S. vorgeschlagenen Behandlung um eine neue Behandlungsmethode gehandelt. Als einzige Behandlungsalternative habe die Versorgung mit CI zur Verfügung gestanden, die eine umfangreiche und mehrstündige Operation erforderlich gemacht hätte und deren Behandlungserfolg zumindest fraglich gewesen wäre. Dies wäre einem Kleinkind nicht zumutbar gewesen und hätte die übrigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht beseitigt. Die vorgeschlagene Behandlung sei eine Außenseitermethode; ein Arzt, der eine solche Therapie verordnen würde, müsse mit Regressforderungen rechnen. Die Verweigerung der Kostenübernahme stelle eine "Behandlungsverweigerung" dar. Bei Nichtbehandlung könnten die Beeinträchtigungen lebensbedrohliche Maße annehmen.
Nach Niederlegung des Mandats hat die neue Bevollmächtigte weiter ausgeführt, der Kläger habe mit ca. 6 Monaten begonnen, Babysprache zu sprechen. Nach Wiederholung der Impfungen sei er schwer erkrankt. Sein Verhalten habe sich geändert, er habe an Durchfall gelitten und an Gewicht abgenommen. Der erworbene Sprachschatz sei verschwunden. Im Alter von gut einem Jahr hätten die Eltern bemerkt, dass er auf Zurufe nicht mehr reagiert habe und sein Wortschatz sich nicht erweitert habe. Es sei im Januar 2012 ein Hörtest durchgeführt und eine totale Gehörlosigkeit festgestellt worden. In der C. in B-Stadt sei den Eltern erklärt worden, dass die Hörnerven des Klägers gut funktionierten und er bis vor kurzem noch ein normales Hörvermögen gehabt habe. Dr. S. habe durch Blutuntersuchungen einen erhöhten Aluminiumwert sowie ausgeprägte Schäden der Nieren und Darmimmunität, Immunschwäche und erhöhte Krebswerte festgestellt. Er habe den Eltern erklärt, dass eine durch Impfung ausgelöste Intoxikation und Zellschädigung vorliege, und habe ein individuelles immunologisches Behandlungskonzept erstellt. Die Blutwerte seien in ein Gleichgewicht gebracht, die Toxine aus dem Körper geleitet und eine spezielle Stammzellentherapie eingeleitet worden. Bereits zwei bis drei Monate später sei es dem Kläger besser gegangen. 2013 seien Nahrungsmitteltests durchgeführt worden. Nach Umstellung auf eine vegane Ernährung sei auch der Durchfall verschwunden. Im August 2016 sei dann mit einem zweiten Baustein der Behandlung begonnen worden. Es seien aus dem Blut des Klägers Stammzellen selektiert und in regelmäßigen Abständen verabreicht worden. Das Stammzellenpräparat (LIVPACUR) werde durch Prof. M., V.B., USA, und Dr. S., N., USA, hergestellt. Unter dieser Therapie habe sich das gesamte Verhalten des Klägers geändert, die autistischen Züge seien verschwunden. Eine Verbesserung der Hörfähigkeit auf 60 dB habe sich eingestellt. Die Erkrankung des Klägers beruhe auf einer Aluminiumintoxikation, ausgelöst durch das im Impfstoff Infanrix Hexa enthaltene Aluminiumhydroxid und -phosphat, das neurotoxisch sei. Es handle sich um ein sehr seltenes und individuell ausgeprägtes Krankheitsbild, für welches eine Behandlungsmethode nicht zur Verfügung gestanden habe. Der Nutzen der beim Kläger angewendeten Therapie habe die möglichen Risiken überwogen. Die Gehörschädigung des Klägers sei wertungsmäßig mit einer lebensbedrohlichen Krankheit vergleichbar. Aufgrund der Blutwerte sei ein lebensbedrohlicher Verlauf zu erwarten gewesen. Es habe eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestanden. Es bestehe daher auch ein Anspruch nach § 2 Abs.1a SGB V. Der Arztvorbehalt des § 15 SGB V stehe der Kostenübernahme nicht entgegen, da die verfahrensgegenständliche Behandlung in Deutschland und Europa von Ärzten nicht angeboten werde. Über den in räumlicher Nähe ansässigen Dr. S., der die Behandlung in Zusammenarbeit mit Prof. S. und Prof. M. in den USA durchgeführt habe, sei die Behandlung für den Kläger zugänglich gewesen. Es sei unzutreffend, dass es sich bei den verabreichten Substanzen nicht um Arzneimittel, sondern um Nahrungsergänzungsmittel handle. Insbesondere bei den hergestellten Stammzellpräparaten handle es sich um Arzneimittel gemäß der Definition des Arzneimittelgesetzes (AMG).
Für den Kläger wurde mit Schreiben vom 27.02.2020 die "gutachterliche Stellungnahme" der praktischen Ärztin, Naturheilverfahren, Dr. S.-L. vom 25.02.2019 übermittelt. Danach lägen bei dem Kläger folgende Diagnosen vor: Impfschaden, Taubheit, Autismus. Der Kläger sei als gesunder Säugling geboren worden. Aufgrund eines vorzeitigen Fontanellenverschlusses habe er operiert werden müssen, die Operation aber gut überstanden. Er habe Babysprache gesprochen. Fünf Wochen nach der Operation sei er geimpft worden und habe sehr auffällig mit hohem Fieber, Enteritis und Unruhe sowie Infektneigung reagiert. Bis 2012 seien weitere Impfungen erfolgt, dem Kläger sei es immer schlechter gegangen. In R-Stadt sei eine völlige Taubheit bis 100 dB festgestellt worden. Sie halte die durchgeführte gleichzeitige Impfung mit dem 6-fach Impfstoff und dem Pneumokokken-Impfstoff bei einem Säugling mit nicht ausgereiftem Immunsystem für unverantwortlich. Impfungen enthielten den Wirkverstärker Aluminium, der toxisch sei. Die bei Dr. S. geprüften Laborwert hätten als Hauptbefund eine massive Aluminiumintoxikation gezeigt. Bei dem Kläger sei eine Entgiftung durchgeführt worden, mit Probiotika sei der Darm stabilisiert worden. Auf Veranlassung von Dr. S. seien Stammzellen isoliert und dem Kläger als hochpotente Stammzellkonzentrate injiziert worden. Die Therapie habe zu einer Verbesserung insbesondere der Hörfunktion geführt. Es sei aus ärztlicher Sicht dringend medizinisch indiziert, die Taubheit als Impfschaden anzuerkennen und die hochwirksame Stammzelltherapie fortzusetzen. Die empfohlene CI komme nicht in Frage, da die dafür notwendige Verabreichung weiterer Impfungen nicht zumutbar sei und die Immunsuppression mit Antibiotika bei dem ohnehin immungeschwächten Kind absolut kontraindiziert sei.
Die Beklagte hat nochmals darauf hingewiesen, dass Dr. S. kein Humanmediziner und nicht zur Versorgung von Versicherten berechtigt sei. Es sei nicht erkennbar, welches Krankheitsbild behandelt werde, da lediglich Abweichungen von Laborparametern vorgetragen worden seien. Selbst wenn feststünde, dass eine Krankheit behandelt werden sollte, würde der Anspruch an § 135 SGB V scheitern, da bereits kein Behandlungskonzept zu erkennen sei. Im Übrigen fehle es an einer Empfehlung des GBA. Auch ein Anspruch nach § 2 Abs.1a SGB V sei nicht gegeben. Es liege bereits eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung nicht vor. Auch eine auf Indizien gestützte Behandlungsmethode sei nicht erkennbar.
Für den Kläger wurden Befunde von Dr. S. sowie Laborbefunde aus den Jahren 2012 bis 2018 vorgelegt, weiter der bereits vorgelegte Aufsatz zur Regeneration von Haarzellen, Informationen zur Firma V.B., Informationen der Firma zur Stammzellaktivierung, das Analysezertifikat vom 16.07.2014 sowie zwei Zertifikate zum Qualitätssicherungs-Management-System für den Zeitraum 06.06.2018 bis 05.12.2021.
In der mündlichen Verhandlung am 08.10.2020 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt, dass 2017 und 2018 keine weiteren Kosten angefallen seien, die geltend gemacht würden. Die Kosten für die Jahr 2012 bis 2014 seien bereits in der ersten Instanz beantragt worden, über diese habe das SG mitentschieden. Die Beklagte habe Klageabweisung beantragt, so dass eine Ablehnung durch die Beklagte bzw. eine Heilung des fehlenden Verwaltungsverfahrens eingetreten sei.
Die Prozessbevollmächtigte hat den Anspruch vor allem auf § 2 Abs.1a SGB V gestützt. Es habe eine lebensbedrohliche oder vergleichbar schwere Erkrankung vorgelegen. Als Alternative habe es im Fall des Klägers keine Standardtherapie gegeben. Ärztlicherseits sei bescheinigt, dass bei CI wegen der bestehenden Immunschwäche eine gesonderte Therapie erforderlich gewesen wäre. Ursache für die Taubheit des Klägers sei die Aluminiumintoxikation gewesen, die durch die Impfungen ausgelöst worden sei. Durch die Behandlung durch Dr. S. hätten sich die Aluminiumwerte im Blutbild deutlich gebessert. Es bestehe ferner eine Hörfähigkeit von 60 dB, eine Taubheit liege nicht mehr vor.
Die Beklagtenvertreterin hat den Anspruch nach § 2 Abs. 1a SGB V nicht gegeben gesehen, es fehle zum einen an der Lebensbedrohlichkeit bzw. an einer Vergleichbarkeit, zum anderen hätten Standardtherapien zur Verfügung gestanden. Nach ärztlicher Empfehlung sei dies die CI. Auch hinsichtlich eines eventuellen Zellschadens wäre eine medizinische Behandlung in Deutschland durch einen anerkannten Arzt möglich gewesen.
Die Prozessbevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2020 ein ärztliches Attest der Frau Dr. S.-L. vom 21.09.2020 übergeben. Danach seien beim Kläger aufgrund eines Impfschadens am 02.05.2012 umfangreiche Laboruntersuchungen durchgeführt worden, deren Auswertung eine schwere Aluminiumintoxikation, Schäden des Immunsystems, eine ausgeprägte Abwehrschwäche und Stoffwechselstörungen ergeben habe. Hauptbefund sei ein extrem erhöhter Wert von Aluminiumhydroxid im Serum als Ausdruck einer schweren lebensbedrohlichen Aluminium-Intoxikation gewesen. Laborkontrollen in den Jahren 2013 und 2015 hätten eine erhebliche Verbesserung der Blutwerte gezeigt.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers hat ferner vorgetragen, dass der Zellschaden in Deutschland nicht behandelt worden sei. Hierzu hat der Senat darauf verwiesen, dass diesbezüglich keine ärztliche Diagnose vorliege.
Die Mutter des Klägers hat den Behandlungsverlauf geschildert. Eine Behandlung oder ein Bluttest in Deutschland seien nicht durchgeführt worden, da man keinen Arzt oder Klinik gefunden habe, die einen entsprechenden Bluttest im Hinblick auf die Aluminiumwerte durchgeführt hätten. Der Senat hat hinsichtlich der Aluminiumwerte auf die E-Mail der Mutter des Klägers vom 01.09.2014 mit der Auswertung durch den Spezialisten Prof. E. hingewiesen. Dieser hatte mitgeteilt, der Serumwert sei zwar leicht erhöht, könne aber als normal eingeschätzt werden. Es gebe für Kinder nur wenige Vergleichsdaten. Die Prozessbevollmächtigte hat ausgeführt, es sei unklar, auf welches Datum sich die E-Mail beziehe und ob sich 2014 die Werte bereits verbessert hätten.
Auf die Niederschrift der Sitzung vom 08.10.2020 wird im Übrigen verwiesen.
Die Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,
1. das Urteil des Sozialgerichts Regensburg vom 12.10.2017 aufzuheben,
2. den "Bescheid" vom 09.03.2015 in der Fassung des "Bescheides" vom 24.08.2015 und den Bescheid vom 16.09.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.12.2015 aufzuheben,
3. die Beklagte zu verurteilen, den Bescheid vom 11.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 aufzuheben,
4. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger die Kosten, die für die Behandlung von Prof. M. und Dr. S. entstanden sind, sowie die Kosten für die Nahrungsergänzungsmittel und Arzneimittel im Zeitraum 2012 bis 2016 in Höhe von insgesamt 58.621,81 Euro zu erstatten.
Hilfsweise beantragt die Prozessbevollmächtigte des Klägers:
I.) Zum Beweis der Tatsache, dass beim Kläger eine durch Aluminiumintoxikation ausgelöste, sehr seltene systemische Erkrankung vorlag
1. die Vernehmung des Dr. S. als Zeugen und
2. die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen, desweiteren die Einholung einer Stellungnahme und Vernehmung von Dr. S. zu seinem angewendeten Therapiekonzept.
II.) Zum Beweis der Tatsache, dass es sich bei der systemischen Erkrankung des Klägers um ein sehr seltenes und individuell ausgeprägtes Krankheitsbild handelt, für welches eine Behandlungsmethode, die systematisch angewendet werden könnte, nicht zur Verfügung steht, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens von Amts wegen.
III.) Zum Beweis der Tatsache, dass die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme rechtfertigen, dass der Nutzen des beim Kläger angewendeten, individuell auf ihn abgestimmten Therapiekonzepts die möglichen Risiken überwog,
1. die Einholung einer Stellungnahme von Dr. S.
2. die Einholung einer Stellungnahme von Prof. S.
3. die Einholung einer Stellungnahme von Prof. M. und
4. die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
IV.) Zum Beweis der Tatsache, dass eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung des Klägers nicht zur Verfügung stand, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
V.) Zum Beweis der Tatsache, dass aufgrund der verfahrensgegenständlichen Behandlung eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung und auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand und dass die Behandlung auch eine messbare Verbesserung zur Folge hatte,
1. die Einholung einer Stellungnahme von Dr. S.
2. die Einholung einer Stellungnahme von Prof. S.
3. die Einholung einer Stellungnahme Prof. M.
4. die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
VI.) Zum Beweis der Tatsache, dass die verfahrensgegenständliche Behandlung in Deutschland, im angrenzenden Ausland und ganz Europa von Ärzten nicht angeboten wird und der Kläger keine Möglichkeit hatte, eine entsprechende ärztliche Behandlung in räumlich erreichbarer Nähe zu erhalten, die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Gerichtsakten der Verfahren S 8 KR 470/12 und S 2 KR 221/16 ER Bezug genommen.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben (§ 151 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Berufung ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Erstattung der geltend gemachten Kosten für den Zeitraum 2012 bis 2016 in Höhe von insgesamt 58.621,81 Euro für die durchgeführte Diagnostik und Behandlung nicht zu.
A.) Nicht Gegenstand des Verfahrens sind die Feststellung eines Impfschadens (§ 60 Infektionsschutzgesetz, IfSG) bzw. Ansprüche nach dem Bundesversorgungsgesetz. Die praktische Ärztin, Naturheilverfahren, Dr. S.-L., die für den Kläger eine "gutachterliche Stellungnahme" zu seinem Krankheitsverlauf vom 25.02.2019 erstellt hat, geht zwar offensichtlich vom Vorliegen eines Impfschadens aus, den sie in ihrer Stellungnahme als Diagnose aufführt. Der Verwaltungsakte der Beklagten ist diesbezüglich zu entnehmen, dass für den Kläger bereits im Jahr 2014 Ansprüche nach den Vorschriften des Bundesversorgungsgesetzes geltend gemacht worden sind, hierbei wurde die Familie durch die Behandlungsfehlerspezialisten der Beklagten unterstützt.
B.)
1.) Die Klage ist entgegen der Ausführungen des SG bereits unzulässig, soweit die Verurteilung der Beklagten zur Aufhebung des Bescheides vom 11.06.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.10.2012 beantragt worden ist (Antrag Ziffer 3).
Mit Bescheid vom 11.06.2012 hatte die Beklagte eine Kostenerstattung bezüglich der am 01.06.2012 vorgelegten zwei Rechnungen der Firma S. in Höhe von insgesamt 3.778,-Euro (vom 20.04.2012 über 2.228 Euro, vom 20.04.2012 über 1.550 Euro) abgelehnt. Mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2012 wurde der diesbezügliche Widerspruch zurückgewiesen. Die hiergegen am 12.11.2012 erhobene Klage, S 8 KR 470/12, wurde durch fiktive Klagerücknahme (§ 102 Abs.2 SGG) am 22.07.2014 erledigt. Damit ist der Ablehnungsbescheid bestandskräftig geworden.
Selbst wenn man in der E-Mail vom 10.04.2014, der eine der bereits eingereichten Rechnungen (20.04.2012, 2.228 Euro) beilag, oder in späteren Schreiben der Eltern mit der Bitte um Kostenübernahme einen Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X bezüglich des bestandskräftigen Ablehnungsbescheides sehen würde und im Schreiben der Beklagten vom 24.08.2015, in dem auch ausgeführt ist, es handele sich um die gleiche Behandlung und die gleichen Umstände wie bereits im Jahr 2012, die Rechtmäßigkeit der damaligen Entscheidung stelle sich nicht als falsch dar, so dass eine Aufhebung des Verwaltungsaktes nicht in Frage komme, es sei weder das Recht unrichtig angewandt, noch von einem Sachverhalt ausgegangen worden, der sich als unrichtig erwiesen habe, eine Entscheidung über diesen Überprüfungsantrag sehen würde, ist hiergegen nicht weiter vorgegangen worden. Ein Widerspruch gegen dieses Schreiben der Beklagten vom 24.08.2015 ist nicht erhoben worden. Auch dieser "Bescheid" wäre damit bestandskräftig. Der mit dem gegenständlichen Klageverfahren angegriffene Widerspruchsbescheid bezieht sich auch gerade nicht auf einen Widerspruch gegen dieses Schreiben. Ein Vorverfahren konnte damit offensichtlich nicht dadurch nachgeholt werden, dass im erstinstanzlichen Verfahren auf einen entsprechenden Klageantrag ein Abweisungsantrag der Beklagten gestellt worden ist und das Gericht die Klage insofern für zulässig erachtet hat.
2.) Soweit die Bevollmächtigte unter Ziffer 2 beantragt hat, den "Bescheid" vom 09.03.2015 in der Fassung des "Bescheides" vom 24.08.2015 aufzuheben, ist auch dieser Antrag unzulässig. Die Beklagte hatte mit Schreiben vom 09.03.2015 mitgeteilt, wie bereits persönlich besprochen dürfe sie für sog. "Außenseitermethoden" keine Kosten übernehmen. Mit Schreiben vom 24.08.2015 hatte sie mitgeteilt, eine Kostenübernahme für die Auslandsbehandlung in Tschechien sei weiterhin nicht möglich. Diese Informationsschreiben der Beklagten hatte die Mutter des Klägers offensichtlich nicht als "Bescheide" verstanden. Sie hat vielmehr mit Schreiben vom 23.03.2015 und 14.08.2015 um einen rechtsmittelfähigen Bescheid für die EU Auslandsbehandlung ihres Sohnes gebeten und am 01.09.2015 einen neuen Kostenübernahmeantrag gestellt und hierbei eine Rechnung von Dr. S. vom 28.01.2014 beigelegt. Selbst wenn man jedoch davon ausgehen würde, dass es sich diesbezüglich um Bescheide handelte, ist hiergegen kein Widerspruch erhoben worden. Die "Bescheide" wären damit bestandskräftig.
3.) Die Klage ist weiter unzulässig, soweit sie sich auf die weiteren Rechnungen aus den Jahren 2012 und 2013 bezieht. Bezüglich dieser Rechnungen ist ein Verwaltungsverfahren nicht durchgeführt worden.
4.) Zulässig ist damit lediglich die Klage gegen den Widerspruchsbescheid vom 09.12.2015, mit dem die Beklagte über den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 16.09.2015 entschieden hat (Antrag Ziffer 2, 2. Teil). Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 16.09.2015 über den Antrag des Klägers vom 01.09.2015 (Schreiben vom 26.08.2015) auf Kostenübernahme für die "LIVPACUR Behandlung" sowie für eine weitergehende Behandlung durch Dr. S., dem eine Rechnung vom 28.01.2014 über 5.900,- Euro beilag, entschieden. Die Eltern des Klägers hatten am 06.10.2015 Widerspruch erhoben und mitgeteilt, es gehe um die Übernahme der Kosten für die notwendige "LIVPACUR Behandlung" und die Weiterbehandlung bei Dr. S. (Leistungsantrag vom 26.08.2015).
C.)
Ein Anspruch auf die mit Schreiben vom 26.08.2015 beantragte Erstattung bzw. Übernahme der Kosten von diagnostischen und Behandlungs-Maßnahmen besteht nicht.
1.) Als Anspruchsgrundlage für die Erstattung der Kosten für die Behandlung durch Dr. S., Tschechien, kommt § 13 Abs.4 SGB V in Betracht. Danach sind Versicherte berechtigt, auch Leistungserbringer in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union, einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz anstelle der Sach- oder Dienstleistung im Wege der Kostenerstattung in Anspruch zu nehmen, es sei denn, Behandlungen für diesen Personenkreis im anderen Staat sind auf der Grundlage eines Pauschbetrages zu erstatten oder unterliegen auf Grund eines vereinbarten Erstattungsverzichts nicht der Erstattung. Es dürfen nur solche Leistungserbringer in Anspruch genommen werden, bei denen die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind oder die im jeweiligen nationalen System der Krankenversicherung des Aufenthaltsstaates zur Versorgung der Versicherten berechtigt sind. Der Anspruch auf Erstattung besteht höchstens in Höhe der Vergütung, die die Krankenkasse bei Erbringung als Sachleistung im Inland zu tragen hätte.
Mit dem SG geht der Senat davon aus, dass vorliegend die Voraussetzungen einer Kostenerstattung nach § 13 Abs.4 SGB V nicht erfüllt sind. Auf die Ausführungen des SG wird verwiesen (§ 153 Abs. 2 SGG).
Ein Anspruch scheitert bereits daran, dass dieser - ebenso wie § 13 Abs.3 Satz 1 SGB V - einen konkreten Sach- oder Dienstleistungsanspruch (Primäranspruch) zur Grundvoraussetzung hat. Das wird im Wortlaut des Satzes 1 durch die Formulierung "anstelle" verdeutlicht. Ein Kostenerstattungsanspruch reicht nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbst beschaffte Behandlung zu den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben. Ein Anspruch scheitert weiter daran, dass nach Satz 2 des § 13 Abs.4 SGB V aus Gründen des Gesundheitsschutzes nur qualifizierte ausländische Leistungserbringer in Anspruch genommen werden. Die erforderliche Qualifikation sieht der Gesetzgeber als gegeben an, wenn der Leistungserbringer im Aufenthaltsstaat zugelassen ist oder wenn der Versicherte Angehörige eines Berufsstandes in Anspruch nimmt, für den die Bedingungen des Zugangs und der Ausübung des Berufes Gegenstand einer Richtlinie der Europäischen Gemeinschaft sind.
a.) Eine Erstattung der Kosten der von Dr. S. erbrachten Leistungen kommt danach bereits deshalb nicht in Betracht, weil es sich bei ihm unstreitig nicht um einen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt handelt. Vielmehr ist Dr. S. Biochemiker, seine Leistungen werden über ein Labor abgerechnet.
Versicherte haben gemäß § 27 Abs.1 SGB V Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Die Krankenbehandlung umfasst nach § 27 Abs.1 S.2 Nr.1 SGB V die ärztliche Behandlung einschließlich Psychotherapie als ärztliche und psychotherapeutische Behandlung. Ärztliche Behandlung wird nach § 15 Abs.1 SGB V von Ärzten erbracht. Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt angeordnet und von ihm verantwortet werden.
Zwingende Voraussetzung ärztlicher Krankenbehandlung als ein zentraler Bestandteil des Leistungskataloges der GKV ist, dass der Behandler Arzt im berufsrechtlichen Sinn ist. Der in den §§ 15 Abs.1 und 27 Abs.1 SGB V geregelte Arztvorbehalt beinhaltet einen generellen Ausschluss nichtärztlicher Heilbehandler von der nicht ärztlich angeleiteten selbständigen und eigenverantwortlichen Behandlung der Versicherten der GKV (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.2016, B 1 KR 4/16 R; Urteil vom 18.12.2018, B 1 KR 34/17 R). Bezogen auf eine Heilpraktikerbehandlung hat auch das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) entschieden, dass ein verfassungsrechtlicher Anspruch Versicherter aus Art. 2 Abs.2 S.1 Grundgesetz (GG) darauf, dass ein bestimmter im SGB V nicht vorgesehener Leistungserbringer im Rahmen der GKV tätig werden darf, nicht gegeben ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 15.12.1997, 1 BvR 1953/97). Dr. S. ist nach dem Vortrag der Klägerseite Biochemiker und Immunologe. Er führt den Titel eines Doktors der Naturwissenschaften und ist kein zugelassener Arzt.
Auch ein Hinweis auf ein Systemversagen im Sinne einer Versorgungslücke bezüglich der Behandlung des Klägers ist nicht ersichtlich. Vorliegend haben die Eltern des Klägers Dr. S. nicht etwa deshalb in Anspruch genommen, weil ein anderer Behandler nicht zur Verfügung stand. Sie haben sich vielmehr bewusst gegen die unter anderem von den Ärzten der HNO-Klinik des Universitätsklinikums R-Stadt empfohlene Behandlung entschieden und eine vertragsärztliche Behandlung nicht fortgeführt, sondern gezielt den Biochemiker in Tschechien aufgesucht und eine nicht ärztlich angeordnete, nichtärztliche Behandlung in Anspruch genommen. Die Mutter hat diesbezüglich ausgeführt, sie habe das Vertrauen zu den deutschen Ärzten verloren, die nur eine CI-Behandlung hätten durchführen wollen. Die Eltern hätten über einen Bekannten von dem Biochemiker in Tschechien erfahren, der dort selbst in Behandlung gewesen und geheilt worden sei.
Ein Anspruch auf Krankenbehandlung nach § 27 Abs.1 SGB V umfasst aber nach dem klaren Wortlaut der Regelung lediglich eine "ärztliche Behandlung". Nicht anerkannte Behandlungsmaßnahmen von Biochemikern sind damit grundsätzlich nicht erfasst. Der MDK hat zu den Behandlungsmaßnahmen mehrfach ausgeführt, es handle sich um höchst fragwürdige Therapien, die nicht dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprächen. Von Klägerseite ist insofern vorgetragen worden, es handle sich bei der Behandlungsmaßnahme um eine Außenseitermethode; ein Arzt, der eine solche Therapie durchführen würde, müsse mit Regressforderungen rechnen. Dem hilfsweise gestellten Beweisantrag der Prozessbevollmächtigten auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die verfahrensgegenständliche Behandlung in Deutschland, im angrenzenden Ausland und in ganz Europa von Ärzten nicht angeboten werde und der Kläger keine Möglichkeit hatte, entsprechende ärztliche Behandlungen in räumlicher Nähe zu erhalten (Antrag VI.), war daher nicht zu entsprechen, weil diese Frage nicht entscheidungserheblich war.
b.) Auch eine Kostenerstattung für erbrachte Laboruntersuchungen ist bereits deshalb ausgeschlossen, weil die Laboruntersuchungen nicht von einem zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Arzt veranlasst worden sind. Die Mutter des Klägers hatte insofern im Erörterungstermin beim SG vorgetragen, Untersuchungen seien nicht von deutschen Vertragsärzten veranlasst worden. Es fehlt damit bereits an der Beauftragung durch einen zugelassenen Leistungserbringer. Die Laboruntersuchungen sind auch nicht mit der Kassenärztlichen Vereinigung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung abgerechnet, sondern sie sind dem Kläger über Dr. S. und die S. privat in Rechnung gestellt worden.
c.) Die Erstattung von Kosten für Nahrungsergänzungsmittel ist nach den gesetzlichen Regelungen des SGB V ausgeschlossen. Die Krankenbehandlung nach § 27 Abs.1 SGB V umfasst auch die Versorgung mit Arzneimitteln (§ 27 Abs.1 S.2 Nr.3 SGB V). Nach § 31 Abs.1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln, soweit die Arzneimittel nicht nach § 34 SGB V oder durch Richtlinien nach § 92 Abs.1 Satz 2 Nr.6 SGB V ausgeschlossen sind. In der Richtlinie des GBA über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung (Arzneimittel-Richtlinie, AMRL) sind unter anderem die Grundlagen zum Umfang und die Grenzen des Leistungsanspruchs geregelt. Nach § 6 AMRL sind Lebensmittel, Nahrungsergänzungsmittel, sog. Krankenkost, diätetische Lebensmittel, einschließlich Produkte für Säuglinge und Kleinkinder, von der Versorgung nach § 27 SGB V ausgeschlossen. Eine Ausnahme ist lediglich für bilanzierte Diäten zur enteralen Ernährung geregelt, wenn eine diätetische Intervention mit bilanzierten Diäten medizinisch notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich ist. Weitere Ausnahmen sind nicht vorgesehen. Damit kommt eine Kostenerstattung für einen Großteil der aufgeführten Präparate bereits aus diesem Grund von vornherein nicht in Betracht. Denn hierbei handelt es sich auch nach den eigenen Ausführungen des Klägers um Nahrungsergänzungsmittel.
Auch ein Anspruch auf Erstattung von Kosten der von der Prozessbevollmächtigten angeführten Präparate der Firma V.B., bei denen es sich nicht um Nahrungsergänzungsmittel handle, ist ausgeschlossen. Versicherte erhalten grundsätzlich die krankheitsbedingt notwendigen, nicht der Eigenverantwortung (§ 2 Abs.1 S.1 SGB V) unterliegenden Arzneimittel aus dem Leistungskatalog der GKV aufgrund vertragsärztlicher Verordnung. Nicht von der Leistungspflicht der GKV umfasst sind mangels Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit (§§ 2 Abs.1 S.1, 12 Abs.1 SGB V) Fertigarzneimittel, wenn ihnen die erforderliche (§ 21 Abs.1 AMG) arzneimittelrechtliche Zulassung fehlt (st. Rspr. des BSG, vgl. Urteil vom 26.09.2006, B 1 KR 1/06 R). Eine arzneimittelrechtliche Zulassung in Deutschland oder der EU lag für die im streitgegenständlichen Zeitraum für den Kläger bezogenen Präparate offensichtlich nicht vor. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Zertifikate zum Qualitätssicherungs-Management-System für den Zeitraum Juni 2018 bis Dezember 2021 können die erforderliche Zulassung einzelner Präparate keinesfalls ersetzen. Auch wenn es sich bei den Präparaten um Rezepturarzneimittel handeln würde, was den im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Analysezertifikaten bereits nicht zu entnehmen ist, würde eine Leistungspflicht der GKV bereits daran scheitern, dass der Herstellung eine vertragsärztliche Arzneiverordnung, in der auch die Zusammensetzung der Rezeptur anzugeben wäre, nicht zugrunde lag. Damit kann offen bleiben, ob die von der Firma V.B. hergestellten Präparate zu Lasten der GKV verordnungsfähige Substanzen enthalten und ob eine nach § 13 AMG erforderliche Herstellungserlaubnis vorliegt.
2.) Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die in den USA von Prof. M. erbrachten Leistungen besteht nicht. Ein Anspruch kann bereits nicht auf § 18 Abs.1 SGB V gestützt werden. Danach kann die Krankenkasse die Kosten der erforderlichen Behandlung ganz oder teilweise übernehmen, wenn eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Behandlung einer Krankheit nur außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum möglich ist. Vorliegend ist aber weder eine Behandlung außerhalb des Geltungsbereichs des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft und des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum erfolgt noch entsprachen die Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse. Ärztliche Behandlungen in den USA sind vorliegend nicht erfolgt, Prof. M. ist im Übrigen auch kein Arzt. Vielmehr sind auf Betreiben von Dr. S. von der Firma V.B., deren Geschäftsführer Prof. M. ist, Präparate hergestellt worden, die gegenüber dem Kläger von Dr. S. abgerechnet worden sind. Die von der Firma V.B. für Dr. S. hergestellten "Supplemente" sind auch nicht von der Leistungspflicht der GKV nach § 31 Abs.1 Satz 1 SGB V umfasst. Soweit es sich dabei - wie man dem im Berufungsverfahren vorgelegten Merkblatt zur Stammzellenaktivierungstherapie entnehmen kann - um Nahrungsergänzungsmittel handelt, gilt das oben Dargestellte. Bezüglich etwaiger Arzneimittel liegt eine vertragsärztliche Verordnung nicht vor. Im Übrigen ist eine Stammzelltherapie bzw. eine "Stammzellenaktivierungstherapie" - wie sie nach den Ausführungen von Dr. S.-L., den vorgelegten Unterlagen von Prof. M. und dem mehrfach vorgelegten Artikel über die Regeneration von Haarzellen vorliegend zur Behandlung der Taubheit gedacht ist - weder von den den Kläger zunächst behandelnden Vertragsärzten empfohlen und verordnet worden, noch handelt es sich nach den Ausführungen des MDK um eine dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechende Therapiealternative für die Behandlung der Taubheit des Klägers.
3.) Die beim Kläger durchgeführte Behandlung kann auch nicht nach Maßgabe der grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungskatalogs bzw. nach dem seit 01.01.2012 geltenden § 2 Abs.1a SGB V erbracht werden.
Das BVerfG hat in seinem Beschluss vom 06.12.2005 dargelegt, dass es mit den Grundrechten aus Art. 2 Abs.1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip und aus Art. 2 Abs.2 S.1 GG nicht vereinbar ist, einen gesetzlich Krankenversicherten, für dessen lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, von der Leistung einer von ihm gewählten, ärztlich angewandten Behandlungsmethode auszuschließen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
Unter Zugrundelegung dieser Entscheidung hat das BSG (B 1 KR 7/05 R, B 1 KR 24/06 R) näher ausgeführt, dass eine Leistungsverweigerung der Krankenkasse unter Berufung darauf, eine neue ärztliche Behandlungsmethode sei im Rahmen der GKV ausgeschlossen, weil der zuständige Bundesausschuss diese noch nicht anerkannt oder sie sich zumindest in Praxis und medizinischer Fachdiskussion noch nicht durchgesetzt hat, nach dieser Rechtsprechung des BVerfG gegen das Grundgesetz verstößt, wenn folgende drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:
* Es liegt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende Erkrankung vor.
* Bezüglich dieser Krankheit steht eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung.
* Bezüglich der beim Versicherten ärztlich angewandten (nicht allgemein anerkannten) Behandlungsmethode besteht eine "auf Indizien gestützte", nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf.
Diese Rechtsprechung hat der Gesetzgeber mit der Einfügung von § 2 Abs.1a SGB V, umgesetzt. Danach können Versicherte mit einer lebensbedrohlichen oder regelmäßig tödlichen Erkrankung oder mit einer zumindest wertungsmäßig vergleichbaren Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, eine von § 2 Abs.1 S.3 SGB V abweichende Leistung beanspruchen, wenn eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht.
a.) Bei dem Kläger lag im streitgegenständlichen Zeitraum bereits keine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung vor. "Lebensbedrohlich oder regelmäßig tödlich" beschreibt eine extreme Situation. Gemeint ist eine notstandsähnliche Lage mit einer sehr begrenzten Lebensdauer, z.B. bei palliativmedikamentöser Behandlung eine statistisch verbleibende Lebenserwartung von neun bis fünfzehn Monaten. Wertungsmäßig damit vergleichbar ist der wahrscheinlich drohende Verlust eines wichtigen Sinnesorgans oder einer herausgehobenen körperlichen Funktion innerhalb eines kürzeren überschaubaren Zeitraums. Die Behandlung einer bereits bestehenden beidseitigen Taubheit ist damit nicht wertungsmäßig vergleichbar. Es besteht keine notstandsähnliche Situation im Sinne der Rechtsprechung.
Wie das SG geht auch der Senat davon aus, dass beim Kläger die Diagnose einer hochgradigen Hörstörung beidseits vorlag. Diese ist auch nach den zahlreichen Stellungnahmen des MDK die im Vordergrund stehende und einzig fachärztlich gesicherte Diagnose. Weitere Diagnosen sind - worauf auch der MDK in seinen Stellungnahmen mehrfach hingewiesen hat - zum Zeitpunkt der Behandlung von ärztlicher Seite nicht gestellt worden. Weder ergeben sich weitere - lebensbedrohliche - Diagnosen aus den Befundberichten der Kinderärztin, bei der der Kläger bis März 2012 in Behandlung war, noch aus den Befundberichten des behandelnden HNO-Arztes oder der HNO-Klinik des Universitätsklinikums R-Stadt. Die Mutter hat sich wegen dieser hochgradigen Hörstörung an Dr. S. gewandt, weil sie nach ihren Ausführungen das Vertrauen zu den deutschen Ärzten verloren hatte. Die Behandlung durch den Biochemiker Dr. S. erfolgte allein auf der Grundlage von durchgeführten umfangreichen Laboruntersuchungen. Die Mutter des Klägers hat hierzu ausgeführt, Dr. S. habe keine Diagnosen gestellt, er habe ausschließlich Laborwerte bestimmt und über deren Bedeutung aufgeklärt. Die Eltern des Klägers haben im Verwaltungsverfahren aus ihrer Sicht vorgetragen, beim Kläger lägen eine Immunschwäche und ein Impfschaden vor, die Ursache der Hörschädigung seien. Es liege überdies eine Schädigung der Nieren, des Darms, ein Neuroschaden, eine Zellschädigung und Stoffwechselstörung vor. Dies lasse sich den Abweichungen der Labordaten entnehmen. Dass ihr Kind lebensbedrohlich erkrankt sei, haben sie im Verwaltungsverfahren weder vorgetragen noch ist eine entsprechende Behandlung bei einem Vertragsarzt oder in einer Kinderklinik erfolgt.
Soweit von Klägerseite erstmals im Berufungsverfahren das Vorliegen einer lebensbedrohlichen Erkrankung geltend gemacht wird, ist eine solche zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung nicht diagnostiziert worden. Insbesondere hat der Behandler selbst eine solche nicht benannt. Auch die im Berufungsverfahren vorgelegte "gutachterliche Stellungnahme" der praktischen Ärztin, Naturheilverfahren, Dr. S.-L., zum Krankheitsverlauf des Klägers vom 25.02.2019 beschreibt keine lebensbedrohliche Erkrankung. Vielmehr sind als Diagnosen aufgeführt: Impfschaden, Taubheit, Autismus. Die Ärztin sieht aus medizinischer Sicht als dringend erforderlich an, die Taubheit als Impfschaden anzuerkennen und die Stammzelltherapie zur Verbesserung der Hörfunktion fortzusetzen. Sie beschreibt damit offensichtlich die aus ihrer Sicht erforderliche Behandlung der hochgradigen Hörstörung, nicht aber einer lebensbedrohlichen Erkrankung.
Erstmals in der mündlichen Verhandlung am 08.10.2020 ist ein ärztliches Attest der Dr. S.-L. vom 21.09.2020 übergeben worden, wonach beim Kläger aufgrund eines Impfschadens ein extrem erhöhter Wert von Aluminiumhydroxid im Serum als Ausdruck einer schweren lebensbedrohlichen Aluminium-Intoxikation vorgelegen habe. Laborkontrollen 2013 und 2015 hätten eine erhebliche Verbesserung der Blutwerte gezeigt.
Weiter sind Schäden des Immunsystems, eine ausgeprägte Abwehrschwäche und Stoffwechselstörungen beschrieben. Eine damit erstmalig ins Feld geführte lebensbedrohliche Aluminiumintoxikation ist aber zu keinem Zeitpunkt im Rahmen der Behandlung beschrieben worden. Zwar hat Dr. S. in seinen Laborbefunden festgestellt, dass die Aluminiumwerte aus seiner Sicht stark erhöht seien, dies sei ein Schlüsselfaktor für die Erkrankung des Klägers. Von einer Intoxikation hat er aber zu keinem Zeitpunkt berichtet. Vielmehr hat sich seine Therapie auf Behandlungspläne mit einer Vielzahl von Nahrungsergänzungsmitteln über einen Zeitraum von 180 Tagen beschränkt, nach diesem Zeitraum von einem halben Jahr sollte eine Laborkontrolle erfolgen. Er hat weiter beschrieben, dass die Aluminiumwerterhöhung nach einem Jahr der Behandlung mit Präparaten behoben gewesen sei. Zum Zeitpunkt der hier streitigen Behandlungen in den Jahren 2014 bis 2016 waren die Aluminiumwerte also auch nach den Ausführungen des Behandlers und den eigenen Ausführungen der Klägerseite (Kläger war "bluttechnisch im Reinen") wieder im Normbereich. Eine lebensbedrohliche Aluminiumintoxikation stand nicht im Raum.
Soweit die Prozessbevollmächtigte hilfsweise zum Beweis der Tatsache, dass beim Kläger eine durch eine Aluminiumintoxikation ausgelöste sehr seltene systemische Erkrankung und damit ein sehr seltenes und individuell ausgeprägtes Krankheitsbild vorliege, für welches eine systematisch anwendbare Behandlungsmethode nicht zur Verfügung stehe, die Vernehmung von Dr. S. als Zeugen (Antrag I.) und die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens (Antrag I. und II.) beantragt hat, war diesen Beweisanträgen nicht zu folgen. Dr. S. war bereits deshalb nicht zum Vorliegen von Diagnosen zu befragen, weil es sich bei ihm nicht um einen Arzt handelt und er auch nach den Ausführungen der Klägerseite Diagnosen nicht gestellt hat. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens war nicht notwendig. Das Gericht hat keinesfalls ins Blaue zu ermitteln, ob bei dem Kläger in den Jahren 2014 bis 2016 bisher nicht benannte weitere systemische Erkrankungen vorgelegen haben könnten, für die eine dem wissenschaftlichen Standard entsprechende Therapie nicht zur Verfügung gestanden haben könnte. Nachdem es sich bei dem Behandlungsplan des Dr. S. auch nicht um ein ärztliches Therapiekonzept handelt, war er auch nicht zu diesem Therapiekonzept zu vernehmen.
b.) Im Übrigen stand für den Kläger eine allgemein anerkannte, medizinischem Standard entsprechende Behandlung zur Verfügung: So hat die HNO-Klinik des Universitätsklinikums R-Stadt die Eltern des Klägers ausdrücklich über die Situation und die absehbare Notwendigkeit einer beidseitigen CI-Versorgung informiert (vgl. Arztbrief vom 01.02.2012). Der MDK hat in seinen Gutachten und Stellungnahmen mehrfach darauf hingewiesen, dass eine CI beim Kläger indiziert und möglich gewesen wäre. Die CI-Versorgung erfolgte lediglich deshalb nicht, weil die Eltern des Klägers eine Operation ablehnten. Sie hatten diesbezüglich mitgeteilt, das Vertrauen zu deutschen Ärzten sei zerstört, diese befürworteten alleine eine CI-Versorgung. Man habe in R-Stadt eine beidseitige Versorgung mit CI vorgeschlagen, es sei aber nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zugesichert worden, dass mit dieser Versorgung ein Behandlungserfolg erzielt werden könne. Eine solche Operation ist - entgegen der Ansicht des vormaligen Prozessbevollmächtigten - wie der MDK nachvollziehbar ausgeführt hat, gerade auch einem Kleinkind zumutbar. Etwaige Kontraindikationen sind von den behandelnden HNO-Ärzten und den Gutachtern des MDK nicht aufgeführt worden. Auch die Ausführungen von Dr. S.-L. in der gutachterlichen Stellungnahme vom 25.02.2019 zeigen gerade keine Kontraindikation gegen eine CI-Versorgung auf. Vielmehr führt diese lediglich aus, dafür notwendige weitere Impfungen seien nicht zumutbar und eine Immunsuppression sei kontraindiziert.
Auch diesbezüglich waren bei der klaren Sachlage weitere Ermittlungen von Amts nicht erforderlich (Antrag IV.). Es war auch nicht erforderlich zu ermitteln, ob die verfügbaren wissenschaftlichen Erkenntnisse die Annahme rechtfertigten, dass der Nutzen des beim Kläger angewendeten, individuell auf ihn abgestimmten - nicht ärztlichen und nicht ärztlich verantworteten - Therapiekonzepts die möglichen Risiken überwog (Antrag III.). Stellungnahmen von dem Biochemiker Dr. S. und den von Dr. S. bezüglich der Taubheit hinzugezogenen Prof. S. und Prof. M., Geschäftsführer der Firma V.B., bei denen es sich nicht um Ärzte handelt, waren nicht erforderlich. Auch ein diesbezügliches Sachverständigengutachten war nicht einzuholen.
c.) Es konnte, nachdem bereits eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Leistung nicht zur Verfügung steht, nicht vorlag, offen bleiben, ob eine nicht ganz entfernt liegende Aussicht auf Heilung oder auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestand. Damit war auch dem Beweisantrag Nr. V nicht zu entsprechen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass eine grundrechtsorientierte Auslegung nach der Rechtsprechung des BSG nicht dazu führen darf, dass unabhängig von wissenschaftlichen Maßstäben allein die entfernte Hoffnung auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf zu einer Kostenerstattung zwingt. Es kommen zwar Abmilderungen des Qualitätsgebots infolge grundrechtsorientierter Auslegung der Regelungen des Leistungsrechts der GKV in Betracht. Zur Gewährleistung der verfassungsrechtlichen Schutzpflichten bleiben jedoch auch dann, wenn es - wie vorliegend nicht - zu einer notstandsähnlichen behandlungsbedürftigen Situation kommt, bei neuen Behandlungsmethoden die Einhaltung des Arztvorbehalts gemäß § 15 SGB V und die Beachtung der Regeln der ärztlichen Kunst erforderlich. Auch sind zur Beurteilung eines Behandlungserfolgs allein wissenschaftliche Maßstäbe heranzuziehen und maßgeblich (vgl. BSG, Urteil vom 07.05.2013, B 1 KR 26/12 R).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs.2 Nr.1 und 2 SGG liegen nicht vor.