Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 22.08.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um einen Anspruch auf Rente wegen voller bzw. teilweiser Erwerbsminderung.
Der 1960 geborene Kläger absolvierte von 1976 bis 1980 eine Ausbildung zum Fernmeldeelektroniker (Bl. 61 LSG). Im Anschluss war er als Angestellter der Nachrichtenmeisterei und sodann als Werkführer bei der B beschäftigt. Wegen besserer Perspektiven wechselte er 1986 zur H AG. Dort war er zunächst als Servicetechniker für elektrische und elektronische Steuerungen tätig. Er übernahm ab 1989 eine Tätigkeit als Sachbearbeiter in der Auftragskonstruktion / Elektrokonstruktion. Im Jahre 2002 wechselte er in den Fernservice/Hotline für Maschinenbau. Vom 17.03. bis 21.04.2009 befand er sich wegen beruflicher Überlastung („Burnout“) in der Psychosomatischen Fachlinik S in B1. Dort wurden eine Dysthymia, ein chronischer Tinnitus aurium beidseits kompensiert, eine Hochtonschwerhörigkeit beidseits sowie ein chronisches HWS-Syndrom diagnostiziert. Das zeitliche Restleistungsvermögen wurde sowohl für die letzte Tätigkeit als auch für eine mittelschwere Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt auf mindestens 6 Stunden täglich eingeschätzt (Gutachtensheft zur VA).
Nach einer cerebralen Ischämie [Schlaganfall] am 05.04.2012, die differentialdiagnostisch auch als Gehirnblutung bei bestehendem kleinen Kavernom [Gefäßmissbildung, hier im Gehirn] gedeutet wurde, befand er sich vom 30.04. bis 31.05.2012 zur stationären Rehabilitation in den Kliniken S1 G. Dort wurde eine Belastbarkeitsminderung diagnostiziert und bei Arbeitsunfähigkeit eine stufenweise Wiedereingliederung empfohlen. Seit dem 05.04.2012 ist bei dem Kläger ein GdB von 50 anerkannt. Von Juni bis August 2013 wurde er wegen Depressionen und Angst stationär in der S2klinik S3 behandelt; ein Entlassungsbericht ist nicht aktenkundig. Eine beabsichtigte stufenweise Wiedereingliederung durch die Krankenkasse scheiterte an der Aussteuerung des Klägers aus dem Bezug von Krankengeld bei fortbestehender Arbeitsunfähigkeit. Die Beklagte gewährte mit Bescheid vom 11.11.2013 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben dem Grunde nach. Der Kläger war zuletzt ab 01.05.2014 bei der H AG aus gesundheitlichen Gründen und auf seine eigene Initiative hin im Bereich der Reparaturabwicklung Maschinenbau noch im Umfang von 4,5 Stunden bei 5 Arbeitstagen beschäftigt und wurde dort nach der Tarifgruppe T34 nach dem Tarifvertrag entlohnt. Er war ab Oktober 2015 u.a. wegen einer depressiven Erkrankung arbeitsunfähig. Das Arbeitsverhältnis besteht weiterhin.
Der Kläger beantragte daher am 25.02.2016 bei der Beklagten Leistungen zur medizinischen Rehabilitation. Die Krankenkasse teilte der Beklagten hierzu mit, dass sie den Kläger zwar nicht zu dem Antrag aufgefordert habe. Er sei aber in seinem Dispositionsrecht eingeschränkt.
Die Rehabilitationsleistungen wurden in der Zeit vom 04.04.2016 bis 31.05.2016 in der V-Klinik B2 durchgeführt. In dem Entlassungsbericht vom 02.06.2016 wurden eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode, ein kompensierter Tinnitus aurium beidseits, ein Hörverlust beidseits, ein Zustand nach apoplektischem Insult 2012, sowie eine arterielle Hypertonie [Bluthochdruck] diagnostiziert. Es bestehe eine familiäre Belastung wegen einer anstehenden Trennung der Ehefrau von dem Kläger. Es bestehe eine erhebliche Vulnerabilität hinsichtlich Stressbelastung bei nur langsam remittierender Symptomatik, weswegen er weiterhin arbeitsunfähig entlassen werde. Die emotionale Belastbarkeit sei genauso deutlich reduziert wie das Umstellungs- und Anpassungsvermögen bei stark ausgeprägtem Leidensdruck. Die Symptome beeinträchtigten sowohl den sozialen als auch den beruflichen Kontext, was die Annahme impliziere, dass zu dem Zeitpunkt nicht davon auszugehen sei, dass der Kläger eine gewinnbringende Tätigkeit ausüben könne. Er befinde sich psychoanalytischer Behandlung. Eine erneute Überprüfung wäre in einem Jahr in Betracht zu ziehen. Die zeitliche Leistungsfähigkeit liege sowohl für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bei unter 3 Stunden täglich.
Der Kläger beantragte auf Hinweis der Beklagten auf eine mögliche Umdeutung des Antrages in einen Rentenantrag am 14.07.2016 Rente wegen Erwerbsminderung. Er könne derzeit keine Arbeiten mehr verrichten.
Die Beklagte ließ den Kläger daher am 20.07.2016 in der Ärztlichen Untersuchungsstelle der DRV Baden-Württemberg durch die H1 untersuchen und begutachten. In ihrem Gutachten vom 04.08.2016 diagnostizierte diese Probleme mit der Lebensführung (unzulängliche soziale Fähigkeiten, Scheidungsverfahren, Probleme am Arbeitsplatz), eine funktionell leichtgradige depressive Verstimmung im Rahmen eines (Verdachtes auf) Persönlichkeitsakzentuierung bzw. -störung mit narzisstisch-asthenischen Anteilen sowie einen funktionell nicht bedeutsamen Zustand nach kleiner Hirnblutung im rechten Thalamus am 05.04.2012 bei mikroangiopathischem Risikoprofil. Ferner bestünden ein Hypertonus, Übergewicht sowie ein behandeltes Schlafapnoe-Syndrom. Die in dem Reha-Entlassungsbericht vorgenommene Herleitung eines komplett aufgehobenen Erwerbsvermögens sei nur schwer nachvollziehbar. Eine höhergradige depressive Verstimmung könne jetzt ausgeschlossen werden. Es bestehe auch aus Sicht des Klägers und seines Arztes keine Notwendigkeit einer Therapie mit Psychopharmaka. Der Kläger sei in seiner sozialen Teilhabe aktiv. Durch einen langjährigen Zeitraum ziehe sich eine wiederkehrende Klage über soziale und familiäre Belastungsfaktoren, die dann gegebenenfalls zu einer anlassbezogenen Verstimmung führten, aber keinen Krankheitswert hätten. Er habe sich in der Reparaturannahme überfordert gefühlt, da ein erheblicher Zeitdruck und das Erfordernis von Problemlösungsstrategien und Publikumsverkehr abgefordert würden. Der Kläger sei in der Lage, 6 und mehr Stunden arbeitstäglich einer nicht seelisch und geistig fordernden mittelschweren Arbeit nachzugehen, sofern eine entsprechende Willensanspannung aufgewandt werde. Zeitdruck, Verantwortung für Mensch und Maschinen, fordernder Publikumsverkehr, Tätigkeiten im sicherheitsrelevanten Bereich und Tätigkeiten mit Wechselschicht oder Nachtschicht seien nicht zumutbar.
Mit Bescheid vom 17.08.2016 lehnte die Beklagte die Umdeutung des Antrages vom 25.02.2016 in einen Rentenantrag sowie den Rentenantrag vom 06.07.2016 ab, weil der Kläger nicht vermindert erwerbsfähig sei. Sie stützte sich dabei auf die Diagnosen und die Leistungsbeurteilung in dem Gutachten. Er sei auch nicht berufsunfähig, da er noch für fähig erachtet werde, seinen Beruf als Reparatursachbearbeiter mindestens 6 Stunden täglich zu verrichten.
Der Kläger legte hiergegen, vertreten durch seinen damaligen Bevollmächtigten, am 29.08.2016 Widerspruch ein. Er verwies auf eine seit Oktober 2014 laufende und ab September 2015 verstärkte Psychotherapie bei dem F sowie auf den behandelnden D und den J sowie zusätzlich auf eine schwere Schlafapnoe. Die Beklagte zog zunächst entsprechende Befundberichte bei.
In einer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 31.01.2017 wertete L diese Berichte für die Beklagte aus. Es sei lediglich eine weitere qualitative Leistungseinschränkung dahingehend, dass keine hohen Anforderungen an die Hörfähigkeit zu stellen seien, aufzunehmen. Die aufgrund der psychoanalytischen Behandlung genannte Konfliktsituation in wichtigen Beziehungen sei bereits in dem Gutachten berücksichtigt worden, ohne dass sich hieraus eine zeitliche Leistungsminderung ergebe. Den neurologischen Befundberichten von J sei zu entnehmen, dass fokal-neurologische Ausfallserscheinungen nach dem Ereignis im April 2012 nicht vorlägen. Eine zeitliche Leistungsminderung ergebe sich daher auch insoweit nicht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 21.02.2017 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung wiederholte und vertiefte sie die Begründung des Bescheides.
Der Kläger hat, vertreten durch seinen damaligen Bevollmächtigten, am 06.03.2017 Klage zum Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben. Der sodann bevollmächtigte Rechtsanwalt führte aus, dass Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung auf Zeit bestehe. Er hat auf den Reha-Entlassungsbericht der V-Klinik verwiesen, nach dem eine Steigerung der kognitiven Leistungsfähigkeit und der Belastbarkeit nicht erzielbar gewesen sei. Eine deutliche Einschränkung der Merkleistung sei bereits 2012 in den Kliniken S1 festgestellt worden. Der Kläger leide weiterhin unter Beschwerden nach dem Schlaganfall, hier gelegentlichen Missempfindungen und Kribbeln in der linken Körperhälfte. Auch falle ihm mal ein Gegenstand aus der linken Hand. Er leide zudem unter einer schnellen und starken Ermüdbarkeit. Das Befinden habe sich trotz intensiver Therapie nicht wesentlich gebessert. Er könne keinesfalls mehr 6 Stunden arbeiten.
Das SG hat zunächst den W (Gemeinschaftspraxis mit J) schriftlich als sachverständigen Zeugen befragt. Dieser hat in seiner Aussage vom 12.05.2017 von einer Behandlung am 21.11.2016 und am 08.05.2017 (nach dem Anschreiben des SG) mit den Diagnosen einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion und Folgen eines Schlaganfalles 2012 berichtet. Die Psychotherapie habe der Kläger wegen fehlenden Vertrauens abgebrochen. Er habe Escitalopram [ein Antidepressivum] verordnet. Die Leistungsfähigkeit sei sicher noch reduziert, eine genaue Quantifizierung sei ihm aber nicht möglich.
Das SG hat daneben den D schriftlich als sachverständigen Zeugen vernommen. Dieser hat in seiner Aussage vom 15.05.2017 von einer regelmäßigen hausärztlichen Behandlung berichtet. Im Vordergrund stehe eine endogene Depression mit zur Zeit mittelgradiger Ausprägung und eine ausgeprägte Somatisierung. Die Stärke der psychischen Problematik verändere sich je nach Stressbelastung. Daneben liege ein Zustand nach Apoplex [Schlaganfall] jetzt ohne neurologisches Defizit vor. Die Tätigkeit als Reparatursachbearbeiter sei ihm wohl für eine längere Phase nicht zumutbar. Die Konzentration lasse eine komplexe Arbeitstätigkeit in dieser Berufsgruppe nicht zu. Aufgrund der psychischen Problematik mit vor allem depressiver Ausprägung am Morgen sei es für ihn schwierig, überhaupt einer geregelten Arbeitstätigkeit nachzugehen.
Nach einer erneuten sozialmedizinischen Stellungnahme von L vom 10.07.2017 ergaben sich aus dem von W mitgeteilten psychischen Befund keine krankhaften Auffälligkeiten. Weitere Untersuchungen oder Überweisungen seien nicht veranlasst worden. Eine Verschlechterung des Zustandes des Klägers seit der Begutachtung sei nicht ersichtlich, zumal eine nervenärztliche Behandlung in halbjährlichen Abständen erfolge. Die hausärztlich angegebene mittelgradige Ausprägung der depressiven Problematik belege keine Befundverschlechterung, zumal die Symptomatik als schwankend angegeben worden sei. Das ausreichend behandelte Schlafapnoesyndrom und die arterielle Hypertonie führten allenfalls zu der qualitativen Einschränkung, dass keine Nachtschicht zumutbar sei.
Das SG hat sodann ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten bei L1 eingeholt, das dieser nach Untersuchung des Klägers am 30.10.2017 (einschließlich einer testpsychologischen Untersuchung durch V1) mit Datum vom 04.01.2018 erstattet hat. Der Sachverständige hat auf psychiatrischem Fachgebiet keine Gesundheitsstörungen feststellen können. Die Eingangskriterien einer depressiven Störung seien aktuell nicht erfüllt und seien auch rückblickend aus den vorliegenden Unterlagen nicht zu sichern. Entsprechende Befunde seien nicht zu finden. Auch erfolgten weder regelmäßige fachpsychiatrische Vorstellungen noch eine Richtlinien-Psychotherapie. Die zuletzt von W verordneten antidepressiven Medikamente habe der Kläger augenscheinlich nicht weiter eingenommen. Dies lasse die Frage nach dem Leidensdruck des Klägers zu. Die Ergebnisse der testpsychologischen Untersuchungen seien in sich nicht plausibel und zeigten eine zu unzureichende Anstrengungsbereitschaft. Sie könnten daher nicht im Krankheitssinne interpretiert werden. Die angegebenen Beschwerden seien auch nicht in Einklang mit dem psychischen Befund und der Verhaltensbeobachtung zu bringen. Auffällig seien die inneren Überzeugungen des Klägers mit Enttäuschung, Kränkung und Verbitterung. Hieraus seien aber keine beruflichen Leistungseinschränkungen abzuleiten. Aus dem Zustand nach Kavernomblutung seien klinisch-neurologisch keine Folgen mehr feststellbar. Aus der gesicherten Hirnsubstanzschädigung seien aber leichte Einschränkungen abzuleiten. So seien – auch im Hinblick auf die Schlafapnoe – Nachtschichten zu vermeiden. Es bestehe nach den bildgebenden Befunden des Gehirns eine leichte kognitive [das Denken bzw. die Verarbeitung von Informationen betreffende] Einschränkung, die nicht konkret habe erfasst werden können. Daher bestünden Einschränkungen hinsichtlich Arbeiten mit sehr hohem Verantwortungsbewusstsein wie für das Leben Anderer, Arbeiten unter ständigem Zeitdruck und Arbeiten, die komplexe planerische Fähigkeiten erforderten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reparatursachbearbeiter erscheine wegen der anzunehmenden Einschränkung der psychischen Dauerbelastbarkeit nur für 3 bis weniger als 6 Stunden arbeitstäglich leidensgerecht. Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien unter Berücksichtigung der genannten qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden arbeitstäglich zumutbar. Die Leistungseinschränkung bestehe seit der Kavernomblutung 2012. Eine Abweichung von der Leistungseinschätzung in dem Reha-Entlassungsbericht der V-Klinik 2016 sei damit zu begründen, dass die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode aus den dort mitgeteilten Befunden nicht nachvollziehbar sei. Auffassung, Aufmerksamkeit, Konzentration und mnestische [das Gedächtnis betreffende] Funktionen seien intakt gewesen. Hinweise für Störungen des Kurz- oder Langzeitgedächtnisses oder für Wahrnehmungsstörungen seien nicht gefunden worden. Antrieb und Psychomotorik seien unauffällig gewesen, die affektive Schwingungsfähigkeit [vom Beobachter wahrnehmbares Spektrum an Emotionen mit einer adäquaten Bandbreite von Gefühlen, Gestik und Mimik in Reaktion auf Gesprächsthemen und Kontaktsituationen] sei nicht beeinträchtigt, lediglich die Stimmung sei depressiv gefärbt beschrieben worden. Eine testpsychometrische Untersuchung des kognitiven Leistungsvermögens sei dort nicht erfolgt. Der F habe in seinem Bericht vom 18.02.2016 keine psychischen Befunde mitgeteilt, die die angegebene Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode und eines Erschöpfungssyndroms stützten. Hinsichtlich der Aussage von W bleibe unklar, auf welches Ereignis sich die mitgeteilte Diagnose einer Anpassungsstörung beziehe. Der sachverständige Zeuge D habe die fachfremd gestellten Diagnosen einer endogenen Depression mit zurzeit mittelgradiger Ausprägung und einer ausgeprägten Somatisierung nicht näher begründet. Psychische Befunde habe er nicht mitgeteilt. Auch sei nicht erkennbar, wie die Konzentration untersucht worden sei.
Der damalige Bevollmächtigte des Klägers hat hierdurch zumindest den Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestätigt gesehen.
Die Beklagte hat sich dem Gutachten auch insoweit angeschlossen, als die Tätigkeit als Reparatursachbearbeiter nicht mehr durchführbar sei. Der Kläger sei aber dennoch nicht berufsunfähig. Er könne noch auf näher bezeichnete verschiedene Tätigkeiten, so u.a. auf die Tätigkeit als Registrator und Mitarbeiter in einer Poststelle, verwiesen werden. Die Beklagte hat sich dabei auf eine sozialmedizinische Stellungnahme von Z vom 07.02.2018 gestützt. Dieser hat wiederum eine Auskunft der Arbeitgeberin des Klägers vom 26.01.2018 zu der zuletzt ausgeübten Tätigkeit vorgelegt, wonach die hierfür erforderliche Anlernzeit 3 bis 6 Monate betragen habe.
Der Kläger hat im Mai 2018 eine erhebliche Verschlechterung seines Gesundheitszustandes mit geplanter Einweisung in eine psychiatrische Klinik geltend gemacht.
Das SG hat die Klage nach mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 22.08.2018 abgewiesen. Der Kläger sei zur Überzeugung des Gerichts in der Lage, leichte Tätigkeiten unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden arbeitstäglich unter Beachtung von qualitativen Einschränkungen zu verrichten. Das SG hat sich dabei auf das Gutachten von L1 gestützt. Die in dem Reha-Entlassungsbericht aus dem Jahr 2016 angenommene zeitliche Leistungsminderung sei im Hinblick auf die dort mitgeteilten unauffälligen Befunde nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man entgegen den Ausführungen des Sachverständigen eine psychische Erkrankung annehmen wollte, führte dies hier jedoch nicht zur Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Psychische Erkrankungen seien nach der Rechtsprechung des Landessozialgerichts (LSG) Baden-Württemberg erst dann von rentenrechtlicher Relevanz, wenn trotz adäquater Behandlung davon auszugehen sei, dass ein Versicherter die psychischen Einschränkungen dauerhaft nicht überwinden könne. Eine solche Behandlung habe bislang nicht stattgefunden. Der Kläger habe in der mündlichen Verhandlung lediglich berichtet, dass er nunmehr eine Psychotherapie begonnen habe. Soweit er im Hinblick auf einen anstehenden Krankenhausaufenthalt eine eingetretene Verschlechterung seines Gesundheitszustandes geltend mache, bleibe abzuwarten, ob es sich um eine nur vorübergehende Verschlechterung handele. Es stehe ihm frei, einen neuen Rentenantrag zu stellen. Für eine therapiebegleitende Fortsetzung des gerichtlichen Verfahrens auf unbestimmte Zeit bestehe keine Grundlage. Es bestehe auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Der Kläger habe zuletzt eine Tätigkeit als Literatursachbearbeiter ausgeübt. Es müsse nicht abschließend entschieden werden, ob die gesundheitlichen Einschränkungen des Klägers der weiteren Ausübung der Tätigkeit entgegenstünden. Denn selbst in diesem Falle könne er sozial und gesundheitlich zumutbar auf die Tätigkeit des Registrators im gehobenen Bereich verwiesen werden. Der Kläger sei im Mehrstufenschema des Bundessozialgerichts maximal als Angestellter in einem anerkannten Ausbildungsberuf einzustufen. Damit stelle die Tätigkeit des Registrators nach der Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg eine zumutbare Verweisungstätigkeit dar. Die von dem Sachverständigen L1 angegebenen qualitativen Leistungseinschränkungen stünden dem nicht entgegen. Derart hohe Anforderung an die kognitive Leistungsfähigkeit würden in der Tätigkeit eines Registrators auch im gehobenen Bereich nicht gefordert. Das Urteil ist dem damaligen Bevollmächtigten des Klägers am 31.08.2018 zugestellt worden.
Der Kläger hat, vertreten durch seinen damaligen Bevollmächtigten, am 11.09.2018 Berufung zum LSG Baden-Württemberg eingelegt. Er hat auf den Reha-Entlassungsbericht der V-Klinik sowie auf die Auffassung seiner behandelnden Ärzte verwiesen, die das Leistungsvermögen eingeschränkt sähen. Eine wesentliche Besserung sei seit der Rehabilitationsmaßnahme 2016 nicht eingetreten. Der Kläger sei daher weiterhin der Auffassung, dass er auch leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht mehr wenigstens 6 Stunden arbeitstäglich verrichten könne. Dies betreffe wegen der kognitiven Einschränkungen, einer starken Konzentrationsstörung und der Arbeitsverlangsamung auch die Tätigkeit als Registrator.
Die Beklagte ist der Berufung entgegengetreten. Sie verweist für die Tätigkeit des Registrators auf die Rechtsprechung des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 12.05.2016 – L 7 R 318/12 –, in juris). Sie hat zunächst die Auffassung vertreten, dass der Kläger sich von seiner Tätigkeit als „Fernmeldemechaniker“ freiwillig gelöst habe und die letzte Tätigkeit als Reparatursachbearbeiter nach Auskunft der Arbeitgeberin eine Anlernzeit von 3 bis 6 Monaten erfordert habe. Damit könne er auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden. Nachweise über den Inhalt der bis 2013 ausgeübten Tätigkeit und über eine gesundheitsbedingte Umsetzung auf die Tätigkeit als Reparatursachbearbeiter lägen nicht vor.
Der Kläger hat hierzu seinen Lebenslauf dargestellt. Er habe die Tätigkeit im Service und in der Auftragskonstruktion 2012 in Folge des Schlaganfalles aufgeben müssen. Die Beklagte habe eine Wiedereingliederung verweigert. Um Arbeitslosigkeit zu vermeiden, habe er einen Arbeitsvertrag mit einer Teilzeit von 60% vereinbart, um die Möglichkeit für eine gesundheitliche Erholung zu haben. Das Arbeitsverhältnis bestehe nach wie vor. Der Kläger hat ferner ein Schreiben seiner Arbeitgeberin vom 05.03.2019 vorgelegt, in dem der Inhalt der von 2002 bis 2014 ausgeübten Tätigkeit beschrieben ist. Diese entspreche der Tätigkeit, die Elektronikern in der Fachrichtung Betriebstechnik (IHK) übertragen werde. Er habe sich zudem in verschiedenen Maßnahmen fortgebildet und sei ein vielseitig einsetzbarer Spezialist für die technische Betreuung und Begleitung von komplexen Modernisierungen sowie deren Realisierung bei den Kunden vor Ort geworden. Zum 01.05.2014 sei er ausschließlich aus gesundheitlichen Gründen in die Reparatursachbearbeitung versetzt worden. Die zunächst angegebene Anlernzeit von 3 bis 6 Monaten sei nur deshalb ausreichend gewesen, weil er durch seine vorherige Berufsausbildung und die Tätigkeiten und Schulungen bereits optimal qualifiziert gewesen sei, diese Tätigkeit zu übernehmen. Diese sei nach dem hausinternen Vergütungssystem auf Facharbeiterniveau eingestuft.
Der Senat hat noch eine schriftliche Auskunft bei der Arbeitgeberin des Klägers eingeholt. Mit Schreiben vom 24.04.2019 hat diese (vertreten durch den Z1 und den Mitarbeiter H2) die bisherigen Angaben zu der Tätigkeit des Klägers bis 2014 und der Versetzung bestätigt. Die ausgeübten Tätigkeiten würden im Allgemeinen von Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung von mehr als 2 Jahren verrichtet. Der Kläger sei bis zu der Versetzung in der Gehaltsgruppe T4 eingestuft worden. Die Arbeitgeberin hat hierzu weitere Unterlagen u.a. zur Einstufung in die Gehaltsgruppen vorgelegt.
Der Senat hat ferner den Entlassungsbericht der W1-Klinik, Krankenhaus für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, über eine stationäre Behandlung des Klägers vom 23.01. bis 23.03.2019 beigezogen. Dort sind im Wesentlichen eine komplexe Traumafolgestörung und eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome diagnostiziert worden. Der Kläger erlebe die wiederholte Ablehnung seines Rentenbegehrens als beabsichtigt und als „Tat“ und Ungerechtigkeit des „Systems“ ihm gegenüber.
Der Senat hat daraufhin ein psychiatrisches Gutachten bei der F1 eingeholt, das diese nach Untersuchung des Klägers am 12.08.2019 mit Datum vom 05.12.2019 schriftlich erstattet hat. Die Sachverständige hat auf ihrem Fachgebiet eine Dysthymie, differenzialdiagnostisch eine Neurasthenie sowie eine Persönlichkeitsakzentuierung mit paranoiden, narzisstischen und abhängigen Anteilen, differenzialdiagnostisch eine kombinierte persönliche Störung diagnostiziert. Im Vordergrund stünde diese Persönlichkeitsanteile bzw. Persönlichkeitsstörung mit teils wahnhaft anmutender Verarbeitung, narzisstischer Kränkung und gedanklicher Fixierung auf die Gewährung einer Rente. Die in der Psychosomatischen Klinik 2019 genannte schwergradige Depression und komplexe Traumafolgestörung könne aus den restlichen Angaben der Klinik und hier insbesondere aus den Befunden nicht nachvollzogen werden. Die testpsychologischen Untersuchungen blieben unkommentiert und es fehlten Angaben zu Beschwerdevalidierungsverfahren zum Ausschluss von Aggravation und Simulation. Eine ambulante psychiatrische einschließlich medikamentöse Behandlung, eine gut strukturierte ambulante Psychotherapie und gegebenenfalls eine stationäre Intervallbehandlung sollten von dem Kläger ausgeschöpft werden. Es lägen keine qualitativen Leistungseinschränkungen aufgrund der Gesundheitsstörungen auf ihrem Fachgebiet vor. Eine leichte Tätigkeit von 6 Stunden und mehr als 5 Tagen pro Woche sei dem Kläger ohne Gefährdung der Gesundheit möglich. Dies gelte auch für die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Reparatursachbearbeiter wie auch für die Tätigkeit als Registrator.
Der Kläger hat, vertreten durch eine neue Bevollmächtigte, hierauf eine Stellungnahme von W vom 14.01.2020 vorgelegt, in der dieser als Diagnosen ebenso wie in seiner Aussage die Folgen eines Schlaganfalles und eine Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion angegeben hat. Es seien verschiedene Antidepressiva gegeben worden. Die Behandlungen hätten aber wegen Nebenwirkungen abgebrochen werden müssen. Aktuell sei ein neuer Behandlungsversuch mit Tianeurax begonnen worden. Der Patient sei aufgrund der Erkrankungen auf nervenärztlichem Fachgebiet in seiner Belastbarkeit, Leistungsfähigkeit und Fähigkeit zur sozialen Teilhabe in massiver Weise eingeschränkt. Der Kläger hat ferner beantragt, ein Gutachten nach § 109 SGG bei W2 einzuholen.
Der Kläger hat noch einen Bericht der Kliniken S1 G (Neurologisches Fach- und Rehabilitationskrankenhaus) vom 30.01.2020 vorgelegt, wonach bei stationärer Behandlung ab dem 28.01.2020 ein Antrag auf stationäre medizinische Rehabilitation im Eilverfahren gestellt werde. Als Diagnosen wurden im Wesentlichen zunehmende depressive Episoden und Einbrüche im Rahmen einer Anpassungsstörung sowie eine Belastbarkeitsminderung genannt.
Mit Bescheid vom 07.02.2020 hat die Beklagte den entsprechenden Antrag des Klägers auf Leistungen zur medizinischen Rehabilitation abgelehnt, da eine solche Leistung nicht erforderlich sei. Die Beklagte hat hierzu mitgeteilt, dass eine Notwendigkeit für eine solche Leistung anstelle der akutstationären Behandlung nicht zu erkennen sei. Zudem bestehe ein erheblicher Interessenkonflikt zwischen dem Rentenbegehren und den Leistungen zur Rehabilitation.
Der Senat hat daraufhin noch den Entlassungsbericht der Kliniken S1 über die vom 28.01. bis 07.02.2020 durchgeführte akutstationäre Behandlung beigezogen. Als Diagnosen wurden dort im Wesentlichen eine dekompensierte chronifizierte Anpassungsstörung und eine Belastbarkeitsminderung genannt.
Der Senat hat sodann L1 erneut mit der Begutachtung des Klägers beauftragt. Der Kläger hat hierauf L1 wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt, da ein unabhängiges objektives Gutachten nicht zu erwarten sei. Der damalige Berichterstatter hat darauf hingewiesen, dass L1 bewusst ausgewählt worden sei, da er besonders geeignet sei, um Auskunft über eine tatsächliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes zu geben. Gründe für die Besorgnis der Befangenheit lägen nicht vor.
Der Kläger hat die für den 15.09.2020 geplante Begutachtung durch L1 abgelehnt, da es ihm aufgrund seines psychischen Zustandes nicht möglich sei, sich einem weiteren Gutachten auszusetzen. Seine Bevollmächtigte hat noch ein Attest von W vom 25.09.2020 vorgelegt, wonach es bei den bereits genannten Diagnosen durch die Ankündigung der Begutachtung zu einer massiven Verschlechterung der psychischen Verfassung mit latenten suizidalen Tendenzen gekommen sei. Er schlage dringend vor, eine Alternative zu finden.
Die Bevollmächtigte hat noch mitgeteilt, dass an der Benennung von W2 nicht mehr festgehalten werden. Mit dem Kläger werde noch Rücksprache gehalten, ob ein anderer Gutachter nach § 109 SGG beauftragt werden solle. Sie hat sodann das Mandat niedergelegt.
Der Kläger hat seinerseits noch mitgeteilt, dass er ein weiteres Gutachten aus gesundheitlichen Gründen nicht schaffen werde. Er habe sich 2016 darauf verlassen, dass es der richtige Weg sei, mit der Krankenkasse und bestätigt durch seinen Hausarzt und den Integrationsfachdienst den Rentenantrag auszufüllen. Die Eingliederungsmaßnahme 2014 sei nach Mitteilung eines Mitarbeiters der Beklagten im Hinblick auf sein Alter abgelehnt worden. Er sei damit schon damals „aussortiert“ und in die „Hartz IV-Falle“ geschickt worden. Obwohl drei Gutachten existierten, die ihm ein Leistungsvermögen von 6 Stunden in seinem Hauptberuf attestierten, habe ihn die Beklagte nicht unterstützt, dorthin zu kommen. Bei Zurückweisung der Berufung würde der Staat die Verantwortung für die entwürdigende Vorgehensweise der Beklagten übernehmen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12.05.2021 hat die Beklagte schließlich den Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 07.02.2020 zurückgewiesen. Die Beklagte hat sich dabei auf das Gutachten der F1 gestützt. Danach sei die Erwerbsfähigkeit weder erheblich gefährdet noch gemindert. Vorrangig sei eine Krankenbehandlung.
Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit am 21.05.2021 mit den Beteiligten erörtert. Der Kläger hat dort bestätigt, dass er keine weitere Begutachtung wolle und er daran auch nicht teilnehmen würde. Die Beteiligten haben sich sodann übereinstimmend mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Der Kläger beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des SG Reutlingen vom 22.08.2018 und den Bescheid vom 17.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.02.2017 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bzw. voller Erwerbsminderung bzw. teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit auf Zeit zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält den Kläger weiterhin nicht für erwerbsgemindert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten dieses Verfahrens sowie des erstinstanzlichen Verfahrens und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 124 Abs. 2 SGG), ist gemäß §§ 143, 144 SGG zulässig.
Sie ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 17.08.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.02.2017 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, da er keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung hat. Das Urteil des SG vom 22.08.2018 ist daher nicht zu beanstanden.
Versicherte haben nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Eine volle Erwerbsminderung liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BSG auch dann vor, wenn der Versicherte täglich mindestens 3 bis unter 6 Stunden erwerbstätig sein kann und er damit nach dem Wortlaut des § 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI ohne Berücksichtigung der Arbeitsmarktlage an sich nur teilweise erwerbsgemindert ist (sog. abstrakte Betrachtungsweise), ihm aber der Teilzeitarbeitsmarkt tatsächlich verschlossen ist (sog. konkrete Betrachtungsweise). Der Eintritt einer rentenberechtigenden Leistungsminderung muss im Wege des Vollbeweises festgestellt sein, vernünftige Zweifel am Bestehen der Einschränkungen dürfen nicht bestehen.
Die Beurteilung des Leistungsvermögens bezieht sich dabei auf den allgemeinen Arbeitsmarkt. Dieser umfasst jede nur denkbare Tätigkeit, für die es in nennenswertem Umfang Beschäftigungsverhältnisse gibt (vg. BT-Drucks. 14/4230, S. 25) und damit auch ungelernte Tätigkeiten (vgl. BSG - Großer Senat - Beschluss vom 19.12.1996 - GS 2/95 - BSGE 80, 24 und bei juris). Bezugspunkt ist damit eine leichte Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, nicht die zuletzt ausgeübte Beschäftigung, die etwa für die Frage der Arbeitsunfähigkeit im Sinne der gesetzlichen Krankenversicherung maßgeblich sein kann.
Ausgehend hiervon ist der Senat davon überzeugt, dass der Kläger in dem Zeitraum seit der Antragstellung auf medizinische Rehabilitation jedenfalls bis zu der Begutachtung bei der F1 noch in der Lage war bzw. ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes sechs Stunden arbeitstäglich erwerbstätig zu sein. Der Kläger ist damit weder voll noch teilweise erwerbsgemindert. Das Gericht entscheidet dabei nach § 128 Abs. 1 SGG nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Absolute Gewissheit ist nicht erforderlich, aber an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Gewisse Zweifel sind unschädlich, so lange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017 § 128 Rn. 3b).
Das Leistungsvermögen des Klägers ist dabei aus gesundheitlichen Gründen eingeschränkt. Der Kläger leidet nach dem Ergebnis der durchgeführten umfangreichen Ermittlungen unter einem Zustand nach einem Schlaganfall bzw. einer Kavernomblutung 2012 mit einer gesicherten Hirnsubstanzschädigung. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen L1, der den Kläger fachärztlich untersucht hat. Neurologische Defizite bestehen im Zusammenhang mit dem Schlaganfall nicht mehr. Der Senat stützt sich auch insoweit auf das Gutachten von L1 und auch auf die Aussage des Hausarztes D. Bei dem Kläger lassen sich auch nur leichte kognitive Defizite feststellen. Der Senat stützt sich hierzu auf das Gutachten von L1 und die dort durchgeführte testpsychologische Zusatzuntersuchung.
Der Kläger leidet daneben unter einer psychischen Erkrankung, die von den jeweiligen Fachärzten diagnostisch unterschiedlich eingeordnet wird. Der behandelnde Neurologe W beschreibt diese als Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion. Die gerichtliche Sachverständige Faust sieht ihrerseits eine Dysthymie, differentialdiagnostisch eine Neurasthenie und daneben eine Persönlichkeitsakzentuierung mit paranoiden, narzisstischen und abhängigen Anteilen, differentialdiagnostisch eine kombinierte Persönlichkeitsstörung. Die im Verwaltungsverfahren gehörte Sachverständige H1 hat in ihrem – hier im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren – Gutachten zumindest eine höhergradige depressive Verstimmung ausgeschlossen. Dies bezog sich auf den Reha-Entlassungsbericht der V-Klinik vom 02.06.2016, in dem eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig mittelgradiger Episode diagnostiziert wurde. H1 hat in dem Gutachten zudem den Verdacht auf eine Persönlichkeitsakzentuierung oder Persönlichkeitsstörung geäußert, wie sie von der Sachverständigen Faust später bestätigt wurde. Der gerichtliche Sachverständige L1 hat hingegen auf psychiatrischem Fachgebiet keine Erkrankung feststellen können. Dem Bericht der W1-Klinik vom 15.05.2019 lässt sich hingegen eine komplexe Traumafolgestörung und eine rezidivierende depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode und bei Entlassung noch anhaltender depressiver Symptomatik entnehmen. In dem Bericht der Kliniken S1 vom 24.02.2020 ist zuletzt wiederum eine dekompensierte chronifizierte Anpassungsstörung diagnostiziert worden. W hat in seinem Attest vom 25.09.2020 unverändert seine bisherige Diagnose angegeben.
In der Zusammenschau folgt hieraus für den Senat gerade im Hinblick auf die drei fachärztlichen Gutachten keine höhergradige psychische Erkrankung. Dies wird bereits in dem Gutachten von H1 in Abgrenzung von dem Rehabilitations-Entlassungsbericht der V-Klinik nachvollziehbar begründet. Denn nach dem Entlassungsbericht bestand ein solides Arbeitsbündnis, die Problemlösungskompetenzen konnten gesteigert werden und der Kläger wurde stabiler entlassen. H1 hat auch auf das Fehlen einer antidepressiven Medikation hingewiesen. Der Sachverständige L1 weist dazu auch für den Senat nachvollziehbar darauf hin, dass sich aus dem in dem Reha-Entlassungsbericht mitgeteilten psychischen Befund nicht die dort gestellte Diagnose ableiten lässt. Hinzu kommt, dass auch in dem Reha-Entlassungsbericht eine Nachprüfung der dort abgegebenen Leistungsbeurteilung in einem Jahr empfohlen wurde. Zudem ist zu beachten, dass die Rehabilitationsmaßnahme in die Zeit der Trennung der Ehefrau von dem Kläger fiel, wodurch dieser nachvollziehbar sehr belastet war. Die Diagnose in dem Reha-Entlassungsbericht wird im Übrigen auch von dem behandelnden J nicht bestätigt. Die von ihm gestellte Diagnose einer Anpassungsstörung mit depressiver Reaktion deutet ebenso wie der von ihm mitgeteilte psychische Befund nicht auf eine höhergradige Störung hin. Dem Befundbericht von W vom 21.11.2016 lässt sich zudem entnehmen, dass die gegenwärtigen therapeutischen Bemühungen als ausreichend betrachtet wurden und dass nur bei Verschlechterung eine zusätzliche antidepressive Medikation als erforderlich angesehen wurde (Bl. 38 der SG-Akte). Dies bestätigt wiederum die Auffassung von H1. Soweit in dem Bericht der W1-Klinik eine komplexe Traumafolgestörung festgestellt wurde, ist dies fachärztlich anderweitig so nicht gesehen und in dem nachfolgenden Gutachten der F1 auch nicht bestätigt worden. Die dort zumindest bei Aufnahme angenommene depressive Störung mit gegenwärtig schwerer Episode ist von der Sachverständigen ebenfalls nicht bestätigt worden und wurde im Übrigen auch in dem späteren Bericht der Kliniken S1 nicht diagnostiziert. Hinzu kommt, dass der gerichtliche Sachverständige L1 seinerseits auf psychiatrischem Fachgebiet gar keine Gesundheitsstörung feststellen konnte. Für den Senat ist hier insbesondere die diagnostische Einschätzung der F1 plausibel, die neben einer Dysthymie bzw. Neurasthenie – und damit einer allenfalls leichtgradigen Störung – auf die bestehende Persönlichkeitsakzentuierung bzw. Persönlichkeitsstörung hingewiesen hat. Dies erklärt die von dem Kläger empfundene Kränkung durch die aus seiner Sicht nach der Einschätzung in dem Reha-Entlassungsbericht überraschende Bewertung in dem Gutachten von H1 und die nachfolgende Ablehnung des Rentenanspruches im Verwaltungs-, Widerspruchs- und Klageverfahren.
Hinzu kommt, dass der Kläger nach seinem glaubhaften Vortrag erst durch den Hinweis u.a. der Beklagten auf eine Rentenantragstellung dazu veranlasst worden war, die Rente zu beantragen. Insoweit kann durchaus nachvollzogen werden, dass er diese Entscheidung im Hinblick auf die seitherigen Ablehnungen des Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung als einen nicht von ihm zu verantwortenden Fehler betrachtet. Gerade im Hinblick auf die fachärztlich plausibel dargestellte Persönlichkeitsakzentuierung bzw. Persönlichkeitsstörung ergibt sich daraus aber keine durchgreifende Gesundheitsstörung, die eine Erwerbsminderung begründen könnte. Der Senat stützt sich insoweit auf die Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen L1, der insoweit eine auffällige innere Überzeugung des Klägers mit Enttäuschung, Kränkung und Verbitterung berichtet hat, die einer Psychotherapie zugänglich sein könne. Der Senat stützt sich daneben auch auf das Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen F1, die auch im Hinblick auf die von ihr bereits diagnostisch gewürdigten Persönlichkeitsmerkmale keine für eine Erwerbsminderung relevante Gesundheitsstörung festgestellt hat. Die seitherige Belastung gerade durch das Berufungsverfahren nach der Klageabweisung, die etwa in den Berichten der W1-Kliniken und der Kliniken S1 berichtet und auch in dem Termin des Berichterstatters zur Erörterung der Sach- und Rechtslage deutlich wurde, ist zwar nachvollziehbar. Sie kann aber keine Erwerbsminderung begründen. Dies hat der Sachverständige L1 bereits im Klageverfahren nachvollziehbar ausgeführt.
Der Kläger leidet daneben unter einem Hörverlust beidseits mit Tinnitus aurium, einer Schlafapnoe, die mit CPAP-Maske behandelt wird, sowie Übergewicht und Bluthochdruck. Das Gericht stützt sich insoweit auf den Reha-Entlassungsbericht, das Gutachten von H1 und den Bericht von M (Bl. 37 der SG-Akte). Diese Erkrankungen stehen aber nicht im Vordergrund der Leistungseinschränkungen. Der Senat stützt sich insoweit auf das Gutachten von H1 und auf die Aussage der Fachärztin für Allgemeinmedizin D.
Das Leistungsvermögen ist durch diese Erkrankungen qualitativ eingeschränkt. So sind im Hinblick auf die neurologisch-psychiatrischen Erkrankungen und auch die Schlafapnoe und den Bluthochdruck keine Nachtschichten, keine häufigen Wechselschichten und daneben keine Arbeiten mit sehr hohem Verantwortungsbewusstsein oder unter hohem Zeitdruck oder Arbeiten mit komplexen planerischen Fähigkeiten, Tätigkeiten mit forderndem Publikumsverkehr oder Tätigkeiten im sicherheitsrelevanten Bereich mehr möglich. Der Senat stützt sich dabei auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen L1 und ergänzend auf das Gutachten von H1. Körperlich mittelschwere Arbeiten, die jeweils überwiegend stehend, gehend oder sitzend ausgeführt werden können, sind nach diesem Gutachten aber noch zumutbar.
Der Kläger ist zumindest bis zu dem Zeitpunkt der letzten Untersuchung durch die Sachverständige F1 zur Überzeugung des Senats in der Lage, unter Beachtung dieser qualitativen Leistungseinschränkungen mindestens 6 Stunden arbeitstäglich erwerbstätig zu sein. Der Senat stützt sich dabei auf die übereinstimmenden Leistungseinschätzungen in dem Gutachten von H1 und den beiden Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen L1 und F1. Die abweichende Leistungseinschätzung in dem Reha-Entlassungsbericht vom 02.06.2016 ist hierdurch widerlegt worden, zumal diese in einer erheblichen privaten Belastungssituation des Klägers abgegeben wurde und unter dem Vorbehalt einer Nachprüfung in einem Jahr stand. Eine seither durchgehende Erwerbsminderung lässt sich damit bereits daher nicht begründen. Hinzu kommt, dass auch der F in seinem Befundbericht vom 18.02.2016 die – nicht mit einer Erwerbsfähigkeit nach dem SGB VI gleichzusetzende – „Arbeitsfähigkeit“ zwar als gravierend beeinträchtigt angesehen hat, aber eine ausreichend gute Prognose für den Therapieverlauf bestätigt hat. Der Aussage von D lässt sich neben der fachfremden Diagnose einer derzeit mittelgradigen Episode keine eindeutige Leistungseinschätzung entnehmen. W hat die Leistungsfähigkeit zwar als „sicher reduziert“ angesehen, hat aber keine Angaben zum zeitlichen Leistungsvermögen machen können. Den Berichten der W1-Klinik und der Kliniken S1 lässt sich ebenfalls keine eindeutige Einschätzung einer auch zeitlichen Leistungsminderung entnehmen. Im Hinblick auf die dortigen Diagnosen und die bereits dargestellte Bewertung der verschiedenen diagnostischen Einschätzungen ließe sich damit auch keine mindestens 6 Monate dauernde zeitliche Leistungsminderung begründen.
Der Kläger ist mit den dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen beruflich zwar nur noch eingeschränkt einsetzbar. Zu einer konkreten Darlegung der Tätigkeiten, zu denen er aus gesundheitlichen Gründen noch in der Lage ist, besteht bei einem Leistungsvermögen für zumindest körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes auch bei qualitativen Einschränkungen jedoch keine Verpflichtung (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2019 – B 13 R 7/18 R –, in juris). Das dargestellte Restleistungsvermögen erlaubt Verrichtungen oder Tätigkeiten, wie sie in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie z.B. das Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken und das Zusammensetzen von Teilen (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2012 – B5 RJ 68/11 R –, in juris, dort Rn. 25 m.w.N.). Dieser Kern an typischen körperlichen Verrichtungen ist nach der Rechtsprechung des BSG nicht überholt. Die Aufzählung der Arbeitsfelder und Verrichtungen ist nicht abschließend; sie kann etwa um einfache Büro- oder Montagetätigkeiten und im Hinblick auf die zunehmende Automatisierung von Prozessen auch z.B. um Verrichtungen wie das Messen, Prüfen, Überwachen und die (Qualitäts-)Kontrolle von Produktionsvorgängen erweitert werden (BSG, Urteil vom 11.12.2019 – a.a.O.). Die Benennung einer Verweisungstätigkeit ist vorliegend auch nicht wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen oder des Vorliegens einer schweren spezifischen Leistungsbehinderung oder unter dem Gesichtspunkt der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes erforderlich (vgl. dazu zusammenfassend BSG, Urteil vom 11.12.2019 – a.a.O.).
Der Senat vermochte sich jedoch nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger auch dann, wenn diese qualitativen Leistungseinschränkungen beachtet werden, in dem Zeitraum seit der letzten Begutachtung nur noch weniger als sechs Stunden arbeitstäglich unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes erwerbstätig sein kann. Für eine seither eingetretene durchgreifende Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers ergeben sich hier keine belastbaren Nachweise. Denn der letzte Bericht von W vom 25.09.2020 hat die bisher von ihm gestellten Diagnosen, die keine höhergradige Gesundheitsstörung belegen, bestätigt. Die Einholung eines weiteren, von dem Berichterstatter zunächst beabsichtigten Gutachtens auf neurologisch-psychiatrischem Fachgebiet hat der Kläger im Hinblick auf die Belastung durch das Verfahren selbst und das Ergebnis der ersten Begutachtung abgelehnt. Den zunächst gestellten Antrag auf gutachterliche Anhörung von W2 nach § 109 SGG hat der Kläger – damals noch rechtskundig vertreten – nicht mehr aufrechterhalten. Einen weiteren Antrag nach § 109 SGG hat der Kläger nicht gestellt. Er hat vielmehr in dem Erörterungstermin bestätigt, dass er sich nicht erneut begutachten lassen wolle. Dem Kläger ist vielmehr daran gelegen, das von ihm als sehr belastend empfundene, zu seiner Verbitterung auf den „Fehler“ einer Rentenantragstellung zurückgehende Verfahren zu einem Abschluss zu bringen.
Der Sachverhalt ist abgesehen hiervon vollständig aufgeklärt, soweit es dem Senat möglich war. Die vorliegenden ärztlichen Unterlagen und insbesondere die drei Gutachten haben dem Senat die für die richterliche Überzeugungsbildung notwendigen sachlichen Grundlagen vermittelt (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 412 Abs. 1 ZPO). Das Risiko, dass sich eine den Anspruch begründende Erwerbsminderung nicht zur Überzeugung des Senats nachweisen lässt, hat nach allgemeinen Beweislastgrundsätzen der Kläger zu tragen.
Der Kläger hat daneben auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit.
Der geltend gemachte Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit beurteilt sich nach § 240 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Hiernach haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen, Versicherte, die vor dem 02.01.1961 geboren und berufsunfähig sind, Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Berufsunfähig sind nach § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden täglich gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach dem die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur beruflichen Rehabilitation mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Die soziale Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit richtet sich nach der Wertigkeit des bisherigen Berufs. Die Rechtsprechung des BSG hat insoweit das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Eine Verweisung kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen (BSG, Urteil vom 29.06.2004 - B 4 RA 5/04 R -, in juris). Bisheriger Beruf ist in der Regel die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist. In formeller Hinsicht muss der Versicherungsträger den Verweisungsberuf schließlich hinreichend konkret benennen (Gebot konkreter Benennung), sofern der Versicherte nicht zur Gruppe der ungelernten bzw. unteren Gruppe der angelernten Arbeiter gehört und deshalb auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verwiesen werden kann. Nur bei konkreter Benennung des Verweisungsberufs kann geprüft werden, ob er dem Hauptberuf des Versicherten qualitativ gleichwertig ist und ob ihn der Versicherte ausüben könnte, ohne damit gesundheitlich oder fachlich über- oder unterfordert zu werden, ob also seine Berufskompetenz und sein Restleistungsvermögen dem Leistungsprofil des Vergleichsberufs genügen (BSG, Urteil vom 14.05.1996, - 4 RA 60/94 -, in juris). Nur dann kann auch der Versicherte die Einwendung des Versicherungsträgers überprüfen und ihr, falls sie ihn nicht überzeugt, substantiiert entgegengetreten. Das Gebot konkreter Benennung des Vergleichsberufs muss der Versicherungsträger spätestens bei Erlass des Widerspruchsbescheids erfüllen. Allerdings kann der Vergleichsberuf auch noch im Berufungsverfahren benannt werden (vgl. dazu BSG, Urteil vom 14.05.1996, - 4 RA 60/94 -, in juris; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 – L 5 R 1115/18 –, in juris).
Ausgehend hiervon sind die Voraussetzungen für einen Anspruch auf eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nicht erfüllt.
Als bisheriger Beruf ist dabei die von dem Kläger bis zu dem Schlaganfall 2012 ausgeübte Tätigkeit im Fernservice Hotline für Maschinenbau anzusehen. Nach der von dem Senat eingeholten Auskunft der Arbeitgeberin werden die dort ausgeübten Tätigkeiten im Allgemeinen von Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung von mehr als 2 Jahren – wie auch dem Kläger – verrichtet und in die Gehaltsgruppe T4 eingeordnet. Hingegen ist nicht auf die danach in Teilzeit ausgeübte und in eine geringere Gehaltsgruppe T3/4 eingestufte Tätigkeit abzustellen, da der Kläger die bis dahin ausgeübte höherwertige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen beendet hat. Dies ist nach dem Erörterungstermin auch nicht mehr streitig. Ebenso ist nicht mehr streitig, dass der Kläger die Tätigkeit im Hinblick auf die dargestellten qualitativen Leistungseinschränkungen nicht mehr ausüben kann. Dies wird im Übrigen auch durch den von dem Kläger selbst veranlassten Wechsel auf die geringer entlohnte Teilzeittätigkeit belegt.
Der Kläger ist aufgrund der bis 2012 ausgeübten Tätigkeit als Facharbeiter einzustufen. Die Voraussetzungen einer höheren Einstufung als Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion bzw. besonders hoch qualifizierter Facharbeiter liegen nicht vor. Entsprechendes wird vom Kläger nicht behauptet und ist auch nicht ersichtlich. Er ist somit auf Tätigkeiten der nächst niedrigeren Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten mit einer Ausbildungszeit von wenigstens drei Monaten verweisbar.
Der Kläger kann damit sozial zumutbar auf die von der Beklagten benannte Tätigkeit als Registrator verwiesen werden. Dabei handelt es sich um eine Tätigkeit für Angelernte nach Vergütungsgruppe VIII nach BAT bzw. jetzt EG3 nach Entgeltordnung zum Tarifvertrag für den Öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) und damit um eine für Facharbeiter grundsätzlich zumutbare Verweisungstätigkeit (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 – a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2012 - L 13 R 6087/09 -, in juris, jeweils m.w.N.). Arbeitsplätze für Registratoren sind auf dem Arbeitsmarkt in nennenswerter Zahl vorhanden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 – a.a.O.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.09.2012 – L 13 R 6087/09 -, in juris, auf der Grundlage umfangreicher Auskünfte von Arbeitgebern im Bereich des Öffentlichen Dienstes, der gesetzlichen Krankenkassen, der privaten Versicherungsunternehmen und Bausparkassen und unter Hinweis auf die tarifliche Erfassung des Registrators unter Teil 3 Nr. 16 der Entgeltordnung der Länder; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.2019 - L 10 R 2778/17 -, nicht veröffentlicht). Der Kläger kann im Hinblick auf seine Berufsausbildung auch innerhalb von drei Monaten in eine entsprechende Tätigkeit angelernt werden.
Mit dem vom Senat festgestellten Leistungsvermögen ist dem Kläger die Tätigkeit eines Registrators auch medizinisch zumutbar.
Die Tätigkeit eines Registrators umfasst das Sortieren der von den zuständigen Bürofachkräften zu bearbeitenden Schriftstücke nach den Vorgaben von Aktenplänen oder anderen Merkmalen, das Erledigen von anfallenden Schreibarbeiten, wie das Führen von Statistiken, Terminüberwachungslisten und Karteien, das Ziehen und Abstellen von Ordnern/Akten, das Weiterleiten der zu bearbeitenden Vorgänge zu den sachbearbeitenden Stellen innerhalb des Betriebs bzw. der Behörde mit Registraturwagen, das Abhängen von Akten oder das Abstellen von Ordnern nach der jeweiligen Bearbeitung. Die schwierigere Tätigkeit im Sinne der (ehemaligen) Vergütungsgruppe BAT VIII umfasst die Mitwirkung bei der Bearbeitung laufender oder gleichartiger Geschäfte nach Anleitung, das Entwerfen von dabei zu erledigenden Schreiben nach skizzierten Angaben, die Erledigung ständig wiederkehrender Arbeiten in Anlehnung an ähnliche Vorgänge, auch ohne Anleitung, die Führung von Brieftagebüchern schwieriger Art, die Führung von Karteien, buchhalterische Übertragungsarbeiten und Kontenführung (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 – a.a.O unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.2019 - L 10 R 2778/17 -, nicht veröffentlicht; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015 - L 13 R 250/14 -, in juris). Tätigkeiten als Registraturkraft in größeren Unternehmen und im Öffentlichen Dienst sind als körperlich leichte Tätigkeiten zu qualifizieren, welche bereits aus arbeitsorganisatorischen Gründen im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden. Schweres Heben und Tragen wird nicht gefordert, da in den Registraturen die erforderlichen Hilfsmittel (Registraturwagen, Ablagemöglichkeiten etc.) in der Regel vorhanden sind. In Einzelfällen kann das Heben und Tragen von Lasten bis zu 5 kg, Arbeiten auf Stehleitern und Zwangshaltungen wie Überkopfarbeiten anfallen. Die körperlichen Belastungen hängen weitgehend von der jeweiligen Arbeitsplatzgestaltung und der Arbeitsplatzorganisation ab; folglich sind das Handhaben schwerer Aktenvorgänge, Zwangshaltungen und das Arbeiten auf Leitern nicht generell mit der Tätigkeit einer Registraturkraft verbunden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 – a.a.O. unter Hinweis auf LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.10.2019 - L 10 R 2778/17 -, nicht veröffentlicht; Bayerisches LSG, Urteil vom 16.12.2015 - L 13 R 250/14 -, in juris).
Das bereits dargestellte Leistungsvermögen des Klägers entspricht auch unter Berücksichtigung der qualitativen Leistungseinschränkungen diesem Anforderungsprofil.
Die Tätigkeit eines Registrators erfordert auch keine besonderen Anforderungen an die Konzentration. Ob sich dies im Hinblick auf die Digitalisierung von Verwaltungsvorgängen zukünftig ändern wird, kann hier dahingestellt bleiben. Es ist nicht ersichtlich, dass sich die Tätigkeit des Registrators insgesamt seit den Erhebungen des 13. Senats des LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 25.09.2012 - L 13 R 6087/09 -, in juris) in Bezug auf die körperlichen und psychischen Anforderungen grundlegend geändert hat. Abgesehen davon erfordert sowohl die Registratur von Papierakten als auch die Registratur in der digitalen Verwaltung ein gewisses Maß an Sorgfalt und Konzentration, wie es letztlich jedem Erwerbstätigen abverlangt wird (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.07.2020 – L 5 R 1115/18 –, in juris). Die in der Berufungsbegründung geltend gemachten kognitiven Einschränkungen, eine starke Konzentrationsstörung und Arbeitsverlangsamung konnten in dem Gutachten von L1 auch bei testpsychologischer Zusatzuntersuchung so nicht bestätigt worden, so dass die Verweisungstätigkeit auch insoweit in Betracht kommt. Die gerichtliche Sachverständige F1 hat ihrerseits aus den psychischen Gesundheitsstörungen bereits keine qualitativen Leistungseinschränkungen ableiten können.
Die Berufung war nach alledem zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision sind nicht ersichtlich.