L 11 R 4092/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 5 R 3667/16
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 R 4092/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
 

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.10.2019 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung einer höheren Rente wegen Erwerbsminderung auf der Grundlage eines höheren durchschnittlichen Gesamtleistungswertes bei Außerachtlassung der Zeiten vom 25.06.1988 bis 01.06.1991, vom 05.04.1994 bis 17.06.1999 und vom 12.07.1999 bis 15.12.1999.

Der 1968 in R geborene Kläger besuchte von 1983 bis 1987 das Industriegymnasium in R1 (R) und legte im Juni 1987 die Abiturprüfung in der Fachrichtung Mechanik ab. Vom 15.09.1987 bis 01.04.1988 leistete er den Wehrdienst ab. Ausweislich des am 09.09.1988 vom Chemie-Unternehmen R1 ausgestellten Arbeitsbuches Nr 0447654 ging er vom 25.06.1988 bis 23.08.1993 einer Beschäftigung im chemischen Werk nach. Dabei war er zunächst bis 30.11.1989 als unqualifizierter Arbeiter, ab 01.12.1989 als Chemie-Operator in der Herstellung tätig. Laut einer Bescheinigung des Ministeriums der Chemie- und Petrochemie-Industrie R1 Nr 273986 vom 23.08.1993 schloss der Kläger im November 1989 einen sechsmonatigen Qualifizierungskurs am Arbeitsplatz mit der Qualifizierungsprüfung ab und wurde zum „Facharbeiter" im Beruf eines Chemie-Operators erklärt.

Am 09.09.1993 übersiedelte der Kläger in die Bundesrepublik Deutschland (BRD). Vom 13.09.1993 bis 23.03.1994 bezog er Leistungen nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG). Vom 05.04.1994 bis 30.04.2003 ging der Kläger zeitweise sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungen nach und bezog zwischenzeitlich Leistungen nach dem AFG und andere Sozialleistungen. Von März bis August 2000 absolvierte der Kläger eine Umschulung.

Am 13.09.2001 stellte der Kläger einen Antrag auf Herstellung von Versicherungsunterlagen nach dem Fremdrentengesetz (FRG). Mit Bescheid vom 13.11.2001, geändert durch Bescheid vom 16.08.2002, wurden die rumänischen Zeiten festgestellt. Die Zeit vom 02.11.1985 bis 03.07.1987 wurde als Pflichtbeitragszeit wegen Fachschulausbildung anerkannt. Die Zeit vom 15.09.1987 bis 01.04.1988 (Grundwehrdienst) wurde als Pflichtbeitragszeit anerkannt. Die Zeiten vom 25.06.1988 bis 23.08.1993 wurden als Pflichtbeitragszeiten nach der Qualifikationsgruppe 5 mit einer Anrechnung von 5/6 anerkannt. Die Zeit vom 02.11.1984 bis 01.11.1985 wurde nicht als Anrechnungszeit anerkannt, weil die Ausbildung vor Vollendung des 17. Lebensjahrs zurückgelegt worden sei. Aufgrund einer übersandten Adeverinta Nr 4891 der H-AG "R2" R3 vom 28.05.2002 über die Zeit vom 25.06.1988 bis 23.08.1993 wurde diese mit Bescheid vom 12.11.2002 zu 6/6 anerkannt.

Mit Bescheid vom 17.09.2003 gewährte die Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.05.2003 bis 31.10.2005 Rente wegen voller Erwerbsminderung. Auf einen Widerspruch des Klägers ua auch zur Höhe bzw zur Berechnung der Rente stellte die Beklagte die Rente mit Bescheid vom 09.08.2004 neu fest und half damit einem Teil des Widerspruchs bzgl der in der BRD zurückgelegten Zeiten ab. Nach einem weiteren, sich nicht in der Verwaltungsakte der Beklagten befindlichen Teilabhilfebescheid vom 02.09.2005 wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 21.10.2005 über die Teilabhilfebescheide hinaus zurück. Die Gewährung der Rente wegen voller Erwerbsminderung auf Zeit wurde mehrfach, zuletzt bis 28.02.2009 verlängert. Die beantragte Weitergewährung wurde mit Bescheid vom 08.12.2008 abgelehnt, der Widerspruch blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 09.04.2009). Ab dem 01.03.2009 bezog der Kläger bis 28.02.2015 Arbeitslosengeld II.

Wegen der Höhe der seit 2003 bezogenen Erwerbsminderungsrente führte der Kläger ein Klageverfahren beim Sozialgericht Heilbronn (SG; Az S 3 R 3765/05, fortgeführt unter dem Az S 3 R 188/09). Streitig war zwischen den Beteiligten insbesondere die Berechnung des durchschnittlichen Gesamtleistungswerts. Der Kläger war der Auffassung, dass die in R zurückgelegten und nach dem FRG anerkannten Zeiten nicht als vollwertige Beitragszeiten zu berücksichtigen seien. Die Zurechnungszeiten dürften nicht um 40% gekürzt werden. Mit Gerichtsbescheid vom 13.04.2011 wies das SG die Klage ab. Die hiergegen gerichtete Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg (Az L 2 R 1617/11) wurde mit Urteil vom 18.01.2012 zurückgewiesen.

Im Jahr 2013 beantragte der Kläger erneut die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Den Widerspruch gegen den den Antrag ablehnenden Bescheid vom 21.07.2014 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.12.2014 zurück. Aufgrund eines in einem sich vor dem SG anschließenden Verfahren S 15 R 37/15 geschlossenen Vergleichs gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 21.06.2016 ausgehend von einem am 24.02.2015 eingetretenen Leistungsfall eine Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 01.09.2015, die zunächst bis 31.05.2018 befristet war. Im Bescheid ist ausgeführt, dass die Rente eine vorläufige Leistung nach den europäischen Verordnungen zur Koordinierung der Systeme der sozialen Sicherheit sei. Sie sei allein mit den deutschen Versicherungszeiten festgestellt worden. Sobald die nach den Rechtsvorschriften anderer EU-Mitgliedstaaten, EWR-Staaten oder der Schweiz zurückgelegten Zeiten bekannt seien, werde die Rente unter Berücksichtigung dieser Zeiten neu berechnet. Der Rentenantrag gelte auch als Antrag auf eine entsprechende rumänische Rente. Falls der Kläger eine rumänische Rente erhalte, möge er dies mitteilen, da diese anzurechnen sei. Im Rahmen der Rentenberechnung wurden die zurückgelegten Zeiten wie folgt berücksichtigt:

  • vom 02.11.1985 bis 03.07.1987 als Zeiten der Fachschulausbildung;
  • vom 15.09.1987 bis 01.04.1988 als Pflichtbeitragszeiten für Wehrdienst mit einem Faktor von 0,6;
  • vom 25.06.1988 bis 23.08.1993 als Pflichtbeitragszeiten mit einem Faktor von 0,6;
  • vom 13.09.1993 bis 27.09.1993 und vom 29.09.1993 bis 23.03.1994 als beitragsgeminderte Zeiten bei Arbeitslosigkeit;
  • vom 05.04.1994 bis 29.02.2000 als Pflichtbeitragszeiten;
  • vom 01.03.2000 bis 31.08.2000 als beitragsgeminderte Zeit wegen beruflicher Ausbildung;
  • vom 01.09.2000 bis 30.04.2003 als Pflichtbeitragszeiten;
  • vom 01.05.2003 bis 31.10.2003 als Pflichtbeitragszeiten während Rentenbezugs;
  • vom 01.11.2003 bis 28.02.2009 als Rentenbezugszeit mit Zurechnungszeit;
  • vom 01.03.2009 bis 31.12.2010 als Pflichtbeitragszeiten bei Arbeitslosigkeit mit Bezug von Arbeitslosengeld II;
  • vom 01.01.2011 bis 28.02.2015 als Zeiten mit Bezug von Arbeitslosengeld II;
  • vom 24.02.2015 bis 01.11.2030 als Zurechnungszeit.

Es ergaben sich insgesamt 11,3866 Entgeltpunkte (EP). Davon entfielen 2,0045 EP auf vollwertige Pflichtbeitragszeiten bis 31.12.1991 für 51 Monate und 10,7075 EP auf vollwertige Pflichtbeitragszeiten für 196 Monate. Da der Monatsdurchschnitt aus allen vollwertigen Pflichtbeitragszeiten (10,7075 EP ./. 196 Monate = 0,0546 Punkte) nicht den Wert von 0,0625 erreichte, wurde für die Zeit bis 31.12.1991 geprüft, ob zusätzliche EP anzurechnen sind (2,0045 EP ./. 51 Monate = 0,0393 Punkte; 0,0393 * 1,5 = 0,0590 * 51 Monate = 3,0090 Punkte; 3,0090 Punkte abzgl bereits berücksichtigter 2,0045 EP = 1,0045 Punkte) und zusätzlich 1,0045 Punkte angerechnet. Es ergab sich unter Berücksichtigung dieser zusätzlichen EP eine Summe der EP für 215 Monate Beitragszeit iHv 12,3911 (0,1416 EP (Ost) für 7 Monate und 12,2495 EP für 208 Monate).

Die Beklagten führte aus, beitragsfreie Zeiten erhielten den Durchschnittswert an EP, die sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergebe. Dabei erhielten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen (nicht als beitragsgemindert gekennzeichnete Beitragszeiten). Beitragsgeminderte Zeiten erhielten mindestens die EP, die sie als beitragsfreie Zeiten erhalten würden. Für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten würden auch EP (Ost) ermittelt. In der Grundbewertung erhöhte die Beklagte die EP für die Beitragszeiten mit beruflicher Ausbildung auf 0,0833 (Juni 1988 bis Mai 1991 und März 2000 bis August 2000; 42 Monate; 3,4986 EP für 42 Monate; bereits berücksichtigt 2,5602 EP, Erhöhung um 0,9384 EP), was zu einer Erhöhung der EP um 0,9384 EP auf 13,9295 EP führte. Die Beklagte ermittelte 217 belegungsfähige Kalendermonate (belegungsfähiger Gesamtzeitraum = Zeit von der Vollendung des 17. Lebensjahres bis zum Eintritt der Erwerbsminderung: 352 Monate, abzgl beitragsfreier Zeiten, die nicht berücksichtigungsfähig sind: 135 Monate). Der Durchschnittswert für die Grundbewertung wurde mit 0,0614 Punkte errechnet (13,3295 EP ./. 217 Monate). Die Beklagte stellte daraufhin noch eine Vergleichsberechnung an und ermittelte die EP ausschließlich aus vollwertigen Beiträgen, wobei die Kalendermonate mit Pflichtbeitragszeiten und Zeiten einer beruflichen Ausbildung als vollwertig gälten, soweit sie nicht mit weiteren beitragsfreien Zeiten zusammentreffen und aus diesem Grund beitragsgemindert seien. Die Beklagte brachte von der Summe aus der Grundbewertung die beitragsgeminderten Zeiten (0,1416 Punkte für 7 Monate) und Beitragszeiten während Rentenbezugs (0,1373 Punkte für 6 Monat) in Abzug, sodass sich 13,0506 Punkte für 204 Monate mit einem Durchschnittswert von 0,0640 Punkte ergaben (13,0506 Punkte ./. 204 Monate). Eine zweite Vergleichsberechnung unter Außerachtlassung der EP für die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung stellte die Beklagte nicht an, da für die dazugehörigen Kalendermonate (01.02.2011 bis 28.02.2015) keine absetzbaren Zeiten zurückgelegt worden seien. Aufgrund des höheren Durchschnittswerts aus der Grundbewertung (0,0614 EP) sei von diesem Wert auszugehen (Gesamtleistungswert). Für beitragsfreie Zeiten (Zurechnungszeit vom 24.02.2015 bis 01.11.2030) und Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung (02.11.1985 bis 03.07.1987) ergaben sich nach der Berechnung der Beklagten für 275 Monate 17,2640 EP. Für beitragsgeminderte Zeiten (September 1993 bis März 1994) wurden 0,2168 zusätzliche EP ermittelt. Insgesamt ergaben sich 29,7303 EP bzw unter Berücksichtigung eines Zugangsfaktors von 0,892 insgesamt 26,5194 EP zzgl 0,1263 EP (Ost). Hieraus wurde unter Berücksichtigung des jeweiligen Rentenwerts (zunächst von 29,21 € (West) bzw 27,05 € (Ost) und des Rentenartfaktors von 1,0 ein Gesamtbetrag der Rente von 778,05 € errechnet. Für spätere Zeiten ergab sich eine höhere Rente aufgrund eines erhöhten Rentenwerts.

Gegen die errechnete Rentenhöhe erhob der Kläger Widerspruch. Er machte ua geltend, dass er in den Monaten vor und nach dem Wehrdienst arbeitslos gewesen sei, weil er auf den Wehrdienst bzw auf die Entlassungspapiere gewartet habe. Weiter müsse er für die Zeit vom 01.12.1989 bis 23.08.1993 als Fachkraft der Qualifikationsgruppe IV eingestuft werden. Die EP für die beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten seien falsch berechnet worden. Im Rahmen der Vergleichsberechnung dürfe nur die Arbeitszeit im Beitragsgebiet als vollwertige Beitragszeit berücksichtigt werden. Die zweite Vergleichsberechnung sei fehlerhaft.

Mit Widerspruchsbescheid vom 15.11.2016 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Zeiten der Arbeitslosigkeit vor und nach dem Grundwehrdienst seien nicht glaubhaft gemacht worden. Im Übrigen erscheine das Vorliegen einer subjektiven Arbeitslosigkeit, also der Bereitschaft, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen, zweifelhaft, da der Kläger nach seinen Angaben auf den Wehrdienst bzw auf die Entlassungspapiere gewartet habe und eine Beschäftigungsaufnahme nicht möglich gewesen sei. Für die Tätigkeit als Chemie-Operator seit 01.12.1989 sei nicht die Qualifikationsgruppe IV zuzuerkennen. Hierüber sei bereits mit dem Rentenbescheid vom 17.09.2003 entschieden worden, der Gegenstand des Gerichtsverfahrens S 3 R 3765/05 (fortgeführt unter dem Az S 3 R 188/09) gewesen sei. Ein Facharbeiterzeugnis sei erst am 23.08.1993 ausgestellt worden; eine langjährige Berufserfahrung liege nicht vor. Die Vergleichsberechnung sei korrekt durchgeführt worden. Insbesondere seien auch die nach dem FRG anerkannten Zeiten zu Recht berücksichtigt worden.

Hiergegen hat der Kläger am 21.11.2016 Klage beim SG erhoben. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die Zeiten vom 03.07. bis 14.09.1987 und vom 02.04. bis 24.06.1988 nach dem Zeugnis seiner Mutter nicht beitragslos seien. Die Eingliederung in die Qualifikationsgruppe V sei als qualifiziert anzusehen. Die Zeit von Januar 1989 bis 23.08.1993 sei als qualifiziert anzusehen. Die Zeiten von Juni 1988 bis August 1993 seien nicht als vollwertige Beitragszeiten anzusehen, da sie gemindert seien. Es sei eine zweite Vergleichsberechnung unter Außerachtlassung der letzten vier Jahre mit Beiträgen zu erstellen. Die Zeiten vom 01.11.2011 bis 30.09.2015 müssten als Zurechnungszeit berücksichtigt werden, da es beitragslose Zeiten seien.

Die Beklagte hat einen vom rumänischen Rentenversicherungsträger erstellten Versicherungsverlauf vom 26.04.2017 vorgelegt. Darin werden die Zeiten des Grundwehrdienstes vom 15.09.1987 bis 01.04.1988 und die Zeiten einer Beschäftigung als Chemie-Operator vom 25.06.1988 bis 23.08.1993 bestätigt.

Mit Bescheid vom 16.05.2017 hat die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung unter Berücksichtigung des vorgenannten rumänischen Versicherungsverlaufs endgültig festgestellt. Abgesehen von der zwischenzeitlich erfolgten jährlichen Rentenanpassung sind keine Änderungen gegenüber dem Bescheid vom 21.06.2016 vorgenommen worden. Auch hiergegen hat der Kläger Widerspruch erhoben, den die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 21.06.2017 als unzulässig zurückgewiesen hat, mit der Begründung, dass der Bescheid vom 16.05.2017 Gegenstand des anhängigen Gerichtsverfahrens geworden sei.

Mit Bescheid vom 15.02.2018 hat die Beklagte die Rente wegen voller Erwerbsminderung bis 31.05.2020 und anschließend mit Bescheid vom 30.06.2020 aufgrund nicht abgeschlossener medizinischer Ermittlungen bis 30.09.2020 weitergewährt. Nachdem sie mit Bescheid vom 06.08.2020 die mit Bescheid vom 21.06.2016 gewährte Rente wegen voller Erwerbsminderung als Dauerrente weitergewährt, hat sie den Widerspruch gegen den Bescheid vom 30.06.2020 mit Widerspruchsbescheid vom 02.10.2020 zurückgewiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 24.10.2019 hat der Kläger klargestellt, dass es ihm nicht um die Anrechnung der Zeiten wegen Arbeitslosigkeit vor und nach dem Wehrdienst und auch nicht um die Einstufung in die Qualifikationsgruppe IV gehe, sondern allein um die Zeiten vom 01.06.1991 bis 23.08.1993, die im Rahmen der Vergleichsberechnung unter Beachtung des EU-Rechts nicht als vollwertige Pflichtbeitragszeiten zu berücksichtigen seien.

Mit Urteil vom 24.10.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Inhaltlich beschränke sich die gerichtliche Prüfung aufgrund der vom Kläger zulässigerweise vorgenommenen Eingrenzung des Streitgegenstands allein auf die vom Kläger gerügte Berechnung des durchschnittlichen Gesamtleistungswertes im Hinblick auf die daraus folgende Bewertung der beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten. Die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Berechnung des durchschnittlichen Gesamtleistungswertes bzw der EP für die beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten und damit der Rentenhöhe seien nicht zu beanstanden. Auch unter Berücksichtigung des EU-Rechtes habe der Kläger keinen Anspruch auf eine höhere Rente.

Gegen das ihm am 19.11.2019 gegen Empfangsbekenntnis zugestellte Urteil richtet sich die am 02.12.2019 beim LSG Baden-Württemberg eingelegte Berufung des Klägers. Er schildert zunächst aus seiner Sicht den Ablauf ab dem Jahr 2000 bis zur Rentengewährung. Es gehe um Zurechnungszeiten nach der zweiten Vergleichsbewertung im Rahmen der europäischen Rente. Das Gesetz schreibe vor, dass wie bei der Vergleichsberechnung die höhere Rente gezahlt werde müsse. Vorher habe es kein europäisches Recht mit Zeiten aus R gegeben. Als „zu beachtende Zeiten“ gibt der Kläger die Zeit vom 25.06.1988 bis 01.06.1991, vom 05.04.1994 bis 17.06.1999 und vom 12.07.1999 bis 15.12.1999 an. Bei der Berechnung mit FRG-Zeiten ergäben sich 8,9848 EP mit 105 Monaten, durchschnittlich 0,0855 pro Monat. Bei der alleinigen Berücksichtigung von Arbeitszeiten nach DÜVO ergäben sich 5,9848 Punkte in 69 Monaten, durchschnittlich 0,867.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 24.10.2019 abzuändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheids vom 21.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016, abgehändert durch Bescheid vom 16.05.2017 zu verurteilen, ihm eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung unter Berücksichtigung eines höheren Gesamtleistungswerts zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Akten des SG zu den Verfahren S 3 R 3765/05 (fortgeführt unter dem Az S 3 R 188/09), S 5 R 3667/16 und die Akten des LSG zu den Verfahren L 2 R 1617/11, L 4 R 902/15 sowie zum hiesigen Verfahren L 11 R 4092/19 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden, da er in der ihm am 02.09.2021 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Terminsmitteilung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist. Erscheint ein Beteiligter trotz ordnungsgemäßer Terminsmitteilung nicht zur Verhandlung, kann das Gericht nach Lage der Akten (§ 126 Sozialgerichtsgesetz – SGG) oder aufgrund „einseitiger“ mündlicher Verhandlung entscheiden (BSG 26.05.2014, B 12 KR 67/13 B; BSG 07.07.2011, B 14 AS 35/11 B; 19.03.1992, 12 RK 62/91, SozR 3-1500 § 110 Nr 3).

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist statthaft und zulässig, sie ist jedoch unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Streitgegenstand ist nur der Bescheid der Beklagten vom 16.05.2017. Mit diesem Bescheid wurde die Höhe der dem Kläger gewährten Rente wegen Erwerbsminderung endgültig festgesetzt. Der Bescheid vom 16.05.2017 ersetzt den zuvor ergangenen Bescheid vom 21.06.2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.11.2016 vollständig; er ist dadurch gemäß § 96 SGG (alleiniger) Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Nicht Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 30.06.2020 und 06.08.2020, mit denen die Rente wegen Erwerbsminderung weitergewährt worden ist, denn hierdurch wurde die mit Bescheid vom 16.05.2017 erfolgte Rentenberechnung nicht geändert; es wurde lediglich die (hier nicht streitgegenständliche) Dauer der Rente verlängert. Der Bescheid vom 16.05.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf eine höhere Rente wegen Erwerbsminderung.

Der Kläger hat den Streitgegenstand ausweislich des in der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 24.10.2019 gestellten Antrags auf die Berechnung des durchschnittlichen Gesamtleistungswerts begrenzt. Er wendet sich nicht allgemein gegen die Festsetzung der Rentenhöhe. Insoweit ist der Streitgegenstand zulässig eingegrenzt (vgl BSG 12.12.2006, B 13 RJ 22/05 R, SozR 4-2600 § 70 Nr 2 Rn 13; BSG 10.10.2018, B 13 R 34/17 R, SozR 4-2600 § 249 Nr 2 Rn 9; BSG 16.10.2019, B 13 R 18/18 R, juris Rn 12). Streitgegenstand ist ausschließlich, ob dem Kläger deswegen eine höhere Rente zusteht, weil bei der Berechnung des durchschnittlichen Gesamtleistungswerts auch die Zeiten vom 25.06.1988 bis 01.06.1991, vom 05.04.1994 bis 17.06.1999 und vom 12.07.1999 bis 15.12.1999 berücksichtigt worden sind.

Die Beklagte hat die Rente korrekt berechnet. Die Grundsätze der Rentenberechnung der dem Kläger monatlich zustehenden Rente wegen Erwerbsminderung ergeben sich aus §§ 63 und 64 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI). Danach richtet sich die Höhe einer Rente vor allem nach der Höhe der während des Versicherungslebens durch Beiträge versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen (§ 63 Abs 1 SGB VI). Das in den einzelnen Kalenderjahren durch Beiträge versicherte Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen wird in EP umgerechnet (§ 63 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Für beitragsfreie Zeiten werden EP angerechnet, deren Höhe von der Höhe der in der übrigen Zeit versicherten Arbeitsentgelte und Arbeitseinkommen abhängig ist (§ 63 Abs 3 SGB VI). Der Monatsbetrag der Rente ergibt sich, wenn (1.) die unter Berücksichtigung des Zugangsfaktors ermittelten persönlichen EP, (2.) der Rentenartfaktor und (3.) der aktuelle Rentenwert mit ihrem Wert bei Rentenbeginn miteinander vervielfältigt werden (§ 64 SGB VI).

Den Rentenartfaktor (§ 67 SGB VI) und den aktuellen Rentenwert (§ 68 SGB VI) hat der Kläger nicht beanstandet, Fehler bei der Berechnung sind insoweit nicht ersichtlich. Aber auch die EP wurden zutreffend nach § 66 SGB VI, §§ 70 ff SGB VI ermittelt.

Nach § 66 Abs 1 SGB VI ergeben sich die persönlichen EP für die Ermittlung des Monatsbetrags der Rente, indem die Summe aller EP ua für Beitragszeiten, beitragsfreie Zeiten und Zuschläge für beitragsgeminderte Zeiten mit dem Zugangsfaktor vervielfältigt wird. Beitragszeiten und beitragsfreie Zeiten sind rentenrechtliche Zeiten (§ 54 Abs 1 Nr 1 und 2 SGB VI). Beitragszeiten sind Zeiten, für die nach Bundesrecht Pflichtbeiträge (Pflichtbeitragszeiten) oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind. Pflichtbeitragszeiten sind auch Zeiten, für die Pflichtbeiträge nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten (§ 55 SGB VI). Beitragszeiten werden vom Gesetz als Zeiten mit vollwertigen Beiträgen und als beitragsgeminderte Zeiten unterschieden (§ 54 Abs 1 Nr 1a und 1b SGB VI). Dabei sind Zeiten mit vollwertigen Beiträgen Kalendermonate, die mit Beiträgen belegt und nicht beitragsgeminderte Zeiten sind (§ 54 Abs 2 SGB VI). Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§ 54 Abs 4 SGB VI). Anrechnungszeiten sind ua Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 17. Lebensjahr eine Schule, Fachschule oder Hochschule besucht oder an einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme teilgenommen haben (Zeiten einer schulischen Ausbildung), insgesamt jedoch höchstens bis zu acht Jahre (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI). Nach § 252 Abs 2 Nr 1 SGB VI sind Anrechnungszeiten auch Zeiten, für die die Bundesagentur für Arbeit in der Zeit vom 01.01.1983 bis zum 31.12.1997 wegen des Bezugs von Sozialleistungen Pflichtbeiträge oder Beiträge für Anrechnungszeiten gezahlt hat. Beitragsgeminderte Zeiten sind Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten belegt sind (§ 54 Abs 3 Satz 1 SGB VI). § 54 Abs 3 Sätze 2 und 3 SGB VI bestimmen daneben: Als beitragsgeminderte Zeiten gelten Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine Berufsausbildung (Zeiten einer beruflichen Ausbildung). Als solche gelten stets die ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für Zeiten einer versicherten Beschäftigung oder selbständigen Tätigkeit bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres.

Ausgehend hiervon hat die Beklagte die Zeiten zutreffend berücksichtigt. Der Kläger wendet sich insbesondere gegen die Ermittlung der EP für beitragsfreie und beitragsgeminderte Zeiten (§ 71 SGB VI). Die EP für Beitragszeiten, deren Berechnung sich nach § 70 Abs 1 SGB VI richtet, hat der Kläger nicht beanstandet, Fehler sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat 12,2495 EP und 0,1416 EP (Ost) ermittelt.

Beitragsfreie Zeiten erhalten den Durchschnittswert an EP, der sich aus der Gesamtleistung an Beiträgen im belegungsfähigen Zeitraum ergibt. Dabei erhalten sie den höheren Durchschnittswert aus der Grundbewertung aus allen Beiträgen oder der Vergleichsbewertung aus ausschließlich vollwertigen Beiträgen (§ 73 Abs 1 SGB VI). Zur Grundbewertung bestimmt § 72 SGB VI: Bei der Grundbewertung werden für jeden Kalendermonat EP in der Höhe zugrunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der EP für Beitragszeiten und Berücksichtigungszeiten durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird (§ 72 Abs 1 SGB VI). Der belegungsfähige Gesamtzeitraum umfasst die Zeit vom vollendeten 17. Lebensjahr bis zum Kalendermonat vor Beginn der zu berechnenden Rente bei ua einer Rente wegen Alters. Der belegungsfähige Gesamtzeitraum verlängert sich um Kalendermonate mit rentenrechtlichen Zeiten vor Vollendung des 17. Lebensjahres (§ 72 Abs 2 Satz 1 Nr 1 und Satz 2 SGB VI). Nicht belegungsfähig sind Kalendermonate mit ua beitragsfreien Zeiten, die nicht auch Berücksichtigungszeiten sind (§ 72 Abs 3 Nr 1 SGB VI). Für die Ermittlung des Durchschnittswertes werden jedem Kalendermonat mit Zeiten einer beruflichen Ausbildung mindestens 0,0833 Entgeltpunkte zugrunde gelegt und diese Kalendermonate insoweit nicht als beitragsgeminderte Zeiten berücksichtigt (§ 71 Abs 3 Satz 1 Nr 2 SGB VI). Dies ist erfolgt. Die Beklagte hat die Zeit von Juni 1988 bis Mai 1991 (Ausbildung) und März 2000 bis August 2000 (Umschulung) mit 0,0833 EP berücksichtigt.

Die Beklagte ermittelte insgesamt 217 belegungsfähige Kalendermonate; sie ist ausgehend von einem grundsätzlich belegungsfähigen Zeitraum (§ 72 Abs 2 Satz 1 Nr 2 SGB VI) für die Zeit ab Vollendung des 17. Lebensjahres bis zum Eintritt der Erwerbsminderung (02.11.1985 bis 24.02.2015) zutreffend von 352 Monaten ausgegangen. Hiervon hat sie als nicht belegungsfähige Zeiten - also Kalendermonate mit beitragsfreien Zeiten, die nicht auch Berücksichtigungszeiten sind, und Zeiten, in denen eine Rente aus eigener Versicherung bezogen worden ist, die nicht auch Beitragszeiten oder Berücksichtigungszeiten sind (vgl § 72 Abs 3 SGB VI) – 135 Monate abgesetzt. Beitragsfreie Zeiten sind Kalendermonate, die mit Anrechnungszeiten, mit einer Zurechnungszeit oder mit Ersatzzeiten belegt sind, wenn für sie nicht auch Beiträge gezahlt worden sind (§ 54 Abs 4 SGB VI). Die Zeit der Ausbildung an einer Fachschule (02.11.1985 bis 03.07.1987: 21 Monate) stellt eine Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI dar, die nicht mit Beiträgen belegt ist. Die Zeit des Bezugs der Rente wegen Erwerbsminderung stellt gemäß § 59 Abs 1 SGB VI eine Zurechnungszeit dar. Dabei sind die Zeiten von November 2003 bis Dezember 2004 (14 Monate) und von Januar 2005 bis Februar 2009 (50 Monate) nicht auch zugleich mit Beiträgen belegt und daher beitragsfrei. Die Zeit des Bezugs von Arbeitslosengeld II (Januar 2011 bis Februar 2015: 50 Monate) stellt eine Anrechnungszeit dar (§ 58 Abs 1 Nr 3 SGB VI), Beiträge wurden nicht gezahlt. Auch stellt die Zeit keine Berücksichtigungszeit (§ 57 SGB VI) dar. Insgesamt ergab sich damit ein belegungsfähiger Zeitraum von 217 Monaten. Ausgehend von 13,3295 EP für die belegungsfähigen Monate (217 Monate) ergab sich ein Durchschnittswert von 0,0614.

Da dieser Durchschnittswert aus der Grundbewertung jedoch geringer ist als der Durchschnittswert aus der Vergleichsbewertung (0,0640), war letzterer zugrunde zu legen. Zur Vergleichsbewertung bestimmt § 73 SGB VI: Bei der Vergleichsbewertung werden für jeden Kalendermonat EP in der Höhe zugrunde gelegt, die sich ergibt, wenn die Summe der EP aus der Grundbewertung ohne EP für 1. beitragsgeminderte Zeiten, 2. Berücksichtigungszeiten, die auch beitragsfreie Zeiten sind, und 3. Beitragszeiten oder Berücksichtigungszeiten, in denen eine Rente aus eigener Versicherung bezogen worden ist, durch die Anzahl der belegungsfähigen Monate geteilt wird. Dabei sind von den belegungsfähigen Monaten aus der Grundbewertung die bei der Vergleichsbewertung außer Betracht gebliebenen Kalendermonate mit EP abzusetzen. Die Beklagte hat dementsprechend in der Vergleichsbewertung 204 Monate zugrunde gelegt. Von den aus der Grundbewertung zugrunde gelegten 217 Monate waren 7 Monate (mit je 0,1416 EP) beitragsgemindert, nämlich die Zeiten vom 13.09.1993 bis 27.09.1993 und vom 29.09.1993 bis 23.03.1994. Beitragsgeminderte Zeiten sind Kalendermonate, die sowohl mit Beitragszeiten als auch Anrechnungszeiten, einer Zurechnungszeit oder Ersatzzeiten belegt sind (§ 54 Abs 3 Satz 1 SGB VI). Die vorgenannte Zeit war mit Pflichtbeiträgen gespeichert und zugleich handelt es sich um eine Anrechnungszeit, weil die Bundesagentur für Arbeit Beiträge gezahlt hat (vgl § 252 Abs 2 Nr 1 SGB VI). Außerdem waren 6 Monate (mit je 0,1373 EP) als Zeit des Bezugs einer Rente aus eigener Versicherung bei gleichzeitiger Beitragszeit abzuziehen. Die Zeiten vom 01.05.2003 bis 27.09.2003 sowie vom 28.09.2003 bis 31.10.2003 sind als Pflichtbeitragszeit gespeichert, der Kläger hat gleichzeitig eine Rente wegen Erwerbsminderung bezogen, sodass der Zeitraum zugleich eine Zurechnungszeit gemäß § 59 Abs 1 SGB VI darstellt. Insgesamt ergab sich eine Summe von 13,0506 EP für 204 Monate, was zu einem gegenüber der Grundbewertung erhöhten Durchschnittswert von 0,0640 EP führte.

Eine zweite Vergleichsberechnung war hingegen nicht durchzuführen. Nach § 73 Satz 1, letzter HS SGB VI werden bei einer zweiten Vergleichsberechnung EP für die letzten vier Jahre bis zum Eintritt der Erwerbsminderung nicht berücksichtigt, wenn sich dadurch ein höherer Wert aus der Vergleichsbewertung ergibt (sog Günstigerprüfung). Die Erwerbsminderung ist im Februar 2015 eingetreten. In den letzten vier vorangegangenen Jahren hat der Kläger jedoch Arbeitslosengeld II bezogen. Diese Zeiten wurden daher ohnehin bei der Grundbewertung und ersten Vergleichsberechnung nicht berücksichtigt. Für diese Zeit wurden keine EP berücksichtigt und auch die zugrundeliegenden Monate wurden nicht als belegungsfähige Monate und damit auch nicht bei Berechnung der Durchschnittswerte zugrunde gelegt. Wie bereits dargelegt, hat die Beklagte diese Zeiten als nicht belegungsfähige Zeiten (beitragsfreie Zeiten, die nicht auch Berücksichtigungszeiten sind, und Zeiten, in denen eine Rente aus eigener Versicherung bezogen worden ist, die nicht auch Beitragszeiten oder Berücksichtigungszeiten sind [vgl § 72 Abs 3 SGB VI]) abgesetzt.

Anders als der Kläger meint, waren hingegen die Zeiten vom 01.06.1991 bis 23.08.1993 weder bei der Grundbewertung noch bei der Vergleichsbewertung außer Betracht zu lassen. Eine rechtliche Grundlage, diese unberücksichtigt zu lassen, besteht nicht. Insbesondere führt auch die Berücksichtigung der nach dem FRG bewerteten Zeiten mit dem Faktor 0,6 (§ 22 Abs 4 FRG) nicht dazu, dass diese Zeiten als beitragsgemindert anzusehen und daher außer Acht zu lassen sind. Die Definition des § 54 Abs 3 SGB VI erfüllen diese Zeiten nicht. Sie stellen daher vollwertige Beitragszeiten iSv § 54 Abs 1 Nr 1b SGB VI dar. Beitragsgeminderte Zeiten liegen ua dann vor, wenn ein Beitrag und eine beitragsfreie Zeit in einem Kalendermonat aufeinander folgen, für eine beitragsfreie Zeit zusätzlich Beiträge gezahlt werden oder eine Zeit nach gesetzlicher Regelung zur beitragsfreien Zeit oder zur Beitragszeit erklärt wird (vgl §§ 246, 247 Abs 1, § 252 Abs 2 Nr. 2 SGB VI). Es handelt sich mithin oftmals um Kalendermonate, in denen regelmäßig aufgrund der nur für einen Teil des Monats gezahlten Beiträge geringere Beiträge entrichtet worden sind. Damit nicht zu vergleichen ist der durch die Regelung in § 22 Abs 4 FRG bewirkte Wertverlust der Rentenanwartschaften. Die Reduzierung der EP um 40 % nach § 22 Abs 4 FRG hat ihren Grund darin, dass den in den Herkunftsgebieten erbrachten oder zurückgelegten Beitrags- und Beschäftigungszeiten keine Eigenleistung zugrunde liegt, da deren Wertschöpfung nicht innerhalb der zur Leistung verpflichteten Solidargemeinschaft erfolgt und ihr auch nicht zugutegekommen ist. Die Regelung ist verfassungsgemäß (BVerfG 13.06.2006, 1 BvL 9/00, BVerfGE 116, 96-135).

Ausgehend von diesem Gesamtleistungswert hat die Beklagte die beitragsfreien und beitragsgeminderten Zeiten nach § 71 Abs 1, 2 SGB VI bewertet. Für beitragsfreie Zeiten (Zurechnungszeit vom 24.02.2015 bis 01.11.2030 [190 Monate]; Anrechnungszeit wegen Rentenbezugs 01.11.2003 bis 28.02.2009 [64 Monate]; Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung vom 02.11.1985 bis 03.07.1987 [21 Monate]) ergaben sich für 275 Monate 17,2640 EP. Für die beitragsgeminderten Zeiten (Monate mit Beitragszeiten und mit Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosengeldbezug von September 1993 bis März 1994 [7 Monate] und Monate mit Beitragszeiten für nachgewiesene berufliche Ausbildung von März bis August 2000 [6 Monate]) wurden 0,2168 zusätzliche EP ermittelt. Dies ist nicht zu beanstanden.

Es ergaben sich 12,2495 EP für Beitragszeiten, 17,2640 EP für beitragsfreie Zeiten und 0,2168 zusätzliche EP für beitragsgeminderte Zeiten und damit insgesamt 29,7303 EP sowie 0,1416 EP (Ost). Auch die hiervon ausgehende weitere Berechnung der Rente ist nicht zu beanstanden.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG).

Rechtskraft
Aus
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