Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.05.2020 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin macht die Kosten für drei stationäre Fieberstoß-Behandlungen geltend, die sie nach Klageerhebung in der H Klinik in B vom 16.05. bis 18.05.2018, 03.12. bis 05.12.2018 und 20.11. bis 22.11.2019 auf eigene Rechnung durchgeführt hat.
Die 1959 geborene Klägerin ist Mitglied der beklagten Krankenkasse. Im Oktober 2010 wurde bei ihr Brustkrebs diagnostiziert. Die Behandlung dieser Erkrankung erfolgte durch eine operative Entfernung (Resektion) des Tumors (brusterhaltende Operation). Eine Strahlentherapie und eine Chemotherapie lehnte die Klägerin ab. Stattdessen führte sie ab 2011 eine biologische Tumorbehandlung durch und nahm Maßnahmen der komplementären Onkologie in Anspruch. Die Beklagte beteiligte sich an den Kosten eines stationären Aufenthalts der Klägerin in der H Klinik B vom 10.09. bis 02.10.2013. Außerdem zahlte sie auf einen Kostenübernahmeantrag der Klägerin vom 11.10.2013 - den sie zunächst abgelehnt hatte (Bescheid vom 06.12.2013) - einen Betrag von 4.600 €.
Am 10.10.2017 ging ein Schreiben der Klägerin bei der Beklagten ein, in dem sie ausführte, laut Blutuntersuchungen vom 22.08.2017 habe sich ihr Immunsystem wesentlich verschlechtert. Wie im beigefügten Attest ihres W zu lesen, sei daher dringend ein weiterer Fieberstoß erforderlich. Dieser könnte sowohl ambulant bei W in N als auch stationär in der H Klinik in B durchgeführt werden. Des Weiteren seien ihr zwei neue, noch nicht beantragte Medikamente für den Immunaufbau verordnet worden - Astaxanthin und Viathen-T. Sie bitte dringend um Zusage der Kostenübernahme im Sinne einer Einzelfallentscheidung.
In dem Attest des W heißt es ua, bei der Blutuntersuchung am 23.08.2017 sei ein erhöhter TKTL1-Score von 122 (Norm: <119) festgestellt worden. Das TKTL1 (TKT = Transketolase like Protein) werde von Tumorzellen gebildet, wenn sie von Verbrennungsstoffwechsel auf Vergärungsstoffwechsel umschalteten und damit zur aggressiven Krebszelle würden. Dies ermögliche dem Tumor, invasiv zu wachsen und zu metastasieren, und sei verbunden mit einer Resistenz gegen radikal- und apoteoseauslösende Therapien. TKTL1 sei ein Maß für die Resistenz gegenüber Strahlen- und Chemotherapie. Ein weiteres Merkmal für die Bösartigkeit von malignen Tumoren sei die Blockierung der Endonuklease DNaseX im Kern der Tumorzellen. Im Blut lasse sich ein dagegen gerichteter Antikörper APO10 nachweisen, der mit dem Verlust des programmierten Zelltods (Apoptose) korreliere. Der Verlust der Apoptosefähigkeit sei ein wesentliches Merkmal von Krebszellen. Ferner habe die Blutanalyse eine deutlich verminderte Aktivität des Immunsystems und geringe Abwehr gegen das Entstehen von Tumorzellen ergeben. Aus diesem Grund seien bei der Klägerin weiterhin komplementäre Krebstherapien indiziert. Um die Immunabwehr und das Immunsystem zu verbessern, sei es medizinisch dringend erforderlich, dass immunstimulative und tumordestruktive Therapien bei der Klägerin weitergeführt würden. Er empfehle die Fortsetzung einer aktiven Fiebertherapie, die ambulant durchgeführt werden könne, und die Einnahme von Astaxanthin und Viathen-T. Astaxanthin sei ein Antioxidant und mindere die Reaktion von Fetten mit freien Radikalen (Lipidperoxidation) und so die Entstehung DNA-schädlicher Stoffe. Viathen-T sei eine hochwertige Mineralstoffkombination mit ua Zink, Selen, Mangan zum Schutz der Zellen vor oxidativem Stress sowie Verbesserung des Immunsystems. Bei der aktiven Fiebertherapie werde bei dem Patienten Fieber erzeugt durch die Injektion von Pyrogenen; diese Stoffe erzeugten Fieber. Durch Bakterientoxine werde eine Erhöhung der Körpertemperatur auf 38,5° C bis 40,5° C ausgelöst. Während des Fieberschubs von meist drei bis vier Stunden komme es zu einer Mobilisierung sämtlicher Immunaktivitäten im Organismus. Durch die Temperaturerhöhung werde das Immunsystem am stärksten stimuliert, wobei durch diese Temperaturerhöhung gleichzeitig Tumorzellen abgetötet würden.
Mit Bescheid vom 19.10.2017 lehnte die Beklagte die Kostenübernahme für eine Hyperthermie-Behandlung ab. Es handele sich dabei um eine sog Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode (NUB), die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) nicht anerkannt worden sei und die deshalb nicht über die Gesundheitskarte abgerechnet werden könne.
Die Klägerin legte gegen diese Entscheidung der Beklagten am 20.11.2017 Widerspruch ein. Sie habe die von der Beklagten abgelehnte Hyperthermie (Infrarotstrahlung von außen) gar nicht beantragt. Beantragt habe sie einen weiteren Fieberstoß (Fiebertherapie durch Infusion) in der H Klinik.
Mit einem weiteren Bescheid vom 04.12.2017 lehnte die Beklagte eine Kostenübernahme für die beantragte stationäre Behandlung in der H Klinik ab mit der Begründung, die H Klinik sei kein zugelassenes Krankenhaus. Der Klägerin wurden in dem Bescheid mehrere zugelassene Vertragskrankenhäuser benannt, deren Behandlungsangebot auch wissenschaftlich noch nicht allgemein anerkannte Behandlungsmethoden umfasse.
In einem Telefonat mit der Beklagten erklärte die Klägerin, ihren Widerspruch aufrechtzuerhalten, und am 29.12.2017 legte sie schriftlich gegen den Bescheid vom 04.12.2017 Widerspruch ein. Zur Begründung brachte sie ua vor, ausweislich des beigefügten Protokolls einer Bestandsschutzprüfung von 15.06.1989 werde die H Klinik vom Landesverband der Krankenkassen als Einrichtung nach § 107 Abs 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) eingestuft und es werde ausgeführt, dass ein Versorgungsvertrag nach § 111 Abs 3 SGB V unterstellt werde. Ihre immunbiologischen Behandlungen mit aktiver Fiebertherapie in der H Klinik seien 2014 von der Beklagten genehmigt und mehrfach bezahlt worden. Somit sollte es der Beklagten auch möglich sein, die Kosten für eine Fortführung dieser Therapie zu übernehmen. Die von ihr erneut beantragten aktiven Fiebertherapien würden in der H Klinik stationär durchgeführt und seien somit erstattungsfähig. Keine von den Kliniken, welche die Beklagte vorgeschlagen habe, führe eine aktive Fiebertherapie durch.
Die Beklagte bat den MDK um eine Stellungnahme. Im Gutachten vom 02.02.2018 führte O aus, in den von der Klägerin eingereichten Unterlagen sei nirgends die Erkrankung aufgeführt, wegen der die aktive Fiebertherapie durchgeführt werden solle. Eine ärztliche Verordnung von Krankenhausbehandlung liege ebenfalls nicht vor. Auch enthielten die Unterlagen keinerlei Angaben über den aktuellen klinischen Zustand der Klägerin und die aktuell durchgeführte ambulante Behandlung. Es liege in der Natur der Dinge, dass man bei dieser spärlichen Informationslage die medizinische Notwendigkeit einer stationären Behandlung nicht nachvollziehen könne. Die Beklagte übersandte das Gutachten des MDK der Klägerin und fragte an, ob der Widerspruch aufrechterhalten bleibe. Nachdem eine Antwort der Klägerin ausgeblieben war, wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2018 als unbegründet zurück.
Am 08.03.2018 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben mit dem Antrag, die Beklagte zu verpflichten, die Kosten für die selbstbeschaffte privatärztliche stationäre Behandlung zu erstatten bzw zu übernehmen (Klageschrift vom 08.03.2018). Die Klägerin hat zahlreiche Unterlagen (ua Aufsätze) vorgelegt, die ihrer Ansicht nach einen Erfolg der von ihr geforderten aktiven Fiebertherapie belegten.
Das SG hat zunächst die behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen befragt. W (Schreiben vom 04.12.2018) hat mitgeteilt, die Klägerin lasse einmal im Jahr eine umfangreiche Laboruntersuchung machen. Momentan nehme die Klägerin Immunstimulanzien, ua Astaxanthin und Viathen T im Wechsel. Die Klägerin sei lange tumorfrei gewesen, momentan bestehe ein Verdacht auf eine Knochenmetastase. Bei einem am 13.09.2018 in M durchgeführten Ganzkörper-MRT sei am Humeruskopf links (das zur Schulter zeigende Ende des linken Oberarmknochens) eine vermehrte Kontrastmittelaufnahme wahrgenommen worden, welche Metastasen suspekt sein könnte, jedoch auch degenerativ bedingt sein könnte. Die immunbiologische Therapie in Verbindung mit der aktiven Fiebertherapie nach Coley habe eine tumordestruktive Wirkung. Bis zur Einführung der Zytostatika sei die Fiebertherapie als einzige systemische Krebstherapie angesehen worden. C habe ab 1892 in New York eine Kombination aus Streptokokken und Bacterium prodigiosum zur Fiebererzeugung verwendet und habe damit erstaunliche Erfolge gehabt. Mit der von C eingeführten bakteriellen Fiebervakzine seien seinerzeit durchschnittlich bis zu 50 Prozent Langzeitremissionen bei histologisch gesicherten Krebs- und Sarkom-Patienten erzielt worden. J habe Patienten mit Syphilis erfolgreich mit der Fiebertherapie behandelt und habe dafür 1928 den Nobelpreis bekommen. Die Fiebertherapie könne ambulant durchführt werden und habe keine gravierenden Nebenwirkungen. Wie aus der Laboruntersuchung von Biovis MVZ Diagnostik hervorgehe, bestehe bei der Klägerin eine Kontraindikation gegen Radiatio oder Chemotherapie. W hat seiner Auskunft mehrere Unterlagen beigefügt, darunter auch den Bericht des Instituts für Klinische Radiologie und Nuklearmedizin des Uklinikums M vom 13.09.2018.
Herr D der H Klinik, hat mit Schreiben vom 15.01.2019 geantwortet. Darin enthalten ist eine Aufstellung über die in der H Klinik von 2013 bis 2018 durchgeführten 12 Heilfieberbehandlungen. Die aktiven Heilfieberbehandlungen in Kombination mit einer immunbiologischen Infusionstherapie hätten jeweils als kurzstationäre Aufenthalte (2 Behandlungstage, 2 Belegungstage) stattgefunden. Seit 2018 sei es bei der Klägerin zu einem Anstieg der Tumormarker APOI 10 sowie TKTL1 gekommen. Der zeitgleich durchgeführte Immunstatus zeige eine absolute Verminderung der T-Zellen. Auch sei der natural killer cell Anteil NK sowie jener der zytoxischen Zellen erniedrigt gewesen. Aufgrund der bei dem Ganzkörper-MRT am 13.09.2018 festgestellten 12 mm messende hypodense Läsion bestehe der Verdacht auf eine beginnende ossäre Metastasierung des bekannten Mammakarzinoms. Eine aktive Heilfieberbehandlung sollte aus Gründen der Therapiesicherheit ausnahmslos unter stationären Bedingungen durchgeführt werden. Anerkannte Behandlungsalternativen, die sich an gynäkologisch-onkologischen Leitlinien orientierten, beinhalteten für die Klägerin weitaus belastendere zytoreduktive Verfahren. Diese würden aber neben einer im Einzelfall nicht genau vorhersagbaren Wirkung auf die Krebszellen immer auch ein hohes Risiko einer weiteren Verschlechterung der individuellen Immunkompetenz bergen.
Anschließend hat das SG auf Antrag der Klägerin nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ein auf einer ambulanten Untersuchung der Klägerin am 18.11.2019 beruhendes Gutachten bei E, Arztpraxis für Palliativmedizin, Naturheilkunde und komplementäre Onkologie, eingeholt (Gutachten vom 27.12.2019). In dem Gutachten hat der Sachverständige folgende Diagnose gestellt: invasiv ductales Mamma-Karzinom rechts pT2 G3 pN0 (0/2 SN) M0 ER neg PR neg Her2 neu negativ ED10/10. Bei der Klägerin habe ein schlecht differenzierter Krebs mit sehr schnellem Wachstum und verstärkter Tendenz zur Streuung vorgelegen. Außerdem habe bei ihr eine dreifach negative Konstellation vorgelegen. Beim dreifach negativen (triple negative) Brustkrebs befänden sich auf der Oberfläche der Krebszellen keine Bindungsstellen (Rezeptoren) für die Hormone Östrogen und Progesteron, auch der humane epidermale Wachstumsfaktor-Rezeptor Typ 2 (Her2) sei nicht ausgeprägt. Nach der brusterhaltenden Resektion 2010 seien Maßnahmen aus der biologischen Tumorbehandlung bzw komplementären Onkologie erfolgt. Eine Bestrahlung und Chemotherapie seien nicht durchgeführt worden. Die Laboruntersuchungen zeigten eine persistierende Erhöhung des Tumormarkers TKTL1 als Hinweis für ein weiterhin bestehendes Tumorproblem. Die Leukopenie, Lymphopenie, die Defizite einiger T-Lymphozytenuntergruppen wiesen auf eine verminderte Immunabwehr hin, sowohl der Lymphozyten-Zellzahl als auch der Lymphozyten-Funktion. Die aktive Fiebertherapie sei für die Klägerin eine geeignete Therapieform. Aufgrund der dauerhaften zellulären Immunabwehrschwäche bei weiter bestehendem erhöhten Tumorrezidivrisiko müsse diese Therapie dauerhaft fortgeführt werden. Die Fiebertherapie werde in Deutschland in stationären Einrichtungen durchgeführt. Der Grund sei die Notwendigkeit der Überwachung und Versorgung den ganzen Tag über und die Einbettung in ein begleitendes Therapiekonzept. Die vorhandenen Daten über die Wirksamkeit der aktiven Fiebertherapie beim Mammakarzinom stammten aus Fallberichten, da eine Großserie mit Doppelverblindung nie habe durchgeführt werden können. Bei der Klägerin bestehe eine besonders bösartige Unterform des Brustkrebses. Ohne wirksame Therapie verlaufe diese Krankheit regelhaft desaströs. Die Klägerin habe 2010 mit der biologischen Tumorbehandlung begonnen und sei bis heute rezidivfrei.
Zu diesem Gutachten hat die Beklagte die Stellungnahme des MDK vom 26.02.2020 (L) eingeholt. Aus sozialmedizinischer Sicht könne bei der Versicherten aus den vorliegenden Berichten gegenwärtig keine relevante Gesundheitsstörung abgeleitet werden. Der Brustkrebs sei 2010 operativ entfernt worden. Bis heute gebe es keinen Nachweis eines Rezidivs. Eine Erhöhung der Blutwerte für Kalzium und Alkalische Phosphate könnten in der Tat bedingt sein durch Knochenmetastasen, allerdings seien beide Werte in der vorliegenden Blutwertbestimmung nur leicht erhöht und es gebe eine Reihe anderer, nicht tumorbedingter Ursachen für diese diskrete Erhöhung. Aus einer persistierenden TKTL1-Erhöhung auf ein anhaltendes „Tumorproblem“ zu schließen, sei wissenschaftlich nicht zu belegen. Aus der vom Sachverständigen E angegebenen Quelle könne nicht die Behauptung abgleitet werden, dass Tumorerkrankungen, die mit einem erhöhten TKTL1-Wert verbunden seien, nicht auf Chemo- oder Strahlentherapie ansprächen. Der Bericht, auf den sich der Sachverständige beziehe, befasse sich mit der Verwendung des Bluttests als möglicher Tumormarker. Eine Immundefizienz (Sammelbegriff für unterschiedliche Erkrankungen des Immunsystems) könne zu einer abgeschwächten Immunabwehr gegenüber Tumorzellen führen. Eine Tumorerkrankung sei bei der Versicherten zum gegenwärtigen Zeitpunkt jedoch nicht ersichtlich. Auch liege weder eine pathologische Infektanfälligkeit noch eine Immundysregulation vor. Immundysregulationen könnten durch Granulome, Autoimmunerkrankungen, rezidivierende Fieberschübe/chronische Entzündungen, Ekzemneigung, Lymphoproliferation und chronische Darmentzündung symptomatisch werden. All das sei bei der Klägerin nicht ersichtlich. Aus den zur Verfügung stehenden Laborwerten könne lediglich eine grenzwertige bis leichte Verminderung einzelner an der körpereigenen Immunantwort beteiligter Zelllinien abgleitet werden. Eine manifeste, behandlungsbedürftige Immundefizienz sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich.
Die Klägerin hat die Rechnungen der H Klinik vom 18.05.2018, 05.12.2018 und 22.11.2019 in Höhe von zusammen 2.250 € für stationäre Fieberstoß-Behandlungen in den Jahren 2018 und 2019 vorgelegt, außerdem Aufstellungen über ihre Aufwendungen in den Jahren 2020 (270,91 €), 2019 (1.542,40 €) und 2018 (2.039,59 €). Mit Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 22.04.2020 (Bl 226 der SG-Akte S 16 KR 784/18) bezeichnete die Klägerin die Kosten für die stationären Behandlungen in der H Klinik (zusammen 2.250 €) als streitgegenständlich.
Mit Urteil vom 14.05.2020 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Bescheid vom 19.10.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2018 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Beklagte habe den Antrag auf eine immunbiologische Behandlung in der H Klinik zu Recht abgelehnt und den hiergegen gerichteten Widerspruch auch zu Recht zurückgewiesen, denn die Durchführung des Verwaltungsverfahrens sei unzulässig gewesen. Der § 18 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) entfalte eine Sperrwirkung für die Einleitung weiterer Verwaltungsverfahren zum selben Verfahrensgegenstand. Zwar fehle es an einer § 90 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und § 17 Abs 1 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) entsprechenden ausdrücklichen Regelung über den Ausschluss neuer Verwaltungsverfahren in derselben Sache, sei es bei derselben oder einer weiteren Behörde. Bei den vorgenannten Bestimmungen der VwGO und des GVG handele es sich jedoch um Ausprägungen des allgemeinen rechtsstaatlichen Grundsatzes der Effizienz und guten Ordnung staatlichen Handelns, die auch für das Verwaltungsverfahren heranzuziehen und bei der Anwendung von § 18 SGB X zu beachten seien (Hinweis auf Sächsisches OVG, Urteil vom 07.04.2009, 4 A 415/08, juris Rn. 51 mwN). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze sei das mit dem Antrag der Klägerin vom 10.10.2017 eingeleitete Verwaltungsverfahren gerichtet auf Gewährung von weiteren, also noch nicht erfolgten, immunbiologischen Behandlungen unzulässig, nachdem die Klägerin bereits am 23.12.2015 denselben Antrag gestellt gehabt habe, das Verwaltungsverfahren hierüber noch nicht bestandskräftig abgeschlossen sei, da eine Klage unter dem Aktenzeichen S 16 KR 1972/17 anhängig sei und deshalb eine Sperrwirkung entfalte.
Hinsichtlich ihres weiteren Begehrens, die bereits entstandenen Kosten erstattet zu erhalten, bleibe dies auch erfolglos, denn die Klägerin habe auch keinen Anspruch auf Erstattung der Kosten für die zwischenzeitlich durchgeführten Behandlungen in der H Klinik. Die Krankenkasse dürfe gemäß § 13 Abs 1 SGB V anstelle der Sach- und Dienstleistung Kosten nur dann erstatten, soweit dies gesetzlich vorgesehen sei. Im vorliegenden Fall komme als Anspruchsgrundlage für eine Kostenerstattung § 13 Abs 3 SGB V in Betracht. Ein Anspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V sei nicht gegeben. Ein solcher setze voraus, dass ein Naturalleistungsanspruch des Versicherten bestehe, der durch die Krankenkasse rechtswidrig nicht erfüllt - also etwa abgelehnt - werde und der Versicherte sich die entsprechende Leistung aufgrund der rechtswidrigen Ablehnung selbst beschaffe. Die Beklagte habe zwar einen Naturalleistungsanspruch mit Bescheid vom 21.01.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 24.05.2017 verweigert, der Gegenstand des Verfahrens S 16 KR 1972/17 sei, dies sei aber nicht rechtswidrig gewesen. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V reiche nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch (§ 2 Abs 2 SGB V) und setze daher voraus, dass die selbstbeschaffte Leistung zu den Leistungen gehöre, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen hätten (vgl BSG 08.09.2015, B 1 KR 14/14 R). Die Klägerin habe jedoch keinen Sachleistungsanspruch gegen die Beklagte auf eine immunbiologische Behandlung.
Gemäß § 39 Abs 1 Satz 2 SGB V hätten Versicherte Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Dabei dürften die Krankenkassen Krankenhausbehandlung nur durch folgende Krankenhäuser (zugelassene Krankenhäuser) erbringen lassen: (1.) Krankenhäuser, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als Hochschulklinik anerkannt seien, (2.) Krankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen seien (Plankrankenhäuser), oder (3.) Krankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen hätten, § 108 SGB V. Die H Klinik B sei kein zugelassenes Krankenhaus. Auch nach dem Vortrag der Klägerin und den von ihr vorgelegten Unterlagen sei die H Klinik zwar Rehabilitationseinrichtung gemäß § 111 Abs 1 SGB V, nicht jedoch zugelassenes Krankenhaus im Sinne des § 108 SGB V.
Auch ein Anspruch auf eine Leistungserbringung nach § 2 Abs la SGB V sei nicht gegeben. Die Norm setze voraus, dass eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödlich verlaufende oder zumindest wertungsmäßig damit vergleichbare Erkrankung vorliege, wenn bezüglich dieser Krankheit eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung stehe und für die begehrte Behandlung eine auf Indizien gestützte, nicht ganz fernliegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens auf eine spürbare positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf bestehe. Bei der Klägerin liege zum jetzigen Zeitpunkt bereits keine Krankheit vor. Nach den übereinstimmenden Aussagen der behandelnden Ärzte im Verfahren S 16 KR 1972/17, M1 und B1, sei die Klägerin nach ihrer Krebserkrankung geheilt, es sei weder zu einem Rezidiv gekommen, noch seien weitere Tumore aufgetreten. Zwar hätten W und der D darauf hingewiesen, dass bei der MRT-Untersuchung am 13.09.2018 ein Befund erhoben worden sei, der einen Verdacht auf eine Metastasierung begründe. Allerdings könne die vermehrte Kontrastmittelaufnahme nach der Aussage des W, die durch den beigefügten Befundbericht über das durchgeführte MRT bestätigt werde, auch durch eine degenerative Veränderung hervorgerufen worden sein. Eine Bestätigung des Verdachts auf eine weitere Metastasierung sei bislang nicht erfolgt, so dass im streitigen Zeitraum nicht von einer weiteren Erkrankung ausgegangen werden könne.
Am 25.06.2020 hat die Klägerin gegen das Urteil, das ihr am 28.05.2020 zugestellt worden ist, Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, sie leide unstreitig an einer lebensbedrohlichen Erkrankung. Die besonderen Umstände der Erkrankung ließen keinen anderen Schluss zu. Zu Unrecht verneine das SG das Bestehen einer lebensbedrohlichen Erkrankung bzw stelle dies zumindest in Frage. Krebserkrankungen seien regelmäßig lebensbedrohlich und könnten nicht an relativen Heilungsprognosen gemessen werden. Sofern diese Erkrankungen nicht therapiert würden, verliefen sie unweigerlich tödlich. Unabhängig von der Frage der Heilungschancen könne dementsprechend ein Rückfallrisiko, das Auftreten von Rezidiven, nicht vollständig ausgeschlossen werden. Es sei daher zumindest mittelbar von einer Lebensbedrohlichkeit durch die Erkrankung auszugehen. In diesem Zusammenhang werde auf die Rechtsprechung des BVerfG verwiesen. Dieses habe ausgeführt, der Annahme eines lebensbedrohlichen Zustands stehe nicht entgegen, dass eine Erkrankung noch nicht das Stadium einer akuten Lebensgefahr erreicht habe. Das Bundesverfassungsgericht habe entschieden, dass eine Krankheit auch dann als regelmäßig tödlich zu qualifizieren sei, wenn sie „erst" in einigen Jahren zum Tod des Betroffenen führe (BVerfG 06.02.2007, 1 BvR 3101/06, juris mwN).
Ferner hätten ihr keine allgemein anerkannten, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen zur Verfügung gestanden. Hierzu sei bereits umfassend vorgetragen worden. Das SG habe sich mit diesem Vortrag jedoch nicht auseinandergesetzt.
Auch sei das Wirtschaftlichkeitsgebot zu berücksichtigen. Dies sei eines der Grundprinzipien der GKV. Sie verzichte gerade auf klassische Behandlungsmethoden und veranlasse hierdurch eine erhebliche Kostenentlastung der Versichertengemeinschaft. Hätte sie ausschließlich auf Standardtherapien wie die Chemotherapie und Bestrahlung zurückgegriffen, entstünden durch die wiederholt erfolglosen Therapien unnötige Kosten für die Sozialgemeinschaft. Diese Kostenbelastung würde sich insoweit durch die krankenstandsbedingte Zusatzbelastung sogar erheblich erhöhen.
Es habe auch eine hinreichende Erfolgsaussicht der begehrten Immuntherapie bestanden. Die erforderlichen Aussichten auf eine positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf erforderten eine Risiko-/Nutzen- Analyse. Ausgehend vom erstrebten Behandlungsziel - dem Erkennen, Heilen oder Lindern einer Erkrankung - habe eine abstrakte und konkrete Prüfung im Einzelfall stattzufinden (BSG vom 07.11.2006, AZ.: B 1 KR 24/06, NJW 2007, 1385). Hierbei unterliege der zu verlangende Wahrscheinlichkeitsmaßstab ebenso wie das vertretbare Risiko - abhängig von der Schwere und dem Ausmaß der Erkrankung - Abstufungen. Dabei seien Differenzierungen im Sinne der Geltung abgestufter Evidenzgrade nach dem Grundsatz vorzunehmen, je schwerwiegender die Erkrankung und hoffnungsloser die Situation, desto geringere Anforderungen an die ernsthaften Hinweise auf einen nicht ganz entfernt liegenden Behandlungserfolg seien zu stellen. Danach könnten als Beurteilungsgrundlage beim Fehlen anderer Studien auch „Assoziationsbeobachtungen, pathophysiologische Überlegungen, deskriptive Darstellungen, Einzelfallberichte, u.Ä.; nicht mit Studien belegte Meinungen anerkannter Experten, Berichte von Expertenkomitees und Konsensuskonferenzen“ in Betracht kommen.
Liege überdies - wie im Streitfall - eine lebensbedrohliche, wenig erforschte Erkrankung vor, sei es bereits ausreichend, wenn die Annahme gerechtfertigt sei, dass der voraussichtliche Nutzen der Behandlungsmaßnahme die möglichen Risiken überwiege. Alleine durch die selbstbeschaffte Therapie (in Kombination mit den Therapien der anderen Verfahren) habe eine Verbesserung erreicht werden können. Es habe ein Rezidiv vermieden werden können. Sie sei in ihrer Mobilität nicht mehr eingeschränkt gewesen. Die Therapie sei sehr gut vertragen worden und habe zu einer signifikanten Verbesserung ihres Allgemeinzustandes geführt. Weiter habe sich ihre Lebensqualität verbessert. Diese wesentliche Verbesserung, insbesondere der signifikante Rückgang der Schmerzen, könne in der vorliegenden Behandlungssituation nur als erheblicher Therapieerfolg gewertet werden.
Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 14.05. 2020 sowie die Bescheide der Beklagten vom 19.10.2017 und 04.12.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 07.02.2018 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin die Kosten in Höhe von 2.250,00 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Sie trägt vor, streitig sei die Kostenerstattung für eine stationäre immunbiologische Behandlung in der H Klinik B. Das SG hab in dem angefochtenen Gerichtsurteil vom 14.05.2020 zu Recht einen Anspruch auf Kostenerstattung für eine stationäre immunbiologische Behandlung in der H Klinik B verneint. Um Wiederholungen zu vermeiden, werde auf die Entscheidungsgründe des Gerichtsurteils Bezug genommen. Im Übrigen habe sie bereits in dem Widerspruchsbescheid vom 07.02.2018 sowie im gesamten erstinstanzlichen Schriftwechsel eingehend dargelegt, aus welchen Gründen die Anspruchsvoraussetzungen nicht erfüllt seien. Die nun neu aufgeführten Argumente der Gegenseite vermöchten nicht zu überzeugen. Sowohl die sozialmedizinischen Gutachten als auch das oben aufgeführte Gerichtsurteil verneinten den Anspruch auf eine Leistungserbringung nach § 2 Abs 1a SGB V. Eine lebensbedrohliche Erkrankung habe nicht vorgelegen und auch die behandelnden Ärzte bestätigten, dass die Krebserkrankung als geheilt angesehen werden könne. Die Fiebertherapie nach Coley sei eindeutig ein experimentelles Therapieverfahren, welches nicht dem anerkannten Standard der medizinischen Erkenntnisse entspreche und deshalb außerhalb einer klinisch kontrollierten Studie nicht empfohlen werden könne. Selbst ein „individueller Heilversuch“ könne bei fehlenden gesicherten Erkenntnissen aus wissenschaftlichen Studien hinsichtlich patientenrelevanter Nutzenparameter nicht begründet werden. Zudem hätten der Klägerin allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechenden Leistungen zur Verfügung gestanden.
Der Anspruch auf Krankenbehandlung (§ 27 SGB V) sei zwar unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse und des medizinisch-technischen Fortschritts zu erfüllen, er sei aber nicht darauf gerichtet, nur von einer ganz bestimmten aus Sicht des Versicherten am besten geeigneten Behandlungsmethode oder einem qualifizierten Krankenhaus behandelt zu werden. Das Wahlrecht eines Betroffenen bei der Krankenbehandlung beschränke sich auf zur Versorgung der Versicherten zugelassene Ärzte und Krankenhäuser, umfasse also nicht auch die Behandlung in Privatkliniken. Da es sich bei der H Klinik B um keinen zugelassenen Leistungserbringer handele, gehörten deren Leistungen auch nicht zum Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Die gemäß den §§ 143, 144 SGG statthafte sowie form- und fristgerecht (§ 151 Abs 1 SGG) eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat auf der Grundlage von § 124 Abs 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, aber nicht begründet. Streitgegenstand des Berufungsverfahrens ist der von der Beklagten mit den Bescheiden vom 19.10.2017 und 04.12.2017, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2018, abgelehnte Anspruch der Klägerin auf Erstattung der Kosten in Höhe von insgesamt 2.250 € für drei stationäre Fieberstoß-Behandlungen in der H Klinik in B vom 16.05. bis 18.05.2018, 03.12. bis 05.12.2018 und 20.11. bis 22.11.2019. Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind rechtmäßig und verletzten die Klägerin nicht in ihren Rechten. Der von der Klägerin geltend gemachte Erstattungsanspruch steht ihr nicht zu. Das SG hat die Klage deshalb zu Recht abgewiesen.
Versicherte erhalten die Leistungen der Krankenkassen grundsätzlich als Sach- und Dienstleistungen (§ 2 Abs 1 Satz 1, Abs 2 SGB V), und die Krankenkasse darf anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kosten nur erstatten, soweit es das SGB V oder das SGB IX vorsieht (§ 13 Abs 1 SGB V). Als Rechtsgrundlage für den Anspruch der Klägerin kommt lediglich § 13 Abs 3 Satz 1 Alternative 2 SGB V in Betracht. Danach gilt: Hat die Krankenkasse eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Vorschrift ersetzt den primär auf die Sach- oder Dienstleistung gerichteten Anspruch, wenn das Sachleistungs- bzw Naturalleistungssystem versagt und sich die Versicherten die Leistungen selbst beschaffen. Die rechtswidrige Verweigerung der Sachleistung berechtigt den Versicherten, sich die Leistung in Durchbrechung des Sachleistungsprinzips selbst zu beschaffen. Deshalb besteht ein Anspruch auf Kostenerstattung grundsätzlich nur dann, wenn die Voraussetzungen des primären Sachleistungsanspruchs vorliegen (stRspr, BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, BSGE 123, 144 = SozR 4-2500 § 13 Nr 34). Einem Erstattungsanspruch nach dieser Vorschrift steht nicht entgegen, dass die H Klinik kein zugelassenes Vertragskrankenhaus ist. Versicherte, denen ihre Krankenkasse rechtswidrig Leistungen verwehrt, sind nicht prinzipiell auf die Selbstbeschaffung der Leistungen bei zugelassenen Leistungserbringern verwiesen (BSG 11.07.2017, B 1 KR 1/17 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 37).
Die Beklagte hat die von der Klägerin beantrage Leistung - Gewährung einer sog Fieberstoßtherapie - nicht zu Unrecht, sondern zu Recht abgelehnt. Die Klägerin hatte zu dem Zeitpunkt, als sie sich die stationären Fieberstoß-Behandlungen in der H Klinik in den Jahren 2018 und 2019 selbst beschaffte, keinen Anspruch auf diese Behandlung als Sachleistung. Ein Anspruch der Klägerin auf die Fieberstoßtherapien schied aus, weil damals keine Krankheit vorlag, die mit diesen Therapien behandelt werden musste.
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Voraussetzung des Behandlungsanspruchs ist daher das Vorliegen einer Krankheit im Rechtssinne. Unter einer Krankheit versteht die Rechtsprechung einen regelwidrigen körperlichen oder geistigen Zustand, der behandlungsbedürftig ist oder Arbeitsunfähigkeit bedingt. Regelwidrig ist ein Körperzustand, der vom Leitbild eines gesunden Menschen abweicht, wobei nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit Krankheitswert im Rechtssinne zukommt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr, vgl zB BSG 11.05.2017, B 3 KR 30/15 R, BSGE 123, 144 = SozR 4-2500 § 13 Nr 34).
Die Klägerin erkrankte im Jahr 2010 an einem Mamma-Karzinom rechts. Diese Erkrankung wurde ua durch eine brustherhaltende Operation behandelt. Seitdem ist mindestens bis einschließlich November 2019 kein Rezidiv mehr aufgetreten. Dies ist zwischen den Beteiligten nicht umstritten und wird überdies auch in dem auf Antrag der Klägerin nach § 109 SGG eingeholten Gutachten des E bestätigt. Daher lag zum Zeitpunkt der hier streitgegenständlichen Behandlungen keine behandlungsbedürftige Tumorerkrankung mehr vor. Auch dies ergibt sich aus dem erwähnten Gutachten des E. Dieser bestätigte nicht nur das Vorliegen von Rezidivfreiheit, sondern begründete die Notwendigkeit der durchgeführten Fieberstoßbehandlungen mit einem weiterhin bestehenden „Tumorproblem“. Die Laboruntersuchungen zeigten eine persistierende Erhöhung des Tumormarkers TKTL1 als Hinweis für ein weiterhin bestehendes „Tumorproblem“. Die Leukopenie, Lymphopenie, die Defizite einiger T-Lymphozytenuntergruppen wiesen auf eine verminderte Immunabwehr hin, sowohl der Lymphozyten-Zellzahl als auch der Lymphozyten-Funktion. Ein „Tumorproblem“ ist keine medizinische Diagnose nach dem ICD-10. Bei der von E genannten Diagnose „invasiv ductales Mamma-Karzinom rechts pT2 G3 pN0 (0/2 SN) M0 ER neg PR neg Her2 neu negativ ED 10/10“ handelt es sich zwar um eine Krankheit, diese bedurfte aber nach jahrelanger Rezidivfreiheit in den Jahren 2018 und 2019 keiner primären Therapie mehr. Auch E begründet die Notwendigkeit der Fiebertherapie nicht mit dieser Diagnose, sondern macht geltend, dass die Fiebertherapie aufgrund der dauerhaften zellulären Immunabwehrschwäche bei weiterbestehendem erhöhten Risiko eines Rezidivs fortgeführt werden müsse. Ob das von E beschriebene erhöhte Rezidivrisiko bei der Klägerin tatsächlich vorliegt und ob es mit den von ihm angeführten Laboruntersuchungen überhaupt zutreffend festgestellt werden kann, lässt der Senat offen. Diese Fragen bedürfen keiner Entscheidung. Denn die in der H Klinik im Rahmen einer vollstationären Behandlung bei der Klägerin zur Anwendung gekommene Fiebertherapie ist keine anerkannte Behandlungsmethode.
Nach § 137c Abs 1 Sätze 1 bis 3 SGB V (idF von Art 1 Nr 64 GKV-VSG vom 22.07.2015, BGBl I 1211) überprüft der Gemeinsame Bundesausschuss nach § 91 SGB V (GBA) auf Antrag des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen, der Deutschen Krankenhausgesellschaft oder eines Bundesverbandes der Krankenhausträger Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen, daraufhin, ob sie für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse erforderlich sind. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode nicht hinreichend belegt ist und sie nicht das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, insbesondere weil sie schädlich oder unwirksam ist, erlässt der GBA eine entsprechende Richtlinie, wonach die Methode im Rahmen einer Krankenhausbehandlung nicht mehr zulasten der Krankenkassen erbracht werden darf. Ergibt die Überprüfung, dass der Nutzen einer Methode noch nicht hinreichend belegt ist, sie aber das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet, beschließt der GBA eine Richtlinie zur Erprobung nach § 137e SGB V. Die von der Klägerin in Anspruch genommene immunbiologische Heilbehandlung mit Infusionsbehandlungen in Kombination mit aktiven Heilfiebertherapien einschließlich verordneter Infusionen und Medikamente war noch nicht Gegenstand einer Überprüfung auf der Grundlage von § 137c SGB V.
Dies hat aber nicht zur Folge, dass diese Behandlung bereits deshalb zum Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung gehört. Vielmehr ist es in einem solchen Fall erforderlich, dass die Behandlungsmethode das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bietet. Dies folgt aus § 137c Abs 3 SGB V. Danach gilt: Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, zu denen der GBA bisher keine Entscheidung nach § 137c Abs 1 SGB V getroffen hat, dürfen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden, wenn sie das Potential einer erforderlichen Behandlungsalternative bieten und ihre Anwendung nach den Regeln der ärztlichen Kunst erfolgt, sie also insbesondere medizinisch indiziert und notwendig ist. Dies gilt sowohl für Methoden, für die noch kein Antrag nach § 137c Abs 1 Satz 1 SGB V gestellt wurde, als auch für Methoden, deren Bewertung nach § 137c Abs 1 SGB V noch nicht abgeschlossen ist. § 137c Abs 3 SGB V beinhaltet nach der neueren Rspr des BSG zwar eine partielle Einschränkung des allgemeinen Qualitätsgebots. Die Regelung ist jedoch weiterhin mit Blick auf das Qualitätsgebot, an dem sich auch § 137c SGB V insgesamt ausrichtet und das nicht nur der Wirtschaftlichkeit, sondern auch und gerade dem Schutz der Versicherten vor vermeidbaren Gesundheitsgefährdungen dient, restriktiv auszulegen. Versicherte haben vor Erlass einer Erprobungsrichtlinie Anspruch auf die Versorgung mit Potentialleistungen nur im Rahmen eines individuellen Heilversuchs, wenn es
1. um eine schwerwiegende, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung geht, wenn
2. keine andere Standardbehandlung verfügbar ist und wenn
3. die einschlägigen Regelungen der Verfahrensordnung des GBA für die Annahme des Potentials einer erforderlichen Behandlungsalternative erfüllt sind (BSG 25.03.2021, B 1 KR 25/20 R, zitiert nach dem Terminbericht des BSG Nr 14/21).
Zu den Anforderungen an das Vorliegen einer schwerwiegenden Erkrankung verweist das BSG im Urteil vom 25.03.2021 (B 1 KR 25/20 R) auf seine Rechtsprechung zum sog Off-Label-Use. Danach ist eine Krankheit schwerwiegend, wenn sie lebensbedrohlich ist oder die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt (BSG 19.03.2002, B 1 KR 37/00 R, BSGE 89, 184). Das Kriterium der Lebensbedrohlichkeit verlangt, dass eine notstandsähnliche Situation im Sinne einer in einem gewissen Zeitdruck zum Ausdruck kommenden Problematik vorliegt, wie sie für einen zur Lebenserhaltung bestehenden akuten Behandlungsbedarf typisch ist. Das bedeutet, dass nach den konkreten Umständen des Falles bereits drohen muss, dass sich der voraussichtlich tödliche Krankheitsverlauf innerhalb eines kürzeren, überschaubaren Zeitraums mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklichen wird (BSG 28.02.2008, B 1 KR 15/07 R, SozR 4-2500 § 13 Nr 16). Diese Definition einer schwerwiegenden Erkrankung begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (vgl BVerfG 26.03.2014, 1 BvR 2415/13, NJW 2014, 2176, 2177).
Nach diesen Grundsätzen hatte die Klägerin in den Jahren 2018 und 2019 keinen Anspruch auf die in der H Klink in B durchgeführte immunbiologische Heilbehandlung mit Infusionsbehandlungen in Kombination mit aktiven Heilfiebertherapien einschließlich verordneter Infusionen und Medikamente. Tritt nach primärer Behandlung (hier: brusterhaltende Resektion des Tumors) mehr als fünf Jahre lang kein Rezidiv auf, liegt keine schwerwiegende, die Lebensqualität auf Dauer nachhaltig beeinträchtigende Erkrankung mehr vor. Ein notstandähnlicher akuter Behandlungsbedarf bei der Klägerin in den Jahren 2018 und 2019 ist noch nicht einmal schlüssig vorgetragen. Selbst wenn davon ausgegangen werden muss, dass bei der Klägerin auch nach mehr als fünf Jahren ohne Auftreten eines Rezidivs noch ein erhöhtes Tumorrisiko bestand, genügt dies für die Annahme einer lebendbedrohlichen Erkrankung nicht. Es ist auch nicht erkennbar und nicht dargetan, dass das (möglicherweise bestehende) erhöhte Tumorrisiko die Lebensqualität der Klägerin auf Dauer nachhaltig beeinträchtigt.
Der Anspruch der Klägerin kann auch nicht auf § 2 Abs 1a SGB V gestützt werden. Diese Bestimmung setzt eine lebensbedrohliche oder regelmäßig tödliche Erkrankung oder eine zumindest wertungsmäßig vergleichbare Erkrankung voraus. Dass eine lebensbedrohliche Erkrankung in den Jahren 2018 und 2019 nicht (mehr) vorlag, ist bereits dargelegt worden. Das von der Klägerin geltend gemachte erhöhte Tumorrisiko ist auch keine regelmäßig tödliche Erkrankung, da offen ist, ob sich das Risikos eines Rezidivs überhaupt verwirklicht, und außerdem auch das Auftreten eines Rezidivs nicht regelmäßig zum Tod führt. Zudem ist ein erhöhtes Tumorrisiko keine Erkrankung, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung vergleichbar ist. Ein verfassungsunmittelbarer Anspruch auf konkrete Leistungsansprüche kommt nur in Betracht bei Vorliegen einer durch nahe Lebensgefahr gekennzeichneten individuellen Notlage (BVerfG 11.04.2017, 1 BvR 452/17).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, da ein Grund hierfür (§ 160 Abs 2 Nr 1 und 2 SGG) nicht vorliegt.