L 11 BA 1241/21

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
11.
1. Instanz
SG Stuttgart (BWB)
Aktenzeichen
S 9 BA 574/20
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 11 BA 1241/21
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.02.2021 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Der Streitwert wird endgültig auf 41.498,35 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen und Insolvenzgeldumlagen in Höhe von 41.498, 35 €.

Die Klägerin, eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) für Marketingkommunikation mit Sitz in Stuttgart, wurde durch Gesellschaftsvertrag vom 07.05.2007 mit einem Stammkapital von 25.000 € gegründet (Handelsregister B des Amtsgerichts Stuttgart, HRB 723027). Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war zunächst der Beigeladene zu 2). Im Jahr 2011 übertrug der Beigeladene zu 2) einen Geschäftsanteil in Höhe von 12.500 € auf seine Ehefrau, die Beigeladene zu 1), die zur weiteren alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführerin bestellt wurde. Nach § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages vom 16.07.2014 (Bl I 168 ff V-Akte) erfolgen Beschlüsse gemäß den gesetzlichen Bestimmungen. Im Hinblick auf den übrigen Inhalt des Gesellschaftsvertrages wird auf Bl 168 ff der Verwaltungsakte (V-Akte) und bezüglich der Geschäftsführerverträge der Beigeladenen auf Bl I 41 ff bzw Bl I 44 ff V-Akte verwiesen.

Am 01.07.2014 erging ein Gesellschafterbeschluss, wonach geschäftspolitisch substantiell relevante Entscheidungen einstimmig zu treffen seien. Sei die Einstimmigkeit nicht erreichbar, seien mindestens 80% der Anteile am Stammkapital für die Beschlussfassung erforderlich (Bl I 174 V-Akte). Am 16.07.2014 beschloss die Gesellschafterversammlung die Erhöhung des Stammkapitals auf 37.500 € durch Einbringung eines Geschäftsanteils in Höhe von 12.500 € durch Herrn P (im Folgenden P). Die Eintragung über die Änderung am Stammkapital ins Handelsregister erfolgte am 01.08.2014. Noch vor Übertragung der Geschäftsanteile hatte sich die Klägerin bzw P unter Vorlage eines Entwurfs des geplanten Geschäftsführervertrages an die Barmer GEK zur Klärung von Ps Versichertenstatus gewandt und hierbei angegeben, er und die anderen Gesellschafter verfügten jeweils über einen Geschäftsanteil von 33,33 %, er unterliege keinen Weisungen, sei alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot nach § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit. Als Stimmrecht sei eine qualifizierte Mehrheit von 80% vereinbart. Mit Bescheid/Schreiben vom 14.04.2014 stufte die Barmer GEK P als selbständig ein, da er alleinvertretungsberechtigt und vom Selbstkontrahierungsverbot befreit sei und keinen Weisungen unterliege. Die Beklagte stellte daraufhin mit Bescheid vom 15.07.2015 fest, dass P ab 01.01.2015 berechtigt sei, freiwillige Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung zu zahlen.

Eine gesonderte Prüfung der Versicherungsverhältnisse der Beigeladenen zu 1) und zu 2) erfolgte nicht.

P übertrug unter dem 23.02.2016 seinen Geschäftsanteil in Höhe von 12.500 € an die Gesellschaft und wurde als Geschäftsführer abberufen. Dies wurde am 08.03.2016 ins Handelsregister eingetragen.

Die Beklagte führte hinsichtlich der Beigeladenen zu 1) für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 31.08.2015 und hinsichtlich des Beigeladenen zu 2) für den Zeitraum vom 01.08.2014 bis 07.03.2016 eine Betriebsprüfung durch. In der Anhörung vom 22.03.2019 teilte die Beklagte mit, dass beabsichtigt sei, Nachforderungen zur Sozialversicherung in Höhe von 41.498,35 € zu erheben. Die Klägerin trug daraufhin vor, es bestehe Vertrauensschutz. Noch vor der Beteiligung des P habe sich die Klägerin an die Beklagte gewandt und um Mitteilung gebeten, inwieweit sich durch dessen Beteiligung die sozialversicherungsrechtliche Stellung der Beigeladenen ändere. Die Beklagte habe sie an die Krankenkasse verwiesen. Mit Bescheid vom 14.04.2014 habe die Barmer GEK mitgeteilt, dass die Tätigkeit des P aufgrund der eingereichten Unterlagen als selbständig einzuschätzen sei. Die Beklagte habe nach erneuter Prüfung P zudem mit Bescheid vom 15.07.2015 dazu berechtigt, ab 01.01.2015 freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen. Die Klägerin habe es damals versäumt, für jeden Gesellschafter-Geschäftsführer die gleiche Anfrage zu stellen, da sie zu dem Schluss gekommen sei, dass die Beschäftigungsverhältnisse der Beigeladenen gleich zu beurteilen seien, da hierfür die gleichen Bedingungen wie für P gelten würden. Es sei zudem nie ein Hinweis an die Beigeladenen erfolgt, dass sie jeweils für sich selbst ebenfalls eine Anfrage stellen müssten. Dies verwundere umso mehr, als die Klägerin von Anfang an die Stellung sämtlicher Personen habe überprüfen lassen wollen. Zudem seien die Bescheide in Sachen P auch nicht rechtswidrig, da nicht die neue Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) als Prüfungsmaßstab herangezogen werden dürfe. Das BSG habe seine Rechtsprechung erst durch Urteile in den Jahren 2012 bis 2015 geändert. Die Anfrage der Klägerin sei dagegen bereits 2014 erfolgt. Eine geänderte Rechtsprechung könne nach Auffassung des BSG aber grundsätzlich nicht rückwirkend zu Lasten eines Auftraggebers angewendet werden, so dass Sozialversicherungsbeiträge zu entrichten seien. Es sei daher in zweifacher Hinsicht von Vertrauensschutz auszugehen.

Mit Bescheid vom 17.05.2019 stellte die Beklagte fest, dass die sich aus der Betriebsprüfung ergebende Nachforderung 41.498,35 € beträgt. Die Beigeladene zu 1) habe ihre Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführerin bei der Klägerin in der Zeit vom 01.08.2014 bis 31.08.2015, der Beigeladene zu 2) seine Tätigkeit als Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit vom 01.08.2014 bis 07.03.2016 jeweils im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt. Es bestehe Versicherungspflicht in der Kranken- und Pflegeversicherung, in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Am Stammkapital seien im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 07.03.2016 die Beigeladenen und P mit jeweils 12.500 € (je 33,33 %) beteiligt gewesen. Ab dem 08.03.2016 hätten die Beigeladenen weiterhin jeweils 12.500 € gehalten. § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrags vom 17.03.2011 und 16.07.2014 verweise hinsichtlich der Beschlussfassung auf §§ 46 bis 51 Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG). Beschlüsse würden demnach gem § 47 Abs 1 GmbHG nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen getroffen. Kraft ihrer Anteile am Stammkapital hätten die Beigeladenen im Zeitraum vom 01.08.2014 bis 07.03.2016 keinen maßgebenden Einfluss auf die Gesellschaft ausüben können. Die insoweit fehlende Rechtsmacht spreche für eine persönliche Abhängigkeit und damit grundsätzlich für eine abhängige Beschäftigung. Auch wenn die Beigeladenen als Geschäftsführer gegenüber den sonstigen Arbeitnehmern Funktionen eines Arbeitgebers einnähmen, bleibe die Arbeitsleistung fremdbestimmt, da sie sich in eine von der Mehrheitsentscheidung der Gesellschafter vorgegebene Ordnung des Betriebes eingliedere. Aufgrund der Zahlung fester Bezüge und des Anspruchs auf Fortzahlung des Gehalts im Krankheitsfall sowie auf einen bezahlten jährlichen Erholungsurlaub fehle es bei den Beigeladenen an dem eine selbständige Tätigkeit kennzeichnenden Unternehmerrisiko. Gegen eine abhängige Beschäftigung sprächen auch nicht die Befreiung vom Selbstkontrahierungsverbot des § 181 BGB und die Alleinvertretungsmacht. Auf Vertrauensschutz könnten sich die Beigeladenen nicht berufen. Wenn eine Entscheidung über die Frage der Versicherungspflicht nicht herbeigeführt worden sei, könne ein schützenswertes Vertrauen aufgrund einer - vermeintlichen - „Rechtsprechungsänderung“ nicht anerkannt werden.

Die Klägerin erhob am 31.05.2019 Widerspruch gegen den Bescheid vom 17.05.2019. Sie könne sich auf Vertrauensschutz berufen. Eine weitergehende Überprüfung der anderen Beschäftigungsverhältnisse hätte zu exakt dem gleichen Ergebnis geführt, da sämtliche Voraussetzungen mit denen des Vorgangs P übereinstimmten. Der Bescheid setze sich hiermit nicht ansatzweise auseinander. Das BSG habe in seinem Beschluss deutliche Aussagen zum Vertrauensschutz im Hinblick auf Änderungen in der Rechtsprechung getroffen und sich dabei ausdrücklich auf die Änderung der Rechtsprechung in den Jahren 2012 bis 2015 bezogen. Die Klägerin sei so zu stellen, als habe es die Änderung in der Rechtsprechung nicht gegeben. Hätte es zum damaligen Zeitpunkt eine Überprüfung der Beschäftigungsverhältnisse gegeben, so wäre aufgrund der damals geltenden Kriterien keine Sozialversicherungspflicht festgestellt worden, da beide betroffenen Geschäftsführer keinerlei Weisungen unterlegen seien. Sie hätten als Ehepaar gemeinsam die Geschicke der Gesellschaft gleichberechtigt gelenkt.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14.01.2020 zurück. Es habe keine gefestigte, langjährige Rechtsprechung dahingehend gegeben, dass ein Minderheits-Gesellschafter-Geschäftsführer in einer sog Familien-GmbH aufgrund von familiären Bindungen zwangsläufig als selbständig zu beurteilen sei. Es habe sich damit kein Vertrauen in eine gefestigte Rechtsprechung entwickeln können. Dass es nicht maßgeblich auf eine familiäre Verbundenheit angekommen sei, zeige außerdem auch die Stimmbindungsvereinbarung vom 01.07.2014, nach der geschäftspolitisch substantiell relevante Entscheidungen einstimmig zu treffen seien. Diese Stimmbindungsvereinbarung habe aber keinen Niederschlag im Gesellschaftsvertrag gefunden. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 GmbHG sei die Abbedingung von Regelungen im Gesellschaftsvertrag an die notarielle Form gebunden. Es könne somit weder eine formfreie noch eine faktische Gestaltung des Gesellschaftsvertrages geben. Die versicherungsrechtliche Beurteilung als geschäftsführende Gesellschafter sei daher allein unter Beachtung der Regelungen zum Stimmrecht im Gesellschaftsvertrag vorzunehmen. Aus dem Bescheid der Barmer GEK gegenüber P vom 14.04.2014 könnten die Beigeladenen keinen Vertrauensschutz herleiten, da in diesem Bescheid keine Aussagen zu ihnen getroffen worden seien. Zudem könnten sie sich nicht auf Vertrauensschutz berufen, da sie keine Klärung des versicherungsrechtlichen Status herbeigeführt hätten. Da die Beigeladenen über weniger als 50 % des Stammkapitals verfügten und eine uneingeschränkte Sperrminorität nicht vorliege, spreche dies für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.

Hiergegen hat die Klägerin am 14.02.2020 Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) erhoben unter Wiederholung und Vertiefung ihrer bisherigen Begründung. Ergänzend ist dargelegt worden, das BSG habe seine Rechtsprechung erst durch verschiedene Urteile in den Jahren 2012 bis 2015 geändert, maßgeblich erst 2015, wonach nunmehr ausschließlich die satzungsrechtliche Situation und die Verteilung der Stimmrechte entscheidend seien. Vorher seien deutlich mehr Kriterien geprüft worden, um selbständige Tätigkeiten von abhängiger Beschäftigung abzugrenzen. Bei einer solchen Prüfung wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die Beigeladenen als Ehepaar keinerlei Weisungen unterlegen seien, die Geschicke der Gesellschaft bestimmt und ihre Interessen im Zweifel gegen den Mitgesellschafter P durchgesetzt hätten. Sie hätten alle Kundenkontakte gehalten und über das entsprechende Know-how verfügt, um sich jederzeit gegen den Mitgesellschafter durchzusetzen.

Mit Urteil vom 22.02.2021 hat das SG die Klage abgewiesen. Sei ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, seien der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit. Ein Geschäftsführer, der nicht über Kapitalbeteiligung von mehr als 50% verfüge und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheide, sei grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er sei ausnahmsweise nur dann als Selbständiger anzusehen, wenn er exakt 50 % der Anteile am Stammkapital halte oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt sei. Demgegenüber sei eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu begründen. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze seien die Beigeladenen zu 1) und 2) bei der Klägerin als Gesellschafter-Geschäftsführer im jeweiligen Prüfungszeitraum abhängig beschäftigt gewesen, da sie jeweils über 33,33 % der Anteile am Stammkapital verfügten und Beschlüsse entsprechend dem Gesellschaftsvertrag nach den Vorgaben der §§ 45 bis 51 GmbHG und damit gem § 47 Abs 1 GmbHG nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst würden. Da auf die jeweils beim einzelnen Gesellschafter-Geschäftsführer bestehende Rechtsmacht abzustellen sei, könne auch nicht das Argument überzeugen, dass das Ehepaar seine Interessen im Zweifel gegen den Gesellschafter-Geschäftsführer P durchgesetzt hätte. Entscheidend für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status sei, wer sich im Zweifelsfall durchsetzen könne, nicht aber unter der rechtlich nicht gesicherten Prämisse, dass sich die verheirateten Gesellschafter stets einig sein würden. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus der schuldrechtlichen Stimmbindungsvereinbarung, die nicht geeignet sei, die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu „verschieben“, weil der Stimmbindungsvertrag von jedem Gesellschafter aus wichtigem Grund gekündigt werden könne. Angesichts der fehlenden Rechtsmacht der Beigeladenen fielen die ihnen eingeräumten Befugnisse als Geschäftsführer nicht ins Gewicht, da insgesamt die Indizien für eine abhängige Beschäftigung überwögen. Die Beigeladenen erhielten ein festes Monatsgehalt, so dass das Gehalt nicht von Gewinn oder Verlust der Klägerin abhängig sei. Zwar erhielten sie darüber hinaus Tantiemen, so dass ein wirtschaftliches Eigeninteresse am Unternehmen bestehe. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich sei, habe diese Tatsache für die Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit aber nur wenig Gewicht. Daneben erhielten sie Weihnachts- und Urlaubsgeld, bestünden ein Entgeltfortzahlungsanspruch im Krankheitsfall sowie Anspruch auf jährlich 30 Arbeitstage bezahlten Urlaub. Daneben falle die Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB weniger ins Gewicht, da auch leitende Angestellte über derartige Freiheiten und Befugnisse verfügen können, ohne dass sich dadurch etwas an der Einordnung als abhängig beschäftigt ändere. Die Klägerin könne sich im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des BSG zur „Kopf-und- Seele“- Rechtsprechung auch nicht auf Vertrauensschutz berufen. Zwar könne höchstrichterliche Rechtsprechung, die zum Nachteil eines Arbeitgebers geändert werde, nicht rückwirkend zu dessen Lasten angewendet werden, wenn der Arbeitgeber nun auf Grundlage der geänderten Rechtsprechung zur Abführung von Beiträgen auf Bezüge der Arbeitnehmer verpflichtet sei, die nach der früher maßgebenden Rechtsprechung noch beitragsfrei gewesen seien. Der Vertrauensschutz ende aber, wenn der Arbeitgeber die geänderte Rechtsprechung und ihre Folgen für seine Beitragspflicht schon vor der Unterrichtung gekannt habe oder er nach den Umständen des Falles Anlass gehabt habe, insoweit bestehende Zweifel von sich aus zu klären. Zwar habe das BSG von der „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung erst im Rahmen seiner Entscheidung vom 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, endgültig Abstand genommen. Das BSG habe aber schon vorher in den Urteilen vom 29.08.2012 im Rahmen eines obiter dictum deutlich gemacht, dass die sog „Schönwetter-Selbständigkeit“ schwerlich hinnehmbar und bei der Statusbeurteilung auch bei familiär geprägten Gesellschaften den vertraglichen gegenüber den tatsächlichen Verhältnissen Vorrang einzuräumen sei. Aufgrund des ausdrücklichen Hinweises des BSG auf die notwendige Vorhersehbarkeit der Versicherungspflicht habe spätestens ab diesem Zeitpunkt Anlass bestanden, an der weiteren Aufrechterhaltung der Rechtsprechung zu zweifeln und Vertragsgestaltungen künftig anzupassen. Vorliegend seien Beiträge für den Zeitraum ab August 2014 streitig und damit für einen Zeitraum, der nach den genannten Urteilen aus dem Jahr 2012 liege. Aus der Rechtsprechung des BSG könne sich daher für den vorliegend streitigen Zeitraum kein Vertrauensschutz mehr ergeben. Es könne somit offenbleiben, ob unter Anwendung der früheren Rechtsprechung des BSG überhaupt eine Selbständigkeit der Beigeladenen festgestellt worden wäre. Vertrauensschutz ergebe sich auch nicht aus dem gegenüber dem früheren Gesellschafter-Geschäftsführer P erlassenen Bescheid der Barmer GEK vom 14.04.2014 oder dem Zulassungsbescheid zur freiwilligen Rentenversicherung der Beklagten vom 15.07.2015. Hierbei sei zunächst der Grundsatz zu beachten, dass Vertrauensschutz nur durch denjenigen in Anspruch genommen werden könne, der einen bestandskräftigen Statusfeststellungsbescheid herbeigeführt habe. Die genannten Bescheide enthielten nur Regelungen über den Status des P, entfalteten aber keine Drittwirkung gegenüber den Beigeladenen. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Bescheid der Barmer GEK aufgrund falscher Angaben im Antrag vom 20.03.2014 erlassen worden sei. P habe darin angegeben, dass als Stimmrecht eine qualifizierte Mehrheit von 80 % vereinbart worden sei, während nach § 12 des Gesellschaftsvertrags Beschlüsse unter Verweis auf die gesetzlichen Regelungen mit einfacher Mehrheit gefasst würden. Zwar habe die Barmer GEK diese Angaben nicht überprüft, indem sie sich den Gesellschaftsvertrag habe vorlegen lassen. Allerdings sei der Antrag an die Barmer GEK nicht nur von P, sondern auch von den Beigeladenen unterzeichnet worden, denen somit die Angaben im Antrag bekannt sein müssten. Die Einstufung des P als selbständig sei damit nicht aufgrund der früher geltenden Rechtsprechung erfolgt, sondern aufgrund falscher Angaben im Antrag an die Barmer GEK hinsichtlich der Beschlussfassung. Zugunsten des P sei daher nur deshalb Vertrauensschutz gewährt worden, da auch die Beklagte im Zulassungsbescheid zur freiwilligen Rentenversicherung fälschlicherweise von einer selbständigen Tätigkeit ausgegangen sei. Dies führe aber nicht dazu, dass sich der Vertrauensschutz auch auf die Beigeladenen erstrecke. Insbesondere lasse sich durch den Akteninhalt der Vortrag der Beigeladenen nicht bestätigen, dass diese die Beklagte um Mitteilung bzw Prüfung gebeten hätten, inwiefern sich durch eine Beteiligung des P die sozialversicherungsrechtliche Stellung der bisherigen Gesellschafter-Geschäftsführer ändern werde.

Gegen das ihrem Klägerbevollmächtigten am 02.03.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 06.04.2021 (Dienstag nach Ostern) Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingereicht und auf den Vortrag im erstinstanzlichen Verfahren verwiesen. Ergänzend ist ausgeführt worden, entgegen der Auffassung des SG könne sich die Klägerin/Berufungsklägerin im Hinblick auf die geänderte Rechtsprechung des BSG zur „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung auf Vertrauensschutz berufen. Wie das Sozialgericht insoweit richtig feststelle, habe das BSG erst im Rahmen seiner Entscheidung vom 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, von der „Kopf-und-Seele“-Rechtsprechung endgültig Abstand genommen. Bis zu diesem Zeitpunkt könne die Klägerin daher auf die bisherige Rechtsprechung vertrauen. Diese sei vom BSG nicht geändert worden. Daran ändere auch das obiter dictum im Urteil vom 29.08.2012 nichts. Im Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 14/10 R, gehe es im Wesentlichen nicht um die „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung, sondern um die Einordnung sozialpädagogischer Familienhelfer. Aus der Entscheidung gehe eine Aufgabe der „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung nicht hervor. Auch die zweite zitierte Entscheidung (B 12 KR 25/10 R) lasse keine direkten Rückschlüsse zu, die dazu führten, dass nicht mehr auf die bisherige Rechtsprechung des BSG zu vertrauen gewesen wäre. Im vorliegenden Fall sei besonders ärgerlich, dass sich die Klägerin durch die Beigeladenen im Vorfeld ausdrücklich um eine Klärung der Sozialversicherungsfragen vor Aufnahme des neuen Gesellschafters gekümmert habe. Dieser wäre niemals aufgenommen worden, hätte die Klägerin ordnungsgemäße Auskunft erhalten. Wie in den Schriftsätzen der ersten Instanz bereits vorgetragen, sei Rücksprache mit der zuständigen Krankenversicherung gehalten worden, welche die Prüfung im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens für nur einen Gesellschafter für ausreichend gehalten habe, da ansonsten sämtliche vertraglichen und gesellschaftsrechtlichen Positionen in vollem Umfang bei allen drei Gesellschaftern vergleichbar seien. Auf diese Auskunft habe sich die Klägerin verlassen, wenn auch Statusfeststellungen grundsätzlich keine Drittwirkung hätten. Auch die Ausführungen des Gerichts, dass der Bescheid der Barmer GEK aufgrund falscher Angaben im Antrag vom 20.03.2014 erlassen worden sei, trage nicht. Sämtliche gesellschaftsvertraglichen Unterlagen, insbesondere der Gesellschaftsvertrag, seien dem Antrag beigefügt worden, aus dessen § 12 hervorgehe, dass Beschlüsse unter Verweis auf die gesetzlichen Regelungen mit einfacher Mehrheit gefasst würden. Im Urteil heiße es nun, die Barmer GEK habe diese Angaben nicht überprüft, in dem sie sich den Gesellschaftsvertrag habe vorlegen lassen. Dies sei aber insoweit falsch, als der Gesellschaftsvertrag, wie bereits ausgeführt, bei Antragstellung mit eingereicht worden sei. Die Krankenkasse hätte die Klägerin und die Beigeladenen darauf hinweisen müssen, dass Statusfeststellungsverfahren keine Drittwirkung hätten und deshalb für jeden Gesellschafter ein Antrag hätte gestellt werden müssen. Insoweit habe die zuständige Krankenkasse gegen ihre Pflichten verstoßen bzw falsche Auskünfte erteilt. Ein weiterer Pflichtverstoß sei darin zu sehen, dass der beigefügte Gesellschaftsvertrag nicht hinreichend Berücksichtigung gefunden habe und offenkundig nicht geprüft worden sei. Diese Verstöße der prüfenden Krankenkasse erfüllten die Voraussetzung des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs. Das Verhalten der Krankenkasse müsse sich die Beklagte entgegenhalten lassen, und die Klägerin sei so zu stellen, als wenn sie fehlerfrei betreut worden wäre. Dann wäre der neue Gesellschafter allerdings nicht in die Gesellschaft aufgenommen worden.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 22.02.2021 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2020 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hat auf ihren bisherigen Vortrag sowie den Inhalt des angefochtenen Urteils - insbesondere bezüglich der „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung - verwiesen und ergänzend ausgeführt, es liege kein Verstoß der zuständigen Krankenkasse, der Barmer GEK, bezüglich ihrer Aufklärungspflichten vor. Aus dem Antrag der Klägerin vom 24.03.2014 zur Klärung der versicherungsrechtlichen Stellung des P gehe hervor, dass die Klägerin lediglich den Fragenbogen und den geplanten Geschäftsführervertrag bei der Krankenkasse eingereicht habe. In dem Fragebogen sei angegeben worden, dass eine vertragliche Stimmrechtsvereinbarung mit einer qualifizierten Mehrheit von 80 % der Stimmen vorliege. Die Richtigkeit dieser Angabe sei versichert worden. Der Gesellschaftsvertrag, aus dem sich ergeben hätte, dass eine Stimmrechtsvereinbarung gerade nicht gegeben gewesen sei, sei nicht eingereicht worden. Die Barmer GEK habe somit keinen Grund gehabt, an der Angabe der Klägerin in dem Fragebogen zu zweifeln, zumal die Klägerin die Richtigkeit versichert habe. Der Bescheid der Barmer GEK vom 14.04.2014 habe somit auf falschen Tatsachen beruht und wäre nicht ergangen, hätte die Klägerin keine falschen Angaben gemacht. Bei der Konstellation, die im Fragebogen angegeben worden sei, wären auch die Beigeladene zu 1) und der Beigeladene zu 2) fälschlicherweise als Selbständige eingestuft worden.

Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt.

Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

Die nach den §§ 143, 144, 151 Abs 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist aber nicht begründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen, da der streitgegenständliche Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt. Die Beigeladenen zu 1) und 2) übten ihre Tätigkeit als Geschäftsführer bei der Klägerin in der streitgegenständlichen Zeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses aus und unterlagen der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung, Kranken- bzw Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

Rechtsgrundlage für den streitgegenständlichen Bescheid vom 17.05.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 14.01.2020, gegen den sich die Klägerin zutreffend mit der Anfechtungsklage wendet, ist § 28p SGB IV. Nach § 28p Abs 1 SGB IV prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem SGB IV, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für die Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt werden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Abs 2 SGB IV sowie § 93 iVm § 89 Abs 5 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nicht. Zwar entscheidet grundsätzlich gemäß § 28h Abs 2 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV die Einzugsstelle über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. Dies gilt aber ausnahmsweise nicht für Entscheidungen im Rahmen einer Arbeitgeberprüfung.

Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 1 Abs 1 Nr 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch <SGB VI>), der gesetzlichen Krankenversicherung (§ 5 Abs 1 Nr 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB V>), der sozialen Pflegeversicherung (§ 20 Abs 1 Satz 2 Nr 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch <SGB XI>) und der Arbeitslosenversicherung (§ 25 Abs 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch <SGB III>). Die hierzu korrespondierende Pflicht des Arbeitgebers zur anteiligen Tragung der Beiträge folgt aus § 249 Abs 1 SGB V, § 168 Abs 1 Nr. 1 SGB VI, § 58 Abs 1 Satz 1 SGB XI und § 346 Abs 1 Satz 1 SGB III. Die Verpflichtung zur Tragung der Insolvenzgeldumlage folgt aus § 359 Abs 1 Satz 1 SGB III. Die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten sowie der Beitrag aus Arbeitsentgelt aus einer versicherungspflichtigen Beschäftigung nach dem Recht der Arbeitsförderung werden als Gesamtsozialversicherungsbeitrag gezahlt (§ 28d Satz 1 SGB IV). Diesen hat der Arbeitgeber zu zahlen (§ 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV).

Grundvoraussetzung für die Pflicht zur Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen ist das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses. Der Beurteilungsmaßstab hierfür findet sich in § 7 Abs 1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (Satz 1). Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers (Satz 2). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen. Ausgangspunkt für die Beurteilung ist demnach zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt (Senatsurteil vom 18.07.2013, L 11 R 1083/12). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (zum Ganzen BSG 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, BSGE 111, 257 mwN; LSG Baden-Württemberg 25.06.2019, L 11 BA 2804/18, Rn 45, juris). Die von der Rechtsprechung entwickelten Abgrenzungsmaßstäbe (vgl etwa BSG 04.06.2019, B 12 R 11/18 R, [Honorararzt]) gelten grundsätzlich auch für Geschäftsführer einer GmbH (BSG 23.02.2021, B 12 R 18/18 R, Rn 14, juris). Ob ein Beschäftigungsverhältnis vorliegt, richtet sich bei Geschäftsführern einer GmbH aber in erster Linie danach, ob der Geschäftsführer nach der ihm zukommenden, sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmacht ihm nicht genehme Weisungen verhindern oder Beschlüsse beeinflussen kann, die sein Anstellungsverhältnis betreffen (vgl BSG 23.02.2021, B 12 R 18/18 R, Rn 14, juris; BSG 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, Rn 15 ff; BSG 14.03.2018, B 12 R 5/16 R, juris Rn 13 ff). Bei einem Fremdgeschäftsführer scheidet eine selbständige Tätigkeit generell aus (BSG 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, Rn 20; BSG 18.12.2001, B 12 KR 10/01 R, SozR 3-2400 § 7 Nr 20 S 79). Ist ein GmbH-Geschäftsführer zugleich als Gesellschafter am Kapital der Gesellschaft beteiligt, sind der Umfang der Kapitalbeteiligung und das Ausmaß des sich daraus für ihn ergebenden Einflusses auf die Gesellschaft ein wesentliches Merkmal bei der Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit. Ein Gesellschafter-Geschäftsführer ist nicht per se kraft seiner Kapitalbeteiligung selbständig tätig, sondern muss über seine Gesellschafterstellung hinaus die Rechtsmacht besitzen, durch Einflussnahme auf die Gesellschafterversammlung die Geschicke der Gesellschaft bestimmen zu können. Eine solche Rechtsmacht ist bei einem Gesellschafter gegeben, der mehr als 50 vH der Anteile am Stammkapital hält. Ein Geschäftsführer, der nicht über diese Kapitalbeteiligung verfügt und damit als Mehrheitsgesellschafter ausscheidet, ist dagegen grundsätzlich abhängig beschäftigt. Er ist ausnahmsweise nur dann als Selbständiger anzusehen, wenn er exakt 50 vH der Anteile am Stammkapital hält oder ihm bei einer geringeren Kapitalbeteiligung nach dem Gesellschaftsvertrag eine umfassende ("echte" oder "qualifizierte"), die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende Sperrminorität eingeräumt ist. Denn der selbständig tätige Gesellschafter-Geschäftsführer muss eine Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen haben und zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern können. Demgegenüber ist eine "unechte", auf bestimmte Gegenstände begrenzte Sperrminorität nicht geeignet, die erforderliche Rechtsmacht zu vermitteln (vgl BSG 11.11.2015, B 12 R 2/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 27 Rn 28 mwN; BSG 11.11.2015, B 12 KR 10/14 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 28 Rn 24 mwN; BSG 29.06.2016, B 12 R 5/14 R, juris Rn39 ff; BSG 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, Rn 21).

Gemessen daran waren die zu 1. und 2. beigeladenen Geschäftsführer beschäftigt, wie auch das SG zutreffend entschieden hat. Sie verfügten im hier streitigen Zeitraum über lediglich 33,33 % der Gesellschaftsanteile und konnten das Geschick der Gesellschaft nicht einzeln umfassend bestimmen, da der Gesellschaftsvertrag für eine Beschlussfassung grundsätzlich die einfache Mehrheit vorsieht. Dies folgt aus § 12 Abs 1 des Gesellschaftsvertrages, der auf die grundsätzliche Geltung der gesetzlichen Bestimmungen der §§ 45 bis 51 GmbHG verweist und damit auch auf § 47 Abs 1 GmbHG. Wie das SG richtig dargelegt hat, verfängt auch das Argument, die Beigeladenen würden als Eheleute zusammenhalten und sich im Zweifelsfall durchsetzen, nicht. Ein rein faktisches, nicht rechtlich gebundenes und daher jederzeit änderbares Verhalten der Beteiligten ist nach ständiger Rechtsprechung nicht maßgeblich. Dies wäre mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren. Eine "Schönwetter-Selbständigkeit" lediglich in harmonischen Zeiten, während im Fall eines Zerwürfnisses die rechtlich bestehende Weisungsgebundenheit zum Tragen käme, ist nicht anzuerkennen (BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95-106, Rn 14 ff; BSG 29.07.2015, B 12 KR 23/13 R, BSGE 119, 216 = SozR 4-2400 § 7 Nr 24, Rn 29 f mwN; BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, Rn 32; BSG 14.03.2018, B 12 KR 13/17 R, BSGE 125, 183 = SozR 4-2400 § 7 Nr 35, Rn 20).

Zwar gibt es einen Gesellschafterbeschluss vom 01.07.2014 (Bl I 174 V-Akte), wonach geschäftspolitisch substantiell relevante Entscheidungen einstimmig getroffen werden bzw für die Beschlussfassung mindestens 80% der Anteile am Stammkapital erforderlich sind, doch ändert diese Vereinbarung nichts: Zum einen handelt es sich bei diesem Beschluss nur um eine schuldrechtliche Vereinbarung, da eine notariell beurkundete Änderung des Gesellschaftsvertrages nicht erfolgte. Nach der Rechtsprechung des BSG vermögen außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) eingeräumte schuldrechtliche Stimmbindungsabreden oder Veto-Rechte zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben (BSG 10.12.2019, B 12 KR 9/18 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 46 Rn 19 mwN; BSG 07.07.2020, B 12 R 17/18 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 49, juris Rn 22). Zum anderen vermag ohnehin eine solche "unechte" Sperrminorität die für eine selbständige Tätigkeit notwendige Rechtsmacht nicht zu vermitteln, da sie sich nicht allumfassend auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft bestimmt, sondern nur auf bestimmte Bereiche, nämlich auf „geschäftspolitisch substantiell relevante Entscheidungen“. Sie versetzt die Beigeladenen nicht in die Lage, sich gegenüber Weisungen der Mehrheit in Bezug auf ihre Geschäftsführertätigkeit zur Wehr zu setzen, die ihnen nicht genehm sind (BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95-106, SozR 4-2400 § 7 Nr 43, Rn 16; BSG 29.06.2016, B 12 R 5/14 R, juris Rn 41)

Die Annahme von Beschäftigung wird durch die nach den Geschäftsführerverträgen vorgesehene Ausgestaltung der Geschäftsführertätigkeit bestätigt. Diese Verträge enthalten typische Regelungen eines Arbeitsvertrages. So hatten die Beigeladenen zu 1) und 2) unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens Anspruch auf eine feste Monatsvergütung (vgl § 4 Abs 1 der Geschäftsführerverträge, bzgl der Beigeladenen zu 1) Bl I 44 ff V-Akte, bzgl des Beigeladenen zu 2) Bl I 41 ff V-Akte), Reisekostenerstattung (§ 4 Abs 3 und 4) und einen PKW (§ 4 Abs 5) sowie einen Urlaubsanspruch (§ 6 Abs 1) und Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (§ 4 Abs 5). Die Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen. Einer Tantieme kommt nur als ein Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen Bedeutung zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für die Abgrenzung eher gering (BSG 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, BSGE 111, 257 = SozR 4-2400 § 7 Nr 17, Rn 28 mwN; BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95-106, SozR 4-2400 § 7 Nr 43, Rn 17). Auch dass die Geschäftsführer zur Alleinvertretung berechtigt und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit sind (vgl § 1 beider Geschäftsführerverträge), ändert nichts. Allein weitreichende Entscheidungsbefugnisse bedingen nicht schon eine Selbständigkeit (BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95-106, SozR 4-2400 § 7 Nr 43, Rn 17 unter Verweis auf BSG 11.11.2015, B 12 R 2/14 R - SozR 4-2400 § 7 Nr 27 Rn 24).

Insofern waren die Beigeladenen im streitigen Zeitraum abhängig beschäftigt.

Entgegen dem Vortrag des Klägerbevollmächtigten lässt sich auch unter Vertrauensgesichtspunkten kein anders Ergebnis begründen. Soweit sich der Klägerbevollmächtigte auf das Schreiben der Barmer GEK vom 14.04.2014 (Bl I 159 V-Akte) gegenüber P stützt, kann er hieraus keine Rechte herleiten, unabhängig davon, ob es sich - wofür angesichts des Wortlauts und der Rechtsmittelbelehrung viel spricht - um einen Bescheid handelt oder - wie der Beigeladene zu 2) im Rahmen der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat - nicht. Eine Entscheidung der Einzugsstelle entfaltet zwar grundsätzlich Sperrwirkung für ein Betriebsprüfungsverfahren (vgl BSG 04.09.2018, B 12 KR 11/17 R, BSGE 126, 235-244 = SozR 4-2400 § 7a Nr 10 = juris Rn 12), wenn dasselbe Beschäftigungsverhältnis betroffen ist. Indes bezieht sich das Schreiben der Barmer GEK ausschließlich auf P und eben nicht auf die Beigeladenen. Es bestehen auch keine Anhaltspunkte, dass deren Verhältnis zur Klägerin zur Prüfung gestellt worden wäre oder sogar mit geprüft worden ist. Folgt man der Argumentation des Klägerbevollmächtigten, die Beigeladenen hätten auf die „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung des BSG vertraut, bedurfte es aus ihrer Sicht eines solchen Bescheides auch nicht, so dass das Fehlen einer diesbezüglichen Anfrage bei der Krankenkasse nicht verwundert. Soweit der Klägerbevollmächtigte sich auf fehlende Beratung bzw fehlerhafte Auskunft der Krankenkasse beruft, überzeugt dies den Senat nicht. Zum einen ging die Barmer GEK von falschen Voraussetzungen aus, da P ein Stimmrecht einer qualifizierten Mehrheit von 80% angegeben und damit zum Ausdruck gebracht hatte, dass gegen seinen Willen keinerlei Beschlüsse gefasst werden können. Entgegen den Ausführungen des Klägerbevollmächtigten lagen der Barmer GEK lediglich der Fragebogen des P sowie ein Entwurf des geplanten Geschäftsführervertrages vor, nicht aber der Gesellschaftsvertrag. Dies ergibt sich eindeutig aus dem Schreiben des Beigeladenen zu 2) vom 24.03.2014 (Bl I 162 V-Akte), worin er diese Unterlagen explizit erwähnt. Sofern die Barmer GEK somit gegenüber den Beigeladenen die Ansicht geäußert haben sollte, die Beurteilung des Status des P gelte auch für die übrigen Beigeladenen, ist diese Fehlauskunft jedenfalls auch von P bzw den Beigeladenen mitzuverantworten, die den Vordruck samt fehlerhafter Angabe gemeinsam unterschrieben haben. Aus einer solchen, durch Fehlinformation herbeigeführten Auskunft können aber schwerlich Rechte hergeleitet werden. Zum anderen hatte es die Klägerin selbst in der Hand, in Zweifelsfällen eine förmliche Entscheidung der Einzugsstelle über die Versicherungs- und Beitragspflicht ihrer Geschäftsführer herbeizuführen (vgl BSG 27.01.2000, B 12 KR 10/99 R, SozR 3-2400 § 28h Nr 11; LSG Berlin-Brandenburg 14.01.2004, L 15 KR 319/01). Außerdem hätte die Klägerin bzw hätten die Beigeladenen als Geschäftsführer die Durchführung eines Anfrageverfahrens nach § 7a SGB IV beantragen können. Eine etwaige Fürsorgepflicht der Barmer GEK bzw der Beklagten, die Beigeladenen über diese Möglichkeit ausdrücklich aufzuklären, sieht der Senat nicht (so bereits Urteil vom 30.03.2021, L 11 KR 1575/20, nicht veröffentlicht; die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde wurde vom BSG mit Beschluss vom 12.08.2021, B 12 R 11/21 B, als unzulässig verworfen).

Vertrauensschutz folgt auch nicht daraus, dass die Beklagte gegenüber P mit Bescheid vom 15.07.2015 feststellte, dieser sei zur Zahlung freiwilliger Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung berechtigt. Der Senat kann an dieser Stelle offenlassen, welche Unterlagen der Beklagten zur Prüfung vorlagen und ob die Beklagte hier eine Prüfung des sozialrechtlichen Status des P durchgeführt und diesen fehlerhaft beurteilt hat. Wie bei Betriebsprüfungen gilt auch hier der Grundsatz, dass eine materielle Bindungswirkung sich nur dann hätte ergeben können, wenn der Versichertenstatus personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden wäre (vgl zur Betriebsprüfung BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95-106, SozR 4-2400 § 7 Nr 43, Rn 30 mwN). Eine formelle Entscheidung in Form eines Verwaltungsaktes über den versicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen zu 1) und zu 2) ist aber gerade nicht erfolgt.

Auch über den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch lässt sich für die Klägerin kein Vorteil herleiten: Dieser setzt nach ständiger Rechtsprechung des BSG auf der Tatbestandsseite eine dem zuständigen Sozialleistungsträger zuzurechnende Pflichtverletzung voraus, durch welche dem Berechtigten ein sozialrechtlicher Nachteil oder Schaden entstanden ist (vgl zB BSG 16.12.2014, B 1 KR 19/14 R, juris Rn 16; BSG 11.12.2014, B 11 AL 2/14 R juris Rn 39 mwN; BSG 04.09.2013, B 12 AL 2/12 R, juris Rn 19). Rechtsfolge des Bestehens eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches ist der Anspruch gegen die Behörde auf Vornahme einer rechtlich zulässigen Amtshandlung, durch die der Zustand wiederhergestellt werden könnte, der bestehen würde, wenn die Pflichtverletzung nicht erfolgt wäre (vgl etwa BSG 11.12.2014 aaO Rn 39; BSG 03.04.2014, B 5 R 5/13 R, juris Rn 37; BSG 11.03.2004, B 13 RJ 16/13 R, juris Rn 24). Unabhängig von der Frage eines Fehlverhaltens der Barmer GEK bzw der Beklagten wäre die Beklagte nicht in der Lage, mittels einer Amtshandlung den „alten Zustand“ wiederherzustellen. Wäre die Klägerin zutreffend beraten worden, hätte sie - nach ihrem eigenen Vortrag - P nicht als weiteren Gesellschafter aufgenommen. Dass P tatsächlich Gesellschafter wurde, lässt sich indes nicht durch eine wie auch immer geartete Amtshandlung ungeschehen machen. Ein Herstellungsanspruch kann nicht dazu führen, dass gesetzliche Tatbestandsvoraussetzungen geschaffen oder umgangen werden, die der Bürger durch ein tatsächliches Verhalten selbst zu erfüllen hat (vgl hierzu BSG 29.08.2012, B 12 R 7/10 R, SozR 4-2600 § 2 Nr 16 mwN). Insofern ist der sozialrechtliche Herstellungsanspruch hier das falsche Instrument. Es kann auch nicht argumentiert werden, bei zutreffender Beratung hätte die Klägerin Bescheide der Barmer GEK bzw der Beklagten auch zur Beurteilung der versicherungsrechtlichen Stellung der Beigeladenen zu 1) und 2) herbeigeführt, die nun Bindungswirkung entfalteten und daher über dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu fingieren seien. Einen Anspruch, über den Weg des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs rechtswidrige Statusfeststellungsbescheide zu fingieren, gibt es nicht. Denkbar wäre daher lediglich ein Schadensersatzanspruch in Form eines sogenannten Amtshaftungsanspruchs, doch ist der Senat hierfür nicht zuständig (Art 34 Satz 3 Grundgesetz [GG], § 17 Abs 2 Satz 2 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG]).

Die Klägerin kann sich auch nicht auf eine Fortgeltung der „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung berufen - dh auf eine Überlagerung rechtlich bestehender Abhängigkeit durch Führung der Geschäfte nach eigenem Gutdünken als „Kopf und Seele“ des Unternehmens wie ein eigenes (vgl etwa BSG 23.09.1982, 10 RAr 10/81, SozR 2100 § 7 Nr 7 S 6; BSG 29.10.1986, 7 RAr 43/85; BSG 11.02.1993 - 7 RAr 48/92 - juris Rn 23 ff; BSG 14.12.1999, B 2 U 48/98 R, juris Rn 21) - , da die Maßgeblichkeit des rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhaltens der Beteiligten mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht zu vereinbaren ist (vgl nur BSG 08.07.2020, B 12 R 2/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 52, Rn 17). Auch kann sie keinen Vertrauensschutz nach Art 20 Abs 3 GG aufgrund einer Änderung der Rechtsprechung mit der Begründung beanspruchen, sie habe in der hier streitigen Zeit auf die „Kopf-und-Seele“- Rechtsprechung vertraut. Eine verfassungsrechtlich relevante "Abkehr" von früheren Rechtsprechungsmaßstäben zur Versicherungspflicht von GmbH-Geschäftsführern in Familiengesellschaften gibt es nicht. Hierzu hat das BSG ausführlich Stellung genommen (BSG 19.09.2019, B 12 R 25/18 R, BSGE 129, 95-106, SozR 4-2400 § 7 Nr 43, Rn 19 - 26; bestätigt in BSG 08.07.2020, B 12 R 2/19 R, SozR 4-2400 § 7 Nr 52, Rn 17) und dargelegt, eine rückwirkende Änderung gefestigter und langjähriger Rechtsprechung sei zwar ausgeschlossen, wenn im konkreten Einzelfall nach einer Gesamtwürdigung besondere Umstände für ein über die allgemeinen Grundsätze hinausgehendes besonderes Vertrauen bestünden, wobei Dispositionen in Erwartung einer bestimmten richterlichen Entscheidung für sich gesehen grundsätzlich nicht ausreichend seien (BSG 19.09.2019 aaO unter Verweis auf BVerfG 05.11.2015, 1 BvR 1667/15, juris Rn 12, 25 mwN; BSG 16.12.2015, B 12 R 11/14 R, BSGE 120, 209 = SozR 4-2400 § 28p Nr 6, Rn 30 ff; BSG 18.11.1980, 12 RK 59/79, BSGE 51, 31, 36 ff = SozR 2200 § 1399 Nr 13 S 26 ff = juris Rn 23 ff). Einen Leit- oder Obersatz, nach dem bei familiären Bindungen regelmäßig keine Beschäftigung des Geschäftsführers vorgelegen hätte, habe das BSG aber nie gebildet; vielmehr komme es stets auf das Gesamtbild des jeweiligen konkreten Einzelfalles an (vgl ausführlich BSG 19.09.2019 aaO mwN). Der Senat schließt sich dieser Rechtsprechung an.

Auf den Vortrag der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung, sie müssten nunmehr rückwirkend Krankenversicherungsbeiträge für einen Zeitraum leisten, für den sie niemals mehr Leistungen erhalten könnten, ist darauf hinzuweisen, dass der hier streitige Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht von den Beigeladenen geschuldet und gefordert wird, sondern von der Klägerin, einer nicht mit den Beigeladenen identischen juristischen Person des Privatrechts.

Für Fehler bei der Berechnung der Sozialversicherungsbeiträge bestehen keine Anhaltspunkte. Die Klägerin hat auch keine Einwände gegen die Berechnung erhoben.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG iVm §§ 154 Abs 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt, weshalb sie ihre außergerichtlichen Kosten selbst zu tragen haben (§ 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 162 Abs 3 VwGO). Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach § 197a Abs 1 SGG iVm §§ 1 Abs 2 Nr 3, 47, 52 Abs 3 Gerichtskostengesetz und entspricht der streitigen Nachforderung im angefochtenen Bescheid.

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs 2 SGG), sind nicht gegeben.

Rechtskraft
Aus
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