L 7 R 479/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 R 1509/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 R 479/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Die am 1958 geborene Klägerin hat nach eigenen Angaben in Serbien eine Berufsausbildung als Buchhalterin ohne Abschluss durchlaufen und anschließend in einer Schuhfabrik gearbeitet. 1984 siedelte sie in die Bundesrepublik Deutschland über und war von 1985 bis August 2016 als Produktionshelferin versicherungspflichtig beschäftigt.

Vom 8. Dezember 2016 bis 29. Dezember 2016 führte die Klägerin eine stationäre Rehabilitationsmaßnahme in der Reha-Klinik am K in Bad K. durch, aus der sie arbeitsunfähig, aber aus rein orthopädisch/internistisch/onkologischer Sicht mit einem Leistungsvermögen von sechs Stunden und mehr für leichte bis mittelschwere körperliche Tätigkeiten entlassen wurde (Entlassungsbericht vom 9. Januar 2017, Diagnosen: Rezidivierende Lumbago bei mäßiger Funktionseinschränkung bei vorbeschriebener Osteochondrose L5/S1; superfiziell spreitendes malignes Melanom, Breslow 0,25 mm, Clark Level II-III, naevusassoziiert, Erstdiagnose ca. 07/2016, ca. 07/2016 Exzision in toto, 04.08.2016 Nachexzision mit 1 cm Sicherheitsabstand, Nachsorge 11/2016 lt. Pat. o.B.; Fatigue, Belastungsstörung nach Krebserkrankung mit Rezidivangst; chronifiziertes somatoformes Schmerzsyndrom).

Durch das Landratsamt L. wurde bei der Klägerin ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 seit 27. September 2016 aufgrund der Funktionsbeeinträchtigungen

  • Funktionsbehinderung beider Handgelenke, Fingerpolyarthrose,
  • degenerative Veränderungen der Wirbelsäule, Funktionsbehinderung der Wirbelsäule,
  • Schulter-Arm-Syndrom,
  • Hauterkrankung (in Heilungsbewährung),
  • Sehminderung beidseitig,
  • psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, chronisches Schmerzsyndrom

festgestellt (Bescheid vom 27. Januar 2017).

Am 8. Februar 2018 stellte die Klägerin bei der Beklagten einen Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte sie an, sie halte sich für erwerbsgemindert seit August 2016 aufgrund einer Hautkrebserkrankung, Schulterproblemen und Osteoporose.

Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Facharzt für Orthopädie Dr. H. begutachten, der im Gutachten vom 6. Juli 2018 folgende Diagnosen stellte:

  1. Chronisches somatoformes Schmerzsyndrom i. F. eines Fatigue-Syndroms nach Exzision eines malignen Melanoms,
  2. Rotatorenmanschettentendinopathie beidseits mit geringgradiger Funktionseinschränkung,
  3. Cervicobrachialsyndrom beidseits ohne Anhalt für eine Nervenwurzelirritation,
  4. rezidivierendes lumbales pseudoradikuläres Schmerzsyndrom beidseits ohne Anhalt für eine Radikulopathie.

Leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes seien unter Beachtung qualitativer Leistungseinschränkungen (Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, keine Tätigkeiten mit Zwangshaltungen der Halswirbelsäule, über Kopf- und Schulterhöhe, in Armvorhaltezwangshaltung, mit Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten, mit häufigem Bücken sowie mit Kälte-, Nässe- und Zugluftexposition) sechs Stunden und mehr arbeitstäglich zumutbar.

Mit Bescheid vom 6. August 2018 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle.

Am 27. September 2018 legte die Klägerin gegen den Bescheid unter Hinweis auf ihre gesundheitlichen Beeinträchtigungen durch Hautkrebs, Depressionen, Probleme mit den Händen („Sehne defekt, Hände pelzig, kann nichts heben“), Muskelprobleme, Nacken-, Schulter- und Halsprobleme sowie Gebärmuttererkrankung (Myome) Widerspruch ein.

Die Beklagte ließ die Klägerin sodann durch die Fachärztin für Neurologie Dr. H. begutachten, die im Gutachten vom 25. März 2019 folgende Diagnosen stellte:

  1. Chronische Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren,
  2. Dysthymie,
  3. Zustand nach Exzision eines malignen Melanoms 2016,
  4. Rotatorenmanschettentendinopathie beidseits mit geringgradiger Funktionseinschränkung,
  5. Cervicobrachiales Syndrom ohne Anhalt für Wurzelirritation,
  6. rezidivierendes lumbales pseudoradikuläre Syndrom ohne Anhalt für Radikulopathie,
  7. chronische Hauterkrankung der Hände und Füße (Pustulosis palmoplantaris).

Die Klägerin befinde sich nicht in psychiatrischer Behandlung. Höhergradige Einschränkungen der Lebensführung seien nicht erkennbar. Das Leistungsvermögen betrage bezüglich der letzten Tätigkeit unter drei Stunden, für leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes unter Beachtung der qualitativen Leistungseinschränkungen (Zwangshaltungen der HWS und LWS, Überkopftätigkeiten oder auf Schulterhöhe, Armvorhaltezwangshaltungen, Heben und Tragen von mittelschweren und schweren Lasten, Akkordarbeit, Nachtschicht, Kälte-, Nässe- und Zugluftexposition) sechs Stunden und mehr.

Mit Widerspruchsbescheid vom 8. April 2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Zwar sei das Leistungsvermögen der Klägerin eingeschränkt, sie könne dennoch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mindestens sechs Stunden täglich arbeiten. Ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit bestehe nicht, da sie nach ihrer bisherigen Berufstätigkeit als Fließbandarbeiterin zur Gruppe der ungelernten Arbeitnehmer gehöre und damit auf alle ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden könne, die der allgemeine Arbeitsmarkt biete.

Am 12. April 2019 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie unter Verweis auf ihre gesundheitlichen Beschwerden geltend gemacht, dass ihr ein täglicher Arbeitseinsatz von mindestens drei Stunden nicht mehr möglich sei.

Das SG hat bei den behandelnden Ärzten der Klägerin aktuelle Befundberichte angefordert.

Die Fachärzte für Orthopädie Dres. W., H. und S. haben am 20. Mai 2019 mitgeteilt, die Klägerin habe sich zuletzt am 5. März 2018 vorgestellt, und Befundberichte vom 20. Juli 2016 und vom 5. März 2018 vorgelegt.

Der Facharzt für Allgemeinmedizin Dr. J. hat unter dem 27. Mai 2019 unter Vorlage von Arztbriefen des Hautarztes W. vom 5. Februar 2019, der Fachärztin für Neurologie Dr. W. vom 30. Juli 2018, des Orthopäden Dr. S. vom 21. Mai 2019 und des Kardiologen Dr. S. vom 27. November 2018 mitgeteilt, bei der Klägerin bestünden ein degenerativ bedingtes chronisches HWS-Syndrom mit schmerzhafter Bewegungseinschränkung, eine Polyarthrose der Fingergelenke mit Gelenksverdickungen und Beeinträchtigung der Feinmotorik, eine mittelgradige depressive Episode bei Anpassungsstörung, chronisch rezidivierende Oberbauchschmerzen, eine Koronarsklerose ohne relevante Stenosen sowie ein rezidivierendes Fußekzem beidseits.

Der Hautarzt W. hat mit Schreiben vom 17. Juni 2019 mitgeteilt, die Klägerin komme regelhaft einmal im Jahr bezüglich Melanomnachsorge, wobei bis dato kein Rezidiv oder Metastasierung nachgewiesen worden seien. Ansonsten komme die Klägerin wegen einer Pustulosis plantaris et palmaris in seine Behandlung, wobei die Füße einen toleranten Befund aufwiesen, die Hände aber noch mit Pusteln belegt seien.

Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. H. das orthopädische Gutachten vom 1. Dezember 2019 erstattet. Der Gutachter hat bei der Klägerin Gesundheitsstörungen in Form einer schmerzhaften Funktionsstörung der Halswirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen und Missempfindungen in den oberen Gliedmaßen und chronisch wiederkehrenden Kopfschmerzen bei ausgeprägten Blockierungen der Brustwirbelsäule ohne Nachweis eines gravierenden Strukturschadens in der Halswirbelsäule und ohne objektivierbare neurologische Ausfälle sowie einer schmerzhaften Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen und Missempfindungen in den unteren Gliedmaßen bei Bandscheibenverschleiß L5/S1 ohne objektive Zeichen einer Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung festgestellt. Aus orthopädisch-somatischer Sicht könne die Klägerin prinzipiell körperlich leichte Tätigkeiten mindestens sechs Stunden täglich verrichten. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Montagearbeiterin unter Akkordbedingungen im Schichtdienst sei dauerhaft nur noch unter drei Stunden täglich zumutbar.

Ab 1. Juli 2019 wurde der Klägerin eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen bewilligt (Bescheid vom 2. Dezember 2019).

Mit Gerichtsbescheid vom 15. Januar 2020 hat das SG die Klage gestützt auf das Gutachten von Dr. H. und die im Verwaltungsverfahren eingeholten Gutachten von Dr. H. und Dr. H. abgewiesen.

Gegen den ihrem Prozessbevollmächtigten am 16. Januar 2020 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 6. Februar 2020 Berufung zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. Das SG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Klägerin schon seit 27. September 2016 einen GdB habe. Darüber hinaus ergebe sich aus dem Krankenblatt des Dr. H., dass bei der Klägerin schon ab Oktober 2016 eine Erschöpfungsdepression vorgelegen habe, weshalb sich das SG hätte gedrängt sehen müssen, von Amts wegen ein weiteres psychiatrisches und neurologisches Zusatzgutachten einzuholen. Hinzu komme, dass die Klägerin auch ihren Arbeitsplatz als Akkordfließbandarbeiterin verloren habe, da sie diese Tätigkeit nur noch unter drei Stunden täglich habe verrichten können. Auch Dr. H. habe eine psychiatrische Zusatzbegutachtung mit Berücksichtigung der seelischen Beeinträchtigungen ab dem jugendlichen Alter (offenbar Bulimie) und unter Berücksichtigung der aktuellen Lebensumstände (Wohnung in einer Pension ohne Küche, wohne zusammen mit acht Männern, vor denen sich die Klägerin fürchte) empfohlen.

Die Klägerin beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 15. Januar 2020 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2019 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit ab 1. Februar 2018 zu bewilligen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie erachtet den angefochtenen Gerichtsbescheid für zutreffend. Die Berichterstatterin hat mit den Beteiligten am 1. Februar 2021 einen Erörterungstermin durchgeführt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin, über die der Senat gemäß §§ 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 SGG im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG), aber unbegründet.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 6. August 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. April 2019 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG), mit der sie die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufungsunfähigkeit geltend macht.

Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung (Gesetz vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).

Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang („wegen“) zwischen a) und b) (z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rdnr. 13).

Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Rentenantragstellung (Februar 2018) erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass die Klägerin bis zum Zeitpunkt der Gewährung von Altersrente ab 1. Juli 2019 erwerbsgemindert war. Bei der Beurteilung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit standen im maßgeblichen Zeitraum im Vordergrund ihre Gesundheitsstörungen auf orthopädischem Fachgebiet. Diese waren jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht eingeschränkt haben. Vielmehr genügten qualitative Einschränkungen, um ihren Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei auf das vom SG bei Dr. H. eingeholte orthopädische Gutachten, die im Verwaltungsverfahren von der Beklagten eingeholten Gutachten von Dr. H. und Dr. H., die der Senat im Wege des Urkundsbeweises verwertet (vgl. BSG, Beschluss vom 14. November 2013 – B 9 SB 10/13 B – juris Rdnr. 6; BSG, Urteil vom 5. Februar 2008 – B 2 U 8/07 R – juris Rdnr. 51) sowie die vom SG beigezogenen Befundberichte.

Die bei der Klägerin vorliegenden somatischen Erkrankungen begründen keine Leistungseinschränkungen in quantitativer Hinsicht. Dies entnimmt der Senat insbesondere dem Gutachten des Dr. H.. Dr. H. hat in seinem Gutachten vom 1. Dezember 2019 in Einklang mit den Untersuchungsbefunden sowie den aktenkundigen Vorbefunden eine schmerzhafte Funktionsstörung der Halswirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen und Missempfindungen in den oberen Gliedmaßen und chronisch wiederkehrenden Kopfschmerzen bei ausgeprägten Blockierungen der Brustwirbelsäule ohne Nachweis eines gravierenden Strukturschadens in der Halswirbelsäule und ohne objektivierbare neurologische Ausfälle sowie eine schmerzhafte Funktionsstörung der Lendenwirbelsäule mit ausstrahlenden Schmerzen und Missempfindungen in den unteren Gliedmaßen bei Bandscheibenverschleiß L5/S1 ohne objektive Zeichen einer Nerven- bzw. Nervenwurzelschädigung festgestellt. Nach den von Dr. H. beschriebenen Befunden war das Gangbild in bekleidetem Zustand mit Konfektionswinterstiefeletten mit relativ hohem Blockabsatz mäßig flott, aber nicht auffällig unsicher. Es zeigte sich kein konstantes Hinken. Bei der Beobachtung des Entkleidungsvorganges fanden sich keine auffälligen Schonungsmuster. Im Bereich der Wirbelsäule bestand ein ausgeprägter Druck- und Berührungsschmerz über der unteren Lendenregion. Die paravertebrale Muskulatur war thorakolumbal beidseits mäßig verspannt und etwas druckempfindlich. In entspannter Bauchlage lösten sich die lumbalen Verspannungen. Es verblieben aber ausgeprägte Verspannungen entlang der Brustwirbelsäule. Im Bereich beider lliosakralgelenksfugen bestand ein mäßiger Druckschmerz im Stand wie auch in Bauchlage. Die Kiblerfalte lumbal war normal. Die Gesäßmuskulatur war seitengleich locker und nicht druckempfindlich.  Die Beweglichkeit der Halswirbelsäule und der Kopfgelenke war nach allen Richtungen endgradig schmerzhaft und in etwa altersentsprechend. Die Seitneigung der gesamten Wirbelsäule war beidseits bis 30° möglich, endgradig wurden Schmerzen lumbal angegeben. Das Vornüberneigen der Wirbelsäule erfolgte zögerlich, insgesamt erfolgte eine Rumpfvorneigung von etwa 30°. Eine vergleichbar massive Einschränkung der globalen Wirbelsäulenbeweglichkeit fiel bei Komplexbewegungen nicht im selben Umfang auf und stand insbesondere nicht ganz im Einklang mit beobachtbaren Spontanbewegungen beim An- und Auskleiden. Kopf vorneigen/rückneigen war bis 30-0-20°, HWS-Seitneigung rechts/links 30-0-30°, Drehung des Kopfes rechts/links bis 60-0-60°, Drehung der Rumpfwirbelsäule rechts/links bis 40-0-40° und Rückneigung im Stehen bis 20° möglich. Im Bereich der Schultern bestand an den Sternoklavikular- und den Kostoklavikulargelenken ein Druck- und Berührungsschmerz beidseits. Auch über dem Oberarmkopf und dem AC-Gelenk beidseits wurde Druckschmerz vorgetragen. Sämtliche Bewegungen beider Schultern wurden endgradig als schmerzhaft beschrieben, waren aber bei einer Beweglichkeit für Beugung/Streckung beidseits 160-0-40°, Abspreizen/Heranführen beidseits 170-0-40° und Auswärts-/Einwärtsdrehen beidseits 40-0-70° nicht relevant eingeschränkt. Im Bereich der Ellenbogen waren die Gelenkskonturen im Seitenvergleich unauffällig, es bestand diffuser Druckschmerz, aber keine Reibegeräusche und keine Beweglichkeitseinschränkung bei der orientierenden Untersuchung. Die Handgelenkskonturen waren auf beiden Seiten diffus druck- und berührungsempfindlich. Die Beweglichkeit war jedoch nicht auffällig eingeschränkt. Im Bereich der Hände war der Faustschluss beidseits schwach. Die Fingergelenkskonturen wiesen diskrete knöcherne Auftreibungen der Langfingermittelgelenke II bis V beidseits als Hinweis auf eine beginnende Heberden-Arthrose auf. Die betroffenen Gelenke zeigten aber noch keine auffällige Bewegungseinschränkung. Insgesamt waren Komplexbewegungen, wie z. B. Nackengriff oder Schürzengriff, beidseits vollständig möglich ohne Schmerzangaben. Auch Faust‑, Spitz- und Schlüsselgriff der Hände waren beidseits kräftig auszuführen. Hinsichtlich der unteren Gliedmaßen bestand beim Zusammendrücken des Beckens in seitlicher bzw. in sagitaler Richtung ein diffuser Druckschmerz. Die Hüftbeweglichkeit war bei Maßen für Beugung/Streckung beidseits 130-0-0°, für Abspreizen/Heranführen beidseits 40-0-30 und Auswärts-/Einwärtsdrehen beidseits 40-0-20° nicht wesentlich eingeschränkt. Im Bereich der Kniegelenke fanden sich beidseits kein Kniegelenkserguss und unauffällige Kapselverhältnisse. Es bestand ein diffuser Druckschmerz peripatellar und über dem medialen und lateralen Gelenkspalt beidseits. Die Meniskuszeichen waren negativ, der Bandapparat beidseits stabil. Die Beweglichkeit war bei 150-0-0° für Beugung/Streckung nicht eingeschränkt. Ebenso war die Funktion der Sprunggelenke unauffällig. Schließlich gab die Klägerin bei der Sensibilitätsprüfung keine Auffälligkeiten an, Paresen fanden sich nicht, das Lasegue-Zeichen war beidseits negativ. Nach Auswertung der bildgebenden und Fremdbefunde sowie der Untersuchungsbefunde gelangte Dr. H. zu der Einschätzung, dass die von der Klägerin vorgetragenen chronischen Beschwerden im Bereich der Wirbelsäule mit Ausstrahlung in die oberen und unteren Gliedmaßen aus orthopädisch-somatischer Sicht nicht als Ausdruck einer gravierenden Strukturschädigung der Wirbelsäule oder der peripheren Gelenke zu verstehen waren, sondern sich teilweise auf dem Boden der ungewöhnlich umfangreichen thorakalen Blockierungen erklären ließen. Die funktionellen Störungen waren therapierbar und hätten nach Einschätzung des Gutachters die Beschwerden deutlich und anhaltend gebessert werden können. Die Einschätzung von Dr. H., dass die Klägerin noch mindestens sechs Stunden täglich leichte Arbeiten in unterschiedlichen Körperhaltungen verrichten konnte, ist nach alledem schlüssig und überzeugend. Aus dem Gutachten von Dr. H. ergeben sich keine weitergehenden Funktionsbeeinträchtigungen. Bei der Überprüfung der Beweglichkeit der Wirbelsäule war die Inklination schmerzbedingt gering eingeschränkt, beim Übergang in die Rumpfvorbeugehaltung kam es zu einer harmonischen Entfaltung der Wirbelsäule. Die Seitneigung betrug nach beiden Seiten 20° und war endgradig schmerzhaft. Die Rumpfdrehung betrug beidseits ebenfalls 20°, die Reklination war schmerzbedingt auf 20 Grad eingeschränkt. Im Bereich der Halswirbelsäule betrug der Kinn-Jugulum-Abstand 1/15 cm. Die aktive und passive Rotation und Seitneigung nach beiden Seiten war endgradig am cervicodorsalen Übergang schmerzhaft. Nacken- und Schürzengriff waren regelrecht durchführbar. Ellbogengelenke und Handgelenke waren frei beweglich. Im Bereich der Fingergelenke ließen sich keine Reizzustände nachweisen. Der Faustschluss war beidseits vollständig und nicht kraftgemindert. Die Beweglichkeit der unteren Extremitäten war regelrecht. Schließlich entsprechen auch die in den Arztberichten von Dr. S. vom 20. Juli 2016, 5. März 2018 und 21. Mai 2019 dokumentierten Befunde den von den Gutachtern erhobenen, so dass auch danach eine abweichende Leistungseinschätzung nicht begründet ist.

In somatischer Hinsicht lassen sich darüber hinaus den vorliegenden medizinischen Unterlagen keine Hinweise für relevante Funktionsbeeinträchtigungen entnehmen, die die berufliche Leistungsfähigkeit der Klägerin quantitativ einschränken könnten. Aus dem Arztbericht von Dr. W. vom 30. Juli 2018 ergibt sich kein auffälliger neurologischer Befund. Es fand sich kein eindeutiger Hinweis auf eine Polyneuropathie. Die Messung war unauffällig, ebenso Stand und Gang sowie Tiefensensibilität. Nach dem Bericht des Kardiologen Dr. S. vom 27. November 2018 zeigte eine Herzkathederuntersuchung nur eine geringe Koronarsklerose, höhergradige Stenosen konnten ausgeschlossen werden. Nach den Ausführungen des Hautarztes Dr. W. vom 17. Juni 2019 ergab die Melanomnachsorge keinen Hinweis auf ein Rezidiv oder eine Metastasierung. Wegen einer Pustulosis plantaris et palmaris erfolgte eine Behandlung, jedoch bewirkt eine derartige Erkrankung keine dauerhafte zeitliche Einschränkung bei der Verrichtung körperlich leichter Tätigkeiten.

Auch Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet rechtfertigen keine Einschränkungen der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin in zeitlicher Hinsicht. Nach dem im Gutachten von Dr. H. vom 25. März 2019 beschriebenen psychischen Befund zeigte die Klägerin ein gepflegtes äußeres Erscheinungsbild. Die Schilderungen waren strukturiert geordnet. Die Stimmung war leicht gedrückt. Die Modulationsfähigkeit und auch Konzentration, Aufmerksamkeit, Gedächtnis und Merkfähigkeit waren nicht beeinträchtigt. Auch der Antrieb erschien nicht beeinträchtigt. Psychomotorisch war die Klägerin unauffällig, die Gestik lebhaft. Formal und inhaltlich zeigten sich keine Beeinträchtigungen. Höhergradige Einschränkungen der Lebensführung bestanden nach den Feststellungen von Dr. H. nicht. Die Klägerin lebte allein und bewältigte ihren Alltag selbständig. Kürzlich sei auch eine Flugreise nach Serbien aufgrund eines Todesfalls in der Verwandtschaft möglich gewesen. Schwerwiegende Beeinträchtigungen aufgrund der von der Gutachterin danach im Einklang mit den Untersuchungsbefunden und aktenkundigen Vorbefunden diagnostizierten chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sowie Dysthymie ergeben sich daraus nicht. Die Gutachterin hat das Leistungsvermögen schlüssig und überzeugend dahingehend beurteilt, dass die Klägerin noch in der Lage ist, sechs Stunden und mehr leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne Akkord und Nachtschicht und unter Beachtung der von orthopädischer Seite bestehender qualitativer Einschränkungen zu verrichten.

Anlass für weitere Ermittlungen besteht nicht. Anhaltspunkte für das Bestehen einer gravierenden psychiatrischen Erkrankung – entgegen dem Gutachten von Dr. H. – hat der Senat nicht. Zwar ist in dem Bericht der Fachärztin für Neurologie Dr. W. vom 30. Juli 2018 die Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode aufgeführt. Die Vorstellung bei der Fachärztin für Neurologie war allerdings wegen brennender Fußsohlen erfolgt. Auch der in dem Bericht dargestellte psychische Befund, der bis auf eine bedrückte Affektivität unauffällig war, insbesondere hinsichtlich Antrieb und Mnestik, widerspricht einer relevanten psychischen Störung. Offenbar wurde die Diagnose lediglich aus dem Bericht der Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie Lange vom 30. Januar 2017 übernommen, wonach sich die Klägerin in derselben Praxis aufgrund depressiver Verstimmungen, Antriebsstörungen und Schlafstörungen vorgestellt hatte. In diesem Bericht ist zum psychischen Befund eine depressive Affektivität, ein verminderter Antrieb, Denken grübelnd, jedoch eine unauffällige Mnestik angegeben. Eine Medikation mit Mirtazapin (15 mg) wurde danach begonnen und eine Wiedervorstellung in acht Wochen geplant. Eine weitere psychiatrische Behandlung fand nach dieser einmaligen Vorstellung jedoch nicht statt, was ebenfalls gegen andauernde höhergradige Beeinträchtigungen aufgrund einer seelischen Störung spricht. Auch der Hausarzt der Klägerin Dr. H. hat sich bei seiner Angabe der Diagnose einer mittelgradigen depressiven Episode gegenüber dem SG lediglich auf den Bericht von Dr. W. gestützt, so dass sich daraus mangels weitergehender Befunde kein Anhalt für eine relevante psychiatrische Erkrankung begründet. Nichts anderes gilt für den „Auszug aus den medizinischen Daten“ vom 30. März 2015 bis 2. Mai 2019 von Dr. H.. Befunde sind darin nicht enthalten. Im Übrigen handelt es sich bei der dort aufgeführten Anpassungsstörung und der im Zusammenhang mit dem Melanom für September und Oktober 2016 angegebenen „Erschöpfungs-Depression“ nicht um überdauernde schwerwiegende Erkrankungen, die üblicherweise eine zeitliche Leistungseinschränkung begründen.

Der von der Klägerin angeführte Umstand, dass ihr bereits seit 27. September 2016 ein GdB zuerkannt ist, ist für das vorliegende Verfahren auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung ohne entscheidende Bedeutung. Denn die Beurteilung nach dem Schwerbehindertenrecht besitzt für die Beurteilung der Erwerbsfähigkeit im Rahmen eines Anspruchs auf Rente wegen Erwerbsminderung keine anspruchsbegründende Bedeutung (BSG, Beschluss vom 09.12.1987 – 5b BJ 156/87 – juris) und die Voraussetzungen für die Beurteilung des Grades der Behinderung unterscheiden sich maßgeblich (vgl. § 2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch: Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft) von jenen für die Beurteilung einer Erwerbsminderung (vgl. z.B. § 43 Abs. 3 SGB VI: Fähigkeit, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes zu arbeiten; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 16. Juni 2016 – L 10 R 2324/14 – juris Rdnr. 49). Im Übrigen wurde in dem Bescheid des Landratsamtes L. vom 27. Januar 2017 über die GdB-Feststellung darauf hingewiesen worden, dass bei der Bewertung eine Gesundheitsstörung im Stadium der Heilungsbewährung (Melanom) berücksichtigt wurde und daher Grade der Behinderung höher eingeschätzt wurden, als dies dem tatsächlichen Zustand entsprach. Schließlich sprechen auch die in dem Bescheid angegebenen Funktionsbeeinträchtigungen „psychovegetatives Erschöpfungssyndrom, chronisches Schmerzsyndrom“ lediglich für eine leichte Störung im seelischen Bereich.

Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin in der hier maßgeblichen Zeit noch in der Lage war, mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung, ohne Zwangshaltungen sowie ohne Akkord und ohne Nachtschicht zu verrichten.

Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, „unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts“ tätig zu sein (dazu BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rdnr. 17 ff. m.w.N.). Diese Frage ist hier zu verneinen. „Bedingungen“ sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind „üblich“, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch „Angebot“ und „Nachfrage“ gibt. Das Adjektiv „allgemein“ grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen.

Die Klägerin konnte - wie dargelegt - an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sieht man davon ab, dass ihr (Nacht-)Schichtarbeiten krankheitsbedingt nicht mehr zugemutet werden durften, benötigte sie im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Sie hatte auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und war in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin über die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendigen kognitiven Grundfähigkeiten verfügte. Nach der Rechtsprechung des BSG werden unter den Begriff der üblichen Bedingungen „auch tatsächliche Umstände“ verstanden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, mithin ausschließlich kognitive Grundfähigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris Rdnr. 29). Wie dargelegt, lag bei der Klägerin kein Leiden vor, das leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschloss. Die angesprochenen kognitiven Grundfähigkeiten waren nicht betroffen.

Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 24 ff.). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch in der Lage ist, körperlich leichte und geistige einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten regelmäßig gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 79/09 RBSGE 109, 189; Urteil vom 11. Dezember 2019 – B 13 R 7/18 R – juris). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen der Klägerin es dieser erlaubte, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es lag weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass bei der Klägerin die erforderliche Wegefähigkeit vorlag (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 RBSGE 110, 1).

Mit dem festgestellten Leistungsvermögen war die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.

Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit zu.

Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit haben nach § 240 Abs. 1 SGB VI bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zur Erreichung der Re-gelaltersgrenze auch Versicherte, die vor dem 2. Januar 1961 geboren und berufsunfähig sind. Berufsunfähig sind gem. § 240 Abs. 2 SGB VI Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Bei der Frage, ob Versicherte berufsunfähig sind, ist von ihrem bisherigen Beruf, das ist in der Regel die zuletzt und nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Tätigkeit, auszugehen (ständige Rechtsprechung des BSG, z.B. SozR 2200 § 1246 Nrn. 104, 107, 130, 164, 169). Dabei liegt Berufsunfähigkeit nicht schon dann vor, wenn Versicherte ihren bisherigen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben können. Vielmehr sind anhand des qualitativen Wertes des bisherigen Berufes zumutbare Tätigkeiten zu ermitteln, auf die die Versicherten verwiesen werden können. Das BSG hat in dem Zusammenhang das so genannte Mehrstufenschema entwickelt. Die Stufen sind von unten nach oben nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung und beruflichen Erfahrung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Danach sind zu unterscheiden: Ungelernte Berufe (Stufe 1); Berufe mit einer Ausbildung bis zu zwei Jahren (Stufe 2); Berufe mit einer Ausbildung von mehr als zwei Jahren (Stufe 3); Berufe, die zusätzliche Qualifikation oder Erfahrungen oder den erfolgreichen Besuch einer Fachschule voraussetzen (Stufe 4), zu ihr gehören Facharbeiter mit Vorgesetztenfunktion gegenüber anderen Facharbeitern, Spezialfacharbeiter, Meister, Berufe mit Fachschulqualifikation als Eingangsvoraussetzung; Berufe, die einen erfolgreichen Abschluss einer Fachhochschule oder eine zumindest gleichwertige Berufsausbildung voraussetzen (Stufe 5); Berufe, deren hohe Qualität regelmäßig auf einem Hochschulstudium oder einer vergleichbaren Qualifikation beruht (Stufe 6). Eine „Verweisung“, die grundsätzlich durch eine konkrete Benennung eines Berufs geschehen muss, der an mindestens 300 Arbeitsplätzen im Bundesgebiet ausgeübt wird, kann nur auf einen Beruf derselben qualitativen Stufe oder der nächst niedrigeren erfolgen. Hierbei ist das Überforderungsverbot (Einarbeitung innerhalb von drei Monaten) zu beachten. Eine konkrete Benennung ist grundsätzlich dann nicht erforderlich, wenn der bisherige Beruf der ersten Stufe angehört oder wenn ein so genannter einfacher Angelernter (Stufe 2, aber Ausbildung bis zu einem Jahr) auf ungelernte Berufe verwiesen wird (siehe hierzu insgesamt Urteil des BSG vom 29. Juli 2004 - B 4 RA 5/04 R -).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe konnte die Klägerin, die über keine abgeschlossene Ausbildung verfügt sowie keine berufsbezogene Qualifikation erlangt hat und zuletzt als ungelernte Arbeiterin (Produktionshelferin) versicherungspflichtig beschäftigt gewesen ist, auf sämtliche ungelernten Tätigkeiten verwiesen werden. Der Benennung einer Verweisungstätigkeit bedarf es daher nicht. Nachdem die Klägerin – wie bereits dargelegt – in der maßgeblichen Zeit in der Lage war, noch mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit zu verrichten, ist auch keine teilweise Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.

Rechtskraft
Aus
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