Der Beschluss des Sozialgerichts Stuttgart vom 16. November 2020 wird abgeändert.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 19. August 2020 wird angeordnet. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung für das Antragsverfahren bewilligt und Rechtsanwalt Dr. G., N.Straße , N., beigeordnet.
Der Antragsgegner trägt ein Sechstel der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe der dem Antragsteller zu gewährenden Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbBLG) in der Zeit vom 1. September 2020 bis zum 28. Februar 2021 streitig.
Mit Bescheid vom 3. Juni 2020 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller Leistungen nach § 3 AsylbLG für die Zeit vom 8. April 2020 bis zum 30. Juni 2020. Mit weiterem Bescheid vom 18. August 2020 bewilligte der Antragsgegner dem Antragsteller für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30. September 2020 Leistungen nach § 3 AsylbLG in Höhe von monatlich 316,00 €.
Mit Bescheid vom 19. August 2020 hob der Antragsgegner den Bescheid vom 18. August 2020 mit Ablauf des 31. August 2020 auf und bewilligte dem Antragsteller für den Zeitraum vom 1. September 2020 bis 28. Februar 2021 Leistungen gemäß § 1a Abs. 7 AsylbLG i.V.m. § 3 AsylbLG, da der Asylantrag des Antragstellers durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung angeordnet worden sei. Die Leistungen wurden ab September 2020 in Höhe von monatlich 171,00 € festgesetzt.
Hiergegen hat der Antragsteller am 21. September 2020 Widerspruch eingelegt und zugleich beim Sozialgericht Stuttgart (SG) Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt. Gegen die Regelung in § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG bestünden verfassungsrechtliche Bedenken.
Mit Beschluss vom 16. November 2020 hat das SG den Antrag abgelehnt und den Antrag auf Prozesskostenhilfe abgelehnt. Das Eilverfahren richte sich nach § 86b Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), da vorliegend in der Hauptsache eine Anfechtungsklage zu erheben wäre, ohne dass es einer weiteren Leistungsklage zur Verwirklichung des Begehrens des Antragstellers auf uneingeschränkte Grundleistungen bedürfe. Bei gerichtlicher Aufhebung der in dem Bescheid vom 19. August 2020 verfügten Aufhebungsentscheidung würde der Bescheid vom 18. August 2020 wiederaufleben und sich daraus ein unmittelbarer Leistungsanspruch des Antragstellers auf Leistungen nach Maßgabe der §§ 3, 3a AsylbLG auch für die streitgegenständliche Zeit ab 1. September 2020 ergeben. Der Antrag sei jedoch unbegründet. Rechtsgrundlage der Änderungsentscheidung sei § 48 Abs. 1 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X). Eine wesentliche Änderung sei nach dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid vom 3. Juni 2020 insoweit eingetreten, als mit Bescheid vom 24. Juni 2020 das BAMF den Asylantrag des Antragstellers gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 Asylgesetz (AsylG) als unzulässig abgelehnt und die Abschiebung nach Spanien gemäß § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG angeordnet habe. Die Leistungskürzung gemäß § 1a Abs. 7 AsylbLG sei auch in rechtlicher Hinsicht nicht zu beanstanden. Zwar dürften verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Leistungseinschränkungen nach § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG bestehen. Gleichwohl bestehe keine überwiegende Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens des Antragstellers in der Hauptsache, sodass kein Anlass bestehe, die vom Gesetz in § 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG aufgestellte Regel - keine aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs - im vorliegenden Fall außer Kraft zu setzen.
Gegen den am 20. November 2020 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 17. Dezember 2020 Beschwerde eingelegt. Das SG habe den verfassungsrechtlichen Bedenken nicht hinreichendes Gewicht beigemessen.
Die Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.
II.
1. Die nach §§ 172, 173 SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde des Antragstellers ist auch im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft. Die Beschwerde ist insbesondere nicht nach § 172 Abs. 3 Nr. 1 SGG ausgeschlossen, da in der Hauptsache die Berufung nicht der Zulassung bedürfte. Streitig ist die Gewährung von 316,00 € statt der bewilligten 171,00 € monatlich für den Bewilligungszeitraum von sechs Monaten, somit monatlich 145,00 € bzw. insgesamt 870,00 €, sodass der Beschwerdewert von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.
2. Die Beschwerde hat jedoch nur im tenorierten Umfang Erfolg.
Das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist in § 86b SGG geregelt, und zwar für Anfechtungssachen in Abs. 1, für Vornahmesachen in Abs. 2. Gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Nach § 86b Abs. 2 Satz 1 SGG kann das Gericht der Hauptsache ferner, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Nach § 86b Abs. 3 SGG sind die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 schon vor Klageerhebung zulässig.
a) Vorliegend kommt - entgegen der Auffassung des SG - allein für den Zeitraum vom 1. bis 30. September 2020 die Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs in Betracht.
Zu berücksichtigen ist nämlich, dass der Antragsgegner mit dem Bescheid vom 18. August 2020 Leistungen lediglich für die Zeit vom 1. Juli 2020 bis zum 30. September 2020 bewilligt hat. Nur insoweit hat der Antragsgegner mit Bescheid vom 19. August 2020 die Leistungsbewilligung ab dem 31. August 2020 aufgehoben. Im Übrigen sind mit dem Bescheid vom 19. August 2020 Leistungen für die Zeit vom 1. Oktober 2020 bis zum 28. Februar 2021 erstmals bewilligt worden, so dass ein Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung für die Zeit ab dem 1. Oktober 2020 insoweit ins Leere geht. Für diesen Zeitraum kommt allein der Erlass einer Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG in Betracht.
Dem Widerspruch des Antragstellers gegen den Bescheid vom 19. August 2020 kommt keine aufschiebende Wirkung zu (§11 Abs. 4 Nr.1 AsylbLG), so dass einstweiliger Rechtsschutz durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung von Widerspruch bzw. Klage zu gewähren ist.
Bei der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG ist die Entscheidung des Gesetzgebers, den abstrakten öffentlichen Interessen den Vorrang einzuräumen, zu beachten. Die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs zugunsten des Antragstellers sind aber zu berücksichtigen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verwaltungsaktes bestehen, der Erfolg des Hauptsacherechtsbehelfs also überwiegend wahrscheinlich ist (Binder in Berchtold, SGG, 6. Aufl. 2021, § 86b Rdnr. 18 m.w.N.).
Der Bescheid vom 19. August 2020 ist aller Voraussicht nach rechtswidrig, soweit darin die Bewilligung von Leistungen nach § 3 AsylbLG für den Monat September 2020 aufgehoben worden ist. Der Antragsgegner hat darin die Aufhebung auf „§ 9 Abs. 4 AsylbLG i.V.m. den Vorschriften der §§ 44 bis 48 SGB X“ gestützt. Maßgebliche Rechtsgrundlage ist insoweit § 45 SGB X und nicht, wie vom SG angenommen, § 48 SGB X. Denn die Aufhebung wurde damit begründet, dass eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen dadurch eingetreten ist, dass mit Bescheid vom 24. Juni 2020 der Asylantrag des Antragstellers durch das BAMF als unzulässig abgelehnt und dessen Abschiebung angeordnet worden ist. Da dieser Bescheid vor dem Erlass des Bewilligungsbescheids vom 18. August 2020 ergangen ist, war dieser Bescheid bereits von Anfang an rechtswidrig, so dass eine Aufhebung nach § 45 SGB X zu erfolgen hatte.
Die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes nach § 45 SGB X setzt die Ausübung von Ermessen voraus (Schütze, SGB X, 9. Aufl. 2020, § 45 Rdnr. 102). Die Rücknahmeentscheidung muss nicht nur erkennen lassen, dass die zuständige Behörde eine Ermessensentscheidung treffen wollte und getroffen hat, sondern auch diejenigen Gesichtspunkte, von denen sie sich bei der Ausübung ihres Ermessens hat leiten lassen (so bereits BSG, Urteil vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 = BSGE 59, 157; BSG, Urteil vom 30. Juni 1999 - B 2 U 24/98 R = Breith 1999, 957). In jedem Fall sind einzelfallbezogene Erwägungen zu fordern, allgemeine Überlegungen reichen ebenso wenig aus (exemplarisch etwa BSG, Urteil vom 14. November 1985 - 7 RAr 123/84 - juris Rdnr. 52; BSG, Urteil vom 11. Juni 2003 - B 5 RJ 28/02 R - juris Rdnr. 24) wie formelhafte Wendungen (BSG, Urteil vom 14. März 1996 - 7 RAr 84/94 - juris Rdnr. 29; BSG, Urteil vom 23. September 1997 - 2 RU 44/96 - SozR 3-1300 § 50 Nr. 20). Für die Frage, ob die zuständige Behörde überhaupt eine Ermessensentscheidung getroffen hat (und diese sich innerhalb der Grenzen des Ermessens bewegt), kommt es auf den Inhalt des Rücknahmebescheides, insbesondere auf seine Begründung an (BSG, Urteil vom 30. Oktober 1997 - 4 RA 71/96 - juris Rdnr. 24). Hat die zuständige Behörde Ermessen nicht ausgeübt oder die für die Ermessensentscheidung maßgebenden Gesichtspunkte nicht in der Begründung des Rücknahmebescheides mitgeteilt, so führt allein dies zur Aufhebbarkeit des Bescheides (so bereits BSG, Urteil vom 16. Januar 1986 - 4b/9a RV 9/85 = SozR 1300 § 44 Nr. 22; vgl. Merten in Hauck/Noftz, SGB X, Werksstand 04/18, § 45 Rdnrn. 107 ff.) Zwar kann in besonders gelagerten Ausnahmelagen auch eine Ermessensreduzierung auf Null in Betracht kommen. Dies gilt insbesondere dann, wenn nach dem festgestellten Sachverhalt eine anderweitige Entscheidungsfindung rechtsfehlerfrei ausgeschlossen erscheint, wobei dies in der Regel nicht der Fall ist (Schütze, a.a.O., Rdnr. 105 m.w.N.). Allein das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen einer Leistungsbewilligung nur nach § 1a AsylbLG ist hierfür jedenfalls nicht ausreichend. Hierbei ist zudem zu berücksichtigen, dass nach § 9 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 AsylbLG die §§ 44 bis 50 SGB X entsprechend anzuwenden sind, ohne dass, wie z.B. in § 330 Abs. 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) oder § 40 Abs. 2 Nr. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für diese Rechtsgebiete angeordnet, bei Vorliegen der in § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X genannten Voraussetzungen eine gebundene Entscheidung zu treffen wäre. Deshalb ist im Bereich des AsylbLG im Anwendungsbereich des § 45 SGB X Ermessen auszuüben (BSG, Urteil vom 17. Juni 2008 - B 8 AY 9/07 R - juris; Siefert, AsylbLG, 2. Aufl. 2020, § 9 Rdnr. 33). Eine Ermessensausübung durch den Antragsgegner ist in der Aufhebungsentscheidung nicht erfolgt, so dass insoweit die aufschiebende Wirkung anzuordnen war.
b) Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet, soweit die Zeit vom 1. Oktober 2020 bis zum 28. Februar 2021 betroffen ist. Insoweit kommt allein eine Regelungsanordnung in Betracht. Auch § 11 Abs. 4 Nr. 2 AsylbLG ist nicht einschlägig. Diese Vorschrift greift nur ein, wenn zuvor (höhere) Leistungen für den entsprechenden Zeitraum bewilligt worden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 1. Juli 2019 - L 7 AY 1783/19 ER-B - juris Rdnr. 9).
Der Erlass einer Regelungsanordnung gem. § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG setzt zunächst die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs voraus. Die Begründetheit des Antrags wiederum hängt vom Vorliegen von Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund ab (ständige Rechtsprechung des Senats; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 - L 7 AS 2875/05 ER-B - FEVS 57, 72 und vom 17. August 2005 - L 7 SO 2117/05 ER-B - FEVS 57, 164). Eine einstweilige Anordnung darf nur erlassen werden, wenn beide Voraussetzungen gegeben sind. Dabei betrifft der Anordnungsanspruch die Frage der Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache, während ein Anordnungsgrund nur bei Eilbedürftigkeit zu bejahen ist. Die Anordnungsvoraussetzungen, nämlich der prospektive Erfolg in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Dringlichkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund), sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung <ZPO>). Maßgebend für die Beurteilung der Anordnungsvoraussetzungen sind regelmäßig die Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Eilentscheidung (ständige Senatsrechtsprechung; vgl. z.B. Beschlüsse vom 1. August 2005 a.a.O. und vom 17. August 2005 a.a.O.).
Ein Anspruch des Antragstellers auf Erlass einer Regelungsanordnung besteht nicht.
Unabhängig von der Frage, ob gegen die Regelung des § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG verfassungsrechtliche Bedenken bestehen, entspricht die Entscheidung der Antragsgegnerin der einfachgesetzlichen Regelung. Dies wird auch vom Antragsteller nicht bestritten. § 1a Abs. 7 Satz 1 AsylbLG setzt nicht - als ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal - voraus, dass dem Betroffenen eine Rückkehr in das für sein Asylverfahren zuständige Land möglich und zumutbar ist. Die nach der Normfassung des § 1a Abs. 7 AsylbLG einzig denkbare Ausnahme von einer Leistungskürzung ist eine gerichtliche Entscheidung, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet wird (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 22. Mai 2020 - L 20 AY 7/20 B ER - juris Rdnrn. 25 f.). Eine solche gerichtliche Anordnung liegt für den Antragsteller gerade nicht vor, nachdem das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Beschluss vom 21. Dezember 2020 (A 7 K 3358/20) den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung abgelehnt hat.
Ein anderes Ergebnis folgt auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen. Dies gilt schon deswegen, weil die Fachgerichte auch im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht befugt sind, sich durch die Kreierung eines vom Gesetzgeber nicht geschaffenen Anspruchs aus der Rolle des Normanwenders in die einer normsetzenden Instanz zu begeben (so ausdrücklich BVerfG, Beschluss vom 7. November 2005 - 1 BvR 1178/05 - BVerfGK 6, 323 - juris Rdnr. 11). Den Gerichten ist es insbesondere nicht gestattet, den zuständigen Träger allein auf der Grundlage von Verfassungsrecht, hier also des „Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums“ (BVerfG, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09 u.a. - BVerfGE 125, 175; BVerfG, Urteil vom 18. Juli 2012 - 1 BvL 10/10 u.a. - BVerfGE 132, 134) zur Leistungsgewährung zu verpflichten (BVerfG, Beschluss vom 30. Oktober 2010 - 1 BvR 2037/10 - <n.v.>; Beschluss des Senats vom 27. Oktober 2011 - L 7 AY 3998/11 ER-B - juris Rdnr. 7; Beschluss des Senats vom 3. Dezember 2018 - L 7 SO 4027/18 ER-B - juris Rdnr. 38).
Nach Art. 100 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) hat ein Gericht das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen, wenn es ein Gesetz für verfassungswidrig hält, auf dessen Gültigkeit es bei seiner Entscheidung ankommt. Bei Eilentscheidungen ist dies nur ausnahmsweise der Fall, insbesondere wenn in dem Verfahren eine abschließende Entscheidung ergeht (vgl. BVerfGE 63, 131 [141]) oder wenn die beantragte vorläufige Regelung die endgültige Entscheidung weitgehend vorwegnehmen würde (vgl. BVerfGE 46, 43 [51]) (BVerfG, Beschluss vom 19. Juli 1996 - 1 BvL 39/95 - juris Rdnr. 7). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Etwas Anderes folgt auch nicht aus der vom Antragsteller angeführten Entscheidung des LSG Niedersachsen-Bremen von 9. April 2020. Das LSG hat seine Entscheidung vielmehr darauf gestützt, dass die Voraussetzungen für eine Leistungseinschränkung (dort nach § 1a Abs. 2 AsylbLG) nicht mit der hinreichenden Sicherheit im Eilverfahren festgestellt werden könnten (juris Rdnr. 28) und im Übrigen lediglich ausgeführt, die Entscheidung des BVerfG vom 5. November 2019 (1 BvL 7/16) zu den Sanktionen im SGB II werfe die grundlegende Frage der Vereinbarkeit der Anspruchseinschränkungen nach § 1a AsylbLG mit dem Grundrecht auf Gewährung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG) auf, der im Hauptsacheverfahren weiter nachzugehen sei (LSG Niedersachsen-Bremen, L 8 AY 4/20 B ER - Beschluss vom 9. April 2020 - juris Rdnr. 32).
Schließlich hat der Antragsteller auch besondere Umstände des Einzelfalls i.S.v. § 1a Abs. 1 Satz 3 AsylbLG, die ausnahmsweise die Gewährung anderer Leistungen des notwendigen Bedarfs i.S.v. § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ermöglichen, nämlich Kleidung sowie Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts nach § 3 Abs. 1 S. 2 AsylbLG, weder vorgetragen noch glaubhaft gemacht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 13. März 2020 - L 20 AY 48/19 B ER - juris Rdnr. 33). Er hat vielmehr allein die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung geltend gemacht.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
4. Nachdem die Beschwerde teilweise erfolgreich ist, war die angefochtene Entscheidung bezüglich der Ablehnung von Prozesskostenhilfe aufzuheben und dem Antragsteller, der auch prozesskostenhilfebedürftig ist, Prozesskostenhilfe für das Antragsverfahren zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar (§ 177 SGG).