L 7 BA 4192/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Betriebsprüfungen
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 11 BA 2024/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 BA 4192/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen. Diese tragen ihre Kosten selbst.

 

 

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen und Umlagen in Höhe von 128.066,76 € aufgrund der Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer in der Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016.

Die Klägerin ist ein in der Rechtsform der GmbH verfasstes Unternehmen der Blech- und Rohrbearbeitung mit Sitz in K und einem Stammkapital von 30.000,00 €. Gesellschafter waren im streitgegenständlichen Zeitraum die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 mit einem Anteil am Stammkapital von jeweils 24% sowie der Vater der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 K1 mit einem Anteil von 52% des Stammkapitals, wobei je 1,00 € eines Geschäftsanteils der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 eine Stimme gewährt sowie 2,00 € eines Geschäftsanteils des Gesellschafters K1 eine Stimme gewähren. Die Beigeladenen Ziff. 1 (seit August 2010) und 2 (seit Oktober 2008) waren neben ihrem Vater K1 und ihrer Mutter K2 zu Geschäftsführern der Klägerin bestellt. Die Klägerin beschäftigte nach ihren Angaben außerhalb der Geschäftsführung durchschnittlich im Jahr 2013 27 Mitarbeiter, im Jahr 2014 52 Mitarbeiter, im Jahr 2015 57 Mitarbeiter und im Jahr 2016 58 Mitarbeiter.

Der Gesellschaftsvertrag der Klägerin enthält u.a. folgende Bestimmungen:

„§ 4 Vertretung, Geschäftsführung

(1) Die Gesellschaft hat einen oder mehrere Geschäftsführer, die von der Gesellschafterversammlung berufen und abberufen werden, ist nur ein Geschäftsführer vorhanden, so ist er stets alleinvertretungsberechtigt. Sind mehrere Geschäftsführer vorhanden, so wird die Gesellschaft jeweils von zwei Geschäftsführern gemeinsam oder von einem Geschäftsführer und einem Prokuristen vertreten. Auch wenn mehrere Geschäftsführer vorhanden sind, kann einem oder mehreren Geschäftsführern das Recht der Alleinvertretung verliehen werden.

(2) Die Gesellschafterversammlung kann Geschäftsführer von den Beschränkungen des § 181 BGB generell befreien.

(3) Die Geschäftsführung bedarf für alle Geschäfte, die über den gewöhnlichen Betrieb des Unternehmens der Gesellschaft hinausgehen, der ausdrücklichen vorherigen Einwilligung der Gesellschafterversammlung. Hierzu zählen insbesondere

a) die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen, die Errichtung, Veräußerung und Aufgabe von Betrieben und Betriebsstätten;

b) der Erwerb anderer Unternehmen, der Erwerb, die Änderung oder Gründung von - auch stillen - Beteiligungen einschließlich des Erwerbs von Geschäftsanteilen der Gesellschaft sowie der Abtretung eigener Geschäftsanteile der Gesellschaft;

c) die Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten;

(4) Darüber hinaus kann die Gesellschafterversammlung einen Katalog zustimmungspflichtiger Geschäfte beschließen. Der Katalog ist nicht formeller, satzungsmäßiger Bestandteil des Gesellschaftsvertrages, sondern eine interne, bindende Richtlinie für die Geschäftsführung. ...

(5) Bei Abschluss, Änderung und Beendigung von Anstellungsverträgen mit Geschäftsführern wird die Gesellschaft durch die Gesellschafterversammlung vertreten.

§ 5 Gesellschafterversammlung

...

§ 6 Gesellschafterbeschlüsse

(1) Gesellschafterbeschlüsse werden mit einfacher Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen gefasst. Dies gilt nicht, soweit das Gesetz zwingend oder dieser Vertrag ausdrücklich etwas Anderes bestimmen. Die Gesellschafter stimmen in eigenen Angelegenheiten mit ab, soweit nicht § 47 Abs. 4 GmbH-Gesetz oder dieser Vertrag ausdrücklich etwas Anderes bestimmen.

(2) Gesellschafterbeschlüsse können - vorbehaltlich zwingender gesetzlicher Formvorschriften -, wenn alle Gesellschafter mit diesem Verfahren einverstanden sind, auch telefonisch, telegraphisch, durch Telex oder Telefax, schriftlich oder mündlich ohne förmliche Gesellschafterversammlung gefasst werden.

(3) Je € 1,00 eines Geschäftsanteils der Gesellschafter K3 und K4 gewähren eine Stimme. Je € 2,00 eines Geschäftsanteils des Gesellschafters K1 gewähren eine Stimme.

(4) Die Gesellschafterbeschlüsse, auch die formlos gefassten, sind zu protokollieren und von einem alleinvertretungsberechtigten Geschäftsführer oder von mindestens zwei Geschäftsführern zu unterzeichnen. Hat die Gesellschaft mehr als zwei Geschäftsführer, sind die Geschäftsführer, die nicht unterzeichnen, zu informieren. Jedem Gesellschafter ist das Protokoll in Kopie oder Abschrift zuzusenden. ...

§ 7 Änderung des Gesellschaftsvertrages, Kapitalerhöhung, -herabsetzung, Liquidität

(1) Änderungen des Gesellschaftsvertrages müssen mit mindestens 75% der abgegebenen Stimmen beschlossen werden; dies gilt auch für Kapitalerhöhung, Kapitalherabsetzung und Liquidation sowie eine Umwandlung.“

Zwischen der AGmbH, die im August 2012 mit der Klägerin verschmolzen ist, und dem Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 besteht jeweils ein Geschäftsführervertrag (Beigeladener Ziff. 1 vom 30. Juni 2008; Beigeladener Ziff. 2 vom 14. Juli 2010 Abweichungen in kursiver Darstellung) mit folgenden Regelungen:

„§ 1 Geschäftsführung und Vertretung

(1) Der Geschäftsführer ist berechtigt und verpflichtet, die Gesellschaft nach Maßgabe der Gesetze, des Gesellschaftsvertrags und einer etwaigen Geschäftsführerordnung - ggf. mit anderen Geschäftsführern - zu vertreten und die Gesellschaft zu führen. Weisungen der Gesellschafterversammlung sind zu befolgen, soweit Vereinbarungen in diesem Vertrag nicht entgegenstehen.

(2) Der Geschäftsführer hat die ihm obliegenden Pflichten mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns unter Wahrung der Interessen der Gesellschaft wahrzunehmen.

(3) Der Geschäftsführer ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit.

(4) Dem Geschäftsführer wird hiermit das Recht zur Alleinvertretung der Gesellschaft verliehen.

§ 2 Einzelne Aufgaben

(1) Dem Geschäftsführer obliegt die Leitung und Überwachung des Unternehmens im Ganzen.

(2) Der Geschäftsführer nimmt die Rechte und Pflichten des Arbeitgebers im Sinne der arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften wahr.

§ 3 Genehmigungsbedürftige Geschäfte

Der Geschäftsführer bedarf für alle Geschäfte und Maßnahmen, die über den gewöhnlichen Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft hinausgehen, der ausdrücklichen Einwilligung der Gesellschafterversammlung. Hierzu zählen insbesondere:

a) der Erwerb, die Veräußerung und die Belastung von Grundstücken, die zum Gesellschaftsvermögen gehören,

b) die Veräußerung des Unternehmens im Ganzen, die Errichtung, Veräußerung und Aufgabe von Betrieben oder Betriebsstätten; -

c) der Erwerb anderer Unternehmen, der Erwerb, die Änderung oder Kündigung von - auch stillen - Beteiligungen einschließlich des Erwerbs von Geschäftsanteilen der Gesellschaft sowie der Abtretung eigener Geschäftsanteile;

d) Anschaffungen und Investitionen jeglicher Art, einschließlich der Vornahme von Baumaßnahmen, wenn die Anschaffungs- und Herstellungskosten EUR 25.000,- übersteigen;

e) die Inanspruchnahme oder die Gewährung von Sicherheiten oder Krediten sowie die Übernahme fremder Verbindlichkeiten: ausgenommen sind Kunden- und Lieferkredite, soweit sie im Einzelfall EUR 25.000,- nicht übersteigen;

f) der Abschluss und die Kündigung von Dauerschuldverträgen mit einer Jahresbelastung von mehr als EUR 6.000,00;

g) die Einstellung und Entlassung von Arbeitnehmern mit monatlichen Bruttobezügen von mehr als EUR 2.500,00;

h) die Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten,

i) die Einleitung von Rechtsstreitigkeiten mit einem Streitwert von mehr als EUR 20.000,00;

j) die Erteilung von Schenkungsversprechen sowie die Hingabe nicht marktüblicher Geschenke;

k) die nachhaltige Änderung der hergebrachten Art, der Verwaltung, der Organisation, der Produktion oder des Vertriebs; ferner die Einstellung oder wesentliche Einschränkung betriebener Geschäftszweige und die Aufnahme neuer Geschäftszweige;

l) Vereinbarungen mit nahen Angehörigen von Gesellschaftern oder Geschäftsführern …

d) die Erteilung von Prokuren und Generalvollmachten.

§ 4 Dienstleistung

(1) Der Geschäftsführer hat seine Arbeitskraft und seine Kenntnisse und Erfahrungen der Gesellschaft zur Verfügung zu stellen.

(2) An bestimmte Arbeitszeiten ist der Geschäftsführer nicht gebunden.

§ 5 Treuepflichten, Betriebsgeheimnisse

§ 6 Nebentätigkeit, Wettbewerb

§ 7 Bezüge des Geschäftsführers

(1) Der Geschäftsführer erhält ein festes Monatsgehalt von EUR 2.200,-. Zahlbar sind 14 Monatsgehälter jeweils zum Monatsletzten. Das 13. Gehalt ist als Urlaubsgeld zum 30.06. eines Jahres zahlbar, das 14. Monatsgehalt ist als Weihnachtsgeld zum 30.11. eines Jahres zahlbar.

(1) Der Geschäftsführer erhält ein festes Monatsgehalt von EUR 3.279,68. Zahlbar sind 12 Monatsgehälter jeweils zum Monatsletzten.

(2) Es besteht Anspruch auf die gesetzliche Lohnfortzahlung im Krankheitsfall

(2) Ein Anspruch auf Vergütung von Überstunden, Sonntags-, Feiertags- oder sonstiger Mehrarbeit besteht nicht.

(3) …

(3) Im Krankheitsfall oder bei sonstiger unverschuldeter Verhinderung werden die Bezüge (Abs. 1) für die Dauer von 6 Wochen weitergezahlt.

(4) Die Gesellschaft übernimmt die Arbeitgeberanteile zur Sozialversicherung des Geschäftsführers. Soweit der Geschäftsführer von der Sozialversicherungspflicht ganz, oder auch nur von der Krankenversicherungspflicht befreit ist, so erhält er den Arbeitgeberanteil als Zuschuss, der zu zahlen wäre, läge Versicherungspflicht vor. Dieser Zuschuss ist sowohl zur freiwilligen als auch privaten Krankenversicherung zu gewähren, desgleichen zur freiwilligen Rentenversicherung auch freiwillig eingegangene Pflichtversicherung und zu den Beiträgen einer Lebensversicherung. …

(4) …

(5) Der Geschäftsführer erhält neben seinen Festbezügen eine erfolgsabhängige Vergütung (Tantieme) in Höhe von 25 % des tantiemepflichtigen Gewinns. …

§ 8 Nebenleistungen, Spesen, Aufwendungsersatz

§ 9 Urlaub

(1) Der Geschäftsführer hat Anspruch auf 30 Arbeitstage (Samstag ist kein Arbeitstag) bezahlten Urlaub im Geschäftsjahr. Der Geschäftsführer hat den Zeitpunkt seines Urlaubs so einzurichten, daß den Bedürfnissen der Gesellschaft Rechnung getragen wird. Der Urlaub ist mit den weiteren Geschäftsführern, soweit einer bestellt ist, abzustimmen. …

§ 10 Dauer, Kündigung

(1) Die Tätigkeit als Geschäftsführer beginnt am 01. Juli 2008 (01. August 2010).

(2) Der Vertrag wird auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist mit einer Frist von 12 Wochen zum Quartalsende kündbar.

(3) Der Vertrag ist jederzeit aus einem wichtigen Grund kündbar.

(4) Ein wichtiger Grund liegt für die Gesellschaft insbesondere vor, wenn …

§ 11 Schlußbestimmungen

(1) Die vertraglichen Vereinbarungen der Partner ergeben sich erschöpfend aus diesem Vertrag. Vertragsänderungen bedürfen der ausdrücklichen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. …“

Die Beklagte führte im März 2013 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung nach § 28p Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (SGB IV) durch, die hinsichtlich der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 ohne Beanstandungen endete. Die Beklagte erließ unter dem 19. September 2013 einen Bescheid und setzte darin allein bzgl. des Beschäftigten der Klägerin U für die Zeit vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 eine Nachforderung in Höhe von insgesamt 249,07 € fest.

Im April 2017 führte die Beklagte bei der Klägerin erneut eine Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV durch. Mit Schreiben vom 11. Mai 2017 hörte die Beklagte die Klägerin zu der beabsichtigten Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen in Höhe von insgesamt 129.078,73 € einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 45,00 € an. Im Rahmen der Betriebsprüfung sei die Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer beurteilt und dabei festgestellt worden, dass jeweils ein abhängiges und sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis ausgeübt werde. Bei Gesellschafter-Geschäftsführern mit weniger als 50 % Kapitalbeteiligung oder nur einer eingeschränkten Sperrminorität, die nicht auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft Anwendung finde, liege im Regelfall ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vor. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 verfügten jeweils über 24% des Stammkapitals der Klägerin und seien beide zu einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern bestellt. Sie seien von den Bestimmungen des § 181 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) befreit und erhielten für ihre Tätigkeit eine regelmäßige Vergütung. Die Beschlussfassung der Gesellschaft erfolge mit einfacher Mehrheit der abgegebenen Stimmen. Aufgrund des Kapitaleinsatzes der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 in Höhe von jeweils 24% des Stammkapitals und dem hieraus resultierenden Stimmrechtsanteil sei es ihnen nicht uneingeschränkt möglich, die Geschicke der Gesellschaft maßgeblich zu beeinflussen. Weiterhin könnten sie mangels existierender Vetorechte bzw. Sperrminoritäten keine Entscheidungen rechtswirksam verhindern. Für die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 bestehe jeweils Versicherungspflicht in der Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung. In der Kranken- und Pflegeversicherung bestehe Versicherungsfreiheit, da das regelmäßige Jahresarbeitsentgelt die maßgeblichen Jahresarbeitsentgeltgrenzen überschreite. Die Sozialversicherungsbeiträge sowie die Insolvenzgeldumlage seien für den Zeitraum Januar 2013 bis Dezember 2016 nachzuberechnen.

Die Klägerin nahm mit Schreiben vom 30. August 2017 dahingehend Stellung, dass im Rahmen der vorangegangenen Betriebsprüfungen für die Jahre 2009 bis 2012 u.a. die Richtigkeit der Beitragszahlung und der Meldung zur Sozialversicherung geprüft worden seien. Diese Prüfung habe mit der Festsetzung einer Nachforderung in Höhe von 249,07 € hinsichtlich eines Arbeitnehmers der Klägerin geendet, weitere Feststellungen bzw. Beanstandungen seien aus dem Betriebsprüfungsbescheid nicht hervorgegangen. Nachdem die Betriebsprüfung 2013 hinsichtlich der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 ohne Beanstandung geendet habe, sei die Klägerin davon ausgegangen, dass sie für die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer keine Sozialversicherungsbeiträge abzuführen habe. Darauf habe sie auch für die Zukunft vertrauen dürfen. Die Beklagte könne die der Klägerin verschaffte Rechtssicherheit nicht durch den schlichten Hinweis auf eine stichprobenweise durchgeführte Prüfung aushebeln. Die Festsetzung von Sozialversicherungsbeiträgen für die beiden Gesellschafter-Geschäftsführer komme deshalb nicht in Betracht.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2017 erließ die Beklagte für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 einen Prüfbescheid, forderte Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 129.078,73 € einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 45,00 € nach und stellte fest, dass die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 in der Zeit ab 1. Januar 2013 sozialversicherungspflichtig beschäftigt seien und jeweils Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung bestehe. Auf die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 entfielen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 128.111,76 € und auf weitere Beschäftigte von 966,97 € nebst Säumniszuschlägen in Höhe von 45,00 €.

Dagegen hat die Klägerin am 20. November 2017 Widerspruch eingelegt. Die Urteile des Bundessozialgerichts (BSG) vom 29. August 2012, auf die die Beklagte ihre Rechtsansicht stütze, seien im Zeitpunkt der Ankündigung der Betriebsprüfung mit Schreiben vom 24. Januar 2013 und spätestens vor Beendigung der Betriebsprüfung und im Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 19. September 2013, mit dem eine Nachforderung in Höhe von 249,07 € aus der Prüfung betreffend die Jahre 2009 bis 2012 festgesetzt worden sei, bereits seit längerem veröffentlicht, sodass die entsprechenden Folgerungen aus dieser Rechtsprechung bereits für das Jahr 2012 hätten gezogen werden können und seitens der Beklagten hätten gezogen werden müssen. Nicht nur sei den Versicherungsträgern ein Beitragsschaden entstanden, sondern auch der Klägerin und mittelbar den Gesellschaftern der GmbH sei ein Schaden entstanden. Diese seien nicht rechtzeitig im Rahmen einer sorgfältigen Prüfung auf die möglichen finanziellen Konsequenzen durch die möglichen Rechtsfolgen und Änderungen aus den Urteilen des BSG durch die Prüfung aufmerksam gemacht worden, wodurch eine Anpassung der Verhältnisse verhindert worden sei. Bei den beiden Minderheitsgesellschaftern handele es sich um die Söhne des Mehrheitsgesellschafters. Diese seien bereits seit vielen Jahren in der GmbH tätig. Es sei seit langem angedacht, dass die Söhne den Anteil des Mehrheitsgesellschafters übernehmen sollten. Diese Übernahme sei bisher nicht erfolgt, weil es dazu keinen zeitlichen Druck gegeben habe. Die Übernahme hätte aber schon längst erfolgen können, weil die Familie sich diesbezüglich seit langem einig sei. Es habe keinen rechtlichen oder wirtschaftlichen Grund gegeben, der gegen eine Übernahme gesprochen habe. Es habe auch keinen rechtlichen und wirtschaftlichen Grund gegeben, die Sozialversicherungspflicht der Minderheitsgesellschafter durch legale Maßnahmen zu vermeiden, sodass es erst gar nicht zu der Festsetzung der Nachzahlung für die beiden Minderheitsgesellschafter gekommen wäre. Die Beklagte könne nicht einerseits durch ihr Verhalten kommunizieren, dass alles in Ordnung sei, und dann Jahre später die Urteile des BSG vom 29. August 2012 anwenden. Die Klägerin habe darauf vertrauen dürfen, dass betreffend die Minderheitsgesellschafter alles korrekt gehandhabt worden sei und weiterhin so gehandhabt werden dürfe. In diesem Vertrauen sei sie schützenswert. Im Übrigen seien sich die Gesellschafter immer einig gewesen, dass die Entscheidungen gemeinsam getroffen werden. Sich mit Mehrheitsentscheidungen durchzusetzen, sei für den Mehrheitsgesellschafter noch nie ein Thema gewesen. Dies hätten die Minderheitsgesellschafter auch nicht mitgemacht.

Die Beklagte wies den Widerspruch der Klägerin durch Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2018 zurück. Sie führte u.a. zur Begründung aus: Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis könne bei Gesellschafter-Geschäftsführern und mitarbeitenden Gesellschaftern aufgrund deren Kapitalbeteiligung oder besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag von vornherein ausgeschlossen sein. Erfolgten Beschlüsse der Gesellschafter nach der Mehrheit der abgegebenen Stimmen und richte sich das Stimmrecht der einzelnen Gesellschafter nach der Höhe seiner Geschäftsanteile, habe ein Gesellschafter-Geschäftsführer, der mindestens über 50% des Stammkapitals verfüge, grundsätzlich einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH. Dies treffe auch auf einen Gesellschafter-Geschäftsführer zu, der zwar über weniger als 50% des Stammkapitals verfüge, aber aufgrund besonderer Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag sämtliche Beschlüsse anderer Gesellschafter verhindern könne (umfassende Sperrminorität). Beide hätten insbesondere die Rechtsmacht, Beschlüsse zu verhindern, die ihr Dienstverhältnis benachteiligen würde, sodass in diesen Fällen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis von vornherein ausscheide. Eine nur eingeschränkte Sperrminorität, die nicht auf alle Angelegenheiten der Gesellschaft Anwendung finde, schließe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis hingegen nicht von vornherein aus. In Fällen, in denen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis aufgrund der Kapitalbeteiligung oder besonderer Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag nicht von vornherein ausgeschlossen sei, spreche die insoweit fehlende Rechtsmacht für eine persönliche Abhängigkeit und damit grundsätzlich für eine abhängige Beschäftigung. Es sei jeweils individuell nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung zu prüfen, ob ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis vorliege. Die familiäre Verbundenheit oder Rücksichtnahme in einer Familien-GmbH sei nach der Rechtsprechung des 12. Senats des BSG grundsätzlich nicht geeignet, die Rechtsmacht, wie sie sich nach dem Gesellschaftsrecht ergebe, zu negieren. Die K5 GmbH werde in Form einer GmbH geführt. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 hielten jeweils 24% des Stammkapitals der Klägerin. Beide seien zu Geschäftsführern bestellt. Der ebenfalls zum Geschäftsführer bestellte Vater der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 halte 52% des Stammkapitals. Das Stammkapital habe im Prüfzeitraum 30.000,00 € betragen, wobei jeweils 1,00 € der Stimmanteile der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 eine Stimme gewährten, die Geschäftsanteile des Vaters der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 hingegen lediglich für 2,00 € eine Stimme. Von den insgesamt 22.200 Stimmen der Gesellschaft verfügten die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 somit über jeweils 7.200 Stimmen. Gesellschafterbeschlüsse würden mit einfacher Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen gefasst. Damit verfügten sowohl der Beigeladene Ziff. 1 als auch der Beigeladene Ziff. 2 über weniger als 50% des Stammkapitals und der Stimmrechte. Besondere Vetorechte oder Sperrminoritäten seien nicht vereinbart worden. Auch ein Stimmbindungsvertrag existiere nicht. Die GmbH sei eine juristische Person mit eigener Rechtspersönlichkeit und müsse deshalb unabhängig von den als Gesellschafter dahinterstehenden Personen und deren verwandtschaftlichen und wirtschaftlichen Beziehungen betrachtet werden. Für ihre Tätigkeiten erhielten die Beigeladenen Ziff.1 und 2 eine monatliche Vergütung. Die regelmäßig gezahlte Vergütung stelle einen angemessenen Gegenwert für die geleistete Arbeit dar und gehe über einen freien Unterhalt, ein Taschengeld oder eine Anerkennung für Gefälligkeit weit hinaus. Allein aufgrund der weitgehend weisungsfreien Ausübung der Beschäftigung könne nicht auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Ein Unternehmerrisiko der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sei nicht zu erkennen. Diese hätten ihre Arbeitskraft und Berufserfahrung eingesetzt und dafür ein monatliches Entgelt erhalten. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 erfüllten die von der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Kriterien für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses von mitarbeitenden Gesellschafter-Geschäftsführern. Sie hätten aufgrund ihres Anteils am Stammkapital (jeweils 24 %) und der damit verbundenen Stimmrechte (jeweils 32,43%) keinen maßgeblichen Einfluss auf die Geschicke der GmbH, nähmen funktionsgerecht dienend am Arbeitsprozess teil und erhielten ein entsprechendes Arbeitsentgelt. Das BSG habe sich bereits mehrfach mit Rechtsfolgen von Betriebsprüfungen beschäftigt, bei denen es zunächst keine Beanstandung gegeben habe, sich jedoch später herausgestellt habe, dass die Versicherungs- und Beitragspflicht von Beschäftigten vom geprüften Arbeitgeber unzutreffend beurteilt worden seien, dies im Rahmen der Betriebsprüfung aber nicht aufgefallen sei. Arbeitgeber könnten ebenso wie Arbeitnehmer aus solchen Betriebsprüfungen keine weiteren Rechte herleiten. Betriebsprüfungen hätten unmittelbar im Interesse der Versicherungsträger und mittelbar im Interesse der Versicherten den Zweck, die Beitragsentrichtung zu den einzelnen Zweigen der Sozialversicherung zu sichern. Sie sollten einerseits Beitragsausfälle verhindern, andererseits die Versicherungsträger davor bewahren, dass aus der Annahme von Beiträgen für nicht versicherungspflichtige Personen Leistungsansprüche entstünden. Eine über diese Kontrollfunktion hinausgehende Bedeutung komme den Betriebsprüfungen nicht zu. Sie bezweckten insbesondere nicht, den Arbeitgeber als Beitragsschuldner zu schützen oder ihm etwa „Entlastung“ zu erteilen. Diese Schlussfolgerung verbiete sich schon deshalb, weil die Betriebsprüfung nicht umfassend und erschöpfend sein könne und sich auf bestimmte Einzelfälle und Stichproben beschränken dürfe. Würden vom prüfenden Versicherungsträger im Anschluss an eine Betriebsprüfung keine beitragsrechtlichen Konsequenzen gezogen, so schütze den Arbeitgeber diese Untätigkeit des Versicherungsträgers nicht vor einem späteren Einzug der noch nicht verjährten Beiträge. Auch begründe sie keinen Vertrauensschutz für das zukünftige Verhalten des Arbeitgebers. Dabei sei zu beachten, dass nach der Auffassung des BSG die dem Arbeitgeber gegenüber schriftlich abzugebenden Mitteilungen der Versicherungsträger über das Ergebnis der Betriebsprüfung keine Verwaltungsakte darstellten.

Dagegen hat die Klägerin am 22. Juni 2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) (S 11 BA 2024/18) unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vortrags erhoben. Zwischen den Gesellschaftern sei abgesprochen, alles gemeinsam zu entscheiden. Der Vater der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sei auf deren Mitwirkung in den Bereichen IT, finanztechnische Angelegenheiten und Rohrlasern angewiesen. Durch diese tatsächlichen Verhältnisse der Gesellschafter untereinander aufgrund der Abhängigkeit der Klägerin von der Mitwirkung der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sei die rein auf dem Papier stehende Verteilung der Anteile völlig verblasst. Die Urteile des BSG vom 29. August 2012 seien auf den vorliegenden Fall nicht übertragbar. Aufgrund der überlegenen Fach- und Branchenkenntnisse der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sei der Mehrheitsgesellschafter nicht in der Lage gewesen, seine formalrechtlich gegebene Weisungsbefugnis auszuüben. In der vorangegangenen Betriebsprüfung im Jahr 2010 habe sich die Prüfung auch auf die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldung zur Sozialversicherung bezogen. Nach § 28p Abs. 1 Satz 4 SGB IV umfasse die Prüfung auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt würden. Aus dem Gesetzeswortlaut gehe nicht hervor, dass Prüfungen nur stichprobenhaft durchgeführt werden dürften, geschweige denn, wie die Stichproben vorzunehmen wären. Bei der Rechtsprechung des BSG, dass nur stichprobenhafte Prüfungen zulässig sein sollten, sei auffällig, dass das BSG keine Vorgaben über die Handhabung dieser Stichproben mache und zum anderen, dass das BSG keine Begründung dafür liefere, warum überhaupt nur stichprobenhafte Prüfungen zulässig sein sollen. Jede Prüfung stelle einen Eingriff in die Rechte des jeweiligen geprüften Arbeitgebers dar. Dieser könne nicht hingenommen werden, wenn Prüfungen nur mindestens alle vier Jahre durchgeführt würden, aber aufgrund von personellen Ausstattungen überhaupt nicht mit der erforderlichen Sorgfalt oder in dem erforderlichen Umfang so durchgeführt werden könnten, dass sinnvoll geprüft und relevante Ergebnisse erzielt werden könnten bzw. Erkenntnisse gewonnen werden könnten, um die Beitragsentrichtung zu sichern. Weiterhin hätte die Beklagte bei ihrer Betriebsprüfung im Jahr 2013 die Rechtsprechung des BSG zur Versicherungspflicht von Gesellschafter-Geschäftsführern berücksichtigen und anwenden müssen. Stattdessen habe sich die Beklagte ganz offensichtlich auf die Prüfung der gemeldeten Arbeitnehmer beschränkt und eine entsprechende Nachforderung von lediglich 249,07 € erhoben. Für die Klägerin habe keine Veranlassung bestanden, den sozialversicherungsrechtlichen Status der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 in einem gesonderten Statusverfahren zu überprüfen. Weiterhin sei die Klägerin in ihrem Vertrauen auf die bisherige unveränderte Handhabung durch die Beklagte schutzwürdig. Die Beklagte habe bisher nicht begründet, weshalb im vorliegenden Fall trotz umfassender Prüfungsanordnung die Prüfung sich offensichtlich nur auf bereits gemeldete Arbeitnehmer erstreckt habe. Bei der im Jahr 2013 durchgeführten Betriebsprüfung hätte bei entsprechender Sorgfalt bekannt sein müssen, dass es drei Gesellschafter-Geschäftsführer gegeben habe.

Das SG hat mit Beschluss vom 6. September 2018 die beiden Minderheitsgesellschafter-Geschäftsführer sowie die Bundesagentur für Arbeit beigeladen.

Das SG hat die Klage durch Urteil vom 29. Oktober 2019 abgewiesen. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 seien im Prüfzeitraum bei der Klägerin abhängig beschäftigt gewesen, da sie als Minderheitsgesellschafter mit einem Geschäftsanteil in Höhe von jeweils 24% nicht in der Lage gewesen seien, ihre Weisungsgebundenheit aufzuheben oder abzuschwächen. Auch sei ihnen keine echte Sperrminorität eingeräumt worden. Maßgeblich sei die entsprechende Bestimmung in dem Gesellschaftsvertrag. Dass die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 die Arbeitsabläufe und Entscheidungsprozesse der Klägerin mitgeprägt hätten, sei aufgrund der eindeutigen Stellung als Minderheitengesellschafter unbeachtlich. Eine Rechtsmacht sei so lange beachtlich, wie sie nicht durch förmliche Beendigung oder entsprechenden Verzicht aufgehoben sei. Entscheidend sei, dass sich die förmliche Rechtsmacht im Konfliktfall durchsetzen könne. Auch sei nicht maßgeblich, ob die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 allein über ein überlegenes Sachwissen in technisch-fachlicher und kaufmännischer Hinsicht verfügten. Die Nacherhebung von Pflichtbeiträgen für die streitige Zeit Januar 2013 bis Dezember 2016 verletze auch kein schutzwürdiges Vertrauen der Klägerin. Insbesondere resultiere aus der Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 kein Vertrauensschutz bzw. keine Bindungswirkung. Das BSG habe bereits wiederholt ausgeführt, dass sich eine materielle Bindungswirkung lediglich insofern ergeben könne, als eine Versicherungs- und/oder Beitragspflicht in der Vergangenheit im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt worden sei (Hinweis auf BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R -). Eine dahingehende Regelungswirkung sei dem Bescheid vom 19. September 2013 gerade nicht zu entnehmen. Auch habe das BSG in seinem Urteil vom 18. November 2015 (B 12 R 7/14 R) ausgeführt, dass selbst bei Erlass eines personenbezogenen Beitragsbescheides damit nicht zugleich eine Regelung darüber getroffen werde, im Übrigen, also insbesondere hinsichtlich aller sonstigen Beschäftigten, die von der personenbezogenen Beitragsfestsetzung nicht betroffen seien, sei im Prüfzeitraum alles in Ordnung. Auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des 12. Senats des BSG in den Urteilen vom 19. September 2019 (B 12 R 25/18 R, B 12 KA 21/19 R, B 12 R 7/19 R und B 12 R 9/19 R) könne aus dem damaligen Prüfbescheid vom 19. September 2013 kein Vertrauensschutz für die Zukunft erwachsen. Zwar müsse nach dieser Rechtsprechung nunmehr von einer Pflicht der Rentenversicherungsträger ausgegangen werden, Betriebsprüfungen nach § 28p SGB IV künftig auch bei fehlenden Beanstandungen zwingend durch einen Verwaltungsakt zu beenden, der insbesondere den Umfang, die geprüften Personen und das Ergebnis der Betriebsprüfung festhalte. Danach habe das BSG seine Anforderungen an eine Betriebsprüfung fortentwickelt und stelle höhere Anforderungen an die Klarheit, den Umfang und das Ausmaß der Dokumentationen, insbesondere bezüglich des Prüfumfanges, wonach nunmehr die prüfenden Rentenversicherungsträger dazu angehalten seien, die Betriebsprüfungen auch auf die im Unternehmen tätigen Familienmitglieder sowie geschäftsführenden GmbH-Gesellschafter auszuweiten. Ein dahingehender Prüfbescheid liege vorliegend aber nicht vor. Die unzweifelhaft als stichprobenhafte Überprüfung bezeichnete Prüfung im Prüfbescheid vom 19. September 2013 vermittle auch nach der neuen Rechtsprechung des BSG keine entgegenstehende Bindungswirkung.

Gegen das ihrer Bevollmächtigten am 20. November 2019 zugestellte Urteil wendet sich die Klägerin - unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens - mit ihrer am 13. Dezember 2019 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung.

Weiter hat die Klägerin ausgeführt, dass das BSG mit Urteil vom 19. September 2019 klargestellt habe, dass stichprobenhafte Prüfungen nicht in das Belieben der Beklagten gestellt seien. Danach habe sich die Prüfung zwingend auf die im Betrieb tätigen Ehegatten, Lebenspartner, Abkömmlinge des Arbeitgebers sowie geschäftsführende Gesellschafter zu erstrecken, sofern ihr sozialversicherungsrechtlicher Status nicht bereits durch Verwaltungsakte festgestellt worden sei. Damit hätte sich die Beklagte gerade im vorliegenden Verfahren nicht darauf zurückziehen dürfen, nur stichprobenhaft zu prüfen. Der mit dem Urteil des BSG entschiedene Sachverhalt weiche vom vorliegenden Sachverhalt jedoch insofern ab, als die Vorprüfung im Urteilsfall des BSG vom 19. September 2019 in 2012 zu einem Zeitpunkt stattgefunden haben müsse, als das Urteil des BSG vom August 2012 noch nicht ergangen gewesen sei. Bei der Klägerin verhalte es sich jedoch so, dass bei der Betriebsprüfung im Jahr 2013 das Urteil des BSG vom August 2012 bereits seit langem bekannt gewesen sei und Berücksichtigung hätte finden müssen. Die Klägerin habe davon ausgehen können, dass sie mangels Beanstandung durch die Prüfung bis auf eine Nachforderung von 249,07 € alles richtiggemacht habe und weiter so verfahren dürfe. Die Argumentation des BSG im Urteil vom 19. September 2019 hinsichtlich der Verneinung des Vertrauensschutzes des Arbeitgebers sei deshalb auf den vorliegend zu entscheidenden Fall nicht übertragbar.

Die Klägerin beantragt (teilweise sinngemäß),

das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29. Oktober 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2018 aufzuheben, soweit darin für die Zeit ab 1. Januar 2013 hinsichtlich der Tätigkeit der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 als Gesellschafter-Geschäftsführer der Klägerin ein sozialversicherungsrechtliches Beschäftigungsverhältnis sowie eine Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt und für diese Beschäftigungen Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von insgesamt 128.066,76 € nacherhoben wurden, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte verweist zur Begründung auf das angefochtene Urteil.

Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert und auch keine Anträge gestellt.

Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist auch im Übrigen zulässig. Sie bedurfte insbesondere nicht der Zulassung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG (vgl. dazu Bienert, NZS 2017, 727 ff.), da sich die Klägerin gegen eine Beitragsnachforderung von 128.066,76wendet, sodass der Beschwerdewert von 750,00 € (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) überschritten ist.

2. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. Mai 2018 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte für die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 jeweils ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bei der Klägerin mit Versicherungspflicht in der Rentenversicherung und nach dem Recht der Arbeitsförderung festgestellt sowie für die Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, die Insolvenzgeldumlage nach § 358 Sozialgesetzbuch (SGB) Drittes Buch (III) - Arbeitsförderung - (SGB III) sowie Beiträge zur Rentenversicherung in Höhe von insgesamt  128.111,76 € fordert. Im Übrigen hat die Beklagte für die Beschäftigten der Klägerin A, R und Jancura Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 966,97 € nebst Säumniszuschläge in Höhe von 45,00 € festgesetzt. Gegen den Bescheid vom 25. Oktober 2017 wendet sich die Klägerin mit der isolierten Anfechtungsklage (§ 54 Abs. 1 SGG), jedoch beschränkt auf die Feststellungen und Beitragsfestsetzungen bezogen auf die Beigeladenen Ziff. 1 und 2. Denn die Festsetzung von Beiträge für die Beschäftigten A, R und Jancura sowie des Säumniszuschlages war nicht streitig. Die Klägerin hat in dem Verwaltungs- und Gerichtsverfahren lediglich die Feststellung der Sozialversicherungspflicht für die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 nebst daraus resultierenden Beiträgen moniert.

3. Das SG hat zu Recht die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 als die Personen, aufgrund deren Tätigkeit für die Klägerin der Betriebsprüfungsbescheid ergangen ist, gemäß § 75 Abs. 2 Var. 1 SGG notwendig beigeladen. Die Beiladung der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 war notwendig, weil die Entscheidung über die Sozialversicherungspflicht als Vorfrage der Beitragsnachforderung nur einheitlich gegenüber dem Auftraggeber/Arbeitgeber und dem Auftragnehmer/Arbeitnehmer erfolgen kann (BSG, Urteil vom 6. März 1986 - 12 RK 23/83 - juris Rdnr. 18 ff.; BSG, Urteil vom 15. Juli 2009 - B 12 KR 1/09 R - juris Rdnr. 11 m.w.N.; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R - juris Rdnr. 21; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 75 Rdnr. 98).

Auch die Beigeladene Ziff. 3 war als betroffener Sozialversicherungsträger notwendig beizuladen, weil die versicherungsrechtliche Entscheidung auch insoweit nur einheitlich ergehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 6. März 1986 - 12 RK 23/83 - juris Rdnr. 17; BSG, Urteil vom 15. Juli 2009 - B 12 KR 1/09 R - juris Rdnr. 11; BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015 - B 12 R 11/14 R - juris Rdnr. 21 m.w.N.; Straßfeld in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 75 Rdnr. 98; a.A. ohne Begründung BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - B 12 R 10/15 R - juris Rdnr. 10).

4. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Mai 2018 ist rechtmäßig. Denn die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 waren in der hier streitigen Zeit vom 1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016 bei der Klägerin abhängig beschäftigt und daher aufgrund abhängiger Beschäftigung sozialversicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.

a. Die Beklagte ist nach § 28p Abs. 1 SGB IV für die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen alle vier Jahre (Satz 1). Die Prüfung umfasst auch die Lohnunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden (Satz 4). Gemäß § 28p Abs. 1 Satz 5 SGB IV erlassen die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern.

Diese Befugnis der Beklagten schließt die Rechtsmacht ein, einen Verwaltungsakt mit Drittwirkung zu erlassen und damit rechtsgestaltend im Sinne von § 12 Abs. 2 Satz 2 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in die Rechtssphäre des Arbeitnehmers (der Beigeladenen Ziff. 1 und 2) als Drittbetroffener einzugreifen (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 14. Oktober 2015 - L 4 R 3874/14 - juris Rdnr. 41; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 10. Juni 2016 - L 4 R 903/15 - juris Rdnr. 25; vgl. auch BSG, Urteil vom 5. Dezember 2017 - B 12 KR 11/15 R - juris Rdnr. 25).

b. Für die Zahlung von Beiträgen von Versicherungspflichtigen aus Arbeitsentgelt zur gesetzlichen Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung gelten nach § 174 Abs. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) sowie § 348 Abs. 1 SGB III die Vorschriften über den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (§§ 28d bis 28n und 28r SGB IV). Nach § 28e Abs. 1 Satz 1 SGB IV hat den Gesamtsozialversicherungsbeitrag der Arbeitgeber zu zahlen. Als Gesamtsozialversicherungsbeitrag werden nach § 28d Satz 1 SGB IV die Beiträge in der Kranken- oder Rentenversicherung für einen kraft Gesetzes versicherten Beschäftigten oder Hausgewerbetreibenden sowie der Beitrag des Arbeitnehmers und der Teil des Beitrags des Arbeitgebers zur Bundesagentur für Arbeit, der sich nach der Grundlage für die Bemessung des Beitrags des Arbeitnehmers richtet, gezahlt. Die Mittel für die Zahlung des Insolvenzgeldes werden durch eine monatliche Umlage von den Arbeitgebern aufgebracht (§ 358 Abs. 1 SGB III), für deren Höhe das Arbeitsentgelt maßgebend ist, nach dem die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung für die im Betrieb beschäftigten Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer und Auszubildenden bemessen werden oder im Fall einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu bemessen wären (§ 358 Abs. 2 Satz 2 SGB III). Für den Einzug dieser Umlage gelten gem. § 359 Abs. 1 SGB III die für den Gesamtsozialversicherungsbeitrag geltenden Vorschriften des SGB IV einschließlich § 28p SGB IV entsprechend (Kühl in Brand, SGB III, 3. Aufl. 2018, § 359 Rdnr. 2; Peters-Lange in Gagel, SGB II/SGB III, Stand März 2020, § 359 Rdnr. 2). Streitig sind lediglich Beiträge zur Arbeitslosenversicherung und die genannte Umlage sowie Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung. Die Beklagte hat hinsichtlich der Tätigkeit der Beigeladenen Ziff.1 und 2 für die Klägerin wegen der Versicherungsfreiheit aufgrund der regelmäßigen Überschreitung der Jahresarbeitsentgeltgrenze keine Beiträge in der gesetzlichen Kranken- und sozialen Pflegeversicherung festgesetzt.

c. Versicherungspflichtig sind in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB IV sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.

aa. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rdnr. 13; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris Rdnr. 23; Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 31. März 2017 - B 12 R 7/15 R - juris Rdnr. 21, jeweils m.w.N.; zur Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit: Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Nichtannahmebeschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 - juris Rdnr. 6 ff.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 15; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 15 f.; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - juris Rdnr. 23 ff., jeweils m.w.N.).

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 8. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94 - juris Rdnr. 20). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 1. Dezember 1977 - 12/3/12 RK 39/74 - juris Rdnr. 16; Urteil vom 4. Juni 1998 - B 12 KR 5/97 R - juris Rdnr. 16; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 R - juris Rdnr. 17, jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - juris Rdnr. 17; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - juris Rdnr. 16).

Ob sich an diesen Maßstäben dadurch etwas ändert, dass der Gesetzgeber mit Wirkung zum 1. April 2017 in § 611a BGB (eingefügt durch Art. 2 des Gesetzes zur Änderung des Arbeitsnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetze vom 21. Februar 2017, BGBl. I S. 258) die Voraussetzungen einer abhängigen Beschäftigung umschrieben hat, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden, da § 611a BGB erst nach Beendigung des hier streitigen Zeitraums (1. Januar 2013 bis zum 31. Dezember 2016) in Kraft getreten ist.

bb. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 hatten im Betrieb der Klägerin in der streitigen Zeit eine Stellung inne, die derjenigen von Beschäftigten in einem Arbeitsverhältnis entspricht. Die Beigeladenden Ziff. 1 und 2 waren bei der Klägerin als Geschäftsführer neben weiteren Geschäftsführern tätig und erzielten - unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens - eine feste, vorab vereinbarte und monatlich ausgezahlte Vergütung als Gegenleistung für ihre geleistete Arbeit, über die sie allein verfügen konnten. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 hatten Anspruch auf eine arbeitnehmertypische Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und bezahlten Urlaub. Die Gewährung einer gewinnabhängigen Tantieme genügt nicht, um eine Beschäftigung auszuschließen. Einer Tantieme kommt nur als ein Anknüpfungspunkt für ein mögliches wirtschaftliches Eigeninteresse des für ein Unternehmen Tätigen Bedeutung zu, das im Rahmen der Gesamtwürdigung Gewicht gewinnen kann, jedoch nicht allein entscheidend ist. Vor dem Hintergrund, dass die Gewährung einer Tantieme an Arbeitnehmer nicht ungewöhnlich ist, ist deren Gewicht für die Abgrenzung eher gering (BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 17). Allein ihre weitreichenden Entscheidungsbefugnisse als Geschäftsführer der Klägerin, die in funktionsgerecht dienender Teilhabe am Arbeitsprozess einem verfeinerten Weisungsrecht unterliegen, machen die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 nicht schon zu Selbständigen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R - juris Rdnr. 24).

cc. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 waren auch unter Berücksichtigung ihrer Stellung als Gesellschafter im Rahmen einer Beschäftigung i.S.d. § 7 Abs. 1 SGB IV für die Klägerin als abhängig Beschäftigte versicherungspflichtig erwerbstätig. Einem Beschäftigungsverhältnis zwischen den Beigeladenen Ziff. 1 und 2 sowie der in der Rechtsform einer GmbH handelnden Klägerin stehen die getroffenen Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages nicht entgegen. Die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 waren insbesondere trotz ihres Gesellschaftsanteils von jeweils 24 % weisungsgebunden in den von ihnen selbst personenverschiedenen Betrieb der Klägerin - einer juristischen Person des Privatrechts - eingegliedert. Wer Gesellschaftsanteile an einer Kapitalgesellschaft hält, ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG nur dann selbständig erwerbstätig, wenn damit zugleich eine entsprechende Einflussmöglichkeit auf den Inhalt von Gesellschafterbeschlüssen verbunden ist; das kann insbesondere in einem seinem Gesellschaftsanteil entsprechendes Stimmgewicht zum Ausdruck kommen oder ausnahmsweise auch in Form einer qualifizierten Sperrminorität, wenn der Betroffene damit rechtlich zugleich über die Möglichkeit verfügt, ihm nicht genehme Weisungen hinsichtlich seiner konkreten Tätigkeit abzuwehren (vgl. z.B. BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 R 2/14 R - juris Rdnrn. 28, 37; Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 26; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257 - juris Rdnr. 25 m.w.N.; ferner Lau, NZS 2019, 452/454). Die für die Annahme einer selbständigen Tätigkeit notwendige Rechtsmacht, die den Gesellschafter-Geschäftsführer in die Lage versetzt, die Geschicke der Gesellschaft zu bestimmen oder zumindest ihm nicht genehme Weisungen der Gesellschafterversammlung verhindern zu können, muss gesellschaftsrechtlich eingeräumt sein (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 - juris Rdnr. 21). Außerhalb des Gesellschaftsvertrags (Satzung) bestehende wirtschaftliche Verflechtungen (vgl. BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - BSGE 119, 216 -; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - BSGE 111, 257; Urteil vom 29. August 2012 - B 12 R 14/10 R - juris), Stimmbindungsabreden (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 13/14 R - BSGE 120, 59) oder Veto-Rechte (vgl. BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 KR 21/19 R - juris Rdnr. 18; Urteil vom 11. November 2015 - B 12 KR 10/14 R - juris) zwischen einem Gesellschafter-Geschäftsführer sowie anderen Gesellschaftern und/oder der GmbH sind nicht zu berücksichtigen. Sie vermögen die sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergebenden Rechtsmachtverhältnisse nicht mit sozialversicherungsrechtlicher Wirkung zu verschieben. Unabhängig von ihrer Kündbarkeit genügen die das Stimmverhalten regelnden Vereinbarungen nicht dem Grundsatz der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände. Im Interesse sowohl der Versicherten als auch der Versicherungsträger ist die Frage der (fehlenden) Versicherungspflicht wegen Selbständigkeit oder abhängiger Beschäftigung schon zu Beginn der Tätigkeit zu klären, weil es darauf nicht nur für die Entrichtung der Beiträge, sondern auch für die Leistungspflichten der Sozialversicherungsträger und die Leistungsansprüche des Betroffenen ankommt (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - BSGE 125, 183 - juris Rdnr. 22).

Als Geschäftsführer unterlagen die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 gem. § 1 und 2 der Geschäftsführerverträge sowie § 4 des Gesellschaftsvertrages bei einer Vielzahl von (Rechts-)Geschäften der vorherigen Zustimmung der Gesellschafterversammlung. Auch hatten sie gesellschaftsrechtlich jeweils keine bestandskräftige Rechtsposition, ihre Abberufung als Geschäftsführer der Klägerin sowie die Erteilung ihnen nicht genehmer Weisungen der Gesellschafterversammlung zu verhindern. Denn Gesellschafterbeschlüsse werden nach § 6 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages mit einfacher Mehrheit der in der Gesellschafterversammlung abgegebenen Stimmen gefasst. Zwar vermitteln die Geschäftsanteile den Beigeladenen Ziff. 1 und 2 gegenüber den Geschäftsanteilen ihres Vaters nach § 6 Abs. 3 des Gesellschaftsvertrages ein doppeltes Stimmgewicht, jedoch verfügen die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 jeweils nur über ein Stimmgewicht von 32,43 % und ihr Vater von 35,14 %. Damit hat weder der Beigeladene Ziff. 1 noch der Beigeladene Ziff. 2 eine gesellschaftsrechtliche Stellung inne, die ihnen die Möglichkeit gibt, ihnen nicht genehme Weisungen hinsichtlich ihrer konkreten Tätigkeit abzuwehren. Auch wurde ihnen gesellschaftsrechtlich keine die gesamte Unternehmenstätigkeit erfassende („qualifizierte“) Sperrminorität eingeräumt (BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 R 5/16 R - juris Rdnr. 16; BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - juris Rdnr. 21). Dass die Klägerin von ihrem Weisungsrecht gegenüber den Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 in dem hier streitigen Zeitraum keinen Gebrach gemacht hat, ändert nichts daran, dass sie über keine hinreichend bestandskräftige Rechtsmacht verfügt haben, im Konfliktfall bzw. im Falle eines Zerwürfnisses jeweils eine ihnen nicht genehme Weisung der Klägerin in Gestalt der Gesellschafterversammlung zu verhindern (BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R - juris Rdnr. 35).

Entscheidend ist mithin, dass den Beigeladenen Ziff. 1 und Ziff. 2 jeweils keine Rechtsmacht zukam, Weisungen der über die Mehrheit verfügenden weiteren Gesellschafter zu verhindern. Die Gesellschafter einer GmbH haben eine in jeder Hinsicht übergeordnete Geschäftsführungskompetenz, weil die Geschäftsführer der GmbH grundsätzlich weisungsgebunden sind, was sich mittelbar aus § 6 Abs. 3, § 37 Abs. 1 und § 46 Nr. 5 und 6 GmbHG ergibt. Die Gesellschafter sind von Gesetzes wegen frei, in jeder beliebigen Geschäftsführungsangelegenheit zu entscheiden. Ein derartiger Beschluss bindet den Geschäftsführer als Weisung im Sinne des § 37 Abs. 1 GmbHG (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 14. Oktober 2016 - L 4 R 899/15 - juris Rdnr. 105 m.w.N.). Es entspricht dem Wesen der Tätigkeit eines Geschäftsführers einer GmbH, dass es sich hierbei nicht um eine Tätigkeit für ein eigenes Unternehmen (des Geschäftsführers) handelt, sondern um eine Tätigkeit für ein fremdes Unternehmen, nämlich die GmbH (Beschluss des Senats vom 24. Mai 2019 - L 7 BA 444/19 - <n.v.>; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 30. Oktober 2015 - L 4 R 4015/12 - <n.v.>; LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 15. Dezember 2015 - L 4 R 2959/14 - <n.v.>; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2019 - L 4 BA 313/18 - juris Rdnr. 79). Bereits die Tätigkeit als Geschäftsführer als solche generiert die Eingliederung in den fremden Betrieb in einem Maße, dass den Modalitäten der Ausübung dieser Tätigkeit keine ausschlaggebende Bedeutung zukommen kann. Die Tätigkeit als Geschäftsführer einer GmbH verliert also den ihrem Wesen nach immanenten Charakter als abhängige Beschäftigung namentlich nicht dadurch, wenn der Geschäftsführer hinsichtlich der Arbeitszeit über Freiheiten verfügt, wenn er - wie hier - einzelvertretungsbefugt (§ 4 Abs. 1 Gesellschaftsvertrag) oder von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit ist (§ 2 Abs. 3 Geschäftsführervertrag). Auch (andere) leitende Angestellte verfügen über diese Freiheiten und Befugnisse, ohne dass dies den Charakter als abhängige Beschäftigung berühren würde (siehe etwa BSG, Urteil vom 17. Dezember 2014 - B 12 R 13/13 R - juris Rdnr. 30; BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - juris Rdnr. 29 m.w.N.). Auch der Höhe der - typischerweise bei Geschäftsführern überdurchschnittlichen - Vergütung kommt vor diesem Hintergrund keine Bedeutung zu. Eine abhängige Beschäftigung von Geschäftsführern ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil nach § 5 Abs. 1 Satz 3 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG) Personen, die kraft Gesetzes, Satzung oder Gesellschaftsvertrags allein oder als Mitglieder des Vertretungsorgans zur Vertretung einer juristischen Person berufen sind, nicht als Arbeitnehmer gelten. Diese Regelung beschränkt sich auf das ArbGG und hat keine Bedeutung für das Sozialversicherungsrecht (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 R 5/16 R - juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - juris Rdnr. 19). Der Zugehörigkeit zu den Beschäftigten der juristischen Person steht auch nicht entgegen, dass Geschäftsführer im Verhältnis zu sonstigen Arbeitnehmern Arbeitgeberfunktionen wahrnehmen (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2001 - B 12 KR 10/01 R - juris Rdnr. 13; BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 R 5/16 R - juris Rdnr. 14; BSG, Urteil vom 14. März 2018 - B 12 KR 13/17 R - juris Rdnr. 19).

dd. Bei Fehlen einer (maßgeblichen) Unternehmensbeteiligung hat die Rechtsprechung des BSG früher eine selbständige Tätigkeit auch nur in sehr eng begrenzten Einzelfällen angenommen, etwa bei Familienunternehmen, wenn die familiäre Verbundenheit der beteiligten Familienmitglieder zwischen ihnen ein Gefühl erhöhter Verantwortung schafft, die beispielsweise dadurch zum Ausdruck kommt, dass die Höhe der Bezüge von der Ertragslage des Unternehmens abhängig gemacht wird oder wenn es aufgrund der familienhaften Rücksichtnahme an der Ausübung eines Direktionsrechts völlig mangelt. Hiervon sei insbesondere bei demjenigen auszugehen, der - obwohl nicht maßgeblich am Unternehmenskapital beteiligt - aufgrund der verwandtschaftlichen Beziehungen faktisch wie ein Alleininhaber die Geschäfte des Unternehmens nach eigenem Gutdünken führt (z.B. BSG, Urteil vom 8. Dezember 1987 - 7 RAr 25/86 - juris Rdnr. 31). Unabhängig davon, dass eine solche Fallgestaltung ohnehin nicht vorlag, weil von vornherein die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 nicht jeweils wie ein Alleininhaber die Geschäfte der Klägerin geführt haben können und nach ihren Angaben das Unternehmen der Klägerin tatsächlich im Einvernehmen mit allen Gesellschaftern geführt haben, hat das BSG diese Rechtsprechung inzwischen zugunsten einer streng am Vorliegen von Rechtsmacht orientierten Normanwendung aufgegeben. Eine vom rein faktischen, nicht rechtlich gebundenen und daher jederzeit änderbaren Verhalten der Beteiligten abhängige Statuszuordnung ist mit dem Erfordernis der Vorhersehbarkeit sozialversicherungs- und beitragsrechtlicher Tatbestände nicht vereinbar (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - juris Rdnr. 30; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 R 1/15 R - juris Rdnr. 25). Schon vor diesem Hintergrund kann die von den für das Leistungsrecht der Arbeitsförderung und das Recht der Unfallversicherung zuständigen Senaten des BSG entwickelte sog. „Kopf und Seele“-Rechtsprechung für die Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status nach § 7 Abs. 1 SGB IV nicht herangezogen werden (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - juris Rdnr. 29; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 R 1/15 R - juris Rdnr. 24). Soweit auch der für das Statusrecht zuständige 12. Senat des BSG in der Vergangenheit vereinzelt hierauf zurückgegriffen hat, hat er dies inzwischen ausdrücklich aufgegeben (BSG, Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 KR 23/13 R - juris Rdnr. 29; Urteil vom 29. Juli 2015 - B 12 R 1/15 R - juris Rdnr. 24). Zudem hat der 12. Senat bereits deutlich vor dem hier streitigen Prüfzeitraum die Bedeutung der vertraglich eingeräumten Rechtsmacht betont (vgl. dazu z.B. BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 24). Weiterhin verkennt die Klägerin, dass die sog. „Kopf- und Seele“-Rechtsprechung des BSG stets eine Erscheinungsform der höchstrichterlichen einzelfallbezogenen Auslegung und Anwendung des Typusbegriffs der Beschäftigung war. Im Rahmen dieser einzelfallbezogenen Auslegung und Anwendung wurde die „familienhafte Rücksichtnahme“ als ein Einzelaspekt unter den zur Konkretisierung des Begriffs der anhängigen Beschäftigung entwickelten zahlreichen Indizien herangezogen (BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 23).  

d.  Gesichtspunkte des Vertrauensschutzes stehen den angefochtenen Bescheiden nicht entgegen.

aa. Es besteht zunächst keinen Vertrauensschutz aufgrund einer vermeintlich geänderten Verwaltungspraxis der Beklagten, weil eine vertrauensstiftende gesicherte Rechtspraxis der Beklagten nicht vorlag und § 7 Abs. 1 SGB IV der Verwaltung ohnehin keinen Beurteilungs- oder Ermessensspielraum hinsichtlich der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, einräumt (im Einzelnen BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 27 f.).

bb. Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, dass die vorangegangenen Betriebsprüfungen bezüglich der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 keine Beanstandungen ergeben haben.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG konnten Arbeitgeber aus beanstandungsfreien Betriebsprüfungen in der Regel keine Rechte herleiten. Betriebsprüfungen hatten danach nur den Zweck, die Beitragsentrichtung im Interesse der Versicherungsträger und der Versicherten sicherzustellen. Ihnen kam keine Entlastungswirkung für den Arbeitgeber zu, weil sie nicht umfassend oder erschöpfend sein müssen und sich auf bestimmte Einzelfälle oder Stichproben beschränken dürfen (vgl. § 11 Abs. 1 Beitragsverfahrensverordnung <BVV>). Eine materielle Bindungswirkung aufgrund einer Betriebsprüfung konnte sich nur insoweit ergeben, als Versicherungs- und Beitragspflicht sowie -höhe im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch gesonderten Verwaltungsakt festgestellt wurden (BSG, Urteil vom 29. Juli 2003 - B 12 AL 1/02 R - SozR 4-2400 § 27 Nr. 1 Rdnr. 20; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R - BSGE 115, 1; BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 R 7/14 R - juris Rdnr. 18). Durch Urteile vom 19. September 2019 (u.a. B 12 R 25/18 R, B 12 R 7/19 R und B 12 R 9/19 R) hat das BSG im Hinblick auf die Grundrechtsrelevanz der Indienstnahme der Arbeitgeber für den Beitragseinzug und angesichts der Einführung des § 7 Abs. 4 Satz 2 BVV (mit Wirkung vom 1. Januar 2017 durch das Sechste Gesetz zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 11. November 2016 <BGBl. I, 2500>) seine Rechtsprechung fortentwickelt. Danach ist davon auszugehen, dass Betriebsprüfungen insoweit auch eine Schutzwirkung für Arbeitgeber zukommt, seit den Betriebsprüfungsstellen aufgegeben wurde, die geprüften Sachverhalte offenzulegen. Das BSG hat weiterhin klargestellt, dass eine - vertrauensschutzbegründende - materielle Bindungswirkung sich auch weiterhin nur insoweit ergeben kann, als Versicherungs- und/oder Beitragspflicht im Rahmen der Prüfung personenbezogen für bestimmte Zeiträume durch Verwaltungsakt festgestellt worden sind (BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 32; Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 7/19 R - juris Rdnr. 31; Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 9/19 R - juris Rdnr. 30). So kommt bspw. einer pauschal gehaltenen sog. Prüfmitteilung, nach der die durchgeführte Betriebsprüfung „ohne Beanstandungen geblieben ist“, nach dem objektiven Empfängerhorizont kein Regelungsgehalt zu; sie ist daher kein Verwaltungsakt (§ 31 Satz 1 SGB X). Auch aus dem Umstand, dass bei in der Vergangenheit abgeschlossenen Betriebsprüfungen, die möglicherweise nicht durch einen hinsichtlich der Angabe von Gegenstand (insbesondere welche Auftragsverhältnisse geprüft wurden) und Ergebnis der Betriebsprüfung hinreichend bestimmten Verwaltungsakt beendet wurden und möglicherweise noch ein (formaler) Anspruch auf Bescheidung in Frage kommt, kann kein Bestands- und Vertrauensschutz für die Vergangenheit begründet werden, weil es an einem die Beanstandungsfreiheit regelnden Verwaltungsakt gerade fehlt (BSG, Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 36; Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 7/19 R - juris Rdnr. 35; Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 9/19 R - juris Rdnr. 34).

In Anwendung dieser Maßstäbe kann die Klägerin aus dem Bescheid der Beklagten vom 19. September 2013 hinsichtlich der Betriebsprüfung nach § 28p SGB IV für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 keinen Vertrauensschutz herleiteten. Denn dieser Bescheid enthält keinerlei Feststellungen zum Bestehen oder Nichtbestehen von Versicherungspflicht bzgl. der Beigeladenen Ziff. 1 und 2. Vielmehr beschränkt sich die materielle Bindungswirkung dieses Bescheids für den Prüfzeitraum vom 1. Januar 2009 bis zum 31. Dezember 2012 ausdrücklich allein auf die Person des Arbeitnehmers U, für den Beiträge in Höhe von 249,07 € festgesetzt worden sind. Der Bescheid enthält keinerlei Aussage dazu, ob und mit welchem Ergebnis die Beklagte im Rahmen der im März 2013 durchgeführten Betriebsprüfung auch die Beschäftigungen der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 geprüft hat. Mithin verlautbart dieser bezogen auf die konkreten Personen der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 keine Regelungen zur Versicherungspflicht aufgrund ihrer Beschäftigung bei der Klägerin in der Renten- und Arbeitslosenversicherung. Dem allein auf den Beschäftigten U bezogenen Bescheid vom 19. September 2013 kann nicht entnommen werden, dass bei allen übrigen Beschäftigten der Klägerin keine Versicherungspflicht bzw. kein Beitragsanspruch besteht (BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 R 7/14 R - juris Rdnr. 18). Dass die Beklagte nach der jüngsten Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 25/18 R - juris Rdnr. 35; Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 7/19 R - juris Rdnr. 34; Urteil vom 19. September 2019 - B 12 R 9/19 R - juris Rdnr. 33) ihre Prüfung u.a. auf die als Gesellschafter-Geschäftsführer tätigen Beigeladenen Ziff. 1 und 2 hätte erstrecken müssen, ändert nichts daran, dass es gerade an den erforderlichen personenbezogenen Feststellungen in Form eines Verwaltungsaktes zur Versicherungs- und Beitragspflicht der Beigeladenen Ziff. 1 und 2 fehlt (vgl. nochmals BSG, Urteil vom 18. November 2015 - B 12 R 7/14 R - juris Rdnr. 18; Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 AL 2/11 R - BSGE 115, 1).   

Im Übrigen hätten sowohl die Klägerin als auch die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 jederzeit die Möglichkeit gehabt, die Frage der Versicherungspflicht der Beigeladenen Ziff.1 und 2 in einem Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV zu klären und damit diesbezüglich frühzeitig eine verbindliche Entscheidung und Sicherheit zu erhalten. Von dieser Möglichkeit haben sie keinen Gebrauch gemacht, obwohl ihnen die Problematik der Versicherungspflicht bei Geschäftsführern ausweislich § 7 Abs. 4 des Geschäftsführervertrages vom 30. Juni 2008 bekannt gewesen ist. Es ist widersprüchlich, von den gesetzlichen Möglichkeiten nicht Gebrauch zu machen und sich nachträglich auf Vertrauensschutz berufen zu wollen (LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22. Februar 2019 - L 4 BA 313/18 - juris Rdnr. 88).

e. Die Beklagte hat in dem angefochtenen Bescheid die Beiträge für die Beigeladenen Ziff. 1 und 2 auch in zutreffender Höhe festgesetzt.

5. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

6. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
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