Der Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II setzt die Leistungserbringung im Rahmen einer "Maßnahme" voraus, die innerhalb eines organisatorischen Rahmens erbracht werden muss. Nich ausreichend hierfür sind reine Vermittlungs- und Beratungsleistungen.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt im Rahmen von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) die Berücksichtigung eines Mehrbedarfs für erwerbstätige behinderte Menschen.
Der 1980 geborene Kläger stand im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten. Der Kläger ist Inhaber eines ab 11. Dezember 2002 gültigen Schwerbehindertenausweises, wonach bei ihm ein Grad der Behinderung von 50 festgestellt ist. Er bewohnt eine Wohnung in M., für die er eine Grundmiete in Höhe von 280 EUR sowie Vorauszahlungen für Heiz- und Nebenkosten ab 1. Juni 2016 in Höhe von 90 EUR aufzubringen hat. Zum 9. Juni 2017 war für das Abrechnungsjahr 2016 eine Nachzahlung in Höhe von 15,04 EUR fällig.
Eine für die Monate September 2015 bis August 2016 erfolgte Leistungsbewilligung hob der Beklagte wieder auf, nachdem der Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Bund im Rahmen von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben Übergangsgeld erhielt.
Am 21. September 2016 beantragte der Kläger erneut Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beim Beklagten. Mit Bescheid vom 28. September 2016 bewilligte der Beklagte Leistungen für die Zeit von September 2016 bis August 2017 in Höhe von monatlich 774 EUR (Regelbedarf 404 EUR, Bedarfe für Unterkunft und Heizung 370 EUR). Nach Bewilligung von Übergangsgeld für die Zeit vom 31. August 2016 bis 30. November 2016 in Höhe von kalendertäglich 42,46 EUR mit Bescheid vom 22. September 2016 durch die Deutsche Rentenversicherung Bund hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für die Zeit vom 1. September 2016 bis 31. Oktober 2016 wieder auf (Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 20. Oktober 2016). Mit Bescheid vom 26. November 2016 setzte der Beklagte die Leistungen für die Zeit ab Januar 2017 wegen der Erhöhung der Regelbedarfe auf insgesamt 779 EUR monatlich neu fest.
Die Deutsche Rentenversicherung Bund stellte dem Kläger mit Bescheid vom 8. September 2016 Leistungen zur Erlangung eines Arbeitsplatzes als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben in Aussicht und erklärte sich bereit, unter näher aufgeführten Bedingungen einen Eingliederungszuschuss an einen Arbeitgeber zu leisten. Mit Bescheid vom 1. November 2016 bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund dem Kläger für die Zeit vom 1. November 2016 bis 30. April 2017 sowie mit Bescheid vom 31. Mai 2017 auf einen Antrag vom 30. Mai 2017 für die Zeit vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben die Beteiligung des Integrationsfachdienstes, um für ihn einen behinderungsgerechten Arbeitsplatz zu erschließen. Zwischen einem Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes und dem Kläger fanden Besprechungen am 12. Dezember 2016, 27. Februar 2017, 5. April 2017, 27. April 2017, 12. Mai 2017, 6. Juli 2017, 14. Juli 2017 und 10. August 2017 statt (Bestätigung des Integrationsfachdienstes vom 18. September 2017).
Ab dem 15. Februar 2017 nahm der Kläger ein bis 15. Mai 2017 befristetes Probebeschäftigungsverhältnis beim Hotel S. zu einer monatlichen Vergütung von 1326 EUR zzgl. 135 EUR Fahrtgeld auf (Probebeschäftigungsvertrag vom 9. Februar 2017). Der Beklagte setzte daraufhin die Leistungen für die Monate April bis Juni 2017 auf 79 EUR monatlich sowie für die Monate Juli und August 2017 auf monatlich 779 EUR fest (Änderungsbescheid vom 28. Februar 2017). Für die Dauer des Probebeschäftigungsverhältnisses bewilligte die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 20. Februar 2017 als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben einen Zuschuss an den Arbeitgeber in Höhe des vollen tariflichen Arbeitsentgelts.
Der Kläger erhielt aus dem Beschäftigungsverhältnis für den Monat Februar 2017 am 27. Februar 2017 einen Betrag von 531,76 EUR (730,50 EUR brutto), für den Monat März 2017 am 30. März 2017 einen Betrag in Höhe von 1167,81 EUR (1461 EUR brutto), für den Monat April 2017 am 28. April 2017 einen Betrag in Höhe von 1137,96 EUR (1461 EUR brutto) sowie für den Monat Mai 2017 am 29. Mai 2017 einen Betrag in Höhe von 184,48 EUR (235,64 EUR brutto) ausgezahlt. Das Probebeschäftigungsverhältnis wurde zum 5. Mai 2017 beendet.
Mit Bescheid vom 21. April 2017 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung für den Monat Februar 2017 in Höhe von 305,76 EUR teilweise und für den Monat März 2017 ganz auf und forderte den Kläger zur Erstattung des Betrages von 1084,66 EUR auf.
Mit Änderungsbescheid vom 17. Mai 2017 setzte der Beklagte die Leistungen für April 2017 auf 0 EUR, für Mai 2017 weiterhin auf 79 EUR sowie für Juni 2017 bis August 2017 auf wieder 779 EUR fest, wobei er ein Absehen von einer Rückforderung für den Monat April erklärte.
Unter dem 13. Juni 2017 beantragte der Kläger die Überprüfung der Bescheide vom 28. September 2017, 20. Oktober 2016, 26. November 2016, 28. Februar 2017, 21. April 2017 sowie vom 17. Mai 2017, weil ein ihm zustehender Mehrbedarf gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 33 Abs. 6 Nr. 8 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) nicht berücksichtigt worden sei. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 1. November 2016 sei der Integrationsfachdienstes R. vom 1. November 2016 bis 30. April 2017 beauftragt worden, den Antragsteller bei der Integration in den zu unterstützen. Mit Bescheid der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 31. Mai 2017 sei der Integrationsfachdienstes R. vom 1. Juli 2017 bis 31. Dezember 2017 abermals beauftragt worden. Der Kläger habe daher Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von 35 Prozent des Regelbedarfs. Ein derartiger Anspruch bestehe auch für die Monate Mai und Juni 2017, weil die Maßnahme nicht beendet worden sei. Er habe am 12. Mai 2017 ein Gespräch sowie Anfang Juni 2017 einen E‑Mail‑Kontakt mit dem Integrationsfachdienst gehabt. Es seien rein organisatorische und zeitliche Gründe gewesen, warum ein Bewilligungsbescheid für die Monate Mai und Juni 2017 nicht existiere. Außerdem sei unklar gewesen, ob der Kläger beim Hotel S. angestellt werde. Nachdem er am 5. Mai 2017 informiert worden sei, dass es nicht zu einer Festanstellung komme, sei bei der Deutschen Rentenversicherung Bund erneut die Beauftragung des Integrationsfachdienstes R. beantragt worden. Er werde demzufolge durchgehend seit dem 1. November 2016 vom Integrationsfachdienst unterstützt. Für den Fall der Annahme einer Beendigung der Maßnahme zum 30. April 2017 machte der Kläger geltend, dass im Rahmen einer Ermessensreduzierung auf Null § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II auch für die Monate Mai und Juni 2017 angewendet werden müsse.
Mit Bescheid vom 27. Juni 2017 lehnte der Beklagte den Überprüfungsantrag ab. Die vom Kläger genannten Bescheide seien nicht zu beanstanden. Eine Leistung nach § 33 SGB IX liege nur vor, wenn die Maßnahme final auf den Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile ausgerichtet sei. Für einen Mehrbedarf müsse es sich um eine regelförmige Maßnahme handeln, die eine regelmäßige und zeitlich nicht unerhebliche Beanspruchung des Teilnehmers bezüglich der Teilnahme am Arbeitsleben sicherstelle.
Mit Änderungsbescheid vom 27. Juni 2017 setzte der Beklagte die Leistungen für den Monat Mai 2017 auf 721,65 EUR unter Berücksichtigung des Einkommens für den Monat Mai 2017 fest.
Gegen den Überprüfungsbescheid vom 27. Juni 2017 legte der Kläger Widerspruch ein. Zur Begründung berief er sich darauf, dass er durchgehend seit dem 1. Dezember 2016 einen Anspruch auf einen Mehrbedarf in Höhe von 35 Prozent des Regelbedarfs gemäß § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II in Verbindung mit § 33 SGB IX habe. Die Deutsche Rentenversicherung Bund habe auf seinen Antrag hin den Integrationsfachdienst zweimal beauftragt, ihn für jeweils sechs Monate zu unterstützen. Nach den Bescheiden der Deutschen Rentenversicherung Bund handele es sich um eine Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben. Außerdem habe er mit dem Integrationsfachdienst im November 2016 und im Juli 2017 eine schriftlich fixierte Zielplanung vereinbart. Ferner sei ihm von der Deutschen Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 8. September 2016 verbindlich ein Eingliederungszuschuss für zwölf Monate zugesichert und mit Bescheid vom 20. Februar 2017 für die Dauer des Probearbeitsverhältnisses beim Hotel S. gewährt worden. Die Lohnkosten seien dem Arbeitgeber in voller Höhe erstattet worden. Im Übrigen hielt er an seinen Ausführungen zum Überprüfungsantrag fest.
Am 26. Juli 2017 legte der Kläger auch gegen den Änderungsbescheid vom 27. Juni 2017 unter Verweis auf einen Anspruch auf Mehrbedarf in Höhe von 35 Prozent des Regelbedarfs Widerspruch ein.
Auf den Weiterbewilligungsantrag bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Monate September 2017 bis August 2018 weiterhin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 779 EUR monatlich (Bewilligungsbescheid vom 21. August 2017). Auch gegen diesen Bescheid legte der Kläger unter Berufung auf einen Anspruch auf Berücksichtigung eines Mehrbedarfs Widerspruch ein. Er verwies auf die Bestätigung des Integrationsfachdienstes über die Gespräche und teilte im Rahmen einer eidesstattlichen Versicherung mit, dass der Mitarbeiter des Integrationsfachdienstes bei Übergabe des Bestätigungsschreibens mitgeteilt habe, dass seit Inanspruchnahme des Integrationsfachdienstes über 200 Kontakte (per E-Mail, telefonisch usw.) stattgefunden hätten. Darüber hinaus sei er am 20. September 2017 und am 2. Oktober 2017 zu einem Gespräch beim Integrationsfachdienst gewesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2017 wies der Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 27. Juni 2017 über die Ablehnung der Überprüfung nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) zurück. Der Kläger habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidung sprechen könnte. Es ergäben sich auch keine neuen Erkenntnisse, die dafür sprächen, dass die Entscheidung falsch sei. Der Beklagte habe daher eine sachliche Prüfung der Bescheide ablehnen dürfen. Die vorgebrachten Einwände hätten unberücksichtigt bleiben müssen, weil diese nicht entscheidungserheblich gewesen seien. Laut einem Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts (LSG) vom 26. Februar 2015 – L 7 AS 215/14 – werde ein Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II nur gewährt, wenn mindestens eine zweimalige Vorsprache pro Monat beim Integrationsfachdienst stattgefunden habe.
Den Widerspruch gegen den Änderungsbescheid vom 26. Juni 2017 verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2017 als unzulässig. Änderungsbescheide könnten nur in Bezug auf ihren eigenständigen Regelungsgehalt angegriffen werden. Soweit sie gegenüber dem Ausgangsbescheid keine weitere Beschwer beinhalteten, fehle es an einer angreifbaren Regelung. Im angefochtenen Bescheid sei lediglich das angerechnete Einkommen für Mai 2017 geändert worden.
Mit einem weiteren Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 2017 wies der Beklagte schließlich den Widerspruch gegen den Bewilligungsbescheid vom 21. August 2017 zurück, weil die nach der vorgelegten Bestätigung im Schnitt lediglich einmal im Monat stattfindende persönliche Vorsprache beim Integrationsfachdienst den begehrten Mehrbedarf nicht begründe.
Mit Änderungsbescheid vom 27. Oktober 2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger für den Monat Oktober 2017 Leistungen in Höhe von 794,04 EUR unter Berücksichtigung der Nebenkostennachzahlung für das Jahr 2016. Mit Änderungsbescheid vom 25. November 2017 setzte der Beklagte die Leistungen für die Monate Januar 2018 bis August 2018 wegen der Erhöhung der Regelbedarfe auf 786 EUR monatlich fest.
Von der Deutschen Rentenversicherung Bund wurde dem Kläger aufgrund eines Leistungsfalles vom 17. November 2016 und eines auf weniger als drei Stunden herabgesetzten arbeitstäglichen Leistungsvermögens sowie eines Antrags vom 4. Oktober 2017 Rente wegen voller Erwerbsminderung ab 1. Oktober 2017 befristet bis 30. November 2019 in Höhe von monatlich 528,80 EUR (monatlicher Zahlbetrag 468,52 EUR) bewilligt (Bescheid vom 28. März 2018).
Mit Bescheid vom 9. April 2018 hob der Beklagte die Leistungsbewilligung ab 1. Mai 2018 aufgrund des Wegfalls der Erwerbsfähigkeit auf. Ab dem 4. April 2018 wurden dem Kläger vom Sozialhilfeträger Leistungen der Hilfe zum Lebensunterhalt gewährt.
Am 30. Oktober 2017 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Stuttgart (SG) gegen den Überprüfungsbescheid vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 sowie gegen den Bewilligungsbescheid vom 21. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 erhoben. Zur Begründung hat er geltend gemacht, im fraglichen Zeitraum an einer regelförmigen, einen Mehrbedarf begründenden Maßnahme teilgenommen zu haben. Der Beklagte habe in seiner Widerspruchsentscheidung lediglich die Anzahl der persönlichen Vorsprachen zugrundegelegt, alle anderen Kontakte aber unberücksichtigt gelassen, was nicht nachvollziehbar sei. Ferner hat er sich auf die Zusicherung eines Eingliederungszuschusses für die Dauer von zwölf Monaten sowie dessen Gewährung für die Dauer des Probearbeitsverhältnisses gestützt. Im Übrigen hat er zur Begründung seiner Ausführungen im Überprüfungsantrag und in den Widerspruchsverfahren wiederholt.
Der Beklagte hat ein „Teilanerkenntnis“ erklärt und sich unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 für die Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Mai 2017 verpflichtet, die Leistungen für die Zeit vom 15. Februar 2017 bis 5. Mai 2017 erneut unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfes nach § 21 Abs. 4 SGB II festzusetzen.
Mit Urteil vom 21. August 2019 hat das SG den Überprüfungsbescheid vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 teilweise aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, die Bescheide vom 28. September 2016, 26. November 2016, 28. Februar 2017, 21. April 2017 und 17. Mai 2017 abzuändern und dem Kläger für Februar 2017 weitere Leistungen in Höhe von 143,10 EUR, für März 2017 in Höhe von 54,34 EUR, für April 2017 in Höhe von 84,19 EUR und für Mai 2017 in Höhe von 143,10 EUR zu gewähren, sowie im Übrigen die Klage abgewiesen. Der Kläger erfülle in der Zeit vom 1. Februar 2017 bis 31. Mai 2017 die Voraussetzungen für die Gewährung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 4 SGB II in Höhe von 35 Prozent des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Die durch einen behinderungsbedingt erforderlichen Eingliederungszuschuss geförderte Arbeitstätigkeit bei ErlebnisHotel S. in der Zeit vom 15. Februar 2017 bis 5. Mai 2017 als Verwaltungsmitarbeiter erfülle die Anforderungen an eine regelförmige Maßnahme, da das Arbeitsverhältnis des Klägers in einem strukturierten und regelförmigen Rahmen stattgefunden habe. Für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 31. März 2017 sowie für die Zeit vom 1. Juni 2017 bis 31. Dezember 2017 habe der Kläger keinen Anspruch auf die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB VI. Die durch die Deutsche Rentenversicherung Bund gewährte Unterstützung durch den Integrationsfachdienst sei nicht geeignet, den Mehrbedarf auszulösen. Es handele sich nicht um Leistungen im Rahmen einer regelförmigen Maßnahme. Der Kläger habe den Integrationsfachdienst ein bis zweimal monatlich aufgesucht. Darüber hinaus habe er Zielplanungen mit dem Integrationsfachdienst abgeschlossen. Darin sei als Ziel jeweils die Aufnahme einer Tätigkeit als Bürokraft vereinbart worden. Der Kläger habe in den vorbereitenden Schritten unter anderem Stellenbörsen sichten, seinen Lebenslauf neu entwerfen, Initiativbewerbungen schreiben und seine Bewerbungsunterlagen optimieren sollen. Die Leistungen des Integrationsfachdienstes hätten sich damit innerhalb einer Spannbreite dessen gehalten, was auch nicht behinderten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Rahmen der Vermittlung und Beratung durch den Grundsicherungsträger abverlangt werde. Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Weitergewährung des Mehrbedarfs für eine Übergangszeit. Diese stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Anhaltspunkte dafür, dass der Beklagte verpflichtet wäre, nach Auslaufen des Eingliederungszuschusses sein Ermessen nur pflichtgemäß dahingehend auszuüben, dass dem Kläger auch über den 31. Mai 2017 hinaus ein Mehrbedarf zu zuerkennen sei, seien nicht ersichtlich. Der Kläger habe mit Beendigung des Eingliederungszuschusses seine Erwerbstätigkeit im ErlebnisHotel S. beendet, so dass keine tatsächlichen Umstände (mehr) vorgelegen hätten, die vom Grundsatz her geeignet gewesen wären, einen zusätzlichen Bedarf hervorzurufen.
Gegen das ihm am 27. August 2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17. September 2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Mit der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und macht Mehrbedarfe nach § 21 Abs. 4 SGB II für die Monate Dezember 2016, Januar 2017 sowie Juni 2017 bis Dezember 2017 geltend.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 21. August 2019 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 zu verpflichten, ihm unter Abänderung der Bescheide vom 28. September 2016, 26. November 2016, 28. Februar 2017 und 17. Mai 2017 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs gemäß § 21 Abs. 4 SGB II für die Monate Dezember 2016, Januar 2017 und Juni 2017 bis August 2017 zu bewilligen sowie den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 21. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 in der Fassung des Bescheides vom 27. Oktober 2017 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II für die Monate September 2017 bis Dezember 2017 zu zahlen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat den Integrationsfachdienst (IFD) R., W. schriftlich zu den dem Kläger erbrachten Leistungen befragt. Wegen der vom IFD erteilten Auskunft wird auf das Schreiben vom 9. September 2021 Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz sowie die Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist auch im Übrigen zulässig. Die Berufung bedurfte nicht der Zulassung, weil zwischen den Beteiligten Leistungen nach dem SGB II in Höhe von mehr als 750 Euro im Streit stehen (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG).
Gegenstand des Verfahrens ist zunächst der Bescheid vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017, mit dem der Beklagte eine Korrektur der Bescheide vom 28. September 2016, 26. November 2016, 28. Februar 2017 und 17. Mai 2017 und Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II abgelehnt hat, wobei nur noch ein Mehrbedarf für die Monate Dezember 2016, Januar 2017 und Juni 2017 bis August 2017 im Streit ist. Sein Überprüfungsbegehren verfolgt der Kläger zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage nach §§ 54 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4, 56 SGG (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 28. Februar 2013 – B 8 SO 4/12 R – juris Rdnr. 9). Hinsichtlich des Bescheides vom 28. November 2016 und der begehrten höheren Leistungen für den Monat Dezember 2016 ist allerdings die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG statthaft. Gegenstand dieses Bescheides war nicht die Überprüfung einer bestandskräftigen Entscheidung im Hinblick auf die fehlerhafte Rechtsanwendung bzw. Zugrundelegung eines unzutreffenden Sachverhalts bei Erlass des Bescheides. Vielmehr beruft sich der Kläger insoweit auf durch die Bewilligung der Beteiligung des IFD durch die Deutsche Rentenversicherung Bund mit Bescheid vom 1. November 2016 geänderte Verhältnisse. Rechtsgrundlage für die von dem Beklagten erklärte Ablehnung der Gewährung höherer Leistungen hinsichtlich des Monats Dezember 2016 ist insoweit § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).
Des Weiteren ist Gegenstand des Verfahrens der Bescheid vom 21. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 in der Fassung des Bescheides vom 27. Oktober 2017 hinsichtlich der Höhe der zustehenden Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Monate September 2017 bis Dezember 2017. Statthafte Klageart ist auch diesbezüglich die kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
In der Sache ist die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 SGB II im Rahmen der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts streitig. Der Streit um einen Anspruch auf eine Leistung nach § 21 SGB II stellt keinen eigenständigen und von den Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts abtrennbaren Streitgegenstand dar (st.Rspr., siehe nur BSG Urteil vom 6. April 2011 – B 4 AS 3/10 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 11). Dem Antrag des Klägers kann jedoch mit hinreichender Deutlichkeit eine Beschränkung des Streitgegenstands insoweit entnommen werden, als die Kosten der Unterkunft und Heizung nicht im Streit stehen, was auch nach der Neufassung des SGB II zum 1. Januar 2011 möglich ist (BSG Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 78, juris Rdnr 10).
Die Berufung ist unbegründet. Entgegen der Rechtsansicht des Klägers ist der Bewilligungsbescheid vom 28. September 2016 nicht durch die von der Deutschen Rentenversicherung Bund als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben bewilligte Beteiligung des IFD wegen einer nachträglich eingetretenen wesentlichen Änderung der Verhältnisse rechtswidrig geworden (§ 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Ebenso sind die Bescheide vom 26. November 2016, 28. Februar 2017 und 17. Mai 2017 im Hinblick auf die Nichtberücksichtigung eines Mehrbedarfs nicht ursprünglich rechtswidrig (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X), so dass der Bescheid vom 27. Juni 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt. Ebenso ist der Bescheid vom 21. August 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 2017 in der Fassung des Bescheides vom 27. Oktober 2017 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Zwar erfüllt der Kläger im streitigen Zeitraum die Leistungsvoraussetzungen. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Arbeitslosengeld II, wenn sie (1.) das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben, (2.) erwerbsfähig sind, (3.) hilfebedürftig sind und (4.) ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte). Die Leistungen umfassen den Regelbedarf, Mehrbedarfe und den Bedarf für Unterkunft und Heizung (§ 19 Abs. 1 Satz 3 SGB II). Hilfebedürftig ist nach § 9 Abs. 1 SGB II u.a., wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann.
Der Kläger hatte im streitigen Zeitraum das 36. bzw. 37. Lebensjahr vollendet und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland. Zwar war der Kläger nach den Feststellungen der Deutschen Rentenversicherung Bund seit 17. November 2016 voll erwerbsgemindert. Er war jedoch im streitigen Zeitraum noch als erwerbsfähig im Sinne des § 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 8 SGB II anzusehen. Dies ergibt sich aus § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II. Danach erbringen die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende bis zu einer Entscheidung über den Widerspruch eines nach § 44a Abs. 1 Satz 2 SGB II widerspruchsberechtigten Trägers gegen die Feststellung der Agentur für Arbeit, ob ein Arbeitsuchender erwerbsfähig ist (§ 44a Abs. 1 Satz 1 SGB II). Im Außenverhältnis wird die Aufgabe von der gemeinsamen Einrichtung (und damit vom Beklagten) nach § 44b Abs. 1 Satz 2 SGB II wahrgenommen. Nach zutreffender Auffassung des BSG setzt die Leistungspflicht des SGB II-Trägers bzw. Jobcenters nicht erst dann ein, wenn bereits Streit zwischen den Trägern über die Erwerbsfähigkeit eingetreten ist. Vielmehr ist der Antragsteller bereits im Vorfeld so zu stellen, als wäre er erwerbsfähig (BSG, Urteil vom 7. November 2006 – B 7b AS 10/06 R – juris Rdnr. 20). Folglich hat der SGB II-Träger ab dem Zeitpunkt der negativen Feststellung über die Erwerbsfähigkeit durch die Agentur für Arbeit Nahtlosigkeitsleistungen nach § 44a Abs. 1 Satz 7 SGB II zu erbringen, bis der andere Träger seine Zuständigkeit anerkannt hat, sein Widerspruchsrecht erloschen ist oder die Arbeitsagentur über den Widerspruch entschieden hat (Korte in LPK-SGB II, 7. Aufl., § 44a Rdnrn. 23ff., Knapp in jurisPK-SGB II, § 44a Rdnr. 72; Bender in Gagel, SGB II/SGB III, Stand: September 2020, § 44a Rdnr. 17). Vorliegend hatte der Beklagte eine Feststellung hinsichtlich der Erwerbsfähigkeit des Klägers (noch) gar nicht eingeleitet, diese wurde von der Deutschen Rentenversicherung Bund erst mit Bescheid vom 28. März 2018 anerkannt, so dass der Beklagte im streitigen Zeitraum ebenfalls weiterhin für die Leistungserbringung zuständig war. Mit den (Weiterbewilligungs-)Anträgen des Klägers sind zugleich alle Leistungen als beantragt im Sinne des § 37 SGB II anzusehen, die nach Lage des Falls ernsthaft in Betracht kommen; dazu zählen auch die Leistungen für einen Mehrbedarf im Sinne des § 21 Abs. 4 SGB II (st.Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 62/09 R – SozR 4-4200 § 22 Nr. 38; BSG, Urteil vom 23. März 2010 – B 14 AS 6/09 R – SozR 4-4200 § 37 Nr. 2).
Der Kläger hatte jedoch im streitigen Zeitraum keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II wegen eines Mehrbedarfs aufgrund der Teilnahme an einer Teilhabeleistung.
Nach § 21 Abs. 4 SGB II in der maßgeblichen Fassung vom 26. Juli 2016 (a.F.) erhalten erwerbsfähige behinderte Leistungsberechtigte, denen Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX (in der Fassung vom 20. Dezember 2011 [a.F.]) mit Ausnahme der Leistungen nach § 33 Abs. 3 Nrn. 2 und 4 SGB IX a.F., sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Arbeitsplatzes oder Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) erbracht werden, Leistungen für einen Mehrbedarf von 35 Prozent des nach § 20 SGB II maßgebenden Regelbedarfs. Nach Satz 2 dieser Vorschrift kann der Mehrbedarf nach Beendigung der vorgenannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, gewährt werden.
Zwar galt der Kläger im streitigen Zeitraum als erwerbsfähig und war angesichts der festgestellten Schwerbehinderung ein behinderter Mensch im Sinne der Legaldefinition des § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX. Das vom Kläger in Anspruch genommene Vermittlungs- und Beratungsangebot des IFD genügt jedoch nicht den im Rahmen des § 21 Abs. 4 SGB II a.F. zu stellenden Anforderungen.
Unerheblich für den Mehrbedarf nach § 21 Abs. 4 SGB II ist, dass die fragliche Leistungsgewährung nicht auf einer Bewilligung des Beklagten beruht. Ausreichend für die Erfüllung des Merkmals „erbracht werden“ ist vielmehr, dass eine in der Regelung bezeichnete Eingliederungsmaßnahme tatsächlich durchgeführt wird, unabhängig davon, wer Träger der Teilhabeleistung ist (BSG, Urteil vom 5. Juli 2017 – B 14 AS 27/16 R –, SozR 4-4200 § 21 Nr. 27, juris Rdnr. 22 m.w.N.).
Der Kläger hat jedoch im streitigen Zeitraum nicht an einer regelförmigen besonderen Maßnahme teilgenommen, die grundsätzlich geeignet ist, einen Mehrbedarf beim Betroffenen auszulösen (zu dieser Voraussetzung BSG, Urteil vom 25. Juni 2008 – B 11b AS 19/07 R – SozR 4-3500 § 54 Nr. 1, juris Rdnr. 22) . Diese einschränkende Auslegung folgt aus dem Wortlaut und dem aus der Entstehungsgeschichte der Norm herzuleitenden spezifischen Sinn und Zweck des Mehrbedarfs.
Allerdings ergibt sich noch kein Hinweis auf das Erfordernis einer regelförmigen Maßnahme aus dem Wortlaut des § 21 Abs. 4 Satz 1 SGB II, denn danach wird darauf abgestellt, dass „Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 des Neunten Buches sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben oder Eingliederungshilfen nach § 54 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 3 des Zwölften Buches erbracht werden“. Eine Begrenzung des aufgeführten Leistungsspektrums folgt jedoch aus Satz 2 der Vorschrift, denn danach wird eine weitere Gewährung dieses Mehrbedarfs während einer angemessenen Übergangszeit nach Beendigung der in Satz 1 „genannten Maßnahmen“ eröffnet. Die Formulierung des Satzes 2 weist dementsprechend aus, dass sich die Leistungserbringung innerhalb eines organisatorischen Rahmens vollziehen muss, der eine Bezeichnung als „Maßnahme“ rechtfertigt (BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 59/09 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 9, juris Rdnr. 18). Dieses Ergebnis wird durch den aus der Entstehungsgeschichte herzuleitenden Zweck der Regelung bestätigt. Vorgängervorschrift für § 21 Abs. 4 SGB II war die in § 23 Abs. 3 BSHG getroffene Regelung (vgl. BT-Drs. 15/1516 S. 57), nach dessen Satz 1 für Behinderte, die das 15. Lebensjahr vollendet haben und denen Eingliederungshilfe nach § 40 Abs. 1 Nr. 3 bis 5 BSHG gewährt wird, ein Mehrbedarf von 40 v.H. des maßgebenden Regelsatzes anerkannt wurde, soweit nicht im Einzelfall ein abweichender Bedarf bestand. Durch den Verweis auf § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 BSGH (i.d.F. durch Art. 67 des Gesetzes vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046) waren bereits die Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach § 33 SGB IX sowie sonstige Hilfen zur Erlangung eines geeigneten Platzes im Arbeitsleben erfasst. § 23 Abs. 3 BSHG geht wiederum zurück auf das Zweite Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 22. Dezember 1981 (2. Haushaltsstrukturgesetz, BGBl. I, 1523) und schloss eine Lücke, die ansonsten durch die Aufhebung der Mehrbedarfsregelung im Rahmen der Eingliederungshilfe entstanden wäre. Das zuvor geltende Recht der Eingliederungshilfe hatte in § 41 Abs. 2 Satz 2 BSHG (i.d.F. des Bundessozialhilfegesetzes vom 30. Juni 1961, BGBl. I, 815) vorgesehen, dass für Behinderte, die nicht mehr im volksschulpflichtigen Alter waren, für den laufenden Lebensunterhalt ein Mehrbedarf von mindestens 50 v.H. des maßgebenden Regelsatzes anzuerkennen war, wenn der Lebensunterhalt nach Regelsätzen zu bemessen war. Sie lehnte sich an die Regelungen über die Ausbildungsbeihilfe an (vgl. BT-Drs. 3/1799 S. 46 zu § 39), die in der Parallelregelung des § 33 Abs. 2 Satz 2 BSHG ebenfalls einen entsprechenden Mehrbedarf vorgesehen hatte. Diese enge Anlehnung der Sätze an die Ausbildungsbeihilfe belegt, dass der Mehrbedarf an strukturierte Maßnahmen geknüpft war, die über bloße Kontaktaufnahmen mit Beratung hinausgehen mussten und jedenfalls vom Grundsatz her geeignet waren, einen zusätzlichen Bedarf hervorzurufen (BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 59/09 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 9, juris Rdnr. 19; BSG, Urteil vom 4. April 2011 – B 4 AS 3/10 R – juris Rdnr. 19ff.).
Die danach zu stellenden erforderlichen Anforderungen an den organisatorischen Mindestrahmen der Eingliederungsmaßnahme durch die dem Kläger vom IFD gewährten Beratungs- und Vermittlungsleistungen sind nicht erfüllt. Nach der Auskunft des IFD vom 9. September 2021 fanden im streitigen Zeitraum persönliche Gespräche mit dem Kläger am 12. Dezember 2016, 28. Dezember 2016, 30. Dezember 2016, 19. Januar 2017, 25. Januar 2017, 26. Januar 2017, 6. Juli 2017, 3. August 2017, 10. August 2017, 20. September 2017 und 4. Oktober 2017 statt. Danach fanden in den Monaten Dezember 2016 und Januar 2017 jeweils drei Gespräche, im Juni 2017 ein Gespräch, im August 2017 zwei Gespräche sowie im September 2017 und Oktober 2017 jeweils ein Gespräch statt. Nach dem 4. Oktober 2017 fanden bis zum 31. Dezember 2017 keine Gespräche mehr statt. Schon aufgrund dieser geringen Zahl an persönlichen Kontakten und deren fehlender Regelmäßigkeit ist nicht erkennbar, dass eine von vornherein strukturierte Maßnahme, etwa durch bestimmte, aufeinander aufbauende Inhalte und Themen, verfolgt worden ist (vgl. BSG, Urteil vom 5. August 2015 – B 4 AS 9/15 R – juris Rdnr. 22). Dass neben persönlichen Gesprächen weitere Kontakte telefonisch und per E-Mail stattgefunden haben, ändert an dieser Einschätzung nichts, da solche bedarfsweisen, nicht im Voraus geplanten Kontakte kein begründendes Merkmal einer von vorherein strukturierten Maßnahme sein können. Auch nach der mit dem Kläger vereinbarten Zielplanung sind die vom IFD erbrachten Leistungen nicht als regelförmige Maßnahme zu qualifizieren. Die Zielplanung, die infolge der Beauftragung des IFD ab 1. November 2016 erfolgte, sah ausgehend von einer angestrebten Tätigkeit als Bürokraft im kaufmännischen und verwaltenden Bereichs als ersten Schritt das Sichten von Stellenbörsen vor, im zweiten Schritt sollten Initiativbewerbungen erfolgen (20 Arbeitgeber bis 27. Dezember 2016) und im dritten Schritt eine telefonische Akquise des IFD für ein dreimonatiges Praktikum. Hinsichtlich der Tätigkeit des IFD ab 1. Juli 2017 wurden in der Zielplanung als Idee die Optimierung der Bewerbungsunterlagen und der Neuentwurf des Lebenslaufs (erster Schritt), sodann erneut das Sichten von Stellenbörsen und die Erstellung einer neuen Liste von Initiativbewerbungen (zweiter Schritt) sowie wiederum Telefonakquisen durch den IFD (dritter Schritt) vorgesehen. In der Auskunft vom 9. September 2021 wurden als vom IFD erbrachte Leistungen „Unterstützung bei der Akquise und den Bewerbungsunterlagen, Stellenbörsen sichten, Bewerbungsgespräche vorbereiten und trainieren, Kontakte zu Arbeitgebern herstellen, Reflektieren der Vermittlungshemmnisse und bisherigen Erfahrungen, Umgang mit seiner Erkrankung, Vorbereitung und Begleitung eines Probearbeitsverhältnisses, Abklärungen mit verschiedenen Kooperationspartnern, Planung und Auswertung einzelner Schritte aus der Zielplanung“ aufgeführt. Auch danach handelte es sich bei der Tätigkeit des IFD nicht um eine Maßnahme, in der dem Kläger strukturiert Inhalte vermittelt wurden, sondern vielmehr um reine Vermittlungs- und Beratungsleistungen, wobei dem Kläger nicht mehr abverlangt wurde als das, was auch nicht behinderten erwerbsfähigen Hilfebedürftigen im Rahmen der Vermittlung und Beratung durch den Grundsicherungsträger abverlangt wird. Hierdurch wird die Zuerkennung des Mehrbedarfs wegen der Teilnahme an einer Maßnahme aber nicht gerechtfertigt (vgl. BSG, Urteil vom 22. März 2010 – B 4 AS 59/09 R – SozR 4-4200 § 21 Nr. 9, juris Rdnr. 20f.). Da danach die Einbindung des IFD insgesamt nicht als einen Mehrbedarf auslösende Maßnahme qualifiziert werden kann, kommt es auch nicht darauf an, dass nach den Ausführungen des Klägers die Aktivitäten des IFD insbesondere im Monat Juni 2017 nicht beendet gewesen, sondern ohne entsprechenden Bescheid bzw. Beauftragung durch die Deutsche Rentenversicherung Bund fortgeführt worden sind.
Die Voraussetzungen des § 21 Abs. 4 Satz 2 SGB II, wonach Satz 1 der Vorschrift auch nach der Beendigung der dort genannten Maßnahmen während einer angemessenen Übergangszeit, vor allem einer Einarbeitungszeit, angewendet werden kann, liegen gleichfalls nicht vor. Ein Anspruch auf den Mehrbedarf kann auch für einen Teil des streitigen Zeitraums nach Beendigung des Probearbeitsverhältnisses im Mai 2017 nicht auf diese Vorschrift gestützt werden. Denn Voraussetzung dafür ist, dass das Ziel der zuvor geförderten Maßnahme noch erreicht werden kann. Durch die mögliche Weitergewährung des Mehrbedarfs für eine Übergangszeit soll im Nachgang zur vorgehenden Maßnahme die während dieser gewährte finanzielle Unterstützung noch eine Zeit lang fortwirken, um das mit der Maßnahme angestrebte Ziel sicherzustellen (Knickrehm/Hahn in Eicher/Luik, SGB II, 4. Auflage 2017, § 21 Rdnr. 52). Dies kommt jedoch nicht in Betracht, wenn die Maßnahme gescheitert und eine Integration nicht mehr erreicht werden kann. Im Fall der Förderung durch einen Eingliederungszuschuss setzt die Gewährung eines Mehrbedarfs nach § 21 Abs. 4 Satz 2 SGB II daher nach dem Zweck der Vorschrift die Fortführung der zunächst durch den Eingliederungszuschuss geförderten Tätigkeit voraus. Das Beschäftigungsverhältnis des Klägers beim Hotel S. war im Monat Juni 2017 bereits beendet, das Probebeschäftigungsverhältnis war sogar vorzeitig beendet worden, so dass die Maßnahme nicht mehr zur erfolgreichen Integration des Klägers in den Arbeitsmarkt führen konnte.
Andere Gerichtspunkte, auf die ein Anspruch des Klägers auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebenshalts im streitigen Zeitraum gestützt werden könnte, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger nicht geltend gemacht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.