Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. März 2019 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist ein Anspruch der Klägerin auf Rente wegen Erwerbsminderung streitig.
Die am 1972 geborene Klägerin hat den Beruf einer Einzelhandelskauffrau im Zoofachhandel erlernt und war seit 1992 als tiermedizinische Fachangestellte versicherungspflichtig (zuletzt zwölf Stunden pro Woche) beschäftigt.
Am 27. Juli 2016 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung führte sie an, sie halte sich für erwerbsgemindert seit 2008 wegen einer noch nicht diagnostizierten Krankheit.
Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Arzt für Orthopädie und spezielle orthopädische Chirurgie Dr. H. begutachten. Im Gutachten vom 17. Oktober 2016 stellte der Gutachter auf orthopädischem Fachgebiet keine wesentlichen Erkrankungen fest. Aus orthopädischer Sicht sei die Klägerin in der Lage, sowohl ihren erlernten Beruf als Tierpflegerin als auch Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ohne zeitliche Einschränkung zu verrichten.
Des Weiteren erstattete der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie D. auf Veranlassung der Beklagten das Gutachten vom 9. November 2016, in welchem er die Diagnosen Angst und depressive Störung gemischt, anhaltende somatoforme Schmerzstörung und V.a. Fibromyalgiesyndrom diagnostizierte und die Klägerin für leichte körperliche Arbeiten in wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht für vollschichtig leistungsfähig erachtete.
Mit Bescheid vom 5. Januar 2017 lehnte die Beklagte den Antrag auf Rente wegen Erwerbsminderung ab, weil die Klägerin die medizinischen Voraussetzungen nicht erfülle.
Gegen den Bescheid legte die Klägerin am 26. Januar 2017 Widerspruch ein. Sie sei aktuell weniger als 15 Stunden in der Woche berufstätig. Schon bei dieser Tätigkeit sei sie auf Kosten der Restgesundheit tätig. Sie verfüge über kein regelmäßiges, mindestens dreistündiges Leistungsvermögen. Im Vordergrund stehe eine schwere Erschöpfung im Rahmen einer Depression und eines schweren Schmerzsyndroms.
Auf ein Angebot der Beklagten zur Durchführung einer Maßnahme zur medizinischen Rehabilitation reagierte die Klägerin nicht.
Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 6. Juli 2017 zurück.
Am 2. August 2017 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zur Begründung hat sie auf ihr Vorbringen im Widerspruchsverfahren verwiesen und ergänzend geltend gemacht, sie habe die angebotene stationäre Rehamaßnahme wegen ihrer Ängste nicht antreten können, da sie gesundheitsbedingt nicht von zu Hause wegkönne. Sie hat den Bericht der A. Klinik für Psychosomatik und Psychotherapie B. vom 17./19. Mai 2017 (Bl. 10/18 SG-Akte) vorgelegt.
Das SG hat die behandelnden Ärzte der Klägerin schriftlich als sachverständige Zeugen befragt. Wegen der Angaben des Facharztes für Allgemeinmedizin S. wird auf das Schreiben vom 4. November 2017 (Bl. 25/37 SG-Akte) und wegen der Ausführungen des Gynäkologen Dr. K. auf das Schreiben vom 10. November 2017 (Bl. 38 SG-Akte) Bezug genommen.
Des Weiteren hat das SG bei Prof. Dr. R. ein neurologisch‑psychiatrisch-schmerzmedizinisches Gutachten eingeholt. Im Gutachten vom 7. Mai 2018 (Bl. 53/92 SG-Akte) hat der Gutachter die Diagnosen einer leichten anhaltenden somatoformen Schmerzstörung und einer Dysthymia gestellt. Die Klägerin sei aus neurologisch-psychiatrisch-schmerzmedizinischer Sicht noch in der Lage, leichte körperliche Arbeiten ohne Akkord- oder Fließbandtätigkeiten durchzuführen. Die Tätigkeiten sollten vorzugsweise im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen ausgeführt werden. Auch ständiges Sitzen, zeitweises Stehen und Gehen seien der Klägerin noch zumutbar. Vermieden werden sollten Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg, Zwangshaltungen der Wirbelsäule, Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, Überkopfarbeiten, Arbeiten unter der Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe und Arbeiten in Nachtschicht.
Auf Antrag der Klägerin gemäß § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) hat Dr. W. das psychosomatische Gutachten vom 15. Oktober 2018 (Bl. 105/137 SG-Akte) erstattet. Der Gutachter hat als Diagnosen posttraumatische Belastungsstörung, Panikstörung (episodisch, paroxysmale Angst), Fibromyalgiesyndrom, vasomotorischer Kopfschmerz (möglicherweise Clusterkopfschmerz) und idiopathisches Ödem mitgeteilt. Bei der Klägerin lägen mehrere Gründe für eine Einschränkung der täglichen Arbeitszeit vor. Derzeit sei eine irgendwie geartete Tätigkeit allein wegen der schweren Panikstörung kaum vorstellbar. Die zusätzlichen Einschränkungen durch die anderen Erkrankungen kämen noch hinzu, weshalb er die Belastbarkeit unter drei Stunden sehe.
Mit Urteil vom 7. März 2019 hat das SG die Klage gestützt auf die Gutachten von Prof. Dr. R., Dr. H. und des Sachverständigen D. abgewiesen. Der Einschätzung von Dr. W. könne sich die Kammer nicht anschließen. Die Klägerin habe bisher auch noch nicht alle Behandlungsmöglichkeiten ausgeschöpft.
Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 14. März 2019 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 9. April 2019 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt. Prof. Dr. R. habe den Gesundheitszustand der Klägerin und dessen Auswirkungen auf die Leistungsfähigkeit nicht ausreichend erhoben. Bei der Klägerin lägen die von Dr. W. aufgelisteten Erkrankungen vor, die Dr. W. aus den anamnestischen Angaben der Klägerin und den von ihm erhobenen Befunden abgeleitet habe. Die Klägerin habe auch Behandlungsoptionen versucht, aber krankheitsbedingt abgebrochen, was nicht zulasten der Klägerin gehen könne. Bezüglich des Fibromyalgiesyndroms gebe es noch wenig gesichertes Wissen. Nur weil sich nach dem heutigen Stand der Wissenschaft keine körperliche Ursache finden lasse, heiße dies nicht, dass es keine gäbe. Es widerspreche bereits wissenschaftlicher Bedachtsamkeit, die Erkrankung zweifelsfrei dem neurotischen Formenkreis zuzuordnen, wie dies durch Prof. Dr. R. geschehen sei. Des Weiteren sei die psychische Motivation der Klägerin zum Ausbilden der Erkrankung nicht nachvollziehbar. Wenn eine neurotische Erkrankung ausgebildet werde, dann mache dies für den Patienten ja subjektiv normalerweise einen Sinn. Die Klägerin habe überhaupt nichts davon, in Rente zu gehen, anstatt ihrer geliebten Arbeit, ihrer geliebten Tierhilfe und Tierpension, ihrem geliebten Sport und Tanzen nachzugehen. Die Erkrankung habe für sie keinerlei Sinn. Insofern fehle es dem Gutachten des Prof. Dr. R. vollkommen an der Ursachenerhebung. Es gebe hier überhaupt keinen Krankheitsgewinn. Prof. Dr. R. führe den von ihm festgestellten nur leichten Grad der Störung vor allem auf den von ihm erhobenen nur leichtgradig gestörten psychischen Befund zurück. Er führe die Leichtgradigkeit damit nicht auf die Leichtgradigkeit der erhobenen (körperlichen) Beschwerden zurück. Dies sei nicht nachvollziehbar. Ob eine schwerergradige Störung vorliege oder nicht, müsse in erster Linie aufgrund der objektiven Beschwerden und Einschränkungen beurteilt werden. Eine Beurteilung der klägerischen Beschwerden (Schmerzen) nach ihrem Schweregrad durch Prof. Dr. R. fehle aber. Stattdessen werde eine unzulässige lineare Kausalität angenommen: Weil der psychische Befund eine nur leichte Störung ergeben habe, müsse das Schmerzsyndrom ebenfalls nur leichtgradig sein. Tatsächlich zeige die Beschwerdeerhebung, dass eine schwerergradige Störung vorliege. Die Untersuchung durch Prof. Dr. R. sei nicht leitliniengerecht. Es werde Bezug genommen auf die S3 Leitlinie „Funktionelle Körperbeschwerden“, zu denen auch das Fibromyalgiesyndrom gehöre.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 7. März 2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 5. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2017 zu verurteilen, ihr Rente wegen voller, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab dem 1. Juli 2016 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Begründung im Urteil des SG, warum dem Gutachten von Prof. Dr. R. und nicht dem Gutachten von Dr. W. zu folgen sei, sei sozialmedizinisch schlüssig und nachvollziehbar. Prof. Dr. R. schließe erkennbar nicht nur aus dem psychischen Befund, sondern auch aus den Alltagsaktivitäten der Klägerin auf ihr Leistungsvermögen. Die Beurteilung des Leistungsvermögens durch Prof. Dr. R. sei sozialmedizinisch leitliniengerecht. Auch von einer Ausschöpfung der Behandlungsmöglichkeiten könne schon deswegen keine Rede sein, weil die Klägerin eine stationäre rheumatologisch-psychosomatische Behandlung nach nur einem Tag gegen ärztlichen Rat abgebrochen habe.
Mit Verfügung der Berichterstatterin vom 5. Juni 2020 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass das Landessozialgericht gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) die Berufung durch Beschluss zurückweisen kann, wenn es sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich halte. Der Senat beabsichtige derzeit, entsprechend zu verfahren.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.
II.
Die Berufung der Klägerin hat keinen Erfolg.
Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§ 153 Abs. 4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden. Das Einverständnis der Klägerin ist nicht erforderlich. Die Klägerin hat insbesondere keinerlei Umstände vorgebracht, aus denen sich die Erforderlichkeit einer erneuten mündlichen Verhandlung ergibt. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem SG am 7. März 2019 hinreichend rechtliches Gehör gewährt worden ist.
Die gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, insbesondere statthaft (§ 144 Abs. 1 und 2 SGG).
Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist der Bescheid vom 5. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2017 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung abgelehnt hat. Dagegen wendet sich die Klägerin statthaft mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 SGG) und begehrt die Gewährung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung ab 1. Juli 2016. Eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit macht die Klägerin zurecht nicht geltend, weil sie nicht vor dem 2. Januar 1961 geboren ist und damit von vornherein nicht zum Kreis der Anspruchsberechtigten dieser Rente gehört (§ 240 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI).
Die Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Das SG hat einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung zutreffend verneint. Der Bescheid vom 5. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6. Juli 2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Nach § 43 Abs. 2 Satz 1 SGB VI (in der ab 1. Januar 2008 geltenden Fassung gemäß Gesetz vom 20. April 2007 [BGBl. I, S. 554]) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll erwerbsgemindert sind (Nr. 1), in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben (Nr. 2) und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben (Nr. 3). Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Voll erwerbsgemindert sind auch Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VI, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt (§ 43 Abs. 2 Satz 3 SGB VI). Versicherte haben nach § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn neben den oben genannten versicherungsrechtlichen Voraussetzungen eine teilweise Erwerbsminderung vorliegt. Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI).
Die Tatsachengerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben von Amts wegen (§ 103 SGG) mit Hilfe (medizinischer) Sachverständiger (§ 106 Abs. 3 Nr. 5 SGG) zu ermitteln und festzustellen, a) Art, Ausprägung und voraussichtliche Dauer der Krankheit(en) oder Behinderung(en), an denen der Versicherte leidet, b) Art, Umfang und voraussichtliche Dauer der quantitativen und qualitativen Leistungseinschränkungen (Minderbelastbarkeiten, Funktionsstörungen und -einbußen) sowie den c) Ursachenzusammenhang („wegen“) zwischen a) und b) (z.B. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rdnr. 13).
Die Klägerin hat die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren sowie die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen im Zeitpunkt der Rentenantragstellung (Juli 2016) erfüllt, was auch zwischen den Beteiligten unstreitig ist. Der Senat ist jedoch nicht davon überzeugt, dass die Klägerin erwerbsgemindert ist. Bei der Beurteilung ihrer beruflichen Leistungsfähigkeit stehen im Vordergrund ihre Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet. Diese sind jedoch nicht von einer solchen Schwere, dass sie das Leistungsvermögen der Klägerin in zeitlicher Hinsicht einschränken. Vielmehr genügen qualitative Einschränkungen, um ihren Leiden gerecht zu werden. Der Senat stützt sich hierbei insbesondere auf das vom SG bei Prof. Dr. R. eingeholte Gutachten sowie das im Verwaltungsverfahren von dem Sachverständigen D. erstattete Gutachten, welches der Senat im Rahmen des Urkundenbeweises zu verwerten hat (BSG, Beschluss vom 29. Juni 2015 – B 8 V 45/14 B – juris Rdnr. 6; Beschluss vom 26. Mai 2000 – B 2 U 90/00 B – juris Rdnr. 4).
Somatische Erkrankungen, die eine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin in zeitlicher Hinsicht begründen könnten, liegen nicht vor. Dies entnimmt der Senat dem Rentengutachten des Dr. H. und dem Bericht der A. Klinik vom 17./19. Mai 2017, die der Senat ebenfalls im Rahmen des Urkundenbeweises verwertet.
Dr. H. hat auf orthopädischem Fachgebiet keine wesentlichen Erkrankungen und keine relevanten Funktionsbeeinträchtigungen festgestellt. Nach dem von Dr. H. erhobenen Untersuchungsbefund machte die Klägerin einen äußerlich unauffälligen Eindruck. Sie war dem Gutachter offen zugewandt. Bei der Untersuchung wurden heftigste Schmerzen bei jeglicher Bewegung oder Berührung der Körperoberfläche berichtet. Das Gangbild war unauffällig. Die Wirbelsäulenmuskulatur war seitengleich und normal kräftig ausgebildet ohne nennenswerte Myogelosen. Der Zehenspitzenstand konnte beidseits eingenommen werden, ebenso der Fersenstand. Der Hocksitz wurde mit Abstützung der Hände am Oberschenkel beim Wiederaufrichten angedeutet eingenommen. Dabei wurden diffuse Schmerzen im Bereich des gesamten Bewegungsapparates mit Betonung der unteren Extremitäten angegeben. Der Gutachter hat einen Finger-Boden-Abstand von 35 cm, ein Zeichen nach S. von 10/14 cm und ein Zeichen nach Ott von 30/34 cm erhoben. Der Kinn-Jugulum-Abstand war mit 5 cm unauffällig. Die Brustwirbelsäule war äußerlich unauffällig, der Übergang Halswirbelsäule/Brustwirbelsäule war muskulär verspannt und die HWS diffus in allen Ebenen endgradig bewegungseingeschränkt. Der Foramenkompressionstest nach Spurling als Zeichen der Einengung der Nervenaustrittslöcher war beidseits negativ. Ebenso war der Test nach DeKline bezüglich lageabhängigem Schwindel negativ. Insgesamt wurde vom Gutachter eine schmerzbedingt leicht eingeschränkte Wirbelsäulenbeweglichkeit mit Betonung der Hals- und Lendenwirbelsäule festgestellt. Im Bereich der Schultergelenke waren Schürzen- und Nackengriff beidseits möglich. Abduktion/Adduktion hat der Gutachter links wie auch rechts mit 180/0/50°, Flexion/Extension mit 180/0/30° und Innen-/Außenrotation mit 80/0/50° festgestellt. Die Ellenbogenbeweglichkeit war frei, druckschmerzhafte Nervenaustritts- oder Sehnenansatzpunkte fanden sich nicht. Die Gelenke des Handgelenks/der Handwurzeln und auch die Fingergelenke waren reizlos, ohne Schwellung oder Deformierungen und altersentsprechend frei beweglich. Auch die Beweglichkeit der Hüftgelenke war frei, Leistendruckschmerz bestand nicht. Im Bereich der Kniegelenke fand sich kein Bewegungsschmerz bei freier Beweglichkeit. Die Kniegelenke waren äußerlich reizlos, ohne Schwellung oder sonstige Entzündungszeichen. Ebenso war die Beweglichkeit der oberen und unteren Sprunggelenke frei. Im Bereich der Füße fand sich ein mäßiger Spreizfuß, die Zehenbeweglichkeit war frei. Neurologische Ausfälle der oberen oder unteren Extremitäten bestanden nicht.
Auch dem Bericht der A. Klinik vom 17./19. Mai 2017 sind keine relevanten körperlichen Beeinträchtigungen zu entnehmen. Der dargestellte körperliche Untersuchungsbefund enthält keinerlei Auffälligkeiten. Nach dem beschriebenen Gelenk- und Wirbelsäulenstatus waren die Beweglichkeit sämtlicher Gelenke regelrecht, das Gangbild unauffällig, Fingergelenke und Handgelenke ohne Schwellungen, es fand sich kein Hinweis auf ein Karpaltunnelsyndrom und auch die Sprunggelenke waren ohne pathologischen Befund, die Vorfüße ohne Gelenkschwellungen oder Deformitäten. Die Wirbelsäule war regelrecht beweglich mit Verspannung der paravertebralen Muskulatur.
Auch die bei der Klägerin bestehenden Gesundheitsstörungen auf nervenärztlichem Fachgebiet rechtfertigen keine Einschränkung der beruflichen Leistungsfähigkeit in zeitlicher Hinsicht. Prof. Dr. R. hat in seinem aktuellen Gutachten vom 7. Mai 2018 auf Grundlage einer ausführlichen Untersuchung und einer sorgfältigen Anamnese sowie in Auswertung der aktenkundigen Vorbefunde eine gravierende neurologische und psychiatrische Erkrankung ausgeschlossen, was in Einklang mit den von ihm erhobenen Untersuchungsbefunden steht. Nach dem Gutachten von Prof. Dr. R. erfolgten Aus- und Ankleiden relativ rasch und wurden nicht von Schmerzäußerungen begleitet. Während der Exploration wirkte die Klägerin aufmerksam, konzentriert, redselig, offen und ängstlich, aber auch selbstbewusst. Auf an sie gerichtete Fragen gab sie prompt und bereitwillig Auskunft. Im Verlauf der mehrstündigen Begutachtung kam es nicht zu einem Nachlassen der Konzentration oder der Aufmerksamkeit. Die Antriebslage wirkte unauffällig. Hinweise für eine äußerlich erkennbare innere Unruhe fanden sich nicht. Hinsichtlich der Stimmungslage wirkte die Klägerin überwiegend subdepressiv. Die affektive Modulationsfähigkeit war deutlich beeinträchtigt. Beim Besprechen angenehmer Themen kam es aber zu einer raschen Stimmungsaufhellung unter einem Lächeln. Auffassungsgabe, Konzentrationsfähigkeit und Aufmerksamkeitsdauer waren nach den Feststellungen von Prof. Dr. R. ungestört, Kurz- und Langzeitgedächtnis wiesen keine Einschränkungen auf. Der formale Gedankengang war unauffällig. Gedankeninhaltlich kreiste die Klägerin um ihre körperlichen Beschwerden und Schmerzen. Zu ihren Alltagsaktivitäten berichtete die Klägerin Prof. Dr. R., noch in der Lage zu sein, Hundespaziergänge zu machen, ein Kraftfahrzeug zu führen, einzukaufen, die Spülmaschine ein- und auszuladen, zu kochen, die Waschmaschine und den Wäschetrockner zu befüllen und zu leeren, Rad zu fahren, ein Restaurant aufzusuchen, Besuch zu empfangen, in sozialen Netzwerken aktiv zu sein sowie Mahlzeiten zu richten. Die Klägerin gab an, das opioidhaltige Schmerzmittel Tramadol und das nicht-steroidale Analgetikum Ibuprofen bedarfsweise einzunehmen, ein Antidepressivum verwende sie nicht. In dem von Prof. Dr. R. erhobenen Beck‘schen Depressionsinventar beschrieb sich die Klägerin als depressiv. Im Kurztest für allgemeine Basisgrößen der Informationsverarbeitung lag die intellektuelle Leistungsfähigkeit im Normbereich. Im Freiburger Persönlichkeitsinventar fielen eine Gehemmtheit, eine psychosomatische Störung, eine emotionale Labilität und eine Ängstlichkeit auf. Im Schmerzfragebogen der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin bestätigte die Klägerin im Wesentlichen die bei der mündlichen Exploration gemachten Aussagen. Hinweise für eine bewusste Aggravation oder Simulation kognitiver Störungen fanden sich im Mehrfachwahl-Wortschatz-Intelligenztest nicht. Auch wurde im HADS-D keine Inkongruenz der Beschwerdedarstellung festgestellt. Bei der elektroencephalographischen Untersuchung wurde ein unauffälliger Befund erhoben, weshalb sich kein Hinweis für eine vermehrte Schläfrigkeit ergab. Die Ultraschalluntersuchung der gehirnversorgenden Arterien war ebenso unauffällig, so dass nach den Ausführungen des Gutachters der von der Klägerin angegebene Schwindel nicht als Folge von zerebralen Durchblutungsstörungen gedeutet werden kann. Der Gutachter hat aufgrund der erhobenen Befunde eine leicht ausgeprägte anhaltende somatoforme Schmerzstörung und Dysthymia diagnostiziert und ist schlüssig zu der Einschätzung gelangt, dass die Klägerin aufgrund der Erkrankungen an der Verrichtung einer beruflichen Tätigkeit von sechs Stunden werktäglich unter bestimmten qualitativen Einschränkungen (leichte körperliche Arbeit, Tätigkeiten im Wechsel zwischen Stehen, Gehen und Sitzen, alternativ ständig im Sitzen, zweitweise im Stehen oder Gehen, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne überwiegende oder ständige Überkopfarbeiten, keine Akkord- oder Fließbandtätigkeiten, kein Heben und Tragen von Lasten von mehr als 10 kg, keine Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten, ohne Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfe, Nässe) nicht gehindert ist. Der dargestellte, von Prof. Dr. R. erhobene psychische Befund war nur geringfügig gestört. Die Analyse der Alltagsaktivitäten zeigt nach den Ausführungen des Gutachters, dass es der Klägerin noch möglich ist, einem geregelten Tagesablauf nachzugehen, was insbesondere auch gegen die Annahme einer mittelschweren oder schweren anhaltenden somatoformen Schmerzstörung spricht. Bezüglich der Diagnose der Dysthymia hat der Gutachter dargelegt, dass sich betroffene Personen monate- bzw. jahrelang müde und depressiv fühlten, grübelten und sich beklagten, schlecht schliefen und sich als unzulänglich empfänden, aber noch fähig seien, mit den wesentlichen Anforderungen des täglichen Lebens zurechtzukommen, was bei der Klägerin der Fall sei. Auch diese Bewertung ist nach dem dargestellten psychischen Befund und den erhaltenen Alltagsaktivitäten überzeugend. Hinweise auf eine mittelschwere oder schwere Phobie hat der Gutachter nicht gefunden. Insbesondere war die Klägerin gut in der Lage, den an sie gestellten Anforderungen zu genügen und mit den an der Begutachtung beteiligten Personen ohne größere Probleme Kontakt aufzunehmen.
Die von der Klägerin gegen das Gutachten von Prof. Dr. R. angebrachten Einwendungen verfangen nicht. Die S3 Leitlinie „funktionelle Körperbeschwerden“ sind im Rahmen der Begutachtung zur Feststellung der beruflichen Leistungsfähigkeit nicht relevant. Diese dienen vielmehr der Information und als Handlungsempfehlung im Patient-Behandler-Verhältnis. Die Leitlinie will nach dem in ihr erklärten Ziel (Seite 4) auf der Basis einer systematischen Literaturrecherche und eines besonders breit und sorgfältig ermittelten Expertenkonsens Wissen vermitteln und Empfehlungen geben für den diagnostischen und therapeutischen Umgang mit der großen und heterogenen Gruppe von Erwachsenen mit so genannten „funktionellen Körperbeschwerden“. Aufgabe behandelnder Ärzte ist es, ihren Patienten unter therapeutischen Gesichtspunkten zu untersuchen, seine Wünsche und Vorstellungen zu beachten und gemeinsam mit dem Patienten eine wirksame Behandlung für die gesundheitlichen Einschränkungen zu finden. Die Beurteilung des beruflichen Leistungsvermögens spielt – anders als bei der Begutachtung durch einen Sachverständigen – in diesem Arzt-Patienten-Verhältnis demgegenüber keine bzw. nur eine untergeordnete Rolle. Im Gegensatz dazu ist ein Sachverständiger gehalten, die Untersuchung gerade im Hinblick darauf vorzunehmen, ob und in welchem Ausmaß gesundheitliche Beschwerden zu einer Einschränkung des beruflichen Leistungsvermögens führen. In diesem Zusammenhang muss der Sachverständige auch die Beschwerdeangaben eines Versicherten danach überprüfen, ob und inwieweit sie sich mit dem klinischen Befund erklären lassen, ohne hierbei Gefahr zu laufen, durch eine kritische Beurteilung das Vertrauen des Patienten zu verlieren (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 30. April 2020 – L 11 R 1717/20 – n.v.). Insoweit richten sich die „Leitlinien für die sozialmedizinische Begutachtung, sozialmedizinische Beurteilung bei psychischen und Verhaltensstörungen“ (August 2012 incl. Update 2018) an alle Personen, die mit Fragen der sozialmedizinischen Beurteilung von psychischen und Verhaltensstörungen bei Erwachsenen für die gesetzliche Rentenversicherung befasst sind. Sie sollen dem psychiatrisch-psychotherapeutischen Fachgutachter Beurteilungshilfen im Hinblick auf die speziellen sozialmedizinischen Fragestellungen und Unterstützung für die Erstellung sozialmedizinisch schlüssiger Gutachten geben. Für die Frage des Vorliegens einer rentenrechtlich relevanten Erwerbsminderung sind alleine Funktionsbeeinträchtigungen anhand der festzustellenden objektiv-klinischen Befunde entscheidend (Senatsurteil vom 17. März 2016 – L 7 R 1752/14 – n.v.; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 25. September 2012 – L 13 R 6087/09 – juris Rdnr. 22).
Eine andere Einschätzung der beruflichen Leistungsfähigkeit ergibt sich auch nicht aus dem Gutachten des Sachverständigen D.. Dieser hat das Bestehen einer altersentsprechend adäquaten Antriebskraft, von Schwung, Tempo und Elan bei der Klägerin angegeben. Im Gespräch habe die Klägerin eine Tendenz zur Selbstbeobachtung bei gleichzeitigem Haften auf Beschwerden der somatischen Ebene (Fibromyalgie) gezeigt. Antrieb und Eigeninitiative seien subjektiv zeitweise reduziert. Eine Antriebshemmung oder Antriebsminderung hat der Gutachter aber nicht festgestellt. Auffassung, Konzentration und konzentrative Belastbarkeit während der Untersuchungssituation waren ungestört. Psychomotorisch wirkte die Klägerin ausgeglichen. Eine tiefergehende depressive Herabstimmung konnte der Gutachter nicht feststellen. Die Klägerin war schwingungsfähig, Gestik und Mimik lebhaft. Sie zeigte Existenz- und Überforderungsängste in Bezug auf die Tätigkeit als Tierpflegerhelferin mit gerichteten und ungerichteten Ängsten. Anamnestisch berichtete sie teilweise auch Panikattacken mit soziophobischen Zügen. Kognitive Symptome wie Konzentrations- und Gedächtnisschwierigkeiten bzw. verminderte Aufmerksamkeit oder verlangsamtes Denken hat der Gutachter nicht festgestellt. Die intellektuellen Fähigkeiten seien unter Berücksichtigung der Ausbildung und Fortbildung im Bereich des Normalen anzusiedeln. Das inhaltliche Denken war eingeengt auf die somatische Beschwerdesymptomatik mit problemfokussierter Kognition und dysfunktionellen Gedanken. Der formale Gedankengang war logisch, kohärent und geordnet. Ein psychotisches Erleben fand sich nicht. Nach dem Gutachten des Arztes D. sind der Klägerin auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt leichte körperliche Arbeiten mit wechselnder Körperhaltung in Tagesschicht vollschichtig zumutbar. Die geistig-psychische Belastbarkeit sei durchschnittlich, was bei der Gestaltung des Arbeitsplatzes zu beachten sei. Physiologische Bewegungsabläufe könnten bewältigt werden. Tätigkeiten mit anhaltenden Zwangshaltungen, mit Bücken und schwerem Heben und Tragen sollten vermieden werden aufgrund der bereits bestehenden Schmerzsymptomatik. Eine Pharmakotherapie unter entsprechender begleitender richtlinienpsychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung sei dringend zu empfehlen.
Auch aus dem Bericht der A. Klinik ergeben sich keine Anhaltspunkte für schwerwiegende Funktionsbeeinträchtigungen. Zum psychopathologischen Befund ist eine gesteigerte Psychomotorik und Mimik, eine normale Schwingungsfähigkeit, ein normaler Antrieb, ein normales Denken und eine normale kognitive Leistung beschrieben. Ferner wurden die Grundstimmung als gespannt und getrieben mit innerer Unruhe sowie subjektive Gedächtnis- und Konzentrationsstörungen angegeben. Das Kontaktverhalten war demnach freundlich zugewandt, teilweise auch angespannt, unsicher. Eine psychotische Symptomatik wurde nicht festgestellt.
Der Beurteilung des Leistungsvermögens durch den Sachverständigen Dr. W. folgt der Senat nicht. Dem Gutachten ist schon keine, von den subjektiven Angaben der Klägerin abgrenzbare objektive Befunderhebung zu entnehmen. Zum „psychopathologischen Befund und Verhalten in der Untersuchungssituation“ hat der Gutachter die Psychomotorik als hinsichtlich des Antriebs während des Gesprächs eher aktiv, spontan, die Gangart unauffällig, dass Ausdrucksverhalten adäquat, eher locker, phasenweise sogar humorvoll beschrieben. Sodann hat der Gutachter ausgeführt, dass die Klägerin nach längerer Exploration berichtet habe, dass in ihrer Familie niemals über Beschwerden habe geklagt werden dürfen und sie trotz heftigster Beschwerden täglich zur Arbeit gegangen sei und allen etwas vorgespielt habe. Weiter hat Dr. W. angegeben, im Kontaktverhalten werde der Blickkontakt gehalten, die Schilderungen jedoch bagatellisiert, überspielt, ohne darzulegen, aus welchen objektiven Befunden er Letzteres schließt. Ebenso hat er die mnestischen Funktionen als eingeschränkt und im Verlauf des mehrstündigen Gesprächs deutlich nachlassend beschrieben, dazu jedoch lediglich mitgeteilt, die Klägerin habe am Ende gesagt, sie könne sich auch gar nicht mehr konzentrieren, bekomme die Dinge kaum noch auf „die Reihe“. Inwieweit die von der Klägerin geklagten Konzentrationsstörungen tatsächlich objektivierbar sind, ergibt sich aus den psychopathologischen Befundangaben nicht. Die von der Klägerin geschilderte erhebliche Abgeschlagenheit, Erschöpfung und Leistungsschwäche spiegelt sich in dem erhobenen psychopathologischen Befund nicht wider. Ebenso wenig sind darin Beeinträchtigungen durch die Schmerzsymptomatik abgebildet. Auch die von Dr. W. angegebene Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung ist nicht schlüssig begründet. Denn es fehlt – jedenfalls für die Annahme fortdauernder Beeinträchtigungen – an den typischen Merkmalen. Wiederholtes Erleben des Traumas in sich aufdrängenden Erinnerungen (Nachhallerinnerungen, Flashbacks), Träumen oder Albträumen, die vor dem Hintergrund eines andauernden Gefühls von Betäubtsein und emotionaler Stumpfheit auftreten, sind weder den anamnestischen Angaben der Klägerin noch dem erhobenen psychopathologischen Befund zu entnehmen. Das Durchleben belastender Situationen oder Lebensereignissen genügt für die Annahme einer posttraumatischen Belastungsstörung nicht. Zudem ist eine posttraumatische Belastungsstörung nach den Diagnosekriterien zu F 43.1 ICD-10 dadurch gekennzeichnet, dass sie dem Trauma mit einer Latenz von wenigen Wochen oder Monaten folgt. Auch das Vorliegen einer – aktuell noch relevanten – schweren Panikstörung bei der Klägerin ist aus dem Gutachten des Dr. W. nicht nachvollziehbar. Soweit Dr. W. ausgeführt hat, bei den Untersuchungen sei ein äußerst niedriger CO2-Wert auffällig gewesen, wobei sich ein derartiger Befund – aufgrund chronischer Hyperventilation bzw. respiratorischer Hypokapnie – gehäuft bei Panikstörungen finde, belegt dies nicht das tatsächlich Vorliegen einer schweren Panikstörung. Bezüglich einer aus der Messung der Atemgase bei Belastung über 500 Meter hergeleiteten Hypokapnie hat der Gutachter auf eine Begünstigung von Panikattacken durch diesen Befund verwiesen. Ein Auftreten einer Panikattacke während der Untersuchung ist dem Gutachten jedoch nicht zu entnehmen. In den „Ausführungen zum psychopathologischen Befund und Verhalten in der Untersuchungssituation“ hat der Gutachter lediglich Ausführungen der Klägerin wiedergegeben, wonach sie – als sie trotz heftigster Beschwerden täglich zur Arbeit gegangen sei und allen etwas vorgespielt habe – nur in den Arbeitspausen kurz nach draußen sei, weil sie Panikgefühle gehabt habe. Dafür, dass und wodurch das Auftreten von Panikattacken, vor allem auch gegenwärtig, objektivierbar ist, gibt das Gutachten nichts her. Woraus der Gutachter vor diesem Hintergrund eine schwere Panikstörung herleitet, erschließt sich nicht. Die Einschätzung des Gutachters, dass die Klägerin seit einiger Zeit das Haus nicht verlassen könne, passt auch nicht zu dem von der Klägerin dargestellten Tagesablauf. Danach geht die Klägerin morgens, und zwar wenn der Ehemann zum Teil schon aus dem Haus ist, mit dem Hund hinaus. Dies passt weder dazu, dass die Klägerin das Haus überhaupt nicht verlasse, noch dazu, dass sie nur in Begleitung hinausgehe. Auch die Ausführungen der Klägerin, sie fahre nicht allein Auto, widerspricht ihren Angaben, dass sie an guten Tagen ihre Mutter mit dem Auto besuche.
Der Senat konnte sich auch nicht aufgrund der Angaben des sachverständigen Zeugen S. von einer verminderten beruflichen Leistungsfähigkeit der Klägerin überzeugen. Soweit der sachverständige Zeuge eine Verschlechterung der Greiffähigkeit beider Hände bei klinisch verringerter grober Kraft beider Hände und eine gestörten Feinmotorik sowie zunehmende Konzentrationsstörungen und eine Verminderung kognitiver Leistungen, wohl auch überlagert durch eine depressive Symptomatik, angegeben hat, hat er diesbezüglich keine objektiven Befunde mitgeteilt oder Fremdbefunde vorgelegt. Seine Einschätzung, dass die Klägerin nicht in der Lage sei, mindestens sechs Stunden täglich einer körperlich leichten und nervlich wenig belastenden Tätigkeit nachzugehen, ist schon aus diesen Gründen nicht überzeugend. Im Übrigen konnte der Gutachter Prof. Dr. R. bei der Erhebung des neurologischen Befundes weder eine Feinmotorikstörung noch eine Lähmung der Greiffunktion feststellen. Ebenso wenig waren bei der psychiatrischen Befunderhebung durch Prof. Dr. R. kognitive Störungen feststellbar.
Neue Gesichtspunkte, die Anlass zu weiteren Ermittlungen von Amts wegen gäben, hat die Klägerin im Berufungsverfahren nicht vorgetragen.
Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die Klägerin noch in der Lage ist, mindestens sechs Stunden täglich jedenfalls eine körperlich leichte Tätigkeit in wechselnder Körperhaltung, ohne Akkord- und Fließbandtätigkeiten, ohne Zwangshaltungen der Wirbelsäule, ohne überwiegende oder ständige Überkopfarbeiten, ohne Arbeiten auf Leitern oder Gerüsten und ohne Exposition von Kälte, Wärme, Staub, Gasen, Dämpfen oder Nässe zu verrichten.
Steht das krankheits- bzw. behinderungsbedingte (Rest-)Leistungsvermögen fest, ist im nächsten Prüfungsschritt die Rechtsfrage zu klären, ob der Versicherte damit außerstande ist, „unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts“ tätig zu sein (dazu BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 – B 5 R 68/11 R – juris Rdnr. 17 ff. m.w.N.). Diese Frage ist hier zu verneinen. „Bedingungen“ sind dabei alle Faktoren, die wesentliche Grundlage des Arbeitsverhältnisses sind. Hierzu gehört vor allem der rechtliche Normrahmen, wie etwa Dauer und Verteilung der Arbeitszeit, Pausen- und Urlaubsregelungen, Beachtung von Arbeitsschutzvorschriften sowie gesetzliche Bestimmungen und tarifvertragliche Vereinbarungen. Die Bedingungen sind „üblich“, wenn sie nicht nur in Einzel- oder Ausnahmefällen anzutreffen sind, sondern in nennenswertem Umfang und in beachtlicher Zahl. Der Arbeitsmarktbegriff erfasst alle denkbaren Tätigkeiten, für die es faktisch „Angebot“ und „Nachfrage“ gibt. Das Adjektiv „allgemein“ grenzt den ersten vom zweiten - öffentlich geförderten - Arbeitsmarkt, zu dem regelmäßig nur Leistungsempfänger nach Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) und dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Zugang haben, sowie von Sonderbereichen ab, wie beispielsweise Werkstätten für behinderte Menschen und andere geschützte Einrichtungen.
Die Klägerin kann - wie dargelegt - an fünf Tagen in der Woche mindestens sechs Stunden arbeiten. Sie benötigt im Hinblick auf Dauer und Verteilung der Arbeitszeit keine Sonderbehandlung, die auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unüblich wäre. Sie hat auch keinen erhöhten, betriebsunüblichen Pausen- oder Urlaubsbedarf und ist in einem Betrieb, also außerhalb geschützter Einrichtungen, einsetzbar. Dabei ist der Senat der Auffassung, dass die Klägerin über die für die Ausübung einer Erwerbstätigkeit notwendigen kognitiven Grundfähigkeiten verfügt. Nach der Rechtsprechung des BSG werden unter den Begriff der üblichen Bedingungen „auch tatsächliche Umstände“ verstanden, wie z.B. die für die Ausübung einer Verweisungstätigkeit allgemein vorausgesetzten Mindestanforderungen an Konzentrationsvermögen, geistige Beweglichkeit, Stressverträglichkeit und Frustrationstoleranz, mithin ausschließlich kognitive Grundfähigkeiten (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 78/09 R – juris Rdnr. 29). Wie dargelegt, liegt bei der Klägerin kein Leiden vor, das leichte körperliche Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt ausschließt. Die angesprochenen kognitiven Grundfähigkeiten sind nicht betroffen.
Die gesundheitlichen Einschränkungen sind weder in ihrer Art noch in ihrer Summe geeignet, die Gefahr der Verschlossenheit des Arbeitsmarktes zu begründen (dazu BSG, a.a.O. Rdnr. 24 ff.). Im Regelfall kann davon ausgegangen werden, dass ein Versicherter, der nach seinem verbliebenen Restleistungsvermögen noch in der Lage ist, körperlich leichte und geistige einfache Tätigkeiten - wenn auch mit qualitativen Einschränkungen - mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen erwerbstätig sein kann. Denn dem Versicherten ist es mit diesem Leistungsvermögen in der Regel möglich, diejenigen Verrichtungen auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten regelmäßig gefordert werden, wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen usw. (ständige Rechtsprechung des BSG, vgl. zuletzt Urteil vom 19. Oktober 2011 – B 13 R 79/09 R – BSGE 109, 189; Urteil vom 11. Dezember 2019 – B 13 R 7/18 R – juris). Der Senat ist der Überzeugung, dass das Restleistungsvermögen der Klägerin es dieser erlaubt, die oben genannten Verrichtungen oder Tätigkeiten, die in ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, auszuüben. Es liegt weder eine spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor. Der Senat ist weiter davon überzeugt, dass bei der Klägerin die erforderliche Wegefähigkeit vorliegt (vgl. dazu BSG, Urteil vom 12. Dezember 2011 – B 13 R 79/11 R – BSGE 110, 1). Nach den überzeugenden Ausführungen des Gutachters D. und von Prof. Dr. R. ist die Klägerin in der Lage, täglich viermal einen Fußweg von 500 Metern in maximal 20 Minuten zurückzulegen und öffentliche Verkehrsmittel oder einen Pkw zu benutzen. Soweit Dr. W. die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel oder eines Pkw aufgrund von Panikattacken ausgeschlossen hat, ist dies für den Senat nicht überzeugend, da die von Dr. W. angenommenen Beeinträchtigungen durch Panikattacken nicht nachvollziehbar sind und die Klägerin nach ihren eigenen Angaben noch Pkw fährt.
Mit dem festgestellten Leistungsvermögen war die Klägerin in dem hier streitigen Zeitraum weder teilweise noch voll erwerbsgemindert im Sinne des § 43 SGB VI.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.