1. Die Erstvergabe einer Versicherungsnummer - und Mitteilung derselben an den Versicherten stellt keinen Verwaltungsakt dar, da hierdurch keine Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung getroffen wird.
2. Lediglich eine Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers über die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer durch die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung unter Berücksichtigung geänderter Parameter stellt eine solche Regelung dar.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligten haben einander auch für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Erstattung der Kosten für die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens.
Die 1986 in Kolumbien geborene Klägerin erhielt am 26. September 2014 erstmals eine Rentenversicherungsnummer von der Datenstelle der Rentenversicherung, verwaltet von der Beklagten. Die Versicherungsnummer lautete xxxxx1. Die Vergabe der Versicherungsnummer wurde von der Bundesagentur für Arbeit automatisiert veranlasst.
Am 22. Oktober 2014 legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin gegen die Feststellung der Versicherungsnummer Widerspruch ein. Die Versicherungsnummer sei unzutreffend, da es sich bei der Klägerin um eine weibliche Versicherte handele. Die Prüfziffer sei für einen männlichen Versicherten ausgestellt worden. Auch die Bundesagentur für Arbeit erstellte eine Korrekturmeldung und korrigierte das Geschlecht und die Anrede.
Die Beklagte legte die vergebene Versicherungsnummer still und vergab eine neue Versicherungsnummer: xxxxx2. Mit Schreiben vom 28. Oktober 2014 teilte sie die zutreffende Versicherungsnummer der Klägerin und mit Schreiben vom 16. Dezember 2014 der Prozessbevollmächtigten mit.
Hiergegen legte die Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 30. Dezember 2014 erneut Widerspruch ein und führte aus, dass mit der Zuteilung der zutreffenden Versicherungsnummer ihrem Widerspruch abgeholfen, jedoch keine Kostenentscheidung getroffen worden sei. Die Prozessbevollmächtigte übersandte am 5. Januar 2015 eine Kostenrechnung, mit der sie eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2302 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV-RVG) in Höhe von 300,00 €, eine Einigungs-/Erledigungsgebühr nach Nr. 1006 VV-RVG in Höhe von 300,00 €, eine Pauschale für Entgelte für Post- und Kommunikation in Höhe von 20,00 € und Umsatzsteuer, insgesamt 737,80 €, geltend machte.
Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2015 wies die Beklagte den Widerspruch als unzulässig zurück. Der Widerspruch müsse sich gegen einen Verwaltungsakt richten. Die Vergabe einer Versicherungsnummer nach § 147 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) sei kein Verwaltungsakt, weil sie lediglich organisatorische Gründe habe und keine rechtliche Regelung darstelle. Kosten seien daher nicht zu erstatten.
Die Klägerin hat am 13. März 2015 Klage zum Sozialgericht Frankfurt am Main erhoben. Sie hat geltend gemacht, dass die Beklagte dem Widerspruch hinsichtlich der unzutreffenden Versicherungsnummer abgeholfen habe. Bei der Vergabe einer Versicherungsnummer handele es sich um einen Verwaltungsakt. Die Versicherungsnummer habe für die Rentenversicherung eine weit über die interne Datenerfassung hinausgehende Bedeutung. Das Sozialgericht hat durch Urteil vom 11. Dezember 2017 die Klage abgewiesen. Der Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2015 sei rechtmäßig und verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ihr stehe kein Anspruch auf die Erstattung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen für die Durchführung des Widerspruchsverfahrens gemäß § 63 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) zu. Zwar habe die Beklagte vorliegend auf „Widerspruch" der Klägerin die zunächst vergebene Versicherungsnummer für einen männlichen Versicherten geändert. Der „Widerspruch" vom 15. Oktober 2014 sei im Ergebnis jedoch unzulässig. Bei der Erstvergabe einer Versicherungsnummer bzw. bei der Unterrichtung des Versicherten über die Vergabe handele es sich nach Auffassung der Kammer nicht um einen Verwaltungsakt. Gemäß § 31 SGB X sei ein Verwaltungsakt die Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts treffe und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sei. Dabei liege eine Regelung vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt habe. Die Erklärung der Behörde sei unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen auszulegen. Mit der Erstvergabe der Versicherungsnummer, die gemäß § 2 der Verordnung über die Versicherungsnummer, die Kontoführung und den Versicherungsverlauf in der gesetzlichen Rentenversicherung (VKVV) aus der Bereichsnummer, Geburtsdatum, Anfangsbuchstabe des Geburtsnamens, Seriennummer und der Prüfziffer bestehe, würden nach Auffassung der Kammer keine Rechte begründet, abgelehnt, aufgehoben, festgestellt oder geändert. Vielmehr diene die Versicherungsnummer nach dem Wortlaut des § 147 Abs. 1 Satz 1 SGB VI in erster Linie der Zuordnung der Daten. Zwar werde der Versicherungsnummer aufgrund der darin enthaltenen personenbezogenen Daten eine weitergehende Bedeutung beigemessen. Dies ändere jedoch nichts daran, dass die Vergabe an sich und die anschließende Mitteilung keine Regelung im Sinne des § 31 SGB X enthalte. Hiervon zu unterscheiden sei die Neuvergabe einer Versicherungsnummer. Der Anspruch auf Neuvergabe (Berichtigung für die Zukunft) einer Versicherungsnummer richte sich nach § 147 und § 152 Nr. 3 SGB VI in Verbindung mit VKVV. Danach werde eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und grundsätzlich berichtigt (§ 3 Abs. 1 Satz 1 VKVV). Nur Versicherungsnummern, die auf Grund einer nach § 33a Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB l) zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden seien, würden gesperrt (§ 3 Abs. 1 Satz 2 VKVV). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze handele es sich bei dem Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 15. Oktober 2014 nicht um einen Widerspruch gegen einen Verwaltungsakt, sondern um einen Antrag auf Neuvergabe einer Versicherungsnummer. Diesem Antrag sei seitens der Beklagten entsprochen worden. Ein Widerspruchsverfahren sei nicht durchzuführen gewesen. Ergänzend sei darauf hinzuweisen, dass vorliegend auch die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Prozessbevollmächtigten für die Beantragung der Neuvergabe der Versicherungsnummer zweifelhaft sei.
Die Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen die Nichtzulassung der Berufung im ihr am 9. Februar 2018 zugestellten Urteil am 25. Februar 2018 Beschwerde beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt. Der Senat hat durch Beschluss vom 10. Dezember 2018 die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2017 zugelassen.
Die Klägerin ist der Ansicht, dass es sich bei der Vergabe der Versicherungsnummer stets um einen Verwaltungsakt handele, so dass ihr Widerspruch zulässig und im Ergebnis erfolgreich gewesen sei. Daher habe sie einen Anspruch auf Kostenerstattung.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2017 und den Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2015 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, ihr die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat auf Nachfrage hin mitgeteilt, dass die zuerst vergebene Versicherungsnummer xxxxx1 am 26. September 2014 maschinell durch einen Vergabeantrag der Bundesagentur für Arbeit in Frankfurt am Main von der Datenstelle der Deutschen Rentenversicherung vergeben worden sei. Am 26. September 2014 sei eine Berichtigungsmeldung durch die Bundesagentur erfolgt. Es sei die Anrede „Herr“ und das Geschlecht „männlich“ gelöscht und maschinell „Frau“ und „weiblich“ gespeichert worden. Am 28. Oktober 2014 sei durch die Sachbearbeitung der Beklagten eine neue Versicherungsnummer vergeben worden. Die zuerst vergebene Versicherungsnummer sei anschließend stillgelegt worden. Die Verarbeitung der Stilllegung sei am 29. Oktober 2014 erfolgt.
Die Beteiligten haben mit Schriftsätzen vom 23. und 30. Oktober 2020 ihr Einverständnis zu einer Entscheidung des Senats ohne mündliche Verhandlung erteilt.
Es wird im Übrigen zum weiteren Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte verwiesen, die Gegenstand der Beratung des Senats gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung über die Berufung (§ 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz - SGG).
Das zulässige Beschwerdeverfahren wird gemäß § 145 Abs. 5 SGG nach Zulassung der Berufung durch Beschluss des erkennenden Senats als Berufungsverfahren fortgesetzt, ohne dass es der weiteren Einlegung einer Berufung der Klägerin bedurfte.
Die Berufung ist aber unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Frankfurt am Main vom 11. Dezember 2017 ist nicht zu beanstanden. Der Widerspruchsbescheid vom 12. Februar 2015 war nicht aufzuheben, denn er ist rechtmäßig und beschwert die Klägerin nicht. Die Beklagte war nicht zu verpflichten, die Kosten für die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens gegen die Vergabe der Versicherungsnummer zu erstatten.
Nach § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X hat der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, demjenigen, der Widerspruch erhoben hat, soweit der Widerspruch erfolgreich ist, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen zu erstatten. Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten im Vorverfahren sind erstattungsfähig, wenn die Zuziehung eines Bevollmächtigten notwendig war, § 63 Abs. 2 SGB X. Nach § 63 Abs. 3 SGB X setzt die Behörde, die die Kostenentscheidung getroffen hat, auf Antrag den Betrag der zu erstattenden Aufwendungen fest. Die Kostenentscheidung bestimmt auch, ob die Zuziehung eines Rechtsanwalts oder eines sonstigen Bevollmächtigten notwendig war.
Das Verfahren nach § 63 SGB X ist zweistufig: Zunächst muss eine Kostengrundentscheidung ergehen, ob der Rechtsträger, dessen Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen hat, dem Widerspruchsführer die Kosten zu erstatten hat oder nicht, einschließlich der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Hinzuziehung eines Bevollmächtigten. In einem zweiten Schritt hat dann die Kostenfestsetzung hinsichtlich der genauen Höhe der zu erstattenden Kosten in Euro und Cent zu erfolgen (Becker in: Hauck/Noftz, SGB, 04/20, § 63 SGB X, Rn. 15).
Streitgegenständlich ist daher im vorliegenden Verfahren nicht die Kostenfestsetzung der Höhe nach, sondern lediglich die Entscheidung über die Kostentragung dem Grunde nach. Dieses Anliegen verfolgt die Klägerin mit der zulässigen Anfechtungs- und Verpflichtungsklage. Zu Recht greift die Klägerin im Rahmen der Anfechtungsklage ausschließlich den Widerspruchsbescheid an, denn dieser enthält erstmalig die Beschwer. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass ein Vorverfahren nach § 78 SGG nicht durchgeführt worden ist. Zwar liegt einer der in § 78 Abs. 1 Satz 2 SGG ausdrücklich genannten Fälle, in denen es eines Vorverfahrens nicht bedarf, nicht vor. Dennoch bedarf es nach herrschender Meinung keines Vorverfahrens, wenn der Widerspruchsbescheid eine erstmalige Beschwer enthält (Giesbert in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGG, 1. Aufl., § 78 SGG (Stand: 15.07.2017), Rn. 36). Die Kostenentscheidung ist nicht Teil der Sachentscheidung, sondern ein zusätzlich zu treffender, selbständiger Verwaltungsakt, der - wenn er unterbleibt - durch einen entsprechenden Antrag, sowie ggf. durch Verpflichtungsklage, zu bewirken ist (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, B 5 RJ 66/04 R, juris). Eine mit dem Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid ergehende (auch nur teilweise) Ablehnung der Kostenerstattung führt nach der Rechtsprechung des BSG hingegen unmittelbar zur Zulässigkeit der Klage, ohne dass es eines gesonderten Vorverfahrens hinsichtlich der Kostengrundentscheidung bedarf (BSG, Urteil vom 19. Juni 2012, B 4 AS 142/11 R und vom 2. November 2012, B 4 AS 97/11 R; beide juris).
Soweit die Klägerin im Klageverfahren auch die Festsetzung der Kosten der Höhe nach beantragt hatte, war die Klage unzulässig und schon aus diesem Grund im Ergebnis vom Sozialgericht zu Recht abzuweisen. Die Beklagte hatte nämlich in dem angegriffenen Widerspruchsbescheid über die Kostenerstattung der Höhe nach – dem zweistufigen Aufbau entsprechend – nicht entschieden.
Aber auch dem Grunde nach hat die Klägerin keinen Anspruch auf Kostenerstattung.
Die Grundregel für die Kostenerstattung hinsichtlich des Vorverfahrens folgt in § 63 Abs. 1 Satz 1 SGB X dem aus dem allgemeinen Prozessrecht bekannten „Unterliegensprinzip“. Bei erfolglosem Widerspruch besteht grundsätzlich kein Kostenerstattungsanspruch. Dabei ist es unerheblich, ob der Widerspruch als unzulässig verworfen oder als unbegründet zurückgewiesen wird. Ein unzulässiger oder unbegründeter Widerspruch, der als solcher durch Widerspruchsbescheid verworfen oder zurückgewiesen wird, ist auch dann nicht erfolgreich, wenn er Anlass für die Behörde ist, ihren ggf. unanfechtbaren Verwaltungsakt selbst im Rahmen eines neuen Verwaltungsverfahrens zu überprüfen und z. B. nach §§ 38, 44 ff. SGB X zu korrigieren. Erfolgt eine solche Korrektur während des Widerspruchsverfahrens, handelt es sich jedoch um eine - ggf. versteckte - Abhilfe, und der Widerspruch ist als erfolgreich zu bewerten. Der Widerspruch ist erfolgreich, wenn die Ausgangsbehörde oder die Widerspruchsstelle dem Widerspruch abhilft und den angefochtenen Verwaltungsakt zugunsten des Widerspruchführers aufhebt oder abändert. Da rein formal auf das erfolgreiche Ergebnis abgestellt wird, ist es unerheblich, ob der Erfolg durch eine Änderung der Sach- oder Rechtslage herbeigeführt worden ist (BSG, Urteil vom 13. Oktober 2010, B 6 KA 29/09 R, SozR 4-1300 § 63 Nr. 13) oder auf neuen tatsächlichen Angaben oder Beweisangeboten des Widerspruchsführers beruht, ob der Verwaltungsakt wegen Rechtswidrigkeit oder wegen Unzweckmäßigkeit aufgehoben wird, ob die Widerspruchsbegründung oder die schlichte Nachprüfung der Widerspruchsstelle aufgrund des eingelegten Widerspruchs und ihre - gegenüber dem Ausgangsbescheid - geläuterte Ansicht zu dem Erfolg geführt hat (Diering, in: Diering/Timme/Stähler, LPK-SGB X, 5. Auflage 2019, § 63 Rn 7 ff.).
Zu Recht hat die Beklagt im angegriffenen Widerspruchsbescheid die Kostenübernahme abgelehnt. Der Widerspruch der Klägerin war nicht erfolgreich, denn er war unzulässig. Ein Widerspruch kann gemäß §§ 83 ff. SGG nur gegen einen Verwaltungsakt erhoben werden.
Die (Erst-)Vergabe einer Versicherungsnummer und die Mitteilung dieser an den Versicherten ist kein Verwaltungsakt gemäß § 31 SGB X.
Ein Verwaltungsakt ist gemäß § 31 Satz 1 SGB X jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Die Regelung muss auf eine unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet sein; sie liegt vor, wenn die Behörde eine potentiell verbindliche Rechtsfolge gesetzt hat. Dabei ist die Erklärung der Behörde unter entsprechender Anwendung der Grundsätze über die Auslegung von Willenserklärungen auszulegen. Maßgebend ist daher der objektive Sinngehalt der Erklärung, wie der Empfänger sie bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalls objektiv verstehen musste. Eine Regelung zielt allgemein auf die Begründung rechtlicher Verpflichtungen ab, entweder zu Lasten der Behörde oder zu Lasten des Bürgers. Dies ist der Fall, wenn Rechte begründet, abgelehnt, aufgehoben, festgestellt oder geändert werden oder wenn dies (jeweils) abgelehnt wird. Im Regelfall korrespondiert mit der Regelung mithin eine Rechtsposition auf Seiten des Regelungsadressaten. Nicht erforderlich ist, dass die Entscheidung eine Rechtsänderung herbeiführen muss. Die Möglichkeit der Feststellung bereits bestehender Rechtsverhältnisse oder Rechtspositionen zeigt, dass eine Regelung auch dann angenommen werden kann, wenn ein rechtlicher Zustand durch eine behördliche Entscheidung lediglich deklaratorisch, insbesondere zu Nachweis- und Beweiszwecken im Rechtsverkehr, nachvollzogen wird (Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 31 SGB X (Stand: 27.11.2018), Rn. 39).
Die Erstvergabe einer Versicherungsnummer und ihre Mitteilung an den Versicherten hat keinen Regelungscharakter im dargestellten Sinn.
§ 147 Abs. 1 SGB VI legt fest, unter welchen Voraussetzungen eine Versicherungsnummer zu vergeben ist. Dabei unterscheidet die Norm zwischen einem Vergaberecht (Absatz 1 Satz 1) und einer Vergabepflicht (Absatz 1 Satz 2). Die Datenstelle der Rentenversicherung kann für Personen eine Versicherungsnummer vergeben, wenn dies zur personenbezogenen Zuordnung der Daten für die Erfüllung einer gesetzlichen Aufgabe nach dem SGB VI erforderlich oder dies durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes bestimmt ist. Für die nach dem SGB VI versicherten Personen hat sie eine Versicherungsnummer zu vergeben. Seit dem 1. Januar 2005 liegt die Zuständigkeit für die Vergabe der Versicherungsnummer nicht mehr beim zuständigen Rentenversicherungsträger. Nach § 145 Abs. 1 Satz 1 SGB VI unterhalten die Träger der Rentenversicherung vielmehr gemeinsam eine Datenstelle, die von der Deutschen Rentenversicherung Bund verwaltet wird.
Im vorliegenden Fall vergab die Datenstelle auf Anforderung der Bundesagentur für Arbeit hin maschinell erstmals eine Versicherungsnummer für die Klägerin. Dieser Vorgang stellt keinen Verwaltungsakt dar, da hierdurch keine Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung getroffen wurde. Lediglich eine Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers über die Vergabe einer neuen Versicherungsnummer durch die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung unter Berücksichtigung geänderter Parameter stellt eine Regelung im Sinne des § 31 Satz 1 SGB X dar. Dies betrifft im vorliegenden Fall die (Neu-)Vergabe der Versicherungsnummer mit der Seriennummer, die das richtige Geschlecht verschlüsselte.
§ 3 VKVV regelt die Berichtigung der Versicherungsnummer. Hiernach wird eine Versicherungsnummer nur einmal vergeben und nicht berichtigt. Versicherungsnummern, in denen das Geburtsdatum oder die Seriennummer unrichtig sind oder Versicherungsnummern, die aufgrund einer nach § 33a SGB I zu berücksichtigenden Änderung des Geburtsdatums fehlerhaft geworden sind, werden gesperrt. Die Versicherten erhalten eine neue Versicherungsnummer. So wurde im vorliegenden Fall wegen der fehlerhaften Seriennummer verfahren.
Die Versicherungsnummer dient als Identifikations- und Ordnungsmerkmal, ist aber zudem ein Sozialdatum und unterliegt somit dem Geheimhaltungsschutz des § 35 SGB I (Paulus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 147 SGB VI (Stand: 01.06.2018), Rn. 44; KassKomm/Polster, 110. EL Juli 2020, SGB VI § 147 Rn. 2 ff.). Gemäß § 81 Abs. 1 SGB X kann sich jemand, wenn er der Ansicht ist, bei der Erhebung, Verarbeitung oder Nutzung seiner personenbezogenen Sozialdaten in seinen Rechten verletzt worden zu sein, an den Beauftragten für den Datenschutz wenden. Des Weiteren stehen dem Betroffenen Auskunftsansprüche nach § 83 SGB X zu. Aus § 84 SGB X ergibt sich ein Anspruch auf Berichtigung unrichtiger Sozialdaten und auf Löschung von Sozialdaten, deren Speicherung unzulässig ist. Nach § 33a Abs. 3 SGB I findet § 33a SGB I wiederum entsprechende Anwendung auf die Geburtsdaten in der Versicherungsnummer. Dies hat zur Folge, dass Abweichungen von der Erstangabe des Geburtsdatums nur unter den Voraussetzungen des § 33a Abs. 2 SGB I zulässig sind, d.h. bei Schreibfehlern und einem abweichenden Geburtsdatum, das sich aus einer Urkunde ergibt, die vor der Erstangabe des Geburtsdatums ausgestellt wurde. § 33a SGB I stellt somit nicht auf die (Un )Richtigkeit des Geburtsdatums ab und geht insoweit der Regelung des § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB X vor (siehe hierzu auch Paulus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 147 SGB VI (Stand: 01.06.2018), Rn. 80 ff.).
Allein aber aus der Tatsache, dass die Versicherungsnummer ein Sozialdatum ist, welches besonderen datenschutzrechtlichen Bestimmungen unterliegt und hinsichtlich des Geburtsdatums nur nach Maßgabe des § 33a SGB I korrigiert werden kann, folgt noch nicht, dass mit der Erstvergabe einer Versicherungsnummer und ihrer Mitteilung an den Versicherten eine Regelung mit Außenwirkung getroffen wird (a. A. LSG Berlin-Brandenburg, 17. November 2006, L 1 R 948/06, juris; Diel in: Hauck/Noftz, SGB, 05/20, § 147 SGB VI, Rn. 18; Paulus in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VI, 2. Aufl., § 147 SGB VI (Stand: 01.06.2018), Rn. 44). An die Versicherungsnummer selbst sind keine unmittelbaren Rechtswirkungen geknüpft. Dies gilt sowohl für das in der Versicherungsnummer enthaltene Geburtsdatum als auch für die Seriennummer, die zugleich das Geschlecht verschlüsselt. Für das Geburtsdatum ergibt sich dies schon unmittelbar aus § 33a SGB I, der wiederum für die Leistungsansprüche aus dem Sozialgesetzbuch festlegt, welches Geburtsdatum zugrunde zu legen ist. Hierbei kommt es gerade nicht auf das in der Versicherungsnummer enthaltene Geburtsdatum an. Aus der Versicherungsnummer selbst folgt mithin kein Rechtsanspruch hinsichtlich der Berücksichtigung des in ihr verschlüsselten Geburtsdatums. Gleiches gilt auch für das in der Versicherungsnummer verschlüsselte Geschlecht. Rechtsfolgen und Rechtsansprüche ergeben sich vielmehr aus den Regelungen des materiellen Sozialrechts oder Regelungen allgemeiner Natur wie § 33a SGB I. Dies hat das BSG auch für Klagen auf Neuvergabe einer Versicherungsnummer wegen eines unrichtigen Geburtsdatums festgestellt und dazu ausgeführt, dass die Versicherungsnummer im Hinblick auf Leistungsfälle keine rechtsverbindliche Feststellung des Geburtsdatums enthält (BSG, Urteil vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 31/96 R, juris).
Wenn jedoch die Versicherungsnummer fehlerhaft ist, dann ist diese stillzulegen und eine neue zu vergeben. Wenn diese Korrektur in Form der Neuvergabe den Betroffenen belastet oder eine solche Neuvergabe, die der Versicherte begehrt, abgelehnt wird, dann ist die Entscheidung hierüber eine Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung und damit ein Verwaltungsakt. Im Gegensatz zur (maschinellen) Erstvergabe einer Versicherungsnummer enthält nämlich die Neuvergabe eine Entscheidung eines Mitarbeiters des zuständigen Rentenversicherungsträgers über die Veranlassung der Neuvergabe und über den Inhalt der neuen Versicherungsnummer. Diese Entscheidung enthält insoweit eine Regelung gegenüber dem Empfänger der Versicherungsnummer, als sie entweder mit den vom Versicherten geltend gemachten Angaben zum Geburtsdatum oder Geschlecht korrigiert wird oder diese Angaben gerade nicht herangezogen werden. Die Neuvergabe einer Versicherungsnummer durch die Datenstelle des Trägers der Rentenversicherung betrifft damit nicht nur einen automatisierten und verwaltungsmäßigen Vorgang, sondern wird durch eine Entscheidung des zuständigen Rentenversicherungsträgers determiniert und stellt insofern einen Verwaltungsakt dar. Die Beurteilung der Richtigkeit oder Unrichtigkeit des in der Versicherungsnummer verwendeten Geburtsdatums verlangt eine behördliche Entscheidung auf dem Gebiet des öffentliches Rechts mit Außenwirkung (BSG, EuGH-Vorlage vom 17. Februar 1998, B 13 RJ 31/96 R, juris; siehe auch BSG, Urteil vom 5. April 2001, B 13 RJ 35/00 R, BSGE 88, 89-96, SozR 3-1200 § 33a Nr. 4, SozR 3-5748 § 1 Nr. 3: keine Entscheidung über Verwaltungsaktqualität bei Erstvergabe; siehe auch LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 10. März 2014, L 10 R 2657/12, juris). Gleiches gilt auch bei einer Entscheidung über die Korrektur der Seriennummer wegen der Geschlechtszugehörigkeit.
Der erstmaligen Vergabe der Versicherungsnummer lag jedoch keine solche Entscheidung der Beklagten zugrunde, so dass sie auch keine solche Regelung mit unmittelbarer Außenwirkung entfaltet. Sie stellte somit auch keinen Verwaltungsakt dar.
Etwas anderes ergibt sich in diesem Zusammenhang auch nicht aus § 31a SGB X. Hiernach kann ein Verwaltungsakt vollständig durch automatische Einrichtungen erlassen werden, sofern kein Anlass besteht, den Einzelfall durch Amtsträger zu bearbeiten. § 31a SGB X stellt damit klar, dass vollautomatisiert erlassene Verwaltungsakte auch dann Verwaltungsakte sind, wenn sie ohne menschliches Zutun durch technische Einrichtungen erlassen werden. Diese Norm hilft damit bei automatisiertem Erlass über das fehlende Merkmal des Verwaltungsakts einer Maßnahme im Sinne einer Willensentscheidung eines mit Hoheitsbefugnissen betrauten menschlichen Amtswalters hinweg (siehe hierzu Luthe in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl., § 31a SGB X (Stand: 01.12.2017), Rn. 22), ändert jedoch nichts an der Bewertung der Maßnahme als eine mit oder ohne Regelungscharakter.
An diesem Regelungscharakter fehlt es jedoch – unabhängig von der Zulässigkeit eines automatisierten Vorgangs bei Vergabe der Versicherungsnummer – bei der Erstvergabe einer solchen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Die Revision war zuzulassen, da die Rechtsfrage der Verwaltungsaktqualität der Erstvergabe einer Versicherungsnummer grundsätzliche Bedeutung hat.