Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Juni 2021 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Erstattung von Aufwendungen für das Ausführen seines Hundes im Rahmen des monatlichen Entlastungsbetrags in Höhe von 100,00 € für den Zeitraum von Mai bis Dezember 2020.
Die Beklagte gewährt dem bei ihr sozial pflegeversicherten Kläger seit 23. April 2020 Leistungen nach Pflegegrad 2, u.a. einen Entlastungsbetrag in Höhe von 125,00 € monatlich (Bescheid vom 8. Juni 2020).
Am 5. Januar 2021 beantragte er bei der Beklagten die Erstattung der Kosten für das Ausführen seines Hundes im Zeitraum von Mai bis Dezember 2020 in Höhe von insgesamt 800,00 €. Seit einigen Jahren beschäftige er hierzu einmal täglich für monatlich 100,00 € die Tierbetreuung K (im Folgenden K) in H. Diese Ausgaben gehörten zu den haushaltsnahen Dienstleistungen, die zu Lasten der zugesagten Entlastungsleistungen zu übernehmen seien. Zum Nachweis legte er Quittungen über monatlich gezahlte 100,00 € für das Ausführen des Hundes in den Monaten Januar und Juli bis Dezember 2020 vor. Nachdem die Beklagte die Erstattung am selben Tag zunächst telefonisch abgelehnt hatte, hielt der Kläger sein Begehren aufrecht. Entgegen der Ansicht der Beklagten zähle das Ausführen des Hundes nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes (BFH, Beschluss vom 25. September 2017 – VI B 25/17 –) zu den haushaltsnahen Dienstleistungen. Dieser Begriff sei dem Steuerrecht entnommen und daher dementsprechend auch im Sozialrecht anzuwenden. Mit Schreiben vom 12. Januar 2021 erläuterte die Beklagte, welche Entlastungsangebote in Anspruch genommen werden könnten. Die Versorgung eines Haustieres könne nicht über den Entlastungsbetrag abgerechnet werden. Unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit Behinderungen beim Laufen, die ihm das dreimalige Ausführen des Hundes nicht erlaubten (weshalb das morgendliche Ausführen gegen Bezahlung erfolge), bat der Kläger um die Erteilung eines rechtsbehelfsfähigen Bescheides. Daraufhin lehnte die Beklagte die begehrte Kostenerstattung mit Bescheid vom 18. Januar 2021 ab. Das Ausführen eines Hundes stelle keine über den Entlastungsbetrag erstattungsfähige Leistung dar. Den dagegen eingelegten Widerspruch wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2021 als unbegründet zurück.
Hiergegen erhob der Kläger am 4. Mai 2021 Klage beim Sozialgericht Mannheim (SG), mit der er zunächst eine Kostenerstattung in Höhe von 900,00 € geltend machte, die er aber mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17. Mai 2021 wiederum auf 800,00 € beschränkte. Zur Begründung führte er über sein bisheriges Vorbringen hinaus aus, K führe seinen Hund einmal täglich für ein Entgelt von 100,00 € monatlich aus. Zwar handele es sich bei dieser nicht um einen nach dem Landesrecht Baden-Württemberg anerkannten Dienstleister. Ein nach Landesrecht anerkannter Dienstleister, der den Hund ausführen könnte, sei aber in unmittelbarer Nähe nicht zu ermitteln. Daher sei die Vorschrift des § 45b Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) in verfassungskonformer Auslegung analog anzuwenden. Andernfalls bestünde eine Ungleichbehandlung gegenüber den Normadressaten des § 45b SGB IX, die in ihrem räumlichen Nahbereich einen nach Landesrecht anerkannten Dienstleister hierfür fänden. Hätte der Gesetzgeber bei der Fassung des § 45b SGB XI bedacht, dass unter Umständen haushaltsnahe Dienstleistungen nicht durch einen anerkannten Dienstleister vor Ort zu erhalten seien, hätte er diesen Umstand im Rahmen der Abfassung des Gesetzes berücksichtigt.
Die Beklagte trat der Klage unter Verweis auf die angefochtenen Bescheide entgegen und führte ergänzend aus, die steuerrechtliche Auslegung sei für die Bestimmung der haushaltsnahen Dienstleistungen i.S. des § 45a Abs. 1 Satz 4 SGB XI über die zusätzlichen Betreuungsleistungen nach dem SGB XI nicht relevant. Das Ausführen des Hundes sei keinem der in § 45a SGB XI genannten Angebote zu Unterstützung im Alltag zuzurechnen. Des Weiteren benötigten die Angebote, die nach § 45a SGB XI zur Entlastung in Anspruch genommen werden könnten, eine Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des Landesrechts, woran es vorliegend fehlte.
Nach Anhörung der Beteiligten wies das SG die Klage mit Gerichtsbescheid vom 9. Juni 2021 ab. Die geltend gemachten Leistungen seien schon deshalb nicht erstattungsfähig, weil es jedenfalls an der nach § 45a Abs. 1 Satz 3 SGB XI erforderlichen Anerkennung durch die zuständige Behörde nach Maßgabe des gemäß § 45a Abs. 3 SGB XI erlassenen Landesrechts fehle. K habe nicht – wie landesrechtlich erforderlich – ein Konzept zur Anerkennung als Angebot zur Unterstützung im Alltag der zuständigen Genehmigungsbehörde vorgelegt und auch formell keine Anerkennung beantragt. Des Weiteren sei der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 9,35 € pro Stunde nicht – wie landesrechtlich erforderlich – gewährleistet. Bei den vereinbarten und quittierten 100,00 € monatlich fielen selbst für den Fall, dass der Hund nur eine halbe Stunde am Tag ausgeführt werde und unter Berücksichtigung von 30 Kalendertagen monatlich nur 6,68 € als Stundenlohn an. Dabei würden etwaige in Rechnung gestellte Fahrtkosten nicht berücksichtigt. Fielen solche an, könne der Mindestlohn erst recht nicht gewahrt werden. Eine analoge Anwendung des § 45b SGB XI in verfassungskonformer Auslegung scheide mangels gesetzlicher Regelungslücke aus. Die Inanspruchnahme der Tierbetreuung durch den Kläger zeige, dass ein örtliches Angebot vorhanden sei, für das grundsätzlich die Anerkennung nach Landesrecht beantragt werden könne. Es widerspräche Sinn und Zweck der gesetzlich bestimmten Qualitätsanforderungen, diese durch die Kostenerstattung für nicht anerkannte Angebote zu unterlaufen. Vorliegend scheide eine analoge Anwendung des § 45b SGB XI bereits deshalb aus, weil eine solche lediglich die formale Anerkennung ersetzen könnte, das vom Kläger genutzte Angebot aber auch die materiellen Voraussetzungen des Landesrechts nicht erfülle.
Gegen diesem ihm am 10. Juni 2021 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 28. Juni 2021 Berufung beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegt, zu deren Begründung er sein bisheriges Vorbringen wiederholt hat. Eine Regelungslücke liege entgegen der Ansicht des SG vor. Der amtlichen Begründung lasse sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 45b SGB XI bedacht habe, dass unter Umständen haushaltsnahe Dienstleistungen vor Ort durch einen anerkannten Dienstleister seitens des Pflegebedürftigen nicht zu erhalten seien. Der Gesetzgeber habe ganz sicher nicht die Absicht gehabt, dass unter Umständen in einer Region, in der überhaupt kein anerkannter und qualitätsgesicherter Dienstleister seine Leistungen anbiete, der Pflegebedürftige grundsätzlich die im Gesetz vorgesehenen Leistungen überhaupt nicht in Anspruch nehmen könne.
Der Kläger beantragt (sachdienlich gefasst),
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 9. Juni 2021 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18. Januar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2021 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Mai bis 31. Dezember 2020 Aufwendungen für das Ausführen seines Hundes über den Entlastungsbetrag in Höhe von monatlich 100,00 € zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (Bl. 18 und 20 der Senatsakten).
Zu den weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die beigezogenen Akten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten gemäß § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist nach §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulässig. Denn die vom Kläger begehrte Erstattung in Höhe von 800,00 € übersteigt den Beschwerdewert von 750,00 €.
2. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist das Begehren des Klägers auf Erstattung monatlicher Aufwendungen in Höhe von 100,00 € für den Zeitraum Mai bis Dezember 2021 in Gesamthöhe von 800,00 €. Soweit der Kläger bei Klageerhebung eine Erstattung noch in Gesamthöhe von 900,00 € geltend gemacht hatte, hat er die Klage mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 17. Mai 2021 auf 800,00 € beschränkt und damit im Übrigen zurückgenommen. Insoweit ist der Rechtsstreit erledigt (§ 102 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Senat kann offenlassen, ob die telefonische Mitteilung vom 5. Januar 2021 und das Schreiben vom 12. Januar 2021 ablehnende Verwaltungsakte i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) darstellten. Denn mit dem Bescheid vom 18. Januar 2021 entschied die Beklagte erneut über die begehrte Erstattung und lehnte diese verbindlich ab. Sie berief sich dabei nicht auf frühere Ablehnungen und nahm auch nicht auf solche Bezug. Des Weiteren erging diese Entscheidung auf Einwendungen des Klägers unter Hinweis auf seine gesundheitlichen Beeinträchtigungen mit Behinderungen beim Laufen. Selbst wenn unter dem 5. und 12. Januar 2021 ablehnende Verwaltungsakte ergangen sind, handelt es bei dem Bescheid vom 18. Januar 2021 jedenfalls um einen Zweitbescheid. Diese ersetzende Neuentscheidung (Zweitbescheid) eröffnete eine neue Anfechtungsmöglichkeit (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 7. April 2016 – B 5 R 26/15 R – juris, Rn. 19 ff.), die der Kläger mit seinem Widerspruch auch nutzte. Streitbefangen ist damit der Bescheid vom 18. Januar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2021 (§ 95 SGG). Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der einen Entlastungsbetrag dem Grunde nach bewilligende Bescheid vom 8. Juni 2020.
3. Die Berufung ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 18. Januar 2021 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf Erstattung der Aufwendungen für das Ausführen seines Hundes in Höhe von 100,00 € monatlich im streitbefangen Zeitraum.
a) Die Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) zulässig und statthaft. Eine (isolierte) Leistungsklage allein aus dem Bescheid vom 8. Juni 2021 scheidet aus. Bei der Entscheidung über den als Kostenerstattungsanspruch ausgestalteten Entlastungsbetrag handelt es sich um ein zweistufiges Verfahren. In einem ersten Schritt wird entschieden, ob und ab wann der Versicherte dem Grunde nach leistungsberechtigt ist, falls er eines der in § 45b Abs. 1 Satz 3 SGB XI genannten Pflege- und Unterstützungsangebote wahrnimmt. In einem zweiten Schritt wird festgelegt, wie hoch die Kostenerstattung für tatsächlich in Anspruch genommene Leistungen ausfällt (Senatsurteil vom 18. Mai 2020 – L 4 P 561/19 – juris, Rn. 44 m.w.N.). Mit den angefochtenen Bescheiden hat die Beklagte eine Regelung auf dieser zweiten Stufe getroffen.
b) Die Klage ist nicht begründet. Die vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen unterfallen nicht dem gesetzlichen Kostenerstattungsanspruch gemäß § 45b SGB XI (dazu aa). Der Anspruch kann auch nicht auf eine analoge Anwendung der Vorschrift (dazu bb) oder coronabedingte Sonderregelungen (dazu cc) gestützt werden.
aa) Die geltend gemachten Aufwendungen gehören nicht zu den nach § 45b SGB XI erstattungsfähigen Aufwendungen.
(1) Nach § 45b Abs. 1 SGB XI (hier in der ab dem 1. Januar 2017 geltenden Fassung des Art. 1 Nr. 13 Buchst. a Drittes Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften [Drittes Pflegestärkungsgesetz – PSG III] vom 23. Dezember 2016, BGBl. I, S. 3191) haben Pflegebedürftige in häuslicher Pflege Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125,00 € monatlich. Der Betrag ist zweckgebunden einzusetzen für qualitätsgesicherte Leistungen zur Entlastung pflegender Angehöriger und vergleichbar Nahestehender in ihrer Eigenschaft als Pflegende sowie zur Förderung der Selbständigkeit und Selbstbestimmtheit der Pflegebedürftigen bei der Gestaltung ihres Alltags. Er dient der Erstattung von Aufwendungen, die den Versicherten entstehen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme von
- Leistungen der Tages- oder Nachtpflege,
- Leistungen der Kurzzeitpflege,
- Leistungen der ambulanten Pflegedienste im Sinne des § 36 SGB XI, in den Pflegegraden 2 bis 5 jedoch nicht von Leistungen im Bereich der Selbstversorgung,
- Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI.
Die Leistung nach Absatz 1 Satz 1 kann innerhalb des jeweiligen Kalenderjahres in Anspruch genommen werden; wird die Leistung in einem Kalenderjahr nicht ausgeschöpft, kann der nicht verbrauchte Betrag in das folgende Kalenderhalbjahr übertragen werden. Der Anspruch auf den Entlastungsbetrag entsteht nach § 45b Abs. 2 SGB XI, sobald die in Absatz 1 Satz 1 genannten Anspruchsvoraussetzungen vorliegen, ohne dass es einer vorherigen Antragstellung bedarf. Die Kostenerstattung in Höhe des Entlastungsbetrags nach Absatz 1 erhalten die Pflegebedürftigen von der zuständigen Pflegekasse oder dem zuständigen privaten Versicherungsunternehmen sowie im Fall der Beihilfeberechtigung anteilig von der Beihilfefestsetzungsstelle bei Beantragung der dafür erforderlichen finanziellen Mittel gegen Vorlage entsprechender Belege über entstandene Eigenbelastungen im Zusammenhang mit der Inanspruchnahme der in Absatz 1 Satz 3 genannten Leistungen.
(2) Nach der ausdrücklichen gesetzlichen Regelung des § 45b Abs. 1 Satz 2 SGB XI ist der Betrag zweckgebunden einzusetzen für die in Satz 3 genannten qualitätsgesicherten zusätzlichen Betreuungsleistungen. Diese Aufzählung ist nach der amtlichen Begründung zum Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz – PflEG), in dessen Folge § 45b SGB XI eingeführt wurde, abschließend (BT-Drucks. 14/6949 S. 10, 15; Wagner, in: Krauskopf, SGB XI, Stand März 2021, § 45b Rn. 8; Koch, in: Kasseler Kommentar, SGB XI, Stand März 2021, § 45b Rn. 8 ff.). Ausdrücklich sollte eine pauschale Pflegegelderhöhung verhindert werden, die nicht die gewünschten infrastrukturfördernden Effekte bedingte. Die knappen Finanzmittel der Pflegeversicherung sollten nur für qualitätsgesicherte Betreuungsangebote eingesetzt werden, die gleichzeitig infrastrukturprägende Wirkungen haben. Das Konzept an Leistungsverbesserungen dürfe nicht den Charakter eines bloßen Geldhingabemodells aufweisen (BT-Drucks. 14/6949 S. 9, 10). Die durch § 45b SGB XI geforderte Qualitätssicherung ergibt sich für die Einrichtungen und Pflegedienste, die zugleich zugelassene Sachleistungserbringer sind, aus § 72 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, § 80 SGB XI. Für die Pflegedienste war dies außerdem in § 45b Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 SGB XI in der bis zum 31. Dezember 2016 geltenden Fassung ausdrücklich geregelt. Hieran hat sich durch die Änderung des § 45b SGB XI durch das Zweite Gesetz zur Stärkung der pflegerischen Versorgung und zur Änderung weiterer Vorschriften (Zweites Pflegestärkungsgesetz – PSG II) nichts geändert. Es handelt sich nach der amtlichen Begründung zum Gesetzentwurf bei der Leistung nach § 45b SGB XI unverändert um einen Kostenerstattungsanspruch, der zum Ersatz von Aufwendungen im Zusammenhang mit Leistungen der Tages- oder Nachtpflege, der Kurzzeitpflege, zugelassener Pflegedienste oder nach Landesrecht anerkannter niedrigschwelliger Betreuungs- oder Entlastungsangebote eingesetzt werden kann (BT-Drucks. 18/5926, S. 133). Diese Beschränkung entspricht nach wie vor dem gesetzgeberischen Willen (Senatsurteil vom 18. Mai 2020 – L 4 P 561/19 – juris, Rn. 53; Beschluss des Senats vom 8. Mai 2019 – L 4 P 75/19 – sowie zu § 45b SGB XI a.F. Senatsurteil vom 9. Dezember 2016 – L 4 P 3221/16 – beide n.v.).
(3) Eine Erstattung der streitbefangenen Kosten für das Ausführen des Hundes durch K scheidet danach aus. Denn diese unterfallen nicht den in § 45b Abs. 1 Satz 3 SGB XI genannten Leistungsangeboten, insbesondere handelt es sich nicht um Kosten für Leistungen eines zugelassenen Pflegedienstes oder Leistungen der nach Landesrecht anerkannten Angebote zur Unterstützung im Alltag im Sinne des § 45a SGB XI. Denn bei K handelt es sich weder um einen zugelassenen Pflegedienst noch um durch einen Stadt- oder Landkreis (§ 4 Abs. 1 der Verordnung der Landesregierung über die Anerkennung der Angebote zur Unterstützung im Alltag nach § 45a Absatz 3 SGB XI, zur Förderung ehrenamtlicher Strukturen und Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen und Versorgungskonzepte nach § 45c Absatz 7 SGB XI sowie über die Förderung der Selbsthilfe nach § 45d SGB XI [Unterstützungsangebote-Verordnung - UstA-VO] vom 17. Januar 2017, GBl. 2017, 49 Usta-VO) anerkanntes Angebot (vgl. § 45a Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 SGB XI i.V.m. §§ 6 Abs. 2, 10 UstA-VO). Dies ergibt sich bereits aus dem eigenen Vortrag des Klägers, der – in Übereinstimmung mit der Beklagten – ausdrücklich angegeben hat, dass für die Leistungen der K keine solche Anerkennung vorliegt. Abweichende Anhaltspunkte sind nicht ersichtlich.
bb) Auf eine analoge Anwendung des § 45b SGB XI kann der Kläger den erhobenen Anspruch nicht stützen.
(1) Hierfür fehlt es bereits an einer planwidrigen Regelungslücke. Dem kann der Kläger nicht erfolgreich entgegenhalten, eine solche ergebe sich daraus, dass der Gesetzgeber bei der Abfassung des § 45b SGB XI nicht bedacht habe, dass unter Umständen haushaltsnahe Dienstleistungen vor Ort durch einen anerkannten Dienstleister seitens des Pflegebedürftigen nicht zu erhalten seien. Wie oben (unter aa) (2)) dargelegt, war die Zweckbindung mit der Beschränkung auf die aufgezählten Leistungsangebote wegen der knappen Finanzmittel der Pflegeversicherung aus Gründen der infrastrukturprägenden Wirkung und der Qualitätssicherung gesetzgeberisch gerade gewollt (Senatsurteil vom 18. Mai 2020 – L 4 P 561/19 – juris, Rn. 56; Beschluss des Senats vom 8. Mai 2019 – L 4 P 75/19 – n.v.). Dabei zeigt das mit den Regelungen der §§ 45a, b und c SGB XI verfolgte Förderkonzept (BT-Drucks. 14/6949 S. 11 ff.), dass sich der Gesetzgeber der in diesem Bereich unzureichenden Infrastruktur und fehlender Angebote bewusst war. Ziel dieser Regelungen war es gerade, den Auf- und Ausbau entsprechender Angebote durch verschiedene Förderkomponenten anzureizen und dabei im Interesse der Versicherten einen qualitätsgesicherten Standard zu gewährleisten (vgl. auch Udsching, in: jurisPR-SozR 2/2021 Anm. 4). Eine – auch nur vorübergehende – Erstattungsmöglichkeit für nicht zugelassene oder anerkannte und nicht qualitätsgesicherte Angebote konterkarierte diese ausdrückliche gesetzliche Zielsetzung.
(2) Es bedarf entgegen der Ansicht des Klägers auch keiner verfassungskonformen Auslegung zur Vermeidung eines Verstoßes gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz. Art. 3 Abs. 1 GG enthält das Gebot, Gleiches gleich, Ungleiches seiner Eigenart entsprechend verschieden zu behandeln (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Beschluss vom 10. Dezember 1985 – 2 BvL 18/83 – juris, Rn. 51). Damit ist dem Gesetzgeber allerdings nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt aber das Grundrecht, „wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders und nachteilig behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten“ (BVerfG, Urteil vom 3. April 2001 – 1 BvR 1681/94 – juris, Rn. 63) und „sich für eine Ungleichbehandlung kein in angemessenem Verhältnis zu dem Grad der Ungleichbehandlung stehender Rechtfertigungsgrund finden lässt“ (BVerfG, Beschluss vom 15. März 2000 – 1 BvL 16/96 – juris, Rn. 72). Differenzierungen bedürfen somit stets der Rechtfertigung durch Sachgründe, die dem Ziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sind. Dabei gilt ein stufenloser am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit orientierter verfassungsrechtlicher Prüfungsmaßstab, dessen Inhalt und Grenzen sich nicht abstrakt, sondern nur nach den jeweils betroffenen unterschiedlichen Sach- und Regelungsbereichen bestimmen lassen (BVerfG, Beschluss vom 8. Juli 2021 – 1 BvR 2237/14 – juris, Rn. 110).
Eine rechtliche Differenzierung sieht § 45b Abs. 1 SGB XI nicht vor. Vielmehr wird allen Pflegebedürftigen rechtlich der Entlastungsbetrag in gleichem Umfang und mit gleichem Inhalt gewährleistet. Eine Differenzierung innerhalb der Gruppe der Pflegebedürftigen findet nicht statt. Jeder Pflegebedürftige kann zugelassene Dienste und anerkannte Angebote nutzen und die hierfür anfallenden Aufwendungen erstattet erhalten. Zwischen der Inanspruchnahme solcher und nicht anerkannter Angebote ist eine Differenzierung aus sachlichem Grund zulässig. Denn die Beschränkung auf zugelassene Leistungserbringer und anerkannte Angebote dient im Interesse der Versicherten der Qualitätssicherung. Soweit sich hierdurch rein tatsächlich Unterschiede im Leistungsangebot für Versicherte ergeben, führt dies daher nicht zu einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatz durch die Leistungsvorschriften der §§ 45a, b SGB XI. Des Weiteren hat der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums zur Beseitigung solch tatsächlicher Unterschiede den Weg über die Strukturförderung zum Auf- und Ausbau der Leistungsangebote gewählt, dem – wie dargestellt – gerade die abschließende Regelung des § 45b SGB XI dient. Da die Leistungen der sozialen Pflegeversicherung in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise nur als Teilabsicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit ausgestaltet worden sind und gerade keinen existenzsichernden Zweck bzw. den Zweck einer Vollversorgung verfolgen (BSG, Urteil vom 5. Mai 2010 – B 12 R 6/09 R – juris, Rn. 19), hat der Gesetzgeber festzulegen, was die soziale Pflegeversicherung zu leisten hat und was nicht. Dabei sind Gesichtspunkte der Gesetzesklarheit und der Anwendungssicherheit im Leistungsrecht wie auch nur begrenzt zur Verfügung stehende Finanzmittel – wie hier berücksichtigt – relevante Abwägungsbelange (zum Ganzen BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 22. Mai 2003 – 1 BvR 452/99 –, juris Rn. 17 ff. m.w.N.).
cc) Ein materiell-rechtlicher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 150 SGB XI.
(1) § 150 SGB XI wurde mit Wirkung vom 28. März 2020 neu eingefügt (Art. 4 Nr. 6 des Gesetzes zum Ausgleich COVID-19 bedingter finanzieller Belastungen der Krankenhäuser und weiterer Gesundheitseinrichtungen [COVID-19-Krankenhausentlastungsgesetz – COVKHEntlG] vom 27. März 2020, BGBl. I, S. 580) und durch Art. 5 Nr. 4 des Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19. Mai 2020 (BGBl. I, S. 1018) u.a. um die Absätze 5a bis 5d ergänzt. Die zunächst bis 30. September 2020 befristete Regelung wurde durch Art. 5 Nr. 3 des Gesetzes für ein Zukunftsprogramm Krankenhäuser (Krankenhauszukunftsgesetz – KHZG) vom 23. Oktober 2020 (BGBl. I, S. 2208) mit Wirkung vom 1. Oktober 2020 bis zum 31. Dezember 2020 verlängert, ist also vorliegend anwendbar.
(2) Nach § 150 Abs. 5b Satz 1 SGB XI können Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 den Entlastungsbetrag abweichend von § 45b Abs. 1 Satz 3 SGB XI auch für die Inanspruchnahme anderer Hilfen im Wege der Kostenerstattung einsetzen, wenn dies zur Überwindung von infolge des neuartigen Coronavirus SARS-CoV-2 verursachten Versorgungsengpässen erforderlich ist. Nach dem ausdrücklichen gesetzlichen Wortlaut gilt diese Regelung nicht für Pflegebedürftige des Pflegegrades 2 und höher, wie den Kläger, was auch seinen eigenen Angaben entspricht. Denn für diesen Personenkreis wurde bereits durch § 150 Abs. 5 SGB XI eine Sonderregelung zur Kostenerstattung geschaffen (amtliche Begründung zum Entwurf eines Zweiten Gesetzes zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite, BT-Drucks. 19/18967, S. 73 zu Absatz 5b).
(3) Nach § 150 Abs. 5 SGB XI können die Pflegekassen nach ihrem Ermessen zur Vermeidung von durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 im Einzelfall im häuslichen Bereich verursachten pflegerischen Versorgungsengpässen Kostenerstattung in Höhe der ambulanten Sachleistungsbeträge (§ 36 SGB XI) nach vorheriger Antragstellung gewähren, wenn die Maßnahmen nach Absatz 1 Satz 3 nicht ausreichend sind; dabei haben sie vorrangig Leistungserbringer zu berücksichtigen, die von Pflegefachkräften geleitet werden. Entsprechende Kostenerstattungszusagen sind jeweils auf bis zu drei Monate zu begrenzen.
Erst dann, wenn eine Versorgung des Pflegebedürftigen durch ein - vom Stadt- oder Landkreis (§ 4 Abs. 1 UstA-VO) - anerkanntes Angebot wegen der Corona-Pandemie nicht mehr möglich ist, kommt für die Versorgung des Pflegebedürftigen auch eine Person ohne Qualifikation aus dem Gesundheits- und Sozialbereich, z.B. ein Nachbar, in Betracht (Beschluss des Senats vom 9. November 2020 – L 4 P 3250/20 ER-B – juris, Rn. 16; vgl. auch Bockholdt/Lungstras/Schmidt, NZS 2020, 324, 331). Dabei knüpft das Gesetz die Versorgung durch nicht anerkannte Angebote an die Bedingung, dass allein die Corona-Pandemie die Ursache für den eingetretenen pflegerischen Notstand ist (vgl. Abs. 5 Satz 1: „[…] von durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 im Einzelfall im häuslichen Bereich verursachten […]“). Ein durch das Coronavirus verursachter pflegerischer Versorgungsengpass wurde aber weder vom Kläger behauptet noch liegen entsprechende Anhaltspunkte im konkreten Einzelfall hierfür vor. Gegen einen solche spricht auch das eigene Vorbringen des Klägers im Antrag vom 5. Januar 2021, dass er die Tierbetreuung K bereits „seit einigen Jahren“ für das Ausführen seines Hundes beschäftige.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und 4 SGG.
5. Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.