L 7 AS 4054/18

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
7.
1. Instanz
SG Heilbronn (BWB)
Aktenzeichen
S 15 AS 238/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 7 AS 4054/18
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze

Ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete kann auch allein gestützt auf Angebotsmieten ohne Berücksichtigung von Bestandsmieten entwickelt werden. Aus § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II folgt keine Pflicht zur Berücksichtigung von Bestandsmieten bei der Erstellung eines schlüssigen Konzepts. Werden bei der Datenerhebung alle Wohnungen einer Wohnungsgrößenklasse erfasst und nicht nur Wohnungen mit einfachem Standard, ist es zulässig, als Angemessenheitsgrenze den obersten Wert des unteren Drittels zugrunde zu legen.

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Oktober 2018 abgeändert und der Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22. Dezember 2017 verurteilt, dem Kläger in der Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017 weitere Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 7 Euro zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt 1/5 der außergerichtlichen Kosten des Klägers in erster Instanz, im Berufungsverfahren sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten steht die Höhe der angemessenen Aufwendungen für Kosten der Unterkunft und Heizung im Rahmen der Leistungsgewährung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017 im Streit.

Der 1964 geborene, erwerbsfähige und alleinstehende Kläger besitzt die kroatische Staatsangehörigkeit und hielt sich zunächst mit einer Aufenthaltsberechtigung in Deutschland auf. Seit 2005 bezieht er mit Unterbrechungen Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. Der Kläger lebt seit seinem Umzug im Dezember 2016 in einer ihm von seiner Schwester vermieteten 60 m² großen 2-Zimmer Wohnung in der H. Str., T. Die Miethöhe setzte sich im streitigen Zeitraum aus der Grundmiete in Höhe von 410 Euro zuzüglich einer nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 130 Euro zusammen. Die Warmwasseraufbereitung erfolgt zentral über die Heizung. Die Wohnung wird mit Erdgas beheizt. Die Gesamtgebäudefläche beträgt nach den Angaben des Klägers über 1000 m². Müllgebühren werden von dem Beklagten gesondert übernommen. Eine vor dem Umzug beantragte Zusicherung zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft hatte der Beklagte mit Bescheid vom 29. September 2016 (Bl. 904 Bd. III d. Verwaltungsakte) in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 21. Oktober 2016 (Bl. 919 Bd. III d. Verwaltungsakte) abgelehnt, weil die Wohnung sowohl hinsichtlich ihrer Größe als auch hinsichtlich der Bruttokaltmiete unangemessen sei. Die hiergegen vor dem Sozialgericht (SG) Heilbronn erhobene Klage (S 15 AS 3583/16) nahm der Kläger im Hinblick auf das hiesige Verfahren zurück.

Mit Bewilligungsbescheid vom 26. Oktober 2016 (Bl. 927 Bd. IV der Verwaltungsakte) bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. November 2016 bis 28. Februar 2017 vorläufig Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 404 Euro, ohne dabei Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen.

Hiergegen erhob der Kläger am 24. November 2016 Widerspruch und führte zur Begründung an, der Beklagte müsse hinsichtlich der Kosten der Unterkunft auf die Werte aus § 12 Wohngeldgesetz (WoGG) unter Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlages in Höhe von 10 % zurückgreifen, da das „schlüssige Konzept“ des Beklagten den Anforderungen der Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept nicht genüge.

Mit Änderungsbescheid vom 19. Dezember 2016 (Ersatzakte, unblattiert) bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Januar 2017 bis 28. Februar 2017 Regelleistungen in Höhe von 409 Euro monatlich. Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung wurden weiterhin nicht gewährt.

Mit weiterem Änderungsbescheid vom 9. Januar 2017 (Ersatzakte, unblattiert) bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017 nunmehr unter Berücksichtigung von Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 393 Euro, wobei eine Grundmiete von 225 Euro, Nebenkosten in Höhe von 90 Euro und Heizkosten in Höhe von 78 Euro zugrunde gelegt wurden. Mit Änderungsbescheid vom 11. Januar 2017 (Ersatzakte, unblattiert) berücksichtigte der Beklagte Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 503 Euro (Grundmiete zuzüglich Nebenkosten in Höhe von 425 Euro und Heizkosten in Höhe von 78 Euro).   

Mit Widerspruchsbescheid vom 22. Dezember 2017 (Ersatzakte, unblattiert) wies der Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nach Erlass der Änderungsbescheide vom 19. Dezember 2016, 9. Januar 2017 und 11. Januar 2017 sei der Widerspruch sachlich nicht begründet. Das schlüssige Konzept des Beklagten, welches unter Berücksichtigung einer Analyse des e. Instituts aktualisiert und dessen Datengrundlage die Mieten verfügbarer Wohnungen im Auswertungszeitraum vom 1. Juli 2014 bis 30. Juni 2016 gewesen sei, sei nicht zu beanstanden. Gerade aus der Auswertung des Wohnungsmarktes habe sich ergeben, dass entsprechender Wohnraum zur Verfügung stehe.

Hiergegen hat der Kläger am 18. Januar 2018 Klage zum SG erhoben und zur Begründung sein Vorbringen wiederholt und vertieft. Mit Urteil vom 11. Oktober 2018 hat das SG den Beklagten unter Abänderung des Abänderungsbescheides vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22. Dezember 2017 verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 12 Euro monatlich zu gewähren, die Klage im Übrigen abgewiesen und die Berufung zugelassen. Streitgegenstand seien allein die Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017. Das von der Firma e. ag im Auftrag des Beklagten erstellte Konzept (in der aktualisierten Fassung vom 21. Oktober 2016) entspreche den Anforderungen des Bundessozialgerichts (BSG). Für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze bei den Kaltmieten seien ausschließlich Daten aus dem gesamten Vergleichsraum „West“ herangezogen worden. Die Firma e. ag habe in die Betrachtung alle Angebotsmieten in ihrer Preisdatenbank einbezogen und damit solche, die in den gängigen Immobilienportalen und Online-Seiten von Zeitungen und Wochenblättern für den Vergleichsraum angeboten worden seien. Zusätzliche habe die Firma e. ag Daten von nicht öffentlich inserierten Wohnungsangeboten und Wohnungsunternehmen (Bau und WohnungsVerein, F., , Städtische Wohnbau K. und Wohnbau L.) berücksichtigt. Es sei weder nach dem Standard der Wohnungen differenziert worden noch seien Wohnungen des allereinfachsten Standards bestimmt worden. Von den insgesamt 7500 Wohnungsangeboten entfielen 237 Angebote auf die Wohnungsgrößenklasse um 45 m² im einschlägigen Vergleichsraum. Die Firma e. ag habe dabei die Mietangebote aus der Zeit zwischen dem 1. Juli 2014 und dem 30. Juni 2016 ausgewertet, die Daten seien daher hinsichtlich des streitigen Zeitraums ausreichend aktuell. Die erhobenen Mieten seien zudem auch repräsentativ für die Mietangebote im Vergleichsraum. Die Daten seien valide, methodische Fehler nicht ersichtlich. Die Grenzziehung nach der Höhe des Mietpreises könne im Vergleichsraum „West“ beim Richtwert des unteren Drittels (33%) erfolgen, weil hier bereits bei der Datenerhebung nicht lediglich Wohnungen mit nur einfachem Standard in einer Größe um 45 m² zugrunde gelegt worden seien, sondern alle Daten, also auch Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, weil sie für Leistungsbezieher nicht angemessen erschienen, könne auf die Grenze des unteren Drittels zurückgegriffen werden. Dies entspreche einer Orientierung am unteren Drittel der Einkommensbezieher. Es ergebe sich daher für Ein-Personen-Haushalte im Vergleichsraum „West“ eine Angemessenheitsgrenze von 380 Euro Kaltmiete. Zur Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Nebenkosten lege die Kammer den Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes für Baden-Württemberg in der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichten Version (hier 2015/2016) zugrunde. Dabei seien lediglich die im Betriebskostenspiegel genannten Kosten für Müllbeseitigung nicht zu berücksichtigen, da diese von dem Beklagten gesondert übernommen würden und es anderenfalls zu einer doppelten Gewährung komme. Es ergebe sich danach ein angemessener Preis für kalte Nebenkosten in Höhe von 1,65 Euro pro m², insgesamt also 74,25 Euro. Im Hinblick auf die angemessenen Heizkosten greife die Kammer in Ermangelung eines kommunalen Heizspiegels auf den zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichten bundesweiten Heizspiegel zurück. Dieser weise für mit Erdgas beheizte Gebäude mit einer beheizten Wohnfläche von über 1000 m² in der rechten Spalte einen Betrag in Höhe von 16,20 Euro pro m² aus. Es errechne sich bei einer abstrakt angemessenen Wohnungsgröße von 45 m² ein jährlicher Grenzwert von 729 Euro und damit monatlich abstrakt angemessene Heizkosten in Höhe von 60,75 Euro. Es ergäben sich daher monatlich angemessene Kosten für Unterkunft und Heizung von insgesamt 515 Euro. Im streitgegenständlichen Zeitraum habe der Beklagte jedoch nur 503 Euro gewährt, so dass dem Kläger noch weitere 12 Euro pro Monat zustünden.

Gegen das ihm am 15. Oktober 2018 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner am 14. November 2018 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegten Berufung, der Beklagte hat gegen das ihm am 16. Oktober 2018 zugestellte Urteil ebenfalls am 14. November 2018 Berufung bei dem SG eingelegt.

Der Kläger hat zur Begründung ausgeführt, dass eine Gesamtangemessenheitsgrenze zu bilden sei. Dabei müssten jedoch andere Beträge, als im Rahmen des erstinstanzlichen Urteils berücksichtigt, zugrunde gelegt werden. Das „schlüssige Konzept“ des Beklagten entspreche nicht den Anforderungen der Rechtsprechung. Es werde weder in dem Konzept definiert, was unter einem einfachen Wohnungsstandard zu verstehen sei, noch werde erklärt, aus welchen Gründen die Kappungsgrenze bei 33,33 % gezogen worden sei. Infolgedessen sei auf die Werte zu § 12 WoGG mit Berücksichtigung eines Sicherheitszuschlags von 10 % zurückzugreifen.

Der Kläger beantragt,         

die Berufung des Beklagten zurückzuweisen sowie das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Oktober 2018 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Änderungsbescheides vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22. Dezember 2017 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis zum 28. Februar 2017 weitere Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe von 37 Euro monatlich zu gewähren. 

Der Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen, das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 11. Oktober 2018 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Beklagte hat mit seiner Berufung als schlüssiges Konzept ein Gutachten der Firma e. ag über die „Herleitung von Mietobergrenzen für angemessene Kosten der Unterkunft gemäß § 22 SGB II und § 35 SGB XII nach einem schlüssigen Konzept im Landkreis L., Aktualisierung 2016“ vorgelegt. Danach wurde der Landkreis L. in sieben Vergleichsräume unterteilt. Für die Auswertung wurden für jeden Vergleichsraum alle bekannten Mietwohnungsangebote aller betrachteten Wohnungsgrößenklassen im gesamten Auswertungszeitraum aus der (erweiterten) e-Preisdatenbankherausgefiltert, die im Landkreis L. zwischen dem 1. Juli 2014 und dem 30. Juni 2016 angeboten wurden. Bestandsmieten wurden nicht berücksichtigt. Als angemessenes Marktsegment, zu dem Bedarfsgemeinschaften Zugang haben sollten, wurde das untere Wohnungsmarktdrittel der verfügbaren Wohnungen zugrunde gelegt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Konzeptes wird auf die vom Beklagten zur Gerichtsakte gereichte Konzeptbeschreibung Bezug genommen. 

Zur Begründung führt der Beklagte an, er gehe hinsichtlich der angemessenen Nebenkosten (kalte Betriebskosten) von einem Wert von 1,01 Euro/m² aus. Bei einem angemessenen Wohnraum von 45 m² ergäben sich angemessene kalte Betriebskosten in Höhe von 45,45 Euro. Es werde darauf hingewiesen, dass der Beklagte zusätzlich zu diesen Kosten die Müllgebühren übernehme. Bei der Berechnung des SG fielen hingegen folgende Ungereimtheiten auf: Das SG habe die kalten Nebenkosten in Höhe von 74,25 Euro sowie die abstrakt angemessenen Heizungskosten in Höhe von 60,75 Euro addiert und eine Nebenkostenpauschale in Höhe von 135 Euro ermittelt. Entscheidend sei jedoch, dass der Kläger wie im Mietvertrag ausgewiesen, auf die kalten und warmen Betriebskosten nur eine Pauschale in Höhe von monatlich 130 Euro zu zahlen habe. Das SG spreche dem Kläger somit mehr zu, als er überhaupt zahlen müsse. Soweit der Kläger kritisiere, dass das schlüssige Konzept keine Definition des einfachen Standards enthalte, könne dem nicht gefolgt werden. Es gehe dabei um die Frage, welche Wohnungen des aktuellen Markts Bedarfsgemeinschaften finanziert werden sollten. Richtig sei, dass der Gesetzgeber hierauf selbst keine Antwort gegeben habe. Das schlüssige Konzept gehe davon aus, dass grundsätzlich immer ein Drittel der verfügbaren Wohnungen in der entsprechenden Größe finanziert werden sollten. Die Definition des einfachen Standards ergebe sich mithin daraus, dass alle Wohnungen gezählt würden, die im unteren Drittel liegen und sich somit auch tatsächlich anmieten ließen. Es werde auf Arbeitsschritt 4 des Konzeptes verwiesen. Das BSG habe bereits im Jahr 2013 die Bestimmung einer Angemessenheitsgrenze auf Basis einer solchen relativen Definition akzeptiert. Andere Sozialgerichte akzeptierten ein solches Vorbringen ebenfalls. Auch der weiteren Kritik, dass der Wohnungsstandard über die Kaltmiete definiert werde, könne nicht gefolgt werden. Es könne nicht ernsthaft bezweifelt werden, dass der Wohnungsstandard an die Nettomiete gekoppelt sei. Soweit die Klägerseite darüber hinaus die Auffassung vertrete, es sei eine Gesamtangemessenheitsgrenze zu bilden, entspreche dies nicht der Forderung der Rechtsprechung. Diese verlange nur die Bildung einer Angemessenheitsgrenze hinsichtlich der Bruttokaltmiete.  

In der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte eine Auswertung der e. ag zu den Fallzahlen verfügbarer Wohnungen mit ca. 45 m² im hier maßgeblichen Vergleichsraum nach Ausstattungsmerkmalen sowie eine Auswertung der Mietobergrenzen bei Verschiebung des Vergleichsraumes vorgelegt. 

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakten des Beklagten sowie die Verfahrensakten des SG und des Senats Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Die ebenfalls zulässige Berufung des Beklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

1. Die gemäß § 143 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte und gemäß § 151 Abs. 1 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers und die gemäß § 151 Abs. 1, 2 SGG form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten sind auch im Übrigen zulässig. Das SG hat die Berufung in seinem Urteil vom 11. Oktober 2018 zugelassen; daran ist der Senat gebunden (§ 144 Abs. 3 SGG).

2. Gegenstand des Verfahrens ist der Änderungsbescheid vom 11. Januar 2017 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 22. Dezember 2017, mit welchem der Beklagte dem Kläger unter Abänderung der Bescheide vom 26. Oktober 2016, 19. Dezember 2016 und 9. Januar 2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017 unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 907 Euro (Dezember 2016) bzw. 912 Euro (Januar und Februar 2017) bewilligt hat. Dagegen hat sich der Kläger statthaft mit einer kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§§ 54 Abs. 1 und 4 SGG) gewandt und ausschließlich höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung, die einen abtrennbaren Streitgegenstand darstellen (st. Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 6. August 2014 - B 4 AS 55/13 R - BSGE 116, 254 - juris Rdnr. 12; Urteil vom 4. Juni 2014 - B 14 AS 42/13 R - juris Rdnr. 10), begehrt. Das SG hat den Beklagten mit Urteil vom 11. Oktober 2018 unter Abänderung der genannten Bescheide verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2016 bis 28. Februar 2017 weitere Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 12 Euro monatlich zu gewähren und die Klage im Übrigen abgewiesen. Mit seiner Berufung wendet sich der Beklagte gegen die Zahlung weiterer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung. Der Kläger begehrt mit seiner Berufung hingegen die Gewährung weiterer Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 37 Euro monatlich. 

3. Die Berufung des Klägers ist unbegründet, die Berufung des Beklagten hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg. 

a.) Der am 7. April 1964 geborene Kläger gehörte im streitigen Zeitraum zu dem nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II (jeweils in der Fassung vom 26. Juli 2016 bzw. 22. Dezember 2016) leistungsberechtigten Personenkreis, weil er das 15. Lebensjahr vollendet, nicht jedoch die Altersgrenze nach § 7a SGB II erreicht hatte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II), erwerbsfähig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II) und hilfebedürftig (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 SGB II) war sowie auch seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte (§ 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB II). Er war auch nicht gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 SGB II aus dem Kreis der Leistungsberechtigten ausgenommen.

b.) Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Gewährung von Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von weiteren 37 Euro monatlich.   

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden im Rahmen der Bewilligung von Arbeitslosengeld II (Alg II) in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 31. Juli 2016). Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt (§ 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II). Den angemessenen Umfang übersteigende Kosten sind gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II als Bedarf solange zu berücksichtigen, wie es dem Hilfebedürftigen konkret nicht möglich oder nicht zumutbar ist, die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate.

Der Kläger hat nicht bereits nach Maßgabe des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II einen Anspruch auf Übernahme seiner tatsächlichen Kosten für Unterkunft und Heizung, nachdem er trotz Ablehnung der Zusicherung mit Bescheid vom 29. September 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Oktober 2016 und Hinweis auf die Unangemessenheit der Unterkunftskosten in die Wohnung gezogen ist. Eine Begrenzung der Leistungen auf den bisherigen Bedarf gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II kommt ebenfalls nicht in Betracht. Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II findet auf Fallgestaltungen, bei denen ein Umzug über die Grenzen des Vergleichsraums hinaus vorgenommen wird, von vornherein keine Anwendung (st. Rspr., BSG, Urteil vom 1. Juni 2010 - B 4 AS 60/09 R - juris Rdnr. 18). Der Kläger lebte vor seinem Umzug jedoch in W. und damit außerhalb des nunmehr maßgeblichen Vergleichsraums. 

Der Kläger hat auch im Übrigen keinen Anspruch auf Übernahme höherer Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von weiteren 37 Euro monatlich.

Die Prüfung der Angemessenheit des Bedarfs für die Unterkunft und der des Bedarfs für die Heizung haben grundsätzlich getrennt voneinander zu erfolgen (vgl. nur BSG vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris Rdnr. 15) unbeschadet der Wirtschaftlichkeitsprüfung bei Kostensenkungsaufforderungen (§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II) und der Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II. Der Begriff der Angemessenheit unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R - juris Rdnr. 15 ff.). 

Die Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft hat unter Anwendung der Produkttheorie (Wohnungsgröße in Quadratmeter multipliziert mit dem Quadratmeterpreis) in einem mehrstufigen Verfahren zu erfolgen, das wie folgt zusammenzufassen ist: (aa) Bestimmung der (abstrakt) angemessenen Wohnungsgröße für die leistungsberechtigte(n) Person(en), (bb) Bestimmung des angemessenen Wohnungsstandards, (cc) Ermittlung der aufzuwendenden Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept, (dd) Einbeziehung der angemessenen kalten Betriebskosten (st. Rspr. BSG, Urteile vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris Rdnr. 13 ff.; vom 20. Dezember 2011 - B 4 AS 19/11 R - juris Rdnr. 14 ff.; BSG vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris Rdnr. 18; vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 R - juris Rdnr. 14 ff.; zuletzt konkretisiert durch Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R - juris Rdnr. 20 ff. sowie Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 11/18 R - juris Rdnr. 19 ff.).

aa.) Die angemessene Wohnungsgröße beträgt für Alleinstehende wie den Kläger in Baden-Württemberg 45 m². Dabei greift der Senat für die Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße auf die Werte der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung (VwV-SozWo) vom 12. Februar 2002 (Gemeinsames ABl. 2002, 240) i.d.F. vom 22. Januar 2004 (Gemeinsames ABl. 2004, 248) zurück. Hiernach ist für einen Alleinstehenden eine Wohnungsgröße von bis zu 45 m² angemessen (Ziff. 5.7.1 VwV-SozWo). Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rdnr. 15 m. w. N.). Die Angemessenheit der Wohnungsgröße richtet sich grundsätzlich nach den Werten, die die Länder aufgrund des § 10 Wohnraumförderungsgesetz vom 13. September 2001 festgelegt haben (BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - juris Rdnr. 20). Das Landesgesetz zur Förderung von Wohnraum und Stabilisierung von Quartierstrukturen in Baden-Württemberg (Landeswohnraumförderungsgesetz <LWoFG>) vom 11. Dezember 2007 (GBl. 581) enthält im Zusammenhang mit den Belegungs- und Mietbindungen bei gefördertem Mietwohnraum keine gesetzlich festgelegten und nach Personenzahl differenzierten Quadratmeter-Größen angemessener Wohnungen (vgl. § 15 LWoFG), sodass zur Bestimmung der angemessenen Wohnungsgröße mangels anderweitiger gesetzlicher Ausführungsbestimmungen auf die VwV-SozWo zurückgegriffen werden kann (BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rdnr. 15), auch wenn die Verwaltungsvorschrift bereits im Jahr 2009 außer Kraft getreten ist. Ein individuell höherer Wohnraumbedarf ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die Wohnungsgröße überschreitet mithin den als angemessen anzusehenden Wert (45 m²) um 15 m². Diese Überschreitung der angemessenen Wohnungsgröße wäre nur dann grundsicherungsrechtlich unbeachtlich, wenn das Produkt, ausgedrückt in der Höhe des Mietzinses, gleichwohl angemessen im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II wäre, etwa, weil der Standard der Wohnung nach unten abweicht. Das ist hier jedoch nicht der Fall, denn die tatsächlichen Aufwendungen des Klägers überschreiten im konkreten Fall die Angemessenheitsobergrenze im Vergleichsraum. Dabei hat der Beklagte die angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum hinsichtlich der Nettokaltmiete nach einem schlüssigen Konzept ermittelt.

bb.) Bei der Festlegung des Wohnstandards sind Wohnungen angemessen, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entsprechen und keinen gehobenen Wohnstandard aufweisen (BSG, Urteile vom 17. Dezember 2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rdnr. 15 und vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - juris Rdnr. 21). Wohnungen, die nicht den einfachen, sondern den untersten Stand abbilden (Substandardwohnungen), gehören nicht zu dem Wohnungsbestand, der für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist (BSG Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - juris Rdnr. 21). Zu Wohnungen des Substandards gehören Wohnungen ohne Sammelheizung und innenliegendes Bad (BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R - juris Rdnr. 20).

cc.) Der Beklagte hat die angemessene Nettokaltmiete in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept ermittelt.

Die Bildung eines als „West“ bezeichneten Vergleichsraums, der die Gemeinden A., T., S., B., M. und H. umfasst, ist nicht zu beanstanden. 

Der für die Ermittlung des Quadratmeterpreises maßgebliche Vergleichsraum ist der Raum, für den ein grundsätzlich einheitlicher abstrakter Angemessenheitswert zu ermitteln ist, innerhalb dessen einer leistungsberechtigten Person ein Umzug zur Kostensenkung grundsätzlich zumutbar ist und ein nicht erforderlicher Umzug nach § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II zu einer Deckelung der Aufwendungen auf die bisherigen führt.

Nach der Rechtsprechung des BSG (zuletzt BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R - juris Rdnr. 22 m. w. N.) ist der Vergleichsraum ein ausgehend vom Wohnort der leistungsberechtigten Person bestimmter ausreichend großer Raum der Wohnbebauung, der aufgrund räumlicher Nähe, Infrastruktur und insbesondere verkehrstechnischer Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Nach der auch für schlüssige Konzepte im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II entsprechend anzuwendenden gesetzgeberischen Vorgabe in § 22b Abs. 1 Satz 4 SGB II bildet das Zuständigkeitsgebiet eines Jobcenters zunächst einen Vergleichsraum, der indes aufgrund der örtlichen Gegebenheiten in mehrere Vergleichsräume zu unterteilen sein kann, für die jeweils eigene Angemessenheitswerte bestimmt werden können. Als solche örtlichen Gegebenheiten kommen weniger unterschiedliche Landschaften, sondern eher räumliche Orientierungen, wie Tagespendelbereiche für Berufstätige oder die Nähe zu Ballungsräumen, sowie aus der Datenerhebung ersichtliche, deutliche Unterschiede im Mietpreisniveau in Betracht (BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R - juris Rdnr. 23). Das BSG hat als solche Vergleichsräume die Städte München mit rund 1,36 Mio. Einwohnern (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 - B 4 AS 30/08 R - juris Rdnr. 21) und Berlin mit rund 3,4 Mio. Einwohnern angesehen (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - juris Rdnr. 24). Es hat darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung und damit vorwiegend günstigem Wohnraum das Risiko einer Ghettoisierung birgt. Demgegenüber hat es kleinere Gemeinden mit einer Einwohnerzahl unter 10000 (konkret die Gemeinde Ma. mit 8614 Einwohnern, vgl. BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 - B 4 AS 44/14 R - juris Rdnr. 17) als zu klein betrachtet, um einen eigenen Mietwohnungsmarkt abbilden zu können.

Die Firma e. ag hat den Landkreis L., in dem im Jahr 2017 ca. 543000 Einwohner lebten, wovon auf den Vergleichsraum „West“ insgesamt ca. 100000 Einwohner entfielen (Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg), wie bereits in der Erstauswertung 2015 auch in der im streitgegenständlichen Zeitraum maßgeblichen Fassung des Konzepts in sieben Vergleichsräume unterteilt. Dem Mietgefälle - ausgehend von S. - folgend wurden die Kommunen Ringen mit ähnlichen Mietniveaus zugeordnet. Datengrundlage zur Festlegung der Vergleichsräume waren dabei zunächst die in der e-Preisdatenbankenthaltenen Mietwohnungsangebote innerhalb des Landkreises. Für jede Gemeinde wurden sämtliche Mietwohnungsangebote und die Quadratmetermiete im Auswertungszeitraum herausgefiltert. Ein Maß für das Mietniveau der Gemeinde war die Medianmiete, d. h. die mittlere Quadratmetermiete über alle Wohnungen in allen Wohnungsgrößenklassen in dieser Gemeinde. Hieraus ergab sich in den Gemeinden B., T., A. und S. eine Nettokaltmiete von 8,50 bis unter 9 Euro pro m² und in den Gemeinden H. und M. eine Nettokaltmiete von 8 bis unter 8,50 Euro pro m². Das ähnliche Mietpreisniveau in den zu einem Vergleichsraum zusammengefassten Gemeinden wird auch dadurch bestätigt, dass im streitgegenständlichen Zeitraum sowohl A. als auch T., B. und M. in die Mietstufe V nach Anlage 1 zu § 1 Abs. 3 Wohngeldverordnung in der Fassung vom 2. Oktober 2015 eingestuft waren. Lediglich S. wies die Mietstufe IV auf, H. war aufgrund seiner geringen Einwohnerzahl keine Mietstufe zugeordnet. Darüber hinaus grenzen die hier zusammengefassten Gemeinden aneinander an und weisen auch im Übrigen eine gemeinsame Infrastruktur auf. Die Gemeinden H. und S. verfügen über eine gemeinsame Realschule (G.), H., S. und M. verfügen zudem über eine gemeinsame Sozialstation (Ökumenische Sozialstation Nördliches S. gGmbH). B. und T. bilden des Weiteren eine vereinbarte Verwaltungsgemeinschaft. Die Gemeinden B., T. und A. sind zudem über eine S-Bahn-Linie eng miteinander verbunden, im Übrigen besteht ein Busverkehr. Die dabei am weitesten voneinander entfernt liegenden Gemeinden im Vergleichsraum „West“ sind B. und H. mit ca. 20 km. Bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel benötigt man hierfür ca. 1 Stunde, mit dem PKW ca. 20 Minuten. Damit liegen beide Orte - und folglich auch die übrigen Orte des Vergleichsraums - noch in einem zumutbaren Tagespendelbereich im Sinne des § 140 Abs. 4 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III). Auch bei einem Umzug kann mithin in dem hier maßgeblichen Vergleichsraum das soziale Umfeld aufrechterhalten werden. Anfahrtswege mit öffentlichen Verkehrsmitteln, wie sie erwerbstätigen Pendlern zugemutet werden, sind dabei auch nach der Rspr. des BSG hinzunehmen (BSG, Urteil vom 23. August 2011 - B 14 AS 91/10 R - juris Rdnr. 29). Eine Herausnahme von H. aus dem Vergleichsraum würde ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Sonderauswertung der e. ag zu keiner Veränderung im Hinblick auf die angemessene Nettokaltmiete führen. Zwar sänke die Fallzahl im Vergleichsraum „West“ für Wohnungen um 45 m² um 95 Fälle, der Richtwert für angemessene Nettokaltmieten läge jedoch weiterhin bei 380 Euro, bliebe also auch ohne H. unverändert. Die Bildung des Vergleichsraums „West“ aus den Gemeinden A., T., S., B., M. und H. ist danach nicht zu beanstanden.

Ein schlüssiges Konzept erfordert ein planmäßiges Vorgehen im Sinne einer systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenn auch orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Raum unter Beachtung von mehreren, von der Rechtsprechung des BSG entwickelten Mindestvoraussetzungen, die auch die Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung betreffen (statt vieler BSG, Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 27 m. w. N.).

Nach der Rechtsprechung des BSG soll das schlüssige Konzept die Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wird. Schlüssig ist ein Konzept, wenn es neben rechtlichen zudem bestimmte methodische Voraussetzungen erfüllt und nachvollziehbar ist. Dies erfordert trotz Methodenvielfalt insbesondere eine Definition der untersuchten Wohnungen nach Größe und Standard, Angaben über die Art und Weise der Datenerhebung, Angaben über den Zeitraum, auf den sich die Datenerhebung bezieht, Repräsentativität und Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze bei der Datenauswertung, Vermeidung von „Brennpunkten“ durch soziale Segregation sowie eine Begründung, in der die Ermittlung der Angemessenheitswerte aus den Daten dargelegt wird (grundlegend BSG, Urteil vom 22. September 2009 - B 4 AS 18/09 R - juris; ausführlich auch BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 - B 14 AS 24/18 R - juris Rdnr. 24).

Das hier maßgebliche Konzept der Firma e. ag stellt eine sachkundige, systematische Erfassung und Bewertung genereller Tatsachen im maßgeblichen Vergleichsraum dar und erfüllt damit die Anforderungen an ein planmäßiges Vorgehen. Das Konzept bietet Gewähr dafür, dass die aktuellen Verhältnisse des Mietwohnungsmarkts im Vergleichsraum dem Angemessenheitswert zugrunde liegen und dieser realitätsgerecht ermittelt wurde. Es ist daher ein „schlüssiges Konzept“ im Sinne der Rechtsprechung des BSG. Der Beklagte legt dieses Konzept seinen Entscheidungen über die zustehenden Unterkunftskosten generell zugrunde und entscheidet nicht „von Fall zu Fall“.

Datengrundlage waren die Mieten aller verfügbaren Wohnungen, ohne Differenzierung nach dem Standard der Wohnungen und ohne Aussonderung der Substandardwohnungen, im jeweiligen Vergleichsraum und in den jeweiligen Wohnungsgrößenklassen. Dazu zählen zum einen die Mieten öffentlich inserierter Wohnungen (Wohnungsinserate im Internet und in Zeitungen), wie sie in der e-Preisdatenbankerfasst werden. Die Daten stammen aus einschlägigen Immobilienportalen und Online-Seiten von Printmedien, über die Wohnungs- und Gewerbeimmobilien zum Kauf oder zur Miete angeboten werden. Es fließen dabei Immobilienangebote von mehreren Internetplattformen sowie Angebote aus diversen lokalen, regionalen und überregionalen Zeitungen in Deutschland ein. Wohnungsangebote, die über einen längeren Zeitraum angeboten werden, werden nur einmal, und zwar nur zu dem im jeweils betrachteten Zeitraum zuletzt genannten Preis, in die Datenbank aufgenommen. Herausgefiltert werden weiter Gewerberäume, die fälschlicherweise in die Kategorie „Wohnung“ einsortiert waren sowie untypisch große und kleine Wohnungen und untypisch hohe Mieten. Angebote mit Wohngemeinschaften, Angebote zu Wohnen auf Zeit inkl. Ferienwohnungen sowie Wohnraumangebote mit ausschließlicher Angabe der Warmmiete werden nicht mit ausgewertet. Darüber hinaus werden auch Mieten nicht öffentlich inserierter Wohnungen berücksichtigt, die ebenfalls von Bedarfsgemeinschaften angemietet werden können. Hierzu gehören Daten von örtlichen Wohnungsunternehmen. In der hier maßgeblichen Auswertung flossen Daten der Wohnungsunternehmen Bau und WohnungsVerein S., F., Wohnungsbau, Städtische Wohnbau K. und Wohnbau L. GmbH ein. Dabei wird über eine standardisierte Tabellenabfrage abgefragt, zu welchen Mieten welche Wohnungen im letzten Jahr den Mieter gewechselt haben bzw. wie viele Wohnungen welcher Größe aktuell leer stehen und zu welcher Miete angemietet werden können. Diese Daten werden zusätzlich in die e-Preisdatenbankaufgenommen und in die Auswertung miteinbezogen. Dabei werden jedoch nur solche Wohnungen aufgenommen, zu denen die Wohnungsunternehmen ausdrücklich angeben, dass diese grundsätzlich auch Beziehern von SGB II-Leistungen zur Verfügung stehen. Die meisten Wohnungsunternehmen geben zudem ausdrücklich an, dass die genannten Mietwohnungsangebote nicht öffentlich inseriert wurden. Damit erhebt die e. ag Angebote aus verschiedenen Quellen. Insgesamt flossen über 7500 Mietwohnungsangebote aus dem Landkreis L. in die Auswertung ein, von denen 1329 auf den hier maßgeblichen Vergleichsraum entfielen. Anhaltspunkte, dass es daneben weitere, unberücksichtigte Angebote in größerer Zahl gibt, die eine höhere Angemessenheitsgrenze bewirken könnten, sind nicht ersichtlich. 

Soweit es sich hierbei ausschließlich um Angebotsmieten handelt und Bestandsmieten keine Berücksichtigung finden, steht dies der Bewertung des Konzepts als „schlüssig“ nicht entgegen. Eine Pflicht zur Berücksichtigung von Bestandsmieten ließe sich mit der vom BSG anerkannten Methodenvielfalt bei der Erstellung schlüssiger Konzepte nicht vereinbaren (siehe ausführlich zur Geeignetheit von Angebotsmietenkonzepten BSG, Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 31). Die Außerachtlassung von Bestandsmieten trägt zudem am ehesten dem Umstand Rechnung, dass auch Leistungsbezieher im Rahmen einer Wohnungssuche auf die aktuellen Angebotspreise verwiesen sind (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Dezember 2019 - L 7 AS 1764/18 - juris Rdnr. 40).

Eine Pflicht zur Berücksichtigung von Bestandsmieten folgt auch nicht aus § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II, wonach bei den der Erstellung von Satzungen im Sinne des § 22a SGB II vorgelagerten Auswertungen sowohl Neuvertrags- als auch Bestandsmieten einfließen sollen. § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II bezweckt - in Übereinstimmung mit der Vorgabe des § 22a Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 SGB II (Vermeidung von Mietpreis erhöhenden Wirkungen) - die Verhinderung grundsicherungsrechtlich induzierter Steigerungen des Mietniveaus, hat mithin begrenzende Wirkung. Ob die Begrenzungsfunktion beachtet wurde, ist indes hier nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung. Die Klärung der Frage, ob ein „zu hoher“ Wert festgesetzt wurde, gehört nicht zum Rechtsschutzbegehren (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Dezember 2019 - L 7 AS 1764/18 - juris Rdnr. 41). Der Gesetzgeber hat in den §§ 22a bis 22c SGB II keine Vorgaben für die Erstellung schlüssiger Konzepte gemacht, sondern lediglich für die Erstellung der dort geregelten Satzungen. Anderenfalls müssten im Übrigen Angebotsmieten, die in § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II nicht genannt werden, bei der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes außer Betracht bleiben. Die dortigen Vorgaben können allerdings orientierende Wirkung auch für die Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II dahingehend haben, dass Kriterien, die der Gesetzgeber für die Erstellung von Satzungen legitimiert hat, auch legitime Kriterien für die Erstellung schlüssiger Konzepte sind. Anders gewendet: Genügt ein Konzept den Anforderungen, die der Gesetzgeber an eine Satzung stellt, ist das Konzept schlüssig und kann der Anwendung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zugrunde gelegt werden; dies bedeutet umgekehrt aber nicht, dass ein Konzept nur schlüssig ist, wenn es auch den Anforderungen des Gesetzgebers an eine Satzung genügt. Konkret rechtfertigt § 22c Abs. 1 Satz 3 SGB II also die Berücksichtigung von Bestandsmieten bei der Erstellung eines schlüssigen Konzeptes (BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 - B 4 AS 33/16 R - juris Rdnr. 17), erzwingt sie aber nicht. Die Frage, ob und in welchem Umfang Angebotsmieten als Datengrundlage herangezogen werden (können), betrifft die Methodenfreiheit der Grundsicherungsträger unter Berücksichtigung höchst unterschiedlicher Wohnungsmärkte (zum Ganzen BSG, Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 33 m.w.N.).

Etwas anderes folgt auch nicht aus der Formulierung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG), wonach die Regelungen der §§ 22a bis 22c SGB II bei der Auslegung des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II „zu berücksichtigen“ sind (BVerfG <Kammer> vom 6. Oktober 2017 - 1 BvL 2/15 u. a. - juris Rdnr. 17). Dies gilt schon deshalb, weil „berücksichtigen“ nur die Pflicht bedeutet, die Regelung zur Kenntnis zu nehmen und sich damit gebührend auseinanderzusetzen (vgl. BVerfG vom 14. Oktober 2004 - 2 BvR 1481/04 - juris Rdnr. 62) und - anders als der Begriff „zu beachten“ - keine strikte Bindung im Sinne einer Eins-zu-Eins-Anwendung zur Folge hat (BSG, Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 34 m.w.N.).   

Auswertungszeitraum war der Zeitraum 1. Juli 2014 bis 30. Juni 2016. Die Daten sind für den hier streitgegenständlichen Zeitraum ausreichend aktuell. Eine Synchronität von Datenerhebung und Bewilligungszeitraum muss nicht gegeben sein (siehe hierzu BSG, Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 35 m.w.N.). 

Der Einwand des Klägers, dem Konzept fehle eine Definition des einfachen Wohnungsstandards und eine Begründung, aus welchen Gründen die Kappungsgrenze bei 33,33 % gezogen worden sei, greift nicht durch.

In dem Konzept wird die qualitative Angemessenheit darüber definiert, dass aus dem Mietspektrum aller verfügbaren Wohnungen einer bestimmten Wohnungsgrößenklasse (d. h. vom einfachen bis luxuriösen Standard) nur ein gewisser Teil (konkret das untere Wohnungsmarktdrittel) als qualitativ angemessen für Bedarfsgemeinschaften angesehen wurde. Diese Vorgehensweise begegnet keinen durchgreifenden Bedenken (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - juris Rdnr. 37), weil bei der Datenerhebung nicht lediglich Wohnungen mit nur einfachem Standard in einer Größe von 35 m² bis unter 55 m² zugrunde gelegt wurden, sondern zugleich auch Daten für Wohnungen mittleren, gehobenen und luxuriösen Standards. Um diese bei der Auswertung alsdann wieder auszuscheiden, weil sie für die Leistungsbezieher im Grundsicherungsrecht nicht angemessen sind, kann auf das untere Drittel (33%) zurückgegriffen werden.

Der Anteil von 33 % berücksichtigt sowohl den Anteil der Wohnungssuchenden, die entweder selbst Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende, Sozialhilfe oder Wohngeld beziehen (ca. 10 % der Bevölkerung) als auch der Personen, die mit Beziehern dieser Leistungen um preisgünstigen Wohnraum konkurrieren. Bei den konkurrierenden Nachfragern handelt es sich um Haushalte mit einem geringen Einkommen, das sie gleichwohl unabhängig von ergänzenden Sozialleistungen macht. Hinsichtlich der letztgenannten Gruppe - Niedrig-Verdiener ohne Transferleistungsbezug - kann angenommen werden, dass die Nachfragergruppe weitere 10 % der Haushalte ausmacht (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 5. Dezember 2019 - L 7 AS 1764/18 - juris Rdnr. 37). Auf der Basis dieser Daten ist die Einschätzung von 33% des Wohnungsmarkts, der Bedarfsgemeinschaften im Sinne des SGB II zu Verfügung stehen soll, in jedem Fall als ausreichend anzusehen.

Damit standen im Beobachtungszeitraum im Vergleichsraum „West“ 78 Wohnungen für alleinstehende Leistungsempfänger zur Anmietung zur Verfügung. Anhaltspunkte dafür, dass den angebotenen angemessenen Wohnungen eine so große Zahl von Nachfragern gegenüberstand, dass Zweifel bestehen, ob Leistungsempfänger nach dem SGB II bei entsprechenden Bemühungen eine solche Wohnung hätten anmieten können, liegen nicht vor.

Nicht zu beanstanden ist dabei, dass in dem Konzept die Wohnungen, die unter dem einfachen Standard liegen - also Wohnungen mit „Ofenheizung“, bei denen sich der Mieter der Wohnung mit der Versorgung mit Kohlen und der Entsorgung der Asche befassen muss und andererseits oder kumulativ um Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC), in denen sich die Bewohner nur mit fließendem Wasser am Waschbecken (sei es in WC oder Küche) waschen, aber nicht duschen können (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - juris Rdnr. 29) - nicht ausdrücklich vorab ausgesondert worden sind. Schon aus dem Konzept selbst ergibt sich, dass die Preise solcher Substandardwohnungen nicht in relevanter Weise in die Ermittlung der Angemessenheitsgrenze eingeflossen sind. Bevor die ermittelten Mietobergrenzen als Richtwerte in die Richtwerttabelle übernommen wurden, erfolgte zunächst eine Auswertung von Qualitätsmerkmalen angemessener Wohnungen sowie auch eine Überprüfung der konkreten Verfügbarkeit in einer Online-Stichprobe (Arbeitsschritt 4). Dabei wurde überprüft, ob die Abgrenzung des unteren Wohnungsmarktsegmentes zu eng erfolgt ist. Grundlage war die e.-Preisdatenbank, die Informationen über die Qualitäts- und Ausstattungsmerkmale der angebotenen Wohnungen in dem Umfang enthält, wie sie im Anzeigentext erwähnt sind. Bei dieser Überprüfung wurde zugrunde gelegt, dass nahezu 100 % aller in der e-Preisdatenbankerfassten Mietwohnungsangebote über Badewanne/Dusche und Toilette verfügen. Dies entspricht dem Ergebnis des Zensus 2011, wonach im gesamten Landkreis L. lediglich 1,3 % aller Mietwohnungen kein WC und/oder keine Badewanne aufwiesen. Beispielhaft werden in dem Konzept die Ergebnisse bei den ca. 75 m² großen Wohnungen im Vergleichsraum „West“ aufgeführt. In dieser Wohnungsgrößenklasse wurde der Anteil von Wohnungen mit Kohleöfen mit 0 % ausgewiesen. Gleiches gilt für die in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Sonderauswertung für 1 Personen-Haushalte im hier streitgegenständlichen Vergleichsraum. Auch in dieser Wohnungsgrößenklasse finden sich keine Wohnungen mit Kohleöfen. In dem Konzept wird zudem nachvollziehbar dargelegt, dass auch die Absonderung von Wohnungsangeboten ohne Angabe der Heizungsart bzw. solcher Angebote mit der Angabe „keine Heizung“, „Zimmerheizung“, Befeuerungsart „Elektro“, Befeuerungsart „Kohle“ oder „kein Bad“ im Ergebnis zu keinen anderen Richtwerten führen. Hintergrund dafür ist, dass es kaum noch Wohnungen mit Kohleöfen in der Vermarktung gibt und dass Wohnungen ohne Angabe zur Heizung genauso teuer sind wie Wohnungen mit Angaben zur Heizung. Für den Senat ist damit nachvollziehbar dargelegt, dass die Herausfilterung von Substandardwohnungen keine statistisch relevanten Abweichungen bewirkt.        

Die sich aufgrund des schlüssigen Konzepts ergebende Angemessenheitsgrenze für Ein-Personen-Haushalte im Vergleichsraum „West“ in Höhe von 380 Euro für die Nettokaltmiete ist damit nicht zu beanstanden.

dd.) Neben der Nettokaltmiete sind auch die angemessenen Betriebskosten im Sinne des § 556 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen (st. Rspr, vgl. nur BSG, Urteile vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - juris Rdnr. 33; vom 10. September 2013 - B 4 AS 77/12 R - juris Rdnr. 31; vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R - juris Rdnr. 33). Dabei ist es zulässig, auf bereits vorliegende Daten aus örtlichen Betriebskostenübersichten zurückzugreifen und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte (BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - juris Rdnr. 34; zuletzt Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 41).

Das SG hat zur Bestimmung der abstrakt angemessenen kalten Nebenkosten zutreffend den Betriebskostenspiegel des Deutschen Mieterbundes Baden-Württemberg in der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung veröffentlichten Version (hier 2015/2016; zum maßgeblichen Zeitpunkt BSG, Urteil vom 12. Juni 2013 - B 14 AS 60/12 R - juris Rdnr. 25) zugrunde gelegt, woraus sich eine Angemessenheitsgrenze von 1,65 Euro pro m² für kalte Nebenkosten ergibt, insgesamt also 74,25 Euro monatlich. Anhaltspunkte dafür, dass die vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellten Übersichten (Betriebskostenspiegel) das örtliche Niveau besser abbilden, sind nicht ersichtlich (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 19. Oktober 2010 - B 14 AS 50/10 R - juris Rdnr. 33 ff.). Hinsichtlich der Vorauszahlungen für die kalten Betriebskosten, die in den jeweiligen Betriebskostenspiegel Eingang gefunden haben, hält der Senat - wie auch das SG - es grundsätzlich für angebracht, mit Ausnahme von Heizung und Warmwasser sämtliche in die Betriebskosten eingeflossene Positionen anzusetzen und nicht einzelne, wie z.B. die Kosten für einen Fahrstuhl oder die Gartenpflege, herauszurechnen. Bei der Berechnung des angemessenen Betrages geht es nicht um die individuelle Festlegung der für einzelne Wohnbereiche typischen Kosten, sondern um eine abstrakte Rechengröße. Insofern mögen teilweise Beträge angesetzt werden, die im konkreten Fall keine Bedeutung haben können, umgekehrt mögen auch konkrete Werte keine ausreichende Berücksichtigung finden. Allerdings hat der Beklagte vorliegend die Kosten der Müllbeseitigung für den streitgegenständlichen Zeitraum mit Bescheid vom 16. Februar 2017 gesondert übernommen. Um eine doppelte Berücksichtigung zu vermeiden, ist der in dem Betriebskostenspiegel Baden-Württemberg für diese Position eingeflossene Betrag daher bei der Berechnung der angemessenen kalten Nebenkosten nicht einzubeziehen.    

Zu den tatsächlichen Aufwendungen für die Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Mietwohnungen gehören bei entsprechender vertraglicher Vereinbarung (vgl. § 556 BGB i.V.m. § 2 Nr. 4 Betriebskostenverordnung) die gegenüber dem Vermieter geschuldeten, in monatlichen Abschlägen zu zahlenden Heizkostenvorauszahlungen. Nach § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden die Heizkosten in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind.

Dabei ist hier die Besonderheit zu beachten, dass der Kläger im streitigen Zeitraum ausweislich seines Mietvertrags zu einer nicht näher aufgeschlüsselten monatlichen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 130 Euro verpflichtet war. Da die Höhe der konkret-individuellen Aufwendungen für die Heizung aufgrund der einheitlichen Vorauszahlung der monatlichen Betriebs- und Heizkosten im streitigen Zeitraum nicht beziffert waren, sind diese in einem ersten Schritt in der Weise zu berechnen, dass von den einheitlichen Vorauszahlungen von monatlich 130 Euro die abstrakt angemessenen Betriebskosten in Höhe von 1,65 Euro/m², insgesamt also 74,25 Euro, abzusetzen sind. Der verbliebene Betrag in Höhe von 55,75 Euro ist den Heizkosten zuzurechnen. In einem zweiten Schritt ist zu prüfen, ob dieser Wert unter den Beträgen aus einem kommunalen Heizspiegel bzw. - soweit ein solcher (wie vorliegend) nicht vorhanden ist - des bundesweiten Heizspiegels verbleibt (zu diesem Vorgehen BSG, Urteil vom 18. November 2014 - B 4 AS 9/14 R - juris Rdnr. 34), was hier der Fall ist.

Als Grenzwert legt das BSG dabei den Wert zugrunde, der sich aus der Spalte für die „extrem hohen“ Heizkosten des jeweiligen Energieträgers (rechte Spalte) und der Größe der Wohnanlage ergibt. Dieser ist mit der für den Haushalt des Leistungsberechtigten abstrakt angemessenen Quadratmeterzahl der Wohnung zu multiplizieren (BSG, Urteil vom 2. Juli 2009 - B 14 AS 36/08 R - juris Rdnr. 22). Unter Berücksichtigung des zum Zeitpunkt der (letzten) behördlichen Entscheidung vorliegenden Heizspiegels 2017 (Stand November 2017) ergibt sich damit eine Angemessenheitsgrenze von 60,75 Euro monatlich (rechte Spalte Erdgas über 1000 m² Gesamtwohnfläche 16,20 Euro * 45 m² / 12 Monate), so dass die Heizkosten des Klägers in Höhe von 55,75 Euro hier unter diesem Wert verbleiben.   

Soweit das SG höhere Heizkosten bei seiner Berechnung der angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung zugrunde legt, ist ihm nicht zu folgen. Zwar ermöglicht § 22 Abs. 10 Satz 1 SGB II die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze für Unterkunfts- und Heizkosten, § 22 Abs. 10 Satz 2 SGB II lässt anstelle einer Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Heizkosten als Teil der Gesamtangemessenheitsgrenze auch die Heranziehung des Werts für die Kosten der Heizung zu, den der Träger bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit als Grenzwert für die Beurteilung der Heizkosten zugrunde legt. Allerdings setzt die Gesamtangemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 10 SGB II in jedem Fall ein schlüssiges Konzept des Trägers wegen der Kosten der Unterkunft und eine daran anschließende Entscheidung des Trägers voraus, in allen Fällen („abstrakt“) eine Gesamtangemessenheitsgrenze zur Anwendung kommen zu lassen. Hiervon hat der Beklagte keinen Gebrauch gemacht. Insbesondere § 22 Abs. 10 Satz 2 SGB II schafft damit eine weitere Methode zur Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft und Heizung, wegen der dem Träger aber eine Methodenfreiheit zukommt. Die Entscheidung, eine Gesamtangemessenheitsgrenze zu bilden, darf durch ein Gericht daher nicht ersetzt werden (Krauß in: Hauck/Noftz, SGB, Stand Januar 2021, § 22 SGB II Rdnr. 244 ff.).  

Nach alledem ergeben sich monatlich angemessene Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 510 Euro (Kaltmiete 380 Euro, kalte Nebenkosten 74,25 Euro, Heizkosten 55,75 Euro). Im streitgegenständlichen Zeitraum von Dezember 2016 bis Februar 2017 hat der Beklagte dem Kläger Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von 503 Euro gewährt, so dass dem Kläger ein Anspruch auf weitere 7 Euro monatlich zusteht.

Die Berufung des Klägers bleibt mithin ohne Erfolg, der Beklagte konnte mit seiner Berufung in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang durchdringen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 1 und 2 SGG liegen nicht vor. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Ob die in der Rechtsprechung des BSG aufgestellten Anforderungen an die realitätsgerechte Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten im Sinne von § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II zutreffend angewandt worden sind oder nicht, bleibt nach der Rechtsprechung des BSG aber auch dann eine Frage der Rechtsanwendung im Einzelfall, wenn sie sich - wie hier - in einem Landkreis in einer größeren Zahl von Fällen einheitlich stellt (vgl. BSG, Urteil vom 7. Oktober 2015 - B 14 AS 255/15 B - juris Rdnr. 3). Der Senat weicht darüber hinaus mit seiner Entscheidung auch nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab (vgl. § 160 Abs. 2 Nr. 3 SGG). Insbesondere die Frage, ob ein Konzept, das bei der Festlegung der Nettokaltmiete ausschließlich auf der Auswertung von Wohnungsinseraten beruht, schlüssig ist, hat das BSG mit Urteil vom 17. September 2020 - B 4 AS 22/20 R - juris Rdnr. 32 bejahend entschieden.

Rechtskraft
Aus
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