Zum Vorliegen einer versicherungspflichtigen Beschäftigung bei einer zur Umgehung der Sozialversicherungspflicht gegründeten GbR der beschäftigten Arbeitnehmer
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 03.09.2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen, welcher seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren endgültig auf 5.000 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beigeladene bei seiner Tätigkeit für die Klägerin ab 19.10.2015 abhängig beschäftigt war und der Sozialversicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung unterlag.
Die Klägerin firmierte ursprünglich unter dem Namen L GmbH. Seit dem 20.01.2016 wurde die Firma in B GmbH geändert. Unternehmensgegenstand ist laut Handelsregister die Herstellung und der Vertrieb von Baustoffartikeln und Bauelementen für den Hochbau und Tiefbau. Die Klägerin verfügt über Werke in B1 und N.
Für die Klägerin sind seit mehreren Jahren zumeist rumänische Staatsangehörige tätig, welche von der Klägerin als selbstständige Unternehmer angesehen werden. Die rumänischen Staatsangehörigen gründeten insgesamt zehn Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbRs), bestehend aus jeweils zwei oder mehr Personen. Alle Gesellschaftsverträge sind als Nachtrag zum Gesellschaftsvertrag bezeichnet, haben denselben Wortlaut und das identische Schriftbild. Dort ist bestimmt, dass die Gesellschafter keine Sach- und Bareinlagen einbringen, aber ihre gesamte Arbeitskraft. Alle GbRs haben dieselbe Geschäftsanschrift in der Istraße in K, die identisch ist mit der Wohnanschrift aller Gesellschafter im „W“ für 250,00 € Miete monatlich pro Person. Mit den GbRs schloss die Klägerin Rahmenverträge und Werkverträge. Ansprechpartner für Verhandlungen zwischen der Klägerin und allen GbRs ist T, der Gesellschafter einer anderen GbR ist. Die Klägerin stellt für die Arbeiten Anlagen, Betriebsmittel und Zubehör zur Verfügung. Die Gestaltung der Vertragsverhältnisse der Klägerin zu den GbRs war im Jahr 2008 Gegenstand von Prüfungen des Hauptzollamtes. Die Beklagte hatte im Jahr 2008 die damalige Vertragsgestaltung beanstandet und Nachforderungen von Sozialversicherungsbeiträgen gegenüber der Klägerin festgesetzt. Die Klägerin änderte nachfolgend die Vertragsgestaltung insbesondere dahingehend ab, dass nicht mehr nach Stunden abgerechnet wurde und ein Hand-in-Hand-Arbeiten mit Arbeitern der Klägerin nicht stattfand.
Am 28.10.2015 beantragte die durch ihren damaligen Bevollmächtigten vertretene Klägerin die Statusfeststellung hinsichtlich der Gesellschafter der GbRs, unter anderem der V GbR, deren Gesellschafter der Beigeladene ist. Sie gab an, die Auftragnehmer seien selbständig tätig. Sie dürften die Aufträge delegieren, würden nur bei ordnungsgemäßer Erfüllung bezahlt und seien ansonsten bei Nicht- oder Schlechtleistung sowie für Schäden haftbar. Sie seien nicht eingegliedert. Die Durchführung der Aufträge werde nicht kontrolliert, sondern nur das fertige Werk abgenommen. Die Vergütung erfolge nach der jeweils gültigen Preisvereinbarung. Ein Weisungsrecht bestehe nur bezüglich werk- bzw. objektbezogener Anweisungen gegenüber dem verantwortlichen Bevollmächtigten des Auftragnehmers. Eine Zusammenarbeit mit Personal der Klägerin finde nicht statt. Die Auftragnehmerin verpflichte sich zur Beachtung der Sicherheits- und Unfallverhütungsvorschriften, Einhaltung von Mindestlohnvorschriften sowie der Vorschriften des AÜG und AEntgG. Sie sei verpflichtet, auf Aufforderung Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse der eingesetzten Mitarbeiter sowie Unbedenklichkeitsbescheinigungen vorzulegen.
Der Bevollmächtigte legte einen Nachtrag zum Vertrag einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts (GbR) ab dem 29.09.2008 zwischen dem Beigeladenen und C, eine Gewerbeanmeldung der V GbR, einen Rahmenvertrag zwischen der Klägerin und der V GbR, einen Musterwerkvertrag zwischen der Klägerin und der V GbR und eine Preisvereinbarung vom 22.10.2015 vor. Gemeinsamer Zweck der V GbR, deren Gesellschaftsvertrag vom Beigeladenen und dem C unterzeichnet ist, ist die selbständige Tätigkeit als Stahlbetonfertigteilbauer/Betonsteinbauer in der Industrie. Der eingereichte Gesellschaftsvertrag führt als Beginn der GbR den 29.09.2008 auf. Nach dem vorgelegten Rahmenvertrag waren die Werkleistungen der V GbR das Brechen von Tivoli-Steinen sowie die Herstellung von Mauerscheiben, Standard und Artwork. Der Rahmenvertrag enthält eine genaue Tätigkeitsbeschreibung. Der vorgelegte Musterwerkvertrag sieht unter Bezugnahme auf die Preisvereinbarung vom 22.10.2015 eine Vergütung für Tivoli-Fliesen von 0,90 €/Stück bzw. + 0,30 €/Stück für 3- und 4-seitige, für Mauerscheiben von 6,38 lfm. bzw. 7,98 lfm. vor. Die Preisvereinbarungen mit anderen GbRs, die Mauerscheiben herstellten, sahen denselben Preis vor.
Mit Schreiben vom 23.10.2015 beantragten die beiden Gesellschafter der V GbR ebenfalls die Statusfeststellung. Sie gaben an, Arbeitnehmer zu beschäftigen und außer für die Klägerin für zwei weitere Auftraggeber tätig zu sein.
Auf Nachfrage der Beklagten vom 26.04.2016 teilte der damalige Bevollmächtigte der Klägerin mit Schreiben vom 20.05.2016 gleichlautend für alle GbRs Folgendes mit: Zur Frage, wie sie aufeinander aufmerksam geworden seien, gab sie an, die Gesellschaften seien in der regionalen Branche als zuverlässige Auftragnehmer bekannt. Das Vertragsverhältnis habe im Oktober 2015 begonnen, einzelne Gesellschaften und Gesellschafter seien schon vorher für sie tätig gewesen.
Mit Schreiben vom 20.05.2016 teilte der jetzige Bevollmächtigte der Klägerin mit, dass alle GbRs zwischenzeitlich eigene Arbeitnehmer beschäftigt hätten. Dies ergebe sich aus den Betriebsnummern der einzelnen GbRs. Eingereicht wurde zudem eine Ergänzung zum Rahmenvertrag vom 19.10.2015 zwischen der Klägerin und der V GbR, Preisvereinbarungen vom 22.10.2015 und vom 09.05.2016, Werkverträge, Rechnungen und eine Werkzeugliste der V GbR.
Die Beklagte teilte zunächst mit 25.07.2016 mit, dass ein Statusfeststellungsverfahren nicht durchgeführt werden könne, da eine Entscheidungsfindung anhand der eingereichten Unterlagen nicht möglich sei.
Mit Schreiben vom 27.05.2016 trug der Bevollmächtigte sämtlicher Gesellschafter der GbRs vor und teilte betreffend den Beigeladenen mit, er nehme Privatentnahmen von 40% des Umsatzes unter Berücksichtigung des Umfangs der Tätigkeit vor. Der Kontakt zur Klägerin sei über eine andere GbR entstanden. Die GbR trete werbend am Markt auf. Sie mache Angebote an andere Betonwerker. Vorgelegt wurden Schreiben der V GbR an weitere Firmen, die bereits aktenkundigen Vereinbarungen zwischen der V GbR und der Klägerin, Rahmenverträgen zwischen der V GbR und den anderen GbRs, eine Auflistung der Privatentnahmen des Beigeladenen, Schriftverkehr über Preisvereinbarungen zwischen der Klägerin und der V GbR, Rechnungen an sowie Werkverträge der V GbR mit der Klägerin, Rechnungen der V GbR an die anderen GbRs, Unterlagen über Beitragsnachforderungen der SBK sowie Gebührenrechnungen des Steuerberaters sowie Rechnungen über Baubedarf, eine Werkzeugliste der V GbR und Rechnungen für die Unterkunft.
Der Bevollmächtigte der Klägerin sowie des Beigeladenen legten gegen die Mitteilung vom 25.07.2016 jeweils Widerspruch ein.
Auf Nachfrage der Beklagten mit Schreiben vom 13.09.2016 machte der Bevollmächtigte des Beigeladenen mit Schreiben vom 19.09.2016 weitere Angaben und teilte unter anderem mit, dass es keine festen Arbeitszeiten gegeben habe und Sprecher der V GbR der Beigeladene gewesen sei.
Der Bevollmächtigte der Klägerin übersandte mit Schreiben vom 24.10.2016 eine Aufstellung der Zahlungen der Klägerin an die V GbR im Zeitraum von Oktober 2015 bis Oktober 2016.
Mit Schreiben vom 20.01.2017 hörte die Beklagte die Klägerin sowie den Beigeladenen zur beabsichtigten Feststellung einer abhängigen, sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung an.
Der Bevollmächtigte der Klägerin nahm mit Schreiben vom 03.04.2017 Stellung und führte aus, dass das Tätigwerden der GbR auf dem Betriebsgelände der Klägerin und die Nutzung der Maschinen der Klägerin bei der Fertigung der schweren Teile wirtschaftlich nicht anders möglich sei. Die GbR entscheide jedoch selbstständig und verfüge auch über eigenes Werkzeug. Auch würden die Arbeitszeiten eigenständig organisiert und nicht von der Klägerin aufgezeichnet oder kontrolliert. Auch schulde die GbR ein mangelfreies Werk und trage daher ein Unternehmerrisiko. Auch treffe die GbR die alleinige Entscheidung, mit welchem Personaleinsatz sie die angenommenen Aufträge abarbeiten wolle. Auch sei der Einsatz von Kapital in erheblichem Umfang und die Gefahr des Verlustes keine messbaren Kriterien. Sie könnten nicht bei Fehlen pauschal auf eine Arbeitnehmereigenschaft hindeuten. Das Vergütungskriterium sei auch nur die Herstellung des vertraglich geschuldeten Werkes. Die Beklagte verkenne auch, dass die GbR wirksam gegründet sei und als solche am Wirtschaftsleben teilnehme. Auch beschäftige die GbR eigene Arbeitnehmer und erscheine in eigener Arbeitskleidung. Die jeweiligen GbRs seien auch vollständig eigenorganisiert und kein Beschäftigter der GbR übe dieselbe Tätigkeit wie die Arbeitnehmer der Klägerin aus. Eine Zusammenarbeit finde nicht statt.
Mit Bescheiden vom 24.04.2017 stellte die Beklagte gegenüber der Klägerin sowie dem Beigeladenen fest, dass die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin ab dem 19.10.2015 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung erfolge und Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung ab 19.10.2015 bestehe. Dafür seien folgende Gesichtspunkte maßgeblich: Die Tätigkeit erfolge auf dem Betriebsgelände der Klägerin an und mit Maschinen der Klägerin. Die notwendigen Arbeitsmaterialien würden von der Klägerin kostenfrei gestellt. Die Arbeitszeiten seien nicht im Wesentlichen frei wählbar. Es liege eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation der Klägerin vor und es bestehe kein eigenes unternehmerisches Handeln mit entsprechenden Chancen und Risiken und kein eigener Kapitaleinsatz mit Gefahr des Verlustes. Die Vergütung erfolge nach Arbeitsaufwand und tatsächlich erbrachter Leistung. Das Bestehen einer GbR schließe eine abhängige Beschäftigung nicht aus. Die GbR habe keine eigene Betriebsstätte. Die GbR habe der Klägerin einen verantwortlichen Bevollmächtigten nach dem Rahmen – Werkvertrag zu nennen. Dieser müsse ständig vor Ort sein. Es liege kein eigenes unternehmerisches Auftreten vor. Wesentliche Merkmale für eine selbstständige Tätigkeit lägen nicht vor.
Der Beigeladene legte am 28.04.2017, die Klägerin am 24.05.2017 Widerspruch ein.
Die Klägerin trug in ihrer Widerspruchsbegründung vom 21.07.2017 vor, dass die Tätigkeiten genau beschrieben seien. Nach Abschluss des Einzelauftrags erfolge die Abarbeitung desselben, wobei die Organisation der Arbeitsabläufe. vollständig autonom durch die V GbR erfolge. Der Zeitraum hierfür ergebe sich aus dem Einzelauftrag. Es gebe weder Zeitaufzeichnungen noch Stundenaufstellungen. Eine An- oder Abmeldung bei der Klägerin finde nicht statt. Die GbR lege eigenverantwortlich Personaleinsatz und Organisationsstruktur fest. Krankenstände würden nicht gemeldet und nicht dokumentiert. Es gebe keine laufende Überwachung, keine Einsatzplanung, keine unmittelbare Koordinierung. Die Aufträge würden nicht in Zusammenarbeit mit anderen Auftragnehmern ausgeführt. Die GbR habe eine selbständige Verwaltung, es bestehe keine Personalvermischung. Zusammengefasst sei die GbR wirksam gegründet, nehme als selbständiges Rechtssubjekt am Wirtschaftsleben teil, werde auf der Grundlage schriftlicher Werkverträge tätig mit wechselseitigen Haftungsrisiken und Gewährleistungen und erhalte den Werklohn nur bei Mängelfreiheit. Die in Auftrag gegebenen Werke seien abgrenzbare Werkleistungen. Die Regelungen würden tatsächlich so gelebt. Die Herstellung der Werke sei vom sonstigen Betriebsablauf der Klägerin räumlich, zeitlich und persönlich klar getrennt. Die GbR könne jederzeit andere Subunternehmer beauftragen und Aufträge von anderen Auftraggebern annehmen.
Mit Widerspruchsbescheiden vom 23.10.2017 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin sowie des Beigeladenen zurück. Zur Begründung gab sie an, ein Tätigwerden auch für andere Auftraggeber sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht entscheidend. Die Klärung erfolge jeweils nur für ein Auftragsverhältnis. Vertragliche Absprachen seien nicht maßgeblich, sondern die tatsächlichen Umstände. Die Gewerbeanmeldung sei nicht maßgeblich, weil die Gewerbeaufsicht das Vorliegen einer Beschäftigung nicht überprüfte. Es bestehe eine Eingliederung des Beigeladenen in den Betrieb der Klägerin, weil Arbeitsziel und -mittel zur Bewältigung von der Klägerin vorgegeben würden. Das Auftreten am Markt sei nicht maßgeblich. Der Beigeladene entscheide über das „Ob" des Vertragsschlusses. Die Möglichkeit der Ablehnung sei daher nicht maßgeblich, denn ein Arbeitnehmer könne einen Arbeitsplatz auch ablehnen. Gestaltungsmöglichkeiten gebe es auch bei Arbeitsplätzen. Vorliegend lasse die Art der Arbeit nur wenig Spielraum für Gestaltung, weil sie stark strukturiert sei.
Die Klägerin hat am 22.11.2017 Klage beim Sozialgericht Freiburg (SG) erhoben. Das SG hat das Verfahren zunächst unter dem Aktenzeichen S 3 R 4422/17 geführt. Mit Verbindungsbeschluss vom 11.01.2018 ist es mit den anderen Verfahren der Klägerin S 3 R 3437/17, S 3 R 3467/17, S 3 R 3576/17, S 3 R 3658/17, S 3 R 3659/17, S 3 R 3660/17, S 3 R 3734/17, S 3 R 3735/17, S 3 R 3736/17, S 3 R 3737/17, S 3 R 3842/17, S 3 R 3991/17, S 3 R 4005/17, S 3 R 4073/17, S 3 R 4196/17, S 3 R 4197/17, S 3 R 4198/17, S 3 R 4199/17, S 3 R 4200/17, S 3 R 4201/17, S 3 R 4420/17, S 3 R 4421/17, S 3 R 4423/17, S 3 R 4839/17, S 3 R 4840/17, S 3 R 4841/17, S 3 R 143/18 und S 3 R 3436/17 unter dem letztgenannten zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
Mit Beschluss vom 28.08.2018 ist das Verfahren der Klägerin betreffend den hier Beigeladenen abgetrennt worden und hat das Aktenzeichen S 6 R 3798/18 erhalten. Die übrigen Klageverfahren sind mit Beschluss vom 29.08.2018 zum Ruhen gebracht worden.
Die Klägerin hat zur Klagebegründung ihr Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt und vertieft. Es sei nicht erkennbar, wie und ob die Beklagte die von ihr als Argumente für eine abhängige Beschäftigung angeführten Umstände in die Abwägung eingestellt und gewichtet habe. Die V GbR habe die zeitliche Disposition der Werkleistungen allein und frei bestimmt. Auch seien die Werkleistungen in den Rahmen- und Einzelaufträgen exakt bestimmt gewesen und auch von der Klägerin abgenommen worden. Vergütungskriterium sei nicht eine Stückvergütung, sondern allein die Herstellung des vertraglich geschuldeten Werks. Die V GbR habe auch ein Unternehmerrisiko getragen, das sie eine mangelfreie Herstellung des Werkes geschuldet habe. Es habe auch die Möglichkeit der Ablehnung von Aufträgen gegeben. Die V GbR habe auch eigene Arbeitnehmer beschäftigt und eigene Arbeitskleidung getragen. Auch seien die jeweiligen GbRs vollständig eigenorganisiert gewesen. Kein Beschäftigter der Auftraggeberin habe die gleiche Tätigkeit ausgeübt. Die Beklagte habe die Existenz der GbR, welche wirksam gegründet worden sei und als eigene Rechtspersönlichkeit am Wirtschaftsleben teilnehme, verkannt. Die Geschäftsbeziehungen zu allen GbRs seien bereits nach der Anhörung beendet worden.
Die Beklagte hat sich zur Klageerwiderung auf die angegriffenen Bescheide bezogen und hat ergänzend vorgetragen, dass die Zwischenschaltung einer GbR eine abhängige Beschäftigung als Person nicht ausschließe. Der Beigeladene sei nicht als Mitglied einer GbR für andere erkennbar. Er sei längerfristig für die Klägerin mit immer denselben Aufgaben tätig gewesen. Die Klägerin habe seine Arbeitskraft einplanen können. Er erbringe keine erfolgsbezogene Werkleistung, sondern Arbeit im Rahmen des Produktionsprozesses der Klägerin. Zeit, Dauer und Ort der Ausführung und Arbeitsgeschwindigkeit seien von der Klägerin bestimmt. Er sei somit weisungsgebunden. Der Beigeladene ergänze die Mitarbeiter der Klägerin personell, arbeite mit fremden Maschinen und stelle Produkte der Klägerin her. Da im Zweischichtbetrieb gearbeitet werde, sei keine freie Gestaltung der Arbeitszeit möglich, auch wegen der Beauftragung mit festen Stückzahlen und kurzen Fristen für die Fertigstellung. Der ständige Zugang zum Firmengelände spreche für eine Eingliederung. Es bestehe keine wesentliche unternehmerische Gestaltungsfreiheit. Die Kontrolle durch die Klägerin erfolge über die Abnahme der fertigen Teile. Der Beigeladene setze kein eigenes Kapital ein und habe keine Chance auf höheres Entgelt, sondern sei ein Stücklohnarbeiter, der nur seine eigene Arbeitskraft einsetze.
Das SG hat den Rechtsstreit am 03.09.2020 mündlich verhandelt und den Beigeladenen sowie den ehemaligen Geschäftsführer der Klägerin befragt. Der Beigeladene hat vorgetragen, er sei 2014 nach Deutschland gekommen. C kenne er aus Rumänien, weil sie nur 30 km voneinander entfernt gelebt hätten und beide der evangelischen Kirche angehörten. Zu den Umständen der Tätigkeit könne er nur sagen, sie hätten sich getroffen und hätten das Interesse gehabt, zu funktionieren. Befragt zum Gesellschaftsvertrag der V GbR hat er angegeben, er wisse nicht viel davon. Jemand habe die Akten gemacht, er wisse nicht, wer. Er sei nicht der Chef gewesen und erst später in die Firma eingestiegen. Auf Vorhalt, dass die GbR der Rechtsform nach zwei gleichberechtigte Gesellschafter habe, hat er bekundet, er sei gekommen, um zu arbeiten und wisse keine Details. Er habe auch nicht gut deutsch gekonnt. T habe immer übersetzt. Einzelne seien gekommen und gegangen. Er habe aber gewusst, dass er in der gleichen Firma sei. Er habe damals Mauerscheiben und L-Steine hergestellt. Wann sie hätten kommen müssen, sei von der Anlieferung des Betons abhängig gewesen. Sie seien zusammen mit einem Bus dorthin gefahren. Wem der Bus gehört habe, wisse er nicht. Manchmal seien sie um 2 Uhr nachts arbeiten gegangen. Sie hätten alles vorbereiten müssen, damit die Formen fertig gewesen seien. Danach hätten sie noch den 2. Schub vorbereitet und es sei nochmals Beton gekommen. Es habe Glasfasergussformen gegeben, die habe die Klägerin gestellt, die hätten vorbereitet, eingeölt und gewischt werden müssen. Zum Rausziehen hätten sie Fäden eingelegt. Das habe diese Mauerscheiben gegeben, die habe er gemacht. Tivoli- Steine habe er nicht gemacht, die hätten die gemacht, die schon länger da gewesen seien. Die, die was gekonnt hätten, hätten den anderen gezeigt, wie man es mache. Sie hätten die Steine dann rausgebracht und die seien verkauft worden. Er habe keine Arbeiter von der Klägerin gesehen. Die Klägerin habe Reklamationen an sie herangetragen, wenn es welche gegeben habe. Er habe mit C und anderen Rumänen gearbeitet, er kenne nicht alle Namen. Er habe als Werkzeug nur einen Glätter gehabt, den habe der T ihm gegeben. Mehr habe er zum Arbeiten nicht gebraucht. Es sei nichts planbar gewesen. Wenn nicht genug zu tun gewesen sei, seien sie seien sie woanders arbeiten gegangen. Er habe dann für die Klägerin an einem anderen Ort gearbeitet und an einer Maschine Steine sandgestrahlt. Er habe von der Firma V zwischen 1.000,00 € und 2.000,00 € pro Monat bekommen, je nachdem, wieviel er gearbeitet habe. Das Geld sei nach Abzug der Kosten aufgeteilt worden. Wenn jemand anders für die V gearbeitet habe, sei er ausbezahlt worden. Manchmal habe die V andere Firmen beauftragen müssen oder andere seien dazu gekommen. Manches sei ihm zu kompliziert. Er habe sich nie für Buchhaltung interessiert. Auf die Frage, ob die V Beschäftigte gehabt habe, hat er angegeben, er wisse nichts Näheres, er habe da nur gearbeitet. Er sei jung gewesen und habe sich nicht dafür interessiert. Als er weggegangen sei, habe er erfahren, dass es Angestellte gegeben habe. Auf die Frage nach dem Firmensitz der V hat er angegeben, da sei ein Büro gewesen, er wisse aber nicht, ob es nur von der V oder auch von anderen Firmen gewesen sei. Ob es die V GbR noch gebe, wisse er nicht. Er sei im Januar 2017 oder vielleicht schon im Dezember 2016 weggegangen. Im März 2017 sei er bei der Firma H in K angestellt worden. Die sei aber in Insolvenz gegangen und ihm sei gekündigt worden. Jetzt sei er bei der Klägerin festangestellt.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 03.09.2020 abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht festgesellt, dass die Tätigkeit des Beigeladenen ab dem 19.10.2015 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt werde und Versicherungspflicht zu allen Zweigen der Sozialversicherung ab diesem Zeitpunkt bestehe. Die von der Klägerin vorgelegten Rahmen- und Werkverträge zwischen ihr und der V GbR stünden einer Beurteilung als Beschäftigungsverhältnis nicht entgegen, da sie nur zum Schein gegründet worden seien. In objektiver Hinsicht hätten alle GbRs denselben Geschäftssitz unter derselben Anschrift. Alle Gesellschafter seien unter derselben, mit dem angeblichen Geschäftssitz aller GbRs identischen Anschrift wohnhaft. Sie seien jeweils gemeinsam mit einem Bus zu Arbeitseinsätzen bei der Klägerin gebracht worden. Alle GbRs hätten denselben Gesellschaftsvertrag geschlossen. Alle hätten in die Gesellschaft nichts eingebracht außer ihrer Arbeitskraft. Alle seien im Statusfeststellungsverfahren von demselben Anwalt vertreten worden, hätten denselben Steuerberater, beinahe identische Werkzeuglisten. Gegenüber der Klägerin seien als Verhandlungspartner nicht jeweils Gesellschafter der einzelnen GbRs aufgetreten, sondern T, mit dem die Klägerin auch die Vertragsänderungen nach den Beanstandungen der Beklagten im Jahre 2008 besprochen hatte. In subjektiver Hinsicht ergebe sich das Scheingeschäft im Fall des Beigeladenen daraus, dass er keinerlei Kenntnisse hinsichtlich einer GbR gehabt habe, sondern nach eigener Bekundung nur da war, um zu arbeiten und zu „funktionieren". Zum Gesellschaftsvertrag habe er nichts sagen können. Auch zu grundlegenden Fragen der Verwaltung und Organisation habe er keine Angaben machen können. Der Beigeladene und der C hätten daher nicht ernstlich die Gründung eines Rechtssubjekts nach dem Bild des § 705 BGB beabsichtigt. Sie hätten nur arbeiten wollen. Der Beigeladene habe auch keinerlei unternehmerisches Risiko getragen. Er habe keine eigene Betriebsstätte und keine Betriebsmittel. Die Klägerin habe alle Betriebsmittel zur Verfügung gestellt. Auch nach dem Gesellschaftsvertrag verfügte der Beigeladene über keine Bar- und Sachmittel, sondern hatte nur seine Arbeitskraft. Er sei in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Wenn es nicht genug Arbeit an dem Standort gegeben habe, sei er mit dem Bus an den anderen Betriebssitz der Klägerin gebracht worden und habe dort Steine an einer Maschine sandgestrahlt. Er habe nicht die unternehmerische Chance, seinen Gewinn zu mehren gehabt, sondern sei nur für seine Arbeitskraft bezahlt worden. Die mit der V GbR getroffene Preisvereinbarung habe für Mauerscheiben denselben Preis vorgesehen wie bei anderen GbRs, die Mauerscheiben für die Klägerin hergestellt hätten. Der Beigeladene habe monatliche Zahlungen abhängig davon erhalten, wieviel er gearbeitet hatte. Die Weisungsgebundenheit ergebe sich aus den im Rahmenvertrag gegebenen präzisen Vorgaben für die Tätigkeit. Diese hätten die Ausführung der Tätigkeit Schritt für Schritt beschrieben, so dass Raum für eine eigenständige Gestaltung nicht bestanden habe.
Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat gegen das ihm am 02.10.2020 zugestellte Urteil am 05.10.2020 Berufung beim Landessozialgericht Baden – Württemberg (LSG) eingelegt. Zur Begründung hat er vorgetragen, dass die V GbR nicht lediglich zum Schein gegründet worden sei und kein Scheingeschäft i.S. des § 117 BGB vorliege. Bei der V GbR handele es sich um ein rechtswirksam gegründetes Rechtssubjekt, das eigenständig am Wirtschaftsleben teilnehme. Die V GbR habe ein Gewerbe angemeldet, sei werbend am Markt tätig gewesen und habe Angebote auch an andere Betonwerke abgegeben. Sie habe auch über eigene Arbeitnehmer verfügt, ihre gewerbe- und steuerrechtlichen Verpflichtungen erfüllt und als Steuersubjekt einheitliche und gesonderte Gewinnfeststellungen beantragt und erhalten. Sie nehme wirksam als selbstständiges Rechtssubjekt am Wirtschaftsleben teil und sei als solches Vertragspartnerin der Klägerin. Sämtliche von dem angefochtenen Urteil dargelegten Umstände beträfen die Hintergründe und die Motive der Gesellschaftsgründung. Sie ließen jedoch keine Rückschlüsse auf einen fehlenden Rechtsbindungswillen der Gesellschafter erkennen. Offensichtlich sei das Gegenteil der Fall. Das Ziel, in Deutschland zu arbeiten, hätten die Gesellschafter lediglich über die Gründung der Gesellschaft erreichen können. Der angestrebte Erfolg sei nur über eine Gültigkeit des Rechtsgeschäftes zu erlangen gewesen. Selbst wenn ein Vertragsverhältnis unmittelbar zwischen der Klägerin und dem Beigeladenen zustande gekommen wäre, sei der Beigeladene bei der Rechtsmittelführerin nicht abhängig beschäftigt gewesen. Der Beigeladene habe ein eigenes unternehmerisches Risiko getragen. Er sei weder zeitlich, organisatorisch oder inhaltlich in den Betriebsablauf und die Organisation der Rechtsmittelführerin eingegliedert gewesen, noch habe er deren Weisungen unterlegen. Für den Fall der Mangelhaftigkeit des hergestellten Werkes sei die V GbR nicht nur ihrer Vergütung verlustig gegangen, sondern habe ferner sogar für die Kosten des untergegangenen oder unbrauchbar gewordenen Materials gehaftet, das ihr von der Klägerin für die Herstellung des vereinbarten Werkes zur Verfügung gestellt wurde, sowie für die durch die Mangelhaftigkeit beim Endabnehmer der Rechtsmittelführerin entstandenen Schäden. Im Übrigen sei die V GbR in der Entscheidung über Personal- und Zeiteinsatz frei gewesen. Sie habe insbesondere die Arbeitsabläufe frei organisieren, den Einsatz von Personal und ihre Organisationsstruktur eigenverantwortlich planen und festlegen und die Werkausführung vor Ort eigenständig koordinieren und kontrollieren können. Der Beigeladene sei somit weder zeitlich, organisatorisch oder inhaltlich in den Betriebsablauf und die Organisation der Klägerin eingegliedert gewesen, habe nicht den Weisungen der Klägerin unterlegen und sei mit eigenem unternehmerischem Risiko und auf Grundlage einer wirtschaftlichen Risiko-Chancen-Abwägung tätig geworden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 03.09.2020 sowie den Bescheid vom 24.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2017 aufzuheben und festzustellen, dass die Tätigkeit des Beigeladenen für die Klägerin ab 19.10.2015 im Rahmen einer selbständigen Tätigkeit ausgeübt wurde und keine Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung bestand.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat zur Klageerwiderung vorgetragen, dass die Entscheidung des SG in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht nicht zu beanstanden sei und das SG die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen habe. In der Berufungsbegründung würden keine neuen entscheidungserheblichen Tatsachen vorgetragen, die eine Änderung der bisher von der Beklagten vertretenen Auffassung rechtfertigten.
Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und nicht zur Sache vorgetragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und dem weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die nach den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Klägerin ist zulässig aber nicht begründet. Der Bescheid vom 24.04.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.10.2017 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Das SG hat die Klage daher zu Recht abgewiesen. Der Beigeladene hat seine Tätigkeit für die Klägerin im Zeitraum ab dem 19.10.2015 im Rahmen einer abhängigen Beschäftigung ausgeübt und unterlag der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung.
Nach § 7a Abs. 1 Satz 1 SGB IV können die Beteiligten schriftlich eine Entscheidung der nach § 7a Abs. 1 Satz 3 SGB IV zuständigen Beklagten beantragen, ob eine Beschäftigung vorliegt, es sei denn, die Einzugsstelle oder ein anderer Versicherungsträger hatte im Zeitpunkt der Antragstellung bereits ein Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung eingeleitet. Die Beklagte entscheidet aufgrund einer Gesamtwürdigung aller Umstände, ob eine Beschäftigung vorliegt (§ 7a Abs. 2 SGB IV). Das Verwaltungsverfahren ist in Abs. 3 bis 5 der Vorschrift geregelt. § 7a Abs. 6 SGB IV regelt in Abweichung von den einschlägigen Vorschriften der einzelnen Versicherungszweige und des SGB IV den Eintritt der Versicherungspflicht (Satz 1) und die Fälligkeit des Gesamtsozialversicherungsbeitrags (Satz 2). Mit dem rückwirkend zum 01.01.1999 durch das Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 20.12.1999 (BGBl 2000 I S 2) eingeführten Anfrageverfahren soll eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit zur Klärung der Statusfrage erreicht werden; zugleich sollen divergierende Entscheidungen verhindert werden (BT-Drs. 14/185 S 6).
Einen entsprechenden Antrag auf Statusfeststellung hat die Klägerin am 28.10.2015 gestellt. Ein vorheriges Verfahren zur Feststellung einer Beschäftigung durch einen anderen Versicherungsträger oder die Einzugsstelle ist für den streitgegenständlichen Zeitraum nicht ersichtlich. Die Versicherungsträger sind nicht notwendig beizuladen (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 17.09.2019, L 13 R 1216/17; Beschluss vom 11.10.2018, L 10 BA 2747/18, m. w. N., juris).
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind, unterliegen in der Krankenversicherung sowie der Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung der Versicherungs- bzw. Beitragspflicht (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 SGB IV, § 5 Abs. 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch [SGB V], § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch [SGB XI] als akzessorische Regelung zur gesetzlichen Krankenversicherung [vgl. § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch [SGB VI], § 25 Abs. 1 Satz 1 SGB III), es sei denn Versicherungspflicht scheidet aufgrund gesetzlicher Regelungen aus. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs.1 Satz 1 SGB IV. Danach ist Beschäftigung die nicht selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 24.01.2007, B 12 KR 31/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 7, BSG, Urteil vom 04.07.2007, B 11 AL 5/06 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 8) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeiten über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen freigestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (ständige Rechtsprechung; vgl. zum Ganzen etwa BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17 mwN).
Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich getroffenen Vereinbarung stehende tatsächliche Beziehung und die hieraus gezogene Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so, wie sie rechtlich zulässig ist (ständige Rechtsprechung des BSG seit mindestens 2008, vgl. auch hierzu BSG, Urteil vom 29.08.2012, B 12 KR 25/10 R, SozR 4-2400 § 7 Nr. 17).
Ausgehend von diesen Maßstäben überwiegen zur Überzeugung des Senats bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls die für eine abhängige Tätigkeit sprechenden Gesichtspunkte.
Das SG hat im angefochtenen Urteil vom 03.09.2020 zutreffend dargelegt, dass die V GbR nur zum Schein gegründet wurde und daher keine wirksame Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der V GbR vorliegt. Auch der Senat sieht nach den objektiven Umständen der Gründung der GbR sowie den Angaben des Beigeladenen die Voraussetzungen für ein rechtsunwirksames Scheingeschäft nach § 117 BGB als erfüllt an. Ein ernsthafter Rechtsbindungswille des Beigeladenen, seine Tätigkeit in der Rechtsform der GbR auszuüben, ist seinen Aussagen in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2020 gegenüber dem SG nicht zu entnehmen. Der Beigeladene konnte mangels Sprachkenntnissen die Tragweite und die Umstände der GbR – Gründung nicht erfassen. Er hat auch bestätigt, dass ihm dies egal sei und er nur arbeiten wollte. Er hat einfach das unterschrieben, was ihm von der Klägerin und dem Mittelsmann T vorgelegt wurde. Der Beigeladene hat weder seine Rechtsposition als Gesellschafter erfasst, noch die Tatsache, dass die GbR in die Rechtsbeziehung zwischen ihn und die Klägerin geschaltet wurde, um die Sozialversicherungspflicht zu umgehen. Die GbR stellt insofern eine leere Hülse dar, welche nur zum Schein und zur Umgehung gegründet wurde. Dies zeigt auch die Tatsache, dass sämtliche GbRs inhaltsgleiche Vereinbarungen haben und als Geschäftsadresse das Wohnheim der rumänischen Arbeitskräfte jeweils angegeben ist. Es handelt sich somit um ein von der Klägerin entworfenes Konstrukt, welches den rumänischen Arbeitern einseitig und ohne Mitwirkung und Einflussnahme auf die Ausgestaltung zur Unterschrift vorgelegt wurde. Den rumänischen Arbeitern ging es nur darum zu arbeiten, ohne dass sie die rechtlichen Umstände der Beschäftigung erfassen und beeinflussen konnten. Dies zeigen auch die Angaben des Beigeladenen, wonach die Anweisungen von der Klägerin kamen und er – bei Auftragsmangel auf der einen Baustelle – in einem anderen Werk eingesetzt wurde. Die Klägerin hat somit frei über seine Arbeitskraft verfügt und ihn daher auch – ohne erneute Vertragsverhandlungen – zu anderen Tätigkeiten herangezogen. Der Beigeladene war somit in den Betrieb der Klägerin eingegliedert und unterlag deren Weisungen.
Überzeugend führt das SG auch aus, dass der Beigeladene keinerlei unternehmerisches Risiko trug. Er hatte keine eigene Betriebsstätte und keine Betriebsmittel. Die Klägerin stellte alle Betriebsmittel zur Verfügung. Auch nach dem Gesellschaftsvertrag verfügte er über keine Bar- und Sachmittel, sondern hatte nur seine Arbeitskraft. Soweit sich eine Liste mit Werkzeugen in den Akten befindet, welche als Betriebsvermögen der GbR angegeben werden, ist nicht erkennbar, welchen Wert diese Werkzeuge haben und ob sie tatsächlich von der GbR angeschafft wurden. Insbesondere hat der Beigeladene über die Anschaffung dieser Arbeitsmittel keine Angaben in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2020 gemacht, sondern vielmehr mitgeteilt, dass er zur Arbeit nur einen Glätter benötigt hat, welcher ihm von T zur Verfügung gestellt wurde. Der Beigeladene hat ansonsten nach seinen Angaben die von der Klägerin gestellten Arbeitsmittel benutzt. Die Aussagen zeigen daher, dass er weder Kenntnis von den in der Liste aufgeführten Betriebsmitteln der V GbR hatte, noch diese zur Erledigung der Arbeit benötigte.
Auch der Vortrag, wonach die GbR eigene Arbeitnehmer beschäftigt habe, führt nicht zur Annahme eines Unternehmerrisikos. Allein die Vergabe einer Betriebsnummer reicht ohne weitere Nachweise in Form von Arbeitsverträgen zum Nachweis des Beschäftigungsverhältnisses nicht aus, da bei der Vergabe keine Prüfung der Tätigkeit erfolgt (vgl. LSG für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12.02.2020 – L 8 BA 157/19 B ER –, juris, Rdnr. 21 sowie LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.12.2016 – L 9 KR 434/14 –, juris, Rdnr. 199). Entsprechend konnte der Beigeladene in der mündlichen Verhandlung gegenüber dem SG keine konkreten Angaben über die Beschäftigung von Arbeitnehmern durch die V GbR machen.
Es ist nicht erkennbar, dass der Beigeladene Preisverhandlungen mit der Klägerin geführt hat oder während seiner Tätigkeit für die Klägerin in Kontakt zu anderen Firmen getreten ist. Die in der Akte befindlichen Preislisten und Schreiben an andere Firmen können ihm angesichts seiner fehlenden Kenntnisse über die Konstruktion der V GbR und seine Position als Gesellschafter nicht zugerechnet werden. Ob sich die V GbR tatsächlich ernsthaft um Aufträge anderer Firmen bemüht hat und ob sie überhaupt Einfluss auf die Preisgestaltung nehmen konnte, ist daher nicht belegt. Dies gilt umso mehr als die Preise für sämtliche GbRs gleich waren, was eine einheitliche Preisvorgabe und Preisgestaltung durch die Klägerin nahelegt.
Der Senat schließt sich somit nach eigener Prüfung und Abwägung sämtlicher entscheidungsrelevanter Umstände der nach Auffassung des SG an und weist die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung zurück (§ 153 Abs. 2 SGG).
Aus der Berufungsbegründung der Klägerin vom 15.12.2020 folgt keine anderweitige Bewertung des Sachverhalts.
Soweit die Klägerin anführt, dass die fehlende Kenntnis des Beigeladenen und die wesentliche Abwicklung des Kontakts über T allein den fehlenden Sprachkenntnissen des Beigeladenen geschuldet sei, überzeugt dies angesichts der Angaben des Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung vom 03.09.2020 nicht. Diese zeigen, dass der Beigeladene keine Kenntnis über die Konstruktion der GbR und seine Stellung als Gesellschafter hatte und über Inhalt und Ergebnis von den Geschäften der GbR auch nicht von T informiert wurde. Dieser hätte – sofern er infolge der fehlenden Sprachkenntnisse des Beigeladenen – als dessen Vertreter aufgetreten ist – den Beigeladenen über die Ergebnisse informieren müssen. Dass der Beigeladenen keine Kenntnis über den Gang der Geschäfte hatte, ist somit in erster Linie nicht den fehlenden Sprachkenntnissen geschuldet, sondern zeigt, dass T für sämtliche GbRs auftrat, über deren Geschäfte bestimmte und die eigentlichen Gesellschafter keinerlei Kenntnis und Rechtsmacht hatten. Auch dies belegt, dass es sich bei der V GbR um eine nach § 117 BGB unwirksame Scheinkonstruktion handelt, bei welcher der Beigeladene lediglich als Marionette von T sowie der Klägerin fungierte.
Entsprechend überzeugt auch der Vortrag der Klägerin nicht, wonach die V GbR wirksam am Rechtsleben teilgenommen hat und daher wirksam Verträge mit der Klägerin schließen konnte. Der Senat hat bereits ausgeführt, dass die GbR als Scheinkonstruktion zur Umgehung der Sozialversicherungspflicht gegründet wurde (vgl. hierzu auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 13.03.2018 – L 11 R 609/17 –, juris). Dies zeigt auch die Tatsache, dass die Konstruktion bereits Gegenstand einer Prüfung des Hauptzollamtes und der Beklagten war mit der Folge einer Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen war, und die Klägerin die bisherige Praxis mit Änderungen fortgeführt hat. Diese Änderungen führen jedoch nicht dazu, dass die Konstellation nunmehr als rechtswirksam anzusehen wäre. Dass der Beigeladene nicht mit Arbeitnehmern der Klägerin zusammengearbeitet hat, schließt eine Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in den Betrieb nicht aus. Der Beigeladene hat angegeben, dass die wesentlichen Arbeitsmittel von der Klägerin gestellt wurden und er bei Arbeitsmangel auf der einen Baustelle für die Klägerin an einem Betriebsort tätig wurde. Die Klägerin konnte somit über seine Arbeitskraft ohne neue Vertragsverhandlungen verfügen. Die Vergütung nach Stückzahlen stellt zwar ein Indiz für eine selbstständige Tätigkeit dar (vgl. hierzu Sächsisches LSG, Urteil vom 18.12.2018 – L 9 KR 34/13 –, juris Rdnr. 54), tritt im vorliegenden Fall gegenüber dem fehlenden Unternehmerrisiko durch den fehlenden Einsatz von Betriebsmitteln und der Weisungsabhängigkeit des Beigeladenen zurück. Entgegen der Aussage der Klägerin konnte der Beigeladene das Ziel, in Deutschland zu arbeiten, nicht lediglich nur über die Gründung der Gesellschaft erreichen. Der Beigeladene war danach bei einer anderen Firma und auch nachfolgend auch bei der Klägerin im Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig. Auch im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung ist eine Vergütung nach geleisteter Arbeit möglich (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 10.04.2019 – L 8 R 1086/17 –, juris). Der Verweis auf die Mängelgewährleistung reicht zur Annahme eines wesentlichen Unternehmerrisikos ohne weitere Indizien nicht aus. Allein die Zuweisung von Risiken macht einen abhängig Beschäftigten noch nicht zum Selbständigen. Stellt sich die Risikozuweisung, wie z. B. fehlende Lohnfortzahlung im Krankheitsfall, fehlender Urlaubsanspruch, Mängelgewährleistung oder umfassende Haftung lediglich als Zweck einer vorgeschobenen Selbständigkeit dar, so sind diese Merkmale ungeeignet, die Annahme von Selbständigkeit zu begründen (LSG Hamburg, Urteil vom 14.12.2011 – L 2 R 139/10 –, juris, Rdnr. 41).
In der Gesamtabwägung überwiegen daher bezüglich des Beigeladenen deutlich die Gesichtspunkte, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprechen. Der Senat misst dem fehlenden Unternehmerrisiko und der Weisungsabhängigkeit und Eingliederung in den Betrieb der Klägerin wesentliches Gewicht für die Annahme einer abhängigen Beschäftigung mit der Folge der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung, der sozialen Pflegeversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Der Beigeladene trägt gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG iVm § 162 Abs. 3 VwGO seine außergerichtlichen Kosten selbst. Der Senat sieht keine Veranlassung, diese Kosten aus Billigkeit dem unterliegenden Beteiligten aufzuerlegen, weil der Beigeladene keinen Antrag gestellt hat (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, 13. Aufl. 2020, § 197a Rdnr 29 mwN).
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 197a Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 2, § 47 GKG endgültig festgesetzt. Die Höhe des Streitwerts entspricht dem Auffangstreitwert von 5.000,00 €, da bislang lediglich über das Bestehen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses und die hieraus folgende Sozialversicherungspflicht entschieden wurde, aber noch keine Gesamtsozialversicherungsbeiträge festgesetzt wurden.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG).