L 4 KR 403/20

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
4.
1. Instanz
SG Mannheim (BWB)
Aktenzeichen
S 10 KR 3403/18
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 4 KR 403/20
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

Auf die Berufung der Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Dezember 2019 aufgehoben und die Klage abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die beklagte Krankenkasse der Klägerin - insbesondere aufgrund einer Genehmigungsfiktion - eine stationäre Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik zur kieferchirurgischen Therapie eines Schlafapnoesyndroms (sog. maxillomandibuläres Advancement) als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren hat.

Die 1966 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert. Sie leidet seit längerer Zeit unter einem obstruktiven Schlafapnoesyndrom, das mit einer nächtlichen Überdruckbeatmung (CPAP-Maskentherapie) behandelt wird.

Am 27. Februar 2018 reichte die Klägerin bei der Beklagten ein Kostengutsprachegesuch des F von der Abteilung für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie und Oralchirurgie der SKlinik GmbH H eines nicht zugelassenen interdisziplinären Fachkrankenhauses, ein. Darin bat F im Namen der Klägerin um Übernahme der Kosten für einen operativen Eingriff in Form eines bimaxillären Rotation Advancement mit Türflügelprinzip. Als Diagnosen nannte er ein leichtgradiges obstruktives Schlafapnoesyndrom, CPAP-Maskenineffizienz, Adipositas, depressive Verstimmungen, Cranio-Mandibuläre Dysfunktion sowie eine Dysgnathie durch Rücklage des Ober- und Unterkiefers und führte aus, die Klägerin sei bei ihm vorstellig geworden, da sie auch nach Entfernung der Rachenmandeln, Operation des Gaumensegels und der Kieferhöhlen, CPAP-Maskenbehandlung und zahlreichen weiteren medizinischen Behandlungen noch immer als pathologisch einzustufende Atemaussetzer und Sauerstoff-Entsättigungen aufweise. Da sich ihr Zustand zunehmend verschlechtere, suche die Klägerin nach alternativen Behandlungsmöglichkeiten. Sie leide unter Nackenschmerzen beidseits, Schmerzen im Schulterbereich rechts, Schmerzen in der Wirbelsäule, Beschwerden am Kiefergelenk beidseits, Cephalgien/Migräne, Tinnitus, Bronchitis, Sinusitiden, chronischer Müdigkeit und Depressionen. In der digitalen Volumentomographie habe die dreidimensionale Analyse in allen Ebenen eine Obstruktion im Bereich des posterior Air Space mit Hochrisiko-Turbulenzen ausgehend vom Ober- und Unterkiefer sowie Zungenbein gezeigt. Nach dem Befund im Schlaflabor weise die Klägerin sämtliche für eine schwere Cranio-Mandibuläre-Dysfunktion/obstruktive Schlafapnoe typischen Symptome auf. So habe die polysomnographische Untersuchung einen pathologischen Apnoe-Hypopnoe-Index (AHI von 21,2/h), einen erhöhten Entsättigungswert (41,6/h), eine erniedrigte mittlere Sauerstoffsättigung (91%) und eine erniedrigte minimale Sättigung (80%) ergeben. Aufgrund der Problematik bestünden ausgeprägte Vigilanzstörungen und Erschöpfungsphasen während des Tages. Die Behandlung mit einer CPAP-Maske habe sich als ungenügend erwiesen. Die Klägerin befinde sich in einem Teufelskreis, da sie aufgrund chronischer Müdigkeit bei geringster körperlicher Anstrengung massive Luftnot bekomme und daher nicht in der Lage sei, durch regelrechte körperliche Betätigung Gewicht abzubauen. Sie lebe in einem ständig schmerzhaften und akut lebensbedrohlichen Zustand. Der Teufelskreis müsse schnellstmöglich durch eine Erweiterung der posterior Air Space unterbrochen werden. Der ärztlich dringend indizierte Eingriff, der mit einem ca. einwöchigen stationären Aufenthalt verbunden sei, zeige eine hohe Wirksamkeit. Dem Antragsschreiben war ein auf der Grundlage der Gebührenordnungen für Ärzte und Zahnärzte (GOÄ, GOZ) berechneter Kostenvoranschlag von F für eine konservierende chirurgische Behandlung (voraussichtliche Gesamtkosten 19.333,18 €), eine Vergütungsvereinbarung über statische Zusatzuntersuchungen (Differenzsumme 161,24 €), eine Fiktivrechnung der Material- und Laborkosten (Bruttobetrag 2.862,08 €) sowie ein Kostenvoranschlag der SKlinik GmbH über eine siebentägige stationäre Krankenhausbehandlung („DRG D02A – komplexe Resektion mit Rekonstruktionen an Kopf und Hals mit komplexen Eingriff oder mit Kombinationseingriff mit äußerst schwerem CC“ – mit einem Gesamtbetrag von 22.482,32 €) beigefügt. Die Kostenvoranschläge enthielten jeweils eine vorformulierte „Erklärung des Versicherten“ bzw. „Erklärung des Zahlungspflichtigen“, mit der dieser bestätigte, dass er darüber aufgeklärt worden bzw. ihm bekannt sei, dass aufgrund der derzeitig bestehenden Verträge im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung eine gnathologische Versorgung nicht gewährleistet sei bzw. für die Leistungen eine Erstattung der Vergütung durch Erstattungsstellen möglicherweise nicht gewährleistet sei.

Die Beklagte holte zu dem Antrag eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Baden-Württemberg (MDK) ein, worüber sie die Klägerin mit Schreiben vom 27. März 2018 informierte. In seinem Gutachten vom 4. April 2018 sah S1 (MDK) die medizinischen Voraussetzungen für die beantragte Leistung nach Aktenlage nicht erfüllt. Eine Kieferoperation zur Korrektur einer Fehlstellung sei im Erwachsenenalter nur dann eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung, wenn eine so schwere Deformität vorliege, dass eine Nahrungsaufnahme nicht mehr im normalen Umfang gewährleistet sei. Dies sei bei der Klägerin nicht der Fall, sodass eine Kostenübernahme für die Korrektur der beschriebenen Kieferanomalie zu Lasten der Versichertengemeinschaft nicht begründet sei. Der Goldstandard in der Therapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms sei derzeit in Deutschland keine Operation, sondern die Versorgung mit einem CPAP-Gerät. Sollte die bisherige Einstellung nicht zu dem gewünschten Ziel geführt haben, so sei eine Korrektur der Einstellung vorzunehmen. Gestützt auf das Begutachtungsergebnis lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24. April 2018 den Antrag der Klägerin auf Kostenübernahme für die stationäre Behandlung in der SKlinik GmbH H ab. Zugleich hob sie die in Bezug auf den Antrag eingetretene Genehmigungsfiktion rückwirkend zum 6. April 2018 auf.

Am 9. Mai 2018 bat die Klägerin die Beklagte, ihr aufgrund der eingetretenen Genehmigungsfiktion eine schriftliche Behandlungszusage zuzusenden. Da die Ablehnung erst acht Wochen nach Antragstellung erfolgt sei und die Beklagte sie auch nicht unverzüglich, sondern erst nach 4,5 Wochen über die Einholung einer sozialmedizinischen Stellungnahme des MDK unterrichtet habe, sei die Genehmigungsfiktion eingetreten und könne nicht mehr durch Bescheid aufgehoben werden. Sie habe bereits einen Operationstermin vereinbart. Nach telefonischer Rücksprache mit der Klägerin wertete die Beklagte das Schreiben als Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. April 2018.

Nachdem die Praxis F auf telefonische Nachfrage der Beklagten mitteilte, dass bislang nur eine Beratung zur Operation stattgefunden habe und ein Operationstermin noch nicht vereinbart sei, forderte die Beklagte die Klägerin auf, weitere Befundunterlagen für eine Zweitbegutachtung durch den MDK im Widerspruchsverfahren vorzulegen. In ihrem Antwortschreiben vom 19. Juli 2018 vertrat die Klägerin die Auffassung, dass die Beklagte aufgrund der eingetretenen Genehmigungsfiktion zur Übernahme der Kosten für die beantragte Operation gesetzlich verpflichtet sei und es deshalb weiterer Befundberichte nicht bedürfe. Nach schriftlicher Anhörung, zu welcher die Klägerin durch ihre Prozessbevollmächtigte Stellung nahm und auf die sozialgerichtliche Rechtsprechung zur Genehmigungsfiktion und zu den Voraussetzungen für eine Rücknahme der fingierten Genehmigung hinwies (Bundessozialgericht <BSG>, Urteil vom 8. März 2016 - B 1 KR 25/15; Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 22. Februar 2018 - L 4 KR 526/16; SG München, Urteil vom 16. Juni 2016 - S 7 KR 409/15), wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch der Klägerin mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2018 zurück. Zur Begründung führte er aus, Versicherte hätten Anspruch auf eine vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sei, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachtstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden könne. Für die gewählte SKlinik GmbH liege keine Zulassung für die Abrechnung mit der gesetzlichen Krankenversicherung vor. Sofern ein durch Eintritt der Genehmigungsfiktion fingierter Verwaltungsakt die beantragte Leistung genehmigt und die Klägerin damit begünstigt habe, sei dieser Verwaltungsakt rechtswidrig, da die gesetzlichen Voraussetzungen für die Gewährung einer stationären Behandlung in einer Privatklinik nicht erfüllt seien. Ein rechtswidriger Verwaltungsakt dürfe nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut habe und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig sei. Das Vertrauen sei in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen könne. Somit könne keine andere Entscheidung bezüglich der gewünschten Kostenübernahme der beantragten Leistung getroffen werden.

Hiergegen erhob die Klägerin am 15. November 2018 beim Sozialgericht Mannheim (SG) Klage, mit welcher sie ihr Ziel, die beantragte operative Behandlung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms als Kassen(sach)leistung zu erhalten, weiterverfolgte. Zur Begründung trug sie vor, sie habe seit geraumer Zeit mit massiven Schlafstörungen und damit einhergehenden Folgebeschwerden, wie Müdigkeit, Konzentrationsstörungen, Verspannungen, Abgeschlagenheit usw. zu kämpfen. Ursache hierfür sei eine Kieferfehlstellung, die durch einen speziellen kieferchirurgischen Eingriff behandelt werden könne. Für diese Operation habe sie bei der Filiale der Beklagten in H am 22. Februar 2018 durch Einreichung der erforderlichen Unterlagen einen Antrag auf Kostenübernahme gestellt. Mit Ablauf des 16. März 2018 sei die Genehmigungsfiktion eingetreten, sodass die beantragte Leistung kraft Gesetzes als genehmigt gelte. Daran ändere nichts, dass die Beklagte sie mit Schreiben vom 27. März 2018 darüber informiert habe, dass eine Stellungnahme des MDK eingeholt werden müsse. Denn die Mitteilung über die Weiterleitung an den MDK habe sie zu einem Zeitpunkt erreicht, an dem die dreiwöchige Frist bereits verstrichen gewesen sei, sodass die Einholung der gutachterlichen Stellungnahme nicht unverzüglich erfolgt sei und somit auch nicht dazu führe, dass eine fünfwöchige Frist Anwendung finde. Aufgrund der fingierten Genehmigung ihres Antrags stehe ihr ein Naturalleistungsanspruch auf Übernahme der Kosten für die beantragte operative kieferchirurgische Behandlung zu. Insbesondere habe sie die kieferchirurgische Behandlung in der SKlinik für erforderlich halten dürfen. Diese habe auch nicht offensichtlich außerhalb des gesetzlichen Leistungskatalogs gelegen. Als sie im Februar 2018 in der SKlinik vorstellig geworden sei, habe sie bereits eine lange Leidensgeschichte hinter sich gehabt. Im Jahr 2003 seien am Universitätsklinikum H erstmals Sauerstoffabfälle durch nächtliches Schnarchen bei ihr festgestellt worden. In der Folgezeit habe sie verschiedene Fachärzte und Kliniken aufgesucht und sich zahlreichen medizinischen Behandlungen unterzogen, um eine Besserung der Symptome herbeizuführen. So seien ihre Rachenmandeln entfernt worden, dass Gaumensegel operativ korrigiert und eine Operation an den Kieferhöhlen erfolgt. Schließlich habe man ihr eine CPAP-Maskenbehandlung vorgeschlagen. Durch diese Behandlung werde jedoch nicht die eigentliche Ursache der Krankheit behandelt, sondern lediglich versucht, die Atemaussetzer zu kompensieren. Wie viele andere Patienten toleriere sie die Beatmung über die Nasen- oder Nasenmundmaske nicht. Zudem führe die Behandlung, die mit einer erheblichen Einschränkung der Lebensqualität verbunden sei, beim überwiegenden Teil der Patienten nicht zu einer dauerhaften Verbesserung der Beschwerden. Nachdem sie alle alternativen Behandlungsmöglichkeiten erfolglos ausgeschöpft habe, sei sie durch eigene Recherchen auf die SKlinik gestoßen, die auf die Behandlung des obstruktiven Schlafapnoesyndroms spezialisiert sei und über langjährige Erfahrung verfüge. Wie sich aus der Behandlungsempfehlung von F ergebe, sei der angewandte kieferchirurgische Eingriff geeignet, die Kieferfehlstellung als Ursache der Atemaussetzer zu beheben und ihr damit ein beschwerdefreies Leben zu ermöglichen. Aufgrund der fachärztlichen Empfehlung habe sie die Behandlung für erforderlich halten dürfen. Zudem handele es sich bei der beantragten Leistung um eine anerkannte und etablierte Behandlungsmethode, die im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen grundsätzlich enthalten und damit erstattungsfähig sei. Auch in der SKlinik würden immer wieder Patienten auf diese Weise behandelt, deren Behandlung von der gesetzlichen Krankenversicherung übernommen werde. Dass der Leistungserbringer in ihrem Fall eine Privatklinik sei, schließe den Eintritt der Genehmigungsfiktion für die grundsätzlich erstattungsfähige Behandlung nicht aus. Aus dem Hinweis der SKlinik, dass eine Kostenübernahme durch einen Versicherer möglicherweise nicht gewährleistet sei, habe sie unter diesen Umständen auch nicht darauf schließen können, dass eine Kostenübernahme durch ihre Krankenversicherung ausgeschlossen sei. Vielmehr sei sie mit dem Hinweis lediglich darüber informiert worden, dass die Kostenübernahme nicht gesichert sei. Gerade um herauszufinden, ob die operative Behandlung in der Privatklinik von der Beklagten übernommen werde, habe sie den Antrag auf Kostenübernahme gestellt. Schließlich sei auch die mit dem angefochtenen Bescheid erklärte Rücknahme des fiktiven Verwaltungsaktes rechtswidrig. Die Beklagte habe vor Erlass des Rücknahmebescheids die vorgeschriebene Anhörung nicht durchgeführt. Außerdem seien die gesetzlichen Rücknahmevoraussetzungen nicht erfüllt. Die fingierte Genehmigung sei nicht rechtswidrig. Denn Maßstab für die Rechtmäßigkeit der Genehmigung sei § 13 Abs. 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Die Rechtmäßigkeit der Genehmigungsfiktion sei allein nach der Erfüllung der Voraussetzungen dieser Vorschrift zu beurteilen und nicht nach den Voraussetzungen des geltend gemachten Naturalleistungsanspruchs. Im Übrigen sei die Beklagte, soweit sie die fiktive Genehmigung rückwirkend zum 6. April 2018 aufgehoben habe, von einem falschen Datum ausgegangen.

Die Beklagte trat der Klage entgegen und erwiderte, die Klägerin habe bereits vor Antragstellung eine Privatvereinbarung einschließlich eines privaten Kostenvoranschlages unterschrieben. Dabei habe sie gewusst, dass es sich um eine Privatbehandlung in einer Privatklinik und dementsprechend ganz offensichtlich nicht um eine Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung handele. Sie habe zwar die beantragte Operation für erforderlich halten dürfen, ihr habe jedoch klar sein müssen, dass der Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung keine private Zahnarztbehandlung umfasse. Die Klägerin sei zuvor regelmäßig in der Universitätsklinik H gewesen, die eine solche Operation bei medizinischer Indikation zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vornehmen könne. Eine medizinische Indikation für die kieferchirurgische Operation bestehe nach der Stellungnahme des MDK aber nicht.

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2019 verurteilte das SG die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2018, die Kosten der Klägerin für die operative kieferchirurgische Behandlung wegen einer obstruktiven Schlafapnoe gemäß dem Kostenvoranschlag vom 15. Februar 2018 zu übernehmen. Zur Begründung führte es aus, der Klägerin stehe der Anspruch auf Übernahme der Kosten für eine operative kieferchirurgische Behandlung wegen einer obstruktiven Schlafapnoe zu, da die Beklagte die Frist nach § 13 Abs. 3a Satz 1 SGB V nicht eingehalten und die eingetretene Genehmigungsfiktion auch nicht wirksam widerrufen habe. Die beantragte Leistung gelte daher wegen Fristablaufs als genehmigt. Die leistungsberechtigte Klägerin habe bei der Beklagten einen hinreichend bestimmten Antrag auf Übernahme der Kosten für eine operative kieferchirurgische Behandlung der obstruktiven Schlafapnoe gestellt, die sie für erforderlich habe halten dürfen und die nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liege. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V weiche als Sanktionsnorm gerade von den Anforderungen des Qualitätsgebots (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) und des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs. 1 SGB V) ab, indem sie selbst in den Fällen, in denen eine Krankenkasse einen in diesem Sinne fiktionsfähigen Antrag völlig übergehe, die Fiktion der Genehmigung anordne und damit bewusst in Kauf nehme, dass die Rechtsauffassung des Antragstellers nur „zufällig“ rechtmäßig sei, mithin die Leistung auch dann als genehmigt gelte, wenn der Antragsteller auf diese ohne die Genehmigungsfiktion keinen materiell-rechtlichen Anspruch habe. Es spiele keine Rolle, ob die kieferorthopädische Behandlung zur Behandlung der Schlafapnoe eine vertragsärztliche Leistung sei und dass der Leistungserbringer kein Vertragskrankenhaus sei, denn der Kostenvoranschlag entspreche der GoÄ. Die Behandlung sei medizinisch anerkannt und grundsätzlich im Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen enthalten. Die mögliche Kostenübernahme der durch einen privaten Leistungserbringer zu erbringenden Leistungen seitens der Beklagten habe die Klägerin gerade durch die Einreichung des Kostenvoranschlags abklären wollen. Den Antrag habe die Beklagte nicht innerhalb der gesetzlich vorgesehenen 3-Wochen-Frist beschieden. Selbst die 5-Wochenfrist sei am 3. April 2018 abgelaufen. Die Beklagte habe die eingetretene Genehmigungsfiktion schließlich auch nicht rechtmäßig zurückgenommen. Der Bescheid vom 24. April 2018 sei sowohl mangels Rechtsgrundlage als auch mangels Anhörung und Ermessensausübung rechtswidrig und aus diesen Gründen aufzuheben. Abgesehen davon seien auch die Rücknahmevoraussetzungen nicht erfüllt, weil die Genehmigung rechtmäßig sei. Die Kammer folge insoweit der ständigen Rechtsprechung des 1. Senats des BSG (Urteile vom 7. November 2017 - B 1 KR 24/17 R - und - B 1 KR 15/17 R), der zufolge der Widerruf einer Genehmigungsfunktion nur dann als rechtmäßig zu erachten sei, wenn die Voraussetzung für den Eintritt der Genehmigungsfiktion nicht vorgelegen hätte.

Gegen den Gerichtsbescheid, welcher der Beklagten am 30. Dezember 2019 zugestellt worden ist, richtet sich deren am 29. Januar 2020 beim Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg eingelegte Berufung. Die Beklagte ist weiter der Auffassung, dass der Antrag der Klägerin eine Leistung betroffen habe, die wegen der Erbringung in einer Privatklinik offenkundig außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenkassen liege, und deshalb eine Genehmigungsfiktion nicht habe auslösen können. Den Entscheidungen des BSG vom 7. November 2017 (B 1 KR 20/17 R und B 1 KR 1/17 R) könne im Umkehrschluss entnommen werden, dass ein Antrag, der sich von vorneherein allein auf eine privatärztliche Behandlung beziehe, der Genehmigungsfiktion nicht zugänglich sei. Außerdem sei das BSG in seinen Entscheidungen vom 27. August 2019 (B 1 KR 8/19 R und B 1 KR 9/19 R) davon ausgegangen, dass eine beantragte Leistung dann offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liege, wenn sich die Leistungsbeschränkung aus dem Gesetz ergebe. Dies könne aufgrund der gesetzlichen Regelungen der §§ 27, 39, 75 SGB V auch vorliegend angenommen werden. Der Gesetzgeber habe die kieferorthopädische Behandlung von Erwachsenen ausdrücklich aus dem Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen. Außerdem habe die Klägerin ausdrücklich die Behandlung in einer Privatklinik beantragt. Nach eigenen Angaben habe sie sich ganz bewusst für die privatärztliche Behandlung in der SKlinik und damit auch bewusst für eine Leistung außerhalb des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung entschieden. Die Klägerin habe den Eingriff bis dato nicht durchführen lassen und könne deshalb auch keinen Anspruch auf Kostenerstattung geltend machen. Ein Sachleistungsanspruch bestehe aufgrund einer Genehmigungsfiktion nicht. 

Die Beklagte beantragt,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Mannheim vom 12. Dezember 2019 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend und wiederholt und vertieft ihr Vorbringen aus erster Instanz. Das SG habe rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die Genehmigungsfiktion eingetreten sei. Die Voraussetzung, dass der Versicherte die Leistung für erforderlich halten müsse und die beantragte Leistung nicht offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der gesetzlichen Krankenversicherung liegen dürfe, sei in der Gesetzesregelung nicht enthalten. Sinn und Zweck dieser Einschränkung sei die Vorbeugung von Rechtsmissbrauch, da anderenfalls mithilfe der Genehmigungsfiktion auch solche Leistungsgrenzen der gesetzlichen Krankenversicherung überwunden werden könnten, die jedem Versicherten klar sein müssten. Ein solcher Fall liege bei ihr nicht vor. Sie habe auch im Hinblick auf den ausgewählten Leistungserbringer gerade nicht von Anfang an davon ausgehen müssen, dass die indizierte kieferchirurgische Behandlung außerhalb des gesetzlichen Leistungskatalogs liege. F sei Facharzt für Oralchirurgie mit Arbeitsschwerpunkt in der chirurgischen Schlafapnoetherapie, Kieferumstellungschirurgie und Implantologie. Er verfüge über eine kassenärztliche Zulassung, könne also gegenüber den gesetzlichen Krankenkassen abrechnen und habe in der SKlinik Belegbetten. Allerdings gebe es für Belegärzte aus dem Fachbereich Oralchirurgie im gesetzlichen Kassensystem aktuell noch keine Abrechnungsmöglichkeit. Die beantragte Operationsmethode sei eine anerkannte Methode zur Behandlung einer obstruktiven Schlafapnoe, die auch in den Leitlinien „Nicht erholsamer Schlaf/Schlafstörungen, Schlafbezogene Atmungsstörung bei Erwachsenen“ empfohlen werde. Der Eingriff werde aber nur von wenigen Fachärzten angeboten. Die von F angewandte Operationstechnik eines bimaxillären Rotation Advancement verspreche bei einer Kieferfehlstellung - wie sie bei ihr vorliege - ein bestmögliches Ergebnis, da die Atemwege hier maximal erweitert werden könnten. Die Methode sei in der Fallpauschale der Diagnosis Related Group (DRG D02A) mit der OPS-Ziffer 5-77b.6 enthalten und damit grundsätzlich mit der Krankenkasse abrechenbar. Bei dem Eingriff handele sich somit um eine Leistung, die vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkasse erfasst sei. Als Versicherte habe sie im Übrigen keine Kenntnis von dem komplexen kassenärztlichen System haben müssen.

Der vormalige Berichterstatter hat die Beteiligten mit Schreiben vom 23. Dezember 2020 daraufhin gewiesen, dass eine fingierte Genehmigung nach neuerer Rechtsprechung des BSG im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung keinen eigenständigen Naturalleistungsanspruch begründet. Die Beteiligten sind in den Erörterungsterminen am 25. Mai 2020 und 11. Mai 2021 angehört worden. Hierbei hat die Klägerin erklärt, sie habe die Operation bislang noch nicht durchführen lassen. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (vgl. Protokoll vom 11. Mai 2021).

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten beider Instanzen sowie die vorgelegte Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

1. Die gemäß § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheidet (§ 153 Abs. 1 i.V.m. § 124 Abs. 2 SGG), ist nach §§ 105 Abs. 2 Satz 1, 143, 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG statthaft und zulässig. Die zu erwartenden Kosten der stationär durchzuführenden Operation, zu deren Übernahme das SG die Beklagte mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid verurteilt hat, übersteigen den Beschwerdewert von 750,00 € bei Weitem.

2. Die Berufung der Beklagten ist auch begründet. Der Gerichtsbescheid vom 12. Dezember 2019 ist aufzuheben, da das SG zu Unrecht die Beklagte unter Aufhebung der angefochtenen Bescheide verurteilt hat, die Kosten für die operative kieferchirurgische Behandlung wegen einer obstruktiven Schlafapnoe gemäß dem vorgelegten Kostenvoranschlag vom 15. Februar 2018 zu übernehmen. Die Klage ist abzuweisen.

a) Die Klägerin begehrt im Berufungsverfahren weiterhin die Gewährung der beantragten stationären kieferchirurgischen Operation als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung. Nach ihrem Vorbringen und den Angaben im Erörterungstermin vom 25. Mai 2020 ist die Behandlung bislang nicht durchgeführt worden. Über den geltend gemachten Sachleistungsanspruch hat der Senat umfassend anhand aller in Betracht kommender Rechtsgrundlagen zu entscheiden. Zwar hat die Klägerin ihr Begehren sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren in erster Linie auf eine Genehmigung der begehrten Behandlung durch eine eingetretene Genehmigungsfiktion gestützt. Mit der Klage wandte sich die vertretene Klägerin jedoch ausdrücklich gegen den Bescheid vom 24. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2018 (§ 95 SGG), mit dem die Beklagte die Übernahme der Kosten für die beantragte stationäre Behandlung in der SKlinik H GmbH generell abgelehnt und zugleich die in Bezug auf den Antrag eingetretene Genehmigungsfiktion rückwirkend ab 6. April 2018 aufgehoben hat. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Abs. 4 SGG), mit der sie ihr Leistungsbegehren in zulässiger Weise verfolgt. Diese Klage war - anders als die isolierte Leistungsklage aus gesetzlich fingierter Genehmigung (§ 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V, vgl. hierzu Senatsurteil vom 15. Oktober 2021 –  L 4 KR 2410/18nicht veröffentlicht) - nicht von vornherein allein auf die Geltendmachung von Rechten aus der Genehmigungsfiktion beschränkt. Neben der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage besteht regelmäßig auch kein Bedürfnis dafür, eine allgemeine Leistungsklage aus der Genehmigungsfiktion, die seit der Änderung der Rechtsprechung des BSG zur Rechtsnatur der fingierten Genehmigung an sich ins Leere geht, aus Gründen des Vertrauensschutzes weiter zuzulassen (vgl. BSG, Urteil vom 27. Oktober 2020 – B 1 KR 3/20 R – juris, Rn. 9 und Urteil vom 26. Mai 2020 – B 1 KR 9/18 R – juris, Rn. 8). Denn über Rechte aus der Genehmigungsfiktion ist auch im Rahmen der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage als möglicher Rechtsgrund für den geltend gemachten Anspruch zu befinden (Senatsurteil vom 21. Mai 2021 –  L 4 KR 86/20 –  nicht veröffentlicht). Eine Beschränkung der Klage auf einen abtrennbaren Teil des Streitstoffes – etwa die Rücknahme der fingierten Genehmigung –  hat die Klägerin nicht erklärt (vgl. hierzu Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, § 123 Rn. 3). Eine solche Begrenzung des Streitstoffes ist für das Berufungsverfahren auch nicht dadurch eingetreten, dass das SG mit dem angefochtenen Gerichtsbescheid – von seiner Rechtsauffassung aus folgerichtig – nur über den Leistungsanspruch der Klägerin aus eingetretener Genehmigungsfiktion entschieden hat. Denn der Senat hat auf die Berufung der Beklagten den Streitfall im gleichen Umfang wie das Sozialgericht zu prüfen (§ 157 Satz 1 SGG). Soweit sich die Klage gegen die Rücknahme der eingetretenen Genehmigungsfiktion durch den Bescheid vom 24. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2018 richtet, ist sie als isolierte Anfechtung gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 SGG statthaft (hierzu unter 2c).

b) Hinsichtlich des Leistungsbegehrens der Klägerin ist die Klage unbegründet. Die Klägerin kann die Versorgung mit der beantragten stationären kieferchirurgischen Behandlung in der SKlinik GmbH H von der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt als (Sach-) Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung beanspruchen. Der Bescheid vom 24. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. Oktober 2018 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Zu dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgebenden Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 17. Dezember 2015 – B 8 SO 24/14 R – juris, Rn. 16; Keller, a.a.O., § 54 Rn. 34) ergibt sich ein Anspruch der Klägerin auf Versorgung mit der beantragten stationären Operation zur kieferchirurgischen Therapie des Schlafapnoesyndroms weder aus einer Genehmigungsfiktion (hierzu aa) noch aus dem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung (hierzu bb).

aa) Ein Sachleistungsanspruch aus Genehmigungsfiktion besteht nicht.  Gemäß § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V gilt die Leistung nach Ablauf der gesetzlich festgelegten Frist als genehmigt, wenn keine Mitteilung eines hinreichenden Grundes erfolgt. Im vorliegenden Fall kann offenbleiben, ob die beantragte stationäre kieferchirurgische Behandlung nach Maßgabe dieser Vorschrift als genehmigt gilt oder die Genehmigungsfiktion trotz Überschreitung der gesetzlichen Entscheidungsfrist nicht eingetreten ist, weil die begehrte stationäre Behandlung in einer Privatklinik offensichtlich außerhalb des Leistungskatalogs der Gesetzlichen Krankenversicherung liegt (vgl. zu dieser ungeschriebenen Einschränkung: BSG, Urteil vom 11. Juli 2017 – B 1 KR 26/16 R – juris, Rn. 21 f.; zudem einerseits LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 15. November 2016 – L 11 KR 5297/15 – juris, Rn. 31; anderseits LSG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 31. August 2017– L 5 KR 250/16 – juris, Rn. 17). Denn nach neuerer Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat bereits angeschlossen hat, begründet eine fingierte Genehmigung nach § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V jedenfalls keinen eigenständig durchsetzbaren Naturalleistungsanspruch, sondern nur einen reinen Kostenerstattungsanspruch (BSG, Urteil vom 26. Mai 2020 – B 1 KR 9/18 R – juris, Rn. 10 und Urteil vom 27. Oktober 2020 – B 1 KR 3/20 R – juris, Rn. 13; vgl. auch Senatsurteil vom 16. Oktober 2020 – L 4 KR 2253/19 – juris, Rn. 41; Senatsurteil vom 26. März 2021 – L 4 KR 4169/17 – nicht veröffentlicht; Senatsurteil vom 21. Mai 2021 –  L 4 KR 86/20 – nicht veröffentlicht). Dem Versicherten wird danach mit der fingierten Genehmigung allein eine Rechtsposition vermittelt, die zur Selbstbeschaffung berechtigt und damit auch nur zu einem Anspruch auf Kostenerstattung führen kann (vgl. auch BSG, Urteil vom 18. Juni 2020 – B 3 KR 14/18 R – juris, Rn. 13).

Die geänderte Auslegung von § 13 Abs. 3a Satz 6 SGB V begegnet zur Überzeugung des Senats keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Insbesondere verstößt der Ausschluss des Naturalleistungsanspruchs aus den Rechtsfolgen der Regelung nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2020 – B 1 KR 9/18 R – juris, Rn. 20 f. und Urteil vom 18. Juni 2020 – B 3 KR 14/18 R – juris, Rn. 23 ff.; Senatsurteil vom 21. Mai 2021 – L 4 KR 86/20 – nicht veröffentlicht). Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verlangt nämlich nicht, dass eine fingierte Genehmigung nach nicht fristgemäßer Entscheidung der Krankenkasse über einen Leistungsantrag zwingend einen Anspruch auf die beantragte Sachleistung zur Rechtsfolge haben muss, damit (auch) mittellose Versicherte sich Leistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung verschaffen können, auf die materiell-rechtlich nach dem Leistungsrecht des SGB V kein Anspruch besteht. Unter Gleichheitsgesichtspunkten ist vielmehr entscheidend, dass alle Versicherten nach den gleichen rechtlichen Grundsätzen ungeschmälerten Zugang zu den Sachleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung haben. Beide Gruppen von Versicherten – mittellose ebenso wie finanziell besser gestellte – haben auch von Rechts wegen prinzipiell die Möglichkeit zur Selbstbeschaffung. Dass finanziell besser gestellte Versicherte sich eine (umstrittene) Leistung dabei grundsätzlich einfacher auf eigene Kosten beschaffen können, ist keine Besonderheit der Genehmigungsfiktion, sondern tritt auch bei anderen Kostenerstattungsregelungen (bspw. § 13 Abs. 3 SGB V) auf. Die Vorleistungsobliegenheit und die dafür erforderliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit sind unabhängig vom jeweiligen Rechtsgebiet sämtlichen Kostenerstattungsregelungen immanent, ohne dass diese Bestimmungen deshalb als verfassungswidrig einzustufen wären. Die Betroffenen nehmen bei einer Selbstbeschaffung anderseits auch das Risiko in Kauf, die Kosten einer durch die Versicherung nicht abgedeckten Leistung letztendlich selbst tragen zu müssen. Bezogen auf den Zweck der gesetzlichen Genehmigungsfiktion, die in erster Linie zur Beschleunigung der Verwaltungsverfahren eingeführt worden ist (vgl. Entwurf der Bundesregierung eines Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten, BT-Drucks 17/10488 S. 32, zu Art. 2 Nr. 1), macht es rechtlich auch keinen Unterschied, ob Versicherte mittellos sind oder über hinreichende Mittel verfügen, sich Krankenbehandlungsleistungen zunächst auf eigene Kosten zu verschaffen. Soweit bei der Gruppe der mittellosen Versicherten eine Selbstbeschaffung auch nach Eintritt der Genehmigungsfiktion faktisch nicht oder nur eingeschränkt möglich ist, ist dies eine vom Gesetzgeber in Kauf genommene Folge bei seinem Bemühen, die Krankenkassen im Wege effektiver Sanktionen zu veranlassen, schnell rechtmäßige Entscheidungen über Leistungsanträge der Versicherten zu treffen. Die Vorschrift des § 13 Abs. 3a SGB V zielt jedoch nicht darauf ab, Sachleistungsansprüche zu begründen, die nach sonstigem Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung nicht bestehen.

Die im Verlauf des Verfahrens eingetretene Änderung der Rechtsprechung zu Sachleistungsansprüchen im Rahmen von § 13 Abs. 3a SGB V verletzt die Klägerin auch nicht in ihren Rechten auf effektiven Rechtsschutz und ein faires Verfahren (Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. dazu BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R – juris, Rn. 19 f. zum Aspekt des Vertrauensschutzes bei Änderung der Rechtsprechung; s. allgemein auch Bundesverfassungsgericht <BVerfG>, Beschluss vom 1. Dezember 2020 – 2 BvR 916/11, 2 BvR 636/12 – juris, Rn. 283 m.w.N.). Die höchstrichterliche Rechtsprechung ist kein Gesetzesrecht und erzeugt keine damit vergleichbare Rechtsbindung (BVerfG, Beschluss vom 21. Juli 2010 – 1 BvL 11/06, 1 BvL 12/06, 1 BvL 13/06, 1 BvR 2530/05 – juris, Rn. 79 m.w.N.; BVerfG, Beschluss vom 15. Januar 2009 – 2 BvR 2044/07 – juris, Rn. 85 – dazu auch im Folgenden). Der Geltungsgrund höchstrichterlicher Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus beruht vielmehr allein auf der Überzeugungskraft ihrer Gründe sowie der Autorität und Kompetenz des Gerichts. Dabei sind die Bundesgerichte in ihrer Aufgabe als Revisionsinstanz auch zur Fortentwicklung des Rechts berufen (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Aufl. 2020, Vorbemerkung zu § 160 Rn. 2a m.w.N.). Eine Rechtsprechungsänderung ist deshalb unbedenklich, sofern sie hinreichend begründet ist und sich im Rahmen einer vorhersehbaren Entwicklung hält. Schutzwürdiges Vertrauen in eine bestimmte Rechtslage aufgrund höchstrichterlicher Entscheidungen kann demgegenüber nur bei Hinzutreten weiterer Umstände, insbesondere bei einer gefestigten und langjährigen Rechtsprechung entstehen (BSG, Urteil vom 19. September 2019 – B 12 R 25/18 R – juris, Rn. 20). Dies war hier nicht der Fall. Denn die vom BSG aufgegebene Rechtsauffassung eines Naturalleistungsanspruchs kraft Genehmigungsfiktion war bereits vor der Entscheidung vom 26. Mai 2020 grundlegenden Einwendungen in der Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte und im Schrifttum ausgesetzt gewesen (vgl. BSG, Urteil vom 26. Mai 2020 – B 1 KR 9/18 R – juris, Rn. 10 m.w.N.). Die Klägerin konnte sich deshalb auch vor diesem Zeitpunkt nicht sicher sein, ob das BSG nach der Kritik im Schrifttum und der abweichenden Rechtsprechung mehrerer Landessozialgerichte die eingeschlagene Richtung beibehalten würde. Ein schützenswertes Vertrauen darauf, dass eine Genehmigungsfiktion, die eingetreten ist, unabhängig von der weiteren Entwicklung der höchstrichterlichen Rechtsprechung auf Dauer Sachleistungsansprüche begründet (vgl. zur früheren Rechtsprechung eines Sachleistungsanspruchs kraft Genehmigungsfiktion BSG, Urteil vom 8. März 2016 – B 1 KR 25/15 R – juris, Rn. 25, zuletzt BSG, Urteil vom 27. August 2019 – B 1 KR 36/18 R – juris, Rn. 16), hat unter diesen Umständen nicht entstehen können.

bb) Die Klägerin hat auch nach dem sonstigen Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf die beantragte stationäre kieferchirurgische Behandlung des Schlafapnoesyndroms in der SKlinik GmbH H. Dies folgt schon daraus, dass die Beklagte eine stationäre Krankenhausbehandlung in einer Privatklinik nicht als (Sach-)Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung zu stellen hat.

(1) Zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung gehört zwar auch die Krankenhausbehandlung, wenn sie als Krankenbehandlung notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern (§ 27 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 5 SGB V). Die Versicherten haben gemäß § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V allerdings Anspruch auf eine stationäre oder stationsäquivalente Behandlung nur in einem „zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V)“. Hierzu zählen nach der Legaldefinition des § 108 SGB V Hochschulkliniken, die nach den landesrechtlichen Vorschriften als solche anerkannt worden sind (Nr. 1), Plankrankenhäuser, die in den Krankenhausplan eines Landes aufgenommen sind (Nr. 2) sowie Vertragskrankenhäuser, die einen Versorgungsvertrag mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen abgeschlossen haben (Nr. 3). Nur durch solche Krankenhäuser dürfen die Krankenkassen nach der ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung des § 108 SGB V Krankenhausbehandlungen erbringen lassen (vgl. auch BSG, Urteil vom 21. Februar 2006 – B 1 KR 22/05 R – juris, Rn. 10 ff.). Die Leistungspflicht der Krankenkasse und der korrespondierende Behandlungsanspruch des Versicherten sind dementsprechend von vorne herein auf zugelassene Krankenhäuser beschränkt (vgl. Senatsurteil vom 13. Juli 2001 – L 4 KR 785/01 – juris, Rn. 17; LSG Baden-Württemberg vom 22. Juni 2016 – L 5 KR 3946/15 – www.sozialgerichtsbarkeit.de). Die Beschränkung auf zugelassene Krankenhäuser, die mit den verfassungsrechtlichen Vorgaben im Einklang steht (vgl. BSG, Beschluss vom 9. Juni 2020 – B 1 KR 3/20 B – juris, Rn. 9 m.w.N.), gilt dabei ausnahmslos für den gesamten Bereich der stationären Behandlung (BSG, Urteil vom 23. November 1995 – 1 RK 5/94 – juris, Rn. 13). Abgesehen von Notfällen können Versicherte daher im Sachleistungssystem auch im stationären Sektor grundsätzlich nur zugelassene Leistungserbringer zu Lasten der Krankenkassen in Anspruch nehmen (vgl. BSG, Urteil vom 9. Oktober 2001 – B 1 KR 6/01 R – juris, Rn. 16).

Die SKlinik GmbH H in welcher die Klägerin den geplanten kieferchirurgischen Eingriff stationär durchführen lassen will, gehört nicht zu den zugelassenen Krankenhäusern im Sinne von § 108 SGB V. Sie ist weder eine Hochschulklinik noch in dem aktuellen Krankenhausplan des Landes Baden-Württemberg verzeichnet (Krankenhausplan 2010, Verzeichnis der Krankenhäuser Stand 1. April 2019 – abrufbar unter https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/gesundheit-pflege/krankenhaeuser/krankenhausplanung/). Auch besteht für sie kein Versorgungsvertrag gemäß § 109 SGB V mit den Kassenverbänden. Das steht zwischen den Beteiligten außer Streit. Vielmehr handelt es sich bei der SKlinik GmbH um eine Privatkrankenanstalt, die (nur) eine Konzession nach § 30 Gewerbeordnung besitzt, wie der Senat dem öffentlich einsehbaren Handelsregisterauszug entnimmt (https://hrbauszug.de/hrb-auszug-mannheim/701711-Sklinik-gmbh-H/). Als reine Privatklinik ist sie nicht als Leistungserbringer in das System der Krankenversorgung nach dem SGB V eingebunden und im Unterschied zu den zugelassenen Krankenhäusern deshalb auch nicht der Bewertung ihrer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch den Gemeinsamen Bundesausschuss, den (Wirtschaftlichkeits-)Prüfungen durch den MDK sowie dem Abrechnungssystem fester Gesamtbeträge nach DRG-Fallpauschalen unterworfen. Nicht zuletzt diese fehlende Bindung an die Schutzmechanismen des Leistungserbringerrechts schließt sowohl eine Behandlung von Versicherten durch die Einrichtung zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (Sachleistung) als auch die Erstattung hierfür verauslagter Kosten durch die Krankenkasse prinzipiell aus (BSG, Urteil vom 2. November 2007 – B 1 KR 14/07 R – juris, Rn. 15 und Urteil vom 23. November 1995 – 1 RK 5/94 – juris, Rn. 15 f.).

(2) Ein Notfall, in welchem die SKlinik GmbH H als nichtzugelassenes Krankenhaus ausnahmsweise in das Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung miteinbezogen wird (entsprechend § 76 Abs. 1 Satz 2 SGB V; vgl. BSG, Urteil vom 9. Oktober 2001 – B 1 KR 6/01 R – juris, Rn. 16), ist bei der Klägerin nicht gegeben. Ein derartiger Notfall liegt nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 8. September 2015 – B 1 KR 14/14 R – juris, Rn. 14 m.w.N.) nur vor, wenn die Behandlung aus medizinischen Gründen so dringlich ist, dass es bereits an der Zeit für die Auswahl eines zugelassenen Therapeuten und dessen Behandlung –  sei es durch dessen Aufsuchen oder Herbeirufen – fehlt, ein unvermittelt aufgetretener Behandlungsbedarf also sofort befriedigt werden muss. Dass eine solche akute und dringende Behandlungsbedürftigkeit bei der Klägerin nicht besteht, ergibt sich für den Senat bereits aus dem Verfahrensverlauf und dem Vorbringen der Klägerin. Denn die Klägerin hat nach eigener Darstellung die SKlinik GmbH H gezielt als Behandler ausgewählt, weil diese Einrichtung auf die Therapie des obstruktiven Schlafapnoesyndroms spezialisiert und in diesem Bereich über langjährige Erfahrung verfügt; zudem hat sie den geplanten Eingriff im Zeitraum von Februar 2018 bis heute nicht durchführen lassen. Anhaltspunkte dafür, dass bei der Klägerin, die – wie der Senat dem ärztlichen Antragsschreiben von F entnimmt – unter zahlreichen chronischen Gesundheitsstörungen, vor allem einem leichtgradigen obstruktiven Schlafapnoesyndrom, Adipositas, depressiven Verstimmungen, einer Cranio-Mandibuläre Dysfunktion sowie eine Dysgnathie leidet, durch das Zuwarten nun unvermittelt eine medizinische Dringlichkeit entstanden ist, die eine Behandlung gerade in der SKlinik GmbH H sofort und unaufschiebbar erfordert, sind für den Senat nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.

Ob außerhalb einer Notfallsituation auch eine sog. Versorgungslücke zu einem Sachleistungsanspruch gegenüber der Krankenkasse führen kann – wie dies in der Rechtsprechung (bspw. BSG, Urteil vom 16. September 1997 – 1 RK 28/95 – juris, Rn. 18) und im Schrifttum (vgl. Bockholdt, in: Hauck/Noftz/Rademacker, SGB V, Stand: 1. August 2020, § 108 Rn. 9) für den Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Alt. SGB V („Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen“) angenommen wird –, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden. Denn auch ein solches Systemversagen ist im Fall der Klägerin nicht festzustellen. Von einem Leistungsunvermögen der Krankenkasse kann nämlich regelmäßig nur dann ausgegangen werden, wenn für die Behandlung der Erkrankung kein anderer als ein außervertraglicher Leistungserbringer zur Verfügung steht oder die Krankheit überhaupt nur privatärztlich mit hinreichender Erfolgsaussicht behandelbar ist (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juli 2006 – B 1 KR 9/05 R – juris, Rn. 25; LSG Baden-Württemberg vom 22. Juni 2016 – L 5 KR 3946/15 – www.sozialgerichtsbarkeit.de). Eine solche Situation macht die Klägerin indes selbst nicht geltend. Sie hat vielmehr im Berufungsverfahren vorgetragen, dass der kieferchirurgische Eingriff in der von F angewandte Operationstechnik eines bimaxillären Rotation Advancement von wenigen Fachärzten angeboten wird. Nach ihren Angaben im Erörterungstermin vom 25. Mai 2020 hat sie sich unter diesen Anbietern dabei für die Behandlung in der Sklinik GmbH H entschieden, weil sie Angst vor dem Eingriff hat und in dieser Einrichtung sowohl der Operateur als auch der Anästhesist zur Nachsorge da seien. Allerdings kann die Operation bei entsprechender medizinischer Indikation (§ 28 Abs. 2 Satz 6 f. SGB V i.V.m. Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen für die kieferorthopädische Behandlung in der Fassung vom 4. Juni 2003 und vom 24. September 2003, Bundesanzeiger Nr. 226 vom 3. Dezember 2003- S. 24 966) auch in der Universitätsklinik H in der sich die Klägerin schon früher in Behandlung befunden hat, zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung vorgenommen werden. Dies entnimmt der Senat dem Vortrag der Beklagten im Klageverfahren. Die Klägerin ist dem nicht entgegengetreten. Eine Versorgungslücke ist unter diesen Umständen nicht belegt. Denn das Bestehen einer Lücke im Versorgungssystem ist nach objektiven Kriterien zu bestimmen. Solange Versorgungsmöglichkeiten innerhalb des Kassensystems tatsächlich vorhandenen sind, sind die subjektiven Gründe für die Inanspruchnahme des privatärztlichen Leistungserbringers unerheblich (BSG, Urteil vom 24. September 1996 – 1 KR 33/95 – juris, Rn. 15). Denn die Krankenkassen genügen ihrer Leistungspflicht im Regelfall, wenn für die in Frage kommende Behandlung zugelassene Leistungserbringer für die Versicherten im Sachleistungssystem verfügbar und leistungsbereit sind. Sie auszuwählen, ist Sache der Versicherten. Für die Prüfung eines allgemeinen „Härtefalls“, um Versicherten aus gesundheitlichen, beruflichen oder finanziellen Gründen ausnahmsweise eine Behandlung in einem nicht zugelassenen Krankenhaus zu ermöglichen, gibt es hingegen keine Rechtsgrundlage (vgl. Senatsurteil vom 17. Juli 2009 – L 4 KR 703/09 – www.sozialgerichtsbarkeit.de).

(3) Schließlich kann die Klägerin die beantragte stationäre Behandlung in der SKlinik GmbH H auch nicht nach § 13 Abs. 2 Satz 5 SGB V auf Kosten der Beklagten in Anspruch nehmen bzw. von der Beklagten eine Zustimmung zu der Behandlung in der Privatklinik verlangen (§ 13 Abs. 2 Satz 6 SGB V). Denn diese Möglichkeit zur Inanspruchnahme nicht zugelassener Leistungserbringer ist insoweit gesetzlich überhaupt nur im Rahmen des Kostenerstattungsverfahrens eröffnet und setzt voraus, dass die Klägerin vor Inanspruchnahme der Leistung durch Erklärung gegenüber der Krankenkasse zumindest für den stationären Bereich generell Kostenerstattung anstelle von Sach- oder Dienstleistungen gewählt hat (§ 13 Abs. 2 Satz 1, 2 und 4 SGB V). Die Klägerin, die nicht behauptet, eine solche Wahl vorgenommen zu haben, fordert mit der Klage – wie dargestellt – von der Beklagten aber gerade die Versorgung mit der stationären kieferchirurgischen Behandlung als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung.    

c) Die isolierte Anfechtungsklage, mit der sich die Klägerin gegen die Rücknahme der eingetretenen Genehmigungsfiktion durch den Bescheid vom 24. April 2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2018 wendet, ist ebenfalls unbegründet. Die Klägerin ist durch die Entscheidung der Beklagten zwar formell beschwert. Als Adressatin eines Bescheides, mit dem – entsprechend der vor Änderung der Rechtsprechung des BSG zum Rechtscharakter der eingetretenen Genehmigungsfiktion bestehenden Rechtspraxis – ein (vermeintlich) fingierter begünstigender Verwaltungsakt entzogen wird, konnte sie im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG behaupten, durch den Verwaltungsakt beschwert zu sein. Jedenfalls konnte bei Klageerhebung ein möglicher Eingriff in die Rechte der Klägerin nicht offensichtlich und eindeutig nach jeder Betrachtungsweise von vornherein ausgeschlossen werden (vgl. zu diesem Maßstab der formellen Beschwer: BSG, Urteil vom 22. Oktober 2014 – B 6 KA 43/13 R – juris, Rn.12; Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 13. Auflage 2020, § 54 Rn. 9 ff.), sodass eine Klagebefugnis vorlag. Es fehlt jedoch an der materiellen Beschwer. Die Klägerin wird durch den angefochtenen Bescheid nicht in ihren Rechten verletzt. Denn die Rücknahme der fingierten Genehmigung durch die Beklagte geht ins Leere. Nach neuerer Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 26. Mai 2020 – B 1 KR 9/18 R – juris, Rn. 29) hat die nach Fristablauf fingierte Genehmigung eines Leistungsantrags nicht die Qualität eines Verwaltungsaktes. Sie vermittelt als Rechtsinstitut eigener Art – wie dargestellt – vielmehr nur ein Recht zur Selbstbeschaffung auf Kosten der Krankenkasse, solange der Versicherte weder Kenntnis noch grob fahrlässige Unkenntnis vom Nichtbestehen des materiellen Leistungsanspruchs hat. Der Eintritt der Genehmigungsfiktion begründet danach von vornherein keine Rechtsposition, die durch eine Rücknahme oder Aufhebung im Sinne der §§ 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) entzogen werden kann. Die Rücknahmeentscheidung der Beklagten ist danach zwar fehlerhaft, hat die Klägerin aber bereits zum maßgeblichen Zeitpunkt bei Abschluss des Widerspruchsverfahrens (vgl. Groß, in: Berchtold, Sozialgerichtsgesetz, 6. Aufl. 2021, § 54 Rn. 26) mangels Rechtsposition, in die eingegriffen werden könnte, nicht in ihren rechtlich geschützten Interessen beeinträchtigt.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG und trägt dem Ausgang des Verfahrens Rechnung.

4. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. § 160 Abs. 2 SGG) nicht vorliegen.

Rechtskraft
Aus
Saved