Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.03.2018 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Der Kläger begehrt die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV; nachfolgend: BK 2108).
Der 1953 geborene Kläger ist gelernter Bauschlosser. Nach seiner Einreise aus dem ehemaligen J (heutiges K) in die Bundesrepublik 1973 war er zunächst vom 14.02.1973 bis 09.04.1974 als Bauhelfer bei der Fa. H im Wohnungsbau tätig und erledigte hierbei alle anfallenden Zureiche-, Mithilfe- und Transportarbeiten, insbesondere den Transport von Baugütern, das Be- und Entladen von Fahrzeugen, Schachtarbeiten von Hand, Stemm- und Abbrucharbeiten von Hand oder mit Druckluft-/Elektrohammer, Anmischen von Beton, Mörtel, Estrich etc., Schaufeln von Schüttgütern (Sand, Kies, Splitt, Schotter, Mörtel, Beton u.a.), Bedienen und Führen von Kleinmaschinen (Mischer, Kreissägen, Vibrationsplatten), Schalungs- und Armierungsarbeiten, das Auftragen von Isolieranstrichen, das Anschlagen von Lasten und Auf- und Abbauarbeiten von Arbeits- und Schutzgerüsten (Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten, S. 77 VA). Von 1974 bis 1980 war der Kläger bei einem Hersteller für Schmuck und Uhrenbänder ohne lendenwirbelsäulenbelastende Tätigkeiten beschäftigt (S. 77 VA). Nach einer kurzen Tätigkeit als Schlosser bei der M Bauschlosserei (03.03.1980 bis 06.06.1980) war der Kläger sodann im Zeitraum vom 09.06.1980 bis zum 14.02.1996 (letzter Tag vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit) bei der Agesellschaft (A) mit dem Schwerpunkt erdverlegter Rohrleitungsbau (insbesondere Kanal- und Versorgungsleitungen für Energieversorger) als Tiefbauer versicherungspflichtig beschäftigt und tätig. Das Beschäftigungsverhältnis wurde zum 16.02.1996, ersatzweise zum 30.09.1996 betriebsbedingt gekündigt. Zu den Tätigkeiten des Klägers gehörten in diesem Zeitraum das Aufbrechen von Asphalt- und Betondecken, das Aufnehmen von Pflaster- Gehwegplatten, Schachtarbeiten von Hand, das Transportieren und Einbauen von Verbauteilen aus Holz und Stahl (z.B. Bohlen, Kanthölzer, Spindeln), Schaufeln von Schuttgütern (Sand, Kies, Splitt, Schotter, Mörtel, Beton, Asphaltmischgut und Boden), Anmischen von Beton und Mörtel, Herstellen von Fundamenten für Revisionsschächte, Versetzen von Schachtringen, Verfüllung und Verdichtung sowie Rückbau der Verbauteile, Bedienen von handgeführten Bodenverdichtungsgeräten und Kernbohrgeräten, Verlegen von Kabel und Rohren, Einbau von Asphalt- und Betonmischgut, Pflaster- und Gehwegplatten (Feststellungen des Präventionsdienstes der Beklagten, S. 78 VA). Zu diesen Tätigkeiten gehörten nach Angaben des Klägers und der Fa. A (S. 217, 224 VA) auch das Schneiden der Schwarzdecken, das Bohren mit Kernbohrgerät, das Sondieren mit Erdrakete, der Einbau der Schwarzdecke mit Gehwegfertiger und Straßenfertiger und Arbeiten mit dem Kompressor.
Nach der betriebsbedingten Kündigung der Firma A war der Kläger arbeitslos. Vom 01.03.2003 bis 30.11.2012 bezog er vom zuständigen Rentenversicherungsträger eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung und vom 01.12.2012 bis 31.03.2017 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Seit 01.04.2017 bezieht er Altersrente für schwerbehinderte Menschen. Der Grad der Behinderung von 50 wurde ab 22.11.2011 anerkannt.
Im Rahmen des Verwaltungsverfahrens bzgl. der Rente wegen voller Erwerbsminderung leitete die Beklagte ein Prüfungsverfahren zur Feststellung der BK 2108 ein.
Der Präventionsdienst der Beklagten berechnete unter Zugrundelegung der Beschäftigungszeiträume vom 14.02.1973 bis 09.04.1974 und vom 09.06.1980 bis 30.09.1996 nach dem Mainz-Dortmunder Dosismodell (MDD) eine berufliche (Bandscheibendruckkraft-)Gesamtbelastungsdosis in Höhe von insgesamt 21 x 106 Nh. Besonders intensive Belastungen oder ein besonderes Gefährdungspotential durch hohe Belastungsspitzen lägen nicht vor. Belastungen für den Tätigkeitszeitraum vom 03.03. bis 06.06.1980 könnten auf Grund fehlender Erfahrungswerte nicht berechnet werden. Im Oktober 2020 ermittelte der Präventionsdienst der Beklagten unter Berücksichtigung des letzten Arbeitstages am 14.02.1996 eine Gesamtbelastungsdosis von 20,3 x 106 Nh. Wegen der diesbezüglichen weiteren Einzelheiten wird auf S. 75/82, 132/137 VA und S. 79/84 der Senatsakte Bezug genommen.
Die Beklagte zog vom Rentenversicherungsträger die medizinischen Unterlagen des Klägers bei und befragte die behandelnden Ärzte. Hieraus ergibt sich Folgendes:
Am 07.11.1991 wurde eine CT der LWS durchgeführt und von dem L im November 2015 mit einer leichten Höhenminderung der Bandscheibe mit angedeuteter dorsaler zirkulärer Protrusion, leicht den Duralsack von beiden Seiten imprimierende hypertrophierte Gelenkfortsätze, freie Neuroforamina auf Höhe L3/4; deutliche Höhenminderung des Intervertebralraumes, Bandscheibenprolaps mediolateral rechts, die Hinterkante von L4 um ca. 3 cm überragendes bandscheibendichtes Gewebe, Prolaps leicht nach caudal umgeschlagen, konstitutionelle Enge des Spinalkanals auf Höhe L4/5 und hochgradige Osteochondrose mit Vakuumphänomen, breitbasiger medialer Bandscheibenprolaps, links lateral etwas nach caudal umgeschlagen, deutliche arthrotische Veränderungen der Intervertebralgelenke, beidseits eingeengte Neuroforamina auf Höhe L5/S1 befundet.
Ab 15.02.1996 bis 08.04.1997 war der Kläger wegen Alkoholabhängigkeit und Fettleberhepatitis arbeitsunfähig erkrankt (vgl. Übersicht der IKK Classic, Bl. 129 SG-Akte).
Am 19.09.1996 fertigte der den Kläger behandelnde H1 Röntgenaufnahmen der LWS, die sein Praxisnachfolger B mit einer kurzbogigen rechts-konvexen Skoliose mit Scheitel bei LWK 4/5, seitliche Steilstellung; linkes ISG frei einsehbar; Osteochondrose mit Spondylose LWK 2 bis 5, am stärksten ausgeprägt LWK 5/SWK 1, gering ausgeprägt auch LWK 1/2; Baastrupp-Zeichen LWK 4/5 und Verdichtung der Intervertebralgelenke LWK 5/SWK 1 als Hinweis auf eine beginnende Spondylarthrose befundete.
Von Anfang April bis Ende Mai 1997 befand sich der Kläger wegen Alkoholabhängigkeit und alkoholtoxischer Polyneuropathie in stationärer Rehabilitationsbehandlung. Bei der Aufnahmeuntersuchung gab er einen Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule an; Bewegungseinschränkungen beim An- und Auskleiden wurden weder bei dieser noch bei der Entlassungsuntersuchung festgestellt, die Entfaltbarkeit der LWS nach Schober betrug 10/13 cm bei kräftig und gleichmäßig ausgebildeter Rückenmuskulatur.
Die Ärztin für Betriebsmedizin T erstattete im Auftrag des Arbeitsamtes P nach Untersuchung des Klägers am 09.07.1997 ein Gutachten und diagnostizierte neben Alkoholkrankheit und alkoholtoxischem Leberschaden ein chronisches LWS-Syndrom bei erheblichen Verschleißschäden der LWS und vielfachen Bandscheibenschäden sowie posttraumatische Kniegelenksverschleißschäden links nach operativ behandelter Knieverletzung im Jahr 1971 und beginnenden Kniegelenksverschleißödem. Die vom Kläger angegebenen rezidivierenden Schmerzen würden sich - so T - durch deutliche, das altersübliche Maß überschreitenden Verschleißschäden der LWS erklären. Den erhobenen Untersuchungsbefund dokumentierte sie u.a. wie folgt: Schober 10/17 cm, veränderte Muskulatur der Wirbelsäule, deutliche Links-Skoliose des dorso-lumbalen Überganges, Klopfschmerzhaftigkeit im Bereich der LWS, seitwärtsneigen nach rechts schmerzhaft und bis 20 Grad, seitwärtsneigen nach links bis 35 Grad, Drehung LWS nach beiden Seiten schmerzhaft - aber nicht eingeschränkt. T gab an, dass kein Verdacht auf eine Berufskrankheit bestehe.
Laut Karteikartenausdruck des B, den dieser im März 2017 (nur) noch für die Zeit ab 01.01.1997 gespeichert hatte, wurde der Kläger wiederholt wegen eines Cervicalsyndroms ab 02.12.1997 und wegen Lumbalgien ab 16.06.1998 sowie wegen Gonarthrose und Polyarthrose behandelt. Nach dem Auszug weiterer ärztlicher Karteiauszüge befand sich der Kläger ab 02.05.1998 wiederholt wegen eines LWS-Syndroms in Behandlung, im Juni 2000 wegen eines HWS-Syndroms, ab Oktober 2001 wiederholt wegen einer Cox- und Gonarthrose.
Der Kläger wurde am 27.07.1998 von dem R begutachtet. Dieser befundete Röntgenaufnahmen des H1 vom 06.07.1998 (u.a. HWS: u.a. Höhenminderung der Intervertebralräume C5/C6/C7, vermehrte Sklerosierung der hier korrespondierenden Wirbelkörpergrund- und -deckplatten mit diskreten ventralen submarginalen Spondylophyten; Spondyl- und Uncovertebralarthrose C5/C7; LWS: rechtskonvexe Lumbosacral- und linkskonvexe Dorsolumbalskoliose - Skoliose-Winkel nach Lippmann-Cobb unter 5 Grad -, asymmetrischer lumbasacraler Übergangswirbel, Spondylarthrose L4/L5/S1) und von ihm selbst veranlasste Röntgenaufnahmen (u.a. HWS: Schrägaufnahmen auf beiden Seiten kein Hinweis für stenosierenden Prozess im Bereich der einzelnen Foramina intervertebralia; LWS: Höhenminderung der lumbalen Intervertebralräume - teilweise auf die Hälfte der Norm -, dazu korrespondierenden Wirbelkörpergrund- und -deckplatten (L2/S1) subdiscal sklerosiert mit ventralen submarginalen Spondylophyten) und diagnostizierte nach körperlichen Untersuchung des Klägers (Befund der Wirbelsäule u.a.: gleichmäßige Entfaltung der Dornfortsatzreihe bei Rumpfbeuge nach vorn, ohne Hinweiszeichen für Lendenwulst- oder Rippenbuckelbildung bzw. Deviation der Dornfortsatzreihe; insgesamt tiefsitzende großbogige Kyphosierung der BWS; lumbale Dornfortsatzreihe in Höhe der Segmente L4/L5/S1 klopfschmerzhaft; Rumpfbeuge nach vorn und Wiederaufrichtung kraftvoll, ohne Abstützreaktion des Rumpfes; paravertebrale Rückenstreckmuskulatur kräftig ausgebildet mit positiven Kibler’schen Hautfalten lumbal in Höhe der Segmente L5/S1; Schober 9/14,5 cm; Ott 30/31 cm) ein Cervicobrachialsyndrom beidseits, eine Osteochondrose der unteren HWS (C5/C6), eine linkskonvexe Dorsolumbalskoliose, ein Lumbalsyndrom, eine generalisierte Osteochondrose der LWS, eine Periarthritis humeroscapularis beidseits, eine Periarthropathia coxae beidseits, eine posttraumatische Varusgonarthrose links und eine Periarthrosis genu rechts. R führte aus, gravierende degenerative Veränderungen der HWS seien röntgenologisch nicht nachweisbar, die Beschwerden müssten im Sinne von statisch-myalgischen Wirbelsäulenbeschwerden bzw. Periarthritiden interpretiert werden. Im Vordergrund verblieben somit degenerative Veränderungen der LWS und des linken Kniegelenkes.
H1 diagnostizierte am 13.07.2000 ein chronisches Lumbalsyndrom und eine Gonarthrose beidseits bei Verspannung der lumbosacralen Muskulatur beidseits, freier Beweglichkeit der Wirbelsäule und „lediglich“ interspinösem Druckschmerz der unterer LWS.
Am 04.08.2000 wurde der Kläger von der R1 begutachtet, die wechselnd intensive Cervical- und Lumbalbeschwerden ohne Wurzelreizsymptomatik und ohne Funktionsstörung bei degenerativen Veränderungen C5/6 und lumbosacral, eine posttraumatische Gonarthrose links und Gelenkbeschwerden diagnostizierte. Bei der Untersuchung fand sich nach Angaben der Gutachterin u.a. eine freie Beweglichkeit der Rumpfwirbelsäule (Schober 10 bis 13,5 cm). Die Rumpfmuskulatur paravertebral war gut ausgebildet, es zeigten sich ein Beckengeradstand, eine Seitabweichung dorso-lumbal nach links, in der Seitansicht eine LWS-Lordose flach und die Dornfortsätze nicht klopfschmerzhaft.
Der Vertreter von H1 - N - führte am 10.01.2002 eine Röntgenuntersuchung der LWS durch, die nach dessen Befundung eine skoliotische Achsabweichung ohne Torsion, eine randwulst-osteophytische Bildung im Sinne einer Spondylose/Spondylarthrose, in der Seitansicht eine abgeflachte Lendenlordose ohne Spondylolyse, aber mit spondylotischen/spondylarthrotischen und osteochondrotischen Erscheinungen zeige. Er diagnostizierte ein therapieresistentes LWS-Syndrom bei Spondylose/Spondylarthrose und Osteochondrose und skoliotischer Achsabweichung.
B teilte in seinen Befundberichten vom 31.10.2011 und 13.09.2012 die Diagnosen chronisches LWS-Syndrom, ausgeprägte Osteochondrose der LWS, degeneratives HWS-Syndrom, BWS-LWS-Skoliose, Coxarthrose Grad II beidseits, Varusgonarthrose beidseits, Femoropatellararthrose links, Sprunggelenksarthralgie rechts und Sternoklavikulargelenksarthrose links mit.
Der S führte in seinem Gutachten nach Untersuchung des Klägers am 22.11.2012 und nach Auswertung der vom Kläger mitgebrachten röntgenologischen Aufnahmen der HWS vom 31.10.2011 und der LWS vom 10.11.2011 aus, im Bereich der unteren HWS und besonders im Bereich der LWS lägen ausgeprägte osteochondrotisch-degenerative Veränderungen und eine mittelgradige Skoliose der LWS vor, welche die Entwicklung einer Osteochondrose begünstigt habe. Kopf- und Rumpfbewegungen seien mäßiggradig eingeschränkt. Gegenüber früheren Befunden, insbesondere im Vergleich zu 2006 und zu Voraufnahmen vom Oktober 2002, sei eine deutliche Verschlimmerung eingetreten. So hätten bildgebend im Vergleich zum Jahr 2002 die Skoliose und Osteochondrose im Bereich der LWS deutlich zugenommen. Bei der Untersuchung maß der Schober-Index 10/15 cm, die Wiederaufrichtung war frei, die Rückbeugung der LWS bis 10 Grad möglich, die Rechts-Neigung bis 20 Grad bei verminderter Mitbewegung der unteren LWS-Hälfte, die Links-Neigung bis 25 Grad sowie die Rechts-Links-Drehung bis 50-0-50 Grad. S diagnostizierte außerdem eine starke Arthrose des linken Sternoklaviculargelenkes mit schmerzhafter Störung bei allen Bewegungen des linken Armes, eine leichte Arthrose der Hüftgelenke beidseits, eine leicht- bis mäßiggradige Arthrose des rechten Kniegelenks und eine starke Arthrose des linken Knie- und Kniescheibengelenkes sowie eine Arthrose des rechten Sprungbein-Kahnbeingelenkes bei Senk-Spreizfüßen.
Nach Beiziehung weiterer medizinischer Unterlagen und bildgebender Aufnahmen der HWS und LWS holte die Beklagte das Gutachten des G (Tag der Untersuchung 18.09.2014) ein, der ein degeneratives HWS-Syndrom bei Osteochondrose und Spondylarthrose mit Verdacht auf Bandscheibenprotrusion C5 bis C7 und eine fortgeschrittene Osteochondrose der LWS bei rechtskonvexer Skoliose, Spondylarthrose und Verdacht auf Bandscheibenprotrusion L4 bis S1 dokumentierte und vom Vorliegen einer BK 2108 ausging.
Die Beklagte holte sodann das unfallchirurgisch-orthopädische Gutachten des L1 ein, der nach Untersuchung des Klägers im November 2014, Auswertung der Röntgenaufnahmen der LWS vom 10.01.2002 und 04.07.2002 sowie einer aktuell angefertigten MRT-Aufnahme ein lumbales Wurzelkompressionssyndrom bei schwerer Chondrose und Begleitspondylose L4/5 und L5/S1, eine rechtskonvexe de-novo-Skoliose der LWS und eine Einengung des Neuroforamens L5/S1 links auf Grund der Skoliose, der hypertrophen Facettengelenksarthrose und der Bandscheibenprotrusion diagnostizierte. L1 führte aus, die Röntgenuntersuchung aus dem Jahre 2002 dokumentiere ein belastungskonformes Schadensbild der LWS. Die tiefe Lumbalskoliose zeige im Verlauf eine zunehmende Progredienz mit Cobb-Winkel von 12 Grad im Jahr 2002 und Cobb-Winkel von 25 Grad im Jahr 2014. Hierbei handele es sich um Folgen der Bandscheibenerkrankung und nicht um einen konkurrierenden Faktor. Auch der während der Untersuchung festgestellte Beckenschiefstand sei nicht konkurrierende Ursache. Somit liege - auch unter Berücksichtigung des Überschreitens des hälftigen Grenzwertes der beruflichen Gesamtbelastungsdosis - eine Konstellation B1 nach den Konsensempfehlungen vor. Die tiefe lumbale de-novo-Skoliose und der Beckenschiefstand seien Folgen der Bandscheibenerkrankung. Seit dem 10.01.2002 habe ein objektiver Unterlassungszwang der gefährdenden Tätigkeit des Klägers bestanden. Bei der Untersuchung zeigten sich u.a. eine endgradig eingeschränkte Beweglichkeit der HWS mit Schmerz- und Schwindelangabe, im Bereich der BWS und LWS Bewegungseinschränkung für Rotationsbewegungen (rechts/links 10/20 Grad) mit Bewegungsschmerzen im Bereich der tiefen LWS und eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der LWS (Schober 10/12 cm).
In seiner von der Beklagten veranlassten beratungsärztlichen Stellungnahme legte der C dar, die Befunderhebung durch L1 entspreche der Konstellation A1 der Konsensempfehlungen und sei danach nicht als BK 2108 anerkennungsfähig. Zudem spreche der Beschwerdebeginn nach Ende der wirbelsäulenbelastenden Tätigkeit Jahr 1996 gegen eine berufliche Verursachung.
Auf diese beratungsärztliche Stellungnahme gestützt, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 die Anerkennung der BK 2108 und die Gewährung von Leistungen ab.
Hiergegen hat der Kläger am 06.08.2015 Klage beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben, mit der er sein Begehren auf Anerkennung der BK 2108 weiterverfolgt.
Das SG hat nach Beiziehung medizinischer Befundunterlagen das Gutachten nach Aktenlage und die ergänzende Stellungnahme des S1 eingeholt. Dieser hat die CT vom 07.11.1991 (leichte Höhenminderung im Segment L2/3 und bei L4/5 bzw. L5/S1; im Segment L3/4 angedeutete Höhenminderung des Zwischenwirbelraums - dort, wie auch in allen anderen Segmenten, unregelmäßige Begrenzung der Abschlussplatten mit Sklerose -; in den horizontalen Schichten kleiner Bandscheibenvorfall bei L4/5 erkennbar, Beurteilung: multisegmentale Osteochondrose und kleiner Bandscheibenprolaps L4/5, eingeschränkte Beurteilbarkeit der Höhe der Zwischenwirbelräume), die Röntgenaufnahme der LWS vom 19.09.1996 (rechtskonvexe Einstellung mit Scheitel auf Höhe L4/5 bei fünfgliedriger LWS, nach cranial hin diskret linkskonvexe Einstellung zum thorakolumbalen Übergang hin; Skoliosewinkel thorakolumbal 7 Grad bzw. lumbal 12 Grad; angedeutete Torsion des Dornfortsatzes LWK 4, Bogenwurzeln durchgehend abgrenzbar, linke IS-Fuge sklerosiert und unregelmäßig begrenzt, rechte am Bildrand abgeschnitten; im seitlichen Strahlengang abgeschwächte Lordose; L1/2 keine Chondrose, L2/3 bis L4/5 jeweils Chondrose Grad II; L5/S1 Chondrose Grad III mit folgenden spondylotischen Veränderungen: LWK 1/2 lateral keine, ventral unter 2 mm, LWK 2/3 lateral 2 mm, ventral unter 2 mm, LWK 3/4 lateral keine, ventral 2 mm, LWK 4/5 lateral links 3-4 mm, rechts keine, ventral 2 mm, LWK 5/SWK 1 lateral 4-5 mm, rechts keine, ventral 4 mm) und jene vom 06.07.1998 (unverändert rechtskonvexe Einstellung mit Scheitel auf Höhe L 4/5, proximal jetzt etwas stärkerer linkskonvexer Gegenschwung von etwa 10 Grad, deutliche Verdichtung der kleinen Wirbelgelenke bei L5/S1, neu aufgetretene Verknöcherung lateral LWK 5 rechts, Chondrosegrad im Vergleich zur Voraufnahme gleich, keine wesentlichen Änderungen hinsichtlich der Spondylose gegenüber den Voraufnahmen - insgesamt leichte Zunahme der osteochondrotischen Veränderungen in den Segmenten L3/4 bis L5/S1 im Vergleich zu den Voraufnahmen ohne Änderung des Chondrosegrades und der Spondylosen) sowie die Röntgenaufnahme der HWS vom 06.07.1998 befundet und ausgeführt, dass ein sog. belastungskonformes Schadensbild der LWS im Sinne der Konsensempfehlungen beim Kläger vorliege, da die degenerativen Veränderungen (Chondrosen) von oben nach unten zunähmen. Allerdings sei anhand der vorliegenden klinischen Befunde der Jahre 1997 bis 1998 eine bandscheibenbedingte Erkrankung im Sinne der Konsensempfehlungen nicht zweifelsfrei festzustellen. Allenfalls aus den späteren Befunden ab Juli 2000 könne ein Lumbalsyndrom im Sinne der Konsensempfehlungen abgeleitet und damit vom Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2108 ausgegangen werden, wobei die Funktionsbefunde in der Folgezeit wechselnd gewesen seien. Bei einer derart langen Latenz von vier Jahren zum Ende der gefährdenden Tätigkeit erscheine der Zusammenhang zur beruflichen Exposition nach praktischer medizinischer Erfahrung jedoch nicht wahrscheinlich. Wegen der weiteren Einzelheiten des Gutachtens und der ergänzenden Stellungnahme wird auf Bl. 166 ff., 182 ff. SG-Akte Bezug genommen.
Mit Urteil vom 29.03.2018 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass der Kläger während seiner beruflichen Tätigkeit als Bauhelfer und Tiefbauer unter Zugrundlegung der Ermittlungen des Präventionsdienstes der Beklagten zwar schädigenden Einwirkungen ausgesetzt gewesen sei, die grundsätzlich geeignet seien, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS zu verursachen und beim Kläger ausweislich der Gutachten von L1 und S1 auch - erstmals bildgebend gesichert im Januar 2002 (zweit- und drittgradige Chondrosen der Bandscheibensegmente der LWS) und erstmals im Juli 2000 sowie bei der späteren Untersuchung durch L1 das klinische Bild eines lokalen Lumbalsyndroms vorliegend - eine altersuntypische bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS gegeben sei. Zudem hätte spätestens ab Juli 2003 der objektive Zwang zur Aufgabe der schädigenden Tätigkeit als Tiefbauer bestanden, jedoch noch nicht im Jahr 1996. Angesichts der multifaktoriellen Entstehung von bandscheibenbedingten Erkrankungen der LWS könne jedoch allein aus dem Vorliegen dieser Tatbestandsvoraussetzungen noch nicht auf das Vorliegen der BK 2108 geschlossen werden. Vielmehr sei eine plausible zeitliche Korrelation von Exposition und Krankheitsentwicklung erforderlich, an der es hier - dem Gutachten von S1 folgend - fehle. Denn in den zeitnah zur Aufgabe der Tätigkeit im Jahr 1996 gefertigten ärztlichen Befundberichten seien keine typischen ischialgieformen Beschwerden über einen längeren Zeitraum dokumentiert, was ein lumbales Wurzelsyndrom ausschließe. Auch lasse sich das klinische Bild eines lokalen Lumbalsyndroms zeitnah zur Aufgabe der Tätigkeit nicht mehr nachweisen. Allein das erstmals im Befundbericht vom 13.07.2000 diagnostizierte chronische Lumbalsyndrom mit dem dort dokumentierten Befund lasse die Zuordnung zur BK 2108 zu. Da damit aber zwischen Aufgabe der belastenden Tätigkeit und diesem Befund eine zeitliche Latenz von vier Jahren liege und es im Übrigen ausweislich des Gutachtens von S zwischen dem Jahr 2002 und dem Jahr 2012 - und damit lange nach Aufgabe der Tätigkeit - zu einer deutlichen Zunahme der Osteochondrose im Bereich der LWS gekommen sei, könne hieraus nicht geschlossen werden, dass die bandscheibenbedingte Erkrankung berufsbedingt sei. In der Gesamtwürdigung sei ein Zusammenhang zwischen der bandscheibenbedingten Erkrankung des Klägers der LWS und der beruflichen Exposition nicht hinreichend wahrscheinlich.
Der Kläger hat am 28.05.2018 gegen das ihm am 03.05.2018 zugestellte Urteil Berufung zum Landessozialgericht eingelegt und zur Begründung auf die Gutachten von T, G, R und L1 verwiesen. Bereits aus der CT aus dem Jahr 1991 ergebe sich, dass an den zwei Segmenten der LWS (L4/5 und L5/S1) Bandscheibenvorfälle vorgelegen hätten. Er habe bereits seit 1991 massive Beschwerden im Bereich der LWS. Deshalb habe er seine berufliche Tätigkeit 1996 aufgeben müssen.
Der Kläger beantragt (teilweise sachdienlich gefasst),
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.03.2018 sowie den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 aufzuheben und das Vorliegen eine Berufskrankheit nach Nr. 2108 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung festzustellen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Entscheidungen für zutreffend.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die gemäß den §§ 143, 144, 151 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Berufung des Klägers auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach § 124 Abs. 2 SGG ohne mündliche Verhandlung.
Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015.
Die erhobene kombinierte Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 verbunden mit der Feststellungsklage ist zulässig. Mit der Anfechtungsklage nach § 54 Abs. 1 SGG begehrt der Kläger die Aufhebung der die Anerkennung der streitigen BK ablehnenden Verwaltungsentscheidungen. Rechtsgrundlage für das Feststellungsbegehren ist § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG. Danach kann mit der Klage die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses begehrt werden, hier zwischen dem Kläger und der Beklagten als zuständigem Unfallversicherungsträger in Bezug auf die streitige BK (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R, zitiert - wie alle nachfolgenden höchstrichterlichen Entscheidungen - nach juris). Hingegen ist nicht über eine Leistungspflicht der Beklagten zu entscheiden. Denn der Kläger macht - nachdem bereits die Beklagte die Gewährung von Entschädigungsleistungen pauschal ablehnte - keine konkreten Ansprüche auf bestimmte Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung (z.B. Heilbehandlung, Verletztengeld oder Verletztenrente) geltend. Vielmehr begehrt er zunächst der Sache nach nur eine Klärung von Grundlagen der in Frage kommenden Leistungsansprüche, hier der Anerkennung der von der Beklagten abgelehnten BK 2108. Eine solche Klärung kann der Versicherte im Wege der Feststellungklage herbeiführen. Dem mit der Klage ursprünglich auf Entschädigung bzw. pauschal auf Leistungen gerichteten Teil des noch im Klageverfahren gestellten Antrages - an dem der Kläger im Berufungsverfahren nicht mehr festgehalten hat - kommt bei dieser Sachlage keine eigenständige Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 07.09.2004, B 2 U 46/03 R).
Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Denn der Bescheid der Beklagten vom 24.02.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.07.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Beklagte die Feststellung einer BK 2108 ablehnte. Denn eine BK liegt bei dem Kläger nicht vor.
Eine BK nach § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII i.V.m. Nr. 2108 der Anlage 1 zur BKV in der seit dem 01.01.2021 geltenden und vorliegend maßgeblichen Fassung des Art. 24 Nr. 3 lit. a) und c) des Siebten Gesetzes zur Änderung des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze vom 12.06.2020 (BGBl. I S. 1248) ist eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS durch langjähriges Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugenhaltung, die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der LWS) geführt hat.
Für die Anerkennung und Entschädigung einer BK 2108 müssen mithin folgende Tatbestandsmerkmale gegeben sein: Bei dem Versicherten muss eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS vorliegen, diese muss durch langjähriges berufsbedingtes Heben oder Tragen schwerer Lasten oder durch langjährige berufsbedingte Tätigkeiten in extremer Rumpfbeugenhaltung (sog. arbeitstechnische Voraussetzungen) entstanden sein und sie muss - in Abgrenzung zu Rückenbeschwerden in ihrer allgemeinen Form, etwa einem akuten Lumbalsyndrom (s. BT-Drs. 19/17586, S. 134 m.w.N.) - zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen (der LWS) geführt haben. Ein sog. Unterlassungszwang aller gefährdenden Tätigkeiten besteht nach der o.g. Gesetzesänderung nicht mehr, so dass es auf den Unterlassungszwang nicht (mehr) ankommt.
Dabei müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, nämlich die versicherte Tätigkeit, die schädigende Einwirkung und die als Folge geltend gemachte Gesundheitsstörung - hier also eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS - erwiesen sein, d.h. bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 30.04.1985, 2 RU 43/84). Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und der schädigenden Einwirkung (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985, a.a.O.); das bedeutet, dass bei vernünftiger Abwägung aller wesentlichen Gesichtspunkte des Einzelfalls mehr für als gegen einen Ursachenzusammenhang sprechen muss, wobei dieser nicht schon dann wahrscheinlich ist, wenn er nicht auszuschließen oder nur möglich ist (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.1999, B 2 U 47/98 R; Urteil vom 02.05.2001, B 2 U 16/00 R). Kommen mehrere Ursachen in Betracht (konkurrierende Kausalität), so sind nur solche Ursachen als rechtserheblich anzusehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich beigetragen haben (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.1988, 2/9b RU 28/87). Kann ein behaupteter Sachverhalt nicht nachgewiesen oder der ursächliche Zusammenhang nicht wahrscheinlich gemacht werden, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast zu Lasten des Beteiligten, der aus diesem Sachverhalt Rechte herleitet, bei den anspruchsbegründenden Tatsachen also zu Lasten des jeweiligen Klägers (vgl. BSG, Urteil vom 27.06.1991, 2 RU 31/90).
Wie die Beklagte und das SG geht auch der Senat unter Berücksichtigung der Berechnungen des Präventionsdienstes nach dem MDD davon aus, dass die beruflichen Einwirkungen des Klägers in der Zeit vom 14.02.1973 bis 09.04.1974 sowie vom 09.06.1980 bis zum 14.02.1996 grundsätzlich geeignet waren, eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS zu verursachen und daher die sog. arbeitstechnischen Voraussetzungen erfüllt sind. Anders als das SG legt der Senat jedoch - ohne dass es hierauf entscheidungserheblich ankäme - als Ende der Tätigkeit und damit als Ende der schädigenden Einwirkung den ersten Tag der andauernden Arbeitsunfähigkeit des Klägers (BSG, Urteil vom 05.05.1998, B 2 U 9/97) am 15.02.1996 und nicht den 30.09.1996 zu Grunde. Hieraus ergibt sich dann zwar eine um siebeneinhalb Monate verkürzte Expositionszeit. Jedoch wird auch mit dieser noch eine Überschreitung des hälftigen Orientierungswertes von 12,5 x 106 Nh (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2007, B 2 U 4/06 R) um 61,57 % (vgl. Stellungnahme des Präventionsdienstes, Bl. 81 Senatsakte) erreicht.
Indes leidet der Kläger nicht an einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS im Sinne der BK 2018. Unter bandscheibenbedingten Erkrankungen sind Bandscheibendegeneration (Diskose), Instabilität im Bewegungssegment, Bandscheibenvorfall (Prolaps), degenerative Veränderungen der Wirbelkörperabschlussplatten (Osteochondrose), knöcherne Ausziehungen an den vorderen seitlichen Randleisten der Wirbelkörper (Spondylose), degenerative Veränderungen der Wirbelgelenke (Spondylarthrose) mit den durch derartige Befunde bedingten Beschwerden und Funktionseinschränkungen der Wirbelsäule zu verstehen (BSG, Urteil vom 31.05.2005, B 2 U 12/04 R unter Verweis auf die Begründung in der BR-Drs. 773/92, S. 8, zur Zweiten Änderungsverordnung der BKV, durch welche die BK 2108 in die Berufskrankheitenliste aufgenommen worden ist). Der Verordnungsgeber selbst hat mit der neuen Fassung der BK 2108 zum 01.01.2021 klargestellt, dass diese bandscheibenbedingte Erkrankung zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen der LWS geführt haben muss - wobei diese therapeutisch nicht mehr voll zu kompensieren sein müssen, sodass ein akutes Lumbalsyndrom mit guter Behandlungsmöglichkeit ebenso wenig ausreicht wie der alleinige Nachweis von degenerativen Veränderungen, z.B. Osteochondrose, Spondylose und Spondylarthrose ohne chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionsausfälle (vgl. dazu erneut BT-Drs. 19/17586, S. 135 m.w.N.) Voraussetzung ist darüber hinaus, dass zwischen der Erkrankung in diesem Sinne und der (beruflichen) Belastung ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
Zur Überzeugung des Senats sind zwar seit November 1991 angesichts der Befundungen der CT-Aufnahme der LWS von November 1991 durch den L (Höhenminderung L3/4 und L4/5, Prolaps L4/5, Osteochondrose und Prolaps L5/S1) und dem gerichtlichen Sachverständigen S1 (Höhenminderungen L2/3, L3/4, L4/5, L5/S1, Prolaps L4/5; multisegmentale Osteochondrosen) sowie der Befundungen der Röntgenaufnahmen der LWS von September 1996 durch B (Osteochondrose mit Spondylose LWK 2 bis 5) und den gerichtlichen Sachverständigen S1 (Chondrosen im Verlauf von L2/3 bis L5/S1, Spondylosen an LWK 1/2 bis LWK 5/S1) degenerative Veränderungen der Bandscheiben der LWS nachgewiesen.
Indes reichen - wie dargelegt - diese degenerativen Veränderungen für eine Anerkennung als BK 2018 nicht aus. Bezogen auf diese bildgebenden Hinweise gerade auf bandscheibenbedingte Veränderungen im Bereich der LWS in den Jahren 1991 und 1996 sind damit korrespondierende und damit im Zusammenhang stehende objektiv-klinische Defizite (s. oben zum Tatbestandsmerkmal der BK 2108: „die zu chronischen oder chronisch-rezidivierenden Beschwerden und Funktionseinschränkungen der LWS geführt haben“) nicht dokumentiert. Hierauf hat der gerichtliche Sachverständige S1 zutreffend hingewiesen. Befundberichte für die Zeit bis 1996 waren auch durch Ermittlungen des Senats weder vom Kläger noch von seinen behandelnden Ärzten und dem Rentenversicherungsträger zu erhalten.
Soweit sich der Kläger auf das Gutachten von T beruft, führt dies zu keiner anderen Beurteilung. Denn ungeachtet dessen, dass deren Befunderhebung erst mehr als 1 Jahr nach Ende der gefährdenden Tätigkeit erfolgte (zum zeitlichen Zusammenhang s. unten), lassen sich aus den von ihr erhobenen Befunden keine objektiv-klinischen Defizite der LWS ableiten. Dies gilt im Übrigen auch für die dokumentierten objektiv-klinischen Befunde während des Reha-Aufenthalts des Klägers im April/Mai 1997. Auch dies hat der gerichtliche Sachverständige S1 für den Senat nachvollziehbar dargelegt. Objektiv-klinische Defizite in Sinne der BK 2108 liegen nach den Konsensempfehlungen, die weiterhin den aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand abbilden (vgl. BSG, Urteil vom 23.04.2015, B 2 U 10/14 R und Beschluss vom 17.05.2019, B 2 U 131/18 B) vor, wenn neben den radiologischen Veränderungen, Schmerzen durch Bewegung, ein Segmentbefund mit provozierbarem Schmerz, funktionell eine Entfaltungsstörung der LWS (Messung nach Schober), eine eingeschränkte Drehbeweglichkeit (Normalwert 30 bis 50 Grad) und ein erhöhter Tonus der LWS-Muskulatur (vgl. Konsensempfehlungen, Ziff. 1.3.: lokales Lumbalsyndrom) oder neben radiologischen Veränderungen mit Nervenwurzelbedrängung neurologische Zeichen der Reizung bzw. Schädigung der entsprechenden Nervenwurzeln (vgl. Konsensempfehlungen, Ziff. 1.3.: lokales Lumbalsyndrom: lumbales Wurzelsyndrom) oder beides in Mischform besteht.
Bei der Untersuchung in der Reha-Einrichtung im April/Mai 1997 wurden keine objektiv-klinischen Defizite der LWS, die sich aus ihren bildgebend diagnostizierten Veränderungen ableiten ließen dokumentiert. Zwar fand sich ein Klopfschmerz über der gesamten Wirbelsäule. Dieser indes stellt noch keinen Segmentbefund der radiologisch veränderten LWS-Segmente dar, sondern betrifft gerade die gesamte Wirbelsäule, also HWS, BWS und LWS. Zudem war die Beweglichkeit der LWS - wie die im Tatbestand festgestellten Funktionsbefunde zeigen - frei und die Rückenmuskulatur kräftig und seitengleich ausgebildet. T dokumentierte nach der Untersuchung des Klägers im Juli desselben Jahres sogar eine im Vergleich zum Frühjahr verbesserte Entfaltbarkeit bei ebenfalls freier Drehbeweglichkeit der LWS. Soweit sie eine veränderte Muskulatur dokumentierte - wobei sie in diesem Zusammenhang nicht darstellte, in wieweit die Muskulatur verändert sei - ist dies in Anbetracht der von R ein Jahr später im Juli 1998 dokumentierten, ebenfalls im Wesentlichen freien und - kraftvollen Rumpfbeuge nach vorn und Wiederaufrichtung ohne Abstützreaktion des Rumpfes und der kräftig ausgebildeten Rückenstreckmuskulatur, auf die auch S1 hingewiesen hat, jedenfalls kein Anhaltspunkt dafür, dass ein erhöhter Muskeltonus vorlag. Angesichts der übrigen Befunde, begründet die von T dokumentierte Klopfschmerzhaftigkeit der LWS für sich kein objektiv-klinisches Defizit im dargestellten Sinne der BK 2108. Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang aus der von T dokumentierten eingeschränkten Seitwärtsneigung „nur bis 20 Grad“ eine Funktionseinschränkung der LWS abzuleiten versucht, weist der Senat darauf hin, dass es sich bei der Seitwärtsneigung der Wirbelsäule um einen Funktionsbefund der BWS, indes nicht um einen solchen der LWS handelt. Mithin lassen sich auch aus den von T im Juli 1997 erhobenen Untersuchungsbefunden gerade objektiv-klinischen Defizite der LWS wegen der diagnostizierten degenerativen Veränderungen nicht ableiten. Soweit T ein chronisches Lumbalsyndrom diagnostiziert hat, führt dies - angesichts der festgestellten Befunde - zu keiner anderen Beurteilung. Eine Beteiligung der Nervenwurzeln lag - wie der gerichtliche Sachverständige S1 unter Berücksichtigung der aktenkundigen Befunde nachvollziehbar ausgeführt hat - überdies nicht vor. Zudem bestand auch nach den Ausführungen von T selbst kein Verdacht auf das Vorliegen einer Berufskrankheit.
Wie S1 und das SG ebenfalls zutreffend dargelegt haben, zeigten sich erstmals bei der Untersuchung des Klägers im Juli 2000 objektiv-klinische Defizite im Sinne einer klinisch fixierten Zwangshaltung und einer Verspannung der lumbosakralen Muskulatur beidseits (andererseits wohlgemerkt bei freier Beweglichkeit).
In Ansehung all dessen überzeugt es den Senat, dass der Sachverständige S1 eine bandscheibenbedingte Erkrankung der LWS mit objektiv-klinischen Defiziten der LWS erst - und allenfalls - auf der Grundlage der im Juli 2000 dokumentierten Befunde als objektiviert erachtet hat, wenn auch diese Befunde in der Folgezeit wechselnd waren.
Dies zu Grund legend, spricht bereits der fehlende zeitliche Zusammenhang gegen einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der erstmals im Juli 2000 bildgebend und klinisch objektivierten bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS des Klägers mit seiner bis Februar 1996 ausgeübten Tätigkeit. Entgegen den Ausführungen des SG kommt es für das Vorliegen einer bandscheibenbedingten Erkrankung der LWS auf den Zeitpunkt des Endes der gefährdenden Tätigkeit des Klägers an - hier also den 15.02.1996 (erster Tag der andauernden Arbeitsunfähigkeit, BSG, Urteil vom 05.05.1998, B 2 U 9/97). Das bedeutet, dass auf die bildgebenden und klinischen Befunde, die am zeitnahesten zum Ende der lendenwirbelsäulenschädigenden Tätigkeit erhoben wurden, abzustellen ist (vgl. bereits Senatsurteil vom 24.04.2008, L 10 U 5885/04). Auch nach den Konsensempfehlungen (Nr. 1.4 Spiegelstrich 4) ist eine plausible zeitliche Korrelation zwischen Exposition und Krankheitsentwicklung erforderlich. S1 hat - dies hat bereits das SG zutreffend dargelegt - nachvollziehbar ausgeführt, dass auf Grund der zeitlichen Latenz von vier Jahren ein Ursachenzusammenhang nicht wahrscheinlich ist. Dem schließt sich der Senat vollumfänglich an.
Dies wird untermauert durch den Umstand, dass es - wie der Rentengutachter S nachvollziehbar nach Sichtung der bildgebenden Befunde und ihm folgend das SG dargelegt haben -, dass es zwischen den Jahren 2002, 2006 und 2012 - und damit lange Zeit nach Beendigung der beruflichen Tätigkeit - zu einer deutlichen Zunahme und damit Verschlechterung der degenerativen Veränderungen und objektiv-klinischen Defizite im Bereich der LWS kam. Eine weitere Verschlechterung wird auch durch das Untersuchungsergebnis von L1 im Jahr 2014 belegt, bei der sich eine eingeschränkte Entfaltbarkeit der LWS zeigte.
Soweit der Kläger auf Grund der Diagnosen von T und den bildgebenden Aufnahmen von November 1991 und September 1996 vom Vorliegen einer BK 2108 ausgeht, folgt dem der Senat angesichts des zuvor Dargelegten nicht.
Soweit sich der Kläger überdies auf das Gutachten des L1 beruft, überzeugt dieses den Senat bereits deshalb nicht, weil - worauf der gerichtliche Sachverständige S1 zutreffend hingewiesen hat - sich der Gutachter gerade nicht mit den zum Ende der gefährdenden Tätigkeit fehlenden objektiv klinischen Befunden der LWS auseinandersetzte, sondern seiner Beurteilung neben den bildgebenden Veränderungen der LWS, wie sie sich in den Röntgenaufnahmen von Juli 2002 und Oktober 2011 zeigten, ausschließlich und zu Unrecht die objektiv-klinische Befundsituation auf Grund seiner Untersuchung im Jahr 2014 zu Grunde legte. Überdies ließ er die Tatsache der im Vergleich zu den 1997 und 1998 deutlich verschlechterten Befundsituation außer Betracht. Den Kriterien zur Kausalitätsbeurteilung wurde damit nicht ausreichend Rechnung getragen. Gleiches gilt für das von G erstattete Gutachten. Insoweit hat der gerichtliche Sachverständige zutreffend dargelegt, dass G das Vorliegen der BK 2108 im Wesentlichen aus der Erfüllung der arbeitstechnischen Voraussetzungen für diese BK herleitete, ohne die Konsensempfehlungen zu berücksichtigen. Auf welcher Grundlage dieser zudem davon ausgeht, dass „eine plausible zeitliche Korrelation zur Entwicklung der bandscheibenbedingten Erkrankung auf Grund der körperlichen Belastung“ besteht, erschließt sich dem Senat nicht. G selbst legte dies in seinem vierseitigen Gutachten jedenfalls nicht näher dar.
Soweit der Kläger darüber hinaus geltend macht, S1 habe im Rahmen seines Gutachtens die CT vom 07.11.1991 und die Röntgenaufnahmen der LWS vom 19.09.1996 und 06.07.1998 nicht berücksichtigt, trifft dies nicht zu, wie die Ausführungen des Sachverständigen auf Seite 3 f. seines Gutachtens hinreichend deutlich machen. Der Sachverständige hat die relevanten bildgebenden und sonstigen ärztlichen Befunde berücksichtigt, ebenso die Vorgutachten und hat überzeugend begründet, weshalb den Gutachten des G und des L1 nicht zu folgen ist. Soweit der Kläger meint, das Gutachten des L1 sei „bindend“, ist dieser Hinweis auch unter Berücksichtigung des in Bezug genommen FAX vom 05.08.2018 nicht nachvollziehbar. Weder die Beklagte noch das SG und auch nicht das Landessozialgericht sind an das Ergebnis eines nicht überzeugenden Gutachtens gebunden, damit auch nicht an das Gutachten des L1.
Nur am Rande weist der Senat darauf hin, dass der Kläger gegenüber T äußerte, er würde seit ca. 12 Jahren unter wiederkehrenden Schmerzen im Bereich der LWS leiden (Bl. 106 SG-Akte) - ausgehend von der Untersuchung im Jahr 1997 bedeutete dies, seit dem Jahr 1985. Ungeachtet der fehlenden Dokumentation entsprechender objektiv-klinischer Befunde für die Zeit ab 1985 bis 1996, wäre fraglich, ob der Kläger bis dahin einer ausreichenden beruflichen Exposition nach dem MDD ausgesetzt war. Hierauf kommt es indes aus den dargelegten Gründen nicht entscheidungserheblich an.
In diesem Zusammenhang weist der Senat nur am Rande auch auf Folgendes hin: Der Kläger gab bei der Rentenbegutachtung durch die H im August 1998 an, dass er seit 1981 nebenbei ein Haus in Zagreb baute, wofür er seine gesamte Freizeit investierte und in dem seit 1995 seine Ehefrau und sein Sohn leben (Bl. 84 SG-Akte). Die durch diese Bautätigkeiten bedingten - außerberuflichen (nicht versicherten) und damit zu den beruflichen Einwirkungen konkurrierenden - lendenwirbelsäulengefährdenden Einwirkungen wurde bislang bei alledem noch gar nicht berücksichtigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.