S 11 SO 13/21 ER

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Kassel (HES)
Sachgebiet
Sozialhilfe
1. Instanz
SG Kassel (HES)
Aktenzeichen
S 11 SO 13/21 ER
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 SO 218/21 B ER
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. 

Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. 

Gründe

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sind vorliegend nicht erfüllt.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung ist zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Voraussetzung für den Erlass einer Regelungsanordnung ist stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile), als auch ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO). Grundsätzlich soll wegen des vorläufigen Charakters der einstweiligen Anordnung die endgültige Entscheidung der Hauptsache nicht vorweggenommen werden.  Wegen des Gebots, effektiven Rechtsschutz zu gewähren (vgl. Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz – GG) ist von diesem Grundsatz eine Abweichung nur dann geboten, wenn ohne die begehrte Anordnung schwere oder unzumutbare, später nicht wiedergutzumachende Nachteile entstünden, zu deren Beseitigung eine nachfolgende Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfG 79, 69 74 m. w. N.). Soweit dem Gericht eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage in einem solchen Eilverfahren nicht möglich ist, so ist anhand einer Folgenabwägung zu entscheiden (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, Rd.-Nr. 19, 26 und vom 25.02.2009 – 1 BvR 120/09, Rd.-Nr. 11, jeweils zitiert nach juris).

Vor diesem Hintergrund ist der am 06.10.2021 bei Gericht eingegangene Antrag der am XX.XX.2017 geborenen Antragstellerin wegen der Übernahme der Kosten für einen Hausgebärdensprachkurs durch die Antragsgegnerin im Rahmen der Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes zwar zulässig, aber nicht begründet.

Unstreitig gehört die mittlerweile 4-jährige Antragstellerin wegen der bei ihr bestehenden Sprachentwicklungsstörung zum anspruchsberechtigten Personenkreis nach §§ 2, 76, 79, 99 und vor allem 113 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX).

Auf Grundlage der bestandskräftigen Entscheidung der Antragsgegnerin vom 05.05.2021 zu den zu bewilligenden Rehabilitations- und Förderleistungen und der zahlreich vorliegenden fachärztlichen und Therapieberichte sowie der eindeutigen amtsärztlichen Beurteilungen zu den erforderlichen Unterstützungsleistungen zum Erlernen der Sprache durch die Antragstellerin sieht das Gericht weder weiteren gutachterlichen Aufklärungsbedarf, noch einen Anknüpfungspunkt für eine Folgenabwägung im Rahmen der beantragten Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes.

Die Notwendigkeit eines häuslichen Gebärdensprachkurses für die nicht gehörlose oder hörbehinderte Antragstellerin zusätzlich zu den im Rahmen der sozialen Teilhabeleistungen des § 113 SGB IX bewilligten und seitdem durchgeführten Rehabilitations- und Förderleistungen zum Erlernen der Sprache durch die Antragstellerin ist für das Gericht in keinster Weise feststellbar, zumal das (selbst erfolgreiche) Erlernen der Gebärdensprache durch die Antragstellerin allenfalls zur Kommunikation mit den Eltern und damit im häuslichen Bereich dienlich sein kann, nicht aber die Teilhabe der Antragstellerin am Leben in der Gemeinschaft fördert. Für die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes fehlt es damit bereits am Anordnungsanspruch. Auf die Frage der Eilbedürftigkeit einer gerichtlichen Entscheidung kommt es insoweit gar nicht mehr an.

Der Antrag ist daher abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung von § 193 SGG.

Rechtskraft
Aus
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