S 30 U 197/16

Land
Hessen
Sozialgericht
SG Darmstadt (HES)
Sachgebiet
Unfallversicherung
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 30 U 197/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 9 U 170/19
Datum
3. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil

1.    Die Klage wird abgewiesen. 

2.    Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid wegen Haftung auf Erstattung der Aufwendungen für einen Arbeitsunfall ihres Mitarbeiters C. C. i.H.v. 73.580,54 €.

Herr C. war seit dem 1. Oktober 2013 als Dachdecker(helfer) bei der Klägerin sozialversicherungspflichtig beschäftigt und erlitt am 9. November 2013 einen Arbeitsunfall.

Nachdem die Beklagte von dem Arbeitsunfall Kenntnis erlangte, forderte sie von der Deutschen Rentenversicherung Bund die Auskunft über die elektronische Sofortmeldung an (§ 28 a Sozialgesetzbuch Viertes Buch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – (SGB IV)). Nach Auskunft der Rentenversicherung vom 15. Januar 2014 waren keine Sofortmeldungen bezüglich des Mitarbeiters C. vorhanden.

Den mit Schreiben vom 30. November 2013 von der Beklagten bei der Klägerin angeforderten Lohnnachweis für das Jahr 2013 reichte die Klägerin nach Aktenlage nicht fristgerecht binnen sechs Wochen nach Ablauf des Kalenderjahres ein (§ 165 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch – Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII)), weswegen die Beklagte mit Beitragsbescheid vom 25. April 2014 eine Schätzung nach § 165 Abs. 3 SGB VII vornahm.

Die Deutsche Rentenversicherung Hessen teilte der Beklagten mit, dass Herr C. bei der Klägerin seit dem 23. April 2012 bis zum 30. September 2013 als geringfügig Beschäftigter und ab dem 1. Oktober 2013 im Rahmen eines voll sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses gemeldet sei.

Die Krankenversicherung von Herrn C. teilte der Beklagten mit, dass ihr eine Entgeltmeldung vom 1. Oktober 2013 bis 21. Dezember 2013 von 6.359 € und 210 Arbeitsstunden vorliege (ab dem 22. Dezember 2013 war das Arbeitsverhältnis mit Anspruch auf Entgeltersatzleistungen unterbrochen).

Nachdem auf das Anhörungsschreiben der Beklagten vom 26. Juni 2015 keine Rückmeldung der Klägerin erfolgte, erließ die Beklagte am 24. Juli 2015 einen Bescheid wegen Haftung auf Erstattung der Aufwendungen für den Arbeitsunfall des Mitarbeiters C. am 9. November 2013 i.H.v. 73.580,54 €. Die Klägerin habe den Mitarbeiter beschäftigt, ohne dessen Tätigkeit – wie nach § 28 a SGB IV erforderlich – bis spätestens zu dessen Arbeitsaufnahme an die Einzugsstelle oder die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung gemeldet zu haben. Hierdurch habe die Klägerin Schwarzarbeit gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) erbracht, da sie die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht nicht erfüllt habe. Gemäß § 110 Abs. 1a S. 2 SGB VII werde aufgrund der nicht rechtzeitigen Meldung nach § 28 a SGB IV kraft Gesetzes vermutet, dass Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet worden seien. Daher sei die Klägerin nach § 110 Abs. 1a SGB VII verpflichtet, der Beklagten die infolge des Versicherungsfalls entstandenen Aufwendungen zu erstatten.

Der Bescheid wurde am 28. Juli 2015 zugestellt und im weiteren Verlauf wurde eine Zahlungsaufforderung zugestellt. 

Am 29. September 2015 legte der seinerzeitige Prozessbevollmächtigte der Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom 24. Juli 2015 ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da der 38-jährige Geschäftsführer am 2. Juli 2015 einen Herzinfarkt erlitten habe und zunächst weder er noch andere Mitarbeiter die Möglichkeit gehabt hätten, den Bescheid zur Kenntnis zu nehmen. Außerdem hätte der Bescheid an den Prozessbevollmächtigten zugestellt werden müssen. Herr C. sei bei der Rentenversicherung ordnungsgemäß gemeldet worden, daher liege keine Schwarzarbeit nach dem SchwarzArbG vor. Herr C. sei seit dem 23. April 2012 bei der Klägerin beschäftigt, als Nachweis werde eine Lohnabrechnung von November 2013 übersandt. Die Regressansprüche seien unberechtigt.

Mit Bescheid vom 22. Januar 2016 gewährte die Beklagte der Klägerin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und wies darauf hin, dass aus der übersandten Lohnbescheinigung des Herrn C. nicht hervorgehe, wann dieser bei der Deutschen Rentenversicherung gemeldet worden sei und laut dortiger Auskunft keine Sofortmeldung vorgelegen habe. Daher werde am Ersatzanspruch festgehalten.

Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 22. September 2016 zurückgewiesen. Wie sich der Mitteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15. Januar 2014 entnehmen lasse, sei von der Klägerin keine Sofortmeldung gemäß § 28a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IV abgegeben worden. Dadurch habe die Klägerin gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG Schwarzarbeit erbracht. Gemäß § 110 Abs. 1a S. 2 SGB VII werde aufgrund der nicht erfolgten Meldung nach § 28a Abs. 4 SGB IV vermutet, dass Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet worden seien. Entscheidende Bedeutung komme auch dem Umstand zu, dass der Lohnnachweis 2013 nicht eingereicht worden sei und der Beitrag 2013 daher mit Bescheid vom 25. April 2014 habe geschätzt werden müssen. Daher verbleibe es bei der Vermutung, dass Beiträge nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet wurden. Weder der bisherige Vortrag der Klägerin noch die durchgeführten Ermittlungen hätten ein anderes Bild ergeben. Unschlüssig bleibe insbesondere, dass gegenüber der Krankenversicherung ein Arbeitseinkommen in Höhe von 6.359 € bei 210 Arbeitsstunden (= 30,28 €/Stunde) gemeldet worden sei, während auf der vorgelegten Lohnabrechnung für November 2013 ein Stundenlohn von 13,90 € ausgewiesen sei.

Daraufhin hat die Klägerin am 20. Oktober 2016 vor dem Sozialgericht Darmstadt Klage erhoben und einen Versicherungsverlauf der Deutschen Rentenversicherung für Herrn C. sowie sämtliche Lohnabrechnungen für Herrn C. aus dem Jahr 2013 vorgelegt. Außerdem legte die Klägerin den geänderten Beitragsbescheid der Beklagten für das Jahr 2013 vom 21. Dezember 2015 vor, wonach das tatsächliche Arbeitsentgelt für das Jahr 2013 insgesamt 57.023 € betrug. Danach sei die Schätzung i.H.v. 11.000 € hinfällig und sie habe die im Bescheid nachgeforderten Beträge nachgezahlt, so dass die Beiträge ordnungsgemäß entrichtet worden seien. Außerdem übersandte die Klägerin sämtliche Lohnnachweise für alle Mitarbeiter für das Jahr 2013.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass keine Zweifel an der Richtigkeit der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 15. Januar 2014 bestünden, wonach keine Sofortmeldung nach § 28a Abs. 4 S. 1 Nr. 1 SGB IV erfolgt sei. Es werde nicht bestritten, dass der weiteren Pflicht, nämlich der Anmeldung bei der Einzugsstelle gemäß § 28a Abs. 1 SGB IV, nachgekommen worden sei. Die Klägerin könne sich nur dadurch entlasten und die gesetzliche Vermutung widerlegen, wenn sie belege, dass sie die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung rechtzeitig und in richtiger Höhe entrichtet habe (§ 110 Abs. 1a SGB VII). Meldungen gegenüber anderen Sozialversicherungszweigen ergäben hierüber naturgemäß keinen bzw. nur begrenzten Aufschluss. Grundlage der Beitragserhebung in der gesetzlichen Unfallversicherung sei der Lohnnachweis gegenüber der Berufsgenossenschaft (§ 165 Abs. 1 SGB VII). Ein solcher sei jedoch seinerzeit pflichtwidrig von der Klägerin nicht eingereicht worden, so dass der Beitrag geschätzt worden sei. Es sei bereits kaum nachweisbar, dass exakt der geschätzte Beitrag auch tatsächlich zu entrichten gewesen sei. Auch nach Überprüfung der im Klageverfahren vorgelegten Lohnnachweise teilte die Beklagte mit, dass die Voraussetzungen des § 110 Abs. 1a SGB VII erfüllt seien. Die Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung seien nicht rechtzeitig und nicht in der richtigen Höhe entrichtet worden. Die Klägerin habe entgegen ihrer Verpflichtung aus § 165 Abs. 1 SGB VII den Lohnnachweis für 2013 nicht bis zum 11. Februar 2014 eingereicht. Das von der Beklagten nach § 165 Abs. 3 SGB VII eingeschätzte Entgelt habe sich auf 11.000 Euro belaufen. Basierend darauf sei mit Bescheid vom 25 April 2014 ein Gesamtbeitrag i.H.v. 1.156,80 € festgesetzt worden, der bis zum 15. Mai 2014 fällig gewesen sei. Der geänderte Beitragsbescheid für das Jahr 2013 sei ergangen, nachdem die Beklagte durch ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 21. Dezember 2015 Kenntnis von einer Betriebsprüfung bei der Klägerin erhalten habe, bei der unter anderem festgestellt worden sei, dass für das Jahr 2013 Entgelte i.H.v. 46.023 € zu wenig berücksichtigt worden seien. Hätte die Klägerin die Entgelte i.H.v. 57.023 Euro pflichtgemäß bis zum 11. Februar 2014 gemeldet, wäre der Gesamtbeitrag i.H.v. 4.190,99 € bereits mit Bescheid vom 25. April 2014 festgesetzt worden. Damit sei bewiesen, dass die Klägerin die Beiträge für das Jahr 2013 im Jahr 2014 nicht in der richtigen Höhe und nicht rechtzeitig erbracht habe. Nachgeholte Zahlungen, bzw. wie vorliegend durch das Hauptzollamt in 2016 eingetriebene Beiträge auf den geänderten Beitragsbescheid, ließen die Voraussetzungen des §§ 110 Abs. 1a SGB nicht entfallen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Beteiligtenvortrags im Übrigen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.


Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und wurde insbesondere form- und fristgerecht vor dem zuständigen Sozialgericht erhoben (§§ 87, 90 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). 

Insbesondere ist der Rechtsweg zum Sozialgericht eröffnet. Während früher streitig war, ob es sich bei dem vorliegend streitgegenständlichen Regressanspruch des Unfallversicherungsträgers gegen einen Unternehmer im Falle der Schwarzarbeit nach § 110 Abs. 1a SGB VII um einen zivilrechtlichen und damit vor den ordentlichen Gerichten geltend zu machenden oder um einen öffentlich-rechtlichen, vor dem Sozialgericht geltend zu machenden Anspruch handelt, hat der BGH mit Beschluss vom 14. April 2015 (Az. VI ZB 50/14 –, BGHZ 204, 378-387) entschieden, dass für den Regressanspruchs nach § 110 Abs. 1a SGB VII der Rechtsweg zu den Sozialgerichten und nicht der Zivilrechtsweg eröffnet ist. Die erkennende Kammer schließt sich dieser überzeugend begründeten Rechtsauffassung an. Maßgeblich für die Abgrenzung zwischen öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichen Streitigkeiten ist die Natur des Rechtsverhältnisses, wonach regelmäßig diejenigen Gerichte anzurufen sind, die durch ihre Sachkunde und Sachnähe zur Entscheidung über den in Frage stehenden Anspruch besonders geeignet sind. Die heute herrschende modifizierte Subjektstheorie (Sonderrechtstheorie) spricht für den Rechtsweg zu den Sozialgerichten. Denn danach sind Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Natur, wenn ein Träger öffentlicher Verwaltung aufgrund besonderer, speziell ihn berechtigender oder verpflichtender Rechtsvorschriften beteiligt ist und er daher nicht den für jedermann geltenden zivilrechtlichen Regelungen unterliegt. § 110 Abs. 1a SGB VII berechtigt allein den Träger der gesetzlichen Unfallversicherung (Körperschaft des öffentlichen Rechts), unter den dort genannten Voraussetzungen Erstattung von Aufwendungen zu verlangen und ist somit ein Sonderrecht für diesen Sozialversicherungsträger allein gegenüber Unternehmern im Rahmen des zwischen diesen bestehenden Subordinationsverhältnisses. Dies ist auch ein Unterschied zur bürgerlich-rechtlichen Schadensersatzvorschrift des § 110 Abs. 1 SGB VII, die sich auch gegen Dritte richtet, die zum Unfallversicherungsträger nicht wie der Unternehmer in einem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis stehen. Andererseits gewährt § 110 Abs. 1 SGB VII nicht nur dem Unfallversicherungsträger einen Regressanspruch, sondern jedem Sozialversicherungsträger, dem infolge des Versicherungsfalls Aufwendungen entstanden sind, so dass es auch insoweit nicht darauf ankommt, ob der jeweilige Sozialversicherungsträger in einer öffentlich-rechtlichen Beziehung zum Verpflichteten steht oder nicht. Als letztlich ausschlaggebend wertet der BGH schließlich die Rechtstatsache, dass es sich bei dem Anspruch aus § 110 Abs. 1a SGB VII – anders als bei demjenigen aus § 110 Abs. 1 SGB VII – nicht um einen solchen handelt, der an die Stelle eines Anspruchs tritt, der ohne die Privilegierung durch die §§ 104 bis 107 SGB VII auf den Sozialversicherungsträger kraft Gesetzes gemäß § 116 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch – Verwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) übergeleitet würde. Der Anspruch aus § 110 Abs. 1a SGB VII setzt nämlich keinen (fiktiven) Schadensersatzanspruch des Versicherten voraus. Eine nach bürgerlichem Recht zu beurteilende Unfallverursachung und Verantwortlichkeit des Verpflichteten ist nur für § 110 Abs. 1 SGB VII, nicht aber für § 110 Abs. 1a SGB VII erforderlich. Damit fehlt dem Anspruch aus § 110 Abs. 1a SGB VII die Anbindung an bürgerlich-rechtliche Normen, die maßgebend dafür ist, den Anspruch aus § 110 Abs. 1 SGB VII als bürgerlich-rechtlich zu qualifizieren.

Die Klage ist jedoch in der Sache unbegründet. Der Bescheid der Beklagten vom 24. Juli 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Voraussetzungen für den Regressanspruch nach § 110 Abs. 1a SGB VII liegen vor. 

§ 110 Abs. 1a SGB VII sieht vor, dass Unternehmer, die Schwarzarbeit nach § 1 SchwarzArbG erbringen und dadurch bewirken, dass Beiträge nach dem Sechsten Kapitel nicht, nicht in der richtigen Höhe oder nicht rechtzeitig entrichtet werden, den Unfallversicherungsträgern die Aufwendungen erstatten, die diesen infolge von Versicherungsfällen bei Ausführung der Schwarzarbeit entstanden sind. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsentrichtung wird vermutet, wenn die Unternehmer die Personen, bei denen die Versicherungsfälle eingetreten sind, nicht nach § 28a SGB IV bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Rentenversicherung angemeldet hatten.

§ 110 Abs. 1a SGB VII wurde eingeführt, da Schwarzarbeit auch in der gesetzlichen Unfallversicherung erhebliche Beitragsausfälle verursacht und einen Beitragsanstieg der gesetzestreuen Unternehmer verstärkt. Auf Grund des branchenbezogenen Systems wirkt sich die Schwarzarbeit in einigen Gewerbezweigen wie z. B. in der Bauwirtschaft besonders nachteilig aus, da sich erhebliche Mehrbelastungen für die gesetzestreuen Unternehmer ergeben (Nehls in: Hauck/Noftz, SGB, 08/12, § 110 SGB VII, Rn. 23a). Die Regelung hat sowohl Präventionscharakter als auch Ausgleichsfunktion (vgl. Waltermann, BG 2006, 79; Riedel, Der unfallversicherungsrechtliche Regress des § 110 SGB VII unter besonderer Betrachtung des neu eingeführten Absatzes 1a, 2008, S. 113 ff. mit weitergehenden Erläuterungen).

Schwarzarbeit im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 SchwarzArbG liegt bei der Nichterfüllung von sozialversicherungsrechtlichen Beitragspflichten vor. Eine nicht ordnungsgemäße Beitragsabführung und damit das Vorliegen von Schwarzarbeit wird nach § 110 Abs. 1a Satz 2 SGB VII vermutet, wenn der Unternehmer den Verletzten nicht bei der Einzugsstelle oder der Datenstelle der Träger der Rentenversicherung nach § 28a SGB IV angemeldet hat. Denn im nachträglichen Umlageverfahren nach § 152 SGB VII hätte der Unternehmer die Möglichkeit der Manipulation. Er könnte im Falle eines Arbeitsunfalles eines Schwarzarbeiters dessen Lohn angeben und dem Unfallversicherungsträger wäre der Beweis der Schwarzarbeit verwehrt. 

Insoweit ist zu beachten, dass durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB IV und anderer Gesetze vom 21. Dezember 2008 eine Erweiterung der Meldepflichten um die Sofortmeldung gem. § 28a Abs. 4 SGB IV erfolgt ist, um den Ermittlungsbehörden nach § 2 SchwarzArbG den Nachweis von Schwarzarbeit zu erleichtern. § 28a Abs. 4 SGB IV sieht die Sofortmeldung bei Aufnahme der Beschäftigung für Wirtschaftsbereiche vor, in denen ein erhöhtes Risiko für Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung besteht. Danach sind u.a. Unternehmen im Wirtschaftszweig des Baugewerbes von der Pflicht zur Erstattung einer Sofortmeldung betroffen. Hierzu zählen alle von § 101 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung (SGB III) erfassten Unternehmen des Baugewerbes. Ein Betrieb des Baugewerbes ist ein Betrieb, der gewerblich überwiegend Bauleistungen auf dem Baumarkt erbringt. Bauleistungen sind alle Leistungen, die der Herstellung, Instandsetzung, Instandhaltung, Änderung oder Beseitigung von Bauwerken dienen. Entsprechendes regelt auch die Baubetriebe-Verordnung.

Nach § 28a Abs. 4 Satz 1 SGB IV haben Arbeitgeber den Tag des Beginns eines Beschäftigungsverhältnisses spätestens zum Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme (vgl. § 7 DEÜV - C 325) an die Datenstelle der Träger der Rentenversicherung zu melden. Diese speichert die Daten nach § 28 a Abs. 4 Satz 3 in der nach § 150 Abs. 1 und 2 SGB VI zu führenden Stammsatzdatei. Aus Gründen der Beweissicherung sind die Daten der Sofortmeldung nicht bei Eingang der Meldung nach Absatz 1 Nr. 1 zu löschen (vgl. BT-Drucks. 16/12596 S. 9). Die Daten dienen für Prüfzwecke im Rahmen der Bekämpfung der Schwarzarbeit und gegebenenfalls für Regressansprüche der Sozialversicherungsträger wegen Schwarzarbeit (BT-Drucks. 16/10488 S. 15). Im Gegensatz zur Meldung nach § 28a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV ist sie spätestens zum Zeitpunkt der Beschäftigungsaufnahme (vgl. § 7 DEÜV - C 325) und inhaltlich begrenzt auf die Angaben nach § 28a Abs. 4 Satz 2 SGB IV zu erteilen. Dies gilt auch dann, wenn am Tag der Beschäftigungsaufnahme bereits eine Meldung nach § 28a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV erteilt wird (Sehnert in: Hauck/Noftz, SGB, 03/18, § 28a SGB IV, Rn. 19). Umgekehrt ersetzt die Sofortmeldung nach § 28a Abs. 4 Satz 4 SGB IV nicht die Anmeldung nach § 28 a Abs. 1 Nr. 1 SGB IV, sondern sie ist zusätzlich zu erstatten.

Eine fehlende Sofortmeldung ist nach der amtlichen Begründung (BT-Drucks. 16/10488 S. 15) als Indiz für das Vorliegen von Schwarzarbeit anzusehen. Ob den Unternehmer ein Verschulden trifft, ist jedenfalls bezüglich des Unterlassens der Meldung ohne Belang (vgl. Hillmann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl. 2014, § 110 SGB VII, Rn. 21).

Diese Voraussetzungen für einen Regressanspruch der Beklagten gegenüber der Klägerin gemäß § 110 Abs. 1a SGB VII sind vorliegend erfüllt. 

Bei der Klägerin handelt es sich um einen Betrieb des Baugewerbes, so dass für sie die Pflicht zur Sofortmeldung nach § 28a Abs. 4 SGB IV besteht. Ausweislich der Auskunft der Deutschen Rentenversicherung Bund hat die Klägerin jedoch für den verunfallten Arbeitnehmer C. C. keine Sofortmeldung nach § 28a Abs. 4 SGB IV abgegeben. Ob die Klägerin hinsichtlich der unterbliebenen Sofortmeldung ein Verschulden trifft ist nicht relevant. Aufgrund des Meldeverstoßes greift der Vermutungstatbestand der nicht ordnungsgemäßen Beitragsentrichtung ein. Auch die spätere Überprüfung im Rahmen des Klageverfahrens ergab, dass die Klägerin die Beiträge auch tatsächlich nicht rechtzeitig in der richtigen Höhe erbracht hat, so dass die Vermutung der Schwarzarbeit auch nicht widerlegt werden konnte.

Die Klägerin hat außerdem entgegen ihrer Verpflichtung aus § 165 Abs. 1 SGB VII den Lohnnachweis für 2013 nicht bis zum 11. Februar 2014 eingereicht. Das von der Beklagten daraufhin nach § 165 Abs. 3 SGB VII eingeschätzte Entgelt belief sich auf 11.000 €. Basierend auf dieser Schätzung erließ die Beklagte zunächst den Bescheid vom 25 April 2014 und setzte einen Gesamtbeitrag i.H.v. 1.156,80 € fest, der bis zum 15. Mai 2014 fällig war. Der geänderte Beitragsbescheid für das Jahr 2013 vom 21. Dezember 2015 erging, nachdem die Beklagte durch ein Schreiben der Deutschen Rentenversicherung vom 21. Dezember 2015 Kenntnis von einer Betriebsprüfung bei der Klägerin erhielt, bei der unter anderem festgestellt wurde, dass für das Jahr 2013 Entgelte i.H.v. 46.023 € zu wenig berücksichtigt wurden. Hätte die Klägerin die Entgelte i.H.v. 57.023 € pflichtgemäß bis zum 11. Februar 2014 gemeldet, wäre der Gesamtbeitrag i.H.v. 4.190,99 € bereits mit Bescheid vom 25. April 2014 festgesetzt worden. 

Damit ist bewiesen, dass die Klägerin die Beiträge für das Jahr 2013 im Jahr 2014 nicht in der richtigen Höhe und nicht rechtzeitig erbracht hat. Die nachgeholten Zahlungen, bzw. wie vorliegend durch das Hauptzollamt eingetriebene Beiträge auf den geänderten Beitragsbescheid, lassen die Voraussetzungen des §§ 110 Abs. 1a SGB VII nicht entfallen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens. 

Rechtskraft
Aus
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